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My bloody Soulmate

von

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Am selben Abend stellten sich die Bediensteten vor, zumindest die wichtigsten unter ihnen. Layla, Erinn und Katherine waren für die Frauen des Hauses zuständig und würden in den Familien den Maids auch beim Ankleiden helfen. Bei den Vampiren war es meist der Fall, dass die untergebenen Damen den Vampiren halfen, sich ihre Kleidung auszusuchen. Unwillentlich musste ich mir dabei Legrand und Miss Lecrune vorstellen, wie sie sich um ihren Kleidungsstil stritten. Denn während die Blonde eher der Meinung war, allem und jedem den Barock Stil anzudrehen, legte die Brünette eher Wert auf schlichtere und nicht so auffällige Kleidung.

Im Laufe des Tages waren auch die anderen Familien eingetroffen, die Diener der anderen, welche bislang wohl noch am Flughafen gewartet hatten. Was mich betraf und meine Beschäftigung in der Zwischenzeit, so hatte ich mich dran gemacht, das Anwesen zu erkunden. Es wurde uns nicht strikt verboten, unsere Zimmer zu verlassen also hatte ich, nachdem ich ein paar Zeilen zu Papier gebracht hatte, begonnen, mich umzusehen. Mich wunderte es nicht, dass dieses Gebäude an die tausend Vampire unterbringen konnte. Es war riesig, um es noch gelinde auszudrücken. Im Hinterteil waren mehrere Gästezimmer auf der linken und rechten Seite. Es waren genug, um an die 10 Familien Problemlos unterzubringen, während der Rest der Anreisenden in Hotelzimmern untergebracht werden würde. Die Hotels in der Nähe gehörten, ganz zufälligerweise natürlich, einer Kette an, an dessen Spitze ein Vampir als CEO stand. Wer hätte es denn gedacht. Diese Beißer hatten überall ihre Finger im Spiel und würden es sich nicht nehmen lassen, weiterhin wichtige Positionen zu besetzen. Wie ich herausfand, waren in den Familien wichtige Ämter besetzt: Richter, Anwälte, Chirurgen und Ärzte, CEO's von wichtigen Ketten. Ich befand mich schon kurz davor, mein gesamtes Leben zu überdenken.

Ein Gang führte zum vorderen Teil des Anwesens. Von dort aus, wenn man die Treppe zum Obergeschoss hinunter ging, gelangte man in die Empfangshalle, wo man uns Matthew vorgestellt hatte. Momentan arbeiteten die Bediensteten daran, alles hübsch auszuschmücken. Die Feierlichkeiten würden am morgigen Nachmittag beginnen.

Ging man nach rechts, gelangte man in den Essenssaal, in welchen wir für das Abendbrot geladen wurden. Ich fragte mich, ob die Vampire ebenfalls bei uns sein würden, oder ob nur die Menschen der Dienerschaft an einem Tisch saßen. Ich lehnte mich auf die Brüstung des oberen Stockwerkes und beobachtete die Angestellten dabei, wie sie fleißig ihrer Arbeit nachgingen. Ich wollte ihnen helfen, als ich aber Katherine danach gefragt hatte, schüttelte sie nur den Kopf und meinte, dass dies eine Angelegenheit der Nocta's sei und man sich als Außenstehende keine Gedanken um die Arbeit anderer machen musste. Ich sollte also zurück lehnen und abwarten, bis wir zu etwas aufgerufen wurden. Lecrune hatte hinter mir gekichert, das hatte ich ganz genau gehört. Argh, ich wollte doch einfach nur nicht nutzlos rumsitzen und nichts tun. Deswegen hasste ich es auch, dass Caleb mein Blut nicht nehmen wollte. Frustriert schlug ich mir gegen den Kopf und sah den Gang entlang, welcher zu den anderen Räumen führte. Mir kam gerade ein Vampir entgegen, welcher mich durch seine zerzausten Haare, welche zum Teil seine Augen verdeckten, anlächelte.

"Ich sehe, du hast den Flug überlebt", begrüßte er mich und legte eine Hand auf meinen Rücken. Ich seufzte nur, es musste sich rumgesprochen haben, was für eine Panik ich geschoben hatte.

"Sehr lustig. Ich hatte das Gefühl, sterben zu müssen"

"Hab ich gehört" Sei stellte sich neben mich und stützte sich ebenso auf der Reling ab. Er war zwar ruhig, aber ich konnte ihm ansehen, dass er nicht ganz auf seinem eigentlichen Hoch war. Wieso, war offensichtlich. Immerhin musste er Kira zurücklassen, welche momentan krank im Bett lag.

"Sie wird's schon überleben", meinte ich nur und blickte nach unten, nur, um es zu bereuen. Ich hielt mir den Kopf und hockte mich hin, um denselben Fehler nicht noch einmal zu begehen. Verdammte Höhenangst. Der Schwarzhaarige blickte kurz zu mir herunter, bevor er wieder die anderen beobachtete.

"Ich hab nur ein schlechtes Gewissen, weil ich sie einfach so zurück gelassen habe." Er strich sich die Haare zurück, um endlich wieder freie Sicht zu haben. "Ich meine ... sie ist ganz allein in dem Zimmer. Vielleicht langweilt sie sich. Oder braucht irgendwas. Oder.."

Ich unterbrach ihn mit einem Lachen, er machte sich eindeutig zu viele unnötige Sorgen. Langweilen würde sie sich sicherlich nicht, immerhin konnte sie nicht nur zeichnen, sondern ich hatte ihr auch eine Aufgabe gegeben. Davon wusste nur bisher noch niemand.

"Vergiss nicht, dass Neva und Yakeno noch dort sind.", meinte ich nur und stand langsam wieder auf. Sei schnaubte und blickte mich ernst an.

"Ich vertraue ihnen nicht", gestand er offen und ehrlich, wich meinem Blick kurz aus, bevor er mich wieder ansah. "Du kannst sagen, was du willst. Aber seitdem die Schule wieder losgegangen ist, benimmt sich Yakeno eigenartig"

"Da muss ich dir sogar Recht geben" Ich erzählte Sei von dem letzten Kapitel von Yakenos Geschichte. Es war im allgemeinen auch im Autorenkurs bekannt – in welchen ich im Übrigen aufgenommen wurde, was ich total vergessen hatte, zu erwähnen -, dass er eine sehr makabre Art und Weise hatte, sich auszudrücken, wenn er schrieb. Das hatte nach den Ferien ordentlich zugenommen, nur wusste ich bislang nicht, ob ich mit jemandem darüber reden sollte. Zusammen beschlossen wir, Yakeno zu beobachten, sobald wir wieder zurück waren. Sei wäre dafür bestens geeignet, weil er mit dem anderen Vampir in eine Klasse ging und somit besser ein Auge auf ihn haben konnte. Es war zum Besten für alle von uns.
 

Der Abend ging ruhig vorbei. Am Essenstisch saß letztendlich tatsächlich nur der menschliche Part des Anwesens, weswegen wir nicht gerade viele waren. Ich hatte mich neben Alena gesetzt, um ihr Gesellschaft zu leisten. Neben mir war noch die Maid der Silvestri. Gegenüber saßen die Diener der Nocta-Familie. Dabei waren außerdem die höchsten Angestellten der Familie Nocta, welche als erste mit uns speisten. Danach würden nach und nach auch die anderen ihre Mahlzeiten zu sich nehmen. Viel zu besprechen gab es nicht, gelegentlich unterhielt ich mich mit denjenigen, die in meinem Kurs waren. Silvestri's Maid war schon längst zu alt, um zu den Schülern zu zählen. Sie war bereits 30 Jahre alt und Maid des Ältesten der Silvestris, welcher bald in ihre Fußstapfen treten und ihr Geschäft übernehmen würde. Sie war eine unleserliche Persönlichkeit, schien das Benehmen am Hofe jedoch gemeistert zu haben. Ihr Herr, Jonathan Silvestri, war bereits verheiratet, jedoch hatte seine Frau bislang keinen öffentlichen Auftritt gehabt, wie es laut Gerüchten hieß. Dementsprechend wusste niemand, um wen es sich dabei handelte.

Als ich zurück ins Zimmer kam, lag Caleb längst im Bett und war nicht mehr ansprechbar. Ich beschloss also mich umzuziehen und ebenfalls hinzulegen, jedoch bevor ich schlafen ging, checkte ich noch mein Smartphone. So alt wie dieses Anwesen auch zu sein schien, es hatte dennoch alle modernen Annehmlichkeiten, so auch Wlan. Ich konnte also meine Nachrichten abrufen und noch etwas mit Kira schreiben, welche gerade erst aufgewacht war. Dieser Zeitunterschied aber auch. Sie berichtete mir davon, dass es ihr schon etwas besser ging und dass sich Neva um sie kümmerte. Ich schrieb daraufhin zurück, dass sie das lieber noch Sei erzählen sollte, da er sich Sorgen machte. Danach drehte sich unser Gespräch nur noch um Belanglosigkeiten. Kira hatte versucht, die Karte anzusprechen, ich hatte sie aber darum gebeten, es nicht via Nachricht zu tun. Keiner von uns wusste, auf welche Mittel der Widerstand zurückgreifen würde. Und würde er diesen Text entdecken, wäre er uns einen Schritt voraus. Das wollte ich tunlichst vermeiden.
 

Am nächsten Tag war es uns selbst überlassen, wie wir die Zeit bis zum Beginn des Festes verbringen würden. Zwei Stunden vor Beginn würde eine der Angestellten zu uns kommen, um mich für die Ankleide abzuholen. Caleb musste dabei zu seinen Eltern, da sich die Legrands um sein Äußeres kümmern würden. Anscheinend bestand diese Familie nicht nur aus Cécilia, wie ich sie hier nennen durfte. Sie hatte noch zwei große Brüder und eine kleinere Schwester, wobei sich ihr Alter teilweise um knapp einhundert Jahre unterschied. Einhundert Jahre! Das musste man sich mal geben. Ich hatte es mir nicht herausgenommen, meine Lehrerin nach ihrem Alter zu fragen, da es sich schlicht und einfach nicht gehörte. Und wenn sie wollte, dass ich es weiß, würde sie es mir auch so sagen. Jedenfalls waren ihre Geschwister alle nicht so wie sie. Sie waren ruhiger, gleichzeitig aber auch nicht so respekteinflößend, wenn man ihnen allein gegenüber stand. Der älteste führte das Erbe der Familie, welches die Eltern an ihn abgetreten hatten. Er war bereits verheiratet und hatte 3 Kinder. Der zweitälteste genoss seine Freiheiten, hatte sich aber gleichzeitig dem Rat verschrieben, um nicht allzu nutzlos zu sein. Das Gefühl kannte ich nur allzu gut. Die Jüngste von ihnen hatte sich dazu entschieden, Erzieherin zu werden und arbeitete in einem menschlichen Kindergarten. Man konnte ihr die Liebe zu Kindern ansehen, jedoch, so hatte Cécilia mir erzählt, war es ihr selber nicht vergönnt, Nachkommen zu haben. Deswegen hatte sie sich also entschieden, als Erzieherin zu arbeiten ...

Alle vier waren direkte Unterstellte der Lecrunes und hatten somit ebenfalls eine Einladung zur Feier erhalten. Mir wurde erzählt, dass die Verbindung zwischen Lecrune und Legrand noch viel weiter zurückging, so weit, dass sich niemand mehr daran erinnern konnte, wann diese Freundschaft begonnen hatte. Ich für meinen Teil fand diese kleine Unterrichtsstunde interessant und es war gut zu wissen, dass Miss Legrand nicht alleine war. Jedoch hatte nur sie diesen extremen französischen Akzent. Es gehörte wohl zu ihrer Macke, so zu sprechen.

Gegen Mittag wurde ich von meinem Zimmer abgeholt. Erinn wurde nach mir geschickt und sie geleitete mich in eine Art Ankleidezimmer, in welchem die anderen Mais bereits vorbereitet wurden. Auch wir mussten einen gepflegten Auftritt hinlegen, um die Familien nicht zu blamieren. Ohne viel zu reden begannen sie, mich zu 'bearbeiten'. Zuerst lösten sie meine Hochsteckfrisur und kämmten mir die Haare. Sie hatten wohl nicht vor, mir eine gebundene Frisur zu machen. Alena im Gegenzug hatte geflochtenes, in welches sogar Strähnen von Silber eingearbeitet wurden. Um besser an mir werkeln zu können, musste ich mich auf einen Stuhl ohne Lehne setzen und still bleiben. Mit aufrechter Positur saß ich also da und beobachtete die Bediensteten, wie sie zwischen den Frauen auf und ab liefen. Die meiste Zeit beschäftigte man sich mit meinen Haaren. Da sie wirklich eine beachtliche Länge hatten – als ich das letzte Mal genauer nachgesehen hatte, reichten sie mir über meinen gesamten Rücken – hatte diejenige, die sie mir kämmte, ordentlich zu tun. Aus dem Augenwinkel konnte ich beobachten, wie mehrere Kleider hereingebracht und ausgeteilt wurden. Auf den Kleidersäcken waren verschiedene Symbole zu sehen, welche man wohl als Wappen der Familien interpretieren konnte. Obwohl es mich nicht wirklich kümmerte, was ich tragen sollte, wurde ich doch leicht nervös. Bevor man sich bei mir daran setzte, meine Frisur zurecht zu machen und mein Make-Up aufzutragen, worauf ich mich so gar nicht freute, half man mir in mein Kleid. Und bei allem was mir lieb und heilig war, ich konnte nur sagen, dass es wunderschön aussah. Der Farbe und dem Stil nach zu urteilen hatte Caleb's Mutter es selber ausgesucht. Es war schlicht und schwarz, hatte keine wirklichen Träger. Vier Schnüre gingen vom oberen Teil ab und konnten am Rücken wieder mit dem Kleid verbunden werden. Mein Rücken war zum Großteil frei, jedoch verdeckten ihn meine Haare. Um die Hüfte bekam ich, ganz in Manier des Wappens der Familie, eine Rose mit zwei perlenartigen Ketten und einer Feder daran. Um obenrum nicht allzu nackt auszusehen, machte man mir noch einen Choker um den Hals. Für die Arme bekam ich noch Handschuhe, welche fast bis zu meinen Schultern reichten. Ich hatte gegen dieses Aussehen nichts einzuwenden.

Meine Haare ließen sie tatsächlich offen, anders als ich es gewohnt war. Die vorderen Strähnen klemmten sie mit Haarklemmen hinter die Ohren, um mein Gesicht frei zu halten und meine Ohrringe zur Geltung zu bringen. Als letztes setzten sie sich bei mir ans Make-Up. Passend zu meinem Kleid wurde es schlicht gehalten und an meine Hautfarbe angepasst, sodass ich nicht wie ein Panda aussah. Mehrmals wurde ich ermahnt, nicht ständig an meinen Haaren herumzufummeln. Ich konnte es halt nicht lassen. Seit Jahren hatte ich sie nicht mehr offen getragen.

Zusammen mit den anderen Maids wartete ich in dem Zimmer, bis wir abgeholt wurden. Erneut hatte ich mich neben Alena gesetzt und unterhielt mich mit ihr. Sie war, im Gegensatz zu mir, heller gekleidet in einem hübschen hellblauen knielangen Kleid. Meines ging mir über die Füße und verdeckte sie hochhackigen Schuhe, die ich darunter trug. Hoffentlich würde ich in denen nicht hinfallen, lange hatte ich nicht mehr geübt, in solchen Teilen zu laufen. Eine Maid nach der anderen verließ das Zimmer. Im Allgemeinen waren wir nicht viele, vielleicht so an die Sechs Frauen, welche in dem Raum warteten. Dementsprechend dauerte es nicht lang, bis ich mich ebenfalls bei den Lecrunes wieder einfand. Zufrieden klatschte Miss Lecrune in die Hände, als sie mich erblickte.

"Fabelhaft. Es ist genauso geworden, wie ich es mir vorgestellt hatte. Blonde Haare, helle Haut und dazu die blauen Augen. Das Schwarz passt perfekt zu dir, Kind"

Ich bedankte mich mit einer leichten Verneigung, wie ich es bei Legrand gelernt hatte, bei ihr. Diese Frau stand nicht unweit von uns mit ihren Geschwistern und schüttelte missbilligend mit ihrem Kopf.

"Aber Xenia, was hast du dem Kind angetan!" Mit ihrem ausladendem weinroten Kleid kam sie zu uns herüber stolziert. Ihren Haaren hatte man mehrere Locken verpasst, sodass man tatsächlich glauben könnte, dass sie aus dem 16. Zeitalter stammen könnte. Hm .. was war, wenn sie tatsächlich schon so alt war? Ich schob den Gedanken beiseite und beobachtete, wie sich die beiden Frauen aufgrund ihrer Unterschiede im Modegeschmack stritten.

"Bitte, Cécilia, Xenia. Beruhigt euch doch", mischte sich Mister Lecrune ein, wurde aber von seiner Frau scharf zurecht gewiesen.

"Das geht dich rein gar nichts an, Antoine!", fuhr sie ihn an und tippte gegen seine Brust, bevor sie wieder anfing, mit ihrer Freundin zu diskutieren. Der Direktor trat zurück und neben seinen Sohn, welchen er anblickte.

"Frauen, was?"

"Werde ich nie verstehen", gab dieser nur zurück und erntete einen mahnenden Blick von mir. Er zuckte daraufhin nur mit den Schultern.

Nachdem sich die beiden Frauen endlich beruhigt hatten, begaben wir uns zum Hauptsaal. Dafür mussten wir mit einer Bekanntmachung die Treppe hinunter. Der Familienname wurde ausgerufen und zuerst begaben sich die Oberhäupter nach unten. In alter Manier bot Mister Lecrune seiner Frau den Arm an, welche daraufhin ihre Hand in seine Armbeuge legte. Gemeinsam stiegen sie grazil die Treppe herunter. Diese Eleganz machte mich etwas nervös. Ich wusste nicht ganz, ob ich gemeinsam mit Caleb hinunter gehen sollte, oder etwas hinter ihm. Oder ganz einzeln? Was ein Glück, dass mich der Vampir kurz vorher noch einmal aufklärte: "Du läufst etwas hinter mir. Achte darauf, mich nicht zu berühren. Während des Festes bleibst du bei mir, außer, ich sage dir, so sollst irgendwo stehen bleiben. Verstanden?"

"Verstanden", murrte ich ihn an. Aufgrund des Tones, welchen er mir gegenüber verwendete, hätte ich ihm beinahe eine geklatscht. Ich unterließ es jedoch, da wir uns immerhin in der Öffentlichkeit befanden und mehrere Blicke auf uns gerichtet waren. Unter ihnen entdeckte ich einige mir unbekannte Gesichter. Zum Teil musste es sich um Freunde der Familie und des Geburtstagskindes handeln. Tief atmete ich ein, nachdem Caleb die ersten Schritte gegangen war, umfasste mein linkes Handgelenk mit der rechten Hand und folgte ihm. Ich kam mir vor wie auf einem königlichen Ball mit der Ankündigung und dem Hinabsteigen der Treppe, nur, dass ich als Dienerin und nicht als Begleitung des Mannes auf dem Plan stand. Unten wartete er auf mich und achtete darauf, dass ich die Treppe nicht hinunter fiel. Denn um ehrlich zu sein: So schön, wie ich auch aussah, diese Schuhe brachten mich schon nach zehn Minuten fast um. Wir gesellten uns wieder zu seinen Eltern und warteten auf den Rest der Familien, welche noch vorgestellt werden mussten.

"Das hast du gut gemacht", lobte mich der Schwarzhaarige unerwartet und ich blickte ihn verwundert an, ob ich mich denn nicht verhört hatte. Er im Gegenzug hatte seinen Blick auf die Treppe gerichtet und beobachtete jede Person, die diese hinunter kam. Das gab mir die Zeit, ihn mal genauer anzusehen, dazu war noch nicht wirklich die Zeit gewesen. Wie sein Vater hatte er einen einfachen schwarz weißen Anzug mit Krawatte an. Seine Frisur jedoch überraschte mich, da ich sie bislang nur ungebändigt und verwuschelt kannte. Man hatte sich die Mühe gemacht, seine Haare zu glätten und zu einem Pferdeschwanz zu binden, was ihn nicht nur älter, sondern auch reifer erschienen ließ. Jeglichen Schmuck, den er sonst trug – Auch das Lippenpiercing – hatte er abgelegt. So sah er tatsächlich wie ein angehender Direktor aus und nicht wie der Macho vom Schulhof. Da hatte doch eindeutig Cécilia ihre Hände im Spiel.

Fünf weitere Familien wurden vorgestellt, bevor die Dame der Woche erschien. Rika Nocta, welche erst gegen Mitternacht ihr 21. Lebensjahr antreten würde. Ihre violett gefärbten Haare hatte sie zu einer auffälligen Frisur verarbeiten lassen: Während sie auf der linken Seite komplett kurz waren, verdeckten sie auf der rechten ihr Ohr und verliefen über ihre Schulter. An ihrer Seite befand sich ein junger Mann ungefähr in ihrem Alter, dessen Arm sie ergriff und sich mit einer kurzen Rede an ihre Gäste wandte:

"Es freut mich, dass ihr so zahlreich erscheinen konntet. Manche befinden sich momentan mitten in einem wichtigen Schuljahr, andere haben ihre Geschäftstermine verlegt, um hier sein zu können. Ihr hättet nicht, aber ich freue mich umso mehr, euch hier begrüßen zu dürfen. Genießt euren Aufenthalt, entspannt, feiert, bis dass die Decke aufgeht!" Sie kicherte und blickte ihren Begleiter an. "Und vielleicht wird die nächste Einladung, die von unserer Familie ausgeht, die für eine Hochzeit sein"

Ich hörte, wie eine Frau aufgeregt quietschte und dachte mir dabei schon, dass es sich um ihre Mutter handeln konnte. Die Frau stand nicht weit weg von uns, hatte beide Hände über ihren Mund gelegt und man konnte sehen, wie sich Tränen in ihren Augen bildeten. Oh, es handelte sich hierbei wohl um eine Neuigkeit, welche die Familie Nocta noch nicht erreicht hatte. Heiraten mit 20 ... war das nicht doch etwas früh? Obwohl, im Leben eines Vampirs war wohl nichts zu früh. Sie hatten immerhin ein immens langes Leben vor sich und niemand wusste, was dieses für sie bereithalten würde. Mit einem Klatschen in die Hände erklärte Rika die Feierlichkeiten für eröffnet und alles nahm seinen Lauf.

Die meiste Zeit über hielt ich mich an Caleb, was man von mir als seine Bluts-Maid verlangte. Ich redete nicht viel, wurde auch nicht angesprochen, womit ich kein Problem hatte. Manchmal begegnete ich den Blicken von Alena oder den Dienern der Nocta-Zwillinge, welche damit beschäftigt waren, nicht nur Herr und Dame zu beschäftigen, sondern auch einige Gäste zu unterhalten und von ihren Schützlingen fernzuhalten. Sie fungierten wie Beschützer, interessant. Das konnte man von mir nicht behaupten, auch wenn es umgedreht genauso wenig der Fall war. Caleb meinte zwar, er würde mich schützen, aber bislang war ich trotzdem in jede Gefahr reingerutscht, wäre sogar daran beinahe gestorben. Und selbst dann hatte ich dem Übeltäter auch aus eigener Kraft ins Gesicht geschlagen.

"Wie ich sehe, schlägt sich Insignia immer noch mit diesem vermaledeiten System herum, was?", kam es auf einmal von links und Caleb wurde hellhörig. Ein weißhaariger Mann kam uns entgegen, musterte mich abfällig, bevor er sich an den Erben wandte. "Und du hast dich jetzt also auch hinreißen lassen, was, Junge? Dabei dachte ich, du hättest das Potential in dir, etwas dagegen zu unternehmen"

"Ich sehe nicht, warum man etwas dagegen machen sollte. Beide Seiten profitieren davon und es basiert nicht auf Zwang", entgegnete Caleb ruhig. Die Augen seines Gegenübers blitzten gefährlich auf, er war wohl einer von der Sorte, die nichts von diesem System wissen wollten.

"Das ist doch der ganze Mist daran. Ihr gebt etwas für etwas zurück, was ihr auch einfach einfordern könnt"

"Wenn wir wieder damit anfangen, die Menschen zu unterdrücken, wird es nur wieder darin enden, dass viele von uns ihr Leben verlieren"

Der Ältere schnaubte, nahm einen Schluck von seinem Getränk, was nicht aussah wie Blut sondern vielmehr wie Alkohol, und sah mich an.

"Du, Weib", sprach er. "Hat dieser kleine Pisser von dir überhaupt etwas getrunken?"

"Erstens ist mein Name Wynne Luria Amand", stellte ich mich halbwegs vor und reckte mein Kinn nach oben. Ich spürte, dass auch Caleb's Blick auf mir lag und er darauf wartete, dass ich auf die Frage des anderen Vampirs antworten würde. "Und ja, das hat er sogar tatsächlich." Ich unterdrückte das Verlangen, mit der Hand vor meinem Gesicht zu wedeln, als der Alte mir uns sprach. Er schnaubte erneut, lachte danach aber diesmal auf.

"Soso!", rief er aus und verschüttete dabei fast einen Teil seines Getränks. Das Fest lief noch nicht lang und es war schon klar, dass er eindeutig angetrunken, wenn nicht sogar betrunken, war. Es ekelte mich an, mit diesem Mann zu kommunizieren, doch musste ich ruhig bleiben. Lecrune, welcher neben mir stand, kämpfte auch mit sich selber und dem Drang, diesem Typen wohl einfach eine runter zu hauen, was dieses Gespräch sehr schnell beenden konnte.

Wir atmeten beide erleichtert auf, als wir endlich in Ruhe gelassen wurden.

"Was war das für ein Typ?", fragte ich Caleb sofort, nachdem er uns beiden ebenfalls etwas zu trinken geholt hatte. Ich hatte extra darum gebeten, mir nichts Alkoholisches zu holen. Immerhin wollte ich mich nicht gleich am ersten Tag vollstens betrinken.
 

"Ein Wichser", antwortete Caleb knapp und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Ich prustete leise, hielt mich aber zurück. "Er meint schon seit Jahren, Druck auf meine Eltern ausüben zu müssen, damit sie das mit dem System vergessen. Solche Leute gibt es unter uns halt leider auch."

"Hat er Kontakt zu ...?" Der Schwarzhaarige lachte auf und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

"So besoffen wie der ist, ist er denen keine große Hilfe. Er würde öfter gegen eine verschlossene Tür rennen, als irgendwelche Menschen auszuquetschen" Das klang alles nach einer sehr liebreizenden Person.

An dem Abend fand ich heraus, wie lange es Vampire aushielten, auf den Beinen zu bleiben. Während wir Menschen uns gegen Mitternacht verabschieden durften, wobei ich noch etwa eine Stunde länger blieb, sahen sie nicht im Geringsten müde aus. Eher umgekehrt – Je später es wurde, desto lebendiger kamen sie mir vor. Damit konnte ich nicht mithalten und entschuldigte mich für den Abend.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Caleb wurde von vielerlei Seiten aus auf die Probe gestellt, manchmal mischte ich mich im Hintergrund mit ein, ohne dabei aufzufallen. Ich war selber überrascht, wie gut wir noch als Team zusammen arbeiteten, trotz dessen, dass eine unangenehme Spannung zwischen uns lag. Ab und zu hatte ich die Möglichkeit, mit Sei zu reden, welcher mir von seinen Konversationen mit Kira berichtete. Ihr ging es schon viel besser und sie hatte sich an die Arbeit gemacht, sagte er, wobei er mich fragte, ob ich wüsste, was sie mit Arbeit meinte. Natürlich wusste ich es, aber ich verriet es ihm noch nicht. Das würden wir alle noch früh genug herausfinden.

Unsere Gespräche verliefen meist kurz und wurden jäh unterbrochen, wenn ich zu meinem Vampir zurückkehren musste oder Sei zum Dienst gerufen wurde. Viel redete ich mit Lecrune selber nicht wirklich, wir hatten auch nicht wirklich die Zeit dazu, was mir doch ganz Recht war. Ich war auch auf der Feier eher damit beschäftigt, zu versuchen, mir die Namen und Gesichter der Personen zu merken, welche mit dem Erben redeten. Seine Eltern waren woanders beschäftigt und auch Legrand hatte keine Zeit, mit uns zu plaudern.

Der vierte und vorletzte Abend hielt noch eine kleine Überraschung für und parat. Während sich Caleb mal wieder mit jemandem unterhielt, stieß eine weitere Person hinzu und flüsterte dem jungen Mann ins Ohr. Dieser weitete erschrocken die Augen und suchte im Gesicht des anderen nach Bestätigung. Dieser nickte und der Vampir wandte sich zu mir:

"Bleib eben hier, ich muss mit jemandem sprechen"

"Bis dann, Mister Lecrune", verabschiedete ich ihn und begab mich herüber zu den Tischen, um nicht im Weg zu stehen. Momentan befanden wir uns draußen im Hinterhof, um etwas frische Luft zu schnappen. Im inneren Saal befand sich eine Tanzfläche, welche die Vampire auch ausgiebig nutzten. Ich für meinen Teil war froh, keiner von ihnen zu sein. Da ich nun für einen Moment von meinen Pflichten erlöst war, nutzte ich die Zeit um mich hinzusetzen und zu verschnaufen. Meine Füße taten mir unglaublich weh und das größte Problem war dabei sogar, dass ich mir am zweiten Tag Blasen eingelaufen hatte. Ich atmete tief durch und beobachtete die Gäste, wie sie sich unterhielten und Spaß hatten. Mit Spaß hatte mein gesamter Aufenthalt nichts zu tun. Ich musste zum Glück nicht viel reden, aber dadurch, dass Caleb so oft in Gespräche, wichtige und schwierige Gespräche, verwickelt wurde, musste ich ihm manchmal unter die Arme greifen. Sogar so sehr, dass ich mir seine Ausreden merkte, damit er sich nicht verhaspelte. Nur, um sicher zu gehen natürlich.

Nach einiger Zeit kam ein schüchtern aussehender junger Mann auf mich zu. Mit seinen kurzen nach hinten gegeelten Haaren sah er aus, als hätte man bei ihm alles versucht, war verzweifelt und hat ihm dann die Haare einfach so zurecht gemacht.

"Miss Amand?", fragte er mich vorsichtig. Ich nickte ihm zu und deutete ihm an, dass er fortfahren konnte. "Mister Lecrune wünscht, Sie zu sprechen. Ich werde Sie zu ihm bringen" Ich dachte nicht groß darüber nach, was er sagte. In diesem Haus wurden sowieso alle üblichen Regeln und Verhaltensweisen aufgehoben, weswegen ich beschloss, dem Jungen zu folgen. Er führte mich nach innen und in einen der Gänge, vorbei am Hauptsaal, in welchem laut Musik gespielt wurde. Ich kannte die Gänge inzwischen und wunderte mich, wohin Caleb nur gegangen war. Abwesend blickte ich mich um, während ich dem Jungen vor mir folgte. Dann erblickte ich jedoch etwas, was mich zum Stocken brachte: Ich sah Lecrune auf der komplett anderen Seite stehen. Er redete mit einer jungen Frau, welche kaum älter als er aussah. Derjenige, dem ich folgte, führte mich jedoch komplett in eine andere Richtung. Verwirrt bleib ich stehen und er drehte sich zu mir um. In seinen Augen erkannte ich eine gebrochene Qual.

"Es tut mir leid", flüsterte er, zog den Kopf ein und blickte weg. Im selben Moment wurde mir ein Stofftuch auf Mund und Nase gepresst und ich atmete einen stechenden Geruch ein, welcher meinen Verstand nach und nach benebelte. Ich versuchte noch, mich dagegen zu wehren. Hätte ich damals nur die Selbstverteidigungskurse besucht, zu welchen mich meine Mutter eintragen wollte, würde das alles hier nicht passieren. Ich merkte regelrecht, wie mein Bewusstsein schwand und ich in eine stille Leere eintrat.
 

Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem vollkommen anderen Raum. Es war dunkel und kalt, unter mir befand sich nicht mehr der angenehme Teppich des Anwesend sondern ein Steinboden, welcher zudem auch noch leicht feucht war. Angeekelt rekelte ich mich auf meinem Platz hin und her und versuchte, mich aufzusetzen. Dabei bemerkte ich, wie man mir meine Hände hinter meinem Rücken zusammen gebunden hatte. Meine Füße waren zwar nicht gefesselt, aber das würde mir in den Haxen auch nicht weiterhelfen. Ich bemerkte, wie sich langsam neben mir etwas regte. In der Dunkelheit des Raumes konnte ich nicht viel erkennen, nur in weiter Entfernung flackerte ein kleines Licht und gab nicht viel Sicht auf das, was bei mir war.

"Argh ...", ächzte jemand neben mir.

"Alena?", fragte ich nach und wurde in meiner Annahme bestätigt. Also war nicht nur ich verschleppt wurden, sondern auch die Maid der Harrisons. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, ob sich neben uns noch jemand in dem Raum befand. Nachdem sich meine Augen halbwegs an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich noch drei andere Körper entdecken, wobei zwei davon ziemlich schwer zugerichtet aussahen. Scheiße, wo war ich hier nur schon wieder? Ich hätte diesem Jungen nicht über den Weg trauen sollen.

"Wo sind wir hier?", flüsterte Alena mir zu und ich hörte heraus, dass sie Angst hatte. Mir ging es nicht anders, das andere Mal wusste ich immerhin, wie mir geschah und ich fand auch einen Weg zurück zu einem vertrauten Ort. Und ich war nicht gefesselt.

"Wenn ich das wüsste, hätte ich nicht so eine Panik", gab ich zu und robbte mich zu ihr herüber. Es war eiskalt in dieser Gegend und ich fing an, zu zittern vor Kälte. Ich konnte mir vorstellen, wer dahinter steckte. Nur würde ich dem ganzen auch gerne ein Gesicht zuordnen können.

Lange ließ der Täter nicht auf sich warten. In der Ferne warf das Licht Schatten und wir konnten Schritte vernehmen, welche nach und nach lauter wurden. Je näher sie kamen, desto mehr Lichter schalteten sich an. Bewegungsmelder also. Ich setzte die zornigste Miene auf, die ich momentan mustern konnte und wartete darauf, dass sich derjenige zeigte, dem wir das zu verdanken haben.

"Du", zischte ich ihn an. Der Weißhaarige vom ersten Tag des Festes zeigte sich auf der anderen Seite des Gitterst unserer Zelle, in der wir uns befanden. Da sie nicht davon ausgingen, dass wir fliehen würden, hatten sie die Tür aufgelassen. Eingebildete Arschlöcher.

"Ich", säuselte der Trunkenbold zurück und nahm einen Schluck aus seinem Flachmann. Selbst jetzt war das einzige, woran er denken konnte, saufen. Es widerte mich nur noch mehr an und beschämte mich, dass dieser Typ es geschafft hatte, mich hinein zu legen. Und ich hatte mich auch noch halbwegs kampflos ergeben. Wie ich sah, waren die Diener der Noctas und die Maid der Silvetris ihm ebenfalls zum Opfer gefallen, jedoch hatten sie wohl ordentlich gegen ihre Entführer gekämpft.

"Wie es wohl ausgehen wird, wenn wir den hohen Familie ihre Schoßtiere wegnehmen? Eine Schande an Vampir sind sie, verlassen sich weder auf ihre eigen Stärke noch nehmen sie sich das, was ihnen rechtmäßig zusteht" Dabei ging er zu Alena herüber und packte sie am Kinn. Ihr Gesicht verzog sich unter dem ausgelösten Schmerz, der Griff des Alten schien ziemlich fest zu sein. Ich zuckte zurück, als der Weißhaarige sie mit Leichtigkeit zurück stieß, sodass sie wieder auf dem Boden landete und sich hochhieven musste. Meine Augen verließen unseren Entführer nicht. Ich behielt ihn im Blick, möglichst ohne mir meine Angst anmerken zu lassen.

"Sie sind ein feiger Wichser, uns so dreist zu entführen. Machen es ja nicht einmal selber sondern haben ihre eigenen Lakaien", fuhr ich ihn an.

"Was hat eine Pest wie du in dieser Angelegenheit schon zu sagen?", sprach er ruhig zurück und berührte diesmal mich an derselben Stelle wie Alena. Er musterte mich genauestens und in diesem Moment verfluchte ich das Kleid, da es nicht gerade wenig von meiner Haut preisgab und meinen Ausschnitt nicht verdeckte. Lüstling.

"Du hast meinen Sohn geschlagen, das muss ich dir hoch anrechnen, Kindchen", fuhr er fort und ich spürte, wie sich seine Fingernägel langsam in meine Haut bohrten und sie zum Bluten brachten. "Der schlaue Junge wusste immerhin, dass du uns ein Dorn im Auge werden wirst. Und sieh an, da ist die kleine Schlampe an der Seite der Lecrunes und besorgt sich Informationen über den Widerstand." Mir wich jegliche Farbe aus dem Gesicht. Woher wusste er, dass wir gegen sie ermittelten? Mein Verdacht bestätigte sich zwar hiermit, aber wir hatten darauf geachtet, niemandem davon zu erzählen und nicht in der Öffentlichkeit davon zu reden. War Sei's Zimmer etwa verwanzt? Waren sie uns doch einen Schritt voraus?

"Oh, die Fragen, die durch deinen Kopf schwirren. Lass mich dir eines verraten, Miststück", hauchte er und ich musste mit mir kämpfen, mich nicht zu übergeben. "Wir sind euch immer einen Schritt voraus. Jedes Mal, wenn ihr etwas tut, wissen wir schon, wie wir verhindern können, dass ihr weiter kommt" Also hatten sie irgendetwas mit seinem Zimmer angestellt. Oder ... oder hatte Sei uns verraten? Hatte er deswegen gemeint, er vertraue Yakeno nicht, um von seiner eigenen Fährte abzulenken? Nein, das konnte ich nicht glauben. Das wollte ich nicht wahrhaben. Der Ältere lachte und ließ endlich mein Gesicht los. Ich spürte, wie einige wenige Tropfen über meinen Hals rannen und der Vampir bleckte sich die Zähne.

"Ich denke, ich hab eine kleine Belohnung verdient ... Und solltest du dran glauben, wäre es auch nicht so schlimm", sprach er verträumt und ich sah, wie sein Blick auf meine Halsschlagader wanderte. Oh nein, alles nur nicht das! Ich versuchte, wegzurutschen, fand mich aber nur an einer Wand wieder. Hilfesuchend blickte ich zu Alena, diese aber starrte mich nur verstört an. Die anderen waren bis jetzt nicht wieder zu Bewusstsein gekommen, also waren sie auch keine Option. Scheiße! Ich kniff die Augen zusammen, als der Blutsauger näher kam und sich zu mir runter hockte.

"Oh ja, wehr dich ... Das macht es nur noch spannender" Er fand Freude daran, mich so zu sehen! Widerlich! Ekelhaft! Ich erschauderte, als seine Zunge über meinen Hals fuhr und er nach der Ader suchte. Inzwischen musste ich im Gesicht wie tot aussehen. Ich hatte Panik, Todesangst. Ich zitterte am ganzen Leib und das gefiel diesem Monster auch noch. Um mich an Ort und Stelle zu halten, packte er meine Hüfte grob an und drückte mich nach unten. Mist! Verdammt! Caleb, wo bist du, wenn man dich mal braucht! In meiner Verzweiflung kam es sogar so weit, dass ich darum flehte, von ihm gerettet zu werden. Als sich die Zähne des Trunkenen in meinen Hals rammten, schrie ich gedanklich noch einmal nach meinen Vertragspartner, bevor ich vor Angst die Luft anhielt. Zeitgleich passierten zwei Dinge: Am anderen Ende des Flures krachte es, vermutlich eine Tür, die aus den Angeln getreten wurde. Bei mir ließ der Vampir von mir ab und spuckte das, was er mir von mir abgetrunken hatte, fluchend wieder aus, bevor er sich mit geweiteten Augen eine Hand vor den Mund hielt und mich anstarrte.

"Gift!", sprach er nur, kam auch gar nicht zu mehr, da wurde er schon am Kragen gepackt und auf die Beine gezogen. Ich sah nach oben und meinem Retter entgegen. Als hätte er mich in Gedanken rufen gehört stand Caleb da, hatte den anderen Vampir sich geschnappt und starrte ihn mit tödlich rot leuchtenden Augen an. So wütend und gleichzeitig so tot hatte ich ihn noch nie gesehen. Man könnte meinen, er teilte sich mit mir den Gesichtsausdruck.

"Hätte ich nur mal auf dich gehört, Wynne", meinte er an dem Täter vorbei zu mir, ohne dass seine Augen den Gefangenen verließen. Dieser begann langsam, vor Angst zu zittern und ich hörte, wie er anfing, um Gnade zu flehen. Caleb schnalzte mit der Zunge und verpasste dem anderen einen gezielt starken Schlag, um ihn auszuknocken.

Der Rest flog an mir vorbei. Wir wurden gerettet. Nachdem Caleb sich um den Entführer gekümmert hatte, wurde dieser von anderem Personal weggebracht und vermutlich vor den Rat geschafft, wie es damals auch mit Louis gemacht wurde. Louis ... dieser Typ eben war sein Vater, oder? Zumindest glaubte ich gehört zu haben, dass er eine Anspielung an ihn gemacht hatte. Neben denjenigen, die den Vampir fortschafften, betraten auch die Herren und Damen der Diener und Maids die Zelle und erkundigten sich nach dem Zustand ihrer Partner. Einer war dabei besonders aufgelöst – Jonathan Silvestri sprach mit zitternder Stimme zu seiner Maid. Ob sie ...?

Ich hatte nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Caleb löste meine Fesseln und erkundigte sich auch bei mir, ob alles in Ordnung sei. Ich fasste mir an den Hals, noch war die Wunde nicht verschlossen. Er nahm meine Hand weg und verschloss die Löcher wie beim ersten Mal mit seiner Zunge. Ich erschauderte, diesmal war es aber nicht so unangenehm wie bei dem anderen. Ich beobachtete Calebs Reaktion auf mein Blut und war verwundert, als er sich sogar kurz nochmal über die Lippen leckte. Aber ... der Weißhaarige meinte, es wäre wie Gift ... wie konnte er also nicht davon betroffen sein?

"Kannst du stehen?", fragte mich Lecrune. Ich brachte kein Ton heraus und versuchte, aufzustehen. Der Schock hatte mich aber noch derartig im Griff, dass mich letztlich der Vampir aufhob und nach draußen trug. Ich sagte nichts dagegen, lehnte mich einfach an ihn und war froh, wieder in Sicherheit zu sein.

Draußen bemerkte ich, dass wir uns nicht einmal mehr im Anwesen befanden. Der Keller, aus welchem wir hinaus kamen, befand sich in einer abgelegenen Hütte, sodass ich mich wunderte, wie sie uns so schnell finden konnten. Eigentlich sollte ich nicht so viel darüber nachdenken sondern eher froh sein, dass es vorbei war und alle wieder abgeholt wurden. Wir kamen mit einem Schock davon, welchen wir erst einmal verarbeiten mussten. Unbewusst krallte ich mich die ganze Zeit in Calebs Ärmel fest. Selbst, als er seine Gabe anwandte, um mich zu beruhigen, ließ ich nicht los. Ich wollte mich vergewissern, nicht jeden Moment wieder in diesem Keller aufzuwachen. Und ich war heilfroh, als ich wieder in das vertraute Zimmer des Anwesend gebracht wurde, ohne das weitere Fragen gestellt wurden. Diese Nacht hatte ich einen fürchterlichen Albtraum ...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Narudia
2018-11-22T10:11:08+00:00 22.11.2018 11:11
Huhu,

oh ja wie erwartet lässt du es an Spannung nicht mangeln, und man merkt das viel mehr dem Widerstand zugetan sind als man denken würde. Jetzt ist die Frage was stimmt mit Wynnes Blut nicht? wird durch den Pakt das Blut für andere ungeniesbar und nur der Herr kann davon trinken? oder steckt da mehr dahinter. Wie haben sie die Entführten so schnell gefunden? wurde dem Alten eine Falle gestellt? Fragen über Fragen.

Hoffe du schreibst bald weiter.

lg Narudia


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