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My bloody Soulmate

von

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"Ich will, dass du meine Bluts-Maid wirst", erneut schallte diese Aussage durch meinen Kopf. Ungläubig starrte ich den Typen vor mir an. Louis stellte sich nun eher in den Hintergrund und räumte uns mehr Privatsphäre ein. Nachdem ich mich gefangen hatte, prustete ich laut los.

"Du willst, dass ich deine Bluts-Maid werde?", hakte ich nach und er nickte. Das konnte nicht sein Ernst sein. Er sagte das doch einfach nur so, weil er vermutete, ich würde zusagen, nur um sich dann über mich lustig zu machen, weil er mich als Scherz fragte.

"Vergiss es", antwortete ich und erntete einen überraschten Blick. Erstens, ich hätte so oder so keine großen Probleme, das Studiengeld zu bezahlen. Zweitens, hatte ich keine Lust, diesem Arsch auch nur einen Tropfen von meinem Blut anzubieten. "Ich fresse eher 100 Frösche, bevor ich dich auch nur von meinem Blut kosten lasse."

"Ich hoffe, dir ist klar, dass du diese Entscheidung bereuen wirst", mahnte er mich und die unterschwellige Drohung entging mir nicht. Aber entgegen seiner Erwartungen ließ ich mich davon nicht einschüchtern. Und was hatte Legrand gesagt? Kein Vampir hatte das Recht, einen Menschen zu erpressen. Der Sohn der Direktoren war dabei keine Ausnahme.

Ohne ein weiteres Wort von mir zu geben schnappte ich mir meine Tasche und kehrte zu den Schlafgemächern zurück, damit ich endlich weiter an meiner Geschichte arbeiten konnte. Verfolgt von dem Ereignis fand ich keine Ruhe, bis ich endlich auf dem Stuhl saß und mich nach hinten lehnte. Verdammte Axt, was war nur in diesen Typen gefahren?

"Alles okay? Du siehst blass aus", sprach mich Kira von der Seite an. Ich sah zu ihr, gerade als sie sich auf den anderen Stuhl setzte und ihren eigenen Laptop anschaltete, vermutlich um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Ich zu meinem Teil stieß einen frustrierten Laut aus und beugte mich nach vorne, stützte mich dabei mit den Armen auf meinen Knien ab.

"Nichts ist okay. Die ganze Sache stinkt doch bis zum Himmel. Bluts-Maid? Bluts-Diener? Sind die noch ganz bei Trost?" Je mehr ich sprach, desto lauter wurde meine Stimme. Ich wusste doch gleich, dass das hier eine Höllenbude war. Das Mädchen neben mir zuckte leicht zusammen, ich konnte mir gut vorstellen, dass sie meine Ansicht nicht teilte. Sie war viel offener den Vampiren gegenüber. Trotzdem hoffte ich, dass niemand auf sie zuging und nach dieser Dienerschaft fragte. Und wenn doch, würde ich demjenigen vermutlich ins Gesicht schlagen.

Um ein wenig Dampf abzulassen, entschloss ich mich dazu, ein paar Runden Downlook zu spielen. Also holte ich mein Headset raus, verknüpfte es mit den dazugehörigen Ports und loggte mich in unseren Sprachserver ein.

"Aaaaai, LuvLuv!", wurde ich sofort lautstark von Pin begrüßt. "Wir dachten schon, du lässt dich gar nicht mehr bei uns blicken. Erzähl mal – wie ist es? Auf unsere Kommentare reagierst du ja nicht, du Schnalle!"

Ich schmunzelte auf ihre Beleidigung hin, entschied mich aber auch dazu, sie zu bitten, das Thema 'Schule' fallen zu lassen und lud sie zu ein paar Runden Schnellspiel zum Aufwärmen ein, bevor wir unsere kompetitiven Matches anfingen.

Downlook hatte schon immer diese eigenartige Angewohnheit, mich runterzubringen. Oder zumindest regte ich mich über ganz andere, trivialere Dinge auf und vergaß meinen Alltagsstress. Während ich versuchte, Suizidgänger zu heilen und Flanker zu eliminieren, entwich mir das ein oder andere Schimpfwort. Nach einiger Zeit saß Kira sogar neben mir und beobachtete mich über meine Schulter hinweg. Manchmal stellte sie mir Fragen, was ich da tat, was das Ziel war, warum manche den Abgrund hinuntersprangen. Ja, auch in den höheren Bereichen gab es Leute, die nicht richtig kalkulierten und sich damit selber umbrachten.

Gegen Abend beschloss ich, nach dem Abendbrot noch meine Hausaufgaben zu machen, bevor ich mich schlafen legen würde. Zusammen mit meiner Zimmergenossin ging ich zur Mensa, um mir noch eine kleine Mahlzeit zu gönnen. Sie hatte auch gerade Hunger und wir hatten nach der ganzen Aufregung glatt vergessen, uns etwas zu Essen mitzunehmen. Auf dem Weg dorthin trafen wir immer wieder vereinzelt auf andere Schüler, wie ich vermutete stets unterschiedliche Rassen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass viele nun die Gelegenheit nutzten und die Dienerschaften formten. Diese mussten dann natürlich auch berichtet werden, sonst wäre es nicht gültig. So viel hatte ich noch mitgeschnitten. Und ich wünschte mir gerade, ich hätte an der Versammlung nicht teilgenommen.

Gegen Abend war es immer angenehm, die Mensa zu betreten. Es war nicht so überfüllt wie zur Mittagsstunde. Das Frühstück lieferte man uns meist an die Zimmer, sodass wir nicht in den Trubel gelangten. Zimmerservice auf einer Schule – Wenn das mal kein Luxus war. Noch dazu musste man erwähnen, dass man sich nicht über das Essen beklagen konnte. Es gab zwar nicht immer etwas, was jedem schmeckte, aber meistens konnte man sich dann mit etwas anderem zufrieden stellen. Wer nämlich die warme Mahlzeit nicht wollte, konnte sich gut und gerne auch etwas Brot nehmen.

Wir setzten uns also mit unseren Tellern an einen Tisch und begannen zu essen. Währenddessen reflektierten wir über die Geschehnisse des Tages – Die Gruppenarbeit, mein Aussetzer, die Ansprache. Kira klang recht aufgeregt, als es um das Thema 'Dienerschaft' ging. Mit ihrem Wesenszug konnte ich es ihr nicht verübeln, sie war ja auch nicht wie ich. Meine Wenigkeit konnte auch nicht davon ausgehen, dass jeder meine Gedanken und Einstellungen teilte. Herrgott, ich habe doch sogar selbst gesehen, wie sich die weibliche Schülerschaft um diesen blutsaugenden Volltrottel flockte. Die Brünette konnte sich nur nicht vorstellen, wem sie als Bluts-Maid dienen sollte. Was sie außerdem eher interessierte, war der damit verbundene Unterricht. Ob dieser wohl schwerer war, als das, was wir bislang hatten? Ich konnte auch diese Frage nur mit den Schultern zucken, ich hatte im Allgemeinen keine Ahnung von der ganzen Sache und wollte mich auch nicht weiter damit beschäftigen.

"Außerdem", fing ich irgendwann an als ich dachte, dass sie das Recht hatte, es zu erfahren. "Du-weißt-schon-wer hat mich gefragt, ob ich seine Bluts-Maid werden will."

Fast wäre ihr nach der Aussage das Essen wieder aus dem Mund gefallen. "Echt jetzt?!"

"Na ja, gefragt ist auch heiliggesprochen. Er hat eher gefordert, dass ich die Dienerschaft annehme"

"Und ... was hast du gemacht?"

"Was wohl? Abgelehnt. Diesem Idioten geb ich doch mein edles Amand-Blut nicht!"

Die kleinere hob eine Braue, woraufhin ich sie nur verwirrt anblickte.

"Ihr nehmt euch in eurem Ego manchmal echt nicht viel"

"Ich bin kein bisschen wie dieses eingebildete Stück Dreck!"

Ohne ein weiteres Wort schüttelte sie nur den Kopf und aß weiter. Ich saß noch etwas sprachlos da, bevor auch ich mit meiner Mahlzeit fortsetzte. Ich und Lecrune – ähnlich? Das ich nicht lache! Wir waren uns kein Stück ähnlich. Sein Ego stank bis zur Decke, während ich als Opfer seiner Missetaten als die Böse hingestellt werde. Und als ob mir die Blicke der anderen Weiber entgangen wären. So blind bin ich nun auch wieder nicht.
 

Ein weiterer Monat verging und in den ersten Fächern standen schon Tests an. Wie man uns gewarnt hatte, stellte man hohe Ansprüche an uns. Die Fragen waren schwierig formuliert und man hörte das eine oder andere Mal während der Arbeiten ein frustriertes Stöhnen eines Mitschülers. Umso erleichterter verließen wir den Klassenraum, wenn der Tag vorüber war.

In den letzten Wochen hatte ich es mir vorgenommen, die Schwimmhalle auszutesten. Als ich die Sache mit Kira besprach, hatte sich Neva sofort mit eingemischt und gemeint, dass sie liebend gern mit jemandem mitkommen würde. Wie ich mitbekommen hatte, gehörte sie zu einer der ersten in unserer Klasse, die sich einen Diener zugelegt hatte. Eine eher schüchterne Persönlichkeit, obwohl er mit seiner Größe und seinen dunkelbraunen Haaren schnell aus der Masse seiner Klasse herausstach. Es gab nur einige in unserer Klasse, die ihn mit der Körpergroße das Wasser reichen konnten, ein derartiger Riese war er. Aber er gehörte eher zu der stillen Sorte Mensch, trotzdem hatte Neva schnell einen Narren an ihm gefressen. Mir sollte es Recht sein, sie kam mir nicht wie der Typ vor, der Menschen zu ihren Vorteil nutzen würde.

Das einzige Problem war die Beschaffung von Badekleidung. Handtuch und alles hatte ich ja mit, nur hatte ich weder Badeanzug noch Bikini eingesteckt, weil ich einfach nicht damit gerechnet hatte, hier schwimmen zu gehen. Kira, welche sich dazu entschieden hatte, uns zu begleiten, aber nicht mitzuschwimmen, durchforstete unsere Schulwebsite. Ich hatte ja bereits schon einmal erwähnt, dass man dort einfach alles bekommen konnte. Und damit hatte ich nicht übertrieben. In ihrer Navigation hatten sie einen Link mit der Beschriftung 'Bestellungen'. Dort konnte man aus verschiedenen Kategorien aussuchen – Uniformen, Schulbücher, Blöcke, Stifte, andere Utensilien, einfache Kleidung. Und wer hätte es gedacht, man konnte dort auch Badekleidung kaufen. Ich fragte mich nur, wie lange es gedauert hat, das alles einzurichten. Viel hatten wir ja noch nicht über die Geschichte dieser Schule gelernt. Es schien auch kein gesondertes Unterrichtsfach zu geben, wo die Historie dieses Ortes Thema war.

Kira hatte ihre Freude daran gefunden, die Bestellungssteite der Website zu durchforsten. Sie fand nicht nur nützliche, sondern auch einige eigenartige Dinge. Darunter zählten zum einen auch Blutcontainer, welche eher für die Vampire gedacht waren. So kamen also diejenigen, die keine Maid und keinen Diener hatten, an ihr Blut ran. Das hatte mich nämlich auch schon gewundert.

Dank meiner Zimmergenossin hatte ich also auch eine Möglichkeit gefunden, alles nachzubestellen, was mir ausgehen würde. Ein Teil davon war in unserem Studiengeld inbegriffen, alles andere musste ich vorher mit meinen Eltern besprechen. Da ich bislang aber auch recht gute Ergebnisse meines Besuches vorlegen konnte, hatten sie nichts gegen meine Einkäufe einzuwenden und ließen mich weiterhin in Ruhe.

Dazu war also auch das Paketfach gut. Ich hatte mich schon gefragt, ob es was bringen würde, wenn unsere Eltern uns etwas schicken würden. Es wurde doch auch ewig dauern, bis es bei uns ankam. Etwas von der Seite hingegen zu bestellen dauerte nicht lang und war binnen einer Woche bei uns. Irgendwoher mussten sie es ja auch nehmen und ich bezweifelte, dass diese Schule ein geheimes Lager voll mit diesen Dingen hatte. Obwohl ... so unglaubwürdig war das Ganze auch nicht.
 

Im vergangenen Monat war es nicht nur zu meinem Entschluss gekommen, schwimmen zu gehen. Nein. Lecrune, der mich zuvor aufgefordert hatte, seine Bluts-Maid zu werden, ließ mich damit einfach nicht in Ruhe. Mindestens einmal in der Woche ging er auf mich zu und erinnerte mich daran. Erpressen tat er mich nicht. Es sah auch nicht so aus, als würde er irgendjemand anderen damit nerven, aber ich hatte auch keine Nerven dafür, den Zottelhaar im Auge zu behalten. Neva und Kira überraschte es eher, dass er bis jetzt noch nicht aufgegeben hatte. Und dass auch kein anderer auf mich zugegangen war, wie die Vampirin meinte. Denn diese hatte mir auch erzählt, dass nicht nur Lecrune sich überlegt hatte, mich zu fragen. Ich glaube, die müssen auch mit dem Kopf gegen eine Wand gerannt sein, um auch nur im Entferntesten darüber nachzudenken, mich zu fragen. War ihnen nicht aufgefallen, wie ich ihnen gegenüber eingestellt war?

Ich beschloss, mir nicht weiter darüber Gedanken zu machen. So lange nur einer auf mich zukam und mich nervte, wurde ich damit noch locker fertig. Zwar war er äußerst hartnäckig – warum, fragte ich mich auch jeden Tag – aber meine Meinung hatte sich bislang nicht geändert. Und was würde sie auch nicht. Zusammen mit den anderen fand ich mich an einem freien Tag in der Schwimmhalle wieder. Diese war bestückt mit Umkleidekabinen, einem Duschraum und natürlich mehrerer Schwimmbecken. Manche waren für das Training des Schwimmteams vorgesehen, andere durften auch für Spaß verwendet werden. Es gab einige Tage, an denen durfte die Halle nicht von anderen außer dem Team betreten werden, aber das kam so selten vor, dass man kein Problem hatte, ein freies Zeitfenster zu finden. Kira schnappte sich unsere Sachen und belegte ausreichend Liegen mit diesen, sodass jeder von uns auch einen Platz zum Entspannen hatte. In Begleitung hatten wir Neva mit ihrem Bluts-Diener Luc. In der Halle liefen wir noch anderen Klassen- und Schulkameraden über den Weg, unter anderem auch jemandem, der in letzter Zeit öfter in der Nähe von Kira gesehen wurde. Wie ich mitbekommen hatte, ging er in Yakenos Klasse und hatte weder Diener noch Maid. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er an der Kleineren Interesse gefunden hatte, aber den Anstand besaß, nicht sofort auf sie zuzugehen und sie aus der kalten heraus zu fragen.

"Ey, Big Bro! Sei!", rief Neva zu ihnen herüber, nachdem sie sich an den Rand des Beckens gesetzt hatte und ihre Füße im Wasser baumeln ließ. Lachend grüßte ihr großer Bruder zurück und stieß Sei, welcher neben ihm stand, in die Seite. Die violetten Augen des Vampirs blitzten auf, jedoch mehr vor Scham als Wut, als dieser sah, wer alles die kleine Schwester seines Freundes begleitete. Ich für meinen Teil sprang sofort ins kalte Wasser und schwamm die ersten Runden, um mich zu entspannen. Die Rothaarige ließ sich mehr Zeit damit, lehnte sich am Rand zurück, während Luc mit einer Hand im Wasser herumrührte.

"Seid ihr alle Wasserscheu oder was?!", rief ich ihnen zu. Neva zeigte mir erst die Zunge, woraufhin ich sie einfach ins Wasser zog. Erschrocken schrie sie auf, tauchte wieder nach oben und hob ihre Hand, um mir ihren Mittelfinger entgegen zu halten.

"Fick dich, Amand!", entgegnete sie mir und lachte, gemeinsam schmiedeten wir dann den Plan, auch Luc mit reinzubekommen. Der große Kerl war schwer, aber als wir ihn in einem Moment der Unachtsamkeit erwischten, zogen wir ihn mit Leichtigkeit zu uns ins blaue Nass. Dieser Spaß war eine angenehme Ablenkung zu unserem stressigen Alltag an der Schule und half uns, den Kopf freizubekommen.
 

Es kam, wie es kommen musste. Nichts schlimmes, natürlich! Nach vier Monaten Schule und unseren ersten Klassenarbeiten gönnte man uns eine Auszeit, zwei Wochen Ferien. Einige Schüler entschlossen sich in dieser Zeit, nach Hause zu fahren und ihre Eltern zu besuchen. Neva, Yakeno und Luc verließen zu diesem Anlass das Schulgelände für eine Woche. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, ich konnte die zwei Vampire doch recht gut leiden. Ohne sie kam mir alles viel ruhiger vor, vor allem da Kira nicht im Geringsten so laut war wie ihr rothaariger Konterpart. Gemeinsam hatten wir uns vorgenommen, einen Teil der Ferien zu genießen und den anderen Teil mit Hausaufgaben zu verbringen. Was wir als erstes machten? Wir waren brav und erledigten natürlich all unsere Hausaufgaben. ...... Als ob. Meistens war es so, dass wir uns tagsüber vergnügten. Wir nutzten den Raum für Freizeitaktivitäten aus, gingen schwimmen (wobei ich Kira das Schwimmen beibrachte, weil sie es simpel und einfach nicht konnte und es ihr vor den anderen zu peinlich war, es zuzugeben), erkundeten den Wald und gingen unseren Hobbies nach, sodass ich mit meiner Geschichte einen großen Schritt voran kam und sie, nachdem ich es als Scherz angesprochen hatte, sehr ernst an einem Cover dafür arbeitete. Ich war wirklich froh, dieses Mädchen kennen gelernt zu haben. Wir ergänzten uns, stärkten und gegenseitig den Rücken und es schien, als würde sie mich langsam und unterbewusst mit der anderen Rasse vertraut machen.

Gegen Nachts war es meist so, dass wir uns dann an die Aufgaben machten, damit wir diese nicht bis zuletzt aufschoben und auf den letzten Drücker erledigten. Dass wir dadurch meistens bis 12 schliefen war vorprogrammiert. Aber somit waren wir nach der ersten Woche schon fertig mit unseren Hausarbeiten.

Tagesüber während der ersten Woche unterhielt sich meine gute Freundin gelegentlich mit diesem Sei. Was ich mitbekommen hatte, war sein kompletter Name Sei Kentaro Yarias. Er ging in Yakenos Klasse und gehörte einer Adelsfamilie an. Würde man mich fragen, würde ich ihn auf den ersten Blick als einen sehr ernsten und ehrlichen Mann einschätzen. Er wusste, wo er in der Gesellschaft stand und ebenfalls, dass er, um dort zu bleiben, hart arbeiten musste. Kira erzählte mir ergänzend, dass er sich sehr interessiert an ihren Zeichnungen zeigte und jemanden kannte, der ihr dabei bestimmt weiterhelfen konnte. Als sie mir die Gelegenheit schilderte, zuckte ich nur mit den Schultern und fügte hinzu, dass sie auf sich Acht geben sollte – Man wusste nie, ob jemand schnell einen eigenen Nutzen daraus ziehen würde. Ich schätzte sie nicht als jemanden ein, der naiv genug war, blind in Gefahren reinzutappen. Aber ich machte mir dennoch Sorgen darum, dass sie sich auf einmal in einer Falle wiederfand.

Was mich und mein Problem betraf – Zum Glück hatte der Wichtigtuer über die Ferien andere Dinge zu erledigen, als mir nachzustellen. Wie es schien, unterzogen seine Eltern ihm einem privaten Training, welches nicht gerade einfach war. Nämlich jedes Mal, wenn ich ihm auf dem Campus begegnete, schnaufte und ächzte er, schleppte sich gerade so zu seinem Zimmer zurück und würdigte mich keines Blickes. Gut so, damit wäre ich immerhin über die zwei Wochen sicher vor ihm.
 

Die zweite Woche begann mit ... wie soll ich sagen? Beunruhigenden Neuigkeiten? Am frühen Morgen brachen Kira und ich getrennt auf. Während sie einen Spaziergang machen wollte, ging ich sofort zur Mensa, um mir ein Frühstück zu gönnen und über meine Notizen zu schauen. Zwei neue Kapitel hatte ich in den letzten vier Monaten und der Ferienwoche geschafft, das Feedback meiner Leser größtenteils positiv, wobei ich einige daran erinnern musste, dass es sich um ein fiktionales Werk handelte und zur Unterhaltung diente, nicht das, was ich im echten Leben gerne tun würde. Oder vielleicht doch? Ich schmunzelte bei meinen eigenen Gedanken. Sicher, es würde mir eine Art Befriedigung beschaffen, wenn ich so handeln würde wie der Hauptcharakter meiner Geschichte. Es gab nur einen Unterschied: Ich wusste nicht, wer der Hauptantagonist meines Lebens war. Und so gemein und Lecrune als diesen abstempeln wollte ich auch nicht sein, ausnahmsweise.

Mit meinem Becher Tee in der einen Hand und meinen Block unter den anderen Arm geklemmt, begab ich mich zum Schulhof. Auf dem Weg zum Brunnen lief mir Kira entgegen, gefolgt von Sei, welcher besorgt die Augenbrauen zusammen zog. Wir hatten uns in der letzten Woche ein Mal unterhalten und ich hatte ihm gegenüber eine Warnung ausgesprochen. Diesmal hatte er eindeutig etwas verbrochen, wobei ich nicht wusste, ob es positiv oder negativ war. Ich sah zu meiner guten Freundin, welche mir freudig strahlend entgegen kam.

"Wynne! Du wirst es nicht glauben!", fing sie an und blieb vor mir stehen. Ich deutete auf eine Bank in unmittelbarer Nähe, damit wir uns setzen konnten. Der Vampir blieb auf Abstand zu uns und versuchte, unser Gespräch nicht zu belauschen. Tatsächlich ein Gentleman.

"Was gibt's?", fragte ich, nachdem wir uns gesetzt hatten und nahm einen Schluck von meinem nun trinkwarmen Tee.

"Ich habe Sei's Bitte, seine Bluts-Maid zu werden, angenommen"

Auf ihre Aussage hin verschluckte ich mich vor Schreck an meinem Getränk und hustete. Um die Flüssigkeit aus meiner Lunge zu kriegen, klopfte ich mir auf den Brustkorb. Mann, ich hatte das Gefühl, ich würde gleich sterben, an Ort und Stelle. Aber, was zur Hölle! Kira und die Bluts-Maid von diesem Typen? Sicher, es hätte sie schlimmer treffen können – Lecrune-Schlimm -, aber trotzdem! Nachdem ich mich beruhigt hatte forderte ich die Jüngere auf, sitzen zu bleiben und auf meine Sachen aufzupassen, welche ich auf meinen Sitzplatz legte. Räuspernd machte ich mich auf den Weg rüber zu Sei.

"Ey, Yarias!", rief ich ihn und stemmte die Hände an die Hüfte. Besagter Vampir zuckte zusammen und sah zu mir herunter. Ja, er überragte mich um eine Kopfgröße, was nicht hieß, dass ich mich von ihm einschüchtern ließ.

"Du hörst mir jetzt mal ganz genau zu. Ich warne dich nur einmal: Solltest du es wagen, Kira irgendwas aufzubürden, womit sie nicht klar kommt, suche ich dich selbst in deinen Träumen heim. Ich werde dein Leben zu einem einzigen Albtraum machen, ist das klar?" Noch war mein Hass auf Vampire nicht dermaßen versiegt, dass ich ihm nicht drohen würde. Mir war klar, auf den ersten Blick, dass Sei kein Arschloch und vermutlich die beste Wahl für Kira war. Dennoch – es bereitete mir Sorgen und ich hatte ein ungutes Gefühl bei dieser ganzen Dienerschafts-Nummer. Und ja, das hatte mich seit der Versammlung nicht verlassen.

"Amand, wenn ich bitten darf. Ich habe nicht vor, deine Freundin auszunutzen. Mit diesem Angebot möchte ich eher andere davon abhalten, ihr etwas anzutun. Sie ist zerbrechlicher als du, was ihren Geist angeht. Und nicht jeder an dieser Schule hat edle Absichten, das ist dir sicher aufgefallen ..." Ich nickte dem jungen Mann zu. Sein Blick allein verriet, dass er all das nicht sagte, um mich zu beruhigen. Bei aller Güte, nichts könnte mich beruhigen, wenn ich mit einem Vampir über dieses Thema sprach. Sei aber gelang es mit seiner ruhigen Stimme und entspannten Art, mich von ihm zu überzeugen. Er war kein schlechter Kerl, es war auch nicht so, dass ich ihn so sehr hasste wie manch andere.

"Ich sag's nur. Wenn du ihr etwas antust, bekommst du es zurück"

Mit einer leichten Verbeugung gab er mir zu verstehen, dass er meine Drohung wahrgenommen hatte und beherzigen würde. Ich fasste mir frustriert an den Kopf. Immer mehr Vampire gelangten in meinen engeren Kreis und mit immer mehr von ihnen trat ich in Kontakt, allein durch Kira. Ich konnte ihr schlecht verbieten, eigene Entscheidungen zu treffen. Ich hatte keine Kontrolle über sie und wollte diese auch nicht haben, geschweige denn, dass ich ihre Mutter war. Dennoch könnte ich verhindern, dass ihr etwas passiert. Und da hatte ich sogar jemand auf meiner Seite. Denn wer weiß, wozu manche Vampire tatsächlich in der Lage waren.



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