Ein unfaireres Spiel mit dem Schicksal von Strichi ================================================================================ Kapitel 1: Prolog: Schlechte Vorboten ------------------------------------- Ein Zittern erfasste meinen Körper und starr blickte ich hinab auf den Boden zu meinen Füßen. Wieso musste das passieren? Ich hatte Angst und diese Angst schnürte mir die Kehle zu. Heute würde ich meine Freiheit verlieren, heute würde ich mich verkaufen müssen. Ich wusste, warum ich es tat und trotzdem machte es mein Herz schwer. Wäre der Krieg nicht gewesen, wäre alles anders gekommen. Ohne den Krieg würde ich mich nicht heute opfern müssen. Übertrieb ich? Ich wusste es nicht. In der Stadt in der ich aufwuchs, gab es viele Pferdezüchter. Kleine Pferde für die Arbeit unter Tage, große kräftige Pferde, für die Arbeit auf dem Feld und Pferde, welche schnell und kräftig genug waren, einen jeden Reiter über die Weiten der Welt zu tragen. Ales in meiner Heimat drehte sich um jene edlen Tiere und über die Grenze unseres Landes waren wir für unsere Tiere bekannt und geschätzt. Viele der Länder, Städte und Gemeinden wollten diesen Reichtum ebenfalls. Denn da viele unsere Tiere schätzen, brachten sie dem Land Wohlstand und Reichtum. Doch wuchs in den anderen Menschen der Neid und die Missgunst. Sie alle wollten ebenfalls einen Teil dieses Reichtums für sich selbst beanspruchen. Ich war gerade erst fünfzehn als der Krieg ausbrach und die Zeit des Wohlwollens endete abrupt und brachte nichts als Verderben mit sich. Vom Meer kamen unsere Feinde. Große dunkle Männer mit langen Haaren und fremdklingender Stimme. Sie plünderten, vergewaltigten und töteten. Die anderen Länder verweigerten uns ihre Hilfe, als wir sie am dringendsten brauchten. Sie wollten uns nicht helfen, oder trauten sich nicht gegen diese Männer in den Kampf zu ziehen. Viele waren gefallen, kamen einfach nicht wieder und Leid und Trauer hielten Einzug in die Stadt und das Land. Zwei Jahre waren vergangen. Zwei Jahre in denen wir immer wieder den Überfällen unserer Feinde ausgeliefert waren und erst die Hilfe, die uns zu Teil wurde brachte den ersehnten Sieg und den Frieden. Doch nicht für mich. Mein Vater war der Fürst des Landes und ich erinnerte mich, wie verzweifelt er in den letzten Jahren war. Die Wut, die Trauer und all die anderen negativen und schlechten Gefühle zogen ein in unser Haus. Viele Boten zogen aus, ersuchten Rat und fragten nach Hilfe. Viele wollten nicht helfen und erst ein Volk aus dem Norden stand uns gegen die Angreifer beiseite. Uns war bewusst, dass sie dies nicht aus Nächstenliebe taten. Anders als mein Volk galten diese als wilder und brutaler, doch auch als geschickte Krieger und gute Waffenschmiede. Wir nannten sie Barbaren, denn ihr Verhalten und ihre Lebensweise galt als unzivilisiert. Sie wollten einen Handel, dessen waren wir uns sicher, denn sonst hätten sie uns nicht zur Seite gestanden. Ob wir wollten oder nicht, wir hatten keine Wahl und nahmen die Hilfe umso dankbarer an! Unsere Grenzen waren zu geschwächt und einer weiteren großen Attacke hätten wir kaum standhalten können. So nahm mein Vater, ohne langes Zögern, die Hilfe dieser Menschen an. Was ich über das Volk aus dem Norden wusste waren nur Spekulationen. Sie waren raue Leute, geschickte Handwerker. Sowohl Schmuck, als auch ihre Waffenschmiede waren bei allen Völkern bekannt und berüchtigt, genau so wie ihr Hang, jegliche Angelegenheiten mit Gewalt zu lösen. Man sollte nie versuchen einen dieser Menschen über den Tisch zu ziehen, hatte man mir erklärt. Ich erinnerte mich, dass mein Vater sagte, dass wir diesen Frieden teuer erkaufen müssen und wie Recht er hatte, war nun deutlich zu spüren. Ich erinnerte mich genau an die Krieger, welche sich auf den Weg zu uns machten. Wilde und große Männer mit langen Bärten, Äxten und ernsten Gesichtern. Ihre Kleidung schmückten häufig Tierfelle. Ich erinnerte mich an die Tätowierungen, welche viele trugen, einige sogar im Gesicht! Es sah grauenhaft aus. Ich war achtzehn als ich sie traf und mein Vater ihren Anführer in unseren Hallen empfing. Ich erinnerte mich, wie ich neugierig die Männer betrachtete und doch war auch etwas Angst in mir gewesen. Alle sahen sie aus, als könnten sie, ohne Zögern einfach so jemanden erschlagen. Ich fühlte mich unwohl, dass wir die Hilfe dieser Männer in Anspruch nehmen mussten, doch wir hatten einfach keine Wahl! Ihr Anführer war ein kräftiger Mann, ich schätzte ihn auf Mitte vierzig, doch sicher war ich nicht. Seine dunklen Haare waren von Grau durchzogen und tiefe Falten zeichneten sein Gesicht. Auch er hatte Tattoos im Gesicht. Der Bart war lang, die Haare noch länger. Er hatte einen Bauch aber seine Schultern und Arme sahen sehr kräftig aus. Er trug eine beschlagene Lederrüstung und eine große Axt hing an seiner Seite. Es war eine Axt, die nicht dazu geschaffen war, Holz zu spalten. Ich erkannte, dass einige der Männer Kettenhemden zwischen zwei Kleidungsschichten trugen. Ich fand es seltsam und erst im nächsten Augenblick verstand ich, dass sie dies taten um die teuren Hemden vor Rost zu schützen. Die Hemden reichten gerade einmal bis zum Unterleib und ließen diejenigen, welche sie trugen noch breiter erscheinen. Viele hatten einiges an Waffen bei sich. Speere, Schwerter, lange Messer und unzählige Äxte. Ich erblickte die unterschiedlichsten Axtformen und wofür sie alle gut sein sollten, vermochte ich nicht sagen zu können. Ich erinnerte mich, wie ich die Männer alle musterte und einer fiel mir sofort ins Auge. Ein Mann, der alle anderen überragte. Er musste gut über zwei Meter groß sein. Ich erinnerte mich an den roten geflochtenen Bart und den ernsten Gesichtsausdruck. Der Bart war das auffälligste an diesem Mann. Bis zu seiner Brust reichte dieser ihm und ich hatte nie ein solches Rot gesehen. Ein dunkles, kräftiges Rot. Als wären seine Haare aus rostigem Stahl. Ich selbst hatte, dank meiner Mutter eine sehr auffällige Haarfarbe. Immer wieder vielen meine hellblonden Haare auf und ließen andere sich nach mir umdrehen. Bei meinem Zwillingsbruder war es nicht anders. Und so war es auch damals nicht verwunderlich, dass viele der Krieger immer wieder mit ihren ernsten Gesichtern zu mir schielten. Hätte ich geahnt, was ich damit anrichtete, hätte ich nicht darauf bestanden meinen Vater bei den Verhandlungen moralisch zu unterstützen. Ich hätte ihn mit meinem Bruder Tal und seinen Beratern allein gelassen. Auch der Größte von ihnen, musterte mich interessiert und ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick an dem Körper des Mannes entlang glitt. Eine lange, aber handliche Axt steckte in seinem Gürtel. Der Kopf hatte eine seltsame Form, fand ich. Sie schien von beiden Seiten eine tödliche Gefahr darzustellen. Beiden Seiten des Axtkopfes waren geschärft. Anders als bei meinem Volk waren die Schwerter gerade und nicht gebogen. Wer beritten kämpfte würde ein gebogenes Schwert einer geraden Klinge immer den Vorzug geben. Ein Soldat erklärte mir einst, dass man durch den Bogen, besser kämpfen konnte. Wie genau, dass wusste ich nicht. Erneut glitten meine Augen an dem Mann entlang. Er trug ähnliche Ausrüstung wie sein Herr. Seine Rüstung sah beinahe zu klein für ihn aus. Sie bedeckte nur den Oberkörper bis zu seinem Gürtel. Doch viele schienen sie so zu tragen. Ich erkannte, dass auch dieser Mann ein Kettenhemd trug. Darüber eine Art dicken Lederwams. Wieso er beides trug verstand ich nicht. Auf den Rücken sah man einen runden Schild. Woraus er bestand, konnte ich aus der Entfernung nicht erkennen. Doch noch einige andere Männer hatten einen Schild bei sich. Ich sah an den Armen des Mannes Armschienen. Als meine Augen zu den Beinen glitten bemerkte ich, dass sowohl der Hüne, als auch andere um ihn herum eine Art Kettenhose trugen. Ja, dieses Volk schien sehr genau zu wissen, wie man sich für eine Schlacht rüstete. Ich erinnerte mich, wie sich unsere Blicke trafen. Auch er musterte mich. Ernst und ohne, dass ich etwas in seinem Gesicht eruieren konnte. Schnell blickte ich nach vorne, sah den älteren Mann an, mit dem mein Vater sprach und auch dieser blicke immer wieder zu mir. Ich merkte die Unruhe in mir und als ich wieder in das Gesicht des Mannes blickte, dessen Größe mich immer noch verblüffte, bemerkte ich wie sich dessen Lippen zu einem kurzen Grinsen verzogen, als sich unsere Augen trafen. Der Höflichkeitshalber erwiderte ich seine Geste, mit einem kaum sichtbaren Nicken und einem ebenso leichten Lächeln. Ich verfluchte diesen Tag und dass ich so naiv war, meinen Vater zu begleiten! Doch nun war es vorbei und ändern ließ sich nichts mehr. Kein Krieg beherrschte das Land mehr und alle hofften, dass nun eine Zeit des Friedens wieder anbrechen würde. Heute war dieser Tag gekommen und das ich im Zentrum dessen stand war grauenvoll. Heute musste ein Bündnis geschlossen werden, welches unseren neu gewonnen Frieden, besiegeln sollte. Ein Bündnis zwischen meinem Volk und dem Volk aus dem Norden. Mein Vater hatte alles versucht um zu verhindern, dass ich heute einen Mann ehelichten musste, den ich nie zuvor wirklich gesehen hatte. Ich wusste so gut wie gar nichts über diesen Menschen, wobei selbst dies untertrieben war! Es war Nichts was ich wusste! Als der Clanführer verkünden ließ, dass einer seiner stärksten Krieger, der noch unverheiratet war, bereit für so ein Bündnis sei, war ich nicht anwesend. Ich glaubte meinem Vater, als er mir diese so schreckliche Nachricht überbrachte, dass er es nicht wollte. Er schwor mir, dass er diesen Barbaren, wie ich sie immer nannte, einen Handel und auch einen Vertrag angeboten hatte. Doch sie wollten so etwas nicht. Verträge waren Schall und Rauch und ein Stück Papier würde nichts so besiegeln, wie eine eingehende Verbindung. Sie hatten meinem Vater gedroht. Sie würden es als einen Bruch der Ehre erachten. Sie würden uns angreifen und das nehmen, was ihrer Meinung nach, ihrer Hilfe würdig sei. Auch mein Bruder, welcher unheimlich gute diplomatische Wege kannte, konnte nicht zu ihnen vordringen. Ich wusste, dass wenn ich dieses Opfer nicht brachte, ich die Stadt, das Land, meine Heimat und all die Menschen so schnell wieder in ihr Unglück stürzten konnte. Kapitel 2: Der Bund der Ehe --------------------------- Ich saß auf einer großen Fensterbank und mit trübem Blick glitten meine Augen über das Land, welches schon immer meine Heimat war. Die Sonne erleuchtete die Gegend und die Dächer der anderen Häuser warfen ihre Schatten. In der Ferne konnte man einen großen Wald erkennen. Schon des Öfteren war ich selber mit meinem Pferd in diesem unterwegs. Ich hörte, wie jemand an der Tür vorbeiging und mein Blick wanderte fast schon automatisch zur Tür. Doch vermutlich war es nur ein Dienstbote. Als Fürstentochter lebte ich gemeinsam mit meiner Familie in einem großen Haus aus Stein, inmitten der Stadt. Gemeinsam mit meinem Bruder, meiner jüngeren Schwester und meinen Eltern. Jeder hatte sein eigenes Zimmer, ein wahrer Luxus, dass wusste ich durchaus. Hier in meinem Zimmer standen ein großes Bett, eine große und tiefe Kleidertruhe, mehrere Schränke und einige Regale mit Büchern. An einer Wand war ein großer Schreibtisch und die Wände waren, wie viele Räume in unserem Haus, verziert mit kunstvollen Wandmalereien. Doch mein liebster Platz, wenn ich nicht draußen war, war hier auf der tiefen Fensterbank. Bald, da würde ich in ein neues Land ziehen und meine Heimat hinter mir lassen. Der Gedanke daran versetzte mich bereits jetzt in große Sorge und unregelmäßig begann mein Puls zu schlagen, wenn meine Gedanken dorthin flogen. Wie es wohl im Norden war? Ich wusste, dass es dort ein Gebirge gab und die Winter sehr hart sein konnten. Das ich den Luxus aufgab, tat nur im zweiten Moment wirklich weh. Denn die noch größere Angst welche mich verfolgte war die, wer der Mann sein würde der in wenigen Stunden mein Ehemann werden würde. Wie waren die Männer von dort? Neigten sie zur Aggressivität? Oder vielleicht dieser Mann? Man sollte schließlich nicht alle über einen Kamm scheren, das wusste ich. Doch er war ein Krieger und hatte sich im Kampf um die Freiheit meines Landes hervorgetan. Ich wusste, dass das Volk in welches ich durch meine Hochzeit eintreten würde anders lebte, wie ich. Sie lebten nicht in großen Städten. Sie lebten in vielen kleinen Dörfern verstreut im Gebirge. Ihre Häuser ähnelten Blockhütten mit Reetdächern. Ob ich mit dem Leben dort zurechtkam? Ich wusste es nicht. Ich kannte auch die Vorurteile… Frauen hatten wenig Rechte… sollten sich um Hof und Kind kümmern, doch daran wollte ich gar nicht erst denken. Eine einzelne Träne lief mir die Wange hinunter und schnell strich ich sie weg. Ich musste stark sein. Ich liebte meine Freiheiten. Ich liebte es mit meinem Bruder auszureiten, ich ging gerne auf die Jagt und ich genoss es Freunde um mich zu haben. Außerdem gehörte mein Herz bereits einem Anderen. Einen Mann den ich vor eineinhalb Jahren kennen lernen durfte. Doch der Krieg hatte auch diese zarte Pflanze der Liebe mit einem Schlag zerstört. Leif war der Sohn eines Beraters meines Vaters. Als er von der Bedingung der Barbaren hörte, war er vollkommen außer sich. Er wollte, dass wir gemeinsam flohen, dass wir gemeinsam irgendwo versteckt leben sollen. Doch als er hörte, welche Konsequenzen es mit sich bringen würde, erfasste ihn die Wut. Ich weinte nicht, ich hasste es zu weinen und so versuchte ich einfach mein Schicksal anzunehmen. Im Zorn hatte er mich verlassen, als ich ihm sagte, dass ich nicht einfach gehen könne und es tat so weh ihn so zu sehen. Erst in der Nacht kam er wieder. Klopfte leise an meine Gemächer, wie er ins Haus gekommen war, dass wusste ich nicht. Er blieb bei mir, hielt mich in der Nacht einfach im Arm und in der Dunkelheit, welche mein Zimmer erfüllte, traute ich mich endlich zu weinen! Es nahm mir ein wenig der Last, doch leider nicht für sehr lange. Leif blieb die ganze Nacht, sagte nichts und ich war dankbar, dass er schwieg. Seit diesem Ereignis hatten wir einander kaum gesehen. Die Vorbereitungen wegen der Hochzeit und des Friedensfestes, nahmen mir fast meine gesamte Freizeit! Ich wollte gar nichts vorbereiten und doch musste ich vieles entscheiden. Doch auch das, was mich später erwarten würde, ließ mich erschaudern. Da der Mann hier hinkam, hatte er kein Haus, in welches er mich einführen konnte. Also würde er heute Nacht hier in mein Zimmer die Nacht verbringen. Mein Raum wurde dafür dekoriert. Kerzen wurden aufgestellt und ein großes Fell wurde auf mein Bett gelegt. Als ich die Dekoration, die meiner Mutter angebracht hatte, das erste Mal sah, riss ich sie herunter. Der Anblick war mir zuwider. Ich strich mir über die Arme und eine Gänsehaut erfasste meinen Körper. Was ist, wenn er darauf bestand, heute Nacht bei mir zu liegen? Mit der Hochzeit bekam er Rechte und er konnte darauf bestehen. Ich hoffte darauf, dass er es nicht tat. Der Gedanke einem vollkommen Fremden ausgeliefert zu sein, bereitete mir Panik. Es war bereits Mittag und die Sonne stand im Zenit. Das Kleid welches mich kleidete war eigentlich wunderschön. Der leichte dunkelblaue Stoff umspielte meinen Körper und die silbrigen Stickereien verzierten das Kleidungsstück und ließen es fast schon erhaben wirken. Es reichte bis zum Boden und an den Säumen war eine silberne Spitzenborte angebracht worden. Ein Gürtel aus geflochtenen silbrigen Metall war um meine Taille geschlungen. Ein Geschenk des Mannes, dessen Namen ich nicht einmal kannte. Obwohl mir der Gürtel nicht gefallen wollte, konnte ich nicht umhin die filigranen Arbeiten des Feinschmiedes zu bewundern. Doch schnell blickte ich lieber wieder aus dem Fenster und über die Weiten des Landes. Ein tiefes Seufzte entwich meiner Kehle und Tränen sammelten sich in meinen Augen, während ich meine Heimat betrachtete. Bald müsste ich meine Heimat verlassen und gen Norden ziehen. Das Klopfen an der Tür ließ mich aufschrecken und schnell wischte ich mir über die Augen. „Herein“, sagte ich und hoffte, dass meine Stimme kraftvoller klang, als ich mich fühlte. Ich hatte gehofft, dass es Leif war, doch es war nicht sein schwarzhaariger Schopf der durch die Tür kam. Meine Mutter betrat den Raum und auch sie hatte bereits ein schönes dunkelgrünes Kleid an. Wir sahen einander sehr ähnlich. Ihre blonden Haare hatte sie zu einem schönen gleichmäßigen Zopf geflochten und einzelne Strähnen umspielten ihr ovales Gesicht. Langsam erhob ich mich von der tiefen Fensterbank und vorsichtig schloss meiner Mutter die Tür hinter sich. Es war Brauch hier, dass die Mütter ihren Töchtern behilflich waren, sich für die Hochzeit vorzubereiten. Beim Schminken und beim Frisieren halfen sie und eigentlich war die Stimmung dabei immer ausgelassen und fröhlich. Doch bei uns war es das nicht. Sie trat auf mich zu und ihre hellbraunen Augen musterten mich. Ein liebevolles und fürsorgliches Lächeln erschien auf ihren Lippen. Diese warmen und liebevollen Augen hatte sie leider nicht an mich vererbt. Meine Augen waren wie die meines Vaters blau, wie die meisten in unserer Stadt. Ihr Blick glitt an mir herunter und freundlich und liebevoll war ihre wohltuende Stimme, als sie sagte: „Du siehst wunderschön aus, Thalia. Meine tapfere Tochter.“ Ein kaum zu vernehmendes und vielleicht auch wehmütiges Lachen entkam meiner Kehle. Ich nickte leicht und meinte leise: „Wenigstens etwas…“ Es war für uns Beide eine seltsame Situation, dessen waren wir uns bewusst. Seit sie von der Heirat wusste, versuchte meine Mutter mir Mut zu machen. „Vielleicht ist er gar nicht so schlimm wie du denkst. Vielleicht ist er dir sogar ein guter Ehemann“, waren ihre Worte. Doch all das gute Zureden konnte mich nicht überzeugen. Ich ging zu ihr und zärtlich strich sie mir über mein Gesicht. Ich genoss es, dass sie mich so liebevoll anfasste. Sie führte mich zu einem Stuhl und ich setzte mich. Schweigend begann sie, meine Haare einzuflechten. Ich wusste nicht, was sie vorhatte und eigentlich war es mir auch egal. Erst nach einigen Augenblicken fragte ich mit unsicherer Stimme: „Mutter… sag, was hast du über den Mann herausgefunden?“ Ich hörte selbst, wie flehend meine Stimme klang und kurz schielte ich nach Oben. Wir wollten alle nicht, dass es geschehen musste, doch eine Wahl hatte ich nicht. Schwer seufzend sahen ihre braunen Augen mich an. Sie nickte leicht und meinte: „Ich habe gehört, sein Name sei Ragnar… Er ist Ende zwanzig soweit ich das weiß und soll ein guter Krieger sein… da sie aber erst gestern hier angekommen sind, habe ich sie auch noch nicht gesehen. Er wird ja auch gerade vorbereitet…“ Ich nickte leicht und erneut wusste ich nichts, was man sagen konnte. Wenigstens war er kein alter Mann. Fast schon hatte ich befürchtet, es wäre der Clanführer selbst den ich ehelichten sollten. „Thalia“, sprach meine Mutter mich nach einigen Augenblicken an und gedankenverloren blickte ich zu ihr hinauf, „Du bist eine tapfere und mutige junge Frau. Egal was passiert, denke immer daran, dass hier immer deine Heimat ist und ich immer an deiner Seite stehe.“ Nur schweren Herzen schaffte ich es zu nicken. Die Worte meiner Mutter schnürten mir die Kehle zu. Sie wollte keine Antwort und ich war froh darüber. Sie trug etwas Rouge auf meinen Wangen auf und meinte dann, dass ich so hübsch genug sei. Unsicher stand ich auf und ging zu einem Spiegel in der Ecke. Die Frisur, welche meine Mutter gezaubert hatte, sah wahrlich hübsch aus. An den Seiten war eine Strähne nach hinten geflochten und endeten in einem Knoten. Einzelne Strähnen umspielten mein ovales Gesicht und durch das Rouge wirkte ich nicht mehr so blass. Das festliche Kleid ließ den Ansatz meiner Brüste erkennen, etwas was ich heute am liebsten komplett verdeckt hätte. Um meine Taille schlang sich der Gürtel und er passte wie angegossen. Erneut trat meine Mutter zu mir und hielt eine silberne Kette in den Händen. Ein größerer Anhänger hing an dieser und mehrere glitzernde Steine waren in einer Fassung eingelassen. Ich kannte diese Kette, es war ein Geschenk meines Vaters gewesen an meine Mutter. Eines seiner Ersten, soweit ich dies noch wusste. Meinen Eltern wurde es gestattet, aus Liebe zu heiraten. „Ich will, dass du sie nimmst, meine Liebe“, sagte meine Mutter und vorsichtig legte sie mir das Schmuckstück um den Hals. „Sie sollte mir immer Glück bringen und das hat sie. Ich wünsche mir, dass sie dies auch für dich tut…“ Vorsichtig strich ich mit den Fingern über die Kette und mein Blick haftete auf ihr. Sanft wurde der Ausdruck in meinen Augen und ich drehte mich zu ihr um und schloss sie in meine Arme. Ich brauchte nichts zu sagen, dass wusste ich. Ihre warmen Hände streichelten meinen Rücken und ich genoss es, meine Mutter bei mir zu wissen. „Wir müssen gleich hinunter“, sagte sie sanft und strich mir weiterhin über den Rücken. Wage nickte ich und die Tränen, welche sich in meinem Augenwinkel gesammelt hatten, wischte ich schnell weg. Ein letztes Mal, betrachtete ich mich im Spiegel. Genauso wollte ich immer zu meiner Hochzeit aussehen. „Sag, hast du Leif eigentlich gesehen?“, fragte ich vorsichtig und unsicher sah ich sie an. Sie seufzte schwer und ein mir nur zu bekannter mitfühlender Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, aber dein Bruder sagte er sei häufiger bei den Ställen gewesen.“ Ich nickte und konnte ein Schmunzeln nicht verbergen. Es passte einfach zu diesem Menschen. Vielleicht war er heute gar nicht da sondern mit seiner Fuchsstute in den Wäldern. Die Feierlichkeiten waren nach draußen verlegt worden. Es war Mitte Mai, die Tage wurden länger und ein angenehmer Wind wehte mir ins Gesicht. Die Stadt lag auf einem Hügel. Das höchste Gebäude, welches auf der Kuppe lag, war das Rathaus. Dort beriet sich mein Vater mit den Anderen. Dort wurden Entscheidungen verkündet und eigentlich auch Feste gefeiert. Doch heute würden nicht alle in die Halle hineinpassen. Denn die Menschen hier, feierten den herbeigesehnten Frieden und das schien sich niemand entgehen lassen zu wollen. Somit war es klar, dass alle diese Menschen nicht dort hineinpassten. Ich betrachtete die Häuser der Anderen. Viele hatten eigene Pferdeställe an ihren Häusern errichtet. Die größeren Ställe lagen etwas außerhalb, in der Nähe der Wiese, wo heute Abend das blühende Fest stattfinden sollte. Auch mein Pferd stand in diesen Ställen. Nur zwei große Straßen waren gepflastert, der Rest bestand aus gut ausgebauten Wegen, welche leider, wenn es zu stark regnete rutschig wurden. Gerade war die Stadt fast Menschenleer. Da viele aus den umliegenden Dörfern und Höfen kommen würden, wurde das Fest außerhalb der Tore gefeiert. Von der Straße auf der ich grade stand, konnte man den Platz sehen. Fleißige Leute waren dort mit den Vorbereitungen beschäftigt. Auf einem großen Feuer drehte sich bereits ein Spanferkel für heute Abend. Girlanden wurden an verzierten Pfählen auf gehangen, um den Platz etwas zu schmücken. Viele Tische waren aufgebaut und bildeten ein großes U. Vor dem Stadttor traf ich auf meinen Vater. Überrascht und glücklich sah ich den großen Mann mit den braunen Haaren an. „Thalia“, meinte er erleichtert und strich mir über die Wange, „Ich kann nicht lange bleiben, man verlangt schon nach mir….Du weißt, dass ich das nur zulasse, weil ich keine andere Wahl habe oder?“ Ich nickte nur und sah, wie traurig mein Vater mich betrachtete. Ich wusste, dass er es nicht zugelassen hätte. Ich schwieg jedoch. Ich wollte keine heroischen Sätze sagen, aller: Ich mache es für den Frieden aller Menschen. Das passte nicht zu mir. „Vielleicht wird er dir ein guter Mann sein“, widerholte mein Vater die Worte meiner Mutter. Ja, es war nicht ungewöhnlich, dass Menschen miteinander verheiratet wurden und doch war dieses Wissen grauenvoll für mich. Hatte ich doch das Gefühl, an den meist Bietenden gegeben zu werden. Dennoch nickte ich meinem Vater zu. „Ja, vielleicht hast du Recht“, sagte ich mit einer Stimme von der ich nicht abschätzen konnte, wie sie klang. Ein letztes Mal strich er mir über die Wange und steckte mir liebevoll eine meiner blonden Haarsträhnen hinter mein Ohr. Ein Blick hinunter zu meinem Hals ließ ihn sanft lächeln. „Die Kette habe ich deiner Mutter geschenkt. Ich fand immer, sie sei fast so schön, wie sie. Sie hat ihr Glück gebracht mein Kind. Sie trug sie, als sie mit dir und deinem Bruder schwanger war. Und das Glück hat sie nicht verlassen. Ich hoffe, sie hat noch viel Glück für dich übrig, meine Große.“ Eine Wärme erfasste meinen Körper und liebevoll sah ich ihm ins Gesicht und ich konnte nichts darauf antworten. Nur leicht nickte ich und spürte den großen Kloß in meinem Hals. Sowohl fremde, als auch bekannte Gesichter, kreuzten meinen Weg. Ich sah die Tochter eines Schneiders, welche mir schon öfter Sachen gebracht hatte. Den Bäcker, den mein Vater wegen seines Brotes schätzte. Einige der verbliebenden Soldaten. Sie alle waren, oder wirkten ausgelassen und gut gelaunt. Einige der Nordländer hatten Felle an ihrer Kleidung und alle Männer trugen mindestens einen Drei Tage Bart oder ein regelrechtes Ungetüm im Gesicht. Überall standen Fackeln und erleuchteten den Weg. Warum sie schon an waren, obwohl es noch nicht dunkel war, verstand ich nicht. Vielleicht war es ein Brauch, den ich nicht kannte. Der Duft des Essens zog durch den ganzen Ort und ich sah einige Kinder genüsslich den Duft einatmen. Meine Mutter blieb bei mir und auch mein Bruder und meine kleine Schwester kamen, um mich zu begrüßen. Auch sie wirkten traurig, doch wirklich miteinander sprechen, konnten wir nicht. Meine Schwester sah mit ihren langen hellbraunen Locken aus wie eine hübsche weibliche Version meines Vaters. Man konnte erahnen, an ihrem dunkelroten Kleid, dass sie in einigen Jahren Männer um den Verstand bringen konnte. Sie wollten mir Mut spenden, doch wenn ich ehrlich war, machte es mich langsam wahnsinnig, immer wieder diese Worte zu hören. „Vielleicht verliebst du dich ja unsterblich in den Fremden“, plapperte sie und strahlte mich fröhlich an. Wieso sie sich so freute, konnte ich nicht verstehen. Sie war erst dreizehn, vermutlich sah sie die Dinge einfach aus anderen Augen. Ein großer Mann kam zu meinem Vater, dem Haaren im Gesicht und seiner Kleidung zu urteilen, ein Nordländer. Er verbeugte sich, zuerst vor mir, was seltsam war. Eigentlich, stand mein Vater über mir. Er lächelte mich offen und freundlich an und die dunklen, fast schwarzen Haare, glänzten im Schein der Fackel. „Der Clanführer verlangt nach Euch“, sagte er und ein rauer Akzent schwang in seiner Stimme mit. Mein Vater nickte kurz und strich erneut liebevoll über die Wange, eher er mit dem Dunkelhaarige mitging. Tal sah meinem Vater nach und beugte sich zu mir hinunter und flüsterte: „Der Clanführer ist komisch… Ich versuche mal etwas, über den herauszubekommen.“ Ich hatte den Mann nur ein einziges Mal gesehen und erinnerte mich nicht gut an diesen Menschen. Ich nickte und runzelte die Stirn. Was er wohl für ein Mensch war. Ich konnte nicht weiter mit meiner Familie sprechen. Sie sollten sich an der langen Tafel einfinden. Niemand würde mich auf den Weg begleiten, dies war keine Sitte von uns. Niemand würde mich dem Mann übergeben, den ich gleich heiraten würde. Doch gerade war ich froh für diesen Augenblick der Ruhe. Ich fand es albern, als ich die Trommeln hörte und wusste sofort, dass dies eine Sitte aus dem Norden sein musste. Ein letztes Mal seufzte ich schwer auf und ließ die Schultern hängen, eher ich mich in Bewegung setzte. Dabei jedoch erhobenen Hauptes und mit gestrafften Schultern. Ich war froh, dass ich einige Minuten alleine für mich hatte. Denn alle anderen Gäste waren bereits auf der Wiese versammelt. Viele würden nach der Hochzeit noch kommen, dessen war ich mir sicher. Einen Fuß vor den Anderen setzten schritt ich voran. Alle eingeladenen Gäste hatten an der großen Tafel platzgenommen, die anderen standen etwas entfernter und betrachteten das Geschehen aus der Ferne. Ich bemerkte zwei freie Plätze gegenüber des Tisches an dem ich meinem Vater sah. Es war Sitte bei uns, dass man mit der Hochzeit offiziell kein Mitglied der Familie mehr war, was auch einschloss, dass man nicht mehr am selben Tisch speisen sollte. Eigentlich waren es nur Richtlinien, an welche sich keiner wirklich hielt. Doch heute, wo so viele anwesend waren, konnte man diese nicht einfach ignorieren. Ich erbebte innerlich, als ich den Mann sah. Er sah zu mir hinüber und meine Beine erzitterten unter seinem strengen und für mich so undurchdringlichen Blick. Ich erinnerte mich an diesen Mann. Er war riesig und der rote, lange Bart war ordentlich geflochten. An den Wangen hatte er den Bart gekürzt und auch über den Lippen war der Bart ordentlich gestutzt. Eine dunkelgrüne Tunika und eine schwarze Hose kleideten seinen kräftigen Körper. Die Ränder seiner Tunika waren mit goldenem Faden bestickt. Darauf waren Symbole, welche ich aus der Entfernung nicht genau erkennen konnte. Ich hatte das Gefühl, dass mit jedem Schritt, den ich auf diesen Mann zuging, er immer größer zu werden schien! Ich war nicht klein und dennoch glaubte ich, dass wenn ich gleich neben ihn trat, meine Stirn gerade mal sein Kinn erreichte, wenn überhaupt. Ich musste mir in Erinnerung rufen, wie dieser Mann hieß, Ragnar… ob er den meinen Namen kannte? Wie ich so in Gedanken versunken war, wirkte ich gar nicht, dass ich neben ihm stand. Ich musste zu ihm hochschauen. Von nahem wirkte er noch größer. Das Feuer erhellte seine Gesichtszüge und ließen ihn noch grotesker aussehen. Er hatte eine gerade, aber etwas größere Nase. Seine Frisur war ein Graus, genau wie sein Bart. An den Seiten und am Hinterkopf waren seine Haare gänzlich wegrasiert. Die übrigen Haare auf seinem Kopf waren lang. Er hatte keinen Pony, diese war nach hinten gekämmt worden. Die Haare waren in sich verschlungen und bildeten am oberen Hinterkopf einen ordentlich geflochtenen Zopf, der leider viel zu lang war, für meinen Geschmack. Es sah… barbarisch aus. Ich sah die ungewöhnliche Augenfarbe des Mannes, ein kräftiges Grün. Tatsächlich hatte ich selten Menschen mit grünen Augen gesehen. Kurz vergaß ich das atmen, als sich unsere Blicke trafen. Es war kein unangenehmes Starren. Seine Augen hatten eine gewisse Wärme. Es war als brannten sich seine Augen in die Meinen. Doch auf einmal löste sich sein Blick von mir und vollkommen ungeniert glitt sein Blick an mir hinunter und ich glaubte zu erkennen, wo sein Blick hängen blieb! Am liebsten hätte ich mir die Hände vor die Brust geschlagen, doch ich zwang mich meine bebenden Arme ruhig zu halten. Sein Blick glitt wieder zu meinem Gesicht und ein fast schon zufriedener Ausdruck war in seinem Gesicht auszumachen! Eine kälte kroch in meine Glieder. Ich wollte nicht mein Leben mit diesem Fremden teilen müssen! Ich wollte nicht das Bett mit einem Mann teilen, den ich nie zuvor gesehen hatte! Das wollte ich einfach nicht! Die Vorstellung machte mir Angst. Und dann auch noch mit so einem riesigen Barbaren. Stumm reichte er mir eine seiner großen Hände entgegen und fast schon auffordernd blickte er mich an. Konnte der Mann nicht wenigstens etwas sagen?! Mir schnürte meine Angst die Kehle zu, doch dieser Mann sah nicht so aus, als würde ihn belasten, was gerade geschah. Durchamtend versuchte ich meine aufgewühlten Nerven zu beruhigen und so schaffte ich es, meine Hand in die Seine zu legen. Sie wirkte fast schon winzig. Hoffentlich war an diesem Mann nicht alles gigantisch. Sogleich schlangen sich seine kräftigen langen Finger um meine Hand und er führte mich nach vorne zu den Menschen, welche mich gleich an diesen Mann binden würden. Was würde er heute Nacht machen? So wie er mich gerade gemustert hatte, glaubte ich kaum, dass er die Nacht dazu nutzen würde mich als Menschen kennenzulernen. Was ist, wenn er mich mit Gewalt nehmen würde? Schon alleine bei dem Gedanken verkrampfte sich mein Inneres. Ich lauschte den Worten des Priesters nicht. Es interessierte mich einfach nicht! Würde er darauf bestehen, dass wir uns gleich küssten? Unsicher sah ich hinauf in das Gesicht des Mannes. Ich war mir unschlüssig, was in diesem Fremden gerade vor sich ging. War er wie ich so sehr in Gedanken versunken, dass auch er den Worten des Priesters nicht lauschte? Nahm er es ernst und war vielleicht sogar froh darüber? Ob er mich ausgesucht hatte? Ich konnte mich an diesen Mann erinnern, in den Hallen meinen Vaters, vermutlich war ich ihm im Gedächtnis geblieben. Ein zittern erfasste meinen Körper und schnell versuchte ich es unter Kontrolle zu bekommen. Ich schluckte und richtete meine Augen wieder auf den Mann vor uns. „… Auf das Friede einkehren möge, in euer Leben und das Leben aller hier. Dass, die Fröhlichkeit euch nicht verlässt und ihr einander beistehen könnt. Die Liebe ist nicht immer einfach zu verstehen und doch sollen die Götter euch helfen diese in einander zu finden“, redete der Priester mit seiner alten, fast schon leiernden Stimme und sah uns fröhlich an. Ich wollte diese Worte nicht hören und erneut ließ ich meinen Blick kurz schweifen. Ich sah meine Eltern. Mein Bruder mit seinen hellblonden Haaren saß neben meinem Vater und meiner kleinen Schwester. Der Blick meines Bruders begegnete dem Meinen und er sah genauso drein, wie ich es erwartet hatte. Unzufriedenheit und Trauer spiegelten sich in seinen Augen wieder. Doch meine Augen suchten jemand anderes. Doch nirgendwo konnte ich Leif erkennen. Vielleicht war er auch gar nicht kommen und ich konnte es durchaus verstehen… Niemand wollte sehen, wie die Person die man liebte, an jemand anderen gebunden wurde. Niemand wollte das! Ich hätte es selbst nicht ertragen können. Erneut glitt mein Blick zu dem Mann neben mir und ich bemerkte, dass auch sein Blick über die anderen Menschen glitt. Ich folgte dem Blick des Mannes und bemerkte, wie eine Frau mittleren Alters mit dunkelbraunen Haaren neben einem Mann mit ebenfalls roten Haaren saß. Ein junges rothaariges Mädchen um die fünfzehn saß zwischen ihnen und ich vermutete, dass es die Familie war, in die ich einheiratete. Doch genauer kam ich nicht dazu, sie zu betrachten, denn plötzlich ergriff jemand meine Hand und mein Blick glitt zu dem Priester. Fast schon verwirrt blinzelte ich, doch er bemerkte es nicht, denn sogleich ergriff er die Hand des großen Mannes und legte die meine in seine große Pranke. Auch meinen Gatten schien er damit aus den Gedanken zu reißen. Er schaute ebenfalls etwas erschrocken zu mir. Ich bemerkte, wie kalt meine Finger waren und blickte hinauf in das Gesicht des Mannes mit dem langen roten Bart. „Bevor ich euch nun zu Eheleuten erklären, wollt ihr einander ein Versprechen geben?“, fragte der Priester und es traf mich vollkommen unvorbereitet. Was sollte ich jemanden versprechen, den ich nicht kannte?! Unsicher sah ich hinauf in das Gesicht des Fremden und blinzelte ihn aus blauen Augen verwirrt an. Er schien etwas konfus, hatte er die Frage wohl auch nicht erwartet. Umso überraschter war ich, als ich die klare, aber tiefe Stimme des Mannes hörte. „Ich verspreche dir, dass ich für dich sorgen werde“, sagte er und die Ernsthaftigkeit war deutlich in seiner Stimme zu hören und doch wirkte es kaum überzeugend für mich. Ich konnte nur nicken und war selbst sprachlos. Was versprach man so jemanden? Die Treue? Die ewige Liebe? Ich war wirklich sprachlos und hätte dem Priester nur zu gerne meine Meinung gesagt! Ich schluckte und plötzlich bemerkte ich, wie alle Augen auf mich gerichtet waren und je mehr Sekunden verstrichen desto fragender wurde der Blick meines Gatten. Ich räusperte mich und mit einer fast schon fragenden Stimme begann ich zu sprechen: „Ich verspreche dir, dass ich mich bemühen werde…“ Ich brach ab. Ja, um was wollte ich mich denn bemühen? Skeptisch nickte der Mann und ich bemerkte, dass ich ihn in meinen Gedanken nie mit Namen ansprach. Aus seinem verwirrten Nicke wurde eine Art Kopfkreisen. War er sich scheinbar nicht sicher ob mein Satz schon beendet war oder nicht. Ich war mir da selbst nicht einmal sicher: „Ich werde mich bemühen eine gute Ehefrau zu werden.“ Fast schon unsicher war mein Blick, als ich ihn betrachtete. Leise und vermutlich nur das ich es hören konnte hauchte er: „In Ordnung…“ Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wie konnte das gemeint sein? Doch gerade konnte ich nicht fragen, denn als der Priester auf einmal sagte, dass er mich nun küssen dürfte, weiteren sich meine Augen vor Schreck. Küssen?! Sofort waren meine blauen Augen wieder auf sein Gesicht gerichtet. Ich bebte innerlich und hoffte, dass ich es vor ihm verstecken konnte. Ich konnte seinen versteinerten Ausdruck nicht entschlüsseln, dafür kannte ich ihn einfach nicht gut genug! Küssen! Ich wollte dieses bärtige Ungetüm nicht küssen! Schnell beugte er sich zu mir runter und seine Lippen legten sich auf die Meinen. Ich hatte noch nie einen Mann mit so einem langen und vollen Bart geküsst. Es piekte, kratzte und war im Weg. Sein Bart war so lang das ich die Haarspitzen noch auf meinem Dekolletier spürte. Ich war unschlüssig, ob ich mich mit so etwas anfreunden konnte oder nicht. Automatisch erwiderte ich den Kuss, obwohl ich es nicht wollte. Dankbarkeit flammte in mir auf, als er sich schnell von mir löste und sich wieder aufrichtete. Ich konnte ihn nur anstarren und erst die Worte des Mannes, welcher uns gerade aneinander gebunden hatte, brachten mich zurück in die Realität. „Möge mit dieser Verbindung ein Bund geschaffen werden, der den Frieden in diesem Land weiterhin aufrecht erhalten kann und möget ihr eure Liebe finden in dieser weiten und wilden Welt. Lasst uns nun feiern. Feiern wir die Verbindung dieser zweier Menschen und lasset uns den Frieden feiern, den dieses Bündnis mit sich bringt!“ Viele begangen zu klatschen und ich wusste, dass sie klatschten, um endlich den Frieden ausgelassen feiern zu können. Ich hoffte, dass der Friede lange halten würde. Ich sah hinüber zu meinem Bruder. Tal klatschte und doch sah er mit versteinerter Miene zu uns. Eine Hand legte sich auf meinem Arm und brachte mich dazu, mich umzudrehen. Ich erblickte das Gesicht meines Angetrauten, welcher mich erneut gemustert hatte. „Komm“, raunte er mir mit seiner tiefen Stimme zu. Ich nickte nur, straffte meine schmalen Schultern und folgte ihm zu einer langen aufgebauten Tafel. Ein kräftiger Mann stand auf, als wir uns näherten und grinste den Mann neben mir fast schön fröhlich an. Auch dieser hatte rotbraune Haare und ich vermutete, dass dieser Mann ein Verwandter war. Vielleicht ein Bruder? Er hatte an den Seiten sehr kurze Haare. Der Iro, den er trug war kurz geschnitten und stand zum Glück nicht nach oben. Er klopfte meinem Mann gerade freundlich auf die Schulter und ich hörte seine fröhliche Stimme sagen: „Siehst du, ist doch alles gut gegangen, Ragnar!“ Erneut fiel mir auf, dass ich den Mann neben mir in Gedanken nie mit Namen ansprach. Ragnar nickte leicht und ich bemerkte, wie er sich zu mir drehte. „Das ist Sven. Mein bester Freund.“ Ich nickte unsicher und war dankbar, dass Sven mir seine Hand offen und fröhlich hinhielt. „und sein Cousin“, sagte er mit einem offenen Lächeln. Er war nicht so groß wie Ragnar. Svens Bart war ebenfalls rötlich und voll. Als ich meinen Blick schweifen lies sah ich, dass wirklich alle Männer aus seiner Sippe einen Bart trugen. Einige hatten sogar einen noch längeren Bart als der Mann den ich geheiratet hatte. Ich ergriff die Hand, die mir hingehalten wurde und schüttelte sie höflich. Ich sammelte mich und sah Sven ins Gesicht. Er hatte dunkelbraune Augen. Warm und freundlich wirkten sie und mit freundlicher Stimme stellte ich mich vor: „Ich heiße Thalia… Ja…“ Ich wusste nicht, was ich weiter sagen sollte. Seven lachte freundlich und ich war dankbar, dass er sprach. Er überging meine Einsilbigkeit einfach und redete weiter: „Du wirst heute noch Viele kennenlernen. Ist also nicht schlimm, wenn du meinen Namen wieder vergisst.“ Tatsächlich zwinkerte er mir freundlich zu und auch, wenn ich es nicht wollte, war er mir sympathisch. Höflich lächelte ich, hoffte ich zumindest. „Bevor wir etwas Essen, stelle ich dir meine Familie vor“, raunte Ragnar und nickte zu den drei Personen, die mir bereits schon aufgefallen waren. Ragnars Mutter war eine große und etwas kräftige Frau. Sie hatte ein gutmütiges Gesicht und blickte uns unheimlich glücklich an. Sie schien schon etwas älter zu sein und wirkte wie die typische Mutterfigur in Geschichten. Gerade, als ich ihr die Hand hinhalten wollte, drückte sie mich fröhlich und fast schon überschwänglich an sich! Überrumpelt von dem was gerade passierte, wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte und so klopfte ich ihr nur vorsichtig auf die Schulter. „Hallo…“, sagte ich unsicher und über mir hörte ich Ragnar genervt aufstöhnen. Sie solle mich loslassen, meinte er fast schon genervt. Inga, meine neue Schwiegermutter, war unheimlich froh mich kennenzulernen und ich verstand nicht warum… Die Jugendliche, Ragnars kleine Schwester Lillie und sein Vater Raik waren die einzigen Namen, welche ich mir noch merken konnte. Zwar setzte ich mich neben Ragnar an den Tisch, doch kamen wir nicht dazu miteinander zu sprechen, immer wieder kam jemand, stellte sich vor und schien mich genau zu mustern. Auch meine Eltern kamen vorbei, stellten sich Ragnar persönlich vor, ebenso wie mein Bruder und meine Schwester. „Achte gut auf meine Tochter“, hörte ich meinen Vater mit ernster Stimme verlauten. Ich sah, wie Ragnar ernst nickte und seine tiefe Stimme drang an meine Ohren: „Das werde ich!“ Ich betrachtete den großen Mann und spürte, wie sich jemand zu mir beugte. Schon im gleichen Atemzug vernahm ich die Stimme meines Zwillingsbruders: „Wenn er es nicht ernst mein, schreibe mir und ich hole dich da persönlich raus.“ Ich grinste leicht und nickte ein wenig, während ich die Hand meines Bruders drückte. Doch lange konnten wir uns nicht unterhalten, denn viele andere wollten uns ihre Glückwünsche überreichen. Zu viele wollten ihre Glückwünsche loswerden. Ich versuchte höflich zu bleiben und trotzdem war es schrecklich, dass ich mit niemand wirklich sprechen konnte. Erneut ließ ich meinen Blick über die Menschenmenge gleiten und doch konnte ich immer noch nichts von Leif sehen. Ich hatte vermutlich Recht mit der Annahme, dass er nicht hier war. Es dauerte gut eine halbe Stunde, bis niemand mehr etwas von mir wollte und ich war erleichtert. Viele feierten, viele lachten und ich sah wie viele anstießen. Die Sonne ließ alles in ihrem Rot erleuchten. Es schienen sich alle etwas beruhigt zu haben, denn es stellten sich kaum noch Leute vor und innerlich seufzte ich zufrieden auf. Etwas Warmes streichelte meinen Nackten Oberarm und fast schon erschrocken drehte ich mich gänzlich zu ihm. Vorsichtig strich Ragnar über meine Haut und leise sagte er zu mir: „Du siehst wirklich sehr hübsch aus…“ Ich war mir unsicher, wie ich dieses Kompliment sehen konnte. Fand er es wirklich? War es ein Trick um mich dazu zu bekommen, mich ihm heute Nacht freiwillig zu geben? Ich hatte Angst vor dem was heute Nacht passieren würde. Doch vielleicht irrte ich mich und er würde versuchen, mich kennenzulernen? Ich räusperte mich kurz, hatte ich doch das Gefühl, dass mir die Stimme versagte. „Ich… ich danke dir…“, brachte ich mühsam hervor und weiterhin strich dieser fremde Mann über meinen Arm. Eine Gänsehaut bildete sich und all die kleinen Härchen an meinem Arm richteten sich auf. Ich beobachtete, wie sich seine roten Brauen zusammen zogen und seine Hand strich meinen Arm entlang, hinunter zu meiner Hand. Fast schon zu feste umschlang seine kräftige Hand die Meine und hielt sie fest. Ich betrachtete die Hand in der Seinen und runzelte leicht die Stirn. „Deine Hand ist immer noch kalt“, raunte er leise und drückte meine Finger fest aneinander. Glaubte er wirklich, dass so meine Hände warm würden? Ich betrachtete ihn erneut. Genauer als zuvor. Er wirkte kräftig, aber nicht wie ein Muskelberg und ich erkannte an den Schnüren, welche seine Tunika zusammenhielten, dass darunter Tätowierungen verborgen waren. Ich war nicht sicher, ob mir diese Verzierungen gefielen oder nicht. Ich erinnerte mich, dass viele dieser Männer solche Muster auf der Haut getragen hatten, doch was es genau war, dass wusste ich nicht mehr. Langsam und vorsichtig entzog ich dem Mann meine Hand und er ließ es geschehen. Unsicher war meine Stimme, als ich ihn leise fragte: „Was ist, wenn wir es nicht schaffen miteinander auszukommen, wenn wir es nicht schaffen… ich weiß auch nicht… uns ineinander zu verlieben?“ Hatte er darüber eigentlich einen Gedanken verschwendet? Und wenn ja, wie dachte er darüber? Ich beobachtete genau, wie sich seine Brauen bei meiner Frage zusammen zogen und er strich sich über den langen roten Bart. „Dann wirst du wohl nur die Mutter meiner Kinder sein“, antwortete er und entsetzt starrte ich diesen Mann, meinen Mann an! Das konnte er doch nicht ernst meinen! Kapitel 3: Ein getrübtes Fest ----------------------------- Wie ein Echo hallten seine Worte in meinem Kopf wieder. Mutter seiner Kinder? Ich? Nein! Soweit wollte ich gar nicht denken! Ging es ihm noch ganz gut?! Wir kannten uns noch nicht einmal eine Stunde und er meinte so etwas sagen zu müssen? Er war so feinfühlig wie ein Stein! Als er in mein Gesicht blickte runzelte er plötzlich die Stirn. Konnte er meinen Gesichtsausdruck etwa richtig deuten? Das wäre jedenfalls sehr überraschend. Oder hatte ich ihm mit mein Ausdruck verletzt? Allerdings konnte ich mir dies bei diesem Mann nicht wirklich vorstellen, dafür wirkte er zu gefasst. Als Ragnar sprach, wusste ich nicht, ob er es besser, oder schlechter machte mit seinen Worten. „Es wäre natürlich schön, wenn du lernen könntest, mich zu lieben… Aber ansonsten machen wir das Beste daraus…“ Wie ich diese Worte deuten sollte, war mir schleierhaft. Sollte dies etwa ein Friedensangebot sein? Dann war er diplomatisch etwa so gut, wie ein schleimige Kröte! Ich bemerkte, dass ich das Atmen vergessen hatte und schnell zog ich den Sauerstoff in meine Lungen. „Wieso kommst du auf Kinder“, wollte ich mit leiser und heiserer Stimme von dem fremden Mann vor mir wissen. So weit hatte ich noch gar nicht gedacht. Zu sehr war meine Angst auf das jetzt Kommende, die Hochzeitsnacht, gerichtet. An mein Leben danach hatte ich kaum einen Gedanken verschwendet! Die breiten und massigen Schultern Ragnars hoben sich und fast schon beiläufig meinte er: „Gehört doch dazu. Ich wollte immer eine Familie. Ich mag Kinder und du glaubst doch nicht, dass wir keusch leben werden? Ich bin doch kein Priester.“ Erneut stockte mir der Atem und mein Herz zog sich bei den Gedanken zusammen. Ich wusste, dass er jedwedes Recht dazu, hatte heute Nacht bei mir zu liegen. Und nachdem, was er gerade gesagt hatte, wusste ich auch, dass er sich dieses Recht nehmen würde. Ich wusste einfach nicht, was ich darauf erwidern oder wie ich reagieren sollte. Unsicher nickte ich und griff lieber nach dem Becher welcher vor mir stand. Ein herbes Bier, nicht sonderlich lecker, aber es erfrischte meine trockene Kehle. Ich beobachtete die anderen Gäste. Alle hatten Spaß. Mein Vater erhob sich und nach einigen Augenblicken wurde es still. Ich sah, dass neben meinem Vater der beleibte Clanführer Ragnars saß und es dauerte einige Augenblicke, bis mein Vater die Aufmerksamkeit aller für sich hatte. Die Lieder verstummten. Ich sah hinüber und unsere Blicke trafen sich. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck, auch wenn ich etwas entfernt saß. Er sorgte sich und als sich erneut unsere Blicke trafen zwang ich mich zu einem leichten und aufbauenden Lächeln. Es ist schon komisch, dass man den Menschen Mut machen muss, wenn man sich selbst alles andere als stark oder gar tapfer empfindet. Doch es war so, wenn alle glaubten ich würde heute zugrunde gehen und mich verlieren hatten sich alle getäuscht! Ich strafte meine Schultern und setzte mich aufrecht hin und sah aufmerksam zu meinem Vater hinüber. Er räusperte sich noch ein letztes Mal und ließ seinen Blick über all die Menschen gleiten, welche heute hier versammelt waren. „Heute ist ein großer Tag“, begann er mit seiner lauten und für mich so vertrauten Stimme zu sprechen, „Heute ist ein Tag, den viele von euch sehr herbeigesehnt hatten. Ich möchte euch in eurer Freude und Feier auch nicht lange stören, zu sehr brauchen wir endlich wieder etwas Spaß und Musik in unserem Leben. Ich wünsche mir, dass dieser Friede anhalten wird und das das Bündnis, welches geschlossen wurde helfen kann diesen Frieden aufrecht zu erhalten. Ich hoffe, wir finden einen Weg dauerhaft von dieser Verbindung profitieren zu können. Und als Willkommensgeschenk an mein neues Familienmitglied möchte ich diesem etwas überreichen, was er hoffentlich so gut behandeln wird, wie meine Tochter.“ Und mit diesen Worten wurde ein großer, kräftiger schwarzer Hengst herangeführt. Neben mir hörte ich Ragnar überrascht und erfreut zugleich aufstöhnen. Pferde waren in allen Teilen dieser Welt ein teures und wertvolles Geschenk. Ich spürte, wie er sich erhob und ohne etwas zu sagen, ging er auf den Stalljungen zu, welcher so klein neben diesem Riesen aussah. Dieses Tier, welches man ihm gerade überreichte war ein wahrlich fürstliches Geschenk. Ich kannte den Hengst. Er war wild und sehr kräftig. Ließ sich nur schwer zähmen und hatte einen starken Willen. Selten hatten auch wir ein so schönes Tier gezüchtet und viele wollten den fünfjährigen Hengst vor dem Krieg erwerben. „Der ist ja schön“, hörte ich die Stimme des bärtigen Mannes. Fast schon vorsichtig streichelte er das Tier über die Stirn. Vermutlich konnte er sich denken, dass er gerade ein wertvolles Geschenk erhalten hatte. Er nickte meinem Vater zu und ich hörte wie er sagte: „Ich werde auf beide gut achtgeben.“ Tatsächlich blickte er gerade zu mir hinüber, eher seine Augen erneut auf das Tier vor sich gerichtet waren. Tatsächlich musste ich schmunzeln, als ich das sah. Männer und ihre Pferde… Es schien als sei dies in allen Ländern gleich. Mein Vater nickte nur und gab den Musikern ein Zeichen und sogleich setzte die Musik wieder ein. Immer noch streichelte er das Tier und hielt die Hand unter die Nüstern des Hengstes. Auch ich erhob mich. Mein Versprechen, mich zu bemühen, hallte in meinem Kopf wieder. Außerdem machte ich es ihm nicht sonderlich einfach. Ich war schlecht gelaunt und jegliche Antwort meinerseits war nicht mehr wie Einsilbig ausgefallen. Er führte das Pferd gerade etwas beiseite und ich sah, wie er kurz mit seinem besten Freund sprach. Tatsächlich hatte ich gerade den Namen des anderen Rothaarigen vergessen. Ich näherte mich ihnen und hörte Ragnar sagen: „Damit hab ich nicht gerechnet… Das Pferd ist echt toll! Sieht kräftig aus, dagegen ist dein Gaul ein Maultier.“ Ich hörte ihn lachen und es tat gut dies zu hören. Bis jetzt wirkte er nur ernst und schien jegliche ungezwungene Kommunikation tunlichst zu meiden. Wie ich. Sein Freund lachte ebenfalls und schmunzelte als er sagte: „Um das Tier werden dich viele beneiden. Ein gutes Tier, was du da hast, mein Freund.“ Ich trat näher heran und die beide Männer sahen zu mir. Ragnar blickte mich stumm an, doch sein Freund begrüßte mich fast schon überschwänglich. „Hallo“, grinste er mich an und deutete zu dem Pferd, „ihr habt wirklich die schönsten Pferde, die ich je gesehen habe!“ Ich nickte leicht und auch mir schlich ein Lächeln über die Lippen. Schließlich war ich auch stolz auf unsere Zucht. „Ja, da haben wir wirklich Glück… das Tier heißt Idril und ich glaube eine Feier ist kein Ort für ein Pferd. Er ist noch jung… er sollte besser in den Stall“, sagte ich und nickte dem Stalljungen, welcher sich zurückgehalten hatte, zu. Ragnar nickte leicht bei meinen Worten und ließ den Jungen das Tier wegführen, nicht ohne ein letztes Mal über den Hals des Tieres zu streicheln. „Ich bin gespannt, wie er sich reiten lässt“, hörte ich ihn ruhig sprechen und ich schmunzelte leicht. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, kam mein Bruder zu uns gestoßen. Er war kein allzu großer Mann, doch er war sehr agil und ein sehr guter Bogenschütze, auch zu Pferd. Die dunkelblaue Tunika, welche mit einem Gürtel in Form gehalten wurde stand ihm sehr gut. Ich wusste, dass viele Mädchen aus dem Dorf ihn anhimmelten. Seine Stimme wehte zu uns hinüber: „Der ist wild und hat viele gute Reiter abgeworfen.“ Stirnrunzelnd sah Ragnar dem schwarzen Tier nach. Er blickte in die Augen meines Bruders und meinte: „Mal sehen. Ich werde ihn schon gebändigt kriegen.“ Tal nickte und musterte meinen Mann und blickte dann zu mir. Vielleicht sollte dir meine Schwester mal die Lande zeigen. Damit du einen Eindruck hast, wie es bei uns war“, schlug er freundlich klingend vor. Er lächelte leicht, als er die beiden bärtigen Männer anblickte. Leicht nickte Ragnar und sah zu mir. Ich neigte meinen Kopf leicht und sagte: „Wenn du willst, warum nicht.“ Ich bekam keine verbale Antwort. Ragnar nickte nur und ich hörte meinen Bruder, wie er von den Seen der Umgebung sprach. Immer wieder, zwischen den sanften grünen Hügel, waren Seen eingebbettet. So schön es aussah, konnte sich der weiche Boden oftmals als tödliche Gefahr herausstellen. Ich selbst hatte mich als Kind mal verirrt und ein Bauer aus der Umgebung hatte mir das Leben gerettet. Seither verließ ich in dieser Gegend, so schön sie auch war, nur ungerne die Wege. Als ein Diener zu Tal kam verließ er uns mit den Worten: „Unser Vater möchte mich sprechen.“ Ich fand es schade, doch aufhalten konnte ich ihn nicht. Gemeinsam gingen Ragnar und ich wieder zur Tafel und ich ließ mich nieder auf meinem Platz. Mein Ehemann sah ein paar Mal zu mir herüber und suchte scheinbar nach den richtigen Worten um ein Gespräch an zu fangen. War er vielleicht doch zu dem Entschluss gekommen, dass der eine Satz wenig Gesprächsfördernd war? Immer noch begleitete uns sein Freund. Doch er verließ uns mit den Worten, er wolle sich noch etwas zu trinken holen. Ich sah ihm nach und runzelte die Stirn als ich leise fragte: „Wie wart ihr nochmal verwandt? Ihr seht euch sehr ähnlich“ Ich spürte, wie sich der große Mann neben mich auf den Stuhl fallen ließ. „Sein Vater ist mein Onkel und der hat auch rote Haare.“ Ich nickte und sagte leise: „Er wirkt sehr nett…“ Ich sah hinauf in das Gesicht des Mannes und beobachtete, wie er nickte. „Das ist gut“, vernahm ich seine raue Stimme und erneut trank er einen großen Schluck Bier, „er wird nämlich öfter zu Besuch kommen…Seine Kinder sind öfter da.“ Wie so oft heute saßen wir nach diesem kurzen Gespräch nebeneinander und schauten uns das Fest an. Ich wusste, dass ich nachfragen könnte, doch eigentlich hatte ich keine Lust. Wir beiden taten uns schwer miteinander zu reden und mir war bewusst, dass es nicht nur an dem Mann neben mir lag. Hoffentlich würde sich dies irgendwann ändern. Es wurde Musik gespielt und viele waren am tanzen. Ausgelassen war die Stimmung und ich sah einem kleinen Mädchen zu, welches auf den Füßen ihres Vaters stand und fröhlich lachte, als dieser sich zur Musik bewegte. Ein Spanferkel wurde über dem Feuer zubereitet und ich sah die hellblonden Haare meines Bruders in der Menge. Fast schon automatisch erhob ich mich von der Tafel und ich bemerkte Ragnars überraschten Blick auf mir. Er unterhielt sich grade mit seinem besten Freund, welcher seit einigen Minuten wieder an unserer Seite saß. Ich nickte zum Essen und meinte, dass ich etwas holen wollte. Er nickte nur und kommentarlos reichte er mir seinen leeren Teller. Verwirrt sah ich hinab auf das Geschirr und verstand erst im zweiten Augenblick was er von mir wollte. Leise vor mich hin grummelnd nahm ich ihn entgegen. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, er solle selber laufen bevor er festwächst mit seinem Allerwertesten, doch so konnte ich wenigstens in Ruhe mit meinem Bruder sprechen und das war mir in diese Moment wichtiger. Immer wieder hörte ich auf den Weg dorthin, wie viele mir Glück wünschten und wie dankbar sie waren. Ich hielt nicht an um mit ihnen zu sprechen. Ich nickte nur und versuchte zielstrebig auf meinen Bruder zuzugehen. Ich erreichte das Essen und klopfte meinem Bruder auf die Schultern. Er strich sich die hellblonden Haare aus der Stirn und auch auf seinem Gesicht zeichnete sich Freude ab. Als er sich umdrehte erfassten mich seine blauen Augen sofort und es war eine Wohltat in diese zu blicken und endlich etwas ungestört mit ich sprechen zu können. „Tal“, sagte ich und die Erleichterung schwamm in meiner Stimme mit. „Schwester“, sagte mein Bruder und seine angenehme tiefe Stimme drang an meine Ohren. Selten war ich so froh, mit ihm sprechen zu können. „Ich… ich weiß nicht, was ich sagen soll Thalia… Ich würde dir gerne sagen, dass ich dir alles Glück wünsche, aber ich weiß, dass du das nicht hören willst“, sagte Tal weiter und ich nickte leicht. Er wusste einfach immer, wie es mir ging. Manchmal glaubte ich, dass er mich besser kannte, als ich mich selbst. Wir beide standen einander sehr nahe. Er war schließlich schon immer da. Ich war die ältere von uns Beiden, etwas was mir früher immer so wichtig war. Als Kinder waren wir beide sehr wild und aufgedreht gewesen. Alle Lehrer hatten es schwer mit uns und schon immer war mein Zwillingsbruder mein bester Freund gewesen. Ich wusste, dass auch wenn ich in wenigen Tage meine Heimat verlassen musste, sich diese Verbindung zwischen uns nicht ändern würde. Ich sah mich um und erblickte erneut gut gelaunte Gesichter und ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Es war das erste richtige Fest nach dem Krieg und viele der Alten hatten nicht geglaubt, dass es wieder so werden konnte wie es war. Doch würde es je wieder so werden, wie früher? Veränderungen kamen immer und wer wusste, was durch das neue Bündnis nun geschehen würde. Vielleicht blieben einige Nordländer hier. „Ich weiß, wofür ich es tat. Ich hoffe, dass dieses Opfer hilft, unser Leben friedlich weiterleben können“, sagte ich leise und zuckte leicht mit den Schultern. Ich wollte diese für mich falschen heroischen Sätze gar nicht wirklich gebrauchen, doch etwas anderes fiel mir nicht ein, was man hätte sagen sollen. „Ach Thalia“, seufzte mein Bruder und strich mir mit seiner Hand fast schon sanft über die Wangen. „Wenn es zu schrecklich wird, dann geh… ja? Ich werde dir immer helfen“, sagte er und blicke mich fast schon auffordernd an. Ich konnte nicht gehen. Ich wusste auch gar nicht, wie ernst sie dieses Bündnis sahen. Wenn ich ging und damit Ragnar und seine gesamte Sippe beleidigen würde, konnte ich nicht abschätzen, wie sie darauf reagieren würden. „Vielleicht ist er ja auch wirklich nett. Das Gespräch gerade und wie er sich über das Tier gefreut hat“, versuchte Tal mit abzulenken. Leicht grinste ich. Er zwinkerte mir fast schon aufbauend zu und meinte: „Vielleicht wirft Irdil ihn auch ab und all deine Probleme regeln sich so.“ Er scherzte, dass wusste ich und auch ich schmunzelte leicht. Wie schaffte mein Bruder dies nur immer? Gerade als ich etwas sagen wollte packte eine warme, kräftige Hand an der Meinen und fast schon erschrocken blickte ich mich um und erstarrte, als ich in die geliebten hellbraunen Augen Leifs blickte. Er war größer wie ich, doch bei weitem nicht so groß wie mein Mann! Er hatte eine leichte Hackennase, doch ansonsten ebenmäßige Gesichtszüge. Er war nicht muskulös, eher schlaksig und seine schwarzen Haare waren nach hinten gestrichen. Anders, als die Männer aus dem Norden, trug er keinen Bart und ich stellte fest, dass mir dies wesentlich besser gefiel! Ich spürte, wie mein Puls begann schneller zu schlagen. Immer, wenn ich in diese braunen Augen blickte, vergaß ich die Welt um mich herum! Es war als sei ich betrunken, nur das dieses Gefühl einem am nächsten Morgen keine Kopfschmerzen verursachte. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. „Leif“, hauchte ich seinen Namen. Er war doch hier! Er ließ mich heute nicht alleine und ich war ihm so unendlich dankbar dafür! „Hallo, meine Kleine“, sagte er leise und strich mir eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Dass wir inmitten der Menschen standen, nahm ich nicht mehr wahr. Gerade zählte nur noch, dass er hier war! Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, ihn heute noch sehen zu dürfen. Leif grüßte meinen Bruder und ich erkannte, dass er unzufrieden wirkte. Warum konnte ich mir denken. Er mochte Leif schließlich und vermutlich wollte er nicht, dass wir so litten. Es tat ihm leid und vielleicht hatte auch er gehofft, dass Leif nicht hier war, um seiner selbst willen. Er nickte nach hinten und noch einmal sah ich mich zu Tal um. „Entschuldige mich, uns kurz“, sagte ich leise und merkte, dass meine Stimme fast schon ein wenig heiser klang. „Thalia“, sagte er mahnend, doch ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nur mit Leif sprechen! Ich hatte nicht vor, dass Bündnis zu gefährden! Ohne weitere Erklärung drückte ich meinem Bruder die Teller in die Hand und konnte kaum mehr auf ihn achten. Ohne darauf zu schauen, ob er etwas sagen wollte oder nicht, ließ ich ihn stehen. Dass es unhöflich war interessierte mich gerade nicht. Ich wollte endlich mit Leif sprechen! Ich musste es einfach! Ich folgte ihm und erst hinter einem Stall blieb er stehen. Ich bemerkte, wie auch sein Blick an meinem Körper hinab glitt und ein trauriger Ausdruck legte sich auf seine ebenmäßigen Gesichtszüge. „Ich weiß…“, begann er leise aber mit einer so liebevollen Stimme zu sprechen, dass ein Lächeln mein Gesicht zierte, „dass dir sicher viele heute schon gesagt haben, wie wunderschön du aussiehst.“ Ja, dass hatten heute viele und trotzdem war es etwas anderes, es aus seinem Mund zu hören! Es war so viel schöner und ehrlicher als von den meisten anderen, die es heute zu mir sagten. Auch meine Augen glitten hinunter an seinem Körper und erstaunt stellte ich fest, dass er keine feierliche Tracht trug. Lederne Stiefel bedeckten die Beine des jungen Mannes und über seiner Schulter trug er einen Umhang. Ich erkannte die Sachen, es war die Kleidung die er trug, wenn wir ausritten! „Was-“, begann ich zu sprechen, doch sogleich fiel er mir ins Wort. „Thalia, komm mit mir! Flieh… du willst doch nicht wirklich das hier! Ich hab alles vorbereitet! Verschwinde mit mir“, sagte Leif energisch und trat einen Schritt auf mich zu. Er betrachtete mich mit einem eindringlichen Blick und seine Augen bohrten sich in die Meinen. „Lass mich nicht betteln, meine Liebe“, sagte er mit sanfter Stimme und liebevoll streichelte er meine Wange. Genießerisch schloss ich meine Lieder und drückte mein Gesicht fast schon sehnsüchtig in seine warme, so wohltuende Hand. Doch ich konnte nicht! Mir war der Frieden nicht egal! Er durfte mir nicht egal sein und ihm eigentlich auch nicht! Ich kannte viele aus der Stadt und einige waren meine Freunde und doch war das Angebot so verlockend! Ich hasste diese zwei Gefühle in mir. Die eine Seite egoistisch. Die Andere war darauf bedacht nicht die, die ich liebte in Gefahr zu bringen! Ich wünschte, ich hätte diese moralischen Instanzen nicht in mir. Es wäre so einfach gewesen mit Leif in den Stall zu schleichen, Pferde zu nehmen und sich auf den Weg ins Ungewisse zu machen. Einer Ungewissheit, der ich nicht mit Furcht begegnen würde. Tränen sammelten sich hinter meinen geschlossenen Augen und leicht musste ich den Kopf schütteln. Ich konnte es einfach nicht, nicht wenn ich meine Familie damit in Gefahr bringen würde! Schweren Herzens öffnete ich die Augen und ich wusste, dass ich Leif verletzt hatte. Ich sah den Ausdruck in den Augen des Mannes, den ich liebte und es tat unglaublich weh. Beschreiben konnte ich meine Gefühle nicht! Ich drückte ihn an mich und leise und nur für seine Ohren bestimmt flüsterte ich: „Ich kann nicht… Nicht, wenn doch so vieles davon abhängt… Es geht einfach nicht Leif… Es tut mir leid…“ Ich atmete seinen Geruch tief und genüsslich ein. Roch den so bekannten und für mich so erfrischenden Geruch und spürte, wie mein Herz begann schneller zu schlagen. Kräftig war die Umarmung, in welche er mich zog und eine seiner Hände legte sich in meinen Nacken. „Es ist so unfair“, hörte ich ihn sagen und ich konnte nur nicken, denn sonst hätte ich womöglich vollkommen die Beherrschung verloren! Sanft und fast schon vorsichtig löste ich mich von meinem Geliebten und sah hinauf in sein Gesicht. Ich erkannte den verletzten Ausdruck, doch mir erging es nicht anders. „Ich liebe dich“, hauchte ich leise und konnte nicht weitersprechen. Langsam nickte er und als er sich zu mir hinunter beugte streckte ich mich seinem Gesicht fast schon genüsslich entgegen. Warm und einladend waren seine Lippen und der vertraute und geliebte Geschmack Leifs, legte sich auf meine Lippen. Der Plan, das Bündnis nicht zu gefährden, war längst vergessen! Ich vergaß wo ich war, ich vergaß, was gerade geschehen war und weswegen so viele Menschen in die Stadt gekommen waren. Meine Arme legten sich um seinen Hals und ich zog ihn enger zu mir. Der dünne Stoff meines Kleides drückte sich an Seinen und ließ mich erschaudern. Ich strich durch seine schwarzen Haare und genoss es, ihn bei mir zu haben! Vielleicht sollte ich doch einfach verschwinden. Er löste sich von mir und seine warme Hand lag auf meiner Wange. Ein Lächeln umspielte seine vollen Lippen und erneut legten sich seine Lippen auf die Meinen! Es war als würde er mir halt geben und ich klammerte mich fast an seiner Schulter feste. Ich keuchte leise auf, als er mir fast schon spielerisch auf die Lippen biss. Dass ich mich gerade verlor bekam ich kaum noch mit! „So sieht es also aus, wenn du versuchst dir Mühe zu geben“, riss uns eine tiefe und mir im ersten Augenblick unbekannte Stimme auseinander. Erschrocken fuhren wir auseinander und entsetzt sah ich das Gesicht meines Gatten. Ein Schatten bedeckte einen Teil seines Gesichtes, was es noch schwerer machte, ihn zu deuten. Wie lange stand er schon da? Ich hatte vollkommen vergessen, dass ich eigentlich nur Essen holen wollte. Er hatte sicher nach mir gesucht. Ich wusste nicht, wie er darauf reagieren würde und als ich den finsteren Blick bemerkte, bekam ich Angst. Ich hatte gehört, dass diese Männer sehr aggressiv sein konnten und ich wollte nicht, dass er Leif verprügelte oder mich! Ich blickte zwischen dem Mann den ich liebte und dem Mann den ich geheiratet hatte hin und her. Was ist, wenn er es jemanden sagte und mich gleich alle für eine Ehebrecherin hielten? Wie schwer würde dann der Start in seiner Heimat nur werden! Oder noch schlimmer, er würde dieses Bündnis nach nicht einmal einem Tag für gescheitert erklären! Das konnte und durfte ich nicht zulassen! Immer noch stand er dort, an den Türrahmen des Stalles gelehnt und sah zu Leif. Ich merkte wie mein Geliebter die Fäuste ballte. „Du hast so eine Frau wie sie gar nicht verdient“, sagte Leif mit einer finsteren und eindringlichen Stimme. Die breiten Arme vor der Brust verschränkend, sahen die Augen Ragnars langsam an Leif hinunter. Was er sich dachte, konnte ich nicht entschlüsseln. Ich bewunderte den Mut Leifs, war Ragnar doch gut einen, wenn nicht zwei Kopfe größer wie er. „Ist mir egal, was du meinst.“, sagte er fast schon gleichgültig klingend und drehte sich um. „Pass besser auf das dich nicht noch jemand sieht“, sagte er und drehte dabei den Kopf in meine Richtung. Dann ging er einfach und ich fragte mich, wie lange er uns schon beobachtet hatte. Ich wusste es nicht und erst eine Bewegung neben mir brachte mich zurück in die Realität. Ich hielt Leif auf. Er wollte dem großen Mann nachgehen. Doch Leif war kein Krieger und so hatte er nur wenig Chance gegen einen Mann wie Ragnar. „Wieso hältst du mich auf“, fuhr er mich wütend an und als er versuchte seinen Arm zu befreien, hielt ich ihn fest. „Nein! Bitte Leif… Du hast keine Chance und jeder Versuch ihn nun anzugehen, gefährdet das Bündnis“, sagte ich und versuchte diese Sache rational zu betrachten. „Willst du das Thalia? Willst du das Leben? Willst du seine Köchin sein? Seine Haushälterin? Du bist die Tochter eines Fürsten, du bist zu etwas Besseren bestimmt, als in einem kleinen Haus zu vegetieren und nichts aus deinem Leben zu machen! Das ist doch vollkommen unter deiner Würde!“ Forsch war seine Stimme und wütend der Blick, mit dem er mich bedachte. Als wäre ich Schuld daran! Ich erzitterte. Nein, so hatte ich mir das Leben sicherlich nicht vorgestellt! Das wusste er doch sehr gut! Doch ebenso wusste ich um das Temperament des Mannes vor mir! Viele Dinge entkamen seinem Mund in solchen Augenblicken und viele dieser Worte bereute er im Nachhinein. Ich versuchte ihn zu beruhigen und ich wusste, dass in diesem Augenblick nur der Verstand aus mir sprach und nicht das Herz: „Leif… ja, ich bin die Tochter eines Fürsten und dies ist der Grund warum ich es mache. Ich kann das Land und die Leute die es bewohnen nicht dem Krieg, der Folter und dem Tod überlassen. Einen weiteren Krieg überstehen wir nicht. Es ist mein Opfer! Mein Opfer, was ich erbringen muss und du weißt gar nicht, wie schwer es ist!“ Leif wusste ebenso wie ich, dass ich Recht hatte. Ein jeder von uns kannte jemanden, der im Krieg gefallen war. Ein jeder hatte Menschen gehabt, die er zu betrauern hatte. So hatten wir meinen Onkel verloren. Ich erinnerte mich an die Trauer in unserem Haus und ich wollte nicht, dass all diese Opfer die erbracht wurden, wegen meines Egoismus umsonst gewesen waren! Auch Leif hatte Menschen verloren. Einer seiner besten Freunde war gefallen und ich sah wie er sich wütend und zornig die Haare aus dem Gesicht strich. Er wirkte wie ein verletztes Tier, welches in die Ecke gedrängt wurde. „Gut“, fuhr er mich wütend an und ging einen Schritt weg von mir und die nächsten Worte die seinen Mund verließen trafen mich, als habe er ein Messer in meine Brust gestoßen, „dann geh zu diesem Barbar und werde seine Hure!“ Wütend drehte er sich um und ließ mich stehen. Fassungslos sah ich ihm nach! Das konnte nicht sein Ernst sein! Das hatte er nicht wirklich gerade zu mir gesagt?! Alle Gesichtszüge waren mir englitten. Ich sah ihm nach und war sprachlos. Aufhalten konnte ich ihn nicht, zu sehr schnürten mir meine Gefühle die Kehle zu, die ich nicht in Worte fassen konnte. Eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Wut hatte Besitzt von mir ergriffen. Wieso sagte er so etwas? Konnte er sich nicht denken, wie schmerzlich es gerade war, ihn zurückzuweisen. Wie sehr es mich quälte, dass ich das Land verlassen würde? Dachte er, ich freue mich sogar auf die Fremde!? Glaubte er wirklich, ich wollte mein Leben lang für jemanden zur Verfügung stehen? Ich wollte heute nicht das Bett mit ihm teilen! Ich hatte gehofft, er würde mir Mut machen und mich nicht aufgewühlt zurücklassen. Aber vielleicht war dieser Wunsch von mir zu viel? Hätte ich mit ansehen können, wie er eine andere Person heiratete? Vielleicht hätte ich ihn auch beleidigt bei dem Wissen, dass er heute Nacht jemand anderen zu sich ins Bett einlud. Es waren viele Gedanken, welche durch meinen Kopf flogen und trotzdem schmerzte es sehr. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich dazu bereit fühlte, wieder zum Fest dazu zu stoßen. Was ist, wenn er es den Anderen gesagt hatte? Unsicher trat ich zu dem Tisch, doch niemand blickte mich feindselig oder wütend an. Ragnar hob den Blick und sah mich auffordernd an und unsicher setzte ich mich neben diesen riesigen Mann. Überrascht stellte ich fest, dass ein voller Teller auf meinem Platz stand. Unsicher sah ich zu ihm und fragte: „Hast du das geholt?“ Seine grünen Augen glommen zu dem Teller und blickten hinein in meine Blauen und er nickte leicht. „Dachte mir, dass du sicher noch nicht viel gegessen hast heute“, raunte er mit seiner tiefen Stimme und setzte an, einen Schluck aus dem Becher vor ihm zu nehmen. Doch ich lag etwas falsch. Er trank keinen Schluck… Mit einem lagen Zug leerte er den gesamten Inhalt seines Getränkes und gleich darauf schenkte er sich erneut ein und ich bemerkte das es Bier war. Wenn ich ehrlich war, wunderte es mich nicht sonderlich. Viele der Nordländer genehmigten sich viel Alkohol. Ich begann zu essen. Es war bereits kalt, doch ich sagte dazu nichts. Sollte ich mich entschuldigen? Bestand er darauf? Ich wusste es nicht. Ich wusste ja nicht mal warum er nicht gleich seinen Leuten erzählt hatte. Vielen Stimmen und die Lieder um mich herum erklangen und doch hörte ich sie nicht. Später ging ich zu meiner Mutter und tatsächlich begleitete mich der große Mann. Höflich erkundete sich meine Mutter über das Land und die Gewohnheiten seines Volkes. Ragnar erklärte, dass bei einem Fest immer die Fackeln erleuchtet wurden, damit böse Geister nicht ihren Weg zu den Feiernden fanden. Das erklärte, weswegen die Fackeln bereits am Tag erleuchtet waren. Viele der Menschen arbeiteten in einem Steinbruch. Sie bauten Eisen ab und ich erinnerte mich wieder, dass die Nordländer viele und gute Schmieden hatten. Mit den Fingern strich ich über den silbernen Gürtel und auch meine Mutter blickte zu diesem feinen Kunstwerk. „Eure Feinschmiede sind Meister ihrer Arbeit“, sagte sie höflich zu Ragnar und er stimmte ihr sogleich zu. Ich lauschte seinen Worten und auch mein Bruder setzte sich zu uns. Unsicher betrachtete er mich, doch ich mied seinem Blick. Ob er mit Leif gesprochen hatte? Ich fragte nicht nach. Es war später geworden und mir war ziemlich kalt. Wir saßen wieder auf unseren Plätzen und meine Eltern tanzten gerade. Tatsächlich war ich irgendwie enttäuscht, dass mich mein Mann nicht gefragt hatte, ob ich mit ihm tanzen wollte. Doch vielleicht tanzte er auch einfach nicht. Und hätte ich mich gefreut, oder mich doch eher geärgert? Ich beschloss einfach, nicht weiter darüber nachzudenken! Es war, wie es war. Ein Windstoß streifte meinen Körper und kurz erschauerte ich. Ich spürte Ragnars warme Hand auf meinem Oberarm und mit gerunzelter Stirn fragte er mich: „Ist dir nicht langsam kalt in dem dünnen Stoff…“ Ich nickte nur und sparte mir jede sarkastische Äußerung. „Ja, ein wenig. Das Kleid ist eher für Räume ausgelegt.“ Ragnar nickte leicht und ich zuckte etwas zusammen, als seine kräftige Hand sich auf meine Seite legte und er über den dunkelblauen Stoff strich. Seine Hand blieb an meiner Taille hängen und mit den Fingern strich er über den Gürtel, den er mir geschenkt hatte. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper und diese hatte nichts mit der Kälte zu tun, die mich erfasst hatte. Er fasste mich an, als ob wir uns schon Jahre kennen würden. Ich hielt seine Hand auf, als er an meine Taille langsam nach oben strich. Er ließ es zu und seine Augen glitten erneut an mir hinunter. Wie ein Tier das seine Beute betrachtet, so kam es mir vor. „Vielleicht sollten wir dann hinein gehen, bevor du krank wirst. Das würde die Reise nur erschweren“, sagte er und betrachtete erneut meinen Körper und ich merkte, wie seine grünen Augen an dem Ansatz meiner Brüste hängen blieb. Die Unruhe nahm besitzt von mir ich zitterte leicht. Nun erschien die Kälte gleich so viel einladender, doch ohne ein weiteres Wort erhob sich der Mann neben mir. Auffordernd blickte er mich an und ich betrachtete unsicher den Boden zu meinen Füßen. Konnte nicht irgendwer kommen und uns ablenken? Mit unsicheren Schritten ging ich den Weg voran. Den Weg den ich in und auswendig kannte. Wir schwiegen und ich war überrascht, wie viel Bier dieser Mann in sich hineinkippen konnte und trotzdem lief er noch gerade! Die Sonne war längst untergegangen und die Sterne schimmerten über uns. Ich hatte Angst, vor dem was mich erwarten würde. Ich spürte, dass sich einige Strähnen aus meiner Frisur gelöst hatten und der Wind tat sein Übriges. Mit jedem Schritt den ich tat, wurde ich nervöser. Was ist, wenn er mir weh tat? Ich spürte, dass er dicht hinter mir lief und ich hatte das Gefühl, dass seine Augen förmlich an mir klebten. Ich musste einfach etwas finden, um mit diesem Mann ins Gespräch zu kommen und so blickte ich kurz über mein Schultern und fragte leise: „Wie lange, bleiben wir… na ja… noch hier?“ Ich wollte meine Heimat eigentlich nicht verlassen und der Gedanke daran schmerzte sehr. Ich blickte wieder nach vorne und erst als ich Ragnars tiefe Stimme hinter mir vernahm, drehte ich mich wieder kurz zu ihm. „Ich denke in vier Tagen brechen wir auf“, sagte er und folgte mir hinein in das Haus meiner Eltern. Eigentlich war es Brauch, dass ich in sein Haus ziehen würde und keinen Fuß mehr in das Haus meiner Eltern setzte, für einige Zeit. Doch dies war nicht möglich und ich war froh, dass ich nicht draußen in einem Zelt würde nächtigen müssen. Ich betrat mein Zimmer. Nichts hatte sich verändert seit ich es verlassen hatte. Das Feuer im Kamin war entzündet worden und immer noch lag das Fell auf dem Bett. Meine Mutter hatte mir gesagt, dass darauf bestanden wurde. Das Haus meines Vaters war groß und mir war bewusst, dass das Haus, in welches ich ziehen würde den Luxus den ich kannte, nicht hatte. Wie sehr ich diesen vermissen würde, war mir noch nicht bewusst. Ich bemerkte, wie sich Ragnar umblickte und seine Augen glommen zu meinem Bogen in der Ecke. „Ist das deiner?“, wollte er von mir wissen und nahm sich die Waffe einfach ungefragt zur Hand. Ich verdrehte die Augen und sagte innerlich: „Nein, eigentlich stellen alle ihre Waffen in meine Gemächer. Ist eigentlich eine Waffenkammer….“ Doch ich unterdrückte diese Antwort und erklärte leicht nickend: „Ja, das ist mein Bogen. Ich jage gerne. Zumeist mit meinem Bruder oder…ja…“ Ich wollte Leif nicht erwähnen. Die Worte hallten in meinen Gedanken wieder. Immer noch schmerzten sie und immer noch verblüffte mich diese Art von ihm. Nie hatte er je so mit mir gesprochen, aber ich musste auch einfach bedenken, dass es eine komische Ausnahmesituation war. „Bei uns jagen Frauen nicht“, sagte er, stellte den Bogen wieder zurück und betrachtete mich nachdenklich. Die Arme vor der Brust verschränkend meinte ich: „Ich lasse mir aber nicht alles nehmen. Wenn ich jagen will, werde ich es tun!“ Er konnte mir nicht alles nehmen. Nur, weil er als Mann meinte, nun das Sagen zu haben. Ich sah das leichte grinsen in seinen Augen und seine Lippen schienen sich zu kräuseln. Er strich sich über den Bart und meinte mit einer herausfordernden Stimme: „Das werden wir noch sehen und später klären.“ Mit diesen Worten drehte er mir den Rücken zu und ich sah, wie er sich seiner Stiefel entledigte und sie einfach in die nächste Ecke trat. Ich fand es unhöflich! Schließlich sah man, dass ich eine sehr ordentliche Person war! Ich zeigte ihm, wo er sich für die Nacht herrichten konnte und als ich alleine im Zimmer war spürte ich, wie ich erzitterte! Ich hatte Angst vor dem was nun folgen würde und ich hoffte einfach, dass er mir nicht zu sehr wehtat. Kapitel 4: Die Hochzeitsnacht ----------------------------- Ich betrachtete mich im Spiegel des Badezimmers. Meine Haare fielen mir wieder offen über meinen Rücken. Ich hatte ein weißes Nachthemd an, welches mir bis zu meinen Knien reichte. Es war tiefer ausgeschnitten, als ich es mir gewünscht hätte und hatte Spitze an den Rändern. Es war nicht sonderlich eng und betonte meine Kurven nicht so sehr, wie es das blaue, seidige Abendkleid getan hatte. Die Kette meiner Mutter hatte ich abgenommen und legte sie, gemeinsam mit dem silbernen Gürtel, auf eine kleine Anrichte. Ich seufzte schwer, bevor ich die Tür öffnete und mit nackten Füßen betrat ich das Schlafzimmer. Ich hatte erwartet, dass Ragnar bereits im Bett auf mich wartete. Umso überraschter war ich, als ich bemerkte, dass er auf der Fensterbank saß und hinauf in die Sterne schaute. Die Haare seines Bartes sahen nicht mehr rostrot aus, sondern wirkten wie dunkles Braun und als er sich umdrehte, spürte ich, wie sein Blick an mir hinabglitt. Nur eine Hose bekleidete ihn. Er hatte mehr Tattoos als ich erwartet hatte. Eines an seinem rechten Arm. Es fing am Schultergelenk an und zog sich bis zu seinem Unterarm. Es waren Runen die ich nicht lesen konnte. Sie zogen sich in einer Art Knotengebilde den Arm hinunter. Auch auf seiner Brust und an seiner Seite waren diese Knotenbilder. Sie waren sehr fein gestochen und wirken beinahe wirr. An den Enden dieser Tattoos glaubte ich Tiere zu erkennen. Ein Wolfskopf auf seiner Brust und eine Schlange die seinen Arm hinunter kroch. Auf seinem Rücken konnte ich eine Bärentatze erkennen. Zwischen seinen Schultern befand sich ein Symbol, dass ich kannte. Ein Ouroboros. Eine Schlange die sich selbst frisst. Dies war, soweit ich wusste ein mystisches Zeichen für die Vollkommenheit. Meiner Meinung nach ziemlich eingebildet. Nervös spielte ich mit meinen Händen und erst nach einer Weile fragte ich: „Was genau siehst du dir an?“ Ein letztes Mal wanderten seine Augen an mir hinab, eher er sagte: „Ich schau mir die Gegend an… Schöne Aussicht hier.“ Ich nickte leicht, trat zu ihm und sah ebenfalls hinaus über die Dächer der Stadt. „Ich kenne keine andere Aussicht als diese“, sagte ich leise und blieb hinter ihm stehen. Ich hatte schon immer in diesem Zimmer gelebt. Es war immer mein Reich gewesen. Nachdenklich runzelte er die Stirn und noch bevor ich fragen konnte, was in ihm vorging, fing er an zu sprechen. „Ich hoffe, du kannst dich auf dein neues Leben einlassen. Ich lebe in meinem eigenen Haus und teile mir den Hof mit meinen Eltern. Du wirst mit anpacken müssen. Wir haben Tiere“, sagte er und drehte sich gänzlich zu mir um. Ich hatte es mir denken können und so überraschten mich seine Worte nicht. Ich hatte unter meinen Stand geheiratet, dies war allen bewusst und tatsächlich hatte ich mit dieser Hochzeit sogar meinen Titel abgegeben. Ich war offiziell kein Mitglied dieses Volkes mehr und hatte alle Anrechte als Tochter eines Fürsten verworfen. Seit einigen Stunden würde ich offiziell als Südländerin gelten, auch wenn ich mich nicht so fühlte und vielleicht auch nie so fühlen würde! „Ich habe dir versprochen“, sagte ich zu ihm und blickte nicht weg, als seine Augen in die Meinen blickten, „dass ich mir Mühe geben werde. Und ich werde es versuchen.“ Ich sah, wie er die Augen verdrehte und verstand nicht, weswegen der dies tat! Was war falsch daran? Doch noch bevor die Frage über meine Lippen geglitten war sagte Ragnar: „Musst du immer so diplomatisch antworten? Das nervt, sag doch einfach mal deine Meinung… Oder hast du etwa keine eigene?“ Ich blickte ihn fassungslos an. Und ob ich eine eigene Meinung hatte! Vermutlich würde er mit dieser nur nicht zurechtkommen! „Ich habe mein gesamtes Leben damit verbracht, mich darauf vorzubereiten gemeinsam mit meinem Bruder das Land zu regieren. Zu handeln und natürlich, habe ich in diesem Zusammenhang gelernt, diplomatische Antworten zu geben!“, fuhr ich ihn fast schon gereizt an. Die Arme vor der Brust verschränkend, schnaubte ich ihn regelrecht an. Unbeeindruckt sah er zu mir und nickte einfach nur. „In Ordnung“, sagte er und betrachtete weiterhin mein Gesicht. Erst nach einigen stillen Sekunden fügte er hinzu: „Und trotzdem, will ich hören, wie du es findest. Du wirst nicht mehr in einem Haus aus Stein wohnen, da wir Steinhäuser ungemütlich und karg finden. Wir bauen nur mit Holz. Du wirst Tiere versorgen müssen, damit auch du etwas zu Essen hast. Du wirst mir einfach helfen müssen und ich möchte wissen, ob du dir das überhaupt vorstellen kannst…“ Feste und zornig biss ich meine Zähne aufeinander. Was ich dazu sagen sollte, wusste ich selbst nicht genau. Die ehrlichste Antwort wäre gewesen: Nein, eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen! Erneut suchte ich nach einer diplomatischen Antwort und erneut sah ich, wie sich die grünen Augen meines Mannes verdrehten und ein genervter Laut seine Lippen verließ. Schwer durchatmend, sprudelte es plötzlich aus mir hinaus und ich konnte mein Temperament nicht zurückhalten: „Nein, ich weiß es nicht! Ich habe mir darüber eigentlich nie Gedanken gemacht! Ich wollte keinen Fremden heiraten! Und ich will auch nicht nur deine Haushälterin und Köchin sein! Wenn du glaubst, dass du mich dazu machen kannst, dann hast du dich gewaltig getäuscht!“ Überrascht zogen sich seine Brauen zusammen und ein fast schon amüsierter Ausdruck erschien auf seinen Lippen. „Du hast also doch einen Charakter… Du wirst um einiges nicht herumkommen. Ich kann nicht kochen, dass ist deine Aufgabe und du wirst lernen müssen, dich anzupassen, ob es dir gefällt oder nicht…“ Immer noch leckte die blanke Wut an meinen Nerven und zornig funkelte ich Ragnar an. Ich wollte mich einfach nicht benutzen lassen, von niemanden. Doch es schien, als sei es ihm egal, wie ich es fand und er blickte mich fast schon herablassend an. So jedenfalls deutete ich den Ausdruck auf dem bärtigen Gesicht des Mannes. Ob es stimmte oder nicht, vermochte ich nicht einschätzen zu können! Ein für mich fast schon bösartiges Grinsen erschien auf dem Gesicht des Mannes vor mir und mit einer für mich herablassenden Art fragte er: „Glaubst du wirklich, ich wollte jemanden heiraten, den ich nicht kannte? Warum sollte ich mich darauf einlassen?“ Mein erster Gedanke war: Weil du sonst niemand abbekommst! Doch das konnte ich diesem gerade so finster dreinschauenden Mann nicht ins Gesicht sagen! Ich zuckte mit den Schultern und raunte leise: „Weiß ich doch nicht… Mein Vater hatte euch einen Handelsvertrag angeboten…“ Ragnar nickte leicht und kratze sich an der Seite seiner Wange. „Ich weiß“, erklärte er und wie er sprach hatte ich das Gefühl, dass ich den Mann gerade irgendwie falsch gedeutet hatte, denn wie er sprach klang er nicht mehr herablassend oder böse, sondern irgendwie enttäuscht, „Unser Clanführer Ulveig hält nichts von Papier. Die können verloren gehen, oder einfach vernichtet werden. So ein Bündnis wie unseres bleibt bestehen… Ob du mir glaubst oder nicht, ich habe mich dafür nicht freiwillig gemeldet… Ich meine, ganz ehrlich, wer will denn jemanden heiraten, den er nicht liebt? Da wir aber keine Wahl haben, versuche ich das Beste draus zu machen.“ Ich nickte leicht und das Wissen, dass er sich nicht freiwillig dafür bereit erklärt hatte, ließ mich ihn freundlicher sehen. Ein trauriges und leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und mit belegter Stimme sagte ich: „Ich freue mich darüber auch nicht… Vielleicht sollten wir uns dann einfach kennenlernen, meinst du nicht?“ Er nickte nur und ich vermutete, dass er wohl kein Mensch der vielen Worte war. Er ergriff meine Hand und zog mich näher zu sich und überrascht von dieser Geste, stolperte ich fast einige Schritte auf ihn zu und kam dicht vor ihm zum Stillstand. Das war keine Einladung gewesen! Was auch immer er vorhatte! Wir konnten einander in die Augen sehen. Nun da er saß, waren wir beide fast auf Augenhöhe zueinander. Immer noch hielt seine Hand die meine feste und langsam glitten seine großen Finger meinen Arm entlang, strichen fast schon sanft über mein Schlüsselbein, hinauf zu seinem Hals und streichelten durch meine blonden Haare. Vorsichtig fuhr er durch die glatte Haarpracht und ein zufriedener Ausdruck erschien auf seinem breiten Gesicht. „Mir gefallen deine Haare“, meinte er ruhig und ließ erneut seine große Hand durch meinen Schopf gleiten. „Danke…“, sagte ich leise und ließ es zu, dass er weiterhin meine Haare anfasste. Doch ich musste einfach etwas sagen, bevor er weiterging. „Sag mir…. Ich meine, erzähl mir etwas von dir“, stammelte ich etwas und strich mir selbst eine lange blonde Strähne aus dem Gesicht. Seine Finger glitten erneut durch meine Haare und strichen über meinem Schlüsselbein. „Hm, ich bin Krieger, trinke gerne und jage. Ich kann nicht kochen“, erklärte er und betrachtete mein Gesicht. Seine Finger strichen unter mein Kinn und gerade, als ich den Kopf wegdrehen wollte hielt er mein Gesicht feste. Fast schon erschrocken weiteten sich meine Augen und ich schluckte, als ich seinen Blick suchte. Ich schaute hinab zu seinem Bart und ich fragte mich, ob dieser nicht störte. Das ich dies unattraktiv fand war ihm sicher egal. „Wieso ist der Bart so lang“, fragte ich unsicher und schluckte, denn erneut merkte ich, wie Ragnars Augen an meinem Körper hinabglitten. Mein Kinn loslassend strich er sich mit der Hand über den langen geflochtenen Bart. „Der gefällt mir“, erklärte er und grinste leicht, „außerdem, ist es männlich.“ Ein undefinierbarer Laut entwich meinen Lippen. Mir gefiel es nicht. Ich fand es sah einfach barbarisch aus. „Hier tragen die Männer nicht so lange Bärte… Mir gefällt es jetzt nicht so sehr“, murmelte ich und blickte ihm direkt in die Augen. „Ich glaube, dass dir an mir sowieso nichts gefällt“, schmunzelte er und fast schon frech blickte er mich an. Amüsierte es ihn? Und machte ich es wirklich so offensichtlich, dass er mir unangenehm war? So wirklich wollte es mir auch nicht leidtun! Eigentlich sollte er verstehen, doch vielleicht ging er als Mann auch anders an diese Angelegenheit heran. Ich blickte mich im Zimmer um. Das Feuer prasselte und spendete Wärme. Trotzdem wurde mir kalt an den Beinen und innerlich schwer seufzend, entfernte ich mich von dem bärtigen Mann und setzte mich auf mein Bett. Ich spürte Ragnars Blick auf mir und nachdem ich mich auf dem Bett niedergelassen hatte, stand auch er auf. Doch mit jedem Schritt, den dieser große Mann auf das Bett zumachte, wurde ich nervöser. Ich musste einfach weiter mit ihm sprechen, ihn ablenken! Etwas anderes fiel mir nicht ein. Noch bevor er zu mir kam, löschte er alle Lichter im Raum, nur der Kamin spendete sein warmes, gleitendes Licht. Ich hob die Decke meines Bettes an und schwang meine Beine unter die noch kalte Decke. Gerade, als Ragnar sich setzte und auch er seine Beine unter meine Decke schwang, fragte ich: „Bist du eigentlich in jemanden Zuhause verliebt?“ Ablenken, dies war das einzige woran ich gerade denken konnte. Überrascht betrachtete mich dieser große Mann und erst nach einer Weile antwortete er: „In meinem Dorf gibt es eine Frau, an der ich Interesse hatte. Ich habe sie aber nicht angesprochen.“ Warum auch immer überraschte mich diese Antwort. War er etwa zu nervös gewesen? So wirkte dieser Mann vor mir einfach nicht. „Wirklich? Warum nicht“, wollte ich wissen und drehte mich zur Seite um den Mann neben mir im Blick zu haben. Meine Augen glitten hinab zu den Tattoos und mein Blick folgte den wirren Mustern auf der Haut. Was sie alle zu bedeuten hatten? Erst seine Antwort riss mich los, von dem Schwarz auf seinem breiten Armen. „Hat sich einfach nicht ergeben und dann war es zu spät“, erklärte er und wie ich hinaufblickte, merkte ich, wie sich der Blick des Fremden gewandelt hatte. Auch sein Blick glitt hinab zu seinen Tätowierungen. Ich nickte nur und als ich seine Hand auf meiner Seite spürte, zuckte ich fast schon unwillkürlich zusammen. Fast schon automatisch ging mein Griff zu seiner Hand und ich hielt sie fest. Ich wollte nicht, dass er mich einfach anfasste! Ein fast schon überraschter Ausdruck erschien auf dem Gesicht des Mannes vor mir. Auch, wenn meine Hand sein Handgelenk festhielt, konnte er die Finger bewegen und das tat er! Vorsichtig ließ er seine Finger über meine Taille kreisen, als versuchte er mich zu beruhigen. So, wie er mich berührte konnte man glauben, er würde mich gut kennen! Doch das tat er einfach nicht! Erneut glitten meine Augen zu den Tätowierungen und plötzlich ergriff Ragnar meine Hand und legte sie auf eben jene Schnörkel an seiner Schulter, welche ich gerade noch betrachtet hatte. „Du magst die sicher nicht, nehme ich an“, meinte er und ich hörte unweigerlich das Schmunzeln in seiner Stimme. Er war warm und die Schultern vom Kampf gut trainiert. Vorsichtig strichen meine Finger über das Muster auf seiner Haut. Die Männer hier hatten so gut wie keine dieser Kunstwerkte auf ihren Körpern. Waren es überhaupt Kunstwerke? Ich war mir da nicht wirklich sicher. Vorsichtig strich ich über die Muster auf seiner Haut und runzelte leicht die Stirn, als ich sie betrachtete. Er ließ meine Hand los und strich vorsichtig über meinen Handrücken. „Das habe ich bekommen, als ich einen Bären erlegt habe, welcher einige unserer Dorfbewohner tötete. Es steht hier auch in Runen. Die Tatze auf dem Rücken zeigt wie groß er war.“ Er strich sich selbst über die Muster und langsam erkannte ich das Wort! Bärentöter. Doch es war zu sehr verziert, als dass man es sofort erkannte. Ich hatte schon einiges gejagt, doch ein Bär war nicht dabei gewesen. Leicht nickte ich und sagte leise, fast schon flüsternd: „Ich habe schon vieles beim Jagen erlegt, aber einen Bären noch nicht. Die trauen sich nur sehr selten hier hinunter.“ Ragnar nickte leicht und ich merkte erst gar nicht, wie meine Hände die Rune nachstrichen. Irgendwie faszinierten mich diese Muster mehr, als ich zugeben wollte. „Wofür, sind die anderen? Oder sollen die nur schön sein?“, fragte ich leise und mein Blick glitt hinab zur Brust des Mannes. Ich versuchte Runen zu erkennen und glaubte das Wort Tapferkeit zu erkennen. „Nicht alle haben eine Bedeutung“, sagte er und deutete auf eines auf seiner Brust. „Das hier habe ich bekommen, nachdem ich euer Land verteidigt habe und viele dieser komischen Seefahrer erschlagen habe“, sagte er und nachdem er das sagte, erkannte ich, dass das Schwarz frischer wirkte. „Tut das nicht eigentlich sehr weh?“, fragte ich und erneut strich meine Fingerkuppe über eine der Knotenbildnisse auf dem Körper des großen Manns. Er zuckte mit den Schultern und erst jetzt fiel mir auf, dass ich den Mann, seit ich ihn berührt hatte nicht mehr in die Augen geblickt hatte. Grün traf auf Blau und irgendwie musste ich schlucken. Ich wollte nicht, dass es intim wurde zwischen uns. Das war mir unangenehm, ich wollte es nicht. Langsam zog ich die Hand zurück. Doch noch immer fühlte ich die Hitze, welche von ihm ausging. Erneut spürte ich, wie sich seine große Hand um mich legte und ich konnte es nicht verhindern, dass ich zuckte. Eindringlich sah er mir in die Augen und ich spürte, wie sein Körper sich bewegte und er näher an mich rückte. Mein Puls begann zu rasen und mir war klar, dass es nicht damit zusammenhing, dass ich seine Nähe ersehnte. „Beruhig dich“, hörte ich seine tiefe und für mich so durchdringende Stimme sagen. Und fast schon vorsichtig strich er mir über meinen Rücken. Genau hiervor hatte ich bereits den ganzen Tag über Angst gehabt! Genau dies war es, was ich nicht wollte und das erste Mal in meinem Leben begann ich mich in meinem eigenen Bett unbehaglich zu fühlen! Ich legte eine meiner Hände auf Ragnars Brust und versuchte von ihm wegzurücken, doch er ließ es nicht zu. Ich selbst hörte die Unsicherheit in meiner Stimme und hasste es, dass ich sie nicht verbannen konnte: „Bitte Ragnar, müssen wir das wirklich tun… Wir kennen uns doch nicht…“ Ich blickte hinauf und spürte deutlich seinen langen Bart, welcher mein Kinn kitzelte. Unsere Blicke trafen sich. Er sah mir tief in die Augen doch Zurückhaltung lag nicht in seinem Blick. Sein Blick glitt erneut an mir hinunter. „Du bist meine Frau. Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst“, raunte er und seine Finger strichen durch meine Haare. Auch, wenn er es nett verpackte, es sagte nur eins: Er bestand darauf! Er hatte das Recht und fast verzweifelt schloss ich meine Augen. Das konnte, dass durfte nicht sein Ernst sein! Erneut spürte ich, wie sich die Matratze bewegte und erschrocken riss ich meine Augen auf, als sich seine Lippen auf die Meinen drückten. Der Bart kratze und kitzelt mir an der Brust und mir war klar, dass ich es nicht mochte! Man schmeckte den Alkohol auf seinen Lippen und seine Hand, welche mir so riesig vorkam, drückte meinen Kopf zu sich! Meine Hände krallten sich in das Lacken und als er fast schon vorsichtig an meiner Lippe knabberte überzog eine Gänsehaut meinen Körper. Die Hand, welche gerade noch auf meinem Hinterkopf lag wanderte langsam hinunter. Kurz nur löste er sich von meinen Lippen, sanft streichelte er mit seiner zweiten Hand über meine Lippen. Ein zufriedener Ausdruck umspielte seine Lippen. „Du schmeckst gut“, raunte er und ich kannte diesen tiefen und kehligen Ton. Es war Begierde. Erneut überfiel er meine Lippen und drückte meinen Körper an den Seinen. Seine großen Hände wanderten über meinen Rücken und feste drückte er mit seiner Hand mein Gesäß. Überrascht keuchte ich auf und schon im nächsten Augenblick spürte ich, wie sich Ragnars Zunge fast schon frech in meinen Mund stahl. Ich wollte nicht erwidern, doch mein Körper reagierte einfach! Die Reize und sein Geschmack überraschten mich. Kein Vergleich zudem, was ich mit Leif erleben durfte und trotzdem schmeckte er nicht nur schlecht! Er forderte meine Zunge hinaus und fast schon automatisch erwiderte ich den Kuss. Ein letztes Mal drückte er seine Lippen auf die Meinen, eher er anfing meinen Hals zu küssen. Bestürzt weiteten sich meine Augen und fast schon erschrocken kratze ich ihm über den Rücken. Er strich mir über die Seite, vorsichtig. „Du brauchst keine Angst haben“, raunte er mit tiefer und von Lust verzerrter Stimme, „ich mache nichts, was dir nicht gefällt.“ Ich glaubte ihm nicht und doch wollte ich ihm glauben. Es gab kein Zurück und mir blieb einzig die Wahl, der Schmerzen, oder es so gut es ging zu ertragen. Machte ich mich damit zu seiner Hure, wie Leif es sagte? Wollte ich schreien und Schmerzen haben? Oder wollte ich mich so gut es ging ergeben, um nicht zu einem Opfer zu werden? Ich wollte keine Schmerzen, ich hatte Frauen gesehen denen so etwas zugestoßen war. Sie litten darunter und einige zerbrachen daran. Ich hatte das Gefühl, dass er mir gerade die Wahl ließ und ich wusste, wie ich mich zu entscheiden hatte. „Tu mir einfach nicht weh, ja“, sagte ich leise und wusste nicht, ob ich mich richtig entschieden hatte. Fast schon zufrieden blickte er mich an und erneut bedeckten seine Lippen die Meinen. Er drückte mich hinab in mein Bett und überrascht keuchte ich auf. Seine Finger strichen über meinen Bauch und langsam spürte ich, wie seine Finger begannen das Nachthemd nach oben zu schieben. Ich wusste nicht, wohin ich meine Hände tun sollte. Ich versuchte so gut es ging jeglichen Körperkontakt zu meiden, was in dieser Situation mehr wie unrealistisch war. Es war nicht mein erstes Mal. Das hatte ich bereits vor einiger Zeit erleben dürfen und ich war dankbar, dass ich diese Erfahrung bereits hinter mir hatte. Mir vorzustellen, dieser Fremde wäre der Erste gewesen, hätte mir unheimlich Angst bereitet. Nur mit den Fingerspitzen strich ich über seine breiten tätowierten Schultern und erneut kitzelte mich sein Bart auf der Brust. Er zog an dem Nachthemd, doch noch konnte er es nicht einfach ausziehen. Ich lag auf dem Rücken, nur wenn er es zerreißen würde konnte er mich so entblößen. „Setzt dich auf“, raunte er und zog erneut an meinem Nachthemd. Ich erzitterte und meine Hände begangen zu beben als ich mich aufsetzte. Mit einer schnellen Bewegung verschwand das einzige Kleidungstück von meinen Körper und zum Schutz hob ich die Arme und bedeckte meine Blöße. Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich hielt sie zurück! Er schien auf meine Bitte einzugehen, denn tatsächlich achtete er darauf, mir nicht weh zu tun. Sanft, aber bestimmend drückte er mich hinab in mein Bett. Seine Hände legten sich auf die meinen und ohne ein weiteres Wort drückte er meine Hände neben meinen Körper auf die Matratze. Verzweifelt schloss ich die Augen. Ich wollte den Blick in seinen Augen nicht sehen. Ich wollte nicht sehen, wie er gierig auf meine Brüste starrte, oder vielleicht noch tiefer! Ich wollte diesen Ausdruck auf seinem Gesicht einfach nicht sehen! „Du brauchst dich nicht schämen, Thalia… Du siehst sehr gut aus“, hörte ich ihn über mir raunen. Glaubte er wirklich, dass ich deswegen meine Augen schloss? Dass ich mich meines Körpers schämte? Glaubte er tatsächlich, dass ich deswegen zitterte? Überrascht keuchte ich auf, als eine große und kräftige Hand über meine Brust strich. Entsetzt öffneten sich meine Augen. Ich sah ihm ins Gesicht, doch tatsächlich war sein Blick auf meine Bürste gerichtet. Auch mein Blick glitt hinunter und ich sah wie mein Busen in dieser riesigen Hand fast zu verschwinden schien. Fast schon sanft kitzelten seine Fingerspitzen über meine Brustwarzen und ein Zucken ging durch einen Körper. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper und verzweifelt sah ich hinauf an die Decke des Zimmers. Erneut glitten seine Lippen zu meinem Hals und sein Bart kratze, kitzelte meine nackte Haut. Immer noch streichelte und drückte er meinen Busen in seiner Hand und ohne, dass ich es wollte, entwich ein Stöhnen meine Lippen. Wieso musste mein Körper so darauf reagieren? Wieso konnten ihm diese Berührungen nicht kalt lassen? Ich war fast schon erleichtert, als er endlich meine Brust freigab, doch schon im nächsten Augenblick keuchte ich laut auf, als ich spürte, wie seine Hand sich frech auf meinem Oberschenkel legte. Langsam wanderte seine Hand hinauf und aus Reflex drückte ich meine Beine feste zusammen! „Thalia“, sagte er und keine Wut klang in seiner Stimme mit, noch ein Tadel. Ich sah hinauf in sein Gesicht und schluckte. Ich hatte einfach Angst und die konnte ich nicht einfach verschwinden lassen. Ich konnte es einfach nicht abstellen! Schwer durchatmend entspannte ich meine Beine und ich spürte, wie Ragnar auf mich rutschte. Ich hatte schon Sorge, dass er mich mit seinem Gewicht erdrücken würde. Ich war erleichtert, als ich merkte, dass er sich neben meinem Kopf abstützte. Er setzte sich auf und als ich mich auf meine Unterarme stützte, sah ich, wie er die Bänder seine Hose öffnete. Er kniete vor mir und ich spürte seine Augen auf meinem Körper. Ich wollte es nicht sehen! Was, wenn das an ihm auch größer war, als bei anderen Menschen? Erneut spürte ich seine Hände. Beide strichen meinen Oberschenkel entlang, weiter hinauf. Sanft und vorsichtig. Ich schloss die Augen, stellte mir vor, dass es Leif war. Dass es seine Hände waren, welche mich streichelten. Und tatsächlich half es, dass ich mich entspannte. Vorsichtig und gleichzeitig bestimmend drückten die großen kräftigen Hände meine Beine weiter auseinander. Und ich spürte, wie er sich über mich beugte, zwischen meine Beine. Er küsste meinen Bauch und ich zuckte zusammen, als ich seine Lippen, sowie den Bart auf meinem Körper spürte. Ein Keuchen entkam meinem Mund und als er zwischen meinem Busen war, schaffte ich es nicht, ein Stöhnen zu unterdrücken. Immer noch strich seine Hand meinem Oberschenkel hinauf und ich hatte das Gefühl, als verlor ich den Kampf um meinem Körper. Immer noch hatte ich die Augen geschlossen und ich versuche mir vorzustellen, dass es Leifs Lippen waren, welche ich auf meiner Brust spürte und das es Leifs Finger waren, welche unaufhaltsam die Innenseite meiner Oberschenkel streichelten. Fast schon ein wenig schmerzhaft biss er in meine Brustwarze und als seine andere Hand beiläufig eine Scharmlippe streifte, entlockte er mir ein eindeutiges Stöhnen. Ich wollte die Beine zusammen drücken, doch Ragnars Körper erstickte diesen Versuch im Keime. Ob er es überhaupt mitbekam? Kurz streichelte er wieder über meinen Oberschenkel und drückte sie noch etwas weiter auseinander. Erneut streiften seine Finger meine intimste und empfindlichste Stelle, doch dieses Mal, blieben die Finger wo sie waren. Sein Oberkörper rutschte hoch und erneut knabberte er an meinem Hals. Ich krallte mich in das Laken, denn sonst hätte ich ihn einfach gekratzt! Ich fühlte, wie seine Finger immer wieder über meine Mitte streichelten und ich konnte nicht verhindern, dass sich die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen sammelte. Mir war bewusst, dass wenn ich dies merkte, es dem Fremden über mir nicht anders erging. Und als ich spürte, wie sich gleich zwei seiner Finger in mich schoben, riss ich erschrocken die Augen auf. Erneut stöhnte ich laut auf und als ich zu ihm blickte, konnte ich die Lust deutlich in seinem Gesicht erkennen! Ich wollte nicht hinabschauen an ihm. Ich fühlte, wie er sich in mir bewegte und schaffte es nicht meinen Körper unter Kontrolle zu bekommen. Ich strich mir meine blonden, langen Haare aus dem Gesicht und unsere Blicke trafen sich. Ich wusste nicht, wie ich für ihn aussah. Hatte Lust mein Gesicht verzerrt? Sah man, dass mein Körper vielleicht wollte, aber mein Kopf nicht? Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich gerade für diesen Mann aussah. Er bewegte seine Finger und ich keuchte lauter auf, als ich wollte. Ein fast schon zufriedener Ausdruck schlich auf sein Gesicht. „Ich hab dir gesagt, ich tue dir nicht weh“, raunte er und plötzlich lagen seine Lippen erneut auf den Meinen! Ich stöhnte in den Kuss hinein und ohne es zu wollen, drückte ich meinen Körper an seine Hand! Ich hasste es, dass er mir nicht gehorchte! Ich krallte mich fast schon in seinen Rücken und keuchte zufrieden auf, als ich merkte, wie sich seine Finger aus mir zurückzogen! Doch schon im nächsten Augenblick keuchte ich auf, als er sich an mich drückte. Deutlich spürte ich, dass es ihn nicht kalt gelassen hatte. Doch was hatte ich erwartet? Ich lag nackt und mich fast vor Lust räkelnd vor ihm! Er löste sich von meinen Lippen und ich merkte, wie er stoßweise die Luft aus seiner Lunge presste. Ragnar wurde hastiger und vermutlich hielt ihn wahrlich nur das Versprechen davon ab, mich nicht zu besteigen wie ein Tier! Seine Hand griff schmerzhaft an mein Gesäß und hob es an! Ich sah, wie seine Augen meinem Körper hinabglitten und ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss! Doch mir blieb keine Zeit um wirklich darüber nachzudenken, als ich spürte, wie sich sein Glied unaufhörlich in mich schob! Ein lautes Stöhnen entwich meinen Lippen und immer noch versuchte ich es zu unterdrücken. Ich wollte nicht, dass es sich gut anfühlte. Es tat nicht weh und ich hatte nicht das Gefühl, dass sein Glied größer war, als ich es kannte. Gott sei Dank! Ich krallte mich an ihm fest und drückte mein Gesicht fast schon in seine Halsbeuge! Ich roch den Geruch seines Schweißes und ich biss ihm leicht in den Hals. Warum ich dies tat? Das wusste ich selbst nicht. Ich ließ ihn meinem Körper benutzen und sanft stieß er zu. Ich hörte ihn stöhnen und auch mir entwich ein Laut der Lust. Immer wieder stieß er mit seinem harten Fleisch in meine Enge. Immer noch krallte ich mich an ihm fest und drückte stöhnend mein Gesicht an seinen Hals. Ich spürte den Bart auf meinen Brüsten kitzeln, doch es störte mich längst nicht mehr. Die Kraft, welche von meinem Ehemann ausging, brachte mich zum Erbeben! Ich hörte sein tiefes und lustvolles Stöhnen an meinen Ohren und als er sich immer wieder in mir bewegte, übermannte mich die Lust. Laut stöhnend ließ ich von ihm ab und drückte meinen Rücken in die Laken unter mir. Unsere Blicken trafen sich, doch ich wollte ihn nicht sehen. Ich wollte mir weiter vorstellen, dass es Leif war, der mir die Lust bescherte und so schloss ich meine Lieder. Ich fühlte, wie er sein Glied aus mir hinauszog und stöhnte leise auf. Seine Hände grabschten fast schon schmerzhaft meinem Busen. Ich konnte nicht verhindern, dass erneut eine Gänsehaut meinen Körper überfiel und ich stöhnte laut und lustverzerrt auf, als er seinen Penis wieder kraftvoll in mich gleiten ließ! Seine Hände hoben meine Hüfte an und er stieß immer unkontrollierter zu. Ich wand mich unter ihm und stöhnte auf. Was für ein Anblick ich bieten musste, wollte ich mir nicht mehr vorstellen. Schneller und lustvoller wurden seine Stöße und lauter sein Stöhnen. Ich merkte erst, dass mein Körper sich an ihn drückte, als er es getan hatte. Immer ruckartiger und auch unkontrollierbar wurden seine Bewegungen und ich spürte, dass ich nicht mehr lange brauchte. Ein Schrei der Lust entkam meinen Lippen, als er plötzlich mit seinem Finger über die so empfindliche Stelle in meinem Scharmbereich strich. Ich fühlte, wie sich mein Inneres nach und nach zusammenzog. Auch seine Laute wurden unruhiger und hektischer waren die Bewegungen seines Fingers. Laut keuchend drückte ich mich an ihn und ich spürte wie mein Inneres sich um sein Glied zusammenzog. Ich zog ihn zu mir, krallte mich fast schon an seinen Rücken feste. Ich hatte das Gefühl, als brauchte ich diesen Halt gerade! Deutlich roch ich seinem Atmen und hörte ihn an meinem Ohr keuchen. Entsetzt war ich, als er noch zwei drei Mal kräftig in mich stieß eher er seinen heißen Samen in mir verteilte! Hatte ich gehofft, dass er nicht in mir kam? Ich wusste es nicht und nun war es eh zu spät. Es fühle sich komisch an, doch vielleicht war es auch einfach das Wissen. Ich atmete schwer und ich merkte erst jetzt, dass ich am Schwitzen war. Immer noch spürte ich Ragnar in mir und da ich nicht wusste, wohin ich meine Hand legen sollte strich ich ihm fast schon vorsichtig über den Rücken. Hatte ich mich jetzt zu seiner Hure gemacht? War ich jetzt genau das, was Leif mir so böse entgegen geschrien hatte? Kapitel 5: Fehltritte --------------------- Endlich rollte sich der große bärtige Mann von mir hinunter und ich zuckte zusammen, als ich merkte, wie er sich aus mir zurückzog. Immer noch war ich empfindlich und noch immer ging meine Atmung schwer. Ich drehte den Kopf zur Seite und unsere Blicke trafen sich. Zufrieden blickte er mich an und langsam hob er die Hand und strich mir über meine Wange. „Siehst du“, meinte er und klang sehr zufrieden in meinen Ohren, „dass war doch gar nicht so schlimm.“ Ja, da hatte er recht und doch wieder nicht. Ja, er hatte sich wahrlich Mühe gegeben, mir nicht weh zu tun. Mir Lust zu bescheren und mir keine Angst zu machen, doch er konnte nicht verhindern, dass ich mich schuldig fühlte. Ich wusste, dass es eigentlich nicht so war, doch ich hatte das Gefühl Leif betrogen zu haben. Ich wollte nicht, dass es mir so viel Spaß machte und trotzdem war ich erleichtert, dass er darauf geachtet hatte. Er griff nach mir und ich ließ es einfach zu. Was sollte er jetzt noch machen? Er drückte mich an seine Seite und strich mir über meinen nackten Rücken. Ich zuckte mit den Schultern. Ich ließ ihn einfach und doch war ich froh, dass er mich schnell aus seinem Griff entließ. Vielleicht etwas zu schnell griff ich nach dem Nachthemd. Hastig zog ich es mir über und griff nach meiner Bettdecke! Ich hörte, wie sich Ragnar hinter mit streckte und mit sicheren Griff über meinen bedeckten Rücken streichelte. „Ohne hat es mir besser gefallen“, hörte ich ihn sagen. Ich war mir unschlüssig, doch ich glaubte so etwas, wie ein leises Lachen aus seinem Mund zu hören. Mich zu ihm drehend sah ich, wie er sich in meinem Bett an die Rückseite gelehnt hatte und fast schon entspannt die Decke über sich legte. Ich zuckte mit den Schultern und wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich versuchte mich an einem Lächeln und rutschte unter die Decke meines Bettes. Ich wusste nichts zu sagen, was sagte man nach so etwas auch? Mit ihm kuscheln wollte ich nicht! Ich war fast schon froh, als ich Ragnars tiefe Stimme neben mir vernahm. „Die Betten hier können ja eigentlich echt bequem sein, wenn man denn richtig reinpassen würde.“ Er rutschte hinunter und legte sich neben mir in die Kissen. Den Kopf leicht anhebend erspähte ich, dass seine Füße aus dem Bett hingen. Fast schon überrascht sah ich ihn an und ohne darüber nachzudenken plapperte ich: „Ist ja nicht mein Problem, wenn du meinst so riesig werden zu müssen.“ Amüsiert lachte er und zuckte mit den Schultern. „Kenn ich schon“, raunte er und grinste mich fast schon spitzbübisch an, „ich weiß auch nicht, was bei mir schief gegangen ist. Mein Bruder und Vater waren auch nicht so groß.“ Verwundet betrachtete ich ihn. Hatte ich seinen Bruder gar nicht gesehen? Oder war er nicht bei der Hochzeit gewesen? Die Stirn kurz runzelnd fragte ich: „Wer auf der Feier war denn dein Bruder?“ Sven konnte es schließlich nicht gewesen sein. Das Lächeln auf dem Gesicht des Mannes neben mir schwand und nach einem kurzen stillen Augenblick erklärte er mit gefasster Stimme: „Mein Bruder lebt nicht mehr. Er ist gestorben, vor drei Jahren. Er war wie ich ein Krieger.“ Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Und erst nach einigen Sekunden sagte ich ihm leise, dass es mir für ihn Leid tat. Er winkte ab, denn dies könne immer passieren, sagte er und blickte mich gefasst an. Ich schluckte unsicher und zog die Decke enger um meinen Körper. Berufsrisiko? Ich hatte gehört, dass Krieger bei den Nordländern hoch angesehen waren. Nicht alle konnten sich dafür qualifizieren. Wie sie ausgesucht wurden, dass wusste ich nicht. Doch sicherlich hatte ich bald eine Ahnung davon. Vermutlich hatte ich in seinem Clan nicht unter meinem Stand geheiratet, wenn er wirklich so hoch angesehen war. Ich drehte ihm den Rücken zu und wie ich mich bewegte spürte ich seinen klebrigen Samen zwischen meinen Beinen. Mit einem, ich muss noch mal kurz ins Badezimmer, verschwand ich aus dem Schlafzimmer. Erst, nachdem ich mich wieder sauber fühlte stieg ich wieder ins Bett. Ich mied seinen Blick. Ich fühlte mich unwohl und erschöpft. Ich hatte die letzte Nacht nicht geschlafen und nach diesem seltsamen und komischen Tag fühlte ich mich elendig erschöpft. Erneut drehte ich ihm einfach den Rücken zu. Ich wollte und konnte ihn heute einfach nicht ertragen. Ich wollte einfach schlafen und hoffte zu vergessen. Vergessen, dass ein Fremder neben mir lag, dass dieser Fremde mein Ehemann ist, vergessen, was er gerade mit meinem Körper getan hatte. Am liebsten hätte ich diesen verdammten ganzen Tag aus meinen Erinnerungen gelöscht. Doch es ging nicht, dass wusste ich. Allerdings, konnte ich diesem Tag vielleicht im Traum entkommen. Ich wollte nicht mehr auf ihn achten, ich spürte nur noch, dass auch er sich umdrehte. Ob zu mir, oder von mir weg, dass wusste ich nicht. Es war mir egal. Ich konnte ihn nicht aus dem Bett verscheuchen und so zwang ich mich einfach, die Augen geschlossen zu halten. Es war ein unruhiger Schlaf in den ich gefallen war. Ich war froh, dass es eine Traumlose Nacht war. Müde streckte ich meine Glieder und als ich plötzlich gegen etwas Großes und hartes stieß schrie ich erschrocken auf. Ich spürte das Adrenalin in meinen Venen und fast schon panisch setzte ich mich auf. Meine Augen entdeckten den großen kräftigen Mann sofort. Die roten Haare waren immer noch in einem Zopf zusammen gebunden. Viele Haare hatten sich aus dem Bart gelöst und waren wirr in seinem Gesicht verteilt. Ich schluckte, als ich meinen Angetrauten sah und das ungute Gefühl war mit einem Mal zurück. Fast schon vorsichtig stieg ich mich aus meinem eigenen Bett. Ich hasste es, so vorsichtig in meinem eigenen Zimmer zu sein, doch ich wollte diesen Menschen unter keinen Umständen aufwecken. Schnell griff ich in meinen Kleiderschrank und stieß erleichtert die Luft aus, als ich im Badezimmer war. Ich nahm eine Karaffe klaren Wassers zur Hand und füllte sie in eine noch leere, sehr große Schüssel. Ich wusch mir das Gesicht und kämmte mir meine lange, blonde Mähne wieder ordentlich. Schnell zog ich mir meine Kleidung an. Eine braune Hose aus weichem Leder kleidete meine Beine, ein tailliertes Hemd und eine dunkelgrüne Weste zog ich mir über. Klassische Reit- Kleidung. Viele trugen sie hier ständig. Ich und Tal mit eingeschlossen. Ich hatte mir vorgenommen, heute bei meinem Pferd zu sein. Mit jemanden sprechen wollte ich nur ungerne. Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass die Sonne gerade begann, gegen die noch übermächtige Nacht anzukämpfen. Am Rande des Horizontes konnte man die ersten rötlichen Lichtstrahlen erahnen. Eigentlich war es sehr untypisch für mich, so früh auszustehen. Normalerweise schlief ich häufig solange, dass mich jemand zumeist geweckt hatte. Schnell band ich mir die Haare zusammen und schlich leise in das Schlafzimmer. Als ich das zerwühlte Bett betrachtete übermannte mich das schlechte Gewissen. Ich hatte gegen meinen Körper verloren. Er hatte mich einfach im Stich gelassen. Ich hasste ihn dafür. Eine Bewegung hinter mir ließ mich erschrocken aufkeuchen. Erst jetzt fiel mir auf, dass niemand mehr im Bett lag und als ich mich umblickte sah ich, wie Ragnar gerade begann einige Kerzen im Raum zu entzünden. Er hatte seinen Bart geöffnet und die vorher noch, durch den Schlaf, unordentlichen geflochtenen Haare fielen in Wellen hinab bis zu seiner Brust. Immer noch trug er nur eine Hose und im Schein der schwachen Flamme schimmerte seine Haut in einem dunklen orangenen Licht. Das Grün seiner Augen wirkte wie ein sattes Schwarz. Er nickte mir kurz zu und wie seine Augen an mir hinab glitten fragte er: „Wolltest du noch vor den ersten Sonnenstrahlen die Flucht ergreifen?“ Ich schluckte und raffte mein Kinn. Ich wollte nicht schwach wirken und so straffte ich meine Schultern. „Ich wollte dich nur nicht wecken“, erwiderte ich und versuchte tatsächlich fast schon hochnäsig zu klingen. Doch es schien, als verwirrte es ihn nicht, noch ging er wirklich auf meinen Unmut ein. Denn statt auf meine Antwort einzugehen fragte er: „Stehst du immer so früh auf?“ Ich ging ein wenig durch den Raum, doch ich kehrte ihm dabei nicht einmal den Rücken. Einem inneren Drang folgend musste ich mich einfach bewegen! Ich schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein, eigentlich nicht. Normalerweise schlaf ich sehr lange.“ Er nickte und ich war froh, dass er die Frage nicht stellte, warum ich heute so früh erwacht war. Ich beobachtete, wie mein Mann immer mehr Kerzen anzündete und den Raum in einem fast schon warmen Licht erleuchten ließ. Ich ging zu meinem Fenster und setzte mich auf die tiefe Fensterbank und spähte hinaus in die Weiten meiner Heimat. „Ich denke“, hörte ich hinter mir die tiefe Stimme des Mannes raunen, den ich eigentlich versuchte zu vergessen, „dass es sinnvoller wäre, wenn du heute schon einige Kisten packen würdest und einige meiner Leute schon mal aufbrechen. Du wirst ja einiges hier mitnehmen… und wenn die ein paar Tage Vorsprung haben, dann sind wir nicht so langsam.“ Ich schluckte, als ich seine Worte vernahm. Ich hatte noch keine Kiste gepackt. Meine Mutter hatte einige meiner Kleidungstücke bereits verpackt, doch was sie mitgenommen hatte, hatte ich vollkommen ignoriert. Ich wollte Ragnar nicht Recht geben, doch etwas Logischeres wollte mir auch nicht einfallen. Also nickte ich kurz und sagte ihm, dass man dies so machen könne. Ein fast schon zufriedener Ausdruck erschien auf dem bärtigen Gesicht und ich verstand nicht, wieso er dort war. Dachte er, dass ich wieder diskutieren wollte? Ich fragte nicht nach, es interessierte mich nicht so sehr, dass es eine Antwort verlangte. „Ich such dann gleich Leute, die das machen würden“, meinte Ragnar und erneut nickte ich nur. Ich blickte aus dem Fenster und sah, dass die Sonne ihren Kampf zu gewinnen schien und die Dunkelheit immer weiter weichen musste. Ohne zu dem Fremden hinüber zu blicken sagte ich: „Ich werde gleich zu den Pferden gehen und danach beginnen die Kisten zu packen.“ Ich spürte, wie Ragnar hinter mich trat. Dichter, als ich es wollte stand er dort, denn sein elendig langer Bart kitzelte mir frech im Nacken. Eine Gänsehaut bildete sich und überzog meinen Rücken. „Pack gleich nach dem Frühstück. Dann kann ich die Männer heute schon losschicken. Die Pferde laufen nicht weg“, raunte er und als seine Finger meinen Nacken streichelten versteifte sich mein Körper. Nur, weil ich gestern aus Angst vor Schmerzen und Erniedrigung nachgegeben hatte, zeugte es nicht von Zuneigung zu diesem Mann! Ich hoffte, dass ihm dies klar war! Doch, war es natürlich logischer, erst zu packen und dann zu den Pferden zu gehen. Allerdings wollte ich eigentlich die Zeit, so lange es ging hinauszögern. Immer noch, spürte ich seine Hand in meinem Nacken. Ich wollte, dass er aufhörte. Ich wollte nicht, dass ich seinen Geruch in der Nase hatte! „Na gut“, meinte ich und drehte mich zu ihm. Ich schluckte, als ich gegen seine Brust blickte und nur langsam glitten meine Augen zu ihm hinauf, „ich packe… Aber dabei hätte ich gerne meine Ruhe.“ Ein zustimmendes Grummeln verließ seine Kehle und vermutlich verstand er, dass man dabei allein sein wollte. Vielleicht war es albern von mir, doch irgendwie, wollte ich nicht, dass er alles sah, was ich mitnahm. Wir taten uns schwer, miteinander zu sprechen, denn ich hatte das Gefühl, als suche er gerade nach einem Gesprächsthema. Er schien keines zu finden. Also verschwand Ragnar endlich ins Badezimmer und die Anspannung verließ kurz meinen Körper. Ich hasste es, das er hier war. Ich wollte diesen Fremden einfach nicht so nah bei mir haben. Unsicher öffnete ich meinen Kleiderschrank und spähte hinein. Ich besaß die unterschiedlichsten Kleidungsstücke. Für feine Anlässe bis hin zum wilden Ausritt mit meinen Bruder. Ich wusste, dass ich keine so feinen Kleider dort hinten im Norden brauchte und trotzdem wollte ich mich nicht von allen trennen. Ich hatte kaum einige der Kleidungsstücke auf das Bett gelegt, als ich hörte, wie sich die Tür zum Badezimmer öffnete. Immer noch trug er den langen Bart offen, doch nun ordentlich gekämmt. Die Haare schien er sich hinten zusammen gebunden zu haben. Ein rotes Leinenhemd kleidete den Krieger und eine schwarze Hose aus dickerem Stoff kleidete die Beine des großen Mannes. „Ich habe Hunger und schau mal, ob ich hier etwas zu Essen finde. Willst du mit? Oder lieber packen?“ Ich merkte, dass ich Hunger hatte, doch die Möglichkeit endlich wieder alleine zu sein ließ mich den Hunger vergessen. Ich nickte zum Kleiderschrank und meinte: „Ich würde gerne erstmal packen, bevor ich etwas esse.“ Wage nickte der bärtige Mann und als er sprach überraschte er mich: „In Ordnung. Ich sag Bescheid, dass du packst. Die sollen dir etwas zum Essen bringen. Und ein paar Kisten.“ Verwundert sah ich ihm in die grünen Augen und ein leichtes und fast schon vorsichtiges Lächeln erschien auf meinen Lippen. „Danke, Ragnar“, sagte ich leise. Erneut nickte er kurz und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Erneut fiel die Anspannung von meinen Schultern und ein erleichtertes Seufzen entwich meinen Lippen. Statt zu packen ging ich hinüber zum Fensterbrett und ließ meine Stirn an die Scheibe sinken. Ich schloss die Augen und spürte, wie sich Tränen hinter meinen geschlossenen Liedern bildeten. Ich wollte nicht weinen. Ich hatte das „Richtige“ getan. Das wusste ich. Und trotzdem tat es so weh! Nun, wo ich alleine war, hörte ich die Stimme Leifs in meinen Ohren wiederhallen. Hure. Ich sei eine Hure. Ich wusste, dass es nicht stimmte und trotzdem konnte ich es einfach nicht vergessen. Ich war nicht sauer auf ihn. Ob das falsch oder richtig war, wusste ich nicht. Wir kamen Beide mit dieser Situation nicht zurecht und vermutlich sagte man dabei Sachen, die man so sonst sicherlich nie gesagt hätte. Wie lange ich dort saß und meinen schlechten Gedanken nachging wusste ich nicht. Erst ein Klopfen an der Tür ließ mich aufschrecken und überrascht rief ich: „Herein!“ Tialda, ein Hausmädchen betrat den Raum und blickte mich fast schon glücklich an. Ich würde diesen Luxus wahrlich vermissen, wenn ich in einigen Tagen das Haus meines Vaters verlassen würde. Die dunkelbraunen Haare der jungen Frau waren zu einem ordentlichen Knoten auf den Hinterkopf zusammengebunden und ein schlichtes braunes Kleid kleidete die Frau. Ich mochte Tialda. Sie war eine freundliche und herzliche Person. Sie hatte ein paar Pfunde zu viel auf den Hüften, doch sowohl ich, als auch mein Bruder meinten immer, dass sie nur so, wirklich hübsch aussah. Die etwas geröteten Pausbacken und das freundliche Gesicht machten sie zu einer der beliebtesten Angestellten in dem Haus meines Vaters. Ein großes Tablett hatte sie in den Händen und ich erkannte eine Kanne und einige Scheiben Brot. „Guten Morgen, Herrin“, begrüßte sie mich und mit einem leichten Lächeln trat sie in den Raum. Auch ich grüßte sie und nahm ihr das schwere Tablett aus den Händen. „Euer Mann sagte, dass ihr vermutlich hier speisen wollt.“ Ich nickte leicht. Es war wahrlich nett von Ragnar mir Essen bringen zu lassen. Das Tablett auf den Tisch stellend betrachtete mich die Frau. Fragend blickte ich sie an und als sie sprach überraschten mich ihre Worte. „Ich bin so… Also nein, Herrin. Es tut mir für Euch leid, was geschehen ist und doch bin ich so dankbar, dass Ihr es getan habt. Das durch dieses Bündnis endlich Friede herrschen kann. Danke, dass ihr dies auf euch nehmt.“ Sprachlos von den so ehrlichen und offenen Worten von Tialda konnte ich nur nicken. Stolz wollte sich in meinem Körper nicht ausbreiten, doch warum auch immer löste es den unangenehmen Knoten in meinem Inneren. Ich wusste das Tialda, sowohl Vater als auch Bruder im Kampf um unser Land verloren hatte. Umso glücklicher mussten sie über den Frieden sein. Waren so die Beiden doch wenigstens nicht umsonst gestorben. „Danke, für deine Worte…“, sagte ich, doch mehr wollten meine Lippen einfach nicht von sich geben. Doch das Lächeln auf dem Gesicht der Frau zeigte mir, dass es reichte. Sie sagte mir, dass gleich Leute vorbeikamen um die Kisten zu bringen, damit ich weiter packen konnte. Viele Kleidungsstücke landeten in den Kisten und auch viele private Andenken. Kleinigkeiten, welche ich gemeinsam mit meinem Bruder und meiner kleinen Schwester gebastelt hatte. Ein Kissen, welches meine Mutter mir vor Jahren geschenkt hatte. Geschenke meiner Eltern, einige Bilder von meiner Familie mussten einfach mit. Ein Künstler im Lande verstand sich darauf detailliert und genau, auf kleineren Bildern zu malen. Jeder aus meiner Familie hatte ein solches Bild von der Familie. Meinen Bogen und meinen Dolch packte ich in keine Kiste. Die Waffen wollte ich auf dem Ritt in die Ferne bei mir tragen. Ich war dankbar, dass ich alleine packte und keiner meiner Familie, oder mein Angetrauter bei mir war. Immer wieder liefen vereinzelte Tränen meine Wange hinunter und als ich fertig war atmete ich erleichtert aus. Als ich endlich den Stall betrat roch ich sofort den bekannten und so geliebten Geruch der Pferde. Mein Pferd war ein Geschenk meines Vaters gewesen. Freya war ein wundervolles Tier, doch war sie eine eigenwillige Stute. Sie entschied, wer sie reiten durfte und es hatte lange gebraucht, bis sie mich akzeptiert hatte. Sie hatte eine wunderschöne Färbung. Ihr Fell sah aus, als sei es aus hellem Gold, die Mähne jedoch, war von einem satten und glänzenden schwarz, wie die Fesseln ihrer Beine. Auch die Nüstern meiner Stute waren Schwarz und auf ihrem Rücken, entlang der Wirbelsäule zog sich ein schwarzer Strich, bis hin zum schwarzen Schweif. Die lange schwarze Mähne fiel ihr hinab bis zu den dunklen Nüstern und würde sie nicht regelmäßig gekämmt werden, wäre sie sicherlich vollkommen verfilzt. Liebevoll streichelte ich den Kopf des Tieres und drückte meine Lippen gegen die weichen Nüstern. „Ich denke, du wirst dich dahinten sicher schnell einleben, hm. Du hast sicher überhaupt keine Probleme damit“, murmelte ich und strich über den kräftigen Hals des Tieres. Ich hörte, wie die Tür aufging und fast schon genervt aufstöhnend blickte ich mich um. Ich hatte erwartet, den roten Schopf Ragnars zu erblicken. Umso überraschter war ich als ich Leif sah. Mein Herz begann schneller zu schlagen und doch wollte ich es nicht fühlen. Immer noch, hallten seine harschen Worte in meinen Ohren und versetzten meiner Seele einen schmerzhaften Stich. Gleichzeitig jedoch übermannten mich die Schuldgefühle, dass ich es zugelassen hatte, das Ragnar einfach meinen Körper benutzt und mich gestern zu Eigen gemacht hatte. Und dann war dort fast schon gleichzeitig dieses wundervolle Gefühl, ihn zu sehen. Den großen, vielleicht etwas schlaksigen Mann. Die schwarzen Haare, leicht zerzaust vom Wind. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und wie er näher kam, verbannte ich die schlimmen Worte von gestern in meinen Hinterkopf. Jedem rutschte doch mal etwas heraus, was er eigentlich nicht so meinte. Niemand war perfekt! Und natürlich, war er gestern wütend gewesen. Mich zu ihm drehend sprach ich: „Leif, was machst du denn hier?“ Unbeirrt ging er auf mich zu und ohne wirklich anzuhalten, zog er mich in seine Arme. Fest und unnachgiebig war die Umarmung in welche er mich zog und ich spürte, wie er seinen Kopf an meine Halsbeuge drückte. Ich konnte hören, wie er meinen Geruch tief einzuatmen schien und mit belegter Stimme sagte er: „Es tut mir leid, was ich dir gestern gesagt habe. Ich war dumm und mein Mund schneller, als mein Verstand. Verzeih mir, meine Liebe. Ich weiß doch, wie schwer es dir gefallen sein muss…“ Wenn er wüsste, dachte ich und drückte meinen Kopf an seine Brust. So feste ich konnte, drückte ich meinen Körper an ihn und genoss es, ihn in meinen Armen zu halten! Ich konnte nicht antworten und so nickte ich stumm gegen die so einladende und warme Brust. Sanft und liebevoll strich er durch meine Haare und ich schmiegte meinen Kopf in seine Hand. Genüsslich schloss ich die Augen und seufzte zufrieden auf. Auf einmal spürte ich die warmen und sanften Lippen Leifs auf den Meinen liegen und ohne darüber nachzudenken erwiderte ich den Kuss! Meine Arme legten sich um seinen Hals und enger zog ich ihn an mich. Ich genoss, diesen vertrauten und geliebten Geschmack auf meinen Lippen zu schmecken und bereitwillig teilten sich meine Lippen. Seine Zunge stahl sich in meinen Mund und wild und ohne Scheu erwiderte ich den leidenschaftlichen Kuss! Vergessen war Ragnar, vergessen war in diesem Moment das Bündnis, vergessen war der Umzug in die Fremde! Gerade wollte ich nur noch ihn! Er drückte mich an die Stalltür und ich hörte Freya aufschnaufen. Gierig zerwühlten meine Hände die schwarzen Haare von Leif. Ein Geräusch vor dem Stall ließ uns erschrocken auseinanderfahren. Unser beider Atmung ging schwer und ich sah, wie er sich leicht über die Lippen zu lecken schien, während er mich betrachtete. „Komm“, raunte er und ergriff meine Hand. Bestimmend zog er mich mit und ohne zu zögern folgte ich dem Mann, den ich liebte. Wir verließen den Stall und schlichen in die Scheune hinter den Pferden. Nur Stroh und Heu wurde in dieser gelagert und sogleich die Tür in Schloss fiel, drückte mich Leif mit seinem Gewicht an die Wand. Erneut schmeckte ich den vertrauten und einladenden Geschmack seiner Lippen. Ich erwiderte den Kuss und lud ihn regelrecht ein, leidenschaftlicher zu werden. Ich drückte meinen Körper an den Seinen. Es war kein Vergleich zu gestern Abend, denn eigentlich konnte ich eine durchaus leidenschaftliche Person sein! Dies hier, fühlte sich richtiger an! Ich drückte meinen Körper an den Mann vor mir und ich spürte die Erregung deutlich an seiner Mitte. Ein Stöhnen entkam seinem Mund und zufrieden grinste ich ihn an. Erneut drückte ich meinen Körper an ihn. Ich schloss erregt die Augen, als ich spürte wie Leif mit seiner Zungenspitze über meinen Hals fuhr. Wie viel besser es sich mit jemand anfühlte den man kannte, den man liebte, war unbeschreiblich. Ich legte meine Hände auf seine Schultern und schlang mein rechtes Bein um seinen Oberschenkel. Ich musste ihn einfach spüren. Ein Keuchen entkam den Lippen des Mannes und auf meinem Körper bildete sich eine Gänsehaut als ich seinen Penis an meiner Mitte fühlte. Ich bemerkte die wachsende Lust in mir und wie mein Körper langsam die Geduld verlor. Unruhig und wild begangen Leifs Hände die Schnüre der Ledernden Hose zu öffnen und es störte mich regelrecht, dass er mich dafür loslassen musste. Länger, als mir lieb war, brauchte ich um die Reitstiefel auszuziehen, was mich genervt aufsetzen ließ. Endlich, landete meine Hose auf den Boden, viel schneller, als ich annahm. Wenn nun einer hineinkam könnten wir dies nicht erklären. Doch nur kurz verschwendete ich einen Gedanken daran. Leif ließ mich die Sorge mit einem Mal vergessen. Er küsste sich meinen Hals wieder hinauf, biss mir sanft ins Ohr und zog dann erneut seinen Kopf zurück. Ich sah, wie er begann sich die Hose zu öffnen und sofort war meine Hand bei ihm und half ihm den störenden Stoff zu öffnen. Das hier fühlte sich richtig an. Nicht erzwungen, nicht eingefordert, keine Pflicht. Es war einfach nur die Leidenschaft, welche uns beide antrieb. Ich biss mir auf die Lippe, küsste ihn immer wieder kurz, knabberte sanft an seiner Unterlippe und spürte wie mein Herz schneller und unruhiger begann zu schlagen. Eine Gänsehaut zog sich über meine Haut, als Leif seine warme Hand auf meinem Oberschenkel legte und diesen fast schon zärtlich zu streicheln begann. Ich konnte nicht aufhören ihn zu küssen, ich zog sein Gesicht mit meinen Händen immer wieder auf meine vollen Lippen, unterbrach die Küsse erst, als ich laut aufstöhnen musste. Hatten Leifs Finger sich fast schon unbemerkt in mein Inneres gestohlen! Genießerisch legte ich den Kopf in den Nacken, keuchte vor Erregung auf. Ich konnte fühlen, wie Leif mit seinen Fingerspitzen durch meine Schamlippen fuhr und die Feuchtigkeit sammelte sich zwischen meinen Beinen. Er konnte es spüren und ließ es sich nicht nehmen mit zwei seiner Fingern langsam in mich vorzudringen. Ich stöhnte lauter auf, als ich wollte, denn ich wollte nicht, dass uns jemand hörte. Also versuchte ich die Laute der Lust nicht hinauszuschreien. Ich spürte wie sich seine Finger in mir bewegten, bestimmend aber nicht grob. Als er immer, wenn er in mich drang, mit seinen Daumen den empfindlichen Punkt in meinen Innersten berührte, schwanden mir die Sinne. Ich hatte das Gefühl, nur noch aus Lust und Leidenschaft zu bestehen und meine Hände fuhren seine Brust hinunter. Immer wieder musste ich die Augen schließen und keuchen, wenn er seine Finger mit immer kräftigeren Stößen in mich schob. Endlich fanden meine Hände sein pralles Glied. Sofort umschloss ich es, jedoch raubten seine Finger mir den Verstand. Trotzdem hörte ich auch von ihm ein tiefes Stöhnen, als ich mit meinen Fingern sein heißes Glied berührte. Ich strich die Länge des Gliedes mit der Hand nach und merkte, wie er erzitterte. Ich spürte, wie es in meinen Händen pulsierte. Ich merkte, wie er unter meinen Berührungen immer härter wurde und ich genoss es. „Nimm mich endlich!“, stieß ich flehend hervor, während er begonnen hatte meine Klitoris mit kreisenden Bewegungen seines Daumens zu verwöhnen Keuchend und stöhnend wandte ich mich unter ihm und war froh, dass die Wand der Scheune mir halt gab. Plötzlich, waren die Finger in mir verschwunden und fast schon frustriert keuchte ich auf. Ich wollte ihn spüren. Ich sah auf und blickte in die hellbraunen Augen des Mannes und ich sah die Lust in seinem Blick. Ich betrachtete den Mann sicherlich nicht anders und ein leises, fast schon flehendes Keuchen entkam meinen Lippen. Er griff nach meinem Bein und als er nach dem anderen greifen wollte verstand ich, was er wollte. Ich schlang meine nackten Beine um seine Hüfte und merkte, dass seine Hose bis zu seinen Knien hinuntergerutscht war. Mit einer fließenden und geschmeidigen Bewegung drang Leifs Glied ungehindert in mich ein. Beide stöhnten wir auf und ich drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge. Ich wollte einfach nicht, dass uns jemand hörte. Ich drückte ihn näher an mich. Er sollte sich beeilen, denn so bequem war diese Position nicht. Sofort begann sich der Schwarzhaarige in mir zu bewegen. Schnell und kräftig waren seine Stöße und ich hörte, wie er immer wieder auf keuchte. Ich versuchte, trotz meiner eingeschränkten Bewegungsfreiheit mich seinen Stößen anzupassen. Ich biss ihm leicht in die Schulter und stöhnte gegen das heiße Fleisch des Mannes vor mir! Immer wieder stieß er kräftig und schnell in meinen Körper und ließ ihn unter seinen Bewegungen erbeben. Meine Beckenmuskulatur zuckte, zog sich zusammen, mein Körper gehorchte mir nicht mehr und als der Höhepunkt über mich hineinbrach, zog sich mein Unterleib fast schon etwas schmerzvoll zusammen. Ich war dankbar, dass die Wand und Leif und mich hielt, denn ansonsten wäre ich auf den Boden gelandet. Ich konnte mich kaum aufrecht halten, meine Beine zitterten und ich drückte Leif enger an mich. Immer wieder stieß der schwarzhaarige zu und verstärkte die Wellen des einbrechenden Orgasmus. Ich wusste, dass mein Mund sich wie zu einem Schrei oder einem lauten Stöhnen geöffnet hatte, aber kein Laut kam aus meinem Mund, als ich diesen unglaublich heftigen Höhepunkt erlebte. Wieso er so heftig war, dass wusste ich selbst nicht. Vielleicht lag es auch an dem Reiz erwischt zu werden. Als ich dachte, es wäre vorbei, als ich dachte, mein Körper würde sich wieder etwas beruhigen, spürte ich, wie Leif in mir kam. Wie er mir tief ins Ohr stöhnte, in mich stieß und sein Glied den heißen Samen in mir verteilte. Ein letztes Mal, zog sich mein Unterleib zusammen und ich spürte wie unglaublich kraftlos ich war. Ich genoss diese Wärme des Mannes und strich ihm fast schon sanft über seine Schulter. Sanft küsste er meine Lippen und sah mich mit warmen, braunen Augen so liebevoll an. „Ich liebe dich, Thalia“, keuchte er leise und stoßweise und ich sah, wie Schweiß seine Stirn bedeckte. Er war noch einige Zeit in mir, wir ließen unsere Höhepunkte abklingen. Es war ein so schönes und vertrautes Gefühl. Schweiß bedeckte meinen Rücken und meine Haare klebten mir im Gesicht, als wir uns endlich kraftlos voneinander lösten. Meine Beine wollten mein Geweicht noch nicht tragen und so rutschte ich fast schon auf den Boden und war dankbar, dass ich sitzen durfte. Sich die Hose wieder richtend, kam Leif zu mir hinunter auf den Boden und drückte meinen Körper an den Seinen. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und sanft streichelte er meinen blonden Schopf. Ich atmete den angenehmen Geruch des Mannes ein und raunte: „Ich liebe dich auch Leif… Ich wünschte, es wäre nie so gekommen, wie es jetzt ist…“ Meine Stimme brach und die Tränen versteckend drückte ich meinen Kopf in seine Halsbeuge. Ich war dankbar, dass er schwieg. Meine Hand haltend saßen wir da und ich versuchte die Welt einfach auszusperren. Kapitel 6: Gegebene Versprechen ------------------------------- Ich wusste nicht, wie lange wir hier saßen. Meine Atmung hatte sich beruhigt und auch der Schweiß war längst getrocknet. Auch die Tränen waren versiegt, doch immer noch saßen wir nebeneinander und ich atmete genießerisch seinen vertrauten Geruch in meine Lunge ein. „Es tut mir leid, dass ich dich gestern so beleidigt habe“, raunte Leif und griff nach meiner Hose, welche neben ihm auf dem Boden lag, „ich finde es mutig von dir und trotzdem ertrage ich den Gedanken nicht, dass dieser widerliche Barbar dich einfach Sein nennen darf!“ Ich sagte nichts dazu. Ich ließ ihn sprechen. Er fragte nicht nach der letzten Nacht und mir war bewusst, dass er dies vermutlich nie erfragen würde. Jeder konnte sich denken, was geschehen war. Da brauchte ich es ihm nicht zu bestätigen. Ich zog mir die Hose, die er mir reichte wieder an und erhob mich von dem Boden. Auch Leif stand auf und zog mich erneut in seine Arme. Sanft und liebevoll streichelte er über meinen Rücken. „Würdest du vielleicht mitkommen in den Norden“, fragte ich leise und hoffte, er würde ja sagen. Es würde die Ferne so viel erträglicher machen. Es würde den Schmerz ertragbarer machen. Der Druck um meinen Körper verstärkte sich und als ich hinaufblickte sah ich, wie Leif fast schon schmerzerfüllt seine hellbraunen Augen zusammenkniff. „Du hast keine Ahnung, was du mir damit abverlangst“, murmelte er und endlich schaffte er es, in meine hellblauen Augen zu blicken. Langsam begann Leif den Kopf zu schütteln. „Ich kann das nicht, Thalia“, murmelte er und strich mir sanft über meine Wange. So lieb und fürsorglich er sich gerade gab, so schmerzvoll waren die Worte. Natürlich verlangte ich viel von ihm und trotzdem hatte ich auf eine andere Reaktion gehofft. Ich löste mich aus seinem Griff. Die Worte wollte ich gerade einfach nicht vernehmen. Doch worauf hatte ich gehofft? Dass er mich begleitete und dann Tag für Tag sah, wie ich bei einem anderen Mann wohnte. Wie ein anderer Mann mich immer wieder als seine Frau vorstellte? Es war vermutlich einfach ein zu großer Wunsch von mir gewesen. Ich griff nach meinen Stiefeln und zog sie mir wieder an. So brauchte ich Leif nicht anschauen. Auch er richtete sich seine Kleidung wieder. Es schmerzte zu sehr, zu wissen, dass er mich nicht begleiten würde. Wäre ich mitgekommen, wenn die Situation anders gekommen wäre? Ich weiß es selber nicht. Vielleicht musste ich mir einfach eingestehen, dass es zu viel war. „Ich kann mich nicht den ganzen Tag verstecken“, murmelte ich, denn ich wusste nicht, was ich sagen sollte! Ein letztes Mal, strich ich mir durch meine blonden langen Haare und hoffte, dass niemand mitbekommen hatte, was Leif und ich getan hatten. Wir verließen die Scheune und ich atmete schwer durch, als eine frische Brise mein Gesicht umspielte. Ich sah hinüber zum Stall und bemerkte einige der Stalljungen welche eifrig ihrer Arbeit nachkamen. Wieso sie erst so spät ihr Tagewerk verrichteten wurde mir erst im nächsten Augenblick ersichtlich. Vermutlich hatten einige, vielleicht auch alle, gestern Nacht sehr viel gefeiert. Vermutlich war das ein, oder andere Bier gestern zu viel gewesen. „Thalia…“, vernahm ich die Stimme Leifs hinter mir und sie brachte meine Gedanken wieder zurück, „wir könnten immer noch verschwinden… Überleg es dir, ja?“ Sprachlos sah ich ihn an. Wieso sagte er so etwas wieder. Verstand er einfach nicht, dass es nicht so einfach ging, oder wollte er es einfach nicht verstehen? Unschlüssig nickte ich und sagte, dass ich meine Stute Freya bewegen wollte. Ich wollte gerade einfach nur für mich sein. Als ich erneut den Stall betrat, war es mir jedoch nicht vergönnt, alleine zu sein. Einige Stalljungen liefen herum. Sie grüßten mich höflich und ein wenig abwesend nickte ich ihnen zu. Aus einem Eimer klaute ich mir einen Apfel und ging zu meinem treuen Pferd. Entspannt stand sie dort, ihre lange schwarze Mähne fiel ihr über die Ohren hinunter auf die lange Stirn. Sie schüttelte sich kurz und als sie merkte, dass ich an ihrer Tür stand, kam sie mit einem langen Schritt auf mich zu. Sie konnte riechen, dass ich Futter für sie hatte und sogleich gab ich ihr den Apfel. Ich nahm das Halfter, welches an einem Haken an der Stalltür hing. Die Box betretend legte ich ihr das Zaumzeug an und es wirkte fast so, als freue sich die Stute darauf endlich aus dem Stall treten zu können. Brav und mit leicht gesenktem Hals folgte mir Freya durch den Stall hinaus an die frische Luft. Wollte ich ausreiten? Nein, eigentlich nicht. Ich musste mich einfach bewegen, es war wie ein innerer Drang. Ich ging durch die Stadt und als ich aus dem Tor kam sah ich in einiger Entfernung die Zelte der Nordländer stehen. Schwer schluckte ich, als ich sie sah. Eigentlich hätte ich heute Nacht bei ihnen sein sollen. Ich war wirklich dankbar, dass ich die letzte Nacht in meinem eigenen Bett verbringen konnte. Ich ließ mein Pferd am Wegesrand grasen und lehnte mich an die kräftige Seite des Tieres. Stimmengewirr drang an meine Ohren und als plötzlich die Stimme einer jungen Frau an meine Ohren wehte zuckte ich erschrocken zusammen. Denn sie rief nach mir! Ich erkannte die junge Frau die meinen Namen genannt hatte. Es war Ragnars kleine Schwester. Wie sie hieß, hatte ich vergessen. Sie hatte die gleichen roten Haare, wie ihr Bruder, doch ihre waren sehr gelockt. Sie trug ein knielanges grünes Kleid, welches mit Schnüren zusammengehalten wurde. Ein ledernder Gürtel, welcher um die Taille der jungen Frau geschnürt war ließ ihre gerade entstehenden Kurven erahnen. „Hallo“, sagte sie fröhlich und lächelte mich offen und ohne jede Scheu an. Ich stieß mich ab von der Flanke meines Tieres und trat der jungen Frau gegenüber. Sie konnte nicht älter als fünfzehn sein, schätzte ich. „Hallo“, sagte ich ruhig und ließ meinen Blick an ihr hinuntergleiten. Ihre Stiefel schienen etwas abgenutzt, aber von ordentlicher Machart zu sein. Etwas nervös schien sie ihre Hände zu kneten. Was sie nervös machte, verstand ich nicht. „Es tut mir leid, aber ich habe deinen Namen vergessen. Ich weiß aber noch, wer du bist. Es waren gestern einfach zu viele neue Gesichter“, sagte ich freundlich, sie konnte schließlich nichts dazu, dass ich gezwungen war ihren Bruder zu ehelichen. Sie wirkte gerade wie eine unruhige und etwas schüchterne Person. „Ich heiße Lillie“, sagte die Rothaarige und strich sich eine ihrer gelockten Strähnen aus dem Gesicht. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und war froh, dass Lillie das Wort ergriff. „Weißt du, auch wenn das für dich sicher eine Umstellung sein wird, bin ich echt froh, dass endlich noch eine junge Frau zu unserer Familie gehört! Ich meine, ich bin ja doch etwas jünger, wie mein Bruder. Ich bin 15“, sagte sie und strahlte mich fast schon an. Ich wusste nicht warum, aber diese offenen und so fröhlichen Worte der jungen Frau überraschten mich. Dass, sich jemand so offensichtlich darüber freute verwirrte mich. Ein etwas unsicheres, aber ehrliches Lächeln schlich auf meine Lippen. Ich wollte sie schließlich nicht vergraulen. „Das ist wirklich nett von dir“, sagte ich und war mir unschlüssig, wie meine Stimme klang. Doch es schien sie nicht zu stören. Immer noch lächelte sie mich freundlich an und nickte zu Freya. „Darf ich sie mal streicheln?“, fragte sie höflich und als ich nur nickte ging sie auf die goldbraune Stute zu. Vorsichtig und zärtlich strich sie über das glatte, weiche Fell meines Tieres. „Ich mag Pferde“, sprach die junge Frau vor mir und blickte weiter die goldfarbene Stute an. Diese schien es nicht zu interessieren, dass jemand sie gerade berührte. Ich grinste leicht, denn waren doch die Pferde das Aushängeschild meines Landes und natürlich war ich stolz darauf. „Ich mochte Pferde auch schon immer. Mir blieb ja auch keine Wahl“, sprach ich ruhig und freundlich zu der jungen Frau. Sie grinste mich an und nickte nur, während weiterhin die Stute betrachtete. „Sollen wir vielleicht etwas spazieren gehen?“, fragte mich Lillie und sah mich aus ihren braunen Augen freundlich an. Ich nickte leicht und gemeinsam mit dem Pferd am Strick gingen wir etwas den Weg hinunter, in Richtung des Waldes. Ich war froh, dass Lillie das Wort ergriff. Sie erzählte mir, dass sie tatsächlich eine Schule besuchte und wäre es nach ihr gegangen, hätte sie noch weiter lernen wollen. Doch es war den Mädchen verboten, weiter zu lernen und als ich fragte, was sie denn dann machen möchte antwortete sie mit trauriger Stimme: „Ich werde meiner Mutter wohl im Haushalt helfen, bis ich einen eigenen haben werde… Das ist doch einfach so…“ Es tat mir leid, wie sie es sagte. Sie schien auch etwas anderes zu wollen. Ob ihre Familie dies wusste? Ich war dankbar, dass es hier in meiner Heimat offener war. Zwar war es immer noch nicht so üblich, dass Frauen an Universitäten gingen, doch so selten wie früher war es nicht mehr. Frauen waren nicht nur für den Haushalt zuständig. Eine Veränderung war zu spüren, wenn auch nur langsam, aber sie war da. „Es tut mir leid“, sagte ich zu ihr und die Ehrlichkeit schwang in meiner Stimme mit. Sie zuckte mit den Schultern und blickte mir offen in die Augen. „Mein Bruder hat mir versprochen, dass er meine Eltern fragt, ob sie mich in eine Stadt zum Lernen schicken… Weißt du…“, sagte sie und etwas in ihrer Stimme wandelte sich, „Ragnar ist ein guter Mann. Er ist sehr angesehen in unserem Land. Ein guter Krieger… Ich weiß, dass er manchmal stur ist, aber er hat auch gute Seiten. Ich würde mich freuen, wenn du es ehrlich versuchen würdest…“ Fast schon automatisch nickte ich und als ich sagte, dass ich dies tun würde, sah mich Lillie mit einem Blick an, den ich nicht zu deuten vermochte. Doch die Erklärung folgte auf dem Fuße. „Ich wollte heute zu den Pferden… Und habe dich mit dem schwarzhaarigen Mann gesehen…“, sagte sie leise und unruhig begann mein Herz zu schlagen. Panik und Adrenalin durchflutete meine Venen! Schwer schluckte ich den Klos in meinen Hals hinunter. Ich brauchte nichts zu sagen, mein Blick reichte aus, um Lillies Lippen zum Sprechen zu bewegen. „Ich weiß, dass du ein Leben vor meinem Bruder hattest und es ist sicher nicht leicht, jemanden zu heiraten, den man einfach nicht kennt, geschweige denn liebt. Dass tut mir leid, für euch Beide. Ich werde das Ragnar nicht sagen… Keine Sorge. Aber vielleicht solltest du wissen, wie wichtig Ulveig dieses Bündnis nimmt. Ulveig ist der Clanführer“, erklärte sie schnell, wusste sie doch nicht, dass ich dies bereits von Ragnar erfahren hatte, „jedenfalls würde er dieses Bündnis für nichtig erklären, wenn er das mitbekommen hätte. Er will euer Geld und eure Tiere und durch das Bündnis kommt er ohne Gewalt an sein Ziel. Ich weiß nicht, was er tun würde, wenn er herausbekommt, dass du es gebrochen hast.“ Ich konnte nur nicken und war regelrecht sprachlos. Ich merkte, wie meine Hände begangen zu zittern. Was, wenn sie es doch verriet. Was hatte ich damit dann angerichtet? Wie dumm war ich eigentlich, dass ich einfach so, meinem inneren Drang nachgegeben hatte? Mir war doch bewusst, wieso ich mich auf all dies eingelassen hatte! Wieso mein Kopf heute Morgen nicht mitspielen wollte, war mir schleierhaft Als ich plötzlich ihre warme Hand an meiner Schulter fühlte trafen unsere Blicke aufeinander. „Thalia, ich werde es meinem Bruder nicht sagen… Das bringt doch nur unnötigen Stress, aber ich würde es toll finden, wenn du es wirklich ehrlich versuchen würdest… So wie du es ihm gestern bei der Hochzeit versprochen hast. Man soll doch die Versprechen, die man gegeben hat, einhalten.“ Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Sie hatte nicht Unrecht, ich hatte es ihm versprochen. Allerdings war dies in dem Augenblick mein geringstes Problem. Sie hatte es gesehen! Was, wenn sie es Ragnar doch verriet? Was, wenn sie nun versuchte mich damit zu erpressen? Wie konnte ich dieser Fremden vertrauen? So sympathisch sie auch wirkte, konnte man den Menschen doch nur vor den Kopf schauen! Doch mir blieb einfach keine andere Wahl. Ich wusste nicht, wie nah sich Bruder und Schwester standen. Vielleicht hatten sie auch kein gutes Verhältnis zueinander. Sicher konnte ich mir da nicht sein. Doch eine Wahl blieb mir nicht. Ich strich mir betrübt die Haare aus dem Gesicht. Leise, aber ehrlich sagte ich: „Ich liebe diesen anderen Mann einfach. Es ist einfach so ungerecht, wie es gelaufen ist… Ich habe heute einfach… naja… es war dumm… Ich versuche mein bestes… Das verspreche ich dir, Lillie. Aber es ist einfach nicht so, als seien alle Gefühle füreinander einfach mit der Hochzeit verschwunden.“ Sie nickte leicht und erneut blickte sie mich freundlich an. „Wirklich Thalia… Ich habe keine Ahnung, wie das so für dich ist… Einfach so jemanden zu heiraten, aber glaub mir: Mein Bruder ist kein schlechter Mensch.“ Ich wollte ihr glauben und so nickte ich leicht. „Ich werde ihn ja kennen lernen“, sagte ich leise und unsicher. Vermutlich hätte ich das Selbe über meinem Bruder auch gesagt, wenn er eine Frau hätte heiraten müssen. Wir gingen weiter und immer noch fraß Freya das Gras am Wegesrand und ließ uns nur langsam vorankommen. Gemeinsam mit meiner Stute und Lillie gingen wir durch die Zeltreihen. Ich war mir unschlüssig, hatte ich das Gefühl, dass viele mich fast schon misstrauisch beäugten. Litt ich jetzt etwa unter Verfolgungswahn? Hatten noch mehr Menschen, diesen Fehltritt bemerkt? Erst Lillies Stimme brachte mich zurück in die Realität und ließ das starren der Anderen in einem vollkommen anderem Licht erscheinen. „Schau mal, wie sie dein Pferd anstarren. So eine Fellfärbung habe ich aber auch noch nie gesehen.“ Überrascht sah ich zu meiner Stute. Ja, ihre Farben waren wahrlich selten, auch bei uns. Ich mochte diese Färbung sehr. Ich nickte der jungen Frau zu und ein leichtes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. „Ja. Sie ist ein Falbe. Die Farbe ist schon echt schön und auch hier sehr ungewöhnlich“, erklärte ich Lillie. Offen und neugierig schien sie meinen Worten zu lauschen. Ich hoffte in diesem Augenblick, dass sie es ehrlich meinte. Sie war mir wahrlich sympathisch. Wir redeten über die Tiere und ich erfuhr, dass sie irgendwann selber eins besitzen wollte und nun, da Ragnar ein neues Tier bekommen hatte, sein altes Pferd reiten durfte. Wir bogen auf dem Weg ab, als Lillie mich am Arm festhielt und fröhlich sagte: „Schau mal, da ist mein Bruder mit Sven und seinem neuem Pferd!“ Überrascht sah ich in die Richtung, in welche Lillie gedeutet hatte und tatsächlich stand dort mein Mann. An seiner Seite der rothaarige, welchen ich als Sven erkannte. Lillie rief nach ihrem Bruder und winkte ihm fröhlich zu. Ragnar blickte von seiner Schwester hinüber zu mir und gemeinsam mit dem Rappen am Zügel ging er auf seine Schwester und mir zu. Er nickte uns beiden zu und sein Blick glitt zu meiner Stute. „Ich hoffe, du konntest alles einpacken“, sprach er mich an und immer noch tat ich mich schwer, diesen Mann vor mir zu deuten. Ich nickte und erwiderte: „Ja, ich konnte alles in Ruhe packen. Danke, dass du mir hast Essen bringen lassen.“ Er nickte leicht und sah zu seiner Schwester. Auch, wenn Ragnar ein Hüne war, sah man deutlich die Verwandtschaft zwischen den beiden Geschwistern. Die Haarfarbe glich sich wie ein Ei dem anderen. Sie hatten ähnliche Gesichtszüge und die gleiche Nase, nur wirkte Lillie viel zierlicher, als ihr großer Bruder. „Was habt ihr gemacht?“, fragte Ragnar und ich erkannte, die Andeutung eines leichten Lächelns um seinen Mund. Immer noch fand ich den langen Bart unheimlich hässlich, doch dieses Thema würde vermutlich in der Zukunft besprochen werden. Sofort plapperte Lillie los und im ersten Augenblick bekam ich Sorge, dass sie mich einfach so vor ihrem Bruder verraten würde. „Wir waren spazieren und haben uns unterhalten. Nichts Wichtiges! Frauenthemen“, sagte sie und stieß ihm mit ihren Ellbogen in die Seite. Ich beobachtete, wie er anfing zu grinsen und sich die Stelle rieb, wo seine Schwester ihn gestoßen hatte. „Dann will ich darüber auch nichts hören“, grinste er kurz und zwinkerte ihr fast schon frech zu. So hatte ich diesen Mann vor mir nicht kenngelernt. Ich selbst kannte ihn nur still und zurückhaltend, nicht frech und zu Scherzen aufgelegt. Er wirkte ausgelassen und gar nicht so verschlossen. Ein Ruck an meiner Hand erinnerte mich daran, dass Freya hinter mir graste und mit leichtem Druck am Führstrick lockte ich das Tier wieder zu mir. Ich bestimmte schließlich wo wir uns aufhielten und nicht das Tier. „Ist auch besser so, mein Freund“, sprach Sven und lachte als er weiter sprach: „Wenn meine Frau anfängt zu erzählen, was es so neues im Umkreis gibt und wer, was wie gemeint hat… da komm ich irgendwann nicht mehr mit. Das sind viel zu viele Informationen. Und zu oft, kommen sie so schnell hintereinander.“ Meine Mundwinkel zuckten, als ich seine Worte vernahm. „Ist deine Frau eigentlich hier?“, fragte ich Sven, welcher sofort verneinend den Kopf schüttelte. Freundlich blickte er mir in die Augen und erklärte gleich: „Unsere Kinder sind viel zu jung, für eine so lange Reise. Du wirst die kennen lernen, wenn wir Zuhause sind. Bis dahin musst du mit mir vorlieb nehmen.“ Er lachte leise und freundlich und auch ich schmunzelte, als ich seine Worte vernahm. „Wie alt sind deine Kinder?“, wollte ich höflich wissen und sofort erfuhr ich, dass sie zwischen sechs Jahren und neun Monate alt waren. „Wollt ihr eigentlich mal Zeit zu zweit haben?“, fragte Lillie und plötzlich war mir unbehaglich zu mute. Doch ich hatte ihr versprochen mir Mühe zu geben! Wenn sie mich schon nicht verriet, wollte ich wenigstens mein Versprechen halten. Ich nickte leicht und fast schon schüchtern lächelte ich zu Ragnar hinauf. Auch er nickte und er führte den schwarzen Hengst neben sich her. Tatsächlich ließen uns Sven und Lillie alleine und ich sah, wie Sven die junge Frau wegführte, hinab in das Lager der Nordländer. Wir gingen Spazieren und ich zeigte ihm die Lande außerhalb der Stadt. Ich sprach von den Schätzen hinter den Mauern in denen ich aufwuchs. Nicht alles bezog sich auf die Pferde. Es gab auch viele Schriften und Bücher in der Bibliothek. Die Lager für den Winter und auch Banken. Ich selbst las nicht allzu viel, doch natürlich hatte sich auch das ein oder andere Buch in meinen Besitzt geschlichen. Ich merkte, dass Ragnar mir zuhörte und wage nickte er. Er sprach nicht viel, eigentlich gar nicht. Er selbst hatte nie viele Bücher gelesen, meinte er. Er wirkte auch nicht wie in besonders belesener Mann. Trotzdem war er nicht dumm, etwas dass ich bisher befürchtet hatte. Ragnar erklärte mir, dass man bei ihnen viel mehr durch Praxis lernte. Sein Bruder und er seien viel mit seinem Vater und Großvater durch die Lande gezogen. Es war später geworden als ich dachte, als wir zum Haus meines Vaters gingen und die Diener uns entgegen kamen. Da es schon unüblich war, dass ich nach der Hochzeit in das Haus meines Vaters zurückkehrte, verwunderte es mich nicht, dass ich heute niemandem aus meiner Familie begegnet war. Weder meine Schwester, noch meinen Bruder hatte ich gesehen. Vermutlich würde ich ihnen morgen beim Essen das erste Mal, seit der Hochzeit, wieder unter die Augen treten. Ich kannte diese Sitte und so verletzte es mich nicht und trotzdem keimte Wehmut in mir auf, als ich mein Zimmer betrat und die Dienerin gleich meinte, sie wolle uns Essen bringen. Ich fühlte mich erschöpft. Die kurze Nacht zollte ihren Tribut. Ich brauchte ein Bad, ich wollte und musste mich waschen. Ich bat Tialda Badewasser vorzubereiten. Die Kisten die ich am Morgen gepackt hatte waren bereits aus meinem Zimmer verschwunden und es war ein komisches, fast schon befremdliches Gefühl. Schweigend nahmen wir unser Essen zu uns und die Karaffe Wein leerte mein Mann fast ohne mich. Wie viel dieser Mann in sich hineinkippen konnte war erstaunlich! Ich wusste es nicht, doch ich hatte das Gefühl, als würde er mich beobachten. Doch jedes Mal, wenn ich zu Ragnar blickte sah er auf seinen Teller. „Deine Schwester ist ziemlich nett“, sagte ich endlich in die so unerträgliche Stille hinein. Zu mir aufblickend nickte er kurz und spülte das Stück Huhn, welches er gerade aß, mit einem kräftigen Schluck Wein hinunter. „Ja“, raunte er und stieß kurz auf, was mich fast schon erschrocken dreinschauen ließ, eher er weitersprach, „sie ist echt lieb. Leider noch etwas naiv. Sie ist eben noch jung.“ Ich nickte und während ich auf dem Hähnchen herum kaute, dachte ich an meine Schwester. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und als mich mein Mann fragend ansah, erklärte ich: „Meine Schwester ist etwas jünger, als deine und sie ist auch noch sehr naiv. Das liegt am Alter. Sie hatte es bei uns auch nicht immer so einfach…“ Erneut genehmigte sich mein Angetrauter einen kräftigen Schluck und blickte mich fast schon fragend an. Ich sah einem Tropfen des Weines nach, wie er in dem dichten Gestrüpp des Bartes zu verschwinden schien. Wie bekam ich ihn nur dazu, dieses Ungetüm wegzumachen! Ich schüttelte innerlich den Kopf und erklärte, auf seine nonverbale Frage: „Mein Bruder und ich stehen uns einfach sehr nahe. Wir haben ihr früher immer Missgeschicke in die Schuhe geschoben und na ja, wir waren auch sonst nicht immer die besten, großen Geschwister…“ Ich erinnerte mich, wie Tal und ich unsere kleine Schwester über Nacht auf den Dachboden geschickt haben. Wir sagten ihr damals, jedes Familienmitglied hätte eine Nacht dort oben zugebracht. In der Nacht sind wir hoch geschlichen und ins in unsere Bettlaken gehüllt. Ich erinnerte mich, wie Tal und ich zwei Tage nicht sitzen konnten und meine Schwester für einige Zeit wieder im Schlafzimmer meine Eltern schlafen wollte. Jetzt, nach all der Zeit schaffte sie es auch, darüber zu lachen. „Ich war immer ein netter, großer Bruder“, raunte Ragnar und spießte eine Tomate mit seiner Gabel auf, „mein Bruder und ich waren ganz vernarrt in sie. Was wohl auch nicht gut war. Einmal hatten wir nicht achtgegeben und Lillie ist ins Wasser gefallen. Da war sie vier oder fünf… wir haben es noch rechtzeitig bemerkt. Das gab aber Ärger.“ Ich schmunzelte ein wenig, als ich ihm lauschte und nickte leicht. Ich konnte mir diesen riesigen, kräftigen Mann einfach nicht als Jüngling vorstellen. Ich nahm ein Stück Apfel zur Hand und biss eine Ecke ab, während ich ihm lauschte. Es war das erste Gespräch in dem er etwas über sich preisgab. Wir erzählten uns einige Kindergeschichten. So hatte er versehentlich das gesamte Mehl im Haus verstreut und die Hauskatze hatte eine neue Fellfarbe bekommen. Je mehr ich Ragnar lauschte desto mehr konnte ich Lillies Aussagen Glauben schenken. Er schien wirklich ein guter Bruder zu sein. Als das Essen abgeräumt wurde, teilte mir Tialda mit, dass das Badewasser eingelassen worden sei. Ich nickte ihr dankbar zu und betrat den Waschraum. Die Holzwanne stand in der Mitte des Raumes und der Wasserdampf stieg empor. Ich betrat das warme, dampfende Wasser und erleichtert stieß ich die Luft aus meinen Lungen. Die Wärme des Wassers entspannte meine Muskeln und schien bis in mein Inneres vorzudringen. Einige der teuren Badeöle hatte ich bereits in einer Kiste verstaut. Immer wieder hatte mir meine Mutter welche geschenkt. Eine Frau von Rang und Namen sollte hin oder wieder nach etwas besonderem duften. Einige dieser Öle mochte ich, einige fand ich nicht sonderlich schön. Heute, wollte ich keines ins Wasser machen, ich wollte es einzig warm haben. Einen großen, gelben Korallenschwamm zur Hand nehmen begann ich mich zu reinigen. Entspannt, lehnte ich den Kopf nach hinten. Ich genoss die Ruhe und ließ die letzten Tage an mir vorbeiziehen. Ich dachte an Tialda und ihre Freude und ihren Dank, dass endlich der Krieg mit all seinen Schrecken und Ängsten aus diesem Land verschwunden war. Ich dachte an meine Eltern, die so stolz auf mich waren und dann dachte ich wieder an Leif. Ich spürte die Tränen erneut und ich wollte sie nicht fließen lassen, also tauchte ich hinein in das warme Wasser. Schloss die Welt aus. Wie lange konnte ich eigentlich unter Wasser bleiben? Ich versuchte die Sekunden zu zählen. Warum ich dies tat, wusste ich selber nicht. Vermutlich wollte ich einfach die Welt vergessen. Das es kindisch war, war mir in diesem Augenblick vollkommen gleichgültig. Als ich es nicht mehr aushielt brach mein Kopf durch das Wasser und tief sog ich die Luft in meine Lunge ein! Ich strich mir das Wasser aus dem Gesicht und als ich die Augen öffnete bemerkte ich, dass Ragnar im Badezimmer stand. Erschrocken schrie ich kurz auf und bedeckte meine Blöße mit den Händen. Dass, ich durch den Wassertrog nicht gänzlich zu sehen war vergaß ich in diesem Augenblick! „Was machst du hier?!“, wollte ich aufgebracht von ihm wissen und erschrocken blickte ich ihm aus meinen blauen Augen heraus an. Ich bemerkte, wie er an den Bändern seines roten Oberteiles zog und als er es sich abstreifte erklärte er mir einer unglaublichen Ruhe: „Warum schreist du denn so? Ich dachte, ich könnte auch ein Bad vertragen. Wir hatten uns gerade noch unterhalten und außerdem ist das Wasser jetzt noch schön warm.“ Mir fiel alles aus dem Gesicht, als ich seine Aussage vernahm und ich war froh, dass er gerade sein Hemd weglegte. Vermutlich hatte er meinen entsetzten Gesichtsausdruck gar nicht registriert. „Ich wollte allein sein“, sagte ich und ich merkte, dass meine Stimme eigentlich keine Wiederworte zuließ. Sich zu mir drehend bemerkte ich, wie Ragnars Hände am Bund seiner Hose waren. Ich blickte hinein in das kräftige und ausdrucksstarke Gesichte. Ich spürte, wie ich rot wurde. Dass konnte er doch nicht einfach machen, nicht wenn er wusste, dass ich es nicht wollte! Der Hüne betrachtete mich und ein schräges Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Warum er grinste konnte ich nicht verstehen! Da war nichts zum Lachen! Ohne ein weiteres Wort streifte er sich die schwarze Hose vom Leib und fast schon erschrocken sah ich den nackten Mann an! Kurz starrte ich ihn mit offenem Mund an und erst nach einigen Momenten schaffte ich es, den Blick von ihm abzuwenden. „Du willst allein sein. Ich habe dich in Ruhe gelassen, als du mich heute Morgen darum gebeten hast. Nun möchte ich bei meiner Frau sein und das warme Wasser genießen. Spricht da etwas gegen?“, fragte er fast schon gelassen. Es schien ihm egal zu sein, dass er nackt war. Ohne sich zu bedecken ging er auf mich zu. Mein Blick glitt zu den tätowierten Schultern, seine kräftige Brust über seinen Bauch und nur kurz glitt mein Blick tiefer. Ich wollte ihn nicht so nah in meiner Nähe haben, das musste er doch einfach verstehen! Er ging auf den Trog zu und ich war sprachlos über seine Aussage! Wie konnte er nur so dreist sein! Das wir tatsächlich gerade in meinem Schlafzimmer vernünftig miteinander gesprochen hatten, war mir vollkommen gleichgültig. Immer noch verschränkte ich die Arme vor der Brust und blickte fast schon etwas ängstlich hinauf in sein Gesicht. „Ich werde dir nichts antun“, raunte er und ich glaubte, etwas wie Ungeduld in seiner Stimme zu vernehmen. Ich wusste nicht, wie ich ihn davon abhalten sollte. Er hatte mich vollkommen überrumpelt mit seiner Art. Er schien keine Wiederworte zuzulassen. Ich rückte nach vorne, doch noch immer hielt ich meine Hände schützend vor meiner Brust. Wasser schwappte über das Becken und landete auf den Fußboden, als sich der riesige Mann hinter mich gleiten ließ. Ich spürte, wie mir trotz der Wärme kalt wurde und ein kalter Schauer jagte mir über meinen Rücken. Die großen und kräftigen Hände meines Ehemannes legten sich um meine Mitte und zogen mich nahe an ihn heran. Näher, als ich es eigentlich wollte. Würde er heute Nacht wieder bei mir liegen wollen? Ich hatte darauf keine Lust. Doch ich konnte ihm schlecht sagen, dass ich heute bereits jemanden beigewohnt hatte. So konnte ich nur hoffen, dass Ragnar nicht ein Mann war, welcher nur an das Eine dachte. „Entspann dich“, raunte Ragnar und drückte meinen Rücken an seine Brust. Erneut schwappte Wasser über den Beckenrand. Ich spürte sein Glied an meinem Rücken, doch war ich dankbar, dass er gerade wohl nicht im Sinn hatte mich zu nehmen. Ich blickte auf seine Hände hinunter, welche kreisende, sanfte Bewegungen ausführten. Ich verzog das Gesicht und war froh, dass er es nicht sehen konnte. Immer noch lagen meine Hände auf meiner Brust und nach einigen Augenblickten meinte Ragnar: „Du kannst die Hände da ruhig wegnehmen. Das habe ich gestern schon gesehen…“ Bestimmend, aber auch vorsichtig griff er nach meinen Händen und zog sie weg von dort. Er strich mit seiner Hand über meinen Arm hinauf zu meinen Schultern. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich schluckte meinen Stolz hinunter. „Morgen brechen viele meines Volkes auf“, sagte er und streichelte mir weiterhin meine Arme hinunter und strich wieder vorsichtig über meinen Bauch. Ich nickte leicht und sah zu den Armen, welche entspannt meinen Körper festhielten. Die schwarzen Muster, welche bis zu seinem Unterarmen reichte, verfolgte ich mit den Augen. „Wir werden gut vier Wochen unterwegs sein“, hörte ich Ragnar sprechen und erneut nickte ich leicht. Als ich auf der Jagd war, hatte ich bereits einige Tage und Nächte unter freiem Himmel verbracht, doch niemals eine solche Zeit. „Schlafen wir immer in Zelten, oder kehren wir auch in Gasthäuser ein?“, fragte ich nach einer Weile und langsam lösten sich meine Hände aus ihrer Starre. Ich war erstaunt, dass Ragnar nicht versuchte, sich mir aufzudrängen und ich glaubte nicht, dass er es heute versuchen würde. Ich beobachtete, wie Ragnars Hände sich hoben und er etwas Wasser auf meiner Schulter träufeln ließ. „Wir kommen an einigen vorbei, aber du wirst auch in einem Zelt schlafen müssen, oder hast du damit Probleme?“, fragte er und ich spürte wie er mit seinen großen Händen über meine Schultern strich. Ich schüttelte den Kopf und zuckte zusammen, als er plötzlich ein Bein anwinkelte. Vermutlich wollte er nur bequemer sitzen, doch erschreckte es mich, im ersten Moment. Ich schüttelte leicht den Kopf. Nein, damit hatte ich eigentlich kein Problem. Erneut rückte er mich näher an sich heran und mit seiner linken Hand strich er mir die Haare über meine Schulter und ließ sie über meine Brust fallen. Ich sah, wie er sich eine der goldenen Strähnen nahm und sie zwischen seinen großen Fingern. „Weißt du, dass viele begeistert sind, von deinem goldenen Haar?“, raunte er und strich mit einer Hand durch die nassen Haare. Ich spürte seinen Atmen an meinem Ohr und den Bart an meinem Nacken deutlich. Ich schluckte leicht, als ich seine Hand spürte, wie sie erneut durch meine Haare fuhren und dann wie beiläufig über meinen nackten Busen glitten. Die Härchen auf meinem Arm stellten sich auf und als ich mich leicht räusperte fragte ich mit belegter Stimme: „Gibt es bei euch keine blonden Frauen?“ Ich hörte ihn leise lachen und spürte, wie er sich zurücklehnte. Er drückte meinen Rücken auf seine Brust und als ich hinaufblickte zu seinem Gesicht, bemerkte ich, dass sein Blick auf meinem Körper gerichtet war. Doch gerade, als ich mich beschweren wollte sah er mit seinen grünen Augen in die Meinen und schüttelte den Kopf als er erklärte: „Natürlich gibt es bei uns auch blonde Frauen… Aber anders blond… nicht so golden wie deine.“ Ich wusste, dass es ein Kompliment war und leise sagte ich: „Danke.“ Erneut ließ Ragnar Wasser über meine Schulter laufen und ich war überrascht, als er erneut das Gespräch suchte. „Meine Mutter möchte dich morgen kennen lernen“, meinte er und ich glaubte etwas wie Unzufriedenheit in seiner Stimme zu vernehmen, „nimm nicht alles, was sie sagt für wichtig. Sie kann sehr anstrengend werden und na ja…“ Ich konnte nicht anders, als leise über diese Worte zu lachen. Dass er sich wahrlich Sorgte, dass ich mir Sorgen wegen seiner Mutter machen würde, war fast schon surreal. Wenn man bedachte, dass ich immer noch Angst hatte, er würde sich als ein brutaler Ehemann entpuppen. Ich hatte Lillie versprochen, dass ich mir Mühe geben würde und hoffte, dass ich dieses Versprechen würde halten können. „Ich versuche es“, meinte ich nach einem Moment. Wieder legte sich das Schweigen über uns und immer wieder strich er mit seinen Fingern über meinen Nacken. Ich spürte, wie sich nach und nach die Anspannung in meinem Inneren löste. Fast schon war ich erschrocken, dass Ragnar begann zu sprechen: „In meinem Dorf, bin ich dafür zuständig, dass die neuen Anwärter ausgebildet werden. Einige umliegende Dörfer und Städte schicken ihre Krieger zu uns und bezahlen uns dafür. Ulveig erhofft sich durch den Pakt, dass wir lernen vom Pferd aus zu kämpfen.“ Ich nickte leicht und ließ meine Hände immer wieder vorsichtig über die Wasseroberfläche fahren. Ich war gespannt, was er berichten wollte und ließ ihn einfach sprechen. „Das Dorf in dem wir leben ist das Größte. Wir leben lieber etwas verteilter und nicht in so großen Städten wie ihr. Unsere Wälder sind rau, wild und oft gefährlich. Wölfe und Bären sind keine Seltenheit. Ich habe gehört, dass eure Grenzen stark kontrolliert werden von Jägern, damit keine gefährlichen Tiere ins Landesinnere vordringen. Das gibt es bei uns nicht.“ Ich nickte und sagte, dass er damit vollkommen Recht habe. Ja, unsere Grenzen wurden stark bejagt um die Bewohner und das Vieh vor diesen Tieren zu schützen. Immer wieder streichelte Ragnar meinen Bauch und irgendwie, stellte ich fest, dass er eine sehr angenehme Stimme hatte. Ruhig und tief. Irgendwie, konnte ich mir vorstellen, dass man ihm sicher gerne lauschte, wenn er Geschichten erzählte. „Hohe Nadelbäume, lassen nur wenig Licht durch und die Winter können ziemlich hart sein“, meinte er und strich durch meine Haare. Ja, das wusste ich bereits. Erneut nickte ich nur und blickte über meine Schulter in sein Gesicht. „Hier sind die Winter nicht so hart, wie bei euch, glaube ich“, sagte ich und spürte, wie ich mich langsam immer mehr entspannte. Unsere Blicke trafen sich, als ich hinaufblicke und erneut spürte ich seine Hand an meinen Haaren. „Aber es gibt auch schöne Orte dort. Ein großer, klarer Bergsee, aber eiskalt. Nur die Mutigsten trauen sich hinein. Eine Grotte in den Bergen. Dort Glänzen die Wände und durch die Decke kommt etwas Licht. Und im Winter, wenn viel Schnee liegt, kann es auch sehr schön sein…Und das Gebirge mit seiner Größe und den hohen Bergen ist ein wahres Monster, was Mutter Natur geschaffen hat. Auf einigen Gipfeln liegt immer Schnee.“ Ich konnte es mir nicht wirklich vorstellen. Es war schön zu wissen, dass er mir die Sorge nehmen wollte, in die Fremde zu ziehen und so lauschte ich stumm den Worten und versuchte mir die Orte, die er beschrieb, vorzustellen. Ich erinnerte mich an Lillies Versprechen und schwor mir selbst, dieses Bündnis nicht in Gefahr zu bringen. Kapitel 7: Zu Tisch ------------------- Ragnar hatte noch einiges berichtet. Tatsächlich wunderte es mich ziemlich, dass dieser Mann so gerne und viel erzählte. Sein bester Freund Sven und seine Frau waren fast schon Stammgäste in seinem Haus. Gerne würde er auf ihre Kinder aufpassen. Stina, Greta, Tom und Merlin. Ob ich mir die Namen merken konnte, bis wir im Norden waren, wusste ich nicht. Er erzählte von dem Bären, den er erlegt hatte und dessen Pranke auf seinem Rücken zu sehen war. Mir fiel auf, dass er gerne Geschichten zu erzählen schien. Ausführlicher, als ich es getan hätte berichtete er davon. Anschaulich und Wortgewandter, als ich annahm konnte er berichten, wie er den Bären erlegt hatte. Eine Falle hatte er mit Sven vorbereitet. Ein tiefes Loch, sie selbst waren als Wachposten dort gewesen und hatten versucht den Bären in die Falle zu locken. Viele Menschen hatte der Bär getötet, vor allem Frauen die nach Beeren und Pilzen gesucht hatten. Es sei ein altes und gefährliches Tier gewesen, erklärte mir Ragnar mit seiner angenehmen tiefen Stimme. Diese Bären, so Ragnar, waren mit am gefährlichsten, da sie unberechenbar waren. Sie seien fast genauso schlimm, wie Mütter mit ihren Jungtiere. Ich wusste dies, dank der Jäger die unsere Grenzen schützten „Ich trieb ihn mit Sven in die Falle. Das Bärenfäll liegt jetzt schön auf meinem Bett und hält mich schön warm“, sagte er schmunzelnd und legte seine beiden Hände wieder auf meinem Bauch. Ich nickte leicht und war beeindruckt von dieser Tat. Er hatte seinem Dorf damit vor weiterten Unheil bewahrt. „Beeindruckend“, sagte ich und blickte hinauf in sein Gesicht. Unschlüssig zuckte er mit den Schultern und raunte: „Irgendwer musste das ja machen.“ Tatsächlich stahl sich ein kurzes Lächeln auf meine Lippe. Er schien wohl kein Mensch zu sein, welcher mit seinen Taten prahlte. Nach einem Moment der Stille fragte ich: „Wie sieht eigentlich dein Haus so aus… Ich weiß nicht… könntest du es mir vielleicht beschreiben?“ Kurz schwieg Ragnar und erneut spürte ich, wie er durch meine nassen Haare strich. Sie schienen es ihm wirklich angetan zu haben. „Hm“, kam es nach einem Augenblick aus seinem Mund, „ich kann es mal probieren… Es ist eine Art Blockhütte. Die Häuser bei uns stehen auf kleinen Stelzen, nicht zu hoch vom Boden. Nur so, dass bei Schnee oder starkem Regen nichts reinläuft. Ähm...hm…wir haben einen großen Wohnraum. In der Mitte ist eine offene Feuerstelle. Dort wird auch gekocht. Im Dach ist eine Luke, die man zum Kochen öffnen muss. Der Schlafraum ist abgetrennt und wir haben ein Badezimmer mit einem Abfluss. Aber fließendes Wasser haben wir dort nicht. Warmes Wasser muss man in Eimern rüber bringen. “ Meine Gedanken flogen dahin und ich versuchte mir diesen Ort, dieses Haus vorzustellen. Natürlich hatte ich schon weniger luxuriöse Häuser betreten, wie das Haus meiner Familie. Doch niemals hätte ich mir ausmalen können, in so einem Haus zu leben. Wenn ich aufbrach zur Jagt, dann hatte ich schon häufiger in einem Zelt geschlafen und ich hatte wenig Probleme damit, doch wusste ich wusste dann auch immer, dass mein weiches Bett Zuhause auf mich wartete. „Weswegen hast du eigentlich darauf bestanden, ein Fell auf das Bett legen zu lassen“, fragte ich ruhig und betrachtete seine Hand, welche immer noch kreisende Bewegungen auf meinem Bauch machte. „Na ja“, erklärte er ruhig, „ich habe bereits die ein oder andere erfolgreiche Jagt hinter mich gebracht. So wird das gezeigt bei uns. Man verkauft nicht alle Felle, einige behält man als Trophäe.“ Ich nickte nur, denn tatsächlich verstand ich ihn. Zwei Mal, hatte ich es geschafft alleine ein Reh zu schießen. Sie waren sehr schwer und es war widerlich gewesen, sie auszunehmen. Doch ich wollte meinem Vater beweisen, dass ich nicht nur Hasen mit nach Hause bringen konnte. Aus dem Leder dieser Rehe wurden eine Hose und eine Weste angefertigt, welche ich immer mit ziemlich viel Stolz trug. „Aus den Rehen, die ich erlegte, wurden Kleidungsstücke für mich gefertigt“, sagte ich ruhig und fragte mich, ob er davon beeindruckt war. Doch er schwieg und als ich hinausblickte, bemerkte ich, dass er stirnrunzelnd zum Fenster blickte. Wieso er auf einmal nichts mehr sagte, verstand ich nicht. „Ragnar, habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte ich und obwohl ich es nicht wollte, klang Unsicherheit in meiner Stimme mit. Er schüttelte langsam den Kopf und sah hinab in mein Gesicht. Erneut schüttelte er den Kopf. „Alles gut. Ich hoffe nur, dass uns kein Bär über den Weg läuft“, raunte er und ich war mir sicher, dass er nicht die Wahrheit gesprochen hatte. Ich hatte mich daran gewöhnt, gerade unbekleidet bei ihm zu sein und trotzdem war es komisch, dass er mich so berührte. Einfach so selbstverständlich. Die Wärme des Wassers war bereits vergangen und langsam, wurde es mir zu kalt in dem Wasser. „Ich werde wohl besser aussteigen. Es wird kühl“, sagte ich und griff mit meiner Hand zum Wannenrand. Auch Ragnar setzte sich auf und überrascht sah ich nach hinten, doch anders als erwartet, waren seine Augen auf den Boden gerichtet. Wasser war über den Rand geschwappt und hatte einige große Pfützen auf den Boden hinterlassen. Schweigend sah er mich an und hielt mir seine Hand entgegen. Erst im zweiten Moment verstand ich, dass er nicht wollte, dass ich stürzte. Ein leichtes Lächeln zierte meine Lippen, als ich diese freundliche Geste von ihm deuten konnte und ich ergriff die Hand die er mir hinhielt. Sofort merkte ich wie rutschig es war, aber es war mir wichtiger nach dem großen Handtuch zu greifen um meine Blöße zu bedecken Ich hatte keine Probleme mit meinem Körper, aber trotzdem war es zu ungewohnt, ihn einfach offen zu zeigen. „Pass auf, wenn du aussteigt“, sagte ich ihm und nur kurz nickte er mir zu. Gerade, als ich das Badezimmer verlassen wollte, fiel mir ein, dass Ragnar kein Handtuch hatte. Natürlich hatte ihm Tialda keines herausgelegt. Erneut erinnerte ich mich an das Versprechen und so ging ich zu einem hohen schmalen Schrank und griff nach einem zweiten großen Handtuch. Einige kleine greifend ging ich hinüber zur Wanne und ließ sie auf den Boden fallen. Ich wollte nicht, dass das Wasser bis zum Morgen stehen würde. „Hier“, sagte ich etwas leiser und legte das Handtuch auf den Platz, auf dem mein eignes zuvor gelegen hatte. Ragnar nickte leicht, doch sagte er nichts dazu. Ich fand es unhöflich, dass er schwieg. Nicht einmal zu einem danke konnte er sich überwinden. Doch was erwartete ich? Ich kannte die Sitten und Bräuche bei ihm nicht. Vielleicht war es dort vollkommen normal. Vielleicht musste, oder sollte die Frau ihren Mann versorgen. Wenn er es nur so kannte, würde er sich natürlich auch nicht bedanken und trotzdem war ich darüber nicht glücklich. Als ich im Schlafzimmer war zog ich mir das Nachthemd über und kämmte meine Haare, ehe ich mich unter die Decke legte. Es dauerte länger, als ich dachte, bis Ragnar wieder ins Schlafzimmer trat. Sowohl der Bart, als auch die Haare auf dem Kopf waren nass, doch bereits gekämmt. Das Handtuch, welches ich ihm gereicht hatte, hatte er um seine Hüfte geschlungen und ich sah, wie er zu seinen Sachen ging. Ich fand es taktlos, ihn dabei zu beobachten, wie er sich umzog. So kuschelte ich mich lieber in meine Kissen, drehte mich zum Fenster und blickte in den schwarzen Nachthimmel. Ich spürte, wie sich Ragnar zu mir legte, doch anders als erwartet langte er nicht mit seinen Armen nach mir. Ich seufzte leicht und streckte meine Glieder und murmelte: „Schlaf gut…“ Ich merkte, wie sich Ragnar drehte und seine tiefe Stimme wehte an meine Ohren: „Du auch.“ Es dauerte, bis der Schlaf mich übermannte und ich war wirklich froh, dass Ragnar mich vollkommen in Ruhe ließ. Erneut erwachte ich sehr früh am Morgen. Etwas, was sehr untypisch für mich war. Ich drehte mich zur Seite und gähnte herzhaft um die Müdigkeit aus meinem Körper zu vertreiben. Doch es gelang nicht und so rieb ich mir müde und verschlafen meine Augen. Dieses Mal, erschreckte ich mich nicht, als ich Ragnar neben mir erblickte. Er schlief noch und als meine Augen zum Fenster flackerten bemerkte ich, dass die Sonne dabei war aufzugehen. Leise stöhnte ich auf und hoffte, dass ich bald wieder in meinem normalen Rhythmus kam. Ein Morgenmensch würde ich wohl nicht werden. Ich hoffte, dass ich heute meine Familie treffen würde. Vor allem wollte ich mit meinem Zwillingsbruder sprechen. Ich hatte ihn bei der Hochzeit nur kurz alleine sprechen können. Langsam erhob ich mich aus dem Bett und ging hinüber zu meinem Kleiderschrank. Ich griff nach einem Kleid und trat in den Waschraum. Die nassen Handtücher lagen zusammen gelegt in einer Ecke und das Wasser war bereits aus der Wanne abgelassen worden. Man konnte von zwei Seiten den Waschraum betreten. Von meinem Zimmer aus und aus einem Gang, welcher von den Dienern des Hauses benutzt wird. Ich zog mir ein Kleid an. Ein schlichtes grünes. Mir fiel das Hochzeitsgeschenk ein, welches Ragnar mir hat überbringen lassen Den silbernen Gürtel, den ich bereits bei der Hochzeit getragen hatte. Er würde vermutlich auch zu diesem Kleid gut tragen lassen. Ob er sich freuen würde, wenn ich ihn trage? Oder fiel es ihm gar nicht auf? Ich hatte versprochen, mir Mühe zu geben. In mein Zimmer gehend blickte ich hinüber zu Ragnar und das gleichmäßige heben und senken der Bettdeckte zeigte mir, dass er noch schlief. Auf einer Kommode schimmerte der silberne Gürtel. Warum ich ihn nicht in eine der Kisten verstaut hatte wusste ich selber nicht. Allerdings, wenn ich darüber nachdachte, war es nicht verwunderlich. Gestern, als ich packte, hatte ich alles was mit meinem Mann in Verbindung stand ignoriert, wollte es nicht sehen, nicht wahr haben. Natürlich hatte ich ihn also vergessen. So legte ich mir den geflochtenen Gürtel aus Silber um, ob mein Schwiegervater auch Waffenschmied, oder nur Feinschmied war? Stirnrunzelnd fragte ich mich, mit was für Waffen der Mann kämpfte, welcher gerade friedlich in meinem Bett schlummerte. Ob ich ihn danach fragen könnte? Spontan würde ich mich dazu entscheiden, ob ich ihn danach fragte oder nicht. Ich griff nach einem Buch, ein Abenteuerbuch in dem der Held auszog um gegen einen Drachen in die Schlacht zu ziehen. Ich ließ mich auf der tiefen Fensterbank nieder und versuchte trotz des Dämmerlichtes etwas zu lesen. Schnell gab ich auf und als ich Bewegungen hinter mir hörte, drehte ich mich um. Der große rothaarige Mann hatte sich erhoben und gähnte lange, während er müde seine Glieder von sich streckte. Ein lautes und durchdringenden Knacken ertönte in der Stille und mit einem schrägen Lächeln auf den Lippen meinte ich: „Morgen, ich hoffe, dass tat nicht weh…“ Mit seiner großen Hand rieb er sich über die Augen und sah zu mir. Er schüttelte nur den Kopf und strich sich das lange Ungetüm von Bart gerade. Schneller, als ich annahm, schwang er seine langen Beine aus dem Bett. Ich betrachtete seinen Rücken. Ich verfolgte seine Tätowierungen, die sich über seinen Rücken und die Schultern schlängelten mit den Augen. Ich gestand es mir nur ungern ein, aber diese Zeichnungen faszinierten mich. Schnell wandte ich den Blick ab, denn ich wollte nicht, dass er bemerkte, wie ich ihn beobachtete. Ich ließ ihn sich anziehen und als ich von dem Buch aufsah hatte er bereits ein beiges Hemd und eine schlichte braune lederne Hose angezogen. Er zog einen dunkelbraunen ledernden Wams über und ein breiter schwarzer Gürtel war um seine Hüfte gebunden. Man erkannte an der Kleidung, dass er Geld zu haben schien. Die Kleidung war sauber und gepflegt und in einem guten Zustand. Ich sah, wie er zu mir kam und sich neben mir auf der Fensterbank niederließ. Zu dem Buch in meiner Hand blickend fragte er: „Ist das interessant?“ Langsam, schloss ich das Buch und nickte leicht, während ich hinaufblickte in die grünen Augen. „Ja“, meinte ich ruhig und fügte hinzu, „es geht um die Bekämpfung eines Drachens. Ich finde es ziemlich spannend. Mein Bruder meint, es sei ihm zu mystisch. Drachen gibt es ja nicht.“ Ragnar nickte leicht und als er schmunzelte sah ich ihn überrascht an. Ohne etwas zu sagen, antwortete er auf meine nonverbale Frage: „Ich finde es lustig zu wissen, dass meine ernste und immer so diplomatische Frau, Bücher mit Fabelwesen liest. Hätte ich dir nicht zugetraut.“ Ich wusste nicht, ob ich die Augen verdrehen sollte, oder nicht. Doch tatsächlich stahl sich ein Schmunzeln auf meine Lippen und als ich ihm das Buch in die Hand drückte erwiderte ich frech: „Dann überrasch du mich doch mal und lese überhaupt mal ein Buch. Dann wäre ich sicherlich sprachlos.“ Er nahm das Buch entgegen und blickte auf den gebundenen Einband und als er mir in die Augen sah konnte ich den Schalk darin erkennen. Er schüttelte den Kopf und legte es zur Seite während er sagte: „Ich will nicht, dass du sprachlos bist. Also lasse ich es lieber, damit ich noch mit dir sprechen kann.“ Ein leises und doch etwas verhaltenes Lachen stahl sich aus meinen Mund, doch noch bevor ich etwas sagen konnte, klopfte es an der Tür. „Herein“, sagte ich mit etwas strenger Stimme und richtete mich auf. Tialda kam herein und sie lächelte mich aus ihrem runden Gesicht gutmütig an. Sie knickste kurz und sprach mit höflicher und ruhiger Stimme: „Meine Herrin, mein Herr. Eure Eltern erfragen, ob Ihr euch zum Frühstück dazu gesellen wollt?“ Ein Lächeln glitt über mein Gesicht und gleich stimmte ich zu, noch bevor Ragnar irgendetwas darauf erwidern konnte. Lächelnd verließ sie mein Zimmer und zu Ragnar blickend fragte ich: „Ich hoffe, dass ist in Ordnung für dich.“ Er nickte nur und meinte mit einer neutralen, sachlichen Stimme: „Natürlich können wir mit deinen Eltern speisen.“ Ein fröhliches und zufriedenes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Ich war wahrlich froh, meine Eltern zu sehen. Dieser eine Tag, den ich sie nicht sehen durfte fühlte sich für mich an wie eine Ewigkeit. Ich erhob mich von der der Fensterbank und wollte gerade zur Tür gehen, als mich Ragnar am Arm festhielt. Erschrocken blickte ich zu ihm und fast schon verwirrt war mein Blick. „Was ist?“, wollte ich von ihm wissen und runzelte leicht die Stirn. Ohne etwas zu sagen langte Ragnars große Hand an meine Hüfte und strich über den silbernen Gürtel. Er strich über das Metall und beide Hände umschlangen meine Hüfte, die unter seinen großen Händen viel schmaler aussah, als sie eigentlich war. „Mein Vater wird sich freuen, wenn er sieht, dass du den Gürtel trägst. Er ist einer unserer Feinschmiedemeister und hat den für dich gemacht“, sagte er ruhig und blickte hinauf in mein Gesicht. Ein erstaunlich sanftes und freundliches Lächeln erschien auf dem bärtigen Gesicht meines Mannes. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Vermutlich, sah man mir meine Unsicherheit ziemlich an. Meine Finger glitten über den silbernen Gürtel und ich meinte leise: „Ich finde den auch ziemlich schön… Ja.“ Ein Lächeln schlich sich über Ragnars Gesicht. Nein, ein schlechter Kerl schien er nicht zu sein, da hatte Lillie durchaus Recht und trotzdem wollte ich immer noch nicht, dass er mich einfach so anfasste. „Wenn du soweit fertig bist, sollten wir vielleicht los?“, Fragte ich und versuchte das Thema zu wechseln. Ein letztes Mal, schien sich Ragnar zu strecken und er nickte nur. Während er sich im Waschraum fertig machte entdeckte ich auf dem Nachttisch die Kette meiner Mutter. Ich strich über die weißen, fast durchsichtigen Steine des Anhängers und entschied mich, diese umzulegen. Ich kannte meine Mutter, auch sie würde sich freuen, ihr Geschenk an mir zu sehen. Gemeinsam verließen wir mein Zimmer und gingen durch die mir so vertrauten Gänge. Wir betraten das Speisezimmer und an einer längeren Tafel saßen bereits meine Mutter und mein Vater. Wie fast immer trug mein Vater ein rotes Hemd und eine dunkle enger anliegende Weste. Einige Ringe schimmerten an seiner Hand und die braunen Haare waren ordentlich gekämmt. Meine Mutter trug ein besticktes hellbraunes Kleid. An den Rändern am Dekolleté war Spitze verarbeitet worden und eine längere dünne Kette schimmerte um ihren Hals. „Guten Morgen“, wehte die vertraute Stimme meines Vaters an meine Ohren, „setzt euch. Dein Bruder und deine Schwester werden sicher auch gleich zu uns stoßen.“ Meinem Vater zunickend, ließ ich mich gegenüber meine Mutter nieder und sie schenkte mir ein herzliches Lächeln. Sie musterte mich, als schien sie nach etwas zu suchen. Doch noch ehe ich sie fragen konnte sprach sie zu Ragnar: „Ich hoffe, du konntest dich ein wenig in der Stadt und der umliegenden Ländereien umschauen?“ Der Hüne sah zu meiner Mutter und wie ich ihn musterte wollte er einfach nicht in diese feine Halle passen. Auf den gepolsterten Stuhl und den verzierten und bemalten Wänden, stach er mit seiner Größe schon heraus. Seinen Bart und die Haare hatte er zusammengebunden und doch wollten sie einfach nicht in die Halle passen. Er ließ sich gerade von einem Diener etwas Wasser einschenken bevor er meiner Mutter antwortete. „Ich habe mich gestern mit einigen Freunden in der Gegend umgeschaut. Viele der Weiden und Felder werden sich sicher gut bestücken lassen. Aber ich finde eure Wälder viel zu Licht. Hier kann man anscheinend froh sein, wenn man mal einen Hasen schießt.“ Auch mir wurde Wasser eingeschenkt und höflich bedankte ich mich bei dem jungen Mann. Ich kam nicht dazu, etwas zu sagen, denn mein Vater kam mir zuvor. „Hier um die Stadt herum ist nicht viel Wild. Da hast du Recht. Doch weiter im Inneren des Waldes finden sich einige Wildschweinhorden Füchse und Rehe. Und wie du weißt versuchen Jäger an den Grenzen die Bären und Wölfe davon abzuhalten durch das Land zu ziehen“, erklärte mein Vater und schnitt mit Messer und Gabel sein Brot in mundgerechte Stücke. Auch uns wurde Essen gebracht: Zwei Scheiben Brot, etwas Rührei und aufgeschnittener Braten, dazu ein paar Tomaten. Ein herzhaftes und vor allem sättigendes Frühstück. Anders als meine Eltern und ich, nahm mein Mann das Brot einfach in die Hand. Ich hatte nie so speisen dürfen. Keiner sagte etwas dazu und ob es Ragnar überhaupt auffiel wusste ich nicht. Nachdenklich betrachtete Ragnar meinen Vater und wollte von ihm wissen, ob dies tatsächlich gelänge. Vater nickte und sagte: „Zumeist schon. Es ist schon etwas her, dass ein Bär durch die Wälder streifte. Vermutlich wird sich irgendwo einer herumtreiben, aber nicht so viele bei dir.“ Fast schon grimmig nickte Ragnar und erklärte: „Das ist keine schlechte Idee, so können die Leute ohne Sorge in den Wald gehen. Bei uns, ist jedes Dorf selbst dafür verantwortlich. Wobei unsere Dörfer so nahe beieinander liegen, dass wir einander bei der Jagt helfen.“ „Du gehst also gerne auf die Jagt?“, fragte meine Mutter und ihre braunen Augen blickten hinein in die Grünen des Nordländer. Er nickte und erklärte: „Schon, ab und zu, wenn es die Zeit eben zulässt. Das Training der Anwärter nimmt zumeist einiges an Zeit in Anspruch.“ Interessiert nickte meine Mutter und ich fragte mich, ob es sie tatsächlich interessierte, oder ob es nur die Höflichkeit war, welche sie sprechen ließ. Ich war mir selbst nicht sicher, ob es mich interessierte, oder nicht. Irgendwie schon und irgendwie, wollte ich einfach kein Interesse an diesem Mann zeigen. Egal, wie albern es die Menschen fanden. Trotzdem lauschte ich seinen Worten, als er meiner Mutter erklärte: „Wir bilden aus allen umliegenden Dörfern und befreundeten Ländern die Krieger aus. Wir haben ein hartes aber effektives Training und nicht alle schaffen es.“ Ich erinnerte mich, an seine Worte, dass sein Vater Schmied war. Und ohne darüber nachzudenken, dass ich eigentlich nicht sprechen wollte, fragte ich: „Wie wird man denn ausgesucht. Ich meine, sagtest du nicht, dass dein Vater Feinschmied sei? Hättest du das dann nicht auch machen sollen?“ So war es hier. Ein Bauerssohn wurde Bauer, ein Sohn eines Schreibers wurde Schreiber. Nur selten, änderte sich das. Mein Mann sah zu mir und schluckte ein Stück des Brotes hinunter, eher er begann zu erklären: „Jeder Mann, kann sich behaupten. Wir wollen die besten und stärksten ausbilden. Da ist es egal, welche Herkunft man hat. Aber natürlich treten auch viele in die Fußstapfen ihrer Eltern.“ Mich überraschte diese Antwort. So kannte ich es hier nicht. Auf meinen Teller blickend überlegte ich, wie ich es fand, dass es im Norden so anders zuging, als ich es kannte. Hier war es einfach unüblich und im ersten Moment schoss mir durch den Kopf, dass es so, wie ich es kannte besser war. Es gab Ordnung und Struktur! Und trotzdem kam eine Erinnerung hoch. Noch vor dem Krieg war es, als ein Sohn eines Beraters meines Vaters es nicht mehr wollte. Er wollte nicht eingeführt werden, in die Bürokratie und in die Politik. Jon war ein guter Bekannter von mir gewesen und ich wusste, dass er unzufrieden war mit der Entscheidung seiner Eltern. Als er plötzlich verschwand, um auf der See sein Glück zu finden, war es vor allem für seine Eltern ein Schock gewesen. Gerade, als ich den Mund aufmachen wollte um zu fragen, ob die Nordländer nur bei der Auswahl ihrer Krieger so offen waren, hörte ich Schritte hinter mir. Ich blickte mich um und sah meine kleine Schwester, gemeinsam mit meinem Zwillingsbruder den Raum betreten! Fröhlich lief sie auf mich zu und ihre langen, braunen, geflochtenen Haare schwangen bei jeden ihrer Schritte mit. „Thalia“, rief sie fröhlich und drückte meine Hände, als sie bei mir stand. „Schön, dich heute endlich zu sehen!“ Ihre braunen, warmen Augen flackerten hinauf zu Ragnar und auch ihn lächelte sie herzlich an. „Guten Morgen“, sagte sie höflich und knickste höflich vor ihrem Schwager. Ragnar nickte kurz und grüßte höflich meine Geschwister. „Guten Morgen“, sagte Tal und setzte sich gegenüber meines Mannes. Zu meinem Vater blickend fragte er: „Speist Ulveig heute nicht in unserer Mitte?“ Überrascht sah ich auf und natürlich, war er als Clanführer Gast im Hause meines Vaters. Dies hatte ich vollkommen vergessen. Auch Ragnar sah überrascht auf und sah von meinem Bruder zu meinem Vater. Den Kopf schüttelnd erklärte er: „Er hatte gestern beim Abendessen verlauten lassen, heute Morgen auszureiten und die Gegend zu erkunden.“ Höflich nickte mein Bruder und er suchte meinen Blick. Ich verstand ihn sofort! Er war nicht traurig, dass der Mann nicht an unserer Tafel saß. Ich hatte ihn nur gesehen und noch nicht ein Wort mit diesem Menschen wechseln können, der in meinem Leben Schicksal gespielt hatte. „Freust du dich eigentlich wieder auf dein Zuhause“, wehte die freundliche Stimme meiner Schwester über den Tisch und sie lächelte Ragnar offen an. Ja, man merkte ihr die Naivität an und trotzdem war es erfrischend, dass sie in so vielem etwas Gutes sah. Die Grünen Augen des Mannes glitten an ihrem noch recht kindlichen Gesicht entlang und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Ja, ich freue mich wieder meine Heimat zu sehen. Wer ist nicht gerne Zuhause?“, fragte er und trank einen kräftigen Schluck Wasser. Innerlich seufzte ich schwer, denn ich freute mich einfach nicht. Doch viel Zeit um in Selbstmitleid zu versinken wollte ich mir nicht geben und so lauschte ich lieber dem Gespräch. Ragnar erzählte ohne, dass meine Schwester ihn fragte, wie es aussah bei ihm Zuhause. Man hatte es mir bereits beschrieben und doch lauschte ich erneut den Erzählungen meines Mannes. Die weiche Stimme meiner Mutter drang an meine Ohren. „Ragnar, hat dir meine Tochter eigentlich gesagt, dass sie auch gerne jagt?“ Zur mir blickend nickte Ragnar. Er sah hinüber in das Gesicht meiner Mutter und sprach: „Ja, das hat sie durchaus. Allerdings ist es bei uns nicht wirklich Sitte, dass Frauen jagen, außerdem sind die Wälder gefährlich, wenn man sich nicht auskennt.“ Ich rümpfte die Nase und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich ließ mir das Jagen nicht verbieten. Gerade, als ich den Mund aufmachen wollte um etwas zu sagen, kam mein Bruder mir zuvor. „Ich glaube kaum, Schwager“, sagte er und ich erkannte die Kälte in seiner Stimme, auch wenn er sie gut verbergen konnte, „dass du meine Schwester, von so etwas abhalten kannst. Sie ist außerdem eine gute und geübte Schützin. Du solltest sie diesbezüglich nicht unterschätzen.“ Ich wusste, als er mich musterte, dass er skeptisch war. Kannte er es nicht, dass Frauen so etwas auch konnten? Vermutlich nicht… „Na ja, wir werden sehen, wie es sich so entwickelt“, versuchte er diplomatisch zu sagen. Die Wut in mir begann zu sieden und ich schluckte sie hinunter. Sollte er glauben, dass ich all meine Gewohnheiten für ihn, diesen grobschlächtigen, bärtigen Hünen, hinter mir lassen würde, hatte er sich gewaltig getäuscht! „Ja, werden wir sehen“, sagte ich mir kühler und distanzierter Stimme zu ihm. Wieso konnte er ab und zu nett wirken und dann wieder so unfreundlich?! Stumm sahen wir einander an und erst die Stimme meines Vaters brachte uns beide dazu, das Starren zu beenden. „Na ja, noch ist ja etwas Zeit“, sagte er hastig und fragte, was wir nach dem Essen vorhatten. Wir verließen das Haus meiner Eltern und gingen hinunter durch die Straßen. Nun, ging es zu meinen Schwiegereltern. Wieder schwiegen wir und es war ein unangenehmes Schweigen. Er würde sich noch wundern, wenn er glaubte, mir das Jagen zu verbieten zu können! Wieso fanden wir nicht einfach ein Thema, über welches wir beide gleichermaßen sprechen konnten? Innerlich seufzte ich schwer auf. Hoffte ich, dass es sich änderte, im Laufe der Zeit? Wenn der Clanführer die Vermählung so ernst sah, wie die Anderen sagten, würde ich nicht nach einem Jahr das Handtuch werfen können. Ich würde vermutlich bleiben müssen. Ich hatte den Clanführer immer nur kurz gesehen und die Stirn leicht runzelnd fragte ich Ragnar: „Wird dieser Ulveig eigentlich mit mir sprechen wollen?“ Zu mir blickend zuckte Ragnar leicht den Schultern und als ich ihn fragend ansah erklärte er: „Ulveig ist dieses Bündnis zwar wichtig, doch eigentlich meint er häufig, es sei Zeitverschwendung mit Weibern zu sprechen… Er ist der Meinung, dass man vernünftige und ernsthafte Gespräche nur mit Männern führen kann… Aber ich kann mich auch vertun. Schließlich ist das hier eine gänzlich andere Situation.“ Meine Lippen wurden zu einer schmalen Linie, als ich Ragnars Worten lauschte. Wenn so der Clanführer dachte, wie sah er es dann. Schwer schluckend fragte ich: „Ist das auch deine Meinung?“ Langsam wandte sich der Haupt meines Mannes in meine Richtung. Unsere Blicke begegneten sich und langsam strich er sich durch die langen Barthaare. Er schüttelte den Kopf und nach einem Augenblick der Stille antwortete er: „Ulveig ist da schon sehr… sehr eigen in seiner Meinung. Er hält auch nichts von unseren Ältestenrat. Dieser besteht aus den sieben ältesten und weisesten Frauen. Er ist der Meinung es seien einfach Treffen alter Teeweiber.“ Wage nickte ich und erst, nachdem wir zwei Schritte weiter gegangen waren bemerkte ich, dass er mir nicht geantwortet hatte. Ich sprach ihn darauf an. „Ich habe dich nicht nach seiner Erklärung gefragt. Ich habe dich gefragt, wie du dazu stehst“, sagte ich und sah ihn auffordernd an. Wenn er es ähnlich sah, würden Ragnar und ich es nur noch schwerer haben. Ich hoffte, dass er nicht so seltsam dachte, wie sein Clanführer. „Ich denke, dass es sowohl dumme Männer, als auch Frauen gibt. Manche Frauen haben häufig eine nervige und laute Art an sich. Aber auch einigen Männern möchtest du gerne die Axt in den Schädel rammen, wenn sie das Mau…den Mund aufmachen“, korrigierte er sich und sah fast schon gespannt zu mir. Hatte er gerade wirklich gesagt, man möchte jemanden eine Axt in den Schädel rammen? dachte ich mir und verzweifelt schloss ich die Augen. Mit was für einen Hinterwäldler ich verheiratet wurde! „Das heißt für dich sowohl Männer als auch Frauen müssen erst beweisen ob sie dumm sind oder nicht.“, schlussfolgerte ich nach einigen stillen Momenten. Ragnar nickte leicht und ein gehässiges Schmunzeln glitt über meine Lippen als ich dachte: Ich hoffe, du glaubst nicht, dass ich dich für die hellste Kerze auf der Torte halte… Vielleicht hatte mich ein gehässiges Grinsen verraten, oder vielleicht konnte dieser Mann mich besser entschlüsseln, wie ich ihn. Denn mit einer raueren und finsteren Stimme meinte er plötzlich: „Halte mich nicht für dumm. Nur, weil wir bei uns keine Akademien und so etwas haben, bin ich weder einfältig noch langsam in meinem Denken.“ Es war, als gieße er Öl in ein siedendes Feuer. Denn ohne, darüber nachzudenken, fuhr ich ihn gereizter an, als ich es eigentlich wollte: „Dann hoffe ich, dass du mich nicht für dumm hältst, nur weil ich Brüste habe!“ Zorn flackerte in meinen blauen Augen auf und finster starrte ich hinauf in seine Augen. „Ich kenne dich nicht“, sagte er und auch seine Augen schienen sich zu verengen. Reizte es ihn, dass ich ihm Widerworte gab? Ich wusste es nicht. Und ich wollte es auch nicht wissen! Denn selbst, wenn es so wäre, würde ich mein Verhalten nicht ändern! Er überging meine Art und mit einer auffordernden Handbewegung forderte er mich auf: „Jetzt geh weiter! Meine Eltern wollen dich kennen lernen. Ich habe keine Lust, sie weiter warten zu lassen.“ Kapitel 8: Dunkle Schwingungen ------------------------------ Wütend starrte ich auf den Boden zu meinen Füßen! Wie konnte er nur so mit mir sprechen? Er machte mir das Leben unnötig schwer! Glaubte er wirklich, ich sei dumm? Dachten vielleicht alle Männer im Norden, dass Frauen dumm sind? Ich hoffte nicht! Ich mied seinen Blick und achtete nicht auf den Weg, den wir gingen. Noch beachtete ich die Menschen, welche unseren Weg kreuzten. Wir kamen bei den Zelten an und ich merkte, dass einige der Menschen in Aufbruchsstimmung waren. Zelte wurden ordentlich verpackt und zusammengelegt, die Feuerstätten gelöscht. Vermutlich würden viele nun aufbrechen. Der Weg nach Hause war schließlich schwierig und lange. Verstohlen sah ich die Männer an, waren sie alle Gleich? Hielten sie Frauen wirklich alle für dumm? Den Kopf leicht schüttelnd atmete ich durch. Man kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, mahnte ich mich selbst in Gedanken. Durchatmend betrachtete ich die großen achteckigen Zelte. „Wieso schläft deine Familie eigentlich hier unten und nicht oben in dem Haus meines Vaters?“, fragte ich, während ich die anderen dabei beobachtete, wie sie ihre Habseligkeiten zusammen packten. Kurz blickte Ragnar hinab zu mir. Fand er meine Frage albern? Oder fand er sie unpassend? Hätte ich es ihnen auf der Hochzeitsfeier anbieten sollen? „Meine Eltern mögen keine Häuser aus Stein. Sie wollten es nicht. Aber man hatte es ihnen durchaus angeboten“, erklärte Ragnar und geleitete mich mit sicheren Schritten durch das Zeltlager. Fast schon war ich erleichtert, also war ich ihnen nicht unhöflich begegnet. Viele grüßten Ragnar und mich, doch ich erkannte keinen von ihnen. Es waren zu viele Namen gewesen, welche ich in den letzten Tagen gehört hatte. Als ich in ein halb offenes Zelt hineinspähte sah ich eine Lagerstelle auf denen viele Fälle lagen. So wie Ragnar es gestern noch berichtet hatte. An einem etwas größeren Zelt blieb mein Mann stehen. Man sah deutlich, dass dieses Zelt keinen armen Bauern gehörte. Das Zelt war in einem guten Zustand und bot genügend Platz für drei bis vier Leute. Er deutete mir an, dass ich ihm folgen sollte und so trat ich nach ihm in das mannshohe Zelt. Ich sah zwei Schlafstätten. Die Schlafstätten waren leicht erhöht, damit man nicht auf dem kalten Boden schlafen musste. Eine kleinere, vermutlich für Lillie und eine etwas größere. Ansonsten war nicht viel hier drinnen. Auf dem Boden lagen einige Matten und zwei große Taschen lagen neben den provisorischen Betten. Ich verstand, warum viele schnell wieder aufbrechen wollten. So schwer beladen, würde es sicherlich länger dauern, als ohne die ganze Last. Wie viele Ragnar und mich begleiten würden? Doch noch bevor ich fragen konnte, erblickte ich Lillie, welche auf mich zugesprungen kam. Fröhlich drückte sie mich an sich. „Guten Morgen“, glücklich war ihre Stimme und als sie sich löste fragte sie: „Wieso kommt ihr erst jetzt? Wir dachten, dass ihr etwas eher kommt.“ Ihre roten gelockten Haare waren im Nacken zusammengebunden und als sie sich löste könnte ich an ihrem Oberarm ein Tattoo erblicken, als sie die Haare zu bändigen versuchte. Ein verzierter Kranz umschlang ihren Oberarm. Es hatte den Anschein, dass es eine Ranke sein sollte. Ob alle solchen Körperschmuck trugen? „Wir haben mit meiner Familie gefrühstückt. Deswegen kommen wir erst jetzt“, erklärte ich ruhig. Verstehend nickte sie und begrüßte fröhlich ihren Bruder. Eine etwas beleibte Frau mit einem freundlichen und etwas runden Gesicht kam zu uns und wie am Tage meiner Hochzeit schloss sie mich in ihre Arme. „Schön, endlich mit dir zu sprechen“, sagte sie glücklich und als sie sich von mir löste, musterte sie mich mit ihren grünen Augen. Von ihr hatte Ragnar sie also. „Guten Morgen. Ähm… Verzeiht, ich habe Eure Namen vergessen. Es waren so viele am Tage der Hochzeit“, erklärte ich höflich und hoffte, sie nahmen es nicht persönlich. Sie winkte ab und gleich erklärte sie: „Ist doch nicht schlimm! Da waren aber auch viele Menschen. Mein Name lautet Inga, mein Mann heißt Raik und das ist meine Tochter Lillie!“ Das ich Lillie bereits gestern getroffen hatte, schien sie nicht zu wissen. Tatsächlich erleichterte es mich, denn so wusste ich, dass Lillie, jedenfalls bei ihrer Familie, niemanden von meinem Fehltritt berichtet hatte. Ein wenig dankbar sah ich zu Lillie, als ihre Mutter mir sie vorstellte. Sie zwinkerte frech und drehte sich zu ihrem Bruder. Die Sympathie für sie wuchs in mir schneller als ich dachte. Ich konnte nicht verstehen, was die Beiden Sprachen. Denn Inga drückte meine Hand und verwirrt sah ich hinab. Doch ich kam nicht dazu, meine Verwirrtheit in Worte zu fassen. Glücklich meinte sie: „Ich bin ja so froh, dass mein Ragnar endlich geheiratet hat. Wir haben ihn so oft versucht jemanden vorzustellen und ich würde mich so sehr freuen, wenn ihr euch versteht!“ Ihre Freude war ehrlich, das sah man der älteren Frau an. Hatte sich Ragnar tatsächlich so vehement geweigert den Bund der Ehe einzugehen? Bereute er es jetzt und vermisste das Junggesellenleben? Der Familie einfach zu sagen, dass ich diese Hochzeit und alles was mit ihr verbunden war abstoßend fand, konnte ich meiner Familie sagen, aber nicht dieser. Ich wollte ihr nicht wehtun. Ich kannte sie schließlich nicht und irgendwie, gehörte sie schließlich nun zu meiner Familie. Ich seufzte schwer und strich mir eine blonde Strähne aus meinem Gesicht. Ich wusste nicht genau, wie ich zu reagieren hatte. „Was kochst du eigentlich am liebsten?“, fragte sie mich plötzlich und mit großen Augen sah ich zu der Frau, welche tatsächlich etwas kleiner war, wie ich. „Ähm“, war mein wenig intelligenter Kommentar zu ihrer Frage. Kochen? Ich kann nicht kochen. Ich konnte tatsächlich etwas backen, aber gekocht hatten immer andere für mich! „Ich kann nicht kochen“, sagte ich nach einem Moment der Stille, der unangenehm zu werden schien. Überrascht blickten mich die Augen meiner Schwiegermutter an. Es sah aus, als hätte ich ihr versucht zu sagen, dass der Himmel morgen in Rot leuchten würde. „Wieso kannst du denn nicht kochen? Jede Frau kann kochen“, meinte sie und klang dabei so ernst, als würde sie mich gerade eine wichtige Lektion erteilen. Ich zuckte mit den Schultern. Wieso musste ich das als Frau können? Ich brauchte es nie, also hatte ich es auch nie gelernt. Sie angehen, wollte ich nicht. Noch nicht. Vielleicht war sie einfach aufgeregt und wusste auch nicht, was man miteinander besprechen sollte. „Ich kann etwas Backen“, lenkte ich ein und dachte an den Apfelkuchen, den meine Eltern immer wieder gerne gegessen hatten. Es machte mir Spaß, etwas Leckeres aus den Zutaten zubereiten. Skeptisch betrachtete mich die Frau und verschränkte die Arme. War das etwa auch nicht richtig, was ich gesagt hatte? „Aha… Na ja, wer backen kann, kann auch eigentlich kochen. Mein Sohn und meine zukünftigen Enkel wollen sicher mehr essen, als Brot und Kuchen“, meinte sie und ich hörte tatsächlich einen strengeren Unterton in ihrer Stimme heraus, als mir lieb war. Ich spürte, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich. Vermutlich konnte man dies im schummerigen Licht des Zeltes nicht sehen. Wieso sprach auch sie jetzt schon von Enkeln? Wollte mich diese Familie in den Wahnsinn treiben? Dankbar war ich, als Ragnars Vater hinter seiner Frau auftauchte und ihr eine große Hand auf die Schulter legte. „Inga, lass das Mädchen doch erstmal ankommen. Alles Weitere wird sich dann noch einpendeln. Überfordere die junge Dame nicht“, meinte Raik mit einer angenehmen tiefen Stimme. Er trat zu mir und reichte mir seine große Hand. Etwas unsicher ergriff ich sie. Seine Hände waren rau von der schweren Arbeit, die er verrichten musste. Seine roten Haare waren von Grau durchzogen und auch er trug einen dichten Vollbart. Doch bei weiten nicht so dicht und lang, wie der meines Mannes. „Hallo Thalia“, grüßte er mich höflich und mit einem freundlichen Blick musterte er mich. Ich bemerkte, wie sein Blick an meiner Hüfte hängen blieb und ein warmer und vielleicht auch stolzer Ausdruck erschien in seinen Augen. „Ich hoffe, der Gürtel gefällt dir“, sagte er und nickte hinab zu dem silbernen Schmuckstück. Ich nickte und strich mit meinen Fingern über das verwobene und glänzende Metall. „Oh ja“, meinte ich höflich und lächelte ihn freundlich an, „ich finde den Gürtel sehr schön. Es war sicherlich sehr schwer, diesen herzzustellen. Ich habe mich sehr darüber gefreut.“ Ich log aus Höflichkeit, ich hatte mich über keines der Geschenke gefreut, doch als ich sah, wie stolz und glücklich der ältere Mann aussah, musste ich es einfach sagen. „Dann hoffe ich, dass du noch viel Freude an ihm haben wirst“, meinte er und die Freude in seiner Stimme, ließ mich ihn in einem netten Licht sehen. Plötzlich spürte auf einmal eine Hand auf meinem Rücken und als ich mich umdrehte erblickte ich Ragnars große Gestalt hinter mir. „Mutter, Vater hat Recht. Lass meine Frau erstmal bei uns ankommen. Sie ist hier schließlich anders aufgewachsen wie wir.“ Tatsächlich, war ich überrascht, dass er mich verteidigte und konnte es im ersten Augenblick gar nicht glauben. Wieso er das tat wusste ich nicht, doch ein dankbares und nettes Lächeln zierte meine Lippen. Ja, manchmal konnte er viel netter sein, als ich es ihm zutraute. „Na ja, aber man sollte doch kochen können, aber na ja, man kann auch alles lernen“, meinte sie und blickte mich immer noch fröhlich an. Ich wusste nicht genau, was ich von Inga halten sollte. Ich blickte mich etwas um und sah an einer Seite des Zeltes ein Schwert und eine Axt liegen. Ich deutete auf die Waffen und fragte: „Sind das deine, Ragnar?“ Er folgte meinem Blick und nickte du wirkte unschlüssig. Skeptisch blickte er zu mir und wieder zu den Waffen in der Ecke des Zeltes. Es schien, als passe es ihm nicht, dass ich Interesse an den Waffen zeigte. Warum dies so war, konnte ich nur mutmaßen. Vielleicht wollte er einfach nicht, dass eine Frau an Waffen Interesse zeigte. Natürlich, war es auch hier in meiner Heimat nicht üblich, dass alle Frauen an Waffen Interesse zeigten, doch ich war immer schon fasziniert davon gewesen. „Das sind die Waffen, mit denen mein Bruder am besten kämpft“, plapperte Lillie fröhlich drauf los. Ich nickte leicht und grinste Ragnar an und erinnerte mich wieder daran, wie er aussah, als ich ihn vor Monaten in den Hallen meines Vaters gesehen hatte. „Na ja, wenn er so ein guter Krieger ist, sollte man sich mit ihm besser nicht anlegen“, scherzte ich tatsächlich etwas herum. Das Grinsen auf Lillies Gesicht wurde breiter und sie kicherte ein wenig, während sie nickte. Es war ein komisches Gefühl für mich, dass die Menschen hier sich freuten, mich zu sehen. Mich umblickend fragte ich nach einem Moment der Stille: „Wie viele begleiten uns eigentlich auf dem Weg zu Euch?“ fragte ich und sah dabei zu Ragnar: „Ich glaube es werden so um die zehn Personen sein. Einige sind gestern aufgebrochen, einige brechen heute auf. Sven und einige meiner Kampfgefährten begleiten uns. Aber einige sind mit den anderen unterwegs. Die Reise wird lang… Ach, Thalia zeigt mir gleich die Umgebung. Wir reiten aus und bleiben deswegen nicht lange, Mutter.“ Inga nickte und meinte sogleich: „Pass aber auf. Dieser schwarze Hengst hatte dich gestern schon fast abgeworfen! Nicht, dass dir noch etwas passiert.“ Inga klang fast wie meine Mutter wenn sie sich sorgte und es ließ mich tatsächlich leicht schmunzeln. Mütter schienen überall gleich zu sein. Ich wusste, dass der schwarze Hengst, den Ragnar geschenkt bekommen hatte ein wildes Tier sein konnte und vermutlich hätte meine Mutter ebenso Sorge, wenn ich ihn reiten würde. Ob Ragnar ein erfahrener Reiter war, wusste ich nicht. Doch was ich wusste war, dass dieses Tier einen erfahrenen Reiter brauchte. Es war Tradition in meinem Land, dass Mitglieder meine Familie sich mit der Haltung von Pferden gut auskannte. Schließlich gewannen wir unseren Reichtum aus diesen starken und robusten Tieren. Wir, meine Geschwister und ich, waren viel geritten früher und wenn wir den Stallmeister zu sehr geärgert hatten, mussten wir des Öfteren dabei helfen, den Stall auszumisten. „Ich werde schon aufpassen Mutter“, meinte Ragnar nach einem Augenblick und ich hörte, den fast schon genervten Ton aus seinem Mund. Ich berichtete der Familie, was ich Ragnar gleich präsentieren wollte, denn ich wollte nicht, dass der Besucht wirkte, als seien wir auf der Flucht. Ich erzählte von den Seen in der Umgebung und dem Moor. Sie waren gefährlich und ich warnte die Familie diese Gegend einfach so zu betreten. Ich erzählte von den lichten Wälder und die weiten Felder der Bauern aus der Umgebung. Hier in diesem Land bestellten die Bauern viel Acker. Lillie hing an meinen Lippen und war begeistert, dass es in unserem Land, dass dank der intensiven Jagt an der Grenze nahezu keine gefährlichen Tiere gab. Sie sagte, dass sie nicht alleine in die tiefen ihrer Wälder gehen durfte, da die Gefahren zu groß seien. Wir sprachen über das, was Ragnar mir am Vorabend erzählt hatte und wie gefährlich die Bären und Wölfe sein konnten. Wir verließen das Zelt nach einer Weile und schweigend gingen Ragnar und ich durch das Lager hinüber zu den Ställen. Stuten und Hengste wurden nicht im selben Stall untergebracht, damit die Hengste nicht durchdrehten, wenn eine Stute mal rossig wurde. An mir hinab blickend strich ich mir mit der Hand über mein Kleid. Damit, konnte ich schlecht in den Stall rennen um das Pferd fertig zu machen. Ich deutete in die Richtung meines Hauses und sagte: „Wenn wir ausreiten wollen, sollte ich mich umkleiden. So kann ich mich schlecht auf den Rücken des Tieres setzten.“ Ragnars grüne Augen glitten an mir hinunter und er nickte und sprach: „Ich sag jemanden, er soll dein Pferd fertig machen lassen…“ Ich führte Freya hinaus und hielt sie am Zügel. Dank des Stalljungen war die goldfarbene Stute bereits gesattelt und wie sie mit den Hufen scharte schien sie sich darauf zu freuen, sich wieder bewegen zu dürfen. Sanft strich ich ihr über die Nüstern und mit ihrer langen Zunge leckte sie mir über die Hand. Ich schmunzelte und strich meine Hand am Hals des Tieres trocken. „Du großes Schweinchen“, sagte ich sanft und klopfte ihr lieb auf den Hals. Ich hörte Schritte und Hufgetrappel und blickte auf. Ragnar führte seinen schwarzen Hengst am Zügel und stumm betrachteten wir einander. Wie so oft schwiegen wir. Es war erstaunlich, welche unterschiedlichen Arten des Schweigens es gab. Das Angenehme, das Unangenehme, das Schweigen, welches man nicht mitbekam, genervtes Schweigen, wütendes Schweigen und sicher noch viele mehr. Ich war am Grübeln und meine Gedanken flogen weit weg, während ich das Fell des Tieres streichelte. Wie viele Meilen Freya und ich schon zusammen hinter uns gebracht hatten. Wie sie die lange Reise in den Norden überstehen wird? „Sollen wir“, raunte seine tiefe Stimme zu mir hinüber. Ich blinzelte, als ich aus meinen Gedanken gerissen wurde und schwang mich nickend auf den Rücken meines Pferdes. Sofort ging Freya einige Schritte und noch während ich aufsaß, musste ich das Tier bremsen. „Ruhig“, sagte ich leise und im fast schon sanften Ton zu ihr und strich die Mähne gerade. Ich blickte mich um und auch Ragnar saß bereits auf dem Rücken des Tieres. Unruhig tippelte der Hengst hin und her und hob aufgeregt seinen Kopf. Er tänzelte regelrecht. „Hm“, sagte ich nachdenklich und beobachtete das Schauspiel. „Lass ihn nicht rückwärst gehen“, mahnte ich ihn. Zu mir blickend beobachtete ich, wie Ragnar bestimmend die Beine gegen die Seite des Tieres drückte und kurz, aber nicht ruppig an den Zügeln zog. Schnell beruhigte sich der Hengst wieder und trotzdem folgte er den Anweisungen seines Reiters nur störrisch. Wir ließen die Stadt hinter uns und ich zeigte ihm die Umgebung. Wir ritten an einem Waldrand entlang hinüber zu den Hügelkuppen. Die More in der Entfernung und die Hügelkuppen lagen im hellen Sonnenschein. „Reiten wir dahin?“, fragte Ragnar nach einem Augenblick und deutete auf die so friedlich erscheinende Landschaft. Ein Vogelschwarm stieg in den Himmel empor und nachdenklich folgte ich den Tieren mit den Augen. Den Kopf leicht schüttelnd erklärte ich: „Nein, diese Gegen ist gefährlich wenn man sich nicht auskennt…Die Moore. Ich selbst habe mich als Kind in diesen Gefilden verlaufen und wäre fast ertrunken. Ein ansässiger Bauer hörte meine Schreie und rettete mich in letzter Sekunde.“ Ernst nickte er und musterte mich. Stirnrunzelnd sah er mich an. Noch bevor ich fragen konnte, was er von mir wollte, fragte er: „Wieso hat dein Vater dich so erzogen… Wieso lässt er dich zum Beispiel jagen?“ Ich zuckte mit den Schultern und schmunzelte ein wenig. Freya drehend ließ ich die Stute gemächlich den Hügel hinunter gehen. Als Ragnar mit seinem Tier wieder auf gleicher Höhe war erklärte ich mit ruhiger Stimme: „Dies, wird an meinem Großvater liegen. Meine Großmutter starb kurz nach der Geburt meiner Mutter. Mein Großvater, der immer einen Sohn wollte, vergötterte meine Mutter. Er liebte sie, vielleicht weil sie ihn so an Großmutter erinnerte…. Er verbrachte viel Zeit mit ihr und alles was sie wollte, ließ er sie machen. Er hatte auch nie wieder geheiratet. Als mein Vater sich in meine Mutter verliebte, musste er ihr schwören, dass diese Offenheit bleibt, wenn sie Kinder hätten. Sie wollte uns all die Freiheiten gewähren, die sie uns geben konnte… Natürlich, kann ich auch sticken und nähen… Aber ich scheine nach meiner Mutter zu kommen…“ Stirnrunzelnd betrachtete mein Mann mich. Er schwieg und sein Blick richtete sich auf den Weg vor uns. Was er sich wohl dachte? Mir auf die Lippe beißend fragte ich ihn neugierig, was er davon hielt. Erst nach einem Augenblick des Schweigens antwortete er: „Ich denke, dass ich das ziemlich seltsam finde. Bei uns im Norden sagt man, dass die Frauen hier ihre Männer beginnen zu unterdrücken und die Männer dies mit sich geschehen lassen…“ Ich kniff die Augen zusammen und richtete meinen Blick auf den Hünen. Wie kamen diese Barbaren darauf, wir würden die Männer unterdrücken? Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln. Ja, seit meine Mutter hier war, hatte sich vieles gewandelt. Frauen konnten, wenn sie es sich leisten konnten, eine Universität besuchen oder arbeiten gehen. Nicht viele, aber immer mehr taten dies auch. Viele Frauen wollten es auch gar nicht und waren mit Kind und Haushalt vollkommen zufrieden. Ich fand es albern, so etwas zu behaupten. „Schwachsinn“, kommentierte ich seine Aussage und ließ die Zügel länger, damit Freya, entspannt den Kopf halten konnte, wie sie es wollte. „Hm… ich war und bin nicht lange genug hier um das Gegenteil präsentiert zu bekommen“, raunte er mit seiner tiefen und kehligen Stimme. Schwer durchatmend sparte ich mir meine Aussage. Er schien kein Interesse zu haben, es so kennen zu lernen. Und ich schluckte leicht, während ich darüber nachdachte, was er an Erwartungen für mich hatte. „Ich kann wirklich nicht kochen“, sagte ich nach einem Augenblick und fast schon entsetzt starrten mich Ragnars grüne Augen an. Dachte er, ich habe einen Scherz gemacht, als ich dies seiner Mutter sagte? „Du wirst es schon lernen“, sagte er ruhig, als schien er mir Mut machen zu wollen. Als er erneut das Wort ergriff, prustete ich fast schon empört nach Luft. „Das können doch alle Frauen. Das wird dir sicher leicht fallen zu lernen.“ Zähneknirschend meinte ich: „Und wieso? Ich brauchte es nie… Wieso sollte ich es lernen?!“ Wieso kam er auf so eine bescheuerte Aussage? Dachten dort alle so? Ich hoffte nicht. Ich beobachtete, wie er sich über den langen Bart strich und die Augen zusammen kniff. „Wie gesagt, meine Mutter wird dir sicher helfen“, meinte er plötzlich und lächelte mich tatsächlich an, als habe er einen wundervollen Kompromiss gefunden. Einen, der uns beiden helfen und glücklich machen würde. Ich konnte nicht wirklich sprechen und so runzelte ich die Stirn und nickte nach wenigen Augenblicken. Irgendwie, schaffte es mich dieser Mann, regelmäßig sprachlos werden zu lassen. Und ich musste sagen, dass mir dies überhaupt nicht gefiel. Ich war fast ein wenig erleichtert, als wir endlich wieder zum Stall ankamen. Es war bereits Nachmittag und die Sonne strahlte warm auf uns hinab. Erleichtert sprang ich aus dem Sattel und griff nach den Zügeln des Tieres. Gleich kam ein Stalljunge auf uns zu und ich sagte: „Ich mach sie fertig. Nimm doch nur bitte den Sattel mit.“ Ich griff unter den Bauch von Freya und löste den Sattel und reichte diesen gleich an dem jungen Mann. Ich schmunzelte, als ich hörte, wie Freya tief die Luft ausstieß. Ich legte ihr das Halfter um den Hals, bevor ich ihr ihre Trense abnahm. Vermutlich freute sich die Stute, dass sie heute bewegt wurde. Ich streichelte über Freyas Stirn und lächelte zufrieden als mich Ragnars Stimme aus meiner Trance holte. „Du magst Pferde wirklich gerne, oder?“ Zu ihm blickend nickte ich. „Ja, schon ziemlich. Ich bin mit ihnen groß geworden“, meinte ich schmunzelnd. „Ragnar, Thalia“, rief eine Stimme hinter uns und als ich mich umdrehte, erblickte ich Ragnars besten Freund Sven. Sein dunkelbrauner Wams spannte sich leicht über seiner Brust und die Stiefel, die er trug waren an den Solen verdreckt, als habe er sie häufiger an. Er winkte und kam auf uns zu und sah anerkennend mein Tier an. „Du hast auch ein tolles Pferd und scheinst sicher im Sattel zu sein“, meinte er und lächelte mich an. Er nickte Ragnar kurz begrüßend zu, eher seine Augen wieder zu mir glitten. „Wo wart ihr?“, wollte er wissen und streichelte Freya über den Hals. Neugierig betrachtete er mich und schmunzelte leicht. „Ich habe Ragnar die Umgebung gezeigt“, erklärte ich und fuhr fort: „Die Hügel in der Umgebung und die Seen. Die sind aber etwas zu weit weg und das Moor haben wir uns angeschaut.“ Überrascht weiteten sich die Augen des Mannes und er sah zu Ragnar, welcher gerade den Sattel auf den Holzbalken ablegte und anscheinend etwas überprüfte. „Die sind doch gefährlich“, sprach der Mann und von mir zu Ragnar blickend fragte er: „Wollte sie dich hineinschicken? Dann weißt du, wie tief ihre Zuneigung ist.“ Man hörte den Schalk in seiner Stimme deutlich heraus und wie er mich fast schon frech anzwinkerte, konnte ich nur den Kopf über seine Worte schütteln. Ohne, dass ich es wollte stahl sich ein leises Lachen aus meinem Mund und ich schüttelte den Kopf. „Nein, das würde ich nicht tun“, sagte ich und berichtete Sven von meinen eigenen, schrecklichen Erfahrungen im Moor. Es war erstaunlich, doch dieser Mann schaffte es tatsächlich, mich zum Sprechen zu bewegen! Als erneut ein Stallbursche fragte, ob er Freya in den Stall führen sollte, ließ ich ihn gewähren. „Ich habe gehört“, sagte ich nach wenigen Sekunden, „dass du und deine Kinder häufiger zu Besuch kommen?“ Sven war mir sympathisch und ich grinste leicht, während er mir von seiner ältesten Tochter erzählte und wie häufig er zu Besuch war. „Sie zieht jedem gerne am Bart“, meinte er augenverdrehend, „Aber das werden wir ihr schon abgewöhnen. Meine Älteste ist erst vier.“ Ragnar lachte leise und erstaunt sah ich ihn an. „Wer weiß, wie viele deiner Kinder wirklich von dir sind. Vielleicht habe ich ja meine Finger mit im Spiel gehabt“, scherzte Ragnar auf einmal herum. Als ich sah, wie Sven lachte, wusste ich, dass Ragnar diesen Scherz wohl schon häufiger gemacht hatte. Ich merkte, wie froh ich wurde, wenn ich meinen Mann so locker erlebte. Doch gerade, als ich etwas Freches erwidern wollte blieben mir meine Worte im Halse stecken. Ich bemerkte Leif! Zornig betrachtete er uns und ich konnte sehen, wie es in meinem Geliebten brodelte. Die Männer folgten meinem Blick und ich bemerkte, wie sich Ragnar und Sven in die Augen blickten. Sie hatten also, über ihn bereits gesprochen. Ich hoffte, er würde sich im Griff haben. Doch die aufbrausende Art, meines Geliebten schien er selbst gerade nicht unter Kontrolle zu haben. Mit wutverzerrtem Gesicht blickte er meinem Mann nach und wütend schrie er ihm entgegen: „Du beschissener Hurensohn, hast sie dir einfach genommen!“ Erschrocken sah ich von Leif zu meinem Mann, dessen Augen sich vor Wut verengt hatten. Ich schluckte leicht, doch noch bevor ich mich bewegen konnte drehte sich der Hüne um und die Verachtung sprach aus seinem Mund als er sagte: „Und wenn schon? Warum hast du sie nicht einfach vorher geheiratet? Dann würdest du jetzt nicht rumheulen wie ein Mädchen!“ Als Ragnar sich gänzlich zu ihm drehte, wollte ich ihn aufhalten. Doch ein fester Griff hielt mich zurück. Bestimmender als sonst sprach Sven: „Nicht einmischen! Das ist Ragnars Angelegenheit.“ Bedrohlich, ließ Ragnar die Knochen knacken und ging langsam auf Leif zu. Angst kroch in meine Glieder und als ich erneut erschrocken zu ihnen rennen wollte, packten mich zwei kräftige Hände und hielten mich fest. Ernst schüttelte Sven den Kopf und sagte erklärend erneut sehr Autoritär: „Misch dich nicht ein. Wenn der Typ meint Ragnar provozieren zu müssen, muss er mit den Konsequenzen leben!“ Ich wollte nicht, dass er Leif weh tat. Ich kannte ihn. Er wusste selten, wann genug war! Ich konnte sehen, wie die Wut ihn leitete. Ich kannte ihn schließlich. „Du hast keine Ahnung, wie es damals hier war“, hörte ich Leif provozierend sagte und mein Ruf, er sollte endlich aufhören zu sprechen, schien von den beidem Männern nicht beachtet zu werden. Eisig war die Stimme meines Mannes, als er sprach: „Ja, und? Leb damit wie es ist. Ihr wusstet es schließlich nicht erst seit einem Tag, was geschehen würde. Also hör auf zu jammern, wie eine alte Jungfer!“ Ich bemerkte, wie sich Leifs Stirn wütend kräuselte. „Wenigstens musste ich sie nicht vergewaltigen, damit sie bei mir liegt“, schrie er Ragnar entgegen und Augen aufreißend blickte ich ihn erschrocken an. Ich sah, wie Ragnar erstarrte. Er sah über die Schultern und unsere Blicke trafen sich. Was in ihm vorging, war für mich nicht ersichtlich. Endlich, entließ er mich aus seinem Blick und die Panik kroch in mir hoch, als ich ihn sagen hörte: „Du kannst froh sein, dass ich keine Waffe zur Hand habe… Aber ich kann dich immer noch erschlagen!“ Ich glaubte ihm! Ich glaubte ihm sofort und als er wütend auf Leif zuging schrie ich panisch: „Nein Ragnar! Bitte nicht!“ Ich wollte zu ihnen stürzten, doch unnachgiebig schien der Griff Svens zu sein. Und erneut meine er, ich solle mich nicht einmischen. Leif riss die Hände empor, um sich zu verteidigen und tatsächlich konnte er so den ersten Schlag meines Mannes aufhalten. Doch ich wusste, dass Leif nicht der beste Nahkämpfer war. Er war eigentlich kein Krieger. Wie gut mein Mann sich in Prügeleien schlug, konnte ich nicht sagen. Mein Geliebter holte mit der Faust aus und schlug dem rothaarigen Mann gegen die Seite. Feste sah der Schlag aus, doch dieser stand unbeeindruckt wie ein Baum. Tat ihm der Schlag wirklich nicht weh oder konnte er nur gut wegstecken? Es dauerte keine zwei Sekunden bis er zum Gegenschlag ausholte. Er versetzte Leif einen kräftigen Schlag gegen sein Kinn, was ihn straucheln lies. Und ich hörte das schmerzvolle Stöhnen aus dem Mund meines Geliebten. Die Angst kroch in mir hoch. Ich wollte nicht sehen, wie Ragnar Leif erschlug! Wie sollte ich dann mit ihm mitreisen? Das würde ich nicht können! Erneut brüllte ich, dass die Beiden aufhören sollten. Doch erneut schien es sinnlos und immer noch, wollte Sven mich nicht aus seinem Griff befreien. Seine enorme Größe war ein Vorteil für Ragnar und diese schien er vollkommen auszunutzen. Leif hatte Probleme an ihn heran zu kommen, was ihn nur noch wütender machte. Erneut schrie er Ragnar eine Beleidigung an den Kopf. Doch auch Ragnar schien keine Geduld mehr zu haben und schlug mit voller Härte auf ihn ein. Ich sah, wie Blut spritzte und hätte mich am liebsten übergeben. Es war nicht das Blut, welches mir auf den Magen schlug. Es war das Wissen, dass es mein Geliebter war, der zusammengeschlagen wurde. Doch ich konnte meinen Magen unter Kontrolle halten. Ich bemerkte, wie Leif taumelte, vermutlich schien der Schlag ihn benommen zu machen. Es war grauenvoll ihn so zu sehen. Sich krümmend und stöhnend vor Schmerzen. Unbarmherzig holte Ragnar erneut zum Schlag aus. Leif krümmte sich nach einem weiteren Treffer und es schien, als sei Mitleid ein Wort welches mein Mann gerade nicht kannte. Ragnar warf ihn zu Boden und trat ihm in die Seite, wie ein Tier, welches vollkommen die Beherrschung zu verlieren schien. Ich konnte es kaum mit ansehen. Wusste von diesen Idioten denn keiner wann Schluss war? Panisch und durch das Adrenalin berauscht, trat ich Sven mit all meiner Kraft auf die Füße und riss mich endlich von ihm los! Ich stürmte auf Ragnar zu und griff nach seinem Arm. „Hör auf!“, schrie ich ihn panisch an und Tränen liefen mir über die Wange! Ich wollte, dass er aufhörte. Ich wollte nicht, dass er Leif noch mehr antat. Er sollte einfach aufhören! Ich sah, wie das Blut von seiner Nase auf den Boden tropfte und mit einem kräftigeren Ruck, als ich selbst dachte, stieß ich Ragnar weg von Leif. Wütend drehte er sich um und mit harscher Stimme meinte er: „Misch dich nicht ein, Weib!“ Ich wusste nicht, woher ich den Mut nahm. Vielleicht, war es das Adrenalin, vielleicht war es auch einfach die Angst um meinen Geliebten, denn ich ging nicht weg! Ich wich nicht vor seinem wütenden Gesicht zurück und stur blickte ich ihm in die grünen Augen. „Doch! Das werde ich. Hör endlich auf Ragnar“, sagte ich und die Wut ließ meine Stimme erbeben. Er sagte nichts. Er blickte mir nur weiterhin stur in die Augen und sein Blick richtete sich auf den Mann, der hinter mir am Boden lag und sich vermutlich gerade wieder aufrappelte. „Du kannst froh sein, dass du dich hinter meiner Frau verstecken kannst“, sprach er Leif fast schon hasserfüllt an. Mit langen Schritten ging er auf mich zu und griff feste nach meinem Arm, gerade als ich mich umdrehen wollte um Leif auf die Beine zu ziehen. „Lass ihn in Ruhe!“, sagte Ragnar in einem Ton der eigentlich keine Widerworte zulassen sollte. Doch ich wollte nicht. Ich versuchte meinen Arm aus seinem festen, fast schon schraubstockartigen Griff zu befreien, doch er packte nur fester zu und schmerzvoll keuchte ich auf. „Lass mich los!“, sagte ich und kniff die Augen zusammen, „ich will ihm helfen!“ Es schien als höre er mich gar nicht zu, denn er ging einfach und zerrte mich hinter sich her, wie ein kleines Kind. Ich schrie auf, dass bereits andere aus der Stadt hier waren und uns beobachteten bemerkte ich erst, als mich Ragnar durch die Menge zerrte. Diese verdammten Gaffer! Wie musste ich aussehen? Als Tochter des Fürsten, hinterhergeschleift vom eigenen Mann! „Lass mich los“, schrie ich verzweifelt und blickte über meine Schulter und sah, wie Leif in Schach gehalten wurde. Es schien, als wollte er weiter versuchen, es erneut mit Ragnar aufzunehmen. „Nein!“, sagte mein Mann herrisch und als er mich ruckartig zu sich zog standen wir näher beieinander, als mir in diesem Moment lieb war. „Du bist meine Frau!“, sprach er und tatsächlich, hatte ich ihn noch nie so wütend mit mir sprechen hören, „du wirst mit diesem Mann nichts mehr zu tun haben. Spätestens, wenn wir aufbrechen und jetzt hör endlich auf zu meckern! Mir ist es egal, was ihr früher miteinander zu tun hattet, aber das war früher!“ Ich merkte, wie mir bei seinen Worten die Luft entwich und das Blut aus meinem Gesicht verschwand. Erneut ging Ragnar los und zog mich mit sich. Kapitel 9: Wogen glätten ------------------------ Energisch wurde ich in mein Zimmer gestoßen und stolperte fast über meine eigenen Füße. „Lass mich endlich los, verdammt…!“, schrie ich und schaffte es erst im Zimmer meinen Arm aus Ragnars festem Klammergriff zu befreien. Doch eigentlich, war ich mir sicher, dass er mich gerade erst aus seinem festen Griff entlassen hatte. Erneut stolperte ich fast über meine eigenen Beine, als ich von ihm weg treten wollte. „Wieso hast du das gemacht?“, schrie ich ihn immer noch mit panischer Stimme an! Er verschränkte die Arme vor der Brust und wie er mich betrachtete verengten sich seine Augen fast zu Schlitzen. „Ich lasse mich nicht beleidigen und bloßstellen. Und wenn er so nach Prügeln schreit, dann soll er sie auch bekommen.“ Eisig war seine Stimme, wie er mir das sagte. Meine Hände zitterten, als ich mir durch mein Gesicht strich und ich konnte nur den Kopf schütteln. „Er ist sauer“, meinte ich mit aufgebrachter Stimme, „dass musst du doch verstehen…“ Energischer, als ich dachte, schüttelte Ragnar den Kopf. Sein Bart erzitterte fast schon und ich musste schlucken, als ich in die grimmigen Augen vor mir sah. Er ließ keinen Kompromiss, oder gar Erklärung zu. „Ich muss gar nichts“, seine Stimme war eisig und seine Worte hart , „Wenn er doch so toll war und ihr euch so sehr geliebt habt, hättet ihr auch schon vorher heiraten können. Dann wärst nicht du, sondern irgendwer anders meine Frau geworden. Aber du bist es jetzt, Thalia! Akzeptier das jetzt! Wenn der Typ meint, mich zu beleidigen und zu provozieren, muss er damit leben, dass ich das nicht auf mir sitzen lasse!“ Tränen schossen mir in die Augen, als er die harschen Worte zu mir sagte. Ich schüttelte den Kopf und wollte das nicht so stehen lassen! „Du hast keine Ahnung, wie das damals war! Und dann, hatte ich keine Wahl mehr! Also tu nicht so, als sei das einzig unsere Schuld!“, schrie ich wutentbrannt zurück und verschränkte die Arme fast schon schützend vor meinem Körper. Die blanke Wut leckte an meinen Nerven. Er hatte keine Ahnung, wie es hier war, während des Krieges! Ich erschreckte mich, als Ragnar plötzlich auf mich zutrat und der Zorn war deutlich in seiner Stimme verankert. „Und es ist nicht meine Schuld, dass du meine Frau geworden bist! Ich habe es dir schon einmal gesagt, ich habe mich nicht freiwillig dafür gemeldet! Also tu verdammt noch mal nicht immer so, als sei ich der schlimmste Mensch auf Erden! Glaubst du wirklich, ich bemerkte, deine Blicke nicht! Du bist nicht die erste Frau die verheiratet wurde und du wirst auch nicht die letzte sein!“, brüllte er mich an und ich konnte das zucken in seinem Arm deutlich sehen. Erschrocken sah ich hinab auf seinen Arm, doch noch bevor ich etwas sagen konnte, drehte sich Ragnar weg von mir und trat mit voller Wucht gegen dem Stuhl an meinem Spiegel. Was von alle dem, hatte ihn so erzürnt, dass er so ausflippte? Ich zuckte zusammen und mit großen Augen starrte ich den Mann vor mir an. Der Zorn war wie verpufft. Doch die Angst, die an seine Stelle trat fühlte sich weit aus beklemmender an. Mein Körper begann zu zittern und mir wurde warm und kalt zugleich. Ich schluckte und mein Puls beschleunigte sich. Ich hatte Angst, dass er nun vollkommen ausflippte. Ich wollte nicht, dass er mich womöglich noch schlug! Erneut schreckte ich zusammen, als sein Blick mich erneut einfing. „Ich habe dich nie vergewaltigt! Ich hoffe nicht, dass du ihm das gesagt hast! Und wenn du das, was wir gemacht haben, als Vergewaltigung siehst, dann glaube mir, willst du nicht wissen, was eine wirkliche ist!“ Meine Lippen erbebbten, ebenso wie mein Körper und scharf zog ich die Luft ein. Hastig schüttelte ich den Kopf und meinte: „Ich habe das nie behauptet.“ Starr sah er mich an. Als versuche er herauszufinden, ob ich log, oder nicht? Die Sekunden verstrichen und fühlten sich an die eine Ewigkeit. Grimmig nickte Ragnar und wie er mich musterte, schien die Wut ihn fast schon plötzlich zu verlassen! War dieser Vorwurf etwas der entscheidende Funken gewesen, der ihn aus der Fassung brachte? Ruhiger, als noch vor wenigen Augenblicken sagte Ragnar: „Ich will nicht, dass du mit diesen Menschen weiterhin verkehrst!“ Obwohl er ruhiger war, als noch vor wenigen Augenblicken hörte man deutlich die Autorität in seiner Stimme heraus. Wieder mal, hatte man das Gefühl, er ließ keinen Widerspruch zu. Ich schüttelte den Kopf. „Ich lasse mir nicht verbieten, mit wem ich Kontakt habe und mit wem nicht“, sagte ich ruhiger, als ich es mir selbst zutraute. Er konnte es mir nicht verbieten! So albern es klang, ich wollte es auch nicht. Er war nicht mein Vater und ich kein kleines Kind! Ich beobachtete, wie Ragnar die Augen schloss, als versuche er sich selbst zu beruhigen. Ich hörte ihn schwer ein und ausatmen und während er leicht den Kopf schüttelte. „Gut, dann sage ich Sven, dass er auf euch beide ein Auge werfen soll, wenn ihr euch trefft. Ich habe darauf einfach keine Lust“, sagte er und ging zur Tür. Noch bevor ich etwas erwidern konnte hatte er die Tür hinter sich zugezogen und ließ mich alleine in meinem Zimmer zurück! Das war nicht sein Ernst! Das konnte er nicht ernst meinen! Er sollte und durfte nicht so über mein Leben bestimmen! Schwer schluckend ließ ich mich auf mein Bett nieder und merkte erst jetzt, wie sehr mein Körper zitterte. Schwer durchatmend versuchte ich meine zittrigen Nerven zu beruhigen. Wollte er mich gerade wirklich schlagen? Wie ging es Leif? Hatte er ihm vielleicht etwas gebrochen? Ich hatte das Zucken bemerkt, welches durch seinen Körper ging. Würde er zuschlagen, wenn er die Kontrolle gänzlich verlor? Wirr waren meine Gedanken, als sie durch meinen Kopf flogen und ich schaffte es nicht, mich lange genug auf einen zu konzentrieren. Heftiger als beabsichtig schreckte ich zusammen, als es an der Tür klopfte und schon im selben Augenblick betrat mein Bruder mein Zimmer. „Schwester“, sagte er und kam mit langen Schritten auf mich zu. Die Tür fiel mit einem lauten Klicken ins Schloss und als er sich neben mich setze drücke ich mich an ihn. Überrascht sah ich ihn an. Hatte es sich so schnell verbreitet, was geschehen war? Wie würden die Menschen mich nun sehen? Ich konnte nichts sagen. Irgendetwas drückte meine Kehle zu und leise schniefend drückte ich mein Gesicht an seinen Hals. Es war, als brauchte ich den ersehnten Halt. Sanft und liebevoll streichelte er mir über meinen Rücken und ich war dankbar, dass er nichts sagte. Er hätte es auch nicht besser machen können. Wie sollte das weiter gehen? Ragnar hatte Recht, ich war nicht die erste Frau die verheiratet wurde und natürlich würde ich nicht die Letzte sein, der so etwas geschah. Sollte ich mich einfach damit abfinden? Damit leben und lernen, das Beste aus der Situation zu machen? Doch was bedeutete dies für mich? Meine Gedanken flogen dahin, weg von hier, während mein Blick starr auf den Boden gerichtet war. Als mein Bruder begann zu sprechen wusste ich nicht, wie viel Zeit vergangen war. „Ich hab von dem Streit gehört“, sprach er vorsichtig und fuhr sanft durch meine Haare. Ich konnte nur nicken und schluckte leicht. „Er war so wütend… Ich glaube er wollte mich schlagen“, nuschelte ich leise. Besorgt musterten mich die blauen Augen meines Bruders und ich wusste, was er fragen wollte. Den Kopf schüttelnd erklärte ich leise: „Hat er nicht gemacht… Er hat Leif total verprügelt… Der sah schrecklich aus…“ Ich hörte, wie Tal durchatmete und nach einem Augenblick meinte er: „Ich weiß. Ich habe ihn getroffen… Doch er darf deinen Mann nicht einfach so beleidigen und bloß stellen. Das… es hätte weitaus schlimmer enden können für ihn.“ Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern. Das, was ich gesehen hatte reichte mir vollkommen aus. Es war schlimm genug so! „Thalia“, sagte Tal sanft und strich mir über die Seite, „du wirst das hinbekommen mit diesem Menschen… Vielleicht lernst du ja wirklich, ihn zu lieben und dann ist er vielleicht gar nicht mehr so komisch, oder so…“ Ich schloss die Augen. Wollte ich so etwas von meinem eigenen Bruder hören? Wollte ich mir über so etwas überhaupt Gedanken machen? Es war mein Stolz der diesen Gedanken versuchte von mir wegzudrängen und ich wusste nicht, ob dieser Stolz noch zu groß war. „Ich glaube nicht, dass ich die Frau werde, die er gerne hätte“, sagte ich leise und schaffte es endlich, mich von meinem Bruder zu lösen. „Thalia, sei einfach du selbst“, sagte Tal und strich mir sanft die Tränen von der Wange, „wenn du nicht immer sarkastisch bist, kannst du echt toll sein.“ Er zwinkerte mir zu und ich lachte leise auf. Er wusste, dass ich in Ausnahmesituationen mit Sarkasmus reagierte. Mir war bewusst, dass es viele als unhöflich, oder gar zickig empfanden, doch es war einfach meine Art damit umzugehen. Doch wie ich über meine Worte nachtdachte, wusste ich nicht, ob ich sie richtig gewählt hatte. Denn wollte ich denn die Frau werden, welche er gerne hätte? Wollte ich diesem Menschen überhaupt gefallen? Und wenn ich mir Mühe geben würde, müsste er es dann nicht auch? Zog ich nicht schließlich fort aus meiner Heimat? Ja, er war nett zu mir und doch machte er oft genug deutlich, was er wollte. Es passte ihm nicht, dass ich jagen ging. Es passte ihm nicht, dass ich nicht kochen konnte und es passte ihm nicht, dass es mir schwer fiel mich auf ihn einzulassen. Erneut erbebte mein Körper und ich musste einfach endlich über etwas anderes sprechen. Ein letztes Mal, atmete ich tief durch und strich mir durch mein Gesicht. „Wie ist eigentlich dieser Ulveig?“, fragte ich, damit ich endlich auf andere Gedanken kam. Ich wollte nicht mehr über Ragnar, oder dieses beschissene Bündnis nachdenken. Außerdem, wusste ich so gut wie nichts über diesen Menschen, der mein Leben so mitbestimmt hatte. Nun war es an Tal schwer zu seufzten und er strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich kannte ihn, er tat es nicht, weil sie ihm störten. Diese Handbewegung machte er des Öfteren, wenn er nachdachte. „Er ist echt kein netter Mensch“, meinte er ernster, als ich dachte, „er sucht regelrecht nach Streit und er scheint gerne Kriege zu führen. Er wartet nur auf Gründe, so hat es jedenfalls den Anschein.“ Ich schluckte leicht, als ich dies hörte. Wie konnte man nur freiwillig gerne Kriege führen, dachte ich fast schon verzweifelt und schloss kurz die Augen. Langsam nickte ich, zum Zeichen, dass ich Tal zugehört hatte. Irgendwie, bekam ich den Eindruck, dass das Vorurteil stimmte, dass diese Männer tatsächlich zur Aggressivität neigten. Schwer durchatmend fuhr Tal fort: „Na ja und er ist einfach echt… nervig. Lässt Mutter kaum ausreden und wenn man mit ihm alleine ist… er redet nicht sonderlich gut über Frauen, weißt du… Er scheint ein wirkliches Arschloch zu sein.“ Ich nickte leicht und meinte: „Ja, das habe ich schon Mitbekommen…aus dem, was ich herausfinden konnte.“ Erneut strich Tal mir über die Seite und aufbauend meinte er: „Kannst dem Vollidioten ja mal zeigen, dass nicht alle Frauen dumm sind. Dann krempelst du die so um, wie unsere Mutter es mit diesem Land hier gemacht hat.“ Ich nickte nur und seufzte schwer. Ja, seit Mutter vor all den Jahren meinen Vater ehelichte war vieles anders geworden. Doch mein Vater liebte sie. Er wollte es ändern für sie. Die Voraussetzung war damals eine vollkommen andere, als bei mir jetzt. Vielleicht war die Hürde, welche ich überwinden musste einfach etwas zu hoch um sie alleine zu überwinden. Erneut schwiegen wir. Hingen jeder unseren Gedanken nach und leise fragte ich nach einem Augenblick: „Besuchst du mich eigentlich, in der Fremde?“ Ich wollte, nein ich musste es einfach hören. Ich brauchte diese Sicherheit gerade einfach. Sofort nickte Tal und erwiderte: „Wenn es nach mir geht, würde ich sofort mitkommen! Aber das geht leider nicht… Ich werde dich besuchen, so lange schreiben wir uns.“ Er grinste mich an und wie ich in dieses so vertraute und geliebte Gesicht blickte musste ich einfach lächeln. Ja, auf meinem Bruder konnte ich mich immer verlassen! Er würde mich nie verlassen, egal wie weit die Distanz auch war. Es war eine heilende Wärme, welche sich langsam von meiner Brust durch den Körper zog. Erleichtert stieß ich einen tiefen Seufzer aus und liebevoll umarmte ich meinen Bruder erneut. Ich wusste, was ich an diesem Menschen hatte. „Du bist der Beste“, nuschelte ich leise und drückte ihn an meine Seite. Mir durch die Haare streichend erwiderte er fast schon keck: „Ich weiß doch Schwesterherz und wenn du nicht die zickige Madame raushängen lässt, kannst du auch ganz nett sein.“ Ich lachte leise und schlug ihn leicht in die Seite. „Fiesling“, sagte ich schmunzelnd und konnte nur den Kopf schütteln. Sanft drückte er meine Hand und ich sah das vertraute Schmunzeln auf seinen Lippen ausbreitete. Schweigen legte sich über uns und ich war froh, dass ich selbst, meine Gedanken ordnen konnte. Ich straffte meine Schultern und blickte hinein in die vertrauten Augen. „Glaubst du, dass ich irgendwann damit klar kommen werde?“, fragte ich und wollte eine ehrliche Meinung von Tal haben. Er log mich niemals an, auch wenn ich seine Meinung gerade vielleicht nicht hören wollte und das wusste ich zu schätzen. Ich bemerkte, wie es in seinem Kopf zu rotieren begann und erst nach einem Augenblick gab er eine wohl überlegte Antwort. „Ich glaube“, begann er ruhig, „dass du dich erstmal mit den Gedanken anfreunden musst. Ich meine, es sind keine drei Tage vergangen, das darf man bei all dem nicht vergessen. Gefühle lassen sich nicht erzwingen und auch nicht abstellen. Aber ich glaube, wenn ihr euch erstmal aneinander gewöhnt habt, kannst du damit schon gut umgehen. Sollte er sich wirklich als gewalttätig oder… ich weiß auch nicht, dir einfach kein guter Mann sein, dann werden wir sicher eine Lösung finden.“ Ich nickte leicht und schmunzelte darüber, wie diplomatisch diese Antwort war, sie hätte auch von mir sein können. „Danke, dass du hier bist“, meinte ich ehrlich und mit vollkommen aufrichtiger Stimme. Ja, ohne ihn wäre ich schon in so manchem Moment verzweifelt Gerade, als ich etwas sagen wollte, öffnete sich die Tür von meinem Zimmer. Überrascht sahen wir Ragnar an. Immer noch wirkte er, als habe er nicht die beste Laune. Er betrachtete meinen Bruder und nickte ihm kurz zu. Er schien verwundert, dass er hier war. Tal erhob sich von meinem Bett und höflich lächelte er Ragnar an. „Es tut mir und meinem Vater leid, dass Leif dich und deine Sippe beleidigt hat. Er ist mit dem Mund oft schneller als mit dem Kopf und ich hoffe, dass die Angelegenheit nun geklärt ist und keine weiteren Konsequenzen mit sich bringen wird?“ Wir hörten, wie Ragnar tief durchatmete und die Arme vor der Brust verschränkend meinte er: „Ich denke, dass der Typ verstanden hat, dass er nicht so mit mir reden sollte. Und damit er meiner Frau nicht mehr zu nahe kommen kann, wird mein Vetter ein Auge auf sie haben, so lange wir noch hier sind.“ Fassungslos starrte ich ihn an und doch wollte kein Wort meine Lippen verlassen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte lauter auf, als ich es eigentlich wollte. Er hatte tatsächlich Sven gebeten mich zu bewachen wie ein ungezogenes Kind! „Dann wird ein solches Zusammentreffen ja hoffentlich nicht noch einmal passieren“, meinte Tal höflich. Ob er es gut hieß oder nicht, dass ich nun einen Aufpasser hatte, konnte man nicht aus seiner Stimme eruieren. Ich presste meine Lippen aufeinander und schloss fast schon verzweifelt meine Augen. Ich war kein Gegenstand, den man einfach besitzen konnte! So wollte ich auch nicht behandelt werden! War das diesem Menschen nicht klar? Als mein Bruder sich zu mir drehte sahen wir einander in die Augen und er lächelte leicht. „Ich lasse euch nun besser alleine“, sagte er und nickte mir leicht zu. Ich hatte das Gefühl, als wollte er sich meine Zustimmung haben um meine Gemächer zu verlassen. Ich wusste, dass ich es nicht aufschieben konnte. Irgendwann, würde ich wieder mit Ragnar alleine in meinem Zimmer sein, spätestens heute Abend. Ich nickte leicht und ein letztes Mal, drückte ich meinen Bruder. „Vermutlich sehen wir uns zum Abendessen“, sagte ich und versuchte meine Stimme normal und nicht traurig oder melancholisch klingen zu lassen. Es war eine unangenehme Stille, als das Klicken der Tür zu vernehmen war und Ragnar und ich uns alleine gegenüber standen. Ich sah, wie er mir in die Augen sah und seine Lieder glitten hinab an meinem Gesicht. Ich hoffte, dass man mir nicht ansah, dass ich geweint hatte. Es war mir unangenehm. Doch mein Wunsch wurde mir nicht gewährt. „Du solltest dir dein Gesicht waschen“, meinte er und ging an mir vorbei und schien etwas in seinen Sachen zu suchen. Was genau sollte ich erst im nächsten Moment wissen. Ein schlichtes und etwas verblichenes Stofftaschentuch wurde mich gereicht. Unsicher nahm ich es entgegen und betrachtete den erstaunlich weichen Stoff. Ich senkte die Augen und wich seinem Blick aus. Ich wischte mir mit dem Tuch durch das Gesicht und gerade, als ich in den Waschraum wollte hielt mich Ragnars Stimme auf. „Ich wollte nicht so laut werden“, meinte er und überrascht blickte ich zu ihm. Meine Augen glitten zu ihm und ich sah, wie er sich durch den Bart strich und mich musterte. Ernst war sein Blick und doch entschuldigte er sich, dafür dass er mich Angst gemacht hatte. Doch vielleicht war es eine Entschuldigung. Was dies gerade war, konnte ich einfach nicht benennen. Eine komische, fast schon ambivalente Situation in meinen Augen. Ich nickte leicht und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte nicht sagen, dass es in Ordnung ist, dass er mich wie sein Eigentum behandelte. Es war einfach nicht richtig. Er sollte mir nicht vorschreiben, wen ich zu treffen hatte und wen nicht. Ich suchte nach einer diplomatischen Antwort und erst nach wenigen Augenblicken fand ich meine Stimme wieder. „Wir sind ja bald hier weg. Das sind ja nicht mehr viele Tage“, sagte ich und versuchte nicht wütend oder verletzt zu klingen. So albern es vielleicht auch war, ich wollte erhaben, unangreifbar wirken. Dass ich nicht so wirkte, war mir bewusst. „Ja“, meinte er nachdenklich, „da hast du Recht.“ Das Essen mit meiner Familie war sehr still und kein wirkliches Gespräch wollte zustande kommen. Erneut war Ulveig nicht beim Essen dabei. Doch tatsächlich war ich derzeit froh darüber. Wenn er so war, wie mein Bruder ihn geschildert hatte, hätte er es sich nicht nehmen lassen, die Geschehnisse des Tages anzusprechen. Vielleicht hätte er mich sogar ermahnt… Ich fragte mich, wie es Leif wohl ging. Vermutlich hatte er ziemlich Schmerzen. Als ich endlich in meinem Bett lag schloss ich die Augen und wollte schnell einschlafen. Nicht mehr denken, nicht mehr fühlen, dass wollte ich. Ich fuhr zusammen, als ich Ragnars Hände spürte, welche mich mit einem kräftigen Ruck an ihn zogen. „Morgen werden Vorbereitungen getroffen, damit wir übermorgen endlich aufbrechen können…“, raunte er und strich über meinen Bauch. Ich wandte mich in seinen Armen und drehte den Kopf zu ihm. Leicht nickend versuchte ich von ihm weg zu rücken, doch er ließ es nicht zu. „Warum willst du weg?“, fragte er und zog mich erneut einfach zu sich. Ich roch seinen herben Geruch und sein Bart kitzelte meine Schulter. Ein Schauer durchzuckte mich. Ich schluckte und antwortete: „Wir haben uns heute gestritten und ich weiß nicht, ob ich dich gerade in meiner Nähe haben möchte.“ Ich wollte ihn nicht beleidigen und doch wollte und musste ich ihm einfach zu verstehen geben, dass ich nicht wollte, dass er mir zu nahe kam! „Du bist aber meine Frau“, erwiderte er, als sei damit alles gesagt. Als habe er jedwedes Recht. Gerade, als ich etwas sagen wollte sprach er weiter und was er sagte, ließ mich sprachlos werden, „außerdem, sagt man bei uns, dass man sich im Bett am besten entschuldigen und kennen lernen kann…“ Fassungslos sah ich ihn an. Wie kam man nur auf diese so absurde Idee? Weder das Eine, noch das Andere konnte man so machen?! Wenn ich wütend war, verspürte ich nicht die Lust jemandem näher zu kommen und kennen lernen wollte ich die Person, bevor ich mit ihr Intimitäten austauschte! So etwas konnten doch nur Männer behaupten! „Das kann man doch nicht ernst meinen“, sagte ich und die Ungläubigkeit schwang in meiner Stimme mit. Doch er nickte und unbeirrt strich er einfach über meine Taille, als interessierten ihn meine Worte nicht. Ich hielt seine Hand auf und schüttelte den Kopf. „Nein“, meinte ich ernster und konnte es nicht glauben, was er gerade vorhatte. „Wieso nicht… gestern habe ich dich in Ruhe gelassen und wir haben uns kennen gelernt“, raunte er und strich unbeirrt mein Nachthemd hinauf. Ja, gestern hatte er mich in Ruhe gelassen, dass ich bei Leif war, sollte ich wohl besser nicht erwähnen. Ich hielt seine Hand auf und schüttelte energisch den Kopf. „Ja, wir haben uns kennen gelernt, aber ich bin immer noch sauer und… nein. Ich will nicht“, meckerte ich und versuchte den kräftigen und schweren Mann beiseite zu schieben. Doch es war, als würde ich versuchen eine Mauer zu bewegen. Er rührte sich kein bisschen. Nur, weil er mich nicht mit Gewalt in der Hochzeitsnacht genommen hatte, wollte ich es deswegen nicht öfter mit ihm machen! Verstand er das nicht? Oder dachten Männer da so viel anders, als Frauen? Mit einem nahezu leichten Ruck löste er sein Handgelenk aus meinem Griff und schob das Kleid einfach hinauf. Fast schon aus einem Reflex heraus versuchte ich ihn zu schlagen. Als er meine Hand aufhielt, hob er mit seiner anderen Hand die Bettdecke hoch und er rutschte zu mir hinüber. Ich spürte seine Nähe und deutlich roch ich den herben Männergeruch. „Es hat dir gefallen, beim letzten Mal“, raunte er und drückte meine Hand feste neben mir auf die Matratze. Er griff nach meinem Kinn und bestimmend, aber nicht brutal drehte er es zu sich. „Du kannst echt wie eine schlecht gelaunte Katze sein. Genauso kratzbürstig“, raunte er und strich über mein Kinn. Wütend verengten sich meine Augen und sahen den Mann trotzig und vielleicht auch etwas grimmig an. Sein Bart kitzelte keine Schulter und ich wusste, dass er mich küssen würde, als er sich zu mir beugte. Bestimmend und feste war der Kuss und sein Bart kitzelte mein Gesicht, meine Brust. Sein Arm legte sich um meine Taille. Ich drückte mich gegen ihn und wollte den Kopf wegdrehen. Doch sofort legte sich seine große, kräftige Hand um meinen Hinterkopf. Wie er sich an mich drückte spürte ich den kräftigen und großen Körper deutlicher, als noch vor wenigen Sekunden. Die Hand, welche mich an der Taille festhielt, wanderte plötzlich tiefer. Feste und bestimmend grabschte er mir an mein Gesäß und drückte meine Mitte an die Seine. Überrascht keuchte ich auf und im gleichen Augenblick spürte ich Ragnars Zunge in meinem Mund. Er umspielte meine Zunge und wie aus Reflex erwiderte ich den aufgezwungenen Kuss. Es schien wie eine Einladung für ihn und er rollte sich gänzlich auf mich. Ich wollte nicht, dass mir sein Geschmack gefiel und doch schmeckte er nicht schrecklich, auf meinen Lippen. Es kam mir vor, wie eine Ewigkeit, in welcher unsere Zungen miteinander fochten. Endlich löste er sich von mir und sofort zog ich die Luft in meine Lunge ein. Der Mond, noch nicht ganz zum Vollmond gereift, ließ das Zimmer im silbrigen Licht erstrahlen. Er betrachtete mich und strich mir einzelne blonde Strähnen aus dem Gesicht. Seine Augen glitten an meinem Gesicht entlang und ich sah, wie seine Augen an meinen Lippen hängen blieben. Seine Mundwinkel zuckten kurz und er grinste leicht. Was er dachte, sprach er nicht aus und so, wie er mich betrachtete, wollte ich es auch nicht wissen. Bestimmend zog er an dem Nachthemd und als er meinem Bauch freigelegt hatte, spürte ich seine Finger über diesen streichen. Er schob die Bettdecke beiseite und die kühle Luft des Zimmers streifte meine Haut. „Mir ist bei unserer ersten Nacht gar nicht aufgefallen, wie weich deine Haut ist“, sagte er und wie zur Bestätigung seiner Worte streichelte er erneut über die Haut. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper und ich wusste, wenn ich ehrlich war, nicht mit diesem Kompliment umzugehen. Mein Herz begann zu rasen und ich schluckte, als ich seine Worte hörte. „Danke“, stotterte ich fast schon. Ein letztes Mal, schien er über die Haut meines Bauches zu streicheln und zufrieden glitten seine Augen an mir herab. Er richtete sich auf, zog sein Oberteil aus und ließ es achtlos neben das Bett fallen. Sofort wurden meine Blicke von den Zeichnungen und Mustern seiner Haut eingefangen. Es war, als zogen diese verschnörkelten Kunstwerke meinen Blick magisch an. Ich schluckte leicht und schaffte es erst nach einigen Augenblicken meine Augen von seinem bemalten und so bunten Oberkörper abzuwenden. „Setzt dich auf“, befahl er in einem strengen, aber nicht herrischen Ton. Die Unsicherheit schwang in meinen Augen mit, als sich Ragnar erhob. Die Matratze senkte sich, als Ragnar das Bett verließ und zögerlich setzte ich mich auf. Ich bemerkte, wie er die Bänder seiner Hose löste und meine Augen weiteten sich. Was, hatte er vor? Das Geräusch der Hose, welche auf dem Boden landete, hallte in der Stille des Raumes nach. Es war fast schon automatisch, dass meine Augen dem Geräusch folgten. Meine Augen betrachteten den nackten Mann vor mir. Ich schluckte, als meine Augen langsam an ihm hinaufblickten. Er griff nach dem Saum meines Oberteiles. „Ich will dich nackt sehen. Heb die Arme“, sagte er und die Lust schwang deutlich in seiner Stimme mit. „Ich…“, begann ich nach einem Augenblick, doch Ragnar schüttelte den Kopf. „Heb die Arme, Thalia“, raunte er und griff nach meinem Nachthemd. Er zog an dem einzigen Kleidungsstück und als ich hörte, wie Nähte begangen zu reißen hob ich schnell die Arme. Die kalte Luft zog über meinen Körper und schützend hob ich die Arme vor die Brust. Ich spürte, wie das Blut in meine Wangen schoss und starr blickte ich hinab auf die Matratze. Ich spürte seine raue Hand an meinem Arme und ich spürte, wie er zog. Automatisch folgte ich dem Druck und unsicher stand ich auf. Mein Puls raste und verzweifelt schloss ich die Augen. Wieso musste ich das machen? Ich schämte mich nicht für meinen Körper, doch dieses, und ich konnte es nicht anders nennen, zur Schau gestellt werden fand ich grauenvoll. Feste umschlangen meine Arme meinen Oberkörper und auch wenn ich es nicht wollte, sah ich starr zu Boden. Meine Atmung beschleunigte. Das Zittern meines Körpers konnte ich nicht mehr verbergen. „Du brauchst dich nicht schämen“, hörte ich die Stimme meines Mannes und ich spürte seine Hände auf meinem Bauch. Seine Finger glitten lange über meine Taille, hinauf über meine Oberarme. Es schien ihm egal, dass es mir unangenehm war und es schien ihm egal, dass mein Körper unter seinen Berührungen erschauderte. Ich zwang mich, meinen Blick zu heben und sah starr auf die Wand vor mir. Ich schluckte meinen Stolz hinunter. Er tat mir nicht weh, er nahm mich nicht einfach mit Gewalt, vielleicht sollte ich lernen, genau dafür dankbar zu sein? Der nackte, große Mann ging um mich herum. Seine Hände strichen durch meine Haare, fuhren über meinen Rücken und strichen über meinen Hintern. Er umrundete mich, betrachtete mich, eingehend. Ich spürte regelrecht wie seine Augen über meinen Körper glitten. Als er vor mir stand, starrte ich auf seine Brust. Ich wollte nicht hinaufblicken. Das Ende seines Bartes bewegte sich und ich sah, wie seine rechte Hand sich hob. Er strich über mein Schlüsselbein und fuhr langsam mit der Hand hinunter. Fester wurde mein Griff um meinen Oberkörper, fast schon schmerzhaft. Seine Hand umschlang mein Handgelenk und feste zog er mit seiner Hand meinem Arm fort. „Ich will deine Brust sehen“, raunte er mit seiner tiefen und kehliger Stimme. Es schien nicht schwer für ihn zu sein, meine Hände hinab zu drücken. Ich ballte die Hände zu Fäusten und die Nägel bohrten sich in das Fleisch meiner Hand. Meine Arme zitterten und doch schien es Ragnar nicht zu interessieren. Lag es daran, dass ich ihn heute wütend gemacht hatte? Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter, als ich seine große Hand auf meinem Busen spürte. Er strich darüber und ließ meine Brustwarze zwischen seine Finger gleiten, ehe er mit der Hand den gesamten Busen in seiner Hand verschwinden ließ. Er wiederholte diese, einige Male und ich spürte, wie sich meine Brustwarzen aufrichteten. „Du bist eine wirklich schöne Frau“, raunte er und fuhr mit der Hand unter meinem Bauch. Er trat einen Schritt weg von mir und hungrig blickten mich seine Augen an, als er mich betrachte. Ein kurzer Blick zwischen seine Beine verriet mir, wie toll er es fand mich zu bestaunen, wie ein Tier. Das halb erigierte Glied zog meine Augen für einen Augenblich magisch an. Vielleicht war es anders, wenn man den Mann, der einen bewunderte, liebte. Vielleicht war es dann erotisch, oder schön, doch gerade war es für mich nur erniedrigend. Mich immer noch betrachtend setzte sich Ragnar auf die Bettkante. „Komm her“, befahl er und ich sah, wie sein Blick immer wieder an meinem Körper entlang glitt. Ich wollte nicht und doch hatte ich Sorge, dass seine Lust, seine Gier, die Oberhand gewann. Davor hatte ich wahrlich Angst und so setzte ich, schweren Herzens, einen Fuß vor den anderen. Die wenigen Sekunden, die ich bis zu ihm brauchte, kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Jetzt, wo er saß reichte sein Kopf immer noch bis zu meinen Schultern. Er zog mich nah an sich heran, direkt zwischen seine Beine. Ein zufriedener Ausdruck erschien auf seinem Gesicht und wie er mich so süffisant von unten anblickte, musste ich einfach verzweifelt die Augen schließen. Krampfhaft versuchte ich mir Leifs Antlitz vorzustellen. Ich spürte seine Hände auf meinem Busen und erneut begann er langsam, fast schon genüsslich mit diesen zu spielen. Mir fiel kein besseres Synonym ein, denn tatsächlich, war es kein einfaches grabschen. Erneut, konnte ich nicht verhindern, dass meine Brüste empfindlicher wurden und erschrocken keuchte ich auf, als ich seine Lippen am meinem Busen spürte. Die Arme umschlagen meinen Körper und drückten ihn an meinem Mann. Er biss in meine linke Brust und die rechte Hand griff feste an mein Gesäß. So plötzlich er dort war, so schnell entließ sein Mund meine Brust. Ich sah, wie er grinste, als er die erregten und gerade so empfindlichen Warzen betrachtete. Als er mit dem Finger darüber streichelte entlockte er mir ein Keuchen. Wie in der Hochzeitsnacht verfluchte ich meinen Körper. „Weißt du, als ich dich damals in der Halle gesehen hatte, hatte ich dich nicht so schön in Erinnerung“, raunte er und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Ich schluckte und sah hinab zu ihm, doch seine Augen schienen einzig meinen Körper wahrzunehmen. Ich schwieg darauf, denn mir wollte nichts passenden in diesem Augenblick einfallen, doch hatte ich auch nicht den Eindruck, dass er irgendetwas hören wollte. Seine Hände umschlangen meine Hüfte und ich zwang meine Hände dazu, die Seinen nicht aufzuhalten. Ich war seine Frau und so wie er mit mir sprach, verlangte er diese eheliche Pflicht von mir. Langsam strichen seine großen Hände über meinen Oberschenkel. Erneut überzog eine Gänsehaut meinen Körper und ich hörte meinen Puls in meinen Ohren wiederhallen. Meine Atmung war flach und ich schluckte schwer, als beide Hände meinen linken Oberschenkel hochstrichen. Eine Hand außen, eine Hand innen. Zielstrebig strichen seine Finger durch das haarige Dreieck in meiner Mitte. Als er erneut mit beiden Beinen meine Beine hinaufstrich streifte seine Hand meine intimste Stelle. Ich keuchte erschrocken auf, doch vielleicht hörte es sich für diesen Mann an, als sei es ein erregtes keuchen. Er ließ die Hand dort, die andere lag an meinem Gesäß und streichelte fast schon sanft darüber. Immer wieder glitt sein Finger über meine Scharmlippen und ich biss mir auf die Lippen, damit kein Laut der Erregung meinem Körper entwich. Seine Hände wanderten immer wieder über meine Beine. Sein Daumen strich über meine Klitoris und obwohl ich es nicht wollte, verließ ein erregtes Keuchen meine Lippen. „Das klingt doch viel besser, als das ständige Genörgel“, hörte ich ihn raunen und noch bevor ich etwas sagen konnte, verstärkte er das Reiben an dieser so empfindlichen Stelle und ließ mich erregt aufstöhnen. Ich blickte hinab zu meinem Mann und ich konnte sehen, wie viel Spaß es ihm bereitete mich so zu sehen. Unsere Blicke trafen sich und ich konnte nur ahnen wie ich für ihn aussehen musste. Erregt, mit geröteten Wangen, den Mund leicht geöffnet und schwer atmend. Als die grünen Augen sich von den Meinen lösten glitt sein Blick hinab zu meinem Busen und während sich gleich zwei Finger in mich schoben, biss er mir sanft in die Brustwarzen. Laut stöhnte ich auf und musste mich an seiner Schulter festhalten. Ich wollte es nicht, doch der Reflex nicht fallen zu wollen war stärker. Ich spürte, wie ich feucht wurde. Erneut verlor ich gegen meinen Körper. Ich spürte seine Zähne an meiner Brust und als er leicht saugte und die Finger tiefer in mich schob fiel mein Kopf auf meine Brust. Ich krallte mich in seine Schulter. Die Wut auf mich selbst und auf ihn ließ mich fester zugreifen, als es nötig gewesen wäre. Doch wenn er es überhaupt mitbekam ignorierte er den Schmerz. Ich spürte, wie sich seine Finger bewegten und natürlich blieb ihm nicht verborgen, wie mein Körper auf seine Taten reagierte. Meine Beine begangen zu zittern und meine Haare schienen ihn zu kitzeln, denn er schob sie mit seiner freien Hand beiseite. Ich spürte, wie er weiter auf mein Bett rutschte und entschieden zog er mich mit sich. Seine Finger glitten aus mir hinaus und bestimmend zog er mich auf seinen Schoß. Ich wusste, dass ich hier nichts zu sagen hatten. Er hatte mich genau dort, wo er mich wollte. Keuchend und stoßartig ging meine Atmung. Sein kräftiger, langer Arm spannte sich um meine Hüfte und drückte sie ohne große Anstrengung hinab. Ich war mir in diesen Augenblick nicht einmal sicher, ob und wie sehr ich mich eigentlich noch wehrte. Denn mein Körper wollte es, doch mein Kopf war anderer Meinung. Laut stöhnte ich auf, als sich sein Glied in meine Mitte versenkte und auch Ragnar keuchte erregt auf. Ich musste meine Beine weiter spreizen, denn Ragnar drückte sich weiter in mich hinein. Ich klammerte mich an ihm fest und roch den Geruch seines Körpers und spürte den langen Bart, welcher frech über meine Brust strich. Entspannt schien sich mein Mann nach hinten zu legen und erregt Blickte er an mir hinab. Immer noch lagen seine Hände an meiner Hüfte. „Beweg die Hüfte“, keuchte er erregt und wie zur Unterstreichung seiner Worte begann er mit seinen Händen meine Hüfte zu führen. Ich wusste, was ich machen sollte, es war nicht das erste Mal, dass ich einen Mann so unter mir hatte. So ließ ich langsam meine Hüfte kreise und stützte mich unfreiwillig auf Ragnars Brust ab. Ich hörte ihn stöhnen und immer noch führte er meine Bewegungen, als habe er Sorge, ich würde aufhören. Ich drückte mich an ihn und stöhnte leise auf, als ich seine Größe in mir fühlte. Er ließ meine Hüfte los und strich mir über meine Seite. „Oh ja“, murmelte er und ich hörte, wie zufrieden er klang. Unsere Blicke trafen sich. Die Lust war deutlich in seinen Augen zu sehen. Ich wollte, nein musste den Augenkontakt unterbrechen, denn so albern es klang, es war mir zu intim. Ja, mein Körper holte sich, was er gerade brauchte, was er wollte, aber ich schaffte es nicht, ihm dabei in die Augen zu blicken. Beide keuchten wir auf, als er meinen Busen drückte und fahrig wurden meine Bewegungen. Erneut drang ein stöhnen aus meinem Mund. Denn seine Hände zu spüren, wie sie begannen die weiche Haut meiner Brüste zu berühren, war stimulierender als ich es je zugegen hätte. Erschrocken keuchte, oder besser gesagt quiekte, ich auf, als Ragnar eine meiner Brustwarzen zwischen seinen Fingern zwiebelte. Fast schon zufrieden grinste er mich an, als er meinen Laut hörte und als ob er sich entschuldigen wollte, streichelte er danach fast schon sanft die Stelle. Ich ließ meine Hüfte kreisen. Ließ mich mal mehr, mal weniger auf ihn nieder. Ihm schien mein Tempo zu gefallen, denn er korrigierte es nicht. Immer wieder strichen seine Hände über meinen Körper. Es schien, als gefiele es ihm, dass er unten lag und mich und meinem Körper so ansehen konnte. Immer wieder hörte ich ihn „Oh ja“, und „Mach weiter“. Gefiel es mir die Kontrolle zu haben? Ich wusste es nicht, denn es war keine wirklich Kontrolle. Hätte ich die Kontrolle gehabt, wäre es schließlich nie dazu gekommen. Doch gerade drückte ich mich an diesen Mann und brachte ihn und mich selbst zum Keuchen. Ich spürte, dass ich nicht mehr lange würde durchhalten können und als sich in meinem Inneren alles begann sich im Rhythmus meiner Bewegungen zusammenzuziehen setzte sich mein Mann plötzlich auf und strich mit seinen Fingern gierig und fast schon schmerzhaft über meine Klitoris. Reichte es ihm nicht, dass ich so schon kam? Musste er so etwas machen und wenn ja, wieso? Ich schrie überrascht und nach Luft ringend auf. Er verstärkte den Orgasmus und stärker und härter als ich dachte zog sich mein Inneres um sein Glied zusammen. Ich hörte ihn laut und zufrieden stöhnen, während er mich tiefer auf sein Glied drückte. Ich klammerte mich an ihm feste und mein Körper zuckte, als wollte er diesen Mann gerade nicht mehr hergeben. Ich fühlte, wie er seinen heißen Samen in mich spritze und schaffte es nicht, mich gerade von ihm zu lösen. Ich hörte meinen Puls in meinen Ohren rauschen und auch Ragnar atmete schwer und strich immer wieder über meinen nackten Rücken und drückte mich feste auf seinen Schoß. Es dauerte, bis ich mich beruhigt hatte und auch Ragnar schien einige Zeit zu brauchen um sich wieder zu sammeln. Ich konnte fühlen, wie sein Glied langsam in mir erschlaffte und als ich mich von ihm hinabrollte zog mich Ragnar zurück in seine Arme. „Bleib hier“, raunte er und sein Bart kitzelte meinen Nacken. „Wenn wir uns immer so vertagen, werde ich mich immer wieder gerne mit dir streiten“, raunte er mir ins Ohr und biss feste in die Muschel hinein. Ich konnte nichts sagen. Immer noch, war mein Körper empfindlich und wie er mich streichelte keuchte ich leise auf. Sanft und ohne Lust, streichelte er meinen Busen und es schien, als sei mein Mann gerade vollkommen zufrieden. Kapitel 10: Reise in eine neue Welt ----------------------------------- Die Sonne war dabei unterzugehen und erschöpft seufzte ich auf, als ich die Hand hob, um mich vor der blendenden Sonne zu schützen. Zwei Wochen waren vergangen, seit wir aufgebrochen waren. Zwei Wochen, in denen ich nicht mehr Zuhause war. Zwei Wochen in denen ich mich jeden Tag immer weiter von meiner Heimat entfernte. Ulveig hatte ich nicht mehr getroffen. Er war an dem Tag abgereist, an dem ich Ragnar die Lande gezeigt hatte. Erfahren hatte mein Vater dies erst am nächsten Morgen. Dass er nicht beleidigt war, zeugte davon wie unsympathisch er diesen Gast in seinem Hause fand. Auch Leif hatte ich nicht mehr sprechen können. Ich hörte, dass Ragnar ihm die Nase gebrochen hatte. Das er zornig war und er in seinem Zorn eine Stalltür zerstört hatte. Ich wusste nicht, was mein Bruder oder der Rest meiner Familie mit ihm besprochen hatte. Ich wusste auch nicht, ob er noch in der Stadt war. Vielleicht war er gegangen. Auch mein Aufpasser Sven, so sympathisch er mir eigentlich auch war, hielt mich davon ab Leif aufzusuchen. Doch eigentlich, brauchte ich meinen Aufpasser die letzten Tage nicht mehr. In der Zeit, die ich noch mit meiner Familie hatte, saßen wir oft zusammen und redeten oder spielten ein paar Spiele Am letzten Abend, waren Ragnars Eltern Gast in unserem Haus gewesen. Freundlich waren die Gespräche, doch die Wehmut auf die kommende Verabschiedung trübte die Stimmung bei Tisch. Immer noch zog mein Herz sich zusammen, wenn ich an die Verabschiedung meiner Familie zurückblickte. Es tat weh, wenn ich daran dachte, wie meine Mutter mich festhielt und versuchte mir Mut zu zusprechen oder mein Vater mich lieb in den Arm nahm und mir sagte, wie sehr er mich vermissen würde. Meine Schwester weinte und ich tröstete sie, versprach ihr so oft es ging zu schreiben. Doch die schwerste Verabschiedung war die von Tal. Er wollte mich gar nicht los lassen. Keine aufbauenden Worte kamen aus seinem Mund. Er wusste, dass ich diese zu oft gehört hatte, in den letzten Tagen. Nur schwer, schien er sich von mir lösen zu können. Ich zwang mich, nicht zu weinen. Es war schließlich kein Abschied für immer. Ja ich zog aus in eine neue Welt, die ich nicht kannte. Es war eine Reise deren Ende für mich nicht absehbar war. Eine Reise in neue, mir Als die Tränen kamen wischte ich sie schnell weg. Ich hatte nicht mehr viel geweint, in den letzten Tagen. Denn zu sehr konzentrierte ich mich auf den Weg, der vor mir lag. Wir hatten die sanften Hügel meines Landes hinter uns gelassen, die gefährlichen Moore und die mir so bekannten Wälder meiner Heimat. Die Umgebung schien mit jedem Tag, jeder Meile wilder zu werden. Die Laubwälder wurden immer gemischter und immer mehr hohe dunkelgrüne Tanne mischten sich unter sie. Wasser und Vorräte hatten wir genug dabei. Immer wieder waren am Wegesrand Brunnen errichtet worden, damit Reisende ihr Trinken auffüllen konnten. Ich wusste, dass unsere Jäger, als auch die Jäger der Umliegenden Länder die Brunnen regelmäßig pflegten. Ich hatte häufig mitbekommen, wie mein Vater erzürnt war, dass viele diese Pflicht nicht ernst nahmen. Doch nach dem Krieg, waren auch bei uns im Lande viele Brunnen versiegt, zerstört oder zu gewuchert. Nicht mehr alle waren nutzbar. Wir kamen an Gehöften vorbei, wo wir immer wieder einiges an Lebensmitteln kaufen konnten. So waren wir vorerst nicht gezwungen zu jagen. Tiere sahen wir nicht, dafür waren wie zu viele Menschen. Neben meiner neuen Familie, reisten Sven mit seinen Eltern und ein weiterer guter Freund meines Mannes mit seinen drei Brüdern, mit. Laut schrien die Vögel über uns, als schienen sie die anderen Tieren zu warnen und zu zeigen, wo wir gerade waren. Seit zwei Tagen, hatten wir die Grenzen meines Landes hinter uns gelassen. Nie, war ich weiter von Zuhause entfernt, als jetzt. Der gestrige Tag war anstrengend gewesen. Es schien, dass vor wenigen Tagen der Regen den Boden aufgeweicht hatte. Immer wieder fuhr sich der Karren für die älteren Damen im Schlamm feste. Es war eine schmutzige und kräftezehrende Arbeit gewesen diesen zu befreien. Ich hatte mitgeholfen und spürte den Muskelkater heute in meinen Armen. Die dreckigen Kleider hatte ich in meinem Rucksack verstaut. Es war von Ragnar wahrlich eine gute Idee gewesen, meine Kisten mit der großen Gruppe vorweg zu schicken. Wenn wir meine Kisten noch dabei hätten, würden wir viel Zeit verlieren. Die Stute schien die lange Reise besser zu bestehen, als ich es selber. Meine Knochen fühlten sich müde an und ich hatte Muskelkater in den Oberschenkeln und Armen. Doch Freya ging stetig und mit sicherem Tritt über die Wege und schnaubte aufgeregt. Nicht alle hatten Pferde und die zwei älteren Frauen und Männer saßen auf einem Karren und unterhielten sich. Einige der Männer wechselten sich mit den Pferden ab, so dass wir nur langsam vorankamen. Doch sie schienen es gewohnt zu sein und jammerten nicht über schmerzende Füße oder gar Blasen. Jedoch schien das Wetter auf unserer Seite zu sein. Außer ein paar vereinzelte Regenwolken, welche uns heimsuchten, war es ein gutes und offenes Wetter. In wenigen Tagen würde der Mai dem Juni weichen. „Blendet dich die Sonne?“, fragte eine helle, doch leicht erschöpfte Stimme neben mir, nachdem ich mir die Tränen aus dem Augenwinkel gewischt hatte. Neben mir, auf Ragnars altem, dunkelbraunem Pferd, ritt Lillie. Ihre langen roten Locken waren von dem Nieselregen der letzten Stunden und der jetzt wärmenden Sonne, krauser und wilder, als gewöhnlich. Der Wind wehte uns unsere Haare durcheinander und ließ ihr und vermutlich auch mein Gesicht in einer gesunden Farbe erstrahlen. Ich nickte nur und schluckte den schweren Kloß in meinem Inneren hinunter. Ich blendete die Verabschiedung aus und brachte meinen Geist wieder in das Hier und Jetzt. „Ja… Tut weh in den Augen“, log ich und war dankbar, dass sie mir diese Ausrede so einfach in den Mund gelegt hatte. Ich sollte nicht zu häufig an den Abschied denken. Lillie nickte und streckte sich. „ich kann nicht mehr… vor allem nach gestern“, hörte ich sie murren, „Ich reite ja gerne, aber diese Reise ist schrecklich lang. Mir tut einfach alles weh.“ Ich nickte nur und im Stillen musste ich ihr Recht geben. Ich war schon sehr häufig geritten und auch lange, doch noch nie saß ich so viele Tage, so viele Stunden auf den Rücken meines Tieres. Selbst Freya, welche eine trainierte und ausdauernde Stute war jeden Abend erschöpft. Zwar machten wir, auch wegen der älteren Damen, immer wieder Pausen, doch diese reichten langsam nicht mehr. Mein Mann verbrachte die meiste Zeit des Tages bei seinen Freunden. Sie ritten vor, oder ließen sich nach hinten fallen. Ragnar war der Reiseführer. Er entschied wann eine Pause gemacht wurde. Doch gerade schien er anderes im Sinn zu haben. Ausgelassen schienen die Gespräche der Männer zu sein. Sie lachten viel und erstaunlicherweise kam Ragnar immer besser mit dem schwarzen Hengst zurecht. Nur noch selten bockte er rum. Sven, Ragnar und Gunnar, ein blonder Mann mit längerem Bart, schienen gute Freunde zu sein. Doch außer mit Sven hatte ich mit dem anderen nicht viele Worte gewechselt. Natürlich, sprachen Ragnar und ich miteinander. Jedoch bezogen sich alle Gespräche auf die Reise und das, was am Tage geschehen war. Wirklich tiefsinnige, oder emotionale Gespräche hatten wir immer noch nicht geführt. Auch, hatten wir nicht mehr miteinander das Bett geteilt. Wir nächtigten im Zelt seiner Eltern und ich war erleichtert, dass er einfach nur ruhig neben mir lag und schlief. Vielleicht, war er auch einfach nur schöpft, von den Strapazen der Reise. So jedenfalls erging es mir. „Heute kommen wir an einem Dorf vorbei“, meinte Lillie und ich hörte die Sehnsucht in ihrer Stimme, „dort können wir nächtigen und die Pferde können sich richtig erholen. Die haben Ställe.“ Ja, das klang wirklich gut! Zufrieden nickte ich und seufzte erleichtert auf. „Gott sei Dank“, meinte ich und zufrieden seufzte ich auf. Dann würde ich heute sicher nicht mit meiner Schwiegermutter kochen müssen. Jeden Abend, wenn die Zelte aufgebaut wurden, nahm mich Inga zur Seite und ließ mich unter ihrer strengen Anleitung das Essen zubereiten. Ich hasste es! Es machte mir absolut keinen Spaß und doch, ließ sie nicht locker. Ich wolle es schließlich lernen, sagte sie immer und es war mir neu, dass ich es wollte. Musste käme der Angelegenheit näher. Auch ermahnte sie mich, dass ich bald nicht mehr ständig in meiner Reiterkluft herum laufen sollte. Frauen in Hosen seien ein komischer Anblick. Wenn ich ehrlich war, lauschte ich ihren Worten nur selten, während des Kochens. Lillie half mir und ihrer Mutter und nur dank ihrer offenen und fröhlichen Art, war es eine erträgliche Angelegenheit. Langsam, lichtete sich der Wald auf unserem Weg und ich sah, dass es Menschen waren, welche den Wald und die Landschaft geformt hatten. Ein Zaun war am Wegesrand errichtet worden und in der Ferne sah man Rauch zwischen den Bäumen aufsteigen. Auch Lillie blickte in die Richtung und erklärte: „Die Menschen, die hier Leben haben mit Ulveig ein Abkommen geschlossen. Sie gewähren uns sicheres Geleit und wir helfen ihnen im Falle eines Kampfes.“ Stirnrunzelnd sah ich zu Lillie hinüber. Es war der gleiche Packt, den wir mit den Nordmännern eingegangen waren. Ich seufzte und fragte: „Macht ihr das ständig? Also eure Hilfe im Falle eines Krieges anzubieten?“ Unschlüssig zuckte Lillie mit den Schultern. Sie strich sich eine ihrer gelockten Strähnen aus dem Gesicht und meinte fast schon ein wenig belehrend: „Wieso auch nicht? Viele unserer Männer sind kräftig und groß. Sie haben gelernt zu kämpfen. Unsere Ernte reicht nur, um uns selbst satt zu bekommen. Wir können ihnen nur das Anbieten, was wir auch oft haben und das sind nun mal die Erfahrungen im Kampf und der Handel mit unseren Waffen. Ihr handelt doch auch immer nur mit euren Tieren.“ Überrascht sah ich Lillie an. So viel Weitsicht und Wortgewandtheit hätte ich dieser jungen Frau im ersten Augenblick nicht zugetraut. Es wirkte keineswegs naiv, wie Ragnar sie einst beschrieben hatte. Meine Mundwinkel zuckten und zu ihr blickend nickte ich schmunzelnd. „Ja, da hast du wohl Recht. Du kannst echt gute Argumente aufbringen, Lillie“, sagte ich und zwinkerte ihr nett gemeint zu. Ich bemerkte, wie sie stockte und ein fröhliches und vielleicht auch stolzes Lächeln sich auf ihrem hübschen Gesicht ausbreitete. „Ja“, meinte sie und ich hörte den Stolz deutlich in ihrer Stimme raus, „Man sollte mich niemals unterschätzen.“ Ich lachte leise und schüttelte den Kopf, als ich ihr lauschte. Als ich schnelles Hufgetrappel hinter uns hörte und als ich mich auf Freya nach hinten wandte, war Ragnar bereits auf unserer Höhe. „Wir kehren heute in die Gaststätte zur Goldenen Tanne ein. Mutter will heute Ruhe und auch die Pferde können eine Pause zu vertragen“, sagte er ernster, als ich dachte. Wir nickten nur und sofort trieb Ragnar Idril an, zu den Leuten vorweg aufzuholen. „Dein Bruder hat unter den Kriegern viel zu sagen, oder?“, fragte ich Lillie und sah auf den hohen, breiten Rücken meines Mannes. Sie nickte leicht und sagte: „Ja, er war immer sehr engagiert. Er ist ein guter Stratege und auch wegen seiner Größe auf dem Schlachtfeld ein beeindruckender Gegner. Ulveig schätzt seine Art und kein Können sehr. Er darf sogar die neuen rekrutieren. Wer ihn nicht überzeugt, kann nicht Krieger werden.“ Gedankenverloren nickte ich. Tatsächlich, fand ich es ziemlich intelligent, wie sie sich zu helfen wussten. Wenn der Handel und das Viehzüchten nicht genug einbrachte lebten viele Länder von der Hand in den Mund. Wenn dann ein harter und rauer Winter einkehrte waren Hungersnöte die grausame Folge. „Ich hoffe“, sagte ich nach einem Augenblick der Stille, zwischen Lillie und mir, „Dass wir bald ankommen. Ich reite zwar gerne, aber na ja… ich brauch bald einfach eine Pause.“ Es dauerte länger als ich dachte, bis wir die ersten Häuser sahen. Es waren Bauernhäuser, mit viel Land herum. Einige Getreidefelder zogen sich am Wegesrand entlang. Die Häuser waren klein und einfach. Ein kleiner Bach war links von uns, schlängelte sich am Wegesrand entlang. Mit der Zeit standen die Häuser näher beisammen. Die bunten Felder am Wegesrand kamen zu einem Ende und immer mehr Menschen waren zu sehen. Der Weg war teilweise gepflastert und auch die Häuser wurden schöner. Vor uns lag ein ansehnliches kleines Dorf. Ich sah die Menschen, welche neugierig unsere Reisegruppe beobachteten. Viele Kinder kamen an die Zäune und ich hörte wie einige über Ragnars und mein Pferd staunten. Ja, die Tiere waren wirklich eine Augenweide. Sie waren größer und kräftiger gebaut, als die anderen Pferde und auch die Farbe meiner Stute stach hervor. Wir erreichten das Dorf und erleichtert sprang ich aus dem Sattel. Zufrieden seufzte ich und schloss meine Augen. Sofort lockerte ich den Sattelgurt, um den Bauch meiner treuen Gefährtin und sie hörte sich fast schon erleichtert an, als sie die Luft tief in ihre Lungen zog. Ich sah wie mein Mann von seinem Rappen sprang und ihm kurz und liebevoll über den Hals strich. „Ich frag, ob für uns genug Zimmer zur Verfügung stehen und ob die Tiere in einem Stall unter kommen können“, sagte er und ich spürte deutlicher, als die Tage zuvor, dass er in unserer Reisegruppe das Sagen hatte. Wir nickten und ich beobachtete, wie Ragnar den Kopf einzog und in die Taverne eintrat. Wir waren zwölf Leute. Namen merken war leider nie eine Stärke von mir gewesen, die Namen aller Menschen wollten mir nicht einfallen. Ich blickte zu dem blonden Freund meines Mannes, Gunnar. Er schien ein erfahrener Krieger zu sein. An seiner Seite hing ein Schwert, doch eine Narbe zog sich über seine Wange, als habe er einen Schlag nicht vernünftig ausweichen können. Seine Brüder standen um ihn herum. Alle blond, doch ihr Bart war nicht so voll, wie der ihres Bruders. Sie wirkten jünger. Vielleicht waren sie in meinem Alter. Ein junger Mann trat aus der Taverne und wie er auf die Pferde und Karren sah, wusste ich, dass er in der Taverne arbeitete. Ich sah, wie der schlaksige junge Mann, er konnte nicht älter als fünfzehn sein, schnell nach drinnen verschwand. Vermutlich würde er gleich mit mehreren hinauskommen um die Pferde zu den Ställen zu bringen. Ich löste mein Schwert und meinem Bogen von meinem Sattel. Die Eltern von Sven, sowie meine Schwiegereltern waren entsetzt, als ich damals meine Waffen am Sattel von Freya befestigt hatte. Sie verstanden nicht, was ich mit den Waffen wollte. Doch ich ließ sie mir nicht abnehmen. Auch wenn ich merkte, dass es Ragnar nicht passte, dass ich die Waffen bei mir hatte. Wieso er so empfand war mir unverständlich. Ich hatte weder gejagt noch sonst etwas mit den Waffen angerichtet. Ich wollte sie nur, um mich im Falle des Falles zu verteidigen. Ich strich über den Bogen, bevor ich nach der ledernden Schwertscheide griff. Die meisten anderen Sachen, die wir für unsere Reise brauchten, waren bei den älteren Reisenden auf dem Karren. Endlich wurden die Pferde weggebracht, doch ich wollte und musste einfach sehen, wo und wie sie sich um meine Freya kümmerten. Schließlich war sie das einzige Lebewesen, welches mich in die Ferne begleitete. Doch alles was ich sah, wie die Menschen die Tiere versorgte war gut und ließ keinen Tadel zu. „Gebt ihr etwas Kraftfutter, sie hat es sich verdient“, sagte ich dem jungen Mann und drückte ihm eine Münze in die Hand. Überrascht lächelte er mich an und freudig weiteten sich seine Augen, als er auf die Münze in seiner Hand hinabsah. Er strahlte fröhlich und nickt eifrig. „Natürlich, Herrin“, sagte er und ich sah, wie er sich auf den Weg zu einer Kammer machte. Vermutlich wurde dort das Futter für die Tiere gelagert. Ich betrat die Taverne und las das Schild „Zur goldenen Tanne“. Der Schrankraum war dunkel und wirkte warm und einladend. Die Decke wurde von hölzernen Säulen gestützt und hatte große Rundbögen. Die Theke und Sitzbänke waren schön verziert und zeugten davon, dass dies keine einfache Absteige war. Viele Weinflaschen lagen in großen rustikalen Regalen an der Wand. Vermutlich der ganze Stolz des Besitzers. Über den Tischen hingen große Leuchter und erhellten so den Platz. In einer Ecke standen noch ein paar große Weinfässer die als zusätzliche Tische dienten. Hier hatte sich jemand wirklich Mühe beim Einrichten gegeben. Ob es der Wirt war, oder doch seine Frau, welche gerade hinten durch den Schankraum lief, konnte ich natürlich nicht sagen. Während ich mich noch umsah hörte ich schwere Schritte auf mich zukommen. Ich drehte mich um und während ich zur Seite treten wollte erblickte ich Ragnars große Gestalt vor mir. Überrascht sah ich hinauf in sein markantes Gesicht. Den Bart, den er heute einfach zusammen gebunden hatte, zog immer noch meinen Blick auf sich. „Ich habe unsere Sachen auf ein Zimmer gebracht… Gunnar und Sven besorgen Lebensmittel… Und Oscar, Carl und Olaf bleiben bei den Tieren. Du kannst dich also ausruhen“, meinte er und nickte, dass ich ihm folgen sollte. So hießen also Gunnars Brüder, jetzt wo er es sagte, erinnerte ich mich wieder. Ich kam der nonverbalen Aufforderung nach und langsam folgte ich meinem Mann eine schmale Treppe hinauf. Die holzvertäfelten Wände ließen den Flur dunkel und kleiner wirken, als er vermutlich war. Einige Türen konnte man erkennen. Ich folgte Ragnar durch den langen, dunklen Raum und wir blieben an der hintersten Tür stehen. Sie öffnend betrat er Schlafzimmer und tatsächlich, war ich ziemlich erleichtert, dass ich endlich wieder in einem Bett würde schlafen können. Außer dem Bett war in diesem Raum nicht viel mehr. Eine Kleidertruhe vor dem Bett war der einzige Stauraum. Auf der Fensterbank stand eine kleine, gelbe Blume, welche fast verloren in diesem sonst trostlosen Zimmer wirkte. Ich stellte meine Waffen in eine Ecke und blickte kurz hinaus aus dem Fenster. Man konnte die Straße sehen. Unser Eintreffen schien bei den Dorfbewohnern einigen Trubel ausgelöst zu haben. Ich beobachtete wie viele geschäftig hin und herlaufen. Ich sah Gunnar mit seinen Brüdern und bemerkte, wie er in die Richtung der Ställe deutete. Erleichtert ließ ich mich auf dem Bett nieder und war froh, dass wir heute Nacht nicht in einem Zelt schlafen mussten. „Kommen wir noch an weiteren Dörfern vorbei?“, fragte ich und begann meine Weste aufzuknöpfen. Ich hatte meine Kleidung regelmäßig gewechselt und gesäubert und doch brauchten sie langsam mehr, als nur eine Katzenwäsche. Auch Ragnar schnallte sich gerade seinen Gürtel ab und ließ seine Waffen in einer Ecke des Raumes nieder. „Ja“, meinte er und war gerade dabei sein Hemd aufzuknöpfen, „noch zwei größere. Und auch gibt es hier am Wegesrand einige kleinere Siedlungen, wo reisende nächtigen können. Vielleicht nicht immer in einzelnen Zimmer, sondern in Schlafräumen, aber besser als nichts.“ Ich nickte und beobachtete ihn dabei, wie er in seinem Rucksack nach einem sauberen Oberteil suchte. Auch er war gestern sehr schmutzig geworden, als er beim Karren helfen musste. Ich sah zu, wie er an zwei drei Oberteilen roch und sich dann für eines entschied. „Glaubst du“, begann ich nachdenklich zu fragen, „dass wir hier unsere Kleidung jemanden geben können, der sie reinigen kann?“ Stirnrunzelnd betrachtete mich mein Mann. Sich durch den langen roten Bart streichen fragte er mit seiner tiefen Stimme: „Hm… Ich dachte eigentlich, du könntest mal die Wäsche machen.“ Mir war bewusst, dass auch dies später zu meinen Aufgaben gehören würde, so wie das Kochen. Doch ich wollte noch nicht. So albern es war und ja ich wusste, dass es albern war, wollte ich diese Pflichten so lange es ging, hinauszögern. Ich wollte es nicht so sagen, wie ich es dachte, es hätte nur eine Diskussion ausgelöst und darauf hatte ich heute keine Lust. Ich beschloss das naheliegest zu erwidern: „Ich bin einfach wahnsinnig erschöpft, Ragnar. Ich würde wirklich gerne heute nichts mehr machen.“ Ich erhob mich langsam vom Bett, denn eigentlich wollte ich die Laken nicht mit meiner Hose verschmutzen. Stirnrunzelnd sah Ragnar mich an und als er zu den Kleidungsstücken in seinem Rucksack blickte war ich überrascht, als er tatsächlich nickte. „In Ordnung… Dann sorgst du aber dafür, dass die Kleider gereinigt werden. Ich muss gleich mit Sven und Gunnar die anderen Sachen organisieren.“ Es waren diese Kleinigkeiten, welche mich immer bei diesem Menschen überraschten und meine Mundwinkel zuckten nach oben. Auf diesen Kompromiss konnte ich mich sehr gut einlassen. „Mache ich“, bekräftigte ich mein Kopfnicken und wollte mich gerade zu meinem Rucksack drehen, als mich eine Hand aufhielt. Überrascht sah ich von der Hand an meinem Oberarm hinauf in das Gesicht meines Mannes. „Du bist zäher, als ich dachte“, sagte der bärtige Hüne und ich war mir tatsächlich sicher, dass dieser Satz aus seinem Mund ein ehrliches und aufrichtiges Kompliment war. Noch bevor ich fragen konnte, was genau er meinte, erklärte er sogleich: „Du bist nicht am Jammern und hältst uns nicht auf. Hast gestern sogar mit dem Karren geholfen. Du schlägst dich gut, Prinzessin.“ Überrascht sahen ihn meine blauen Augen an und verwirrt fragte ich: „Prinzessin?“ Hatte er gerade vergessen, welchen Titel ich in meinem Land inne hatte? Sicherlich nicht der einer Prinzessin. Das Schmunzeln auf seinem Gesicht ließ erahnen, dass es ein Scherz war. Fast schon sanft strich er mir mit seinen rauen Fingern über meine Wange und sagte: „Benehmen wie eine tust du dich ja schon gerne, dann kann ich dich doch auch so nennen, findest du nicht?“ Ein ehrliches Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Es war das erste Mal, dass es mein Mann dies schaffte. Ich ließ ihn mich berühren. Er hatte mir nichts getan und ich war nun mal seine Frau. Kurz auf den Boden blickend schmunzelte ich. Fast schon frech erwiderte ich: „Wenn du mich schon so nennst, dann kannst du mich doch auch wie eine behandeln, oder etwa nicht?“ Erneut strich er über meine Wange und langsam wanderte seine Hand über mein Schlüsselbein. Ich trug die Kette meiner Mutter und langsam glitten seine Finger über das Metall, hinunter in meinen Ausschnitt. Ich beobachtete, wie seine Mundwinkel zuckten. „Ich glaube“, meinte er und langsam löste sich seine Hand von der Kette, „Dass ich mir das lieber noch einmal durch den Kopf gehen lasse.“ Er strich eine meiner blonden Strähnen aus meinem Gesicht und trat näher an mich heran, als ich eigentlich dachte. Wieso er plötzlich meine Nähe suchte verstand ich nicht. Seit wir die Reise angetreten hatten, war er zumeist mit seinen Freunden am Sprechen gewesen. Und nun, wirkte es fast so, als habe er meine Nähe schmerzlich vermisst. Ich roch den Schweiß und den Geruch des Pferdes an ihm. Vermutlich würde ihm ein Bad ebenso gut tun wie mir. Erneut glitt seine Hand durch meine Haare. Sie waren zusammen gebunden. Nicht schön, aber einfach praktisch für lange Reise zu Pferd. „Weißt du, dass ich dich mit Dreck im Gesicht und auf der Hose tatschlich hübscher finde, als in dieser so strengen und adretten Kleidung?“, sagte er und verwirrt weiteten sich meine Augen. Wieso sagte er so etwas? Ich war mir sicher, dass er es ernst meinte. Nie hatte Ragnar mir Komplimente gemacht, um etwas von mir zu erhalten. Bis jetzt, hatte er sich immer genommen, was er wollte. Es war ehrlich gemeint, dass wusste ich. „Danke“, hauchte ich fast schon und wie er mir in die Augen blickte, spürte ich eine innere Unruhe in mir. Obwohl wir das Bett miteinander geteilt hatte, wirkte dieser Augenblick anders, als diese Male. Es wirkte intimer. Vielleicht war es einigen unsympathisch, vielleicht würden einige Frauen mich auch nicht verstehen. Ja, ich hatte wahrlich Glück mit meinem Mann. Ich konnte in den letzten Wochen darüber nachdenken. Er hätte auch ein gänzlich anderer Mensch sein können. Einer der mich anschrie, einer der mich nur unterdrücken wollte, einer der in mir nur einen Zeitvertreib sah. Doch das war Ragnar nicht. Vielleicht war es auch das, was es mir schwer machte. Er gab sich wahrlich Mühe. Er versuchte ein guter und netter Mann zu sein. Schaffte es mal mehr, mal weniger gut. Man konnte keine Gefühle erzwingen, noch konnte man Gefühle abstellen. Ich wollte einfach nie, dass man mir den Mann mit dem ich lebte aufzwang. Vermutlich, ging es Ragnar ebenso, doch anders als ich, versuchte er sich darauf einzulassen. Ich hatte versprochen, es zu versuchen. Auf der Hochzeit und einmal vor Lillie und doch fiel es mir einfach schwer. Es waren nicht einmal drei Wochen vergangen. Ich wusste nicht, ob man lieben wirklich lernen konnte, doch nun wo ich aufbrach in eine neue Welt, blieb mir kaum etwas anderes übrig, als es einfach zu versuchen. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich ihn betrachtete und fast schon liebevoll zog ich an seinem Bart. „Ach komm her“, meinte ich leise und legte sanft meine Lippen auf die Seinen. Leif war nicht vergessen und immer noch war das schlechte Gewissen vorhanden. Ich wusste nicht wann und ob dieses Gefühl je verschwinden würde und so versuchte ich es gerade einfach zu verdrängen. Kapitel 11: Von Bädern, Wäsche und Bieren ----------------------------------------- Ich fragte den Wirt, bei wem ich Ragnars und meine Kleidung abgeben konnte. Er war ein kleinerer und sehr beleibter Mann. Mit gepflegten, vollem grauen Bart. Er hatte eine Halbglatze und die Haare, welche er noch auf dem Kopf hatte, waren ebenso grau wie seine Haare im Gesicht. Er war bestens gelaunt und sehr höflich zu mir. Wundern tat es mich nicht, waren wir schließlich zahlende Kunden. Tatsächlich schien er ziemlich euphorisch. Ich konnte mir denken, woher die gute Laune kam. Heute würde er sehr guten Umsatz machen! Vielleicht waren die anderen Reisenden, eine andere Route gegangen. Sie waren fast doppelt so viele wie wir gewesen. Vielleicht gab es noch mehr Straßen und Wege, hoch in den Norden. „Bei mir, Herrin“, sagte er und nahm mir den großen Beutel ab, „ich werde es gleich meiner Frau sagen, sie wird sich dann darum kümmern.“ Ich nickte, lächelte den Mann höflich an und reichte ihm das Geld was er haben wollte. Ich diskutierte nicht, über das Geld was er verlangte. Wieso sollte ich bei einer Dienstleistung auch handeln? Ich drehte eine schimmernde Münze in den Fingern und nachdenklich fragte ich: „Könnte ich wohl heute Abend ein warmes Bad bekommen?“ Ich schob die verbleibende Münze über den Tisch und sofort, bekam ich meinen Wünsch erfüllt. Ich brauchte endlich ein Bad. Meine Muskeln mussten sich entspannen und ich wollte endlich den Geruch von Pferd und Schweiß von meinem Körper waschen. Ich sah mich in der Taverne um. Viel war nicht los. Ragnar wollte gemeinsam mit seinem Vater durch das Dorf gehen und von den anderen Mitreisenden hatte ich keinen mehr zu Gesicht bekommen. Ich erblickte Lillie an einem Tisch, vor ihr ein großes Bier. Ein seltsamer Anblick für mich. Bier war immer eher ein Getränk für Männer, in meinen Augen. Ich ging zu ihr und setzte mich an ihre Seite. Immer noch trug sie die Kleidung von der Reise und blickt mit müden Augen in den Krug. „Oh, Thalia“, grüßte sie mich freundlich und machte mir etwas Platz, „ist das nicht nett von Ragnar, dass er meint, wir sollen uns ausruhen?“ Ich nickte nur und betrachtete das Bier vor der jungen Frau. Ja, Ragnar war tatsächlich gerade sehr nett gewesen. Liebevoll, hatte er den Kuss erwidert und ohne viele Worte, war danach jeder seine Angelegenheiten regeln gegangen. Er zu seinen Freunden, ich die Sache mit der Wäsche. Ich versuchte die Gedanken an vorhin zu verdrängen und blickte mich stattdessen um und erblickte das Bier in dem Krug. Es schien dunkler, als ich es kannte und die Schaumkrone nicht so hoch. Ich konnte mir vorstellen, dass es sehr stark nach Hopfen schmecken würde. „Ja“, ging ich auf ihre Aussage ein und sah hinein in die Augen der jungen Frau, „Das ist wirklich sehr nett von ihm. Ich habe gerade unsere Kleidung abgegeben, damit sie gewaschen wird.“ Ich wollte einfach etwas sagen und tatsächlich fiel mir nichts Besseres ein. Überrascht blickte Lillie hinauf. Was sie so verwirrte sollte ich im nächsten Augenblick hören. „Du wäscht nicht selber? Meine Mutter ist gerade am Fluss und versucht unsere Kleidung zu reinigen. Wegen dem ganzen Schlamm von gestern“, sagte sie und trank einen großen und erstaunlich kräftigen Schluck von dem Bier. Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Ich hab keine Lust. Wieso hilfst du nicht deiner Mutter?“ Sie grinste und trank noch einen Schluck, als sie fast schon frech erklärte: „Mein Vater sollte mich suchen und mir Bescheid geben, sagte er gerade. Aber er meinte, dass er mich gar nicht sehen könne…. Ich werde nach dem Bier mal hinunter gehen und schauen, wie weit meine Mutter ist. Bis dahin, genieße ich einfach mal die Ruhe.“ Ich lachte leise. Raik schien als Vater ebenso herzlich zu sein, wie als Schwiegervater. Er hatte immer nette Worte für einen übrig, suchte nicht nach Fehlern und schien einfach mit sich und seinem Leben zufrieden. Ich schmunzelte nur und sagte nichts zudem, was mir Lillie berichtete. Ich hätte es vermutlich nicht anders gemacht. Ich betrachtete das gleichmäßige und freundliche Gesicht der jungen Frau. Der Staub auf ihrem Gesicht war leicht verschmiert und ihre langen Haare, waren immer noch wirr und ungekämmt. „Sollen wir heute Abend gemeinsam ein Bad nehmen?“, fragte ich und erklärte gleich weiter, „ich habe den Wirt gerade gebeten, mir nach dem Abendessen eines fertig machen zu lassen. Vermutlich passen wir gemeinsam in die Wanne.“ Überrascht sah Lillie zu mir doch sofort nickte sie begeistert. „Ja klar. Die Idee ist gut. Ich habe ein Bad durchaus nötig“, meinte sie fast schon begeistert. Wieso ich ihr dies anbot, konnte ich selbst nicht einmal richtig beantworten. Seit wir unterwegs waren, wuchs mir Lillie von Tag zu Tag mehr ans Herz und ich war dankbar, in ihr eine so gute Freundin gefunden zu haben. Sie hatte ihr Versprechen gehalten und niemanden etwas von mir und Leif berichtete. Wie meine Schwiegermutter darauf wohl reagiert hätte? Vermutlich würde sie mich behandeln, wie eine Sklavin, als wäre ich Luft. Wir schwiegen einen Augenblick und jeder schien seine Gedanken kreisen zu lassen. Lillies Worte drangen in meinen Kopf. Sie wollte alleine sein. Auch sie hatte seit Wochen keinen ruhigen Moment mehr gehabt, schließlich war sie immer bei ihren Eltern gewesen. „Ich glaub, ich zieh mich mal etwas zurück“, meinte ich nachdenklich und streckte meine Glieder. Immer noch schmerzen die Muskeln und nun, wo man nicht mehr auf einem Pferd saß und einfach nichts mehr zu tun hatte, kam eine bleierne Müdigkeit mit einem Schlag. „Schmeckt das eigentlich?“, wollte ich von der Rothaarigen wissen und nickte zu dem Getränk. Sie nickte und grinste leicht, während sie mir kommentarlos den Bierkrug entgegen schob. Unschlüssig nahm ich den schweren Krug zur Hand und hob ihn an. Ich roch an dem dunklen Bier und wie zu erwarten war, roch es stark nach Hopfen. Den Krug an die Lippen setzten, trank ich einen Schluck des dunklen Getränkes. Ich verzog leicht das Gesicht. Das war nicht mein Getränk, wie ich feststellte. Es schmeckte zu bitter. Ich schob Lillie den Krug zu und schüttelte den Kopf. „Das ist nicht meins“, sagte ich grinsend und strich mit den Handrücken über meine feuchten Lippen. Sie lachte leise und zuckte mit den Schultern, als sie sich kommentarlos einen weiteren Schuck des Getränkes genehmigte. Wie ich sie so beobachtete erinnerte sie mich in diesem Augenblick sehr an ihren Bruder. Ich verabschiedete mich und ging hinauf in unser Zimmer. So wie Lillie, brauchte auch ich tatsächlich einfach einen Augenblick für mich. Ich brauchte und wollte etwas Ruhe haben. Seit wir unterwegs waren, hatte ich diese Ruhe sehr vermisst. Ich spürte, was es für ein Luxus war, einfach die Tür hinter sich zuzuziehen und die Welt einfach auszusperren. Erleichtert stieß ich einen Seufzer aus und öffnete meine Weste und ließ sie auf der Betttruhe nieder. Wieso hatte ich Ragnar geküsst? Wieso? Vielleicht, war es einfach der Augenblick gewesen, der mich dazu bewogen hatte. Meine Gedanken kreisten und konnten diese Frage einfach nicht beantworten. Ich kannte das Gefühl von Liebe und Zuneigung und das was ich für Ragnar empfand war weder ehrliche und aufrichtige Zuneigung noch Liebe. Er war kein schlechter Mensch und ich hasste ihn auch nicht, doch Gefühle, wie man sie eigentlich für seinen Mann fühlen sollte, waren es nicht. Doch so sehr ich versuchte meine Gedanken zu sortieren, stellte ich fest, dass ich es nicht schaffte. Es war mir gleich, dass meine Kleidung staubig war, als ich mich in das Bett legte. Es war einfach angenehm, diese Ruhe zu spüren. Tief atmete ich ein und aus, hörte die Menschen auf der Straße, die Geräusche von Karren, die über diese gezogen wurden drangen an meine Ohren. Meine Gedanken flogen durcheinander, brachten mich zu Leif, zu meinen Eltern, meinem Bruder, aber eigentlich wollte ich gar nicht denken. Und wie ich den Geräuschen des Dorfes lauschte, merkte ich gar nicht wie mein Geist sich von meinem Körper löste und mich die Dunkelheit mit ihren langen Armen einfing und hinab in ihre tiefen zog. Sie war so einladend. Tiefer und tiefer wurden meine Atemzüge und ich spürte, wie mein Puls immer ruhiger wurde. Meine Gedanken formten sich zu Träumen. Ich träumte von meiner Heimat, träumte, dass ich in meinem Zimmer meinem Zimmer lag, erschöpft von meiner letzten Jagd. Ich war wieder im Kreise meiner Familie und meines alten Lebens. Der Traum wandelte sich und plötzlich war ich bei Leif und wie er mir vorwarf, schwach zu sein. Wie wütend er war, dass ich mich benahm wie eine Hure. Wütend schrie er meinen Namen. Er wollte mich schlagen, mich die Frau die er liebte. Erschrocken fuhr ich auf, als mich eine Hand berührte. Ich keuchte und erschrocken setzte ich mich auf. „Thalia“, sagte Ragnars tiefe Stimme und ich erkannte ihn erst nicht. Verwirrt blinzelte ich ihn an und mein Blick glitt suchend durch den Raum. „Du scheint ja wirklich sehr fertig zu sein, Prinzessin“, kommentierte er und setzte sich zu mir. Verwirrt sah ich zum Bett. Ich war wirklich eingeschlafen, stellte ich fast schon verwundert fest. Die Decke hatte ich halb auf mich gelegt und das Kissen war zerdrückt. Ich strich über meine Augen und nickte leicht. „Ja“, sagte ich mit erstaunlich kratziger Stimme, „ich wollte gar nicht einschlafen. Habe ich gar nicht gemerkt“ Ich hörte ihn lachen und als ich zu ihm blickte zuckte er mit den Schultern. Er strich mir eine meiner blonden Strähnen aus dem Gesicht und steckte sie mir hinter mein Ohr. „Nicht schlimm, Prinzessin“, raunte er und ich sah, wie er seinen Bart begann zu flechten. Ich stöhnte leise und ein wenig gequält auf, während ich mir über die Augen strich. Erneut nannte er mich Prinzessin und tatsächlich, ließ es mich schmunzeln. Meine Augen betrachteten, dass markanten Gesicht und glitten an dem langen haarigen Gebilde entlang. „Muss der Bart eigentlich so lang sein?“, fragte ich leise und nachdenklich, während ich ihm dabei zusah, wie er den Bart vernünftig und ordentlich flocht. Er nickte und stirnrunzelnd zu mir sehend sagte er: „Ist doch männlich.“ Er klang, als sei damit alles gesagt. Es schien ihm wahrlich viel an diesem haarigen Monstrum zu liegen. Ich nickte gedankenverloren und runzelte die Stirn. Ich hatte mitbekommen, dass alle Männer im Norden Bart trugen. Einfach so würde er ihn sicherlich nicht kürzen, oder gar abschneiden. „Hm… kürzer wäre schöner… finde ich“, sagte ich nachdenklich und stand langsam von dem Bett auf. Er brauchte den Bart nicht, um männlicher zu wirken. Seine Größe ließ ihn alles andere, als unmännlich wirken. Die Tattoos und der breite Körper ließen daran sicher auch keinen zweifeln. Ich beobachtete, wie sich Ragnar über den Bart strich. Tatsächlich hatte es für einen Augenblick den Eindruck als dachte er darüber nach, sich den Bart abzuschneiden. Ob ich ihn dazu je würde bewegen können? Ich war mir unschlüssig. Er schüttelte den Kopf und raunte bestimmend: „Nein, der bleibt…. Los komm, wir wollen essen. Alle warten auf uns.“ Wir gingen hinunter in den Schankraum und der Wirt hatte eine lange Tafel aufbauen lassen. Drei Tische standen aneinander gerückt. Krüge waren verteilt und an einem leeren Stuhl konnte ich einen Bierkrug sehen. Vermutlich war dieser für meinen Mann gedacht. Alle unsere Mitreisenden sahen uns fast schon erleichtert an, als wir uns zu ihnen setzten. Ich konnte mir denken, dass ihnen der Magen in den Kniekehlen hing. Die anderen Gäste, vermutlich alles einheimische, saßen am Tresen und redeten untereinander. Ich bemerkte wie einige der Männer mir, mit ihren Blicken, durch den dunklen Schankraum folgten. Es war nie ungewöhnlich für mich gewesen und so fiel es mir auch jetzt nur kurz auf. Anders als die Menschen in unserer Runde trug ich weder Felle an meiner Kleidung noch waren die Stoffe dick, welche meinen Körper kleideten. Ob mir die Kleidung der Frauen im Norden zusagte würde vermutlich die Zeit zeigen. Höflich grüßte ich in die Runde hinein und ließ meinen Blick über den Tisch schweifen. Das Essen war eine ruhige Angelegenheit. All schienen froh zu sein, endlich essen zu können. Viel geredet wurde nicht. Ich saß neben meinen Mann und zu meiner Linken saß Olaf, einer der Brüder von Gunnar. Mir gegenüber saß meine Schwiegermutter. Sie wirkte zornig. Ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammen gepresst und missmutig aß sie den Schweinebraten, den es heute zum Essen gab. Das Brot und das Gemüse waren gut und ließen unsere Mägen schnell voll werden. Wie froh ich war, dass ich nicht kochen musste, konnte sich sicher keiner vorstellen. Inga schluckte einen Bissen hinunter und prüfend betrachtete sie mein Gesicht. „Sag mal“, begann Inga mit einer schneidenden Stimme und blickte zu mir hinüber, „Wieso hast du deine Kleidung und die eines Sohnes nicht selber gewaschen? Ich hoffe, du sagst jetzt nicht, dass du nicht mal Kleidung waschen kannst! Alles, kann ich dir auch nicht beibringen.“ Verblüfft sah ich zu meiner Schwiegermutter und konnte nicht anders, als sie verwirrt anzustarren. War dies nicht meine Sache? Ich hatte sie weder gebeten, mir zu zeigen, wie man kochte, noch würde ich sie bitten, mir zu zeigen, wie ich meine Wäsche waschen sollte! Wir hatten zwar auch für so etwas Hausangestellte, doch war ich schließlich nicht dumm! Die Lippen leicht schürzend wollte ich gerade etwas sagen. Doch auf einmal, spürte ich Ragnars Hand auf meinem Oberschenkel und automatisch glitten meine Augen zu ihm. Ich konnte den Blick Ragnars schlecht deuten. Ich hätte am ehesten als genervt beschrieben. Seine grünen Augen waren verengt und sein Mund hatte einen strengen Zug bekommen. „Mutter“, sagte er ernster und eindringlicher, als ich angenommen hatte, „das war mein Wunsch, dass sie die Kleidung abgibt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du hättest ja auch fragen können. Deine Kleidung wäre von ihnen sicher auch gereinigt worden.“ Ich sah, wie sie die Zähne aufeinander biss und sprachlos starrte ich hinauf in das Gesicht meines Mannes. Auf meinen Mann ließ sie nichts kommen, dass hatte ich schnell verstanden. Ob es daran lag, dass sie bereits ein Kind verloren hatte, oder ob sie es gar nicht mitbekam, dass wusste ich nicht. Doch etwas gänzlich anderes erweckte meine Aufmerksamkeit! Ohne, dass ich es wollte, ergriff Ragnar Partei für mich. Ich war tatsächlich sehr überrascht. Leicht zuckten meine Mundwinkel, doch konnte ich mich jetzt schlecht bei ihm bedanken. Ich fand, dass dies zu auffällig sei. Schließlich hatte er gerade gesagt, dass er die Sachen reinigen lassen wollte. Da wäre ein Danke, sehr auffällig gewesen, in meinen Augen. Unsere Blicke trafen sich und als ich ihm kurz anlächelte neigte er sein Haupt leicht und auch seine Mundwinkel verzogen sich zu einer freundlichen Linie. Doch ein Blick in die Augen meiner Schwiegermutter reichte aus um zu wissen, dass sie damit vollkommen unzufrieden war. Doch wieso eigentlich? War es nicht unsere Entscheidung, wie wir was machten? Reichte es nicht schon aus, dass sie mich dazu nötigte kochen zu lernen? Anscheinend nicht. Ich hoffte, es würde nicht so anstrengend werden, wenn wir endlich in Ragnars Dorf ankamen. Allerdings schaffte es meine Schwiegermutter nicht, die Stimmung am Tisch zunichte zu machen. Gunnar und Sven schienen es gar nicht mitbekommen zu haben. Tatsächlich wurde die Stimmung erstaunlich ausgelassen. Gunnar und seine Bruder erzählten lustige Geschichten, die fast alle damit endeten, dass einer von ihnen, Schläge auf den Hintern bekommen habe. Ich kicherte, als ich dies hörte. Dagegen waren mein Bruder und ich wahre Engel gewesen. Nur unsere alten Lehrer würden etwas anderes behaupten. Ich bemerkte, wie ein Krug Bier nach dem anderen geleert wurde und leise fragte ich Ragnar: „Wieso trinkst du so viel?“ So viel Bier, wie er in sich hineinkippte, fand ich es erstaunlich, dass er noch klar sprechen konnte. Er grinste mich leicht an. Es wirkte, als habe er diesen Spruch schon sehr häufig gehört und als er sprach, konnte ich das Bier an ihm riechen. „Das ist doch nur ein kleiner Nachttrunk. Nichts Schlimmes. Solltest du vielleicht auch mal versuchen“, sagte er mit deutlicherer Stimme, als ich ihm zugetraut hätte. Ich schüttelte den Kopf. Einen Kater war das Letzte was ich bei so eine Reise brauchte. „Ich werde gleich Baden“, meinte ich und nickte zu Lillie, „wir ziehen uns gleich zurück.“ Zu seiner Schwester blickend nickte er und meinte lachen: „Die gehört ja auch eigentlich schon ins Bett!“ Meine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, wie ich ihn hörte. Schon während der Reise war mir aufgefallen, wie gut, Bruder und Schwester miteinander auskamen. Sie verstanden sich wirklich gut und schienen ein enges Verhältnis zu haben. Ich fragte den Wirt, als er erneut volle Bierkrüge bracht, ob das Bad fertig sei. Er blickte hinüber zu seiner Frau und meinte, dass er nachfragen wolle. Ich zwinkerte zu Lillie und scherzte: „Ob er es wohl vergessen hat?“ Auch sie schmunzelte und zuckte mit ihren schmalen Schultern. Tatsächlich hatte es noch fast eine dreiviertel Stunde gedauert, bis der Wirt wieder kam und erklärte, dass das Bad nun fertig sei. Gemeinsam mit Lillie folgte ich dem Mann in einen anderen Raum. Neben der Treppe, welche hinauf in die Schlafräume führte, war eine Tür durch welche wir hindurch gehen konnten. Es war ein schmaler und dunkler Gang. Kerzen ließen ihn erstrahlen, doch ich blickte mich nicht um. Ich spähte über die Schulter des Mannes, als er eine weitere Tür öffnete und stöhnte zufrieden innerlich auf. Der Fußboden des Waschraums war mit Steinen ausgelegt und hatte einen Abfluss, vermutlich floss das Wasser hinter das Haus. Er schien etwas tiefer als der Fußboden des Flures zu sein, sodass Wasser leicht abfließen konnte. Grau waren die Steine und gemeinsam mit Lillie betraten wir den Raum. Vermutlich war dieses Bad ein wahrer Luxus in diesem Dorf. Vielleicht verdiente er hiermit auch Geld, in dem er Dorfbewohner und Reisenden dies zur Verfügung stellte. Der hölzerne Waschtrog war groß genug für einen Mann. Doch ich vermutete, dass Ragnar mit seiner Größe Probleme hätte, hier seine Beine auszustrecken. Für Lillie und mich sollte es vollkommen ausreichen. Auch, wenn es dann doch enger werden würde, als ich annahm. Das Wasser im Waschtrog dampfte und ich sah lächelnd hinein, denn ich freute mich schon auf das Bad. Ich hatte keine Probleme, mich vor Lillie zu entblößen und so stieg ich schnell aus meiner Kleidung, hinein in das sehr warme, fast noch heiße Wasser. „Uh“, sagte ich und eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper, „Das Wasser ist sehr heiß!“ Ich keuchte leise auf, als ich mich gänzlich in das heiße Wasser gleiten ließ. Lillie grinste zufrieden und ich konnte mir denken, dass sie sich auf das warme Wasser freuen würde. Vermutlich wie ich selbst! Ich atmete durch und zwang mich, meinen Körper unter Wasser zu drücken. So lange, ich noch alleine war wollte ich meine Haare und mein Gesicht in dem Wasser reinigen. Ich konnte es regelrecht fühlen, wie der Schmutz, der Staub von meinem Körper hinuntergespült wurde. Schnell durchbrach mein Kopf die Wasseroberfläche und zufrieden seufzte ich auf. „Das tut gut“, meinte ich und zog die Beine ein, damit Lillie in dem Waschtrog Platz hatte. Es war ein fast schon berauschendes Gefühl, endlich wieder richtig sauber zu werden. Auch Lillie keuchte leise auf, als sie sich langsam in das Wasser gleiten ließ. „Uh… du hast echt Recht“, meinte sie schmunzelnd, „Wirklich warm!“ Auch sie wusch sich gleich das Gesicht und als ich in das Wasser sah bemerkte ich: „Schau dir an, wie trüb das durch uns beide geworden ist… Das ist nicht schön zu wissen, dass der ganze Dreck auf unseren beiden Körper war!“ Auch Lillie verzog das Gesicht. Sie strich mit der Hand durch das warme Wasser und ließ es aus ihrer Hand hinunter in das Becken fließen. „Ja, so dreckig war das Badewasser sonst immer, wenn ich als Kind draußen im Dreck gespielt hatte“, stellte sie lächelnd fest und ausversehen trat sie mich am Bein. Es war nicht schlimm, denn die Wanne war einfach beengt und irgendwie, fand ich es lustig mich mit ihr in diesen Trog zu quetschen. Ich lehnte meinen Kopf an das Holz hinter mir und seufzte zufrieden auf. „Wieso müssen die Männer eigentlich immer trinken, als ob es kein Morgen gibt?“, fragte ich ruhig, während ich die dunkle Holzdecke betrachtete. Ich konnte mir denken, dass über diesen Waschraum die privaten Gemächer des Wirtes und seiner Familie waren. Auch ich ließ meine Hände durch das Wasser gleiten und berührte dabei versehentlich Lillies Knie. „Weil sie in ihrem Magen ein Fass ohne Boden haben, wenn es um Bier geht“, scherzte sie herum und als wir einander ins Gesicht sahen, konnte ich sehen wie sich ihre Lippen zu einem frechen Grinsen verzogen. Grübchen erschienen in den Wangen der jungen Frau. Ich mochte ihre Art einfach von Tag zu Tag mehr. „Das erklärt vieles“, griff ich ihren Scherz auf und strich mir mit einer Hand über meinen Arm. Wir schwiegen kurz und schienen beide die Ruhe zu genießen. Ich betrachtete Lillie und sah auf ihren Arm das schwarze Tattoo. Die Stirnrunzelnd fragte ich: „Tat es eigentlich weh, sich dieses Muster in die Haut malen zu lassen“ Lillie folgte meinen Blick und strich sich über das Muster auf ihren Oberarm. Den Kopf schüttelnd verneinte sie. „Ich fand nicht. Willst du dir auch so etwas machen lassen? Wir haben viele in unserem Dorf die diese Kunst beherrschen. Und es wird gestochen und nicht gemalt“, erklärte sie und setzte sich auf. „Und das soll wirklich nicht weh tun?“ fragte ich entsetzt und Lillie schüttelte sogleich den Kopf. „Nein“, meinte sie und grinste mich an, „überhaupt nicht. Eine Nadel wird in die Farbe getunkt. Die ist an einem langen Holzstück befestigt. Die Nadel wird dann unter Klopfen unter die Haut gebracht.“ Entsetzten zeichnete sich auf meinem Gesicht wieder, als ich ihre Worte lauschte. Das konnte doch nicht ihr ernst sein! „Du kannst mir nicht weis machen, dass dies nicht weh tut“, sagte ich Kopfschüttelnd und ich erschauderte, als ich mir diese Prozedur vorstellte. Sie lachte und schüttelte nur den Kopf. Meine Augen glitten an ihrem Körper entlang und ich stellte fest, dass sie in spätestens einem Jahr eine wahrlich schöne Frau sein würde. Ihre Brüste waren noch recht klein und ließen sie doch fraulich wirken. Erneut glitt mein Bick zu ihrem Arm und langsam schüttelte ich den Kopf. „Nein, ich glaube ich will so etwas nicht haben“, sagte ich und doch etwas zögerlich. Mir gefielen diese Zeichnungen wesentlich besser, als ich es eigentlich zugeben wollte. Doch zu schmerzvoll klang die Prozedur. Sie grinste leicht und es war sicherlich keine Kunst, meine Unsicherheit aus meiner Stimme zu eruieren. Doch sie ging nicht weiter darauf ein, zuckte nur mit ihren schmalen Schultern und meinte: „Wenn du es dir irgendwann anders überlegen solltest, gibt es jedenfalls genug Menschen in unserer Heimat, die dir sicher helfen können.“ Ich nickte und strich mir meine Haare über meine Seite. Ich sah, wie Lillie ihren Kopf unter das Wasser drückte. Vermutlich wollte sie auch endlich den restlichen Dreck von ihrem Körper waschen. Ihre langen, durch das Wasser, nun glatten Haare schienen einige Nuancen dunkler, als noch zuvor. „Sag mal“, begann Lillie und zwirbelte fast schon nachdenklich eine lange rote Mähne zwischen den Händen hin und her, „wie ist mein Bruder eigentlich so… Also als Ehemann.“ Wachsam wurde mein Blick. Ja, Lillie war mir eine Freundin geworden und doch war dieses Pflänzchen noch sehr zart und die Wurzeln konnten sich noch nicht tief verankern. Ich wusste nicht genau, wie ich diese Frage deuten sollte. Ich wollte nichts Falsches sagen, nicht lügen und ihr aber auch gleichzeitig nicht vor den Kopf stoßen. Eine komische Ambivalenz in meinem Inneren. Ich zog nachdenklich meine Brauen zusammen und strich mir mit den Fingern durch die Haare. Sie war Ragnars Schwester, meine Schwägerin und doch, wie ich über die Frage nachdachte formte sich langsam eine ehrliche und doch fast schon neutrale Antwort in meinem Kopf: „Hm, wie ist er, als Ehemann…. Meistens eigentlich sehr nett und auch erstaunlich hilfsbereit und ab und zu…. Na ja ab und zu habe ich einfach das Gefühl, dass wir sehr unterschiedliche Meinung von all dem haben… Ich glaube, dass er mich nicht einfach so zur Jagd lassen will, als Beispiel… Ich will auch nicht, dass er mich sieht, als gehöre ich ihm.“ Nachdenklich nickte meine Schwägerin und auch ihre Hand entwirrte ihre langen roten Haare. „Hm… früher war Ragnar anders, als heute. Die Arbeit verändert die meisten Krieger“, meinte Lillie nachdenklich und langsam nickte ich. Ja, dies war mir nicht fremd. Auch unsere Krieger hatte das Geschehen verändert. Ich hatte gehört, dass viele nicht mehr schlafen konnten und dass es vielen schwer fiel, das Geschehene zu vergessen. Ich hatte Ragnar nie darauf angesprochen, was er gesehen hatte und was er in seinem Leben alles erleben musste. Irgendwie hatte ich das Gefühl als stünde mir dies einfach nicht zu. „Wie war er den früher?“, fragte ich nach einem Moment der Stille. Lillies Augen blitzen in meine Richtung und nur kurz sah sie in die Meinen. Sie seufzte schwer, als tat sie sich schwer eine passende Antwort zu formulieren. Sie biss sich leicht auf ihre Lippen und runzelte ihre glatte Stirn. „H…Er hatte…“, stammelte sie etwas und erst nach wenigen Augenblicken schien sie ihre Stimme wiedergefunden zu haben. „Er war anders“, erklärte sie mit ruhiger, aber leiserer Stimme als vorhin, „er war immer ein toller Geschichtenerzähler und das macht er auch heute noch. Alle Kinder lieben es, wenn er Geschichten erzählt. Doch damals erzählte er Zuhause auch andere Geschichten. Du weißt selber, dass Krieg nichts Schönes ist… Und du weißt auch, dass im Krieg Sachen geschehen, die unmenschlich und verwerflich sind. Ich weiß, dass Ragnar selbst einige Taten vollbracht hat… na ja, für die er sicher belangt worden wäre. Doch irgendwann, ganz plötzlich hat er sich gewandelt. Er hatte immer gerne geprahlt mit seinen Taten, ob gut oder schlecht. Doch plötzlich ist er einfach anders geworden. Er wurde viel achtsamer… Doch seine erste Geliebte… na ja, sie hat ihm nicht alle seine Taten verziehen.“ Stille legte sich über unser Gespräch und ich war sprachlos. Was sollte ich darauf auch erwidern? Ich wusste es einfach nicht. Sie hatte ihm seine Taten nicht verziehen? Was sollte ich dazu sagen? Was sollte dies bedeuten? Hatte er sie geschlagen? Ich erinnerte mich an unseren Streit und ich erinnerte mich deutlich, wie sein Arm gezuckt hatte. Damals schon, hatte ich mich gefragt, ob er dies tun würde. Doch ich erinnerte mich auch an den Satz aus seinem Mund: ich würde nicht wissen, wie sich eine Vergewaltigung anfühlen würde. Hatte er diese schreckliche Tat bei seiner ersten Geliebten gemacht? Doch Lillie hatte mir doch gesagt, dass er ein netter Kerl sei. Ein Schauer zog sich meinen Rücken hinunter. Nie, hatte er auf mein Unbehagen Rücksicht genommen. Er hatte sich genommen, was er sollte. Doch nicht, mit physischer Gewalt. Ich atmete schwer durch und strich mir durch das Gesicht. „Mein Bruder hat sich geändert, er ist ja auch nicht mehr so jung“, meinte Lillie und ernster sagte sie, „er hatte mir gesagt, dass er sich für eure Ehe Mühe geben will. Oder hat er das nicht?“ Ich nickte und war doch in Gedanken versunken. Wollte ich wissen, was er alles früher gemacht hatte? Oder war es sinnvoller nicht über alles Bescheid zu wissen? Es dauerte einen Augenblick, bis ich meine Stimme wiedergefunden hatte. „Doch Lillie“, antwortete ich nach einem Moment, „das hat er. Nur… er tut sich ab und zu schwer ein ´Nein` zu akzeptieren. Versteh mich nicht falsch… er tut mir nicht weh, oder so. Doch trotzdem ist nein, nicht immer nein, für ihn. Er meint kennenlernen und vertragen kann man am besten im Bett…“ Ich hörte, wie sie schwer seufzte und ich war überrascht, als sie meinem Blick auswich. Verlegen klang ihre Stimme, als sie leise sagte: „Das meinen bei uns die meisten Männer. Vielleicht ist mein Bruder doch nicht so toll… wie ich immer meine… Thalia... Ich glaube kaum, dass er dir wehtun will, oder wird und wenn doch, lese ich ihm mal gewaltig die Leviten.“ Überrascht, ja fast schon schockiert sah ich Lillie in die Augen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie nicht einfach so auf seiner Seite war. Immerhin hatten sie doch Augenscheinlich ein so gutes Verhältnis zueinander. Blut war schließlich immer dicker, als Wasser. Doch vielleicht vertat ich mich auch. Lillie schien einen ehrlichen Blick auf meinen Mann zu haben. Einen ehrlicheren, als meine Schwiegermutter. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie so etwas ihrem Sohn zutrauen würde. „Du bist echt toll, Lillie“, sagte ich mit erstaunlich sanfter und liebevoller Stimme. Sie als wahre Freundin zu haben, was ein gutes und schönes Gefühl. Kapitel 12: Nachttrunk ---------------------- Noch lange saßen wir in der Wanne und genossen die Wärme des Wassers. Wir redeten viel. So erfuhr ich, dass Lillie für einen Mann schwärmte, welcher wie Ragnar ein Krieger ist. Doch nachdenklich seufzte sie und erklärte: „Es ist nur… Er ist einfach nicht sehr beliebt in unserem Dorf und den umliegenden… Er hat vor einigen Jahren eine Affäre mit einer verheirateten Frau begonnen. Und na ja einmal mit einer, welche jemanden versprochen war. Ich finde ihn zwar sehr nett, aber man weiß bei ihm leider nie.“ Ich dachte über diesen mir unbekannten und fremden Menschen nach und schüttelte leicht den Kopf. Nie würde ich einer Freundin zu so einem Mann raten. Er würde sie sicher verletzten und das wollte ich nicht! Ich runzelte die Stirn und glitt mit meiner Hand über die Wasseroberfläche. Ich genoss einfach das Gefühl des Wassers. In den Sommermonaten war ich auch gerne und häufig geschwommen. In einem See nahe meiner Heimatstadt. Das Wasser dort war eiskalt und in den warmen Sommermonaten immer eine kühle Erfrischung. Doch schnell, war ich wieder mit den Gedanken bei Lillie und dem, was sie mir gesagt hatte. „Hm… Weißt du, Lillie… Ich würde dir auch eher nicht zu so einem raten. Was ist, wenn so jemand in dir nur eine Trophäe sieht? Und nicht mehr?“, fragte ich mit skeptischen Blick. Ich strich mir nachdenklich über mein Kinn und langsam merkte ich, dass das Wasser kälter wurde. Schwer atmete Lillie durch und leicht nickte sie. Vermutlich, hatte sie sich so etwas selber schon häufiger gedacht, war sie doch schließlich nicht dumm. „Ja… Ich weiß doch“, meinte sie und fast schon verträumt klang ihre Stimme als sie weitersprach, „Aber was ist, wenn er sich doch geändert hat. Jeder baut doch mal Mist.“ Skeptisch betrachteten wir einander. Ich kannte den Menschen nicht, über den wir gerade sprachen und trotzdem kannte ich Männer. Änderten sie sich, wenn sie mit so etwas durchgekommen sind? Ich war mir unschlüssig. Jeder Mensch änderte sich. Auch ich hatte mich im Laufe der Jahre gewandelt. „Vielleicht schaue ich mir den Mann mal an“, meinte ich schmunzelnd und freundlich blickte ich ihr ins Gesicht. Dieser Fremde hatte Lillie mit irgendetwas beeindruckt und vielleicht, war er ja doch kein schlechter Mensch. Das Kichern von Lillie erfüllte den Raum und belustig meinte sie: „Du bist meine Schwägerin, nicht meine große Schwester.“ Mein Grinsen wurde breiter und mit einer wegwerfenden Handbewegung erwiderte ich keck: „Ach, das ist doch fast dasselbe!“ Kopfschüttelnd betrachtete mich die Rothaarige, doch ihr Gesicht zeigte deutlich, dass sie sich über meine Worte durchaus freute. „Weißt du, ich habe mir schon immer eine Schwester gewünscht. Mit zwei Brüdern war es häufig sehr anstrengend“, erklärte sie und langsam griff sie nach einem Handtuch. Automaisch folgte ich ihrer Bewegung und nahm eines der etwas kratzigen und rauen Badetücher zur Hand. Immer wieder vergaß ich, dass Lillie und Ragnar noch einen Bruder hatten. „Ich stehe meinem Bruder viel näher, als meiner Schwester“, meinte ich nachdenklich und erhob mich langsam aus dem Wasser, „das liegt sicher auch daran, dass wir Zwillinge sind.“ Unschlüssig nickte meine Schwägerin und schlang sich ebenfalls das Tuch um den Körper. Schnell schlüpften wir in unsere Sachen. Dass ich meine Kleidung nicht gewechselt hatte ärgerte mich. Denn diese war staubig und einfach dreckig. Doch nur mit dem Handtuch bedeckt wollte ich nicht durch die Taverne schleichen. Wir hatten zwar die Zeit vergessen, doch ich war mir sicher, dass Lillie und ich zwei Stunden baden waren. Vermutlich waren viele schon zu Bett gegangen, doch sicherlich nicht alle. So stieg ich, gezwungener Maßen, erneut in meine Reisekleidung. „Ich habe mal gehört, dass es für viele Frauen gefährlich ist… Zwillinge meine ich.“ Ich band mir gerade meine Hose zu, als ich zu Lillie hinaufsah. Ich nickte nur, denn das wusste ich. Auch für meine eigene Mutter war es eine gefährliche Zeit gewesen. Das wir drei es alle unbeschadet überstanden hatte grenzte an ein Wunder. Lange hatten meine Eltern vermutet, dass sie keine weiteren Kinder würden bekommen können. Doch das Schicksal hat es gut mit ihnen gemeint. Ich erinnerte mich, wie sehr meine Mutter gestrahlt hatte, als sie uns erklärt, dass sie schwanger sei. Tal und ich waren nicht erfreut darüber gewesen. Wir fanden immer, dass Vier eine tolle Zahl war, doch natürlich sah ich es nun anders. Auch wenn ich Tal näher stand, war ich froh, meine kleine Schwester zu haben. Wir hatten häufiger Spaß zusammen gehabt, ob unter uns Frauen oder mit Tal. Ich vermisste ihre liebevolle und leicht naive Art. Lillies Stimme riss mich aus meinen Gedanken und sofort war ich wieder im Hier und Jetzt. „Wer von euch beiden, ist eigentlich älter?“, wollte sie wissen und trocknete ihre Locken mit dem Handtuch. Ich glitt mit meinen Fingern durch meine blonde Mähne, während ich sofort antwortete: „Ich. Ich bin die ältere von uns beiden… Damit kann ich meinen Bruder auch immer gut ärgern.“ Ja, Tal war darüber tatsächlich nicht sehr erfreut. Doch es war mir gleich. Ich sagte es ihm immer, wenn er es nicht hören wollte. Ich flocht mir die blonden Haare zusammen und gemeinsam mit Lillie verließen ich den Waschraum. Im Flur hörte ich die lauten und betrunkenen Stimmen von mehreren Menschen. Unschlüssig betrachteten wir einander. Gemeinsam gingen wir hinüber in den Schankraum und ich sah, wie einer der Männer wankend vom Stuhl fiel und laut auflachte. Eine Frau tanzte auf dem Tisch und erschrocken sah ich die Dame an. Doch nein, eine Dame, war diese Frau ganz sicher nicht. Ihr Kleid zeigte zu viel Bein und ihr Busen wurde durch das Mieder viel zu hoch gedrückt. Ein Mann spielte auf einer Geige und sie bewegte sich lasziv zu der etwas schräg gespielten Melodie. „So sieht also ein Nachtrunk bei euch aus?“, fragte ich Lillie und verzog beim Anblick der Dirne das Gesicht. Dass diese Frau eine war, stand für mich außer Frage. Schulterzuckend glitt Lillies Blick von der Frau hinüber zu mir. „Anscheinend…. Ich bin nicht dabei, wenn sich Männer untereinander sich betrinken“, meinte sie und ihre Augen glitten, wie die Meinen, über das Schauspiel, welches sich uns bot. Fast schon automatisch glitt mein Blick zu meinem Mann. Auch er begaffte die tanzende Frau auf dem Tisch. Stirnrunzelnd sah ich ihm dabei zu, wie er lachte und etwas rief, was ich nicht verstand. Den Bierkrug zu seinen Lippen führend lachte er laut auf und unter Gejohle schien er das Getränk in einem Zug zu leeren. Unter lauten Zurufen knallte er den Krug auf den Tisch, gefolgt von einem langen und lauten Rülpser. Angewidert verzog ich das Gesicht und mein Blick suchte den seiner Schwester. Auch sie sah angewidert zu ihrem Bruder und fast schon peinlich berührt sah sie mich an. „Vielleicht ist er auch ab und zu ein Schwein“, meinte sie und ich merkte, dass es ihr unangenehm war. Hatte sie mir doch immer versichert, wie toll und nett er eigentlich war. Ich atmete schwer durch und strich mir über die Stirn. Was sollte ich davon halten? Vielleicht, machte ich mir dazu besser keine weiteren Gedanken. Ich nickte nur und die anderen Männer lachten laut auf und Gunnar klopfte meinen Mann noch auf die Schulter! Den Kopf schüttelnd bemerkte ich, wie Gunnars Blick zu mir und Lillie glitt. Er schlug Ragnar auf die Schulter und sagte etwas zu ihm, was wir durch den Lärm nicht verstanden. Doch sofort glitten seine Augen zu uns. Sie musterten uns und er grinste leicht. Er musste sicher sehr betrunken sein. „Komm, Lillie“, meinte ich zu ihr und nahm ihre Hand. Ich zog sie hinauf zur Treppe. Ich wollte mich nicht zu einer Horde betrunkener setzen, welche sabbernd einer Prostituierten auf die Brust starrten. Ohne sich zu wehren, folgte mir Lillie und erst im langen Flur zu unseren Zimmern, ließ ich ihre Hand los. Sie verdrehte die Augen und sagte einfach: „Bis Morgen, Thalia.“ Ich nickte nur und öffnete die Tür zu Ragnars und meinen Raum. Alles schien, wie ich es verlassen hatte. Das Bett war immer noch durcheinander und das Kissen verknüllt. Schnell zog ich meine dreckigen Sachen aus und zog mir mein Nachthemd über, welches ich aus meiner Reisetasche heraussuchte. Ich war froh, wenn ich bald wieder meine saubere Kleidung hatte. Kurz blickte ich hinaus durch das Fenster. Alle war bereits dunkel und niemand schien mehr auf den Straßen zu sein. Nur eine Katze, welche gerade um eine Häuserecke verschwand schlich sich durch die Stille der Nacht. Ich lehnte meine Stirn an die kühle Scheibe und seufzte tief auf. Ich lächelte leicht, während ich mir den Abend durch den Kopf gehen ließ. Ja, tatschlich mochte ich Lillie sehr und ich war wahrlich dankbar, dass ich diese fröhliche, junge Frau kennen lernen durfte. Ich ließ meine Haare geflochten und legte mich in das noch kalte Bett. Ob es wirklich so weich war, wie ich empfand, oder ob es einfach das Wissen war, heute nicht in einem Zelt nächtigen zu müssen, war mir egal. Ich drehte mich auf die Seite und schloss meine Augen. Ich hörte gedrungen die Stimmen durch den Boden dringen und versuchte sie zu ignorieren. Störte es mich, dass unten eine Hure bei den Männern war? Natürlich wollte auch sie etwas von dem Kuchen abhaben. Mehrere Reisende Männer und unsere Pferde ließen erahnen, dass wir nicht Arm waren. Störte es mich also? Ich konnte diese Frage einfach nicht beantworten. Ich selbst sehnte mich eigentlich nach einem Anderen und doch wollte es mir auch nicht gefallen, dass Ragnar eine andere Frau so anstarrte. Die Männer schienen ihren Nachttrunk jedenfalls sehr zu genießen. Immer tiefer und länger wurden meine Atemzüge und langsam glitt ich hinein in das Reich der Dunkelheit. Auf einmal, wurde mit einem lauten Knall die Tür geöffnet und erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf. Ich erkannte Ragnar sofort. Die Größe und der lange Bart ließen keinen Zweifel zu. Er wankte leicht und schien mich gar nicht zu beachten. Er zog sich sein Oberteil aus und ich war fast schon überrascht, dass er dies ohne Hilfe schaffte. Mit einem lauten und tiefen stöhnen legte er sich in das Bett und genervt verdrehte ich die Augen. Ich konnte den Alkohol deutlich an ihm riechen. Zudem roch er immer noch nach Pferd und der langen Reise. Er hatte wirklich ein Bad nötig! Ich drehte ihm den Rücken zu. Tat so, als würde ich schlafen, als ich plötzlich seine Hand spürte, welche nach mir griff. „Da bist du ja“, hörte ich ihn mit tiefer Stimme raunen. Erschrocken keuchte ich auf, als er mich mit einem kräftigen Ruck an sich zog. „Was?“, fragte ich verwirrt, doch kam ich nicht dazu, weiter zu sprechen. Seine Hände drehten meinen Kopf und drückten seine Lippen auf die Meinen! Erschrocken ruderte ich mit meinen Armen, doch die Decke wirkte wie ein dickes Seil! Halb auf seiner Brust liegend brauchte ich einen Augenblick bis ich mich orientieren konnte. Die Decke erstickte meinen Versuch im Keim mich von ihm zu stoßen. Gierig war sein Kuss. Fast schon ein wenig brutal überfiel er meine Lippen und seine Zunge drang in meinen Mund ein. Der Alkohol auf seinen Lippen war deutlich herauszuschmecken. Seine kalte Hand schob mein Nachthemd hoch und feste umschloss seine Hand meinen Busen. Ich stemmte meine Hände gegen seine Brust und keuchte erschrocken und gequält auf. Ich erwiderte den Kuss nicht und versuchte ihn zu lösen! Adrenalin schoss durch meine Venen und mein Puls begann in meinem Kopf zu rasen. Plötzlich lag er neben mir und drückte mich hinunter. Mir war klar was er wollte. Ich wollte nicht! Ich wollte wirklich nicht! Ich war müde, fühlte mich erschöpft und hatte das Gefühl, als wollte Ragnar einfach nur Druck abbauen. Vielleicht hatte die Dirne unten seine Lust angestachelt, vielleicht war es auch der Alkohol oder eine Mischung aus allem! Doch ich wollte gerade nicht sein Ventil sein! Endlich gab er meinen Mund frei und ich keuchte ein lautes: „Nein!“ Doch es schien, als hörte er es nicht, denn feste biss er mir in den Hals und wie er an meinem Nachthemd zog, spürte ich, wie es langsam begann zu reißen. Einige Knöpfe lösten sich und fielen zu Boden. Er erdrückte mich mit seinem Gewicht, als er sich gänzlich auf mich rollte. „Du sagst immer nein“, hörte ich ihn ein wenig lallend sagen. Er hatte nicht unrecht, gewiss nicht! Doch irgendwie, war es anders, als sonst! Die Male zuvor war er zwar bestimmend, aber rücksichtsvoll gewesen. All dies, fehlte gerade! Er schob mit seiner Hand mein Oberteil hinauf und entblößte meine Schenkel. Unkoordiniert zerrte er an meiner Kleidung rum. Scheinbar wollte er es mir ausziehen, doch es gelang ihm im Alkoholrausch einfach nicht. Panik begann in mir zu sieden und ich hörte meinen schnellen Pulsschlag in meinen Ohren widerhallen. Ich schüttelte den Kopf. Erneut sagte ich, Nein, doch es wirkte, als hörte er mich nicht. Vielleicht, wollte er mich auch nicht hören. Er beugte sich zu mir runter und küsste meinen Hals, während er mit einer Hand seinen Hosenbund öffnete. Ich versuchte, ihn von mir hinunter zu treten, doch seine Größe und sein Gewicht waren zu viel. Die Beine aneinanderpressend versuchte ich ihn aufzuhalten. Ragnar jedoch schob seine Hand zwischen meine Beine und versuchte an meine Körpermitte zu gelangen. Ich spürte seine Erregung und ich merkte, wie mir schlecht wurde. Ich schaffte es nicht, gegen diesen großen Mann anzukommen! Im Gegenteil, er drängte sich regelrecht zwischen meine Beine und schmerzvoll stöhnte ich auf, als er diese brutal auseinander drückte. Eine seiner großen Hände fasste mir feste an die Brust „Nein“, jammerte ich leise. Ich spürte, wie erregt er war als er seine Hüfte gegen mich drückte! Deutlich konnte ich sein halb erigiertes Glied an meiner Mitte fühlen! Panik durchströmte meinen Körper und ängstlich keuchte ich auf. Immer noch pumpte mein Herz das Adrenalin durch meine Venen und verzweifelt schlug ich Ragnar gegen Schulter. „Oh bitte, mach das nicht! Bitte…“ Die Tränen kamen ohne, dass ich es verhindern konnte. Ich wollte nicht, dass er mir so nah kam. Ich hatte Angst, wirklich Angst! Immer noch spürte ich seine Hand auf meinem Körper und langsam schien er von mir ab zu lassen. Sein Griff wurde lockerer er richtete sich auf. Was ihn bewogen hatte, aufzuhören, dass wusste ich nicht. Die Tränen liefen mir über die Wange und immer noch versuchte ich ihn wegzudrücken. Seine Augen schienen die meinen zu suchen, doch die Tränen und der halbdunkle Raum ließen mich ihm kaum erkennen. Ein leises, aber deutliches Schluchzen entwich meiner Kehle. „Mach das nicht, bitte“, jammerte ich leise und versuchte das leicht verrissene Nachthemd schützend vor meine Brust zu halten. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie kaputt es eigentlich war. Er hatte meine Brust entblößt und schützend versuchte ich den Stoff darüber zu ziehen. Ich schaffte es nicht, den Blickkontakt aufrecht zu halten und blickte hinauf zur Decke. Ich hörte so deutlich meinen Herzschlag, dass ich dachte, er sei im ganzen Raum zu hören. Stumm sahen wir einander in die Augen, als unsere Blicke sich trafen. Ich zwang mich wieder, ihm in die Augen zu sehen. Ich musste es einfach. Ich wollte nicht noch schwächer aussehen, als ich es vermutlich ohnehin tat. Ich zuckte zusammen, als seine Hand über meine Wange strichen. Vorsichtig, strich er meine Tränen weg. Es schien, als verwirrten sie ihn, als brachten sie ihn regelrecht aus dem Konzept. „Du weinst“, nuschelte er angetrunken und ich schaffte es nicht, den Blickkontakt zu halten. Ich senkte die Lieder und erneu entfloh meiner Kehle ein kaum zu definierendes Geräusch. „Bitte… ich will so nicht mit dir zusammen liegen“, sagte ich leise und mit kratzender Stimme. Erleichterung strömte durch meinen Körper, als er sich langsam neben mich gleiten ließ. Es fühlte sich an, als erlöste er mich gerade. Doch die Angst wollte mich noch nicht verlassen. Er bettete seinen Kopf auf meine Brust und streichelte langsam und vorsichtig meine Seite hinauf. Ich ließ ihn gewähren und wusste nicht, weswegen er dies tat. „Tut mir leid“, murmelte er leise. Erstaunt und auch ein wenig erleichtert, stieß ich die Luft aus meiner Lunge hinaus. Vorsichtig, legte ich meine Hände auf seinen roten Schopf und streichelte sanft, fast schon vorsichtig die langen Haare. Ich konnte nur nicken und sagte nichts. Immer wieder strichen meine Finger durch die roten Haare. Warum ich das machte konnte ich selbst nicht beantworten. Vermutlich, weil ich sonst nicht gewusst hätte, wohin mit meinen Händen. Mein Körper zitterte und immer noch streichelte ich durch seine Haare. Nach einem Augenblick merkte ich, dass Ragnar tiefer atmete, als noch vor wenigen Augenblicken. Er war eingeschlafen! Wie konnte er jetzt nur schlafen!? Ob das am Alkohol lag? Ich selbst war viel zu aufgewühlt um schlafen zu können. Wieso, hatte er das gemacht? Wieso konnte er ein Nein so schwer akzeptieren? Noch lange lag ich wach und immer wieder ging mir die Situation durch den Kopf. Mein Körper erbebte und die Panik hielt den Schlaf lange von mir fern. Die Nacht war unruhig und sehr kurz für mich. Als Ragnar sich, in der Nacht, endlich neben mich rollte und konnte ich die Decke enger um mich ziehend, für mich war es wie ein Schild. Ich zog meine Beine an und machte mich sehr klein und hoffe, dass der Schlaf mich endlich finden würde. Als der Schlaf mich fand, brachte er seltsame und verwirrende Träume, an welche ich mich am nächsten Tag nur vage erinnern konnte. Müde und verschlafen lag ich auf der Seite. Ich spürte den warmen Körper meines Mannes hinter mir. Sein Atem und sein Bart kitzelten meinen Nacken. Immer noch konnte man deutlich den Alkohol an ihm riechen. Es war mir unangenehm und ich fragte mich, ob er mich später, wenn er wach war, darauf ansprechen würde. Was sollte ich darauf sagen? Doch vielleicht machte ich mir auch viel zu viele Gedanken. Vielleicht sollte ich ihm einfach sagen, was ich davon hielt und dass er das, was er getan hatte, nie wieder machen sollte. Dass, ich Angst hatte, dass ich es schrecklich fand. Er musste einfach wissen, wie es für mich war. Ich wollte keine Angst vor ihm haben! Ich wollte nicht immer wieder Sorge haben, dass er betrunken so etwas versuchte! Ich hatte gerade begonnen, meine Sorge vor ihm abzulegen. Was wäre, wenn er nicht irgendwann aufhört, wenn er getrunken hatte? Wenn er zu betrunken ist und es nicht mitbekommt? Was dann? Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und starrte auf die Wand gegenüber. Schmucklos war sie und kein Bild hing im Zimmer. Hier sollte man nur schlafen und sich nicht wohlfühlen. Immer wieder erzitterte mein Körper und obwohl ich es wollte, schaffte ich es nicht, ihn unter Kontrolle zu bekommen. Immer wieder nickte ich ein und die Sonne war dabei aufzugehen. Die Geräusche des Dorfes weckten mich. Ich hörte Stimmen am Fenster und Karren, welche über die Wege geschoben wurden. Müde grummelte ich vor mich hin und streckte meine Glieder müde aus. Etwas Schweres lag um meine Taille und ich spürte sofort, dass es Ragnars Arm war. Ich hörte ihn immer noch tief hinter mir atmen. Ich wusste also, dass er noch am Schlafen war. Ich schälte mich langsam aus dem Bett und auch diese Bewegungen ließen meinen Mann nicht wach werden. Ich betrachtete mein Nachthemd. Einige Knöpfe waren abgerissen und auch an einem Ärmel war ein Loch an der Naht zu erkennen. Schnell zog ich mich an. Eine beige Bluse und eine schwarze Stoffhose sollten für das zwar milde, aber durchaus am Morgen etwas frische Wetter helfen. Ich zog mir ein dünnes und besticktes Wams über und verließ zügig das Schlafzimmer. Im Schrankraum begegnete ich meiner Schwiegermutter gemeinsam mit Raik am Tisch sitzend vor. Freundlich winkte mir mein Schwiegervater zu und ich setzte ein gespieltes Lächeln auf. Mit einem gemurmelten Morgen, ließ ich mich neben ihn nieder und strich mir ein letztes Mal über die Augen. Die Augen von Inga glitten fast schon besorgt an mir entlang und sofort meinte sie: „Du siehst ja schrecklich aus, Kindchen! Ist alles gut?“ Ich nickte leicht, weil ich ihr nicht sagen wollte, was geschehen war Mir vorzustellen, ihr zu berichten war gestern vorgefallen war kam für mich nicht infrage. Ich mochte sie nicht allzu sehr und ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie glaubte, dass Ragnar so etwas tun würde. In ihren Augen, schien ihr Sohn unfehlbar zu sein. „Nur schlecht geschlafen“, wich ich schnell aus und es war eigentlich nicht einmal gelogen. Ich blickte mich nach dem Wirt um und sah seinen Schatten hinter dem Raum am Tresen. „Ja“, hörte ich die tiefe und ruhige Stimme meines Schwiegervaters sprechen, „Diese Betten sind auch nicht sonderlich bequem. Aber man soll sich nicht beschweren, die Lager in den Zelten sind auch nicht wirklich besser.“ Sofort nickte Inga und sie strich sich eine lockige Strähne ihres Haares aus den Augen. „Ja, es geht nichts darüber, im eigenen Bett zu schlafen“, meinte sie in dem Augenblick, als der Wirt kam und heiße Becher mit einem Kräuteraufguss reichte. Auch ich bestellte einen Kräuteraufguss und fragte, ob ich etwas zum Frühstücken bekommen könnte. Sofort nickte der Mann und verschwand wieder in dem Raum hinter seines Tresens. Ich versuchte nicht, an Ingas Worte zu denken. Doch ich konnte es nicht verhindern, dass meine Gedanken und mein Geist in mein Zimmer flogen. Zu meinem Bett und zu meiner geliebten, tiefen Fensterbank, auf welcher ich so gerne gesessen hatte. Doch lange, war es mir nicht vergönnt, in meinen Gedanken davon zu fliegen, denn die Stimme meiner Schwiegermutter riss mich aus meinen Gedanken. „Ich hoffe, dass du dich schnell in unserer Dorfgemeinschaft zurecht findest“, meinte sie zu mir und trank einen Schluck des Tees. Ich seufzte innerlich auf. Immer wieder sprach sie davon und nachdem was gestern vorgefallen war, war es mir vollkommen gleich. Ich wusste, sie hatte Sorge, ich würde mich nicht benehmen. Ich würde alles und jeden Schlecht machen. Und natürlich, hatte sie Sorge, ich würde für ihren ach so tollen Sohn eine schlechte Ehefrau sein. Nie kam sie auf die Idee, dass Ragnar sich auch als schlechter Ehemann darstellen könnte. „Ich werde mich bemühen, mich an die Gegebenheiten vor Ort anzupassen“, sagte ich immer wieder diplomatisch. Ich wusste, dass sie diese Antwort nicht hören wollte. Sie wollte hören, dass ich mir Mühe gab, da war ich mir sicher. Doch das war einfach nicht ich! Ich versprach so etwas nicht und vor allem heute würde ich so etwas nicht einfach versprechen. Ich sah, wie Ingas Mund sich hob, doch es war Raiks Stimme, welche über den Tisch wehte und seine Frau in die Schranken wies. „Inga“, sagte er mit etwas mahnender Stimme, „Jeden Tag, sagst du dem armen Mädchen das Gleiche. Sie hat doch keine Ahnung und scheint nicht so blauäugig durch die Welt zu gehen. Lass sie sich doch einfach ihr eigenes Urteil bilden.“ Überrascht glitten meine Augen zu ihm. Er war mir wirklich ein netter und sympathischer Mensch. Ingas Blick glitt zu ihrem Mann und stumm nickte sie. Ob sie beleidigt war, konnte ich nicht sagen. Wir aßen unser Essen und als wir Schritte hörten, drehten sich alle am Tisch um. Ich erschreckte mich innerlich als ich Ragnars große Gestallt wahrnahm. Der lange Bart, dürftig gekämmt und unter seinen grünen Augen lagen dunkle Schatten. Er ging mit langen Schritten auf den Tisch zu und nickte in die Runde. „Morgen“, raunte er und ich hatte für einen Augenblick den Eindruck, als suche er meinen Blick. Doch ich wich seinen Augen aus und starrte auf meinen Frühstücksteller. „Du siehst ja genauso müde aus, wie deine Frau“, meinte Inga und schüttelte leicht den Kopf. „Da hat wohl einer zu viel getrunken“, hörte ich Raiks amüsierte Stimme über den Tisch wehen. Wenn er nur wüsste, dachte ich in Gedanken versunken und schob mir lieber ein Stück Brot in den Mund. „Ja. Viel zu viel“, raunte er und irgendwie, wirkte er komischer, als ich dachte. Er wollte nichts zu essen bestellen und nachdem wir fertig waren spürte ich Ragnars Hand an meinem Unterarm. „Wir sollten…. Kommst du mit nach oben? Bitte?“, fragte er tatsächlich und etwas seltsames lag in seinem Blick. Doch schnell wich ich diesen Augen aus. Ich erhob mich langsam. „Nur kurz. Ich will nach Freya sehen.“ Wieso ich zustimmte? Das wusste ich selbst nicht. Vielleicht, wollte ich das Gespräch einfach hinter mich bringen? Ich hatte gelernt, dass man sich schwierigen Gesprächen zu stellen hatte. Ich konnte mich selbst gerade nicht erklären und so folgte ich meinen Mann hinauf in den dunklen Flur, hinein in das karge Zimmer. Wir betraten den Raum und als die Tür ins Schloss fiel, folgte eine bleierne Stille. Niemand sagte etwas. Weder Ragnar noch ich schienen das Gespräch beginnen zu wollen. Die Sekunden strichen vorbei und nach einem Augenblick, der sich länger anfühlte, als er vermutlich war, hörte ich Ragnars erstaunlich leise Stimme. „Thalia…. Es, …es tut mir leid“, sagte er und die Reue schwang deutlich in seiner tiefen Stimme mit, „Ich war betrunken. Und…. Ich war einfach nicht mehr Herr meiner Sinne. Ich weiß, dass es keine Entschuldigung ist… Ich wollte dir keine Angst machen…“ Langsam hob ich den Blick und als meine blauen Augen auf die Seinen trafen, war es ein seltsames und komisches Gefühl. So häufig war dieser Mann so selbstsicher gewesen. Hatte vieles einfach bestimmt und getan, ob ich es wollte, oder nicht. Er war ein Krieger und hatte ein hohes Ansehen in seiner Heimat und gerade wirkte er von sich selbst einfach erschrocken. „Wieso, hast du das gemacht“, wollte ich nach einem Augenblick von ihm wissen. Er strich sich durch den langen Bart. Ich hatte mitbekommen, dass er dies öfter machte, wenn er nachdachte. „Wie ich bereits sagte, ich war einfach betrunken…. Und dann… Wenn ich betrunken bin, dann bin ich vielleicht sehr anhänglich… egal bei wem“, erklärte er ruhig und ich verstand was er meinte. Er würde mit anderen Frauen mitgehen. Doch gerade war dies nicht das, was mich störte. „Außerdem“, fuhr er fort, als suche er selbst nach einer Erklärung, „Hast du vorher auch immer „nein“ gesagt und hast dann doch mitgemacht…“ Entrüstet sah ich ihn an! Das entschuldigte doch nicht, dass er nicht aufgehört hatte! Dies konnte doch nicht seine Erklärung sein! Ich stemmte die Hände in die Hüfte und schüttelte den Kopf. „Ragnar, das kann keine Entschuldigung sein! Gestern, hatte ich Angst! Du hast meine Kleidung zerrissen und erst aufgehört, als ich dich geschlagen habe! Ich… Das kann einfach nicht dein Ernst sein!“, fuhr ich ihn gereizt an und verschränkte die Arme vor der Brust. Es klang in meinen Ohren so, als spiele er es hinunter. Als sei meine Angst, meine Panik unbegründet! Ich flüchtete mich in die Wut, denn ich spürte wie die Tränen langsam versuchten ihren Weg auf meinem Körper zu finden. Ich wollte ernst genommen werde. Ich wollte nicht, dass man mir noch die Schuld gab, an dem was gestern passiert ist. Ich wollte das was er gerade von sich gab einfach nicht so stehen lassen! Er sollte, nein, musste sich einfach erklären! „Ich habe doch schon gesagt, dass es mir Leid tut“, raunte er und erneut hörte ich Reue deutlich in seiner Stimme. Ich konnte darauf nichts sagen und wich seinem Blick aus. „Es ist doch nichts passiert…. Du hast doch jetzt keine Angst vor mir, oder?“, fragte er mich und trat einen Schritt auf mich zu. Ich konnte es nicht verhindern, dass ich einen Schritt zurückging. Ich wollte es eigentlich nicht, doch ich schaffte es einfach nicht, es zu verhindern. „Du hast nie aufgehört, wenn ich nein gesagt habe. Du hast mich nie vergewaltigt, aber du hast auch nie aufgehört“, sagte ich und spürte deutlich die Tränen in meiner Stimme. Wieso sie so plötzlich kamen, konnte ich selbst nicht beantworten. Ich schaffte es nicht mehr, sie zu unterdrücken. Es war einfach so! So sehr ich sie zurückhalten wollte, versagte ich dennoch bei dem Versuch. „Dir hat es immer gefallen“, sagte Ragnar und es wirkte, als verwirrten ihn meine Tränen. Wieder ging er auf mich zu. Zügig und noch bevor ich etwas machen konnte, hatte er mich an sich gezogen. „Es tut mir leid, Thalia“, raunte er und strich mir über meinen Rücken, „Ich wollte dir keine Angst machen. Du brauchst auch keine Angst zu haben vor mir.“ Ich nickte nur und obwohl ich es nicht wollte, schluchzte ich leise auf. Der Druck um meinen Körper verstärkte sich. Ich roch den herben Geruch von ihm ein und spürte seinen langen Bart in meinem Gesicht. Vorsichtig streichelten seine Hände über meinen Rücken. War es paradox, dass es Ragnar war, der mich tröstete? Vielleicht und vielleicht auch wieder nicht. „Ich habe mir geschworen“, hörte ich ihn nuscheln, „Dass ich diesen Fehler nicht noch einmal machen werde. Ich schwöre dir, ich werde dir das nie antun!“ Fehler? Was für ein Fehler? Ich erinnerte mich an Lillies Worte. Hatte er Das seiner ersten Geliebten angetan? Erschrocken weiteten sich meine Augen und ich drückte ihn weg von mir. Kapitel 13: Offenbarung ----------------------- Ich drückte ihn weg von mir und betrachtete dieses markante und so auffällige Gesicht. „Was meinst du damit?“, wollte ich sofort wissen. Meine Stimme war belegt durch Tränen und ich musste blinzeln, um ihn richtig zu sehen. Ich war erstaunt, dass er meinem strengen Blick auswich, denn so etwas kannte ich von ihm nicht. Erneut forderte ich ihn auf zu sprechen. Ich wollte Antworten. Ich brauchte Antworten. „Ist nicht wichtig“, wich er aus und als er sich wegdrehen wollte, hielt ich ihn fest. „Nein“, sagte ich energischer als beabsichtigt, „Es ist verdammt wichtig, Ragnar.“ Unergründlich war der Blick mit dem er mich musterte. Ich konnte ihn nicht deuten, doch ich hielt ihm stand. Sah ihm einfach in die grünen Augen. Hatte ich doch gelernt, dass es Schwäche symbolisierte, Jemandes Blick nicht zu erwidern. Ich glaubte, er merkte, dass ich nicht einfach aufgeben würde. „Es ist vier Jahre her“, begann Ragnar zu sprechen und ich hörte die Reue deutlich in seiner Stimme raus, „Ich… Es gab Krieg und wir haben gekämpft und nach einer gewonnen Schlacht sind viele Männer…“ Er brach ab, doch ich glaubte zu wissen, was er meinte. Nach Kämpfen wurden die Besiegten ausgeraubt. Kinder und Frauen oft genug geschändet. Ich hatte vieles gehört, während unseres Krieges. Viele Gräueltaten, welche ich kaum in Worte fassen konnte. Ich blickte ihn nur an, versuchte keine Wertung in mein Gesicht zu legen, ob ich es schaffte oder nicht, dass wusste ich selbst nicht. „Ich war damals noch jünger“, sprach er nach einem Augenblick weiter und unsicher kratze er sich an der Schläfe, „Ich bin nicht stolz darauf, aber auch ich habe mich dabei nicht zurückgehalten.“ Ich trat von ihm weg und ich glaubte nicht, dass ich mein Gesicht noch unter Kontrolle bekam. Mein Mann schien nicht besser zu sein als die Menschen, die mein Volk angegriffen hatten. Ich blickte zur Seite, denn mit offener Verachtung wollte und konnte ich Ragnar auch nicht ansehen. So hatte ich ihn schließlich auch nicht kennen gelernt. Machte es das besser, dass er sich nun seiner Taten schämte? Ich war keine Richterin, noch eine Politikerin, welche mit ihm verhandelte. Ich war einzig seine Frau. Die Person, die er vor solch einem Unheil bewahren sollte. Eisig wurde der Raum zwischen uns und ich war mir sicher, dass nicht nur ich dies so spürte. Ich schwieg, denn ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Was sagte man jemanden, der Frauen geschändet hatte und sich dessen nun schämte? Es war nicht schlimm? Das konnte ich nicht sagen. Dafür hatte ich während des Krieges zu viel gesehen. Vielleicht hätte die Thalia vor dem Krieg gesagt, dass es, wenn man Reue zeigte nicht so schlimm war. Doch ich kannte Frauen, denen es zugestoßen war und nicht alle Frauen waren mir fremd gewesen. Ich wusste, dass viele daran zerbrachen und Reue ihnen dieses Gefühl vermutlich nie hätte nehmen können. Also schwieg ich eisern und presste die Lippen aufeinander. Wusste Lillie davon? Doch wenn sie es wusste, wie konnte sie ihren Bruder dann noch als netten und freundlichen Menschen verkaufen? „Thalia, schau mich an“, forderte Ragnar mich auf, doch ich schaffte es nicht. Immer noch wollten keine Worte meine Lippen verlassen. Ich stand bereits mit dem Rücken zur Wand und ich konnte es nicht verhindern, als Ragnars Hand sich auf mein Kinn legte und mich zwang ihm ins Gesicht zu blicken. Er war nicht brutal dabei, doch sein Griff war bestimmend. Seine grünen Augen suchten die Meinen und sein Blick hielt mich gefangen. „Thalia“, begann er erneut zu sprechen und mir fiel auf, dass er nie so oft meinen Namen ausgesprochen hatte. „Ich bereue es. Ich sage dies nicht nur, damit du mir verzeihst. Damals habe ich mir eine junge Frau genommen. Sie war hübsch und… Ich wollte…. Sie hatte danach geweint und gemeint, sie sei nun nichts mehr wert. Ich hab es nicht ernst genommen...“ Er machte eine kurze Pause bevor er weitersprach und man sah deutlich, wie schwer ihm die Worte über die Lippen kamen, „ Sie nahm sich mein Messer und schnitt sich die Kehle durch. …einfach so, als wäre es das einfachste auf der Welt...“ Ich ließ ihn sprechen und sagte auch nichts, wenn er länger brauchte um die richtigen Worte zu finden. Ich erschauderte, als er sprach. Sich selbst zu richten war etwas, dass ich nie könnte. Nicht jetzt und nicht in unbestimmter Zukunft. Tiefe Reue spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder und sie ließ erahnen, dass es ihm wahrlich Leid tat. „Ich war so erschrocken“, sprach er leise weiter und noch immer sah er mir in die Augen. „Sie hatte einen Mann“, meinte er gerade, als ich den Mund öffnen wollte um etwas zu sagen, „Er hatte mich angeschrien, verflucht. Er griff mich an und ich war zu geschockt, über das was grade passiert war. Doch bevor er mich erreichen konnte, hatte Sven ihn mit einem Pfeil niedergestreckt…“ Ich schluckte und starrte ihn fast schon an. Die Reue die von ihm besitz ergriffen hatte wurde von Mal zu Mal deutlicher auf seinem so markanten Gesicht. Ich zwang mich gerade zu stehen. Ich wollte nicht geschockt aussehen. Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn ich es geschafft hätte, alle meine Gefühle hinter einer Maske der Emotionslosigkeit zu verbergen. „Und wieso hat dich das so geschockt?“, fragte ich und rauer, als ich dachte klang meine Stimme, „Du warst und wirst nicht der Erste sein, der so etwas sieht.“ Es wirkte ein wenig fahrig, als sich Ragnar durch den roten Bart strich. Und es dauerte länger, als ich annahm, bis er die richtigen Worte gefunden hatte. „Ich habe nie…. Nie hat sich eine Frau deswegen gerichtet. Ich habe nie gewollt, dass eine Familie so zerbricht. Ich musste an meine Familie denken... was hätte ich getan wenn es meine Schwester gewesen wäre…“, raunte er und ich glaubte ihm tatsächlich. Es schien ihm wahrlich nicht bewusst gewesen zu sein, was er mit seiner Gräueltaten angerichtet hatte. Bis ihm diese arme Frau so deutlich vor Augen geführt hatte. „Wie oft, hast du das gemacht oder war diese Frau die einzige?“, wollte ich wissen. Ich wusste nicht warum ich es fragte. Vielleicht auch einfach, weil mir keine bessere Frage einfallen wollte. Doch Ragnar schwieg und als er mich fragte, ob ich es wirklich wissen wolle, weiteten sich meine Augen vor Schreck. Sie war nicht die einzige gewesen. Er hatte es noch öfter gemacht. „Ich bin bei weitem nicht so schlimm gewesen, wie andere es sind!“, verteidigte er sich und blickte mich fast schon etwas auffordernd an. Er wollte wohl, dass ich ihm Glauben schenkte. Er wollte nicht, dass ich so ein Monster in ihm sah, dies war offensichtlich. „Ich habe mir nicht immer eine gesucht, noch brauchte ich es nach einem Sieg. Ich feiere lieber mit Alkohol als mit Frauen. Und nach diesem Erlebnis, habe ich es nie wieder gemacht.“ Stumm betrachteten wir einander und was ich in den Augen des Mannes vor mir suchte, wusste ich selber nicht. Auch wenn ich es versuchte, schaffte ich es nicht mir meinen Mann als so einen grauenvollen Menschen vorzustellen. Ich glaubte ihm. Warum ich dies tat, hätte ich niemanden erklären können. Ich nahm ihm seine Reue ab und ich glaubte ihm auch, dass er es nicht noch einmal getan hatte. Nie hätte ich erwartet, dass dieser starke Krieger vor mir je so nach Worten ringen musste. Doch wie konnte Lillie ihren Bruder nach diesen Taten noch so in Schutz nehmen. Sie wirkte nicht naiv und nicht dumm! „Weiß deine Familie davon?“, wollte ich leise von ihm wissen. Ich musste es einfach fragen. Ich musste wissen, ob Lillie wirklich ihren Bruder so gut darstellte, wenn sie wusste, was geschehen war. Ich war erstaunt, als er leicht den Kopf schüttelte. „Nein. Ich habe nie damit geprahlt. Glaub mir Thalia, ich war nie einer der so etwas regelmäßig gemacht hat.“ Skeptisch war mein Blick und ohne darüber nachzudenken fragte ich: „Wieso sagt mir Lillie dann, dass deine Geliebte, dir damals nicht alles hatte verziehen können? Was meinte sie damit“? Überrascht war der Blick mit dem mein Mann mich betrachtete. Ich konnte mir denken, dass er nicht erwartet hatte, dass Lillie und ich einander so mochten. Doch vielleicht vertat ich mich auch. „Ich…. Sie hat mir nicht verziehen, dass ich so häufig bei anderen Frauen war. Wie ich bereits sagte, wenn ich trinke, dann bin ich nicht mehr der Treuste.“ Das war es, was Lillie meinte? Ich konnte nicht leugnen, dass ich erleichtert war, als ich es hörte. Lieber einen Mann, der bei anderen war als ein Mann der eine seiner Geliebten vergewaltigt hatte. „Ich trinke gerne, aber ich mache es dann… nie absichtlich?“, sagte er und klang immer fragender zum Ende des Satzes. Unsicher nickte ich und dachte kurz an Leif. Ich hatte ihn bereits betrogen, nicht einmal vierundzwanzig Stunden waren wir verheiratet gewesen. Sollte ich es ihm sagen? Ich hatte Angst davor, doch auch Ragnar musste ziemlich Angst gehabt haben als er mir von all dem berichtete. Ich seufzte schwer und strich mir eine Strähne meines Haares aus dem Gesicht. Ich blickte auf die Wand über Ragnars Schulter und schwankte innerlich, ob ich es machen sollte oder nicht. Ich war erstaunt, als Ragnar meine Hand griff und sofort suchten meine Augen die Seinen. „Bitte, verzeih mir“, bat er leise und vorsichtig strichen seine großen Hände über meine Hand. Ein warmes Gefühl erwachte in meiner Brust. Es war tatsächlich eine Woge der Zuneigung für diesen Menschen. Ein leichtes, sanftes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich vergaß den Gedanken ihm zu sagen, was in meiner Heimat geschehen war. „Schon in Ordnung. Jeder hat Dinge getan die ihm leid tun, wichtig ist nur, aus den Fehlern zu lernen“, meinte ich ruhig und ich war wahrlich überrascht, als Ragnars Hand vorsichtig über meine Wange streichelte. Die Idee, ihm von meinem Fehltritt zu berichten verschwand wieder in meinen Hinterkopf. „Ich würde dich gerne küssen“, raunte er und ich konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. „Du hast sonst auch nie gefragt“, erwiderte ich leise und ich bemerkte, wie seine Mundwinkel kurz zuckten. Er beugte sich zu mir hinunter und drückte seinen Mund auf den meinen. Ich erwiderte den Kuss und spürte, wie seine Hand von meiner Wange zu meinem Hinterkopf wanderte und sich leicht in meine Haare krallte. Ich ließ seine Zunge in meinen Mund gleiten und spürte, wie er mich näher an sich drückte. Ich konnte meine Hände und Arme nicht richtig bewegen, also hingen sie nutzlos hinunter. Sein Bart kitzelte mich am Ausschnitt und als er meine Lippen freigab bat ich ihn: „Oh bitte Ragnar, rasiere dich.“ Überrascht sah er mich an und trat etwas von mir weg. Skeptisch strich er sich durch den langen roten Bart und blickte von diesen zu mir. „Du wirst dich sicher daran gewöhnen“, meinte er ruhig und ich stöhnte innerlich laut auf. Ich glaubte kaum, dass ich dies wirklich konnte. Hätte er jetzt nicht einfach, in Ordnung, sagen können? So schien mein Mann jedoch nicht zu sein. Ich selbst hatte an diesem Tag nicht viel zu tun. Nachdem wir wieder hinunter in die Taverne gingen waren Raik und Inga bereits unterwegs. Wo sie waren wusste ich nicht. Ich selbst wollte meine Ruhe und so verbrachte ich den größten Teil des Tages in unserem Zimmer. Ich dachte darüber nach, was geschehen war. Krieg verändert Menschen. Es war nichts Neues und zu glauben, dass mein Mann der weiße Ritter sei, der nie etwas Grauenvolles getan hatte war sicher nicht intelligent von mir. Dennoch erinnerte ich mich auch an die Reue in seinen grünen Augen. Sie schien ehrlich und aufrichtig. Es dauerte bis ich mir einig zu sein schien. Den Mann der er nun war, der war nicht grauenvoll und diesen begann ich langsam zu mögen. Ich verbrachte einige Zeit alleine mit meinem Pferd und auch dies beruhigte mich und klärte meine Gedanken. Wenn mein Mann in den Augen Fremder und mir gesichtsloser Menschen als Monster in Erinnerung geblieben war, so konnte ich es nicht ändern. Doch ich musste mit ihm leben und ich war zu egoistisch, um ihn auch so sehen zu wollen. Denn es war nicht das Monster, was er mir von sich gezeigt hatte. Er kam dem Mann näher den Lillie mir immer beschrieben hatte. Später an diesem Tag, kam Ragnar abends in das Zimmer und ich war überrascht, dass er nicht bei seinen Freunden war. Wir sprachen viel miteinander und ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass wir einander auf Augenhöhe begegneten, denn tatsächlich fragte er mich nach meiner Meinung zu dem was er erzählte. Er berichtete von seinen Schlachte, die er bestritten hatte und hörte mir zu, als ich ihm erklärte, wie ich meinem Vater als Beraterin zur Seite gestanden hatte. Er wollte wissen was genau meine Aufgaben waren und wieso ich die machen durfte als Frau. Er suchte keine körperliche Nähe und wenn ich ehrlich war, war ich ihm dafür dankbar. Wir waren noch einen Tag in dem Dorf geblieben. Zwei Pferde brauchten neue Eisen und auch Gunnar und seine Brüder hatten sehr viel getrunken und mussten ausnüchtern. Ragnar hielt sich zurück was das Trinken anging und auch meine Nähe suchte er nicht in den Nächten. Er hatte mir tatsächlich ein neues Nachthemd gekauft. Ich hatte ihn nicht darum gebeten, noch hatte ich mich beschwert, dass meins zerrissen war. Ich hatte ihm das Versprechen abgenommen, mir während der Reise nicht mehr näher zu kommen, jedenfalls nicht in den Zelten. Früh brachen wir am nächsten Tag auf und konnten den Weg entspannt folgen. Denn es war nicht das Monster, was er mir von sich gezeigt hatte. Er kam dem Mann näher den Lillie mir immer beschrieben hatte. Nur wenige Felder waren am Wegesrand bestellt worden. In einer Nacht glaubte ich sogar einen Bären zu hören. Ich war erschrocken und Ragnar musste mir versichern, dass sie nicht einfach in das Lager kamen um uns anzugreifen. Ich war froh, dass ich meine Waffen bei mir hatte. Denn sollten sie doch kommen wäre ich vorbereitet. Ein Sommergewitter hielt uns auf und sorgte dafür, dass wir in einem Gasthaus einige Tage verbringen mussten. Den Wirt und den Angestellten kam dies nur zurecht. Seit der einen Nacht, hatte Ragnar nicht noch einmal versucht, das Bett mit mir zu teilen. Und als ich eines Morgens erleichtert feststellte, dass ich blutete, stieß ich ein zufriedenes Seufzten aus. Ich war nicht schwanger. Wäre ich schwanger geworden, hätte ich nicht sagen können, von wem das Kind gewesen wäre. Es war ein komisches Gefühl, je näher wir meiner neuen Heimat kamen. Das Wetter wurde rauer, die Landschaft bergiger und als ich des Nachts das erste Mal einen Wolf heulen hörte erschrak ich fürchterlich. Erneut musste Ragnar mich beruhigen und wie bei dem Bären versicherte er mir, dass die Tiere uns nichts tun würden. Es war das erste Mal, dass ich froh war, als mich Ragnar in seine Arme zog. Ja, ich hatte wirklich etwas Angst. Ich war erleichtert, dass er nicht lachte und vorsichtig streichelte er mir über den Bauch. Es dauerte, bis der Schlaf mich an dieser Nacht in seine Fänge zog und die ganze Zeit versuchte mein Mann mich zu beruhigen. Ich fror in den Nächten und drückte mich tatsächlich etwas an ihn. Ich sagte es damals nur ungerne, aber ich war froh, dass er da war. Ich wusste zwar, dass einer der Männer wache hielt, doch ich sorgte mich auch um Freya. Jedoch beruhigten mich die sanften Streicheleinheiten meines Mannes und so zog der Schlaf mich in seine Fänge. Doch etwas hatte sich gewandelt. Zwar verbrachte Ragnar immer noch Zeit mit seinen Freunden, doch er war auch ab und zu bei mir. Es schien als würde er anfangen sich für mich zu interessieren. Er fragte mich, wie ich die Dinge fand, wie mir die Landschaft gefiel und was ich, außer dem Reiten, noch tat. Ich sprach von den Seen und dem Meer, an dem wir als Kinder oft gespielt und geschwommen waren. Als Ragnar lachend meinte, dass er mich zu einem eiskalten und klaren Bergsee bringen konnte scherzte ich, dass ich mich in das Wasser hineinwagen würde. Dies glaube er mir erst, wenn es soweit war. Auch fragte er mich, wie ich es fand, dass ich jeden Abend mit seiner Mutter kochte. Mein langes durchatmen ließ ihn schmunzeln. Ragnar beugte sich auf Idril zu mir und meinte: „Meine Mutter ist auch ziemlich anstrengend, aber ich kann es nicht. Also versuch es zu lernen.“ Ich verdrehte leicht die Augen und nickte. Ja, es war schließlich meine Aufgabe, dies hatte ich akzeptiert. „Kannst du mir dabei nicht helfen?“, bat ich ihn und blickte hinein in sein Gesicht, auf welches sich Entsetzen abzeichnete. „Kochen ist Frauensache. Wie sieht das aus, wenn ich dir dabei helfe?“, war seine Gegenfrage und sie klang weder böse noch aggressiv. Es war einfach so für ihn. Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern und erwiderte fast schon etwas frech: „Als habe ich einen Mann, der mir unter die Arme greift?“ Unzufrieden grummelte er etwas, was ich nicht verstand. Als ich ihn fragend anblickte raunte Ragnar: „Wir werden sehen.“ Er überraschte mich von Tag zu Tag mehr. An diesem Abend verließ er nicht mit Gunnar oder Sven das Lager um Feuerholz zu holen. Allerdings kam er auch nicht zu seiner Mutter und mir. Er betrachtete uns aus der Ferne beim Kochen und erst am nächsten Abend ließ er sich dazu herab bei uns zu stehen und unbeholfen etwas zu schneiden. Doch so schnell er begann zu helfen, so schnell war er wieder verschwunden. Es schien ihm wahrlich unangenehm zu sein. Ich sagte dazu nichts. Immer weiter ging unsere Reise gen Norden. Ragnar erzählte mir, dass wir bald die Grenzen seines Landes überschreiten würden. Ab dann würden immer wieder kleine Dörfer unseren Weg kreuzen. Ich hörte ihm zu, doch als wir um eine Biegung ritten starrte ich sprachlos auf das, was sich vor mir bot. Wenn ich schon dachte, dass die Landschaft bergig wurde, war das nichts zudem, was sich vor mir erschreckte. Grau und riesig war am Horizont eine lange Gebirgskette zu sehen. Ich konnte Schnee auf ihnen ausmachen. Nicht auf allen Spitzen, aber auf drei hohen Bergen war Schnee! Und das mitten im Juni! Noch nie, hatte ich so etwas gesehen. Majestätisch ragten die Berge in den blauen Himmel und es schien, als fanden die Berge kein Ende. „Wunderschön, oder?“, hörte ich Ragnar neben mir und ich blickte hinauf in seine Augen. Ich konnte nichts sagen, zu sehr beeindruckte mich das, was sich vor mir erstreckte. „Es ist… einfach beeindruckend“, sagte ich nach einem Augenblick. Ich kannte solche Landschaften nur aus Büchern und sie schafften es doch nicht, dass ich es vermochte, sich diese Größe vorzustellen. Dagegen war das, was ich bis dahin als Berg kannte nichts. „Was hast du dir nur bei unseren Bergen gedacht?“, fragte ich leise und eigentlich nur an mich selbst. Ich war überrascht, als ich Ragnar plötzlich leise lachen hörte: „Wo sollen in deinem Land denn Berge sein? Die großen Hügelchen? Mein Heimatdorf liegt am Rande des Gebirges. In vier Tagen denke ich sind wir da.“ Ich nickte nur und als wir wieder zur Gruppe aufschlossen konnte man über den Baumwipfeln immer noch die Berge sehen. Nur die höchsten Tannen vermochte das Gebirge zu verdecken. Ja, diese Umgebung war rau. Wir kamen an klaren und eiskalten Seen vorbei. Frischten unsere Wasservorräte auf und auch die Pferde konnten ihren Durst stillen. Immer noch war ich gezwungen, meiner Schwiegermutter beim Kochen zu helfen. Es klappte besser und doch machte es mir keinen Spaß. Doch es schien niemanden zu interessieren und mich langsam auch nicht mehr. Ich wollte auch leckeres Essen haben. Also akzeptierte ich, dass ich dann dafür sorgen musste, dass es mir schmeckte. Ab und zu gesellte sich Ragnar dazu und schien doch nicht zu wissen, was er hier verloren hatte. Ich hatte das Gefühl, dass es von Tag zu Tag kühler wurde und ich gewöhnte mich daran, in der Nacht, wenn es im Zelt zog mich einfach dicht an Ragnar schmiegte. Da war es wenigstens warm während der Nacht. Von Tag zu Tag wuchsen die Berge immer weiter in die Höhe und kamen uns immer näher. Häufig durchquerten wir Dörfer. Viele kleine, einige etwas großer. Kaum eines bot eine Gaststätte an. Viele dieser kleineren Gemeinden hatten eine große Mauer aus Baumstämmen die an ihrem Ende angespitzt waren. Die Häuser waren zumeist komplett aus Holz und standen auf Dicken Stehlen. Sie waren nicht mehr als einen halben Meter vom Boden entfernt. Ragnar erklärte, dass dies Einerseits vor Tieren, andererseits auch vor starkem Regen schützt. Als ich eines Morgens von Ragnar aus dem Schlaf gerissen wurde, er trat mich ausversehen, und nach draußen ging war ich überrascht. Überall, auf den Halmen der Gräser, in den Blättern der Bäume glitzerte der morgendliche Tau und ließ die Umgebung aussehen, als seien hunderte kleiner leuchtender Kristalle über Nacht einfach hier gewachsen. Ja, diese Umgebung konnte wirklich schön sein. Ich strich mir müde durch meine Haare und gähnte herzhaft. Ich war immer noch kein Frühaufsteher, doch diese Reise ließ es nicht zu, dass ich lange schlafen konnte. Ich streckte meine müden Glieder und plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Rücken. Vorsichtig, berührte sie mich und als ich mich umwandte sah ich das Gesicht meines Schwiegervaters. Er lächelte mich freundlich an und grüßte mich. Noch bevor ich fragen konnte, ob ich ihm helfen könne sagte er: „Heute kommen wir endlich an. Wir erreichen unser Dorf von Westen. Deswegen passieren wir zwei andere Dörfer. Sie gehören zwar zu uns, doch anders, als bei euch leben wir ja nicht in großen Städten. Hast du ja alles eh schon gesehen. Ich denke zwar auch, dass Ragnar dir dies sicherlich schon gesagt hat, doch vielleicht interessiert es dich ja, etwas mehr zu erfahren“, sprach er und lächelte mich offen und freundlich an. Überrascht blinzelte ich meinen Schwiegervater zu. Sein längerer grauer Vollbart ließ ihn vermutlich älter aussehen, als er war, doch er hatte etwas in seiner Art, das es zuließ, dass man sich bei ihm durchaus wohl fühlen konnte. Anders, als bei meiner Schwiegermutter, wie ich fand. Ich lächelte leicht und nickte, während ich ihm zu den Tieren folgte. „Ragnar hat mir schon einiges erzählt. So weiß ich, dass es hier eine Grotte gibt und einen See… Er meinte die raue Natur kann auch ihre schönen Seiten haben und gerade muss ich sagen, dass er durchaus Recht hat.“ Mich umblickend, folgte mein Schwiegervater meinen Blick und ich sah, wie er schmunzelte. Er half mir mit Freya und nach einer Weile sagte er: „Das stimmt schon. Ich kenne es nicht anders. Ich bin nie viel gereist. Die Reise, in dein Land, war die längste, die ich je angetreten bin.“ Überrascht sahen meine Augen in die Seinen und stirnrunzelnd fragte ich: „Warst du nie ein Krieger?“ Sofort schüttelte Raik den Kopf. „Nein“, sagte er mit kräftiger Stimme, „das war nie von Interesse für mich. Ich war und bleibe immer ein Schmied. Das ist das was ich kann. Meine Söhne waren da ganz anders…“ Söhne? Doch dann erinnerte ich mich, dass Ragnar mir sagte, dass sein Bruder bereits gestorben war. Gefallen, wie ich es in Erinnerung hatte. Stirnrunzelnd fragte ich nach einem Moment: „Würdest du mir etwas, von Ragnars Bruder berichten?“ Nachdenklich nickte Raik und ein trauriges und vielleicht auch melancholisches Lächeln zierte sein Gesicht. „Natürlich“, begann er mit seiner tiefen und ruhigen Stimme zu erzählen, „Jari war mein ältester Sohn. Er war ein wissbegieriger und ehrgeiziger Mensch. Er und Ragnar haben sich ständig gestritten und auch wieder vertragen. Doch immer, wenn es drauf ankam, hielten die Beiden zusammen. Sie waren keine Unruhestifter, doch sie konnten sich gut durchsetzen. Sie mussten eben lernen, wo die Grenzen waren. Jari wollte damals unbedingt ein Krieger werden und dann kam auch Ragnar auf die Idee… Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten beide etwas anderes gemacht… Doch es war so.“ Ich schmunzelte und nickte, während ich Freya etwas Dreck vom Fell bürstete. „Sie waren wirklich beste Freunde. Sven, Jari und Ragnar“, meinte Raik und er seufzte schwer. Ich merkte, dass er gerade nicht mehr bei mir war. Vermutlich war er bei seinem Sohn. Die Trauer war auf seinem Gesicht eingemeißelt und war tief in seinen Augen verwurzelt. „Raik“, sagte ich leise, „Es tut mir leid, wenn ich Wunden aufreiße. Ich wollte nicht taktlos sein.“ Sofort schüttelte der Alte sein Haupt. „Ach Thalia“, meinte er ruhig und freundlich sah er mich an, „Die Frage war nicht taktlos. Weißt du… Der Tod ist nichts Schlimmes und wir glauben, dass wir nach unserem Tod unsere Vorfahren und Familien wiedertreffen. Ich weiß, dass ich Jari wieder sehen werde. Doch es wird noch dauern und ich vermisse einfach die Gespräche. Kein Vater und keine Mutter, sollte nach ihrem Kind gehen.“ Ich nickte leicht, denn, ja, dass glaubte ich ihm. „Da hast du Recht“, meinte ich ruhig und offen sah ich meinen Schwiegervater an. Freya stupste mich mit ihren großen Kopf an, doch ich ignorierte sie. „Jari hatte keine Frau und keine Kinder… Das ist einer der Gründe, warum Inga so froh ist, dass du da bist. Seit Jari gegangen ist, ohne etwas von sich zu hinterlassen ist sie… sie trauert einfach“, erklärte er ruhig und ich verstand, was er mir sagen wollte. Tatsächlich, konnte ich sie sogar etwas verstehen. Es machte sie mir zwar nicht sympathischer, doch erklärte einfach ihre Art ein wenig. „Bei uns sagt man“, sprach ich leise zu dem alten Mann vor mir, „Dass Menschen erst dann wirklich gegangen sind, wenn sich niemand mehr an sie erinnert. So lange ihr an euren Sohn, Bruder und Freund denkt, ist er nicht weg.“ Während ich sprach sah ich auf einmal Tränen in den Augen des älteren Mannes vor mir glitzern. Sichtlich ergriffen sah er mich an. Er setzte an, um etwas zu sagen, doch keine Worte verließen seine Lippen. Unbeholfen wirkte es, als er mir leicht auf die Schultern klopfte und immer noch waren seine Augen am Glänzen, als er sich umdrehte und mich sprachlos stehen ließ. Es tat mir leid, dass er trauerte. Nicht, dass ihm meine Worte so ergriffen hatten, doch Raik war mir sympathisch und dieser Verlust lastete noch schwer auf ihn. Wie schwer er noch auf der Familie lastete, vermochte ich nicht zu sagen. Erneut stupste Freya mich an und schnaubte auf, als beschwere sie sich, dass ich ihr keine Beachtung schenkte. Idril, Ragnars Rappe, schnaubte unruhig und tänzelte etwas herum. Kurz sah ich meinem Schwiegervater nach, doch er war verschwunden, vermutlich war er zu seinem Zelt gegangen. Und streichelte Freya und sprach ruhig auf sie ein, während ihre lange Zunge, kurz über meine Hand leckte. „Toll, Süße“, meinte ich grinsend und strich meine Hand an ihrem Hals trocken. Ich ging ihm nicht nach. Ich fand es taktlos, ihm dabei zuzuschauen, wie er trauerte. Ich sagte an diesem Tag nichts mehr zu Raik. Er war sehr still und war die ganze Zeit bei seiner Frau. Doch meine Aufmerksamkeit galt etwas gänzlich anderem. Je mehr Schritte getan wurden, desto nervöser wurde ich. Ich kannte schließlich niemanden von hier, außer den Menschen die mich auf dieser Reise hier hin begleitet hatten. Ich sah einige Felder, doch nicht so große wie bei uns. Immer wieder tauchte ein Haus auf und mit der Zeit wurden es immer mehr Häuser. Ich hörte wie Gunnar sagte, dass sie bald endlich da seien und ich freute mich darauf, endlich aus dem Sattel zu können. Ich liebte das Reiten, doch nun war ich froh, wenn ich einige Tage dem Sattel fernbleiben könnte. Ragnars Heimatdorf lag im dichten Wald, umgeben von kleinen Hügeln. Es lag etwas versteckt im Gegensatz zu den anderen und war mehr als doppelt so groß wie die anderen Dörfer. Auch hier säumte eine Mauer aus hohen Baumstämmen seine Grenzen. Die Straßen waren nicht gepflastert und sehr felsig. Grasbüschel wuchsen wo sie nur konnten und ließen es sehr farbenfroh wirken, in dieser kargen Gegend. Es war kein Vergleich zu meiner Heimatstadt. Die Häuser hier standen, für meinen Geschmack, wild durcheinander. Es sah aus als hätten die Leute dort gebaut wo grade Platz war. Keine der Straßen hier war gerade. Am Ende dieses Ortes war eine große, prächtige Hütte. Schon aus einiger Entfernung konnte man viele Verzierungen an den großen Säulen erkennen. Ragnar erklärte, dass dort öffentliche Verkündungen gehalten wurden und große Festmahle. Alle Häuser in dem Dorf waren aus Holz. Ihre Dächer meist mit Stroh und Holz gedeckt. In den Straßen liefen oft Hühner oder gar Schweine herum. Es gab zwar Ställe, doch ließ man sie auch frei herumlaufen, sagte man mir. Wir betraten Ragnars Haus. Daneben stand eines, welches ebenso groß war. Ich vermutete, dass es das von meinen Schwiegereltern war. Ich war Raik dankbar, dass er die Pferde zum Stall bringen wollte. Wo dieser Stall war, dass wusste ich nicht, doch ich vertraute Raik und so überließ ich ihm meine Stute. Ich folgte Ragnar in sein Haus und sah, dass die Kisten, die ich gepackt hatte, tatsächlich alle angekommen waren. Sie standen im Eingang. Alle waren etwas dreckig. Natürlich waren sie, wie wir auch durch den Regen gewandert. Alles war aus Holz gemacht. Nichts in diesem Haus war aus Stein. Mehrere Sitzgelegenheiten standen in einer Ecke und einige Kissen lagen darauf. Vor dem Sofa und den zwei Sesseln lag ein riesiges Bärenfell. Ich hatte noch nie einen Bären gesehen. Es war ein braunes und einfach nur riesiges Tier gewesen. Der Kopf und die Tatzen hingen noch an dem Fell. Während ich weiter in den Raum trat, sah ich hinten eine Feuerstelle und wusste sofort, ohne genauer hinzuschauen, dass es die Küche sein sollte. Ein Fenster stand in der Nähe und skeptisch betrachtete ich die Küchenzeile. Es war ein großer geschliffener Stein, nur wenige Zentimeter über dem Boden. Daneben eine Feuerstelle, einem Lagerfeuer gleich. Es lag noch verkohltes Holz darin. Über dieser Stelle ein Schweres Eisengitter auf dem man Scheinbar Fleisch grillen konnte. Mein Blick glitt hinaus zum Dach und wie Ragnar bereits beschrieben hatte war dort eine Luke. So konnte der Rauch dort abziehen. „Soll ich dir helfen, beim Auspacken?“, fragte Ragnar und stellte seine Waffen in eine Ecke. Langsam schüttelte ich den Kopf und folgte dem Mann und stellte meinen Bogen neben sein Schwert ab. „Ich will das lieber erstmal alleine machen. Zeigst du mir das Haus?“, bat ich leise. Es war komisch, sich vorzustellen, hier mein ganzes Leben verbringen zu müssen. Es war nicht sonderlich hell, da das Haus nur kleine Fenster hat. „Wieso sind die Fenster so klein?“, wollte ich wissen und Ragnar erklärte mir, dass es, wegen der Winter sinnvoller sei. Je größer die Fenster, desto mehr Wärme konnte über sie entweichen. Das Schlafzimmer war kleiner als das meine, doch wunderte es mich nicht. Das Bett war an die Wand geschoben und viele unterschiedliche Felle lagen hier. Ich erkannte einen Wolf und ein zweites Bärenfell. An der Wand, an welcher auch das Bett lehnte, war ein Fenster eingelassen worden. Zwei Schränke und eine tiefe Truhe standen herum. Es gab noch weitere Räume, es stand nicht wirklich etwas herum und ich ahnte, dass diese Kinderzimmer werden sollten. Ich sagte dazu nichts. Es waren zwei etwas größere Räume. Der letzte Raum, war ein Waschraum und erinnerte an den, den ich Zuhause hatte. Es war der einzige Raum, in denen tatsächlich Steine verarbeitet waren. „Und?“, fragte mich Ragnar, nachdem wir wieder in die Wohnstube getreten waren. „Es ist anders, wie bei mir und ich hoffe, ich kann mich einfach schnell einleben“, meinte ich diplomatisch. Doch noch hatte ich nicht viele andere kennen gelernt. Kapitel 14: Trautes Heim... --------------------------- Ich öffnete die Kisten und betrachtete die Kleidungsstücke im Inneren. Einige Kleider und viele Hosen hatten den Weg in die Fremde gefunden. Ragnar hatte einen Kleiderschrank für mich geräumt und trotzdem passten nicht alle meine Kleidungsstücke dort hinein. Ich hatte einfach zu viele. Vermutlich würde ich viele gar nicht brauchen. Einige meiner Bücher legte ich neben die Kisten. Wohin ich sie packen sollte, dass wusste ich noch nicht. Ich griff nach dem Bild meiner Familie und schluckte, als ich es in den Händen hielt. Ich vermisste sie sehr und schmerzlich nahm ich mir vor, ihnen bereits morgen zu schreiben. Sie wollten sicher wissen, dass ich gut in meiner neuen Heimat angekommen war. Wieder nahm ich das kleine Gemälde zur Hand und strich sanft über den dunklen Rahmen. Vor allem Tal vermisste ich. Als es an der Tür klopft vernahm Ragnars tiefe Stimme, als er die Haustür öffnete. Ich hoffte, es war nicht seine Mutter. Ich wollte Inga nicht schon wieder um mich haben. Doch nein! Das waren Kinderstimmen! Sie grüßten Ragnar und ich hörte ihn fröhlich lachen. Auch wenn es offiziell mein Zuhause war, fühlte es sich gerade eher an, als sei ich Gast in diesem Haus. Um sich wohl zu fühlen fehlte es hier für mich an vielen Dingen. Der Geruch von Holz im Haus war mir fremd und auch die Enge. Nichts erinnerte mich an Zuhause. Ich hoffte, dass es etwas brachte, wenn ich meine eigenen Sachen, oder Bilder hinstellte. Erneut vernahm ich das Getrippel von Füßen und hörte die Stimme meines Mannes. Er sprach mit jemanden. Ob Sven mit seinen Kindern gekommen war? Er sagte schließlich, dass er hier ein und ausging. Unschlüssig öffnete ich die Tür und betrat den Wohnraum der Behausung. Ich wollte nicht unhöflich erscheinen, wenn Ragnar Besuch bekam. Ich wusste, dass ich ab morgen vermutlich unter strenger Aufsicht stehen würde. Vor allem von Inga. Doch vermutlich auch von den Bewohnern des Dorfes. Schließlich war ich die Fremde. Ein Mädchen, ich schätzte sie auf vier, saß auf Ragnars Arm und lachend versuchte sie an seinem langen Bart zu ziehen. Sie hatte glatte dunkelbraune Haare und trug ein grünes Kleidchen. Ein weiteres kleines Mädchen hatte eine Holzfigur in den Händen und blickte als Erste zu mir, als ich stillschweigend den Raum betrat. Auch sie hatte dunkle, glatte Haare. Sie sah aus, wie ihre große Schwester. Ich erblickte eine Frau mit ebenfalls langen dunklen, glatten Haaren. Sie war vielleicht nur ein wenig größer wie ich selbst und hatte eine etwas breitere Hüfte, doch ansonsten sah sie recht schlank aus. Sie hatte eine angenehme Ausstrahlung und ihre etwas vollen Lippen waren zu einem zufriedenen Lächeln verzogen. Sie unterhielt sich angeregt mit meinem Mann und lachte gerade, als er ihr was erzählte. Es musste einfach die Mutter der Kinder sein, denn ihre Töchter hätten die Verwandtschaft nicht abstreiten können. Auf ihrem Arm trug sie ein Baby. Es war gerade mal ein Jahr alt, schätzte ich und auch der Junge sah seiner Mutter erstaunlich ähnlich. Ein Korb stand auf dem Boden und als ich einen weiteren Schritt in den Raum trat sahen die Augen der fremden Frau in meine Richtung. „Oh seid gegrüßt“, sagte sie mit einer freundlichen und offenen Stimme und trat mir etwas entgegen, „Es freut Euch, dich kennen zu lernen. Ich bin Sontje, Svens Frau und das ist Merlin.“ Sie hob den kleinen Jungen etwas an, welcher sich neugierig im Raum umzublicken schien. Ich nickte der jungen Frau zu und sagte höflich: „Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Sven sagte mir bereits, dass er Vater sei.“ Ich hörte Ragnar lachen und sah, wie er mit dem kleinen Mädchen auf den Arm zu mir geschlendert kam. „Wer weiß, wie viele überhaupt von ihm sind. Die sind nämlich alle viel zu hübsch um wirklich Svens Kinder zu sein“, meinte er grinsend und ließ das Mädchen neben seiner kleinen Schwester hinab. Ich spürte, dass sie alle einander mochten. Offen und freundlich blickten sie einander an und eine große Vertrautheit schien zwischen ihnen zu herrschen. Sontje lachte leise und meinte zu meinem Mann: „Du bist echt gemein. Hör auf damit. Nachher wird er sauer, wenn du das zu häufig sagst. Ach und das sind Greta“, sie deutete auf die kleine, welche immer noch mit ihrer Holzfigur beschäftig war, „und das ist Stina.“ Die Größere der Beiden hing wieder lachend an meinem Mann, welcher ihr kurz durch die dunklen Haare strich. „Der wird sich schon nicht aufregen. Das weiß der eh“, scherzte mein Mann und hockte sich kurz zu den beiden Kindern hinunter. „Und mein ältester Sohn Tom, ist gerade bei seinem Vater“, beendete Sontje ihre Erklärung, ohne auf Ragnars Einwurf irgendetwas zu sagen. Ich erinnerte mich, dass man mir sagte, dass Sven und sie häufig zu besuchen kommen. Doch ich hatte nicht erwartet, dass ich sie am Tage meiner Ankunft alle kennen lernen würde. Ich hatte eher gehofft, dass ich einfach in Ruhe meine Sachen auspacken konnte. Höflich nickte ich, während sie mir ihre Familie vorstellte und fragte mich im Stillen, ob ich auch irgendwann so viele Kinder haben sollte. „Ich bin hier, weil ich mir denken konnte, dass ihr beide sicher Hunger habt, nach eurer langen Reise“, erklärte sie und deutete auf den Korb, welcher neben dem Eingang stand. Diesen hatte ich bis dahin gar nicht beachtet. „Ist nur etwas kalter Braten und Brot. Aber es wird euch sicher satt machen und ihr könnt in Ruhe die ganzen Kisten auspacken.“ Dankbar sah ich die Frau vor mir an. Dass ich heute noch hätte kochen müssen hätte ich fast vergessen. Es klang vielleicht komisch, aber ich brauchte es bis vor kurzem einfach nie selber machen. Und so vergaß ich es schnell. Außer meine Schwiegermutter erinnerte mich freundlich daran. „Vielen Dank. Damit habe ich nicht gerechnet. Wirklich, vielen Dank“, sagte ich mit ehrlicher Erleichterung in der Stimme. Heute durfte ich also wirklich in Ruhe ankommen und beginnen mich einzurichten. Fröhlich lächelte ich die Frau vor mir an. Ich fand es wirklich sehr nett und aufmerksam von ihr. Überrascht betrachtete Sontje mich, als sie meinen ehrlichen und vielleicht auch zu euphorischen Dank hörte. Ich kannte die Sitten und Bräuche hier nicht. In meiner Heimat hätten viele daran nicht gedacht. Doch sie lächelte nur und schien sich der warmen Worte zu erfreuen. „Wie war denn die Reise und wie ist der erste Eindruck von dem Norden“, wollte sie wissen und blickte mich neugierig an. Sie trat näher zu mir und überreichte Ragnar den kleinen Jungen. Ich wusste nicht weswegen, doch irgendwie wirkte sie in diesem Augenblick offener und sehr viel freundlicher. Ich hörte Ragnar fröhlich sagen: „Na, du Stinktier. Ärgerst du deine Mutter auch schön?“ Er entfernte sich von uns und nur kurz folgten ihm meine Augen, ehe ich Sontje ansah. Vielleicht hatte sie damit gerechnet, dass ich schlechte Laune verbreiten würde, oder vielleicht auch herablassend sei. Beides wäre verständlich, wenn man meine Umstände betrachtete, die dafür gesorgt hatten weswegen ich hier war. Doch die Reise hier her hatte mich diese Launen verdrängen lasse. Auch Leif war nur noch selten präsent gewesen, dafür war einfach zu vieles geschehen. „Abgesehen von einem Unfall mit dem Karren und dem Gewitter war es eine durchaus angenehme Reise. Und das was ich vom Norden bis jetzt gesehen habe, ist zwar sehr anders, als das was ich kenne, aber es ist ziemlich beeindruckend. Vor allem das Gebirge“, beendete ich meine Erklärung und zustimmend nickte die Frau vor mir. Ich brauchte ihr nicht zu sagen, dass ich mich noch nicht zuhause fühlte, dass ich meine Familie vermisste. Es konnte sich jeder denken und es ließ die Menschen unsicher werden, wenn man immer alles offen sagte. „Ich kann mir ein Land ohne Berge nicht vorstellen“, sagte sie freundlich und ich zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Na ja“, meinte ich ruhig, „Es ist eindeutig weniger anstrengend zum Laufen.“ Sie lachte leise und fragte, ob ich bereits alles ausgepackt hatte. Ich verneinte und Sontje sagte: „Das dauert sicher auch etwas. Ich werde mich jetzt auch mal zurückziehen. Ihr müsst auspacken und habt sicher noch einiges zu bereden. Ich freue mich jedenfalls, dass du hier bist und hoffe, wir kommen miteinander aus. Unsere Männer werden nämlich ständig aufeinander hocken, da kann weibliche Unterstützung gut tun.“ Freundlich zwinkerte sie mir kurz zu und ich lachte nur leise, nickend. Es war ein angenehmes Gefühl, willkommen geheißen zu werden und es ließ die Distanz, welche ich gerade beim Ausräumen meiner Sachen gespürt hatte, kleiner werden. Sie blickte zu ihren Kindern und sagte: „Los ihr beiden. Wir gehen jetzt nach Hause zu Papa. Los jetzt.“ Leise meckernd erhoben sich die Mädchen und mit Merlin auf den Arm verabschiedete sich Sontje von uns. Als die Tür ins Schloss fiel war es erstaunlich ruhig geworden. „Sie scheint sehr nett zu sein“, meinte ich nach einem Augenblick und ging zum Korb, den sie dagelassen hatte. Ragnar nickte und grinste breit als er sagte: „Sven und ich waren damals in sie verknallt gewesen. Er hat sie bekommen und nun hören sie gar nicht auf mit dem Kinder kriegen.“ Als ich ihn überrascht fragte, ob es ihn gar nicht gestört hatte, war ich überrascht, wie lange Ragnar über seine Antwort nachdachte. Erst nach einigen Augenblicken meinte er: „Hm… Na ja wir haben beide um Sontje geworben und Sven schien es besser angestellt zu haben. Ich war zwar enttäuscht, aber im Grunde war es ihre Entscheidung gewesen. Außerdem, lieben sich die Beiden einfach aufrichtig. Ich gönne es meinem besten Freund durchaus“, meinte er, während ich den Korb auf den Küchentisch abstellte. Er kam näher an mich herangetreten. Seine Brust drückte an meinem Rücken und ein kräftiger Arm legte sich um meinen Körper. Feste wurde ich an die kräftigen Oberkörper gedrückt. Ich erinnerte mich, dass er nun nicht mehr an sein Versprechen gebunden war. Wir waren in unserem Haus, auch wenn ich selbst es noch nicht als dieses sah. Doch anders, als ich vermutet hatte, wollte er nur in den Korb schauen, welchen ich gerade geöffnet hatte. „Hm, Wildschein. Das kann sie wirklich gut“, hörte ich ihn murmeln. Er griff mit beiden Händen an meine Taille und drückte seine Brust erneut an meinen Rücken. „Ich bin echt froh“, raunte er in mein Ohr, während sich seine Hände begangen über meinen Bauch zu streichen „Dass ich endlich nicht mehr im Zelt mit meinen Eltern schlafen muss.“ Er verstärkte den Druck um meinen Körper und eine Hand strich meine Haare auf die rechte Seite. Ich konnte nur mutmaßen, doch ich vermutete, dass ihm das Versprechen in den letzten Tagen sehr schwer gefallen war. Sein rauer Bart kitzelte mich, als er sich runterbeugte und begann an meinem Hals zu knabbern. Seine Lippen glitten über meinen Hals und ich keuchte erschrocken auf, als er mir leicht ins Ohr biss. Ich wusste, was er wollte und eigentlich wunderte es mich, dass er bis jetzt gewartet hatte. Schließlich hatte ich Ragnar als einen Mann kennen gelernt, der sehr körperlich sein konnte. Er hatte sich an das Versprechen gehalten, etwas wofür ich ihm wahrlich dankbar war. Ich hätte es im Zelt mit seinen Eltern auch sicherlich nicht zugelassen. Seine Hände strichen nach oben und ich spürte, wie er begann, die Knöpfe an meinem Ausschnitt aufzumachen. „Wir sind endlich in keinem Zelt mehr und ich glaube jetzt wird auch keiner mehr kommen“, flüsterte er fast schon mit seiner tiefen Stimme. Hatte er damit gerechnet, dass jemand kam? Vermutlich, denn sonst hätte er dies nicht gesagt. Die Angst, welche ich sonst immer gefühlt hatte war verschwunden, doch ich war mir einfach nicht sicher, ob ich es wirklich wollte. Wollte ich, dass er mich nahm. Wieder dachte ich kurz an Leif. Doch er war nicht da. Und er würde sicher nicht hier her kommen. Ich verdrängte ihn wieder in meinen Hinterkopf. Hungrig schienen seine Hände über meinen Körper zu wandern und keine Angst keimte in mir auf. Er war nicht betrunken und drängte sich mir nicht so auf, wie damals in der Gaststätte. Ich zwang mich einfach dazu, den Kopf auszuschalten und ihn einfach machen zu lassen. Wusste ich doch, dass mein Körper mich gerne an ihn verriet. Endlich hatte er die Knöpfe geöffnet, als sich schon seine kalten Finger um meine Brüste legten und sie feste umschlossen. Erschrocken keuchte ich auf und murrte: „Die sind kalt.“ Ich hörte ihn leise hinter mir lachen und erneut strich er mit den kühlen Finger über meine Brust. Es schien ihm Spaß zu machen. Immer wieder reizte er diese Stelle meines Körpers und leise, aber eindeutig keuchte ich auf. Die Brustwarzen richteten sich auf und ich stöhnte leise auf, als er sie zwischen seinen Fingern zwirbelte. „Ich glaube, jetzt sind sie nicht mehr kalt“, raunte er und zog mir das Kleid von den Schultern. Es rutschte mir bis unter meinen Busen und ein kalter Windzug glitt über meinen Körper. Wieder griff er mit den Händen meine Brüste und als er meinen Hintern an seine Mitte drückte rieb er sich an mir. Ich hörte meinen Mann lauter hinter mir stöhnen und als er mir leicht in den Hals biss kitzelte sein langer Bart in meinen Nacken. Ich fragte mich, wie schwer es für ihn gewesen sein musste mich während der ganzen Reise hier her in Ruhe zu lassen. Doch eigentlich merkte ich es gerade. Es schien ihm sehr schwer gefallen zu sein, als ich gedacht hatte. Feste schlang Ragnar seinen Arm um meinen Körper und seine große Hand glitt hinauf zu meinem Gesicht. Er hielt mein Kinn fest, als wollte er es fixieren und erneut drückte er seine Lippen hinter die Stelle meines Ohres. Lauter als beabsichtig keuchte ich auf. Ja, ich gab es zu, der Sex mit diesem Mann war besser, als ich es zugeben wollte. Ein letztes Mal, drückte er sich an mich, bevor er von mir abließ. Er drehte mich an der Schulter zu sich und sein Blick glitt sofort über meinen nackten Oberkörper. Zufrieden blickte er auf meine Brust und strich mit der Hand sanft, fast schon liebevoll darüber. „Zieh dich ganz aus… Ich will dich nackt sehen“, forderte er mich mit lustverzerrter Stimme hinaus. Ich musste g über die für mich forsche Aufforderung schlucken. Ich blickte ihm starr in die Augen, welche im dämmrigen Licht des Hauses schwarz aussahen und erst nach einigen Augenblicken beugte ich mich hinunter und zog mir meine Schuhe aus. Langsam und ohne Hast begann ich Knopf für Knopf des Kleides zu öffnen und die Augen meines Mannes folgten meinen Händen. Irgendetwas in mir gefiel es, das er mich so begehrte und auch so betrachtete. Die Schwerkraft half mir und das Kleid landete langsam zu meinen Füßen. Ein zufriedener Ausdruck huschte über Ragnars Gesicht, doch als er die Hände nach mir ausstrecken wollte hielt ich sie fest. „Ich finde es ganz schön unfair“, meinte ich ruhig und ohne Angst vor ihn, „Dass du noch alles an hast. Wäre es nicht anders fairer?“ Überrascht sah mich mein Mann an und erschrocken keuchte ich auf, als er mich plötzlich zu sich zog. Er drückte meinen Körper an den seinen und ich hörte ihn in mein Ohr raunen: „Jetzt sag nicht, Prinzessin, dass du tatsächlich nicht überzeugt werden musst. Wenn du mich nackt willst, dann zieh mich aus.“ Er biss mir spielerisch in mein Ohr und eine Hand krallte sich in meinen blonden Haaren fest. Wollte ich ihn denn? Ich selbst war mir dabei unschlüssig. Doch ich war mir sicher, dass er dieses Mal nicht einfach aufhören würde. Es gab schlichtweg keinen Grund. Er forderte einfach ein, was ihm zustand. Er war meinem Wunsch nachgekommen und nun war es an mir ihm dafür eine Gegenleistung zu geben. Auch wenn diese darin aussah, sich ihm zur Verfügung zu stellen. Doch schon sofort, als ich dies dachte, schellte ich mich selbst in Gedanken. Meine innere Stimme ermahnte mich, er tat mir nie weh und ich solle endlich einfach genießen. Ich schob ihn weg von mir und kurz hatte ich das Gefühl, ich versuche eine Wand aus dem Weg zu schieben. Nur einen kleinen Schritt trat mein Mann nach hinten, doch es gab mir den Spielraum den ich brauchte. Ich griff nach seinem Gürtel und öffnete die silberne Schnalle. Ich bemerkte, wie fein sie bearbeitet war und fragte mich, ob es Raiks Hände waren, die diese Schnalle geschmiedet hatte. Mit einem lauten Geräusch landete der Gürtel auf dem Boden und sofort wanderten meine Hände zu der Weste. Sie war aus weichen, dunkelbraunen Leder und landete schnell neben dem Gürtel. Ich zuckte zusammen, als plötzlich Ragnars Hände meine Taille umschlossen und mich einfach wieder an ihn drückte. „Was“, wollte ich wissen und blickte auf zu ihm. Sofort legte sich sein Mund auf den Meinen und wild und leidenschaftlich begann er mich zu küssen. Seine Hände krallten sich in meine Haare und seine Zunge glitt in meinen Mund und forderte die meine zu einem Kampf hinaus. Ich spürte, wie eine seiner Hände hinabglitt zu meinem Gesäß. Kräftig drückte er meine Mitte an die seine und ich spürte seine Erregung deutlich an meinem Körper. Ich löste den Kuss und atmete schwer durch, während ich fragte: „Was soll das denn?“ Leise hörte ich ihn lachen und sein Bart kitzelte meine Brust. „Ich habe nie behauptet, Prinzessin, dass ich dich einfach so machen lasse.“ Überrascht sah ich ihn an und energischer drückte ich Ragnar weg von mir. „Und ich lasse dich nicht immer gewinnen“, meinte ich keck und frech grinste ich ihn an. Ich zog an der Tunika, doch dafür war Ragnar zu groß. Selbständig entledigte er sich des Kleidungsstückes und ich konnte die Tätowierungen wieder sehen. Meine Augen folgten den Mustern und nach einem Augenblick raunte Ragnar: „Entweder machst du weiter, oder du hast Pech gehabt, Prinzessin.“ Verblüfft sah ich hinauf in seine Augen und als ich ihn frech anblickte drückte er mich erneut einfach an sich. Diese Kraft und Leidenschaft überraschte mich und er drückte mich regelrecht nach hinten. Ich spürte den Tisch in meinem Kreuz und als ob ich nichts wiegen würde, hob mich Ragnar auf diesen hinauf. Gierig glitten seine Hände über meinen Körper und ich kam nicht dazu, ihn weiter auszuziehen. Er stahl sich zwischen meine Beine und strich mit den Händen kurz über meine Oberschenkel. Ich erwiderte den Kuss und meine Hände krallten sich in seinen Rücken. Deutlich spürte ich die Leidenschaft in ihm. Kraftvoll drückte er meinen Oberkörper auf den Tisch. Das Holz fühlte sich hart und kalt an meinem Rücken an. Fahrig glitten seine Hände über meine Brust und als er sich runterbeugte und in meine Brust biss keuchte ich laut auf. Ich wurde nervös und meine Hände krallten sich an seinen Schultern feste. Sein Bart kitzelte meinen Bauch und ich stöhnte auf, als seine andere Hand meine Brust bedeckte. Ich spürte, dass ich feucht wurde und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Es gefiel mir, wie bestimmend er sein konnte. Ich bemerkte, wie Ragnar sich die Hose ein Stück hinunterschob und er drückte meine Beine weiter auseinander. Ich gab einen überraschten Laut von mir, als er mein Becken mit einem Ruck an die Kante des Tisches zog. Er schien es wirklich eilig zu haben. Ragnar spreizte meine Beine und als ich sah, wie er kurz hinunterblickte spürte ich das Blut in meinem Gesicht. Er konnte doch nicht einfach so dorthin schauen!? Doch ich kam nicht dazu, irgendetwas zu sagen. Seine Hände legten sich auf meine Hüfte und mit einem kraftvollen Stoß stieß er mit seinem Glied in mich. Wir stöhnten beide lauter auf, als ich dachte. Mir blieb kurz die Luft weg. Ja, ich war erregt und trotzdem war er sehr schnell in mich eingedrungen. Ich kniff die Augen zusammen und spürte kurz einen leichten, aber erregenden Schmerz, als mein innerstes sich langsam an sein Glied und sein schnelles eindringen gewöhnte. Unsere Blicke trafen sich und es war ein komisches Gefühl in mir. Ich sah die Lust in seinem Gesicht und doch wirkte er fast schon führsorglich. Als wartete er darauf, dass ich irgendetwas machte, oder sagte. Warum sah er mir einfach so intensiv in die Augen? Doch schon im nächsten Augenblick sollte ich die Antwort bekommen. „War ich zu schnell?“, wollte er wissen und schaffte es doch nicht, sich zurückzuhalten. Leicht bewegte er die Hüfte und stieß leicht in mich hinein. Ein leises und lustvolles Stöhnen entkam meinem Mund und ich schüttelte nur mit dem Kopf. Er nahm mein Innerstes mit seiner ganzen Länge in Besitz. Ich schüttelte erneut den Kopf. So schlimm, war es schließlich nicht gewesen. Seine Hände strichen über meinen Oberkörper und fest umfasste er meinen Busen. Immer wieder stieß er kraftvoll in mich hinein und brachte uns beide zum Keuchen. Der Anblick den ich vom Tisch aus auf Ragnar hatte, gefiel mir besser als ich dachte. Warum das so war interessierte mich in diesem Augenblick nicht. Mir gefiel, wie seine Muskeln sich durch seine Erregung anspannten, wie sein Oberkörper arbeitete, wie sein Becken sich in unserem Rhythmus bewegte. Ich erschreckte mich selbst, wie erregend ich es fand, wie sein Blick auf mir lag, während er schneller und schneller in mich stieß. Seine Hände schoben sich unter meinen Rücken und lustverzerrter Stimme raunte er: „Setzt dich auf.“ Ich brauchte seine Hilfe, denn immer noch stieß er mit seinem Penis zu. Meine Beine verschränkten sich hinter ihm und als ich mich aufsetzte drückte ich Ragnar noch näher an mich ran. Ich roch deutlich den Geruch des Schweißes an ihm und meine Hände kratzen leicht über seine Schulter. Ich sah einige Runen auf seiner Schulter und glitt mit meinen Lippen diese nach. Eine Gänsehaut bildete sich auf seinem Körper und leicht kratzte ich dort drüber. Ein kehliger Laut entkam meinem Mann und er griff nach meiner Wange. Ich spürte seinen angesträngten Atem auf meinem Gesicht und als sich unsere Blicke trafen fühlte es sich erneut intimer an als sonst. Ich war es, die ihre Lippen auf die seinen drückte. Seine langen kräftigen Arme umschlangen meinen Körper und verkrallten sich fast schon in meiner blonden Mähne. Kraftvoll stieß er mit seinem Glied zu und lauter als ich wollte, stöhnte ich in den Kuss. Seine linke Hand schob mein Becken näher an seine Mitte und laut und lustvoll keuchte er über mir auf und gab meinen Mund wieder frei. Ich konnte es nicht leugnen, auch mir bereitete diese Vereinigung vergnügen und irgendwie genoss ich es! Ich drückte ihn mit den Beinen näher an mich heran. Ich spürte Ragnars Anspannung, seine Erregung, seine Kraft. Hart und rücksichtslos stieß er mit seinem Glied zu. Immer weiter brachte er mich an den Rand des Wahnsinns. Ich spürte, wie er eine Anspannung in mir aufbaute und ich wusste, dass ich nicht mehr lange durchalten würde. Sein Bart kratze über meine Brust und als er mir über den Rücken strich keuchte ich auf. Ich merkte wie sein Glied in mir zu zucken begann. Sein Höhepunkt schien gewaltiger als ich dachte. Vermutlich lag es auch daran, dass wir so lange nicht mehr das Bett geteilt hatte. Ich fühlte wie sein Samen in mich schoss und es fühlte sich besser und vertrauter an, als ich mir hätte vorstellen können. Kräftig drückte er sich an mich und laut aufstöhnend krallte er sich an mir fest. Seinen Höhepunkt in mir zu spüren, sowie das Nachbeben seines Körpers, brachte mich ebenfalls über die Schwelle. Ich biss ihm vor Erregung in die Schulter, klammerte mich an ihn. Ich erstickte mein lautes Stöhnen. Doch ich wollte ihn tiefer in mir spüren. Als mein innerstes krampfhaft zu zucken begann hörte ich Ragnar tief und laut über mir Stöhnen. Meine Beckenmuskeln klammerten sich um sein Glied, während ich meinen Höhepunkt erlebte. Ich war Ragnar dankbar, dass er mich festhielt und mir fast schon beruhigend über den Rücken strich. Immer wieder keuchten wir leise auf und schwer ging unsere Atmung. Immer noch war er in mir und es fühlte sich seltsam an. Ich spürte, wie das Blut aus seinem Glied verschwand und er kleiner in mir wurde. Erschöpft ließ ich die Beine sinken und merkte, dass sie vor Anstrengung zitterten. Mein Oberkörper lehnte an dem Seinen und wieder nervte mich dieser elendig lange Bart. Ich zuckte leicht zusammen, als er sich aus mir zurückzog und blickte hinauf in die Augen meines Mannes. Das Rascheln seiner Hose ließ andeuten, dass er sie eilig verschlossen hatte. Ich war erstaunt, als er leicht über mein Schlüsselbein strich. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf an seine Brust und nach einem Augenblick streichelte ich vorsichtig über seine Tätowierungen. Nun, wo ich nicht mehr abgelenkt war, spürte ich die Kälte. Wir hatten kein Feuer entzündet und nun, gänzlich ohne Kleidung wurde es unangenehm. „Mir wird kalt“, meinte ich leise und strich immer noch über die Muster auf seiner Haut. Ich erschreckte mich, als Ragnar auf einmal von mir weg trat. Mit einem seiner Arme griff er unter meine Beine, mit dem anderen umfasste er meinen Oberkörper. Er sagte nichts, wie so häufig bei ihm und hob mich einfach hoch. Ich erschreckte mich im ersten Augenblick und hielt mich an ihm fest. Er brachte mich ins Schlafzimmer. Ich war nicht fertig geworden mit dem Auspacken. In jeder Kiste war noch etwas drinnen. Ihm schien mein Gewicht nicht viel auszumachen. Er schob die Kisten mit dem Fuß beiseite und ließ mich auf das Bett nieder. Ich spürte das Bärenfell an meinen Körper und neugierig strich ich darüber. Fühlten sich Bären wirklich so an? Doch sofort blickte ich hinauf in Ragnars Gesicht und unsicher lächelte ich ihn an. Ich zog leicht an dem langen roten Bart und fragte: „Was kann ich machen, um dich davon zu überzeugen, dieses Dingen abzumachen?“ Er schmunzelte mich an und schüttelte den Kopf. „Gar nichts. Der bleibt, solltest du dich nicht langsam daran gewöhnt haben?“, fragte er fast schon spitzbübisch und drückte sein Gesicht an meine Wange. Er drückte mich hinunter in das Bett und ich lachte tatsächlich auf, als er mich mit diesem Ungetüm von Bart kratze. Er glitt neben mich und zog eines der Felle über unsere nackten Körper, wobei er eigentlich nur halb nackt war, trug er doch noch seine Hose. „Ich nerve dich so lange damit, bis du es wegmachst“, meinte ich grinsend und zog erneut an dem langen roten Bart. Ich bemerkte, wie er die Augen verdrehte, doch er schwieg nur und strich erneut über meine Schulter. „Wer weiß, Prinzessin“, sagte er nur und zog mich einfach in seine Arme. Wieder legte sich das Schweigen über uns, während ich mich daran erinnerte, was alles in den letzten Wochen geschehen war. Doch es war nicht wie so häufig vorher ein unangenehmes Schweigen. Es schien einvernehmlich. Unschlüssig blickte ich hinüber zu dem kleinen Fenster und sah, dass die Dunkelheit dabei war einzuziehen. Ich erinnerte mich an seine ehrliche Offenbarung. Ob er große Sorge hatte, wie ich reagieren würde, wenn ich hörte was er alles getan hatte? Hatte er erwartet, dass ich gehen würde, wenn ich vernahm, dass er sich Frauen mit Gewalt genommen hatte? Die Angst wäre berechtigt gewesen. Vermutlich war er besorgt gewesen, sicher hätte die eine oder andere Frau die Flucht ergriffen. Ich wusste nicht genau, wie viele Meilen zwischen meinem Zuhause und dem Ort waren an dem ich nun lebte, doch sie ließen mich manche Dinge in einem anderen Blick sehen. Im Krieg geschehen nun mal Sachen auf die man nicht Stolz sein konnte und dennoch waren sie so normal. So grausam es sich anhörte. Der Mut den er aufbringen musste, um mir dies zu sagen war sicher groß gewesen. Langsam und zärtlich streichelte Ragnar mein Schlüsselbein und mir war nicht bewusst weswegen mir die nächsten Worte einfach so aus dem Mund flogen. „Ragnar, ich… ich habe dich betrogen. Bei mir… zuhause. Es tut mir leid“, sagte ich ehrlich und blickte hinein in das Gesicht meines Mannes. Wenn er so ehrlich zu mir war, dann musste ich endlich beginnen genau so ehrlich zu ihm zu sein. Kapitel 15: Aufrichtige Worte ----------------------------- Perplex sah er mich an. Es schien, als brauchten meine Worte bis sie in dem Kopf des Hünen angekommen waren. Er richtete sich auf und blickte mich aus einem für mich unergründlichen Blick an. „Was? Wann“, raunte er und die Überraschung schwang deutlich in seiner Stimme mit. Er schien sogar zu überrascht um wütend zu werden. Auch ich erhob mich langsam, doch hielt ich das Bärenfell um meinen nackten Körper geschlungen. Ich blickte hinab und unschlüssig strich ich mir durch die Haare. Erneut forderte Ragnar auf, dass ich sprechen sollte und langsam begann ich zu erklären: „Es war kurz nach der Hochzeit. Ich war so wütend auf dich und auf das Schicksal und wie unfair es mir mitgespielt hatte. Und…. Ragnar ich konnte die Gefühle einfach nicht abstellen und Leif-.“Als dieser Name über meine Lippen kam fiel mir Ragnar gnadenlos ins Wort. „Wenn ich diesen Namen schon höre“, grollte er und richtete sich auf. Erschrocken zuckte ich zusammen und blickte hinauf in sein Gesicht. War er wütend? Ich konnte mir nur das vorstellen, denn ich wäre es an seiner Stelle. „Bitte Ragnar“, flehte ich fast schon, „Bitte, ich habe diesen Menschen geliebt und es war auf einmal alles so viel. So viele Menschen wollten etwas von mir und haben so vieles verlangt. Er hat mir einfach in dieser Zeit Halt gegeben. Bitte, wenn du über mich urteilst… Bitte überleg dir was du getan hättest.“ Beendete ich meinen Monolog und strich mir mit der Hand fahrig durch das Gesicht. Ich biss mir auf die Lippen und mein Körper erzitterte. Ich spürte, wie er sich auf dem Bett neben mir bewegte und als ich den Blick hob bemerkte ich, dass er sich gerader hingesetzt hatte. Tief atmete er durch und immer noch lag ein merkwürdiger Blick auf mir. Ich hasste das Schweigen welches gerade zwischen uns herrschte und ich hielt es nicht aus und fing erneut an zu reden: „Ich weiß, dass er sich unrühmlich verhalten hat, als du da warst und doch… Du hattest doch auch ein Leben vor mir und Geliebte…“ Als ich sah, dass er den Mund öffnete verstummte ich augenblicklich. Ich wusste, dass ich irgendwann ehrlich zu ihm sein sollte, doch die Angst, dass er nun die Kontrolle über sich verlor wuchs ins unermessliche. „Es ist… in Ordnung. Du hast ihn geliebt. Und wir mochten uns nicht besonders“, waren seine Worte und sie klangen weder erzwungen noch traurig. Er betrachtete mich und sprachlos starrte ich ihn an. Ich hatte angenommen, dass er, wenn ich es ihm sagte, wütend werden und vollkommen die Beherrschung verlieren würde. Dass er mir Vorwürfe mache und seine Ehre vollkommen verletzt sehe. „Wirklich?“, fragte ich unschlüssig und runzelte meine Stirn. Ich konnte es kaum glauben, wie dieser Mann gerade vor mir saß. Er nickte nur und kurz war es still zwischen uns. „Ich will wütend sein, aber…“, sagte er langsam und schien einen Moment lang nicht zu wissen, was er sagen sollte, „Aber wenn ich mir vorstelle, dass es meine Geliebte gewesen wäre, dann wäre ich sicher auch nicht treu geblieben… Wenn ich eine hier hätte, wäre ich vielleicht auch nicht treu gewesen, wenn ich sie wahrlich lieben würde.“ Ich konnte kaum glauben, was er da sagte. Nie, niemals hätte ich mit dieser Reaktion gerechnet! Wie dankbar ich für hierfür war, hätte ich nie in Worte fassen können. Sprachlos sah ich meinen Mann ins Gesicht und verstand endlich vollkommen, was Lillie meinte, als sie sagte Ragnar sei ein netter Mensch. Eigentlich hatte ich damit fast gerechnet, dass er ausflippte wie damals vor dem Stall. Doch nichts dergleichen geschah. Ich beugte mich zu ihm und liebevoll drückte ich meine Lippen auf die Seinen. Meine Hände umschlossen sein Gesicht und es störte mich gerade auch nicht, dass sein Bart mich kitzelte. Das Fell rutschte mir von der Schulter und der kalte Windzug der mich erfasste ließ eine Gänsehaut meinen Arm entlangkriechen. Ragnar erwiderte den Kuss und strich vorsichtig durch meine Haare. Ich löste mich von ihm und leise sagte ich: „Danke. Ich dachte, du siehst dich und deine Ehre verletzt… und ich weiß auch nicht…“ Unschlüssig zuckte er mit seinen breiten tätowierten Schultern. Er griff nach dem Fell und legte es mir wieder um meinen Körper. Mit einem sehr kräftigen Ruck landete ich neben ihm und er sagte: „Ich dachte auch, wenn so etwas passiert, dass ich wütender werde. Aber vermutlich liegt es wirklich daran, dass ich dich irgendwie verstehen kann… Ich hatte mir in den Tagen nach der Hochzeit gewünscht, dass ich eine Geliebt hätte, wenn ich ehrlich bin… Ich war neidisch auf dich.“ So ehrlich wie er war, konnte ich kaum glauben, dass er tatsächlich eifersüchtig darauf war, dass ich jemanden geliebt hatte und er nicht. Das klang in meinen Ohren surreal. Und dennoch konnte etwas in meinem Inneren verstehen, was er mit damit sagen wollte. Wir waren beide wenig begeistert gewesen wie das Schicksal mit uns gespielt hatte, doch ich hatte etwas, was mich dieses Schicksal wenigstens für einige Augenblicke vergessen ließ. Doch nun bereute ich es, was ich getan hatte. Wenn ich gewusst hätte, wie sich alles entwickeln würde, hätte ich diesen Fehler mit Leif nie begangen. Doch niemand vermochte es in die Zukunft zu blicken. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und war erstaunt, dass er seinen Arm um mich legte. Sein Geruch stieg mir in die Nase und immer noch konnte man das Pferd an ihm riechen. Ich spürte, wie vertrauter der Geruch wurde und ich merkte, wie dankbar ich war, dass er so ruhig reagierte. Ich hätte nicht gewusst, wie ich reagiert hätte. Sanft strich er über meinen Oberarm und drückte mich wieder an sich. „Ich bin aber nicht schwanger oder so, falls du sorgen hast, ich könnte es sein von ihm“, sagte ich leise und entsetzt starrte mein Mann mich an. „Du hättest schwanger von ihm werden können?“, fragte er und klang ziemlich erschrocken. So surreal es war brachte er mich damit doch zum Lachen. Daran hatte er wirklich nicht gedacht? „Nein. Natürlich nicht“, scherzte ich und schüttelte nur den Kopf. Immer noch blinzelte mich mein Mann verwirrt an und zog mich nah an sich heran. Feste stupste er mich und raunte, dass ich endlich aufhören sollte zu lachen. „Tut mir leid“, meinte ich und griff nach seiner Hand. Ich ließ meine Finger zwischen die Seinen gleiten. Es war schon seltsam, wie sich dieser Mann im Laufe der Zeit sich entpuppte. Er schien sehr viel vielschichtiger zu sein, als ich ihm am Anfang zugetraut hätte. Er war kein Schläger und spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde mir bewusst, dass ich wirklich keine Angst vor ihm haben brauchte. Ragnar war wirklich kein schlechter Mensch. Vielleicht waren wir nicht immer einer Meinung, aber war das nicht normal? Wer verstand sich schon immer mit allen Menschen? Nach einem Augenblick fragte Ragnar mit seiner tiefen Stimme: „Aber du kannst wirklich nicht schwanger sein?“ Ich schüttelte den Kopf und erklärte sofort: „Ich habe geblutet. Also nein.“ Er nickte und blinkte stirnrunzelnd zu mir hinunter. Ich fragte mich, was er sich gerade dachte. Er verstärkte den Druck um meinen Körper und als er erneut fragte: „Aber du bist dir wirklich sicher?“ Lachte ich erneut leise auf. Irgendwie, war es auch niedlich und mir war die Unwirklichkeit dieser Situation durch aus bewusst. Ich hätte damit gerechnet, dass er tobte wie ein Stier und nun brachte er mich tatsächlich zum Lachen. Ich schüttelte erneut den Kopf. „Nein. Wirklich nicht…. Ähm, wenn du dich darüber auslassen willst, ähm, Lillie weiß davon.“ Verblüfft sahen die grünen Augen in mein Gesicht. „Wieso?“, wollte er sofort wissen und die Überraschung zeichnete sich deutlich in seinem Gesicht ab. Ehrlich sagte ich ihm, dass sie mich dabei gesehen hatte. „Hm“, meinte er nachdenklich und streichelte mir weiterhin leicht über meinen Oberarm und fuhr die Tätowierungen nach, „Ich werde es nicht breittreten. Mach dir darüber keine Sorgen.“ Eine Wärme breitete sich in mir aus und ich seufzte leise, als ich seine Worte hörte. Ich drückte mein Gesicht an seine Brust und konnte ein erleichtertes seufzten nicht unterdrücken. „Deine Schwester hatte echt Recht, als sie mir sagte, dass du eigentlich ein toller Kerl bist“, flüsterte ich leise und drückte leicht seine Hand, welche ich immer noch festhielt. Er drückte meine Hand und leise sagte er: „Ich möchte das Thema nicht vertiefen, Thalia… vielleicht reden wir über etwas anderes…“ Ragnar schwieg darauf und erst nach einem Moment viel mir etwas ein, worüber man noch sprechen konnte, in diesem Augenblick. Leise fragte ich: „Wie sieht morgen der Alltag aus?“ Ich löste mich von ihm und blickte hinauf in sein Gesicht. Er betrachtet mich, als schien er sich nicht sicher, ob es doch gut war das Thema zu wechseln und nach einem Augenblick sagte er: „Na ja, wir… ich werde dir die Umgebung zeigen und den Hof. Wir lassen das entspannt angehen. Aber… verrate mir eins? Wieso dieser Leif? Wieso dieser Volltrottel“, wollte er ruhig von mir wissen und fügte hinzu: „Der ist ein arrogantes und widerliches Arschloch. Hält sich für etwas Besseres. Er sah nicht mal nach einem ganzen Kerl aus. Kein Bart, keine Tattoos.“ Er konnte das Thema wohl selbst nicht beenden… Doch ich wusste, dass ich nun Rede und Antwort stehen musste. Das er Leif nicht mochte, war nur zu offensichtlich, doch was ich darauf sagen sollte, dass wusste ich gerade selber nicht. „Ragnar bitte… Es tut mir leid, aber ich möchte dir nicht sagen, warum ich diesen Menschen liebe. Er ist weg und wird nicht hier hinkommen. Wir haben uns einfach irgendwann in einander verliebt. Und du hast auch nur die schlechten Seiten an ihm kennen gelernt. Sowie er von dir auch.“ Stumm nickte Ragnar und als er leise lachte meinte er: „Na ja, aber trotzdem ist er ein… komischer Mensch gewesen.“ Ich schmunzelte leicht und fragte nach einem Augenblick: „Willst du vielleicht etwas essen? Wir haben ja Braten da.“ Ich wollte, dass endlich das Thema gewechselt wurde. Es musste gewechselt werden. Ragnar nickte kurz und als er mich betrachtete meinte er, dass ich liegen bleiben sollte und erhob sich aus seinem Bett. Wieder einmal überraschte er mich an diesem Tag und ich legte meinen Körper unter die Decke, denn auch mit dem Fell wurde es kühl. Wir aßen den kalten Braten auf dem Brot und schnell fühlte ich mich satt. „Sontje ist wirklich nett“, meinte ich, da ich nicht wollte, dass wir schwiegen. Ragnar nickte nur und grinste mich frech an. „Wenn ihr euch nicht mögt, dann zwingen Sven und ich euch dazu. Ihr habt euch zu mögen“, scherzte er und schlag sein drittes Brot hinunter. Leise lachte ich und zuckte mit den Schultern. „Wenn du meinst“, sagte ich ruhig, während ich mich an die Wand hinter dem Bett lehnte. Herzhaft gähnte ich und sah hinaus aus dem kleinen Fenster. Vermutlich war es noch nicht so spät, doch zu wissen, dass diese lange Reise endlich ein Ende hatte, meine Knochen unheimlich schwer werden. Nach seinem vierten Brot stellte Ragnar den Korb neben sich auf den Boden. Nachdenklich betrachtete er mich. Ich konnte mir vorstellen, worüber er nachdachte und als ich ihn fragte, was er habe meinte er: „Ich weiß, dass du deiner Familie schreiben wirst. Doch ich will nicht, dass du deinem Geliebten schreibst. Ich will, dass das mit euch endet. Ich verzeihe dir was passiert ist, aber ich werde dir nicht verzeihen, was noch geschehen könnte. Kannst du dich daran halten?“ Ich schluckte als ich diese Worte vernahm, doch nachdem wie er gerade reagiert hatte, konnte ich nicht anders als zu nicken. Jedoch fühlte es sich nicht so schwer an wie ich dachte, ihm diese Bitte abzunehmen. Mit den Meilen die ich gereist war, war der Gedanken Leif nicht zu schreiben nicht mehr so schlimm wie befürchtet. Ich nickte und leise flüsterte ich: „In Ordnung. Ich werde Leif nicht schreiben.“ Zufrieden blickte mich mein Mann an und ernster als ich dachte nickte er. Er beugte sich zum Nachttisch, blies die Kerzen aus und der Raum versank in Dunkelheit. Ich spürte, dass er näher an mich rückte und sein Körper zu mir unter die Decke glitt. „Komm her, Prinzessin“, raunte er und griff nach meinem Handgelenk. Ich rückte zu ihm und sofort schlangen sich seine Arme um meinen Körper. Er streichelte meinen nackten Bauch und drückte mich an seine Brust. Sein langer Bart kitzelte mir im Nacken, doch ich sagte dazu gerade nichts. „Weißt du“, murmelte ich nach einer Weile, „Ja, deine Schwester hat wirklich Recht, dass du kein schlechter Mann bist.“ Ich grinste leicht und schrie kurz auf, als er mir frech in die Brust kniff. Leise und tief lachte er hinter mir und ließ seinen Bart erzittern. „Und du bist anscheinend nicht so anstrengend wie ich am Anfang dachte“, stichelte er mit freundlicher Stimme und drückte seine Lippen auf meine Halsbeuge. Es dauerte nicht lange, bis der Schlaf mich heimsuchte und mich hinunterzog in seine Tiefen. Immer wieder waren seine Worte und Reaktionen in meinem Kopf präsent. Denn ich hatte einfach mit einer anderen gerechnet. Wie erleichtert ich war schaffte ich nicht in Worte zu fassen. Sanft streich ich über den Arm des Mannes und ich war mir sicher, dass er nicht schlief. Seine Atmung war nicht tief und gleichmäßig. Wir schienen beide anscheinenden Ruhe zu brauchen. Niemand sagte etwas, als schienen wir beide stillschweigend überein zu kommen, dass gerade jeder seine Gedanken brauchte. Ich hoffe, dass er mir keine Vorwürfe machen würde. Vielleicht war er auch nur so ruhig geblieben, da er mir bereits von seinen Gräueltaten berichtet hatte. Auch diese Beichte hätte viele Veranlasst ihn in der Nacht einfach zu verlassen. Doch ich wollte ihn nicht darauf ansprechen. Umso überraschter war ich, als er plötzlich seine Stimme die Stille durchbrach. „Ich dachte, wenn man mir Hörner aufsetzt, dass ich vollkommen durchdrehen werde“, murmelte er leise und doch verstand ich jedes Wort, „Doch ich schaffe es nicht… Als ich dir damals sagte, was ich getan habe… Ich dachte du würdest reis aus nehmen und mich als Barbaren hinstellen. Ich habe damit gerechnet, dass du sagst mit einem Mann, der einer Frau etwas so schändliches angetan hat, kannst du nicht leben. Doch du bist nicht gegangen. Du hast es meiner Familie nicht erzählt und bist wirklich hier hingekommen… Ich hatte das Gefühl, dass ich dir etwas schulde, das du mich nicht einfach blindlings verurteilt hast… Ich glaube, wir sind jetzt quitt, Thalia.“ Auf einmal verstand ich, weswegen dieser Mann nicht die Beherrschung verlor und auch ihm schien es vollkommen bewusst zu sein… Leicht nickte ich und flüsterte: „Ich habe dich nicht als Barbaren gesehen, jedenfalls nicht als du es mir berichtet hast… Ich werde es nicht noch mal machen, Ragnar.“ Feste drückte er sich an seine Brust und erneut legte sich das Schweigen über uns. Sanft strich er über meinen nackten Bauch und beide schienen wir darauf zu warten, dass uns der Schlaf heimsuchte. Früher als mir lieb war, weckte mich mein Mann. Er wolle früh los und ließ es nicht zu, dass ich mich noch etwas ausruhte. Leise vor mich hin fluchend verließ ich das warme Bett und zog mir bequem und nützliche Kleidung über. An die Kleidung der Nordländer musste ich mich noch gewöhnen. Ihre Stoffe schienen dicker und überall hingen Felle. So etwas hatten meine Kleider nicht und ich fand es nicht sonderlich schön. Doch irgendwie glaubte ich, dass sich dies im Laufe der Zeit ändern würde. Doch noch besaß ich nur meine Kleidung und vermutlich fiel diese hier auch ziemlich auf, so gänzlich ohne Felle und den dünneren Stoffen. Ich betrachtete mich kurz in der Reiterkleidung. Viele Frauen mit Hosen hatte ich noch nicht sehen können. Ich mochte sowohl Kleider als auch Hosen und dank der Pferdehaltung in meinem Land war eine Frau in Hosen nicht sonderlich ungewöhnlich. Sollten wir heute ausreiten wäre ein Kleid nicht sinnvoll. Die Haare band ich schnell nach hinten und zwang mich etwas Brot mit Honig hinunter zu bekommen. Ich folgte Ragnar auf den Hinterhof und war von der Größe durchaus überrascht. Angrenzend an sein Haus, hatte ich bereits gesehen, dass das Haus seiner Eltern stand. Ich sah in der Ferne einen offenen überdachten Platz stehen und glaubte Schmiedeöfen zu erkennen. „Die Schmiede deines Vater?“, fragte ich und deutete dahin. „Ja“, raunte Ragnar und deutete auf sein Elternhaus, „Früher gehörte uns nur dieses Haus und der kleine Stall hier hinter, „Als Jari und ich Krieger wurden konnten wir das Haus hier bauen lassen. Wir haben hier zusammen gewohnt. Bis einer von uns eine Frau hätte, dann sollte einer sich sein eigenes Haus bauen… Wir haben nur Tiere hier, die uns selbst versorgen. Ein paar Hühner, Enten und worauf meine Eltern stolz sind drei Kühe. Wir haben aber keinen Bullen.“ Ich beobachtete Ragnar als er sprach. Es schien als sei es wirklich in Ordnung gerade. Als habe es meine Beichte nie gegeben. Ich konnte nur hoffen, dass ich Recht. Als ich Ragnar fragend anblickte, als er mir sagte, dass sie keinen Bullen hatten, schmunzelte er leicht und schüttelte nur den Kopf. „Oh, Prinzessin so viel Ahnung von Politik, aber von den einfachen Dingen im Leben nicht?“, raunte er und ich hörte heraus, dass er sich über mich amüsierte, „Kühe geben nur Milch, wenn sie Trächtig sind. Wir haben im Dorf nur vier Bullen und wir bezahlen die Bauern, dass sie unsere Kühe von ihm besteigen lassen.“ Verstehend nickte ich und als ich ihn fragte, was sie mit den Kälbern machten sah ich wie er mich immer noch amüsiert ansah. „Also sagen wir so“, begann Ragnar mit einem scherzenden Ton zu sagen, „Ich wäre als Kuh lieber ein Mädchen. Die werden meistens verkauft, da sie Milch geben sind sie von nutzen. Wenn keiner einen Bullen möchte, wird das Kalb geschlachtet. Du kannst davon ausgehen, dass die meisten Bullkälber geschlachtet werden. Vermutlich werden wir irgendwann eines unserer weiblichen Kälber behalten, wenn die Mutter nicht genug Milch gibt.“ Ich grinste leicht und schüttelte den Kopf. Als ich leise fragte, ob ich Schlachten müsse schüttelte Ragnar den Kopf. „Das ist Männersache“, erklärte er und führte mich zu den einzelnen Ställen und zeigte mir die Tiere. Ich war froh, als ich das hörte und dagegen würde ich sicher nicht rebellieren. Zu blutig und widerlich fand ich diese Arbeit. „Aber die Pferde stehen nicht hier?“, wollte wissen, nachdem wir unseren Rundgang beendet hatten. Den Kopf schüttelnd erklärte Ragnar mit seiner so angenehmen und tiefen Stimme: „Nein, wir leben hier mitten im Dorf. Ein Bauer hatte, nachdem die ersten Pferde hier hinkamen aus seinem alten Kuhstall einen Pferdestall gemacht. Ihm gehört einiges an Land und er hat Wiesen, wo sich die Tiere auch mal die Beine vertreten können. Wir zahlen eine Pacht, damit er sich um die Pferde kümmert und da alle gerade Pferde gerne haben wollen, verdient er ordentlich daran. Seine Söhne wollten sich auch gar nicht als Krieger bewerben. Sie wollten lieber weiterhin bei ihrem Vater aushelfen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Jeden Abend werden die Tiere in den Stall gebracht und Hengste und Stuten trennt er. Also gibt es keine bösen Überraschungen. Wir sollten vielleicht nur die Sättel und das Zaumzeug mit nach Hause nehmen. Gelegenheit macht schließlich Diebe.“ Ich verstand, was er meinte und so nickte ich nur. Ich folgte Ragnar zu dem Ort, wo ich gestern Freya übergeben musste und als wir hinter eine Biegung traten sah ich eine lange umzäunte Koppel. Viel steiler war sie hier am Hang als ich sie von uns kannte. Ich roch sofort, dass hier Pferde waren und für mich roch es nicht ekelig oder nur nach Mist. Ich mochte den Geruch. Ich sah, dass es zwei recht große Ställe gab. Einer, so erklärte mir mein Mann, sei für die Stuten und der andere für die Hengste. Als wir zwischen den Ställen entlang gingen konnte ich zwei junge Männer sehen. Einer saß auf einem Zaun, der andere lehnte sich daran. Sie unterhielten sich und als wir uns näherten blickten sie in unsere Richtung. Ragnar winkte ihnen zu und als sie ihn erkannte, grüßten sie zurück. „Das sind Björns Söhne Havard und Tiu. Wenn du kein Pferd hier stehen hast, kommst du so einfach nicht hinein“, meinte er und ich folgte dem Mann zu den Ställen. Sie grüßten uns höflich und Ich spürte die Blicke der Männer auf mich und zwang mich, mich nicht zu ihnen umzudrehen. Wir betraten den großen Stall und ich stellte fest, dass es keine Boxen gab. Es war nur ein großer Laufstall. Ich verzog leicht das Gesicht, denn in solchen Ställen konnten sich die Tiere schnell verletzten. Wir gingen zum Stutenstall und besorgt blickte ich mich um und sah meine goldene Stute sofort. „Ich hoffe, die Pferde treten sich hier nicht kaputt“, meinte ich und ging durch das Stroh auf mein Pferd zu. „Hm. Das ist bis jetzt nur einmal vorgekommen“, meinte Ragnar und erschrocken sah ich ihn an. „Dafür hat Björn aber einzelne Ställe hinten bei seinem Nutzvieh. Die die sich nicht verstehen müssen dorthin. Aber Freya sieht doch ganz gut aus. Wenn sie so ist wie du Prinzessin, wird sie hier schnell die…. Na ja dann versucht sie ihren Kopf durchzusetzen.“ Streng sah ich über meine Schulter hinweg meinen Mann an und fragte mit gespielter, strenger Stimme: „Wolltest du mich gerade wirklich beleidigen? Dir ist klar, dass ich in einem Haufen von dreckigen Stroh und Pferdehaufen stehe.“ Er lachte leise und ging mit langen Schritten auf mich zu. Leicht zog er an meinem Zopf und meinte gut gelaunt: „Prinzessin, wenn du anfängst mit Pferdemist um dich zu schmeißen, wird der nächste Spitzname eindeutig Schweinchen sein.“ Ich grinste leicht und leise sagte ich zu ihm nur, er sei ein Mistkerl. Wir gingen zu Freya und sofort schaute ich nach, ob sie irgendwelche Macken an den Beinen oder dem Wiederrist hatte. Doch nichts war zu sehen. „Habt ihr eigentlich viele Hengste. Zu viele auf einem engen Raum ist nicht immer gut“, meinte ich, während wir den Stall verließen. „Mit meinem sind es jetzt vier. Und so wie sich Idril benimmt, wird er sicher bald Chef sein“, meinte Ragnar und auch er kontrollierte sein Pferd, als wir in dem Stall waren. Es waren tatsächlich Recht wenige Tiere her. Gerade mal um die zwanzig Pferde. Wir gingen aus dem Tor heraus und viele der Menschen grüßten uns. Ich bemerkte, dass sie mich musterten und es wunderte mich nicht. Ich war neu hier und alle wussten, wie Ragnar und ich zueinander gekommen waren. Zudem trug ich fremdartige Kleidung und auch eine Hose. „Sie schauen alle, oder?“, fragte ich leise und merkte, dass ich unter den Blicken begann mich etwas unwohl zu fühlen. „Es wird aufhören“, meinte er ernst und ich nickte nur. „Ja“, meinte ich leise, „Da hast du wohl Recht. Trotzdem ist es etwas komisch“, murmelte ich und seufzte schwer. In der Ferne konnte man Rauch aufsteigen sehen und ich wusste, dass es ein Dorf war, welches in der Nähe lag. Ich betrachtete die dunklen Wälder und langsam glitten meine Augen zu den hohen Bergen. „Glaubst du, wir könnten dort mal hin?“, fragte ich und Ragnar folgte meinem Blick. „Vielleicht. Aber erst, wenn wir etwas mehr Zeit haben. Ich zeig dir den Ort, wo der Markt stattfindet“, sagte er und ich folgte ihm wieder hinein in mein neues Heimatdorf. Noch etwas länger waren wir herumgegangen und ich ließ mir die Orte zeigen. Viele der Menschen grüßten Ragnar und einige Gesichter erkannte ich von der Hochzeit wieder. Ich nickte höflich und doch hielt ich mich lieber an meinen Mann. Wir kauften etwas Gemüse und auch Kartoffeln ein und gingen langsam wieder nach Hause. Schließlich, war ich gestern nicht dazu gekommen alle meine Kisten auszupacken. Ragnar half mir beim Aufstellen meiner privaten Sachen. Meine Bücher landeten in einem Regal und als ich ein kleines Holzschiff hoch hob fragte ich ihn skeptisch. „Von wem ist das denn? Kann das weg?“ Für mich war es Wertlos. Es sah aus, als sei es bereits häufiger geflickt worden. Doch sofort schüttelte Ragnar den Kopf. Er nahm mir das Schiff aus der Hand und schüttelte den Kopf als er sagte: „Das kommt auf keinen Fall weg.“ Mein skeptischer und fragender Blick schien auszureichen, um ihm zum Sprechen zu bewegen. Und erneut überraschte mich mein Mann. „Das habe ich gemeinsam mit meinem Bruder gebaut. Als wir Kinder waren, Es stand bis zu seinem Tod im Haus unserer Eltern. Ich… es bleibt“, meinte er und vorsichtig stellte er das verleimte und ziemlich kaputt aussehende Schiff zurück in das Regal. Ich sah den traurigen Ausdruck in den Augen meines Mannes. Es war derselbe Ausdruck den auch Raik hatte, als wir über Jari sprachen. „Du vermisst deinen Bruder, habe ich Recht?“, fragte ich leise und vorsichtig strich ich über seinen Rücken. Kurz trafen sich unsere Augen und er nickte nur. „Ja. Du hättest ihn gemocht. Vielleicht auch lieber wie mich. Er ist… er war zwar ein Krieger doch er war ruhiger als ich. Er war belesener als alle anderen in der Familie. Er hatte immer viele Bücher auf seinen Reisen mitgenommen. Vielleicht lässt meine Mutter dich ja mal durch seine Sachen schauen, wenn es dich interessiert.“ Ich nickte leicht und wusste nicht wirklich, was ich darauf sagen sollte. Ich würde garantiert nicht heute zu meiner Schwiegermutter rennen. Ich war viel zu froh, sie endlich nicht um mich herum zu haben. Wir verstauten meine restlichen Sachen und irgendwie war es trotzdem noch ein komisches Gefühl. Ragnar versuchte wahrlich, dass ich mich hier zuhause fühlte und doch war mir bewusst, dass es einfach noch dauern würde. Als es an der Tür klopfte und Ragnar sie öffnete betrat ein Junge das Haus. Er hatte rote Haare und grinste Ragnar über beide Ohren hinweg an. „Hallo“, sagte er fröhlich und drückte meinen Mann feste an seine Mitte. „Papa fragt, ob du kurz rüberkommen willst, er braucht deine Hilfe“, plapperte das Kind und ich vermutete, dass es Svens ältester Sohn war. Seine Augen glitten zu mir und ich war erstaunt, als das Kind fröhlich zu mir ging und mich gleich freudig begrüßte. „Guten Tag! Ich heiße Tom. Ich weiß auch, dass du Thalia heißt, dass haben mir meine Eltern gestern gesagt“, sagte er glücklich. Ich reichte Tom meine Hand und freundlich lächelte ich den Knaben vor mir an. „Dann wusstest du mehr über mich, als ich über dich“, sagte ich freundlich und als das Kind mich angrinste bemerkte ich Zahnlücken. „Kriegst du deine neuen Zähne?“, wollte ich wissen und sofort nickte er und präsentierte gleich, dass bereits ein weiterer Zahn wackelte. „Mutter findet es nicht toll, dass alle gleichzeitig wackeln. Sie meint dann muss ich noch wie Merlin Brei essen“, sagte er fröhlich und ich schmunzelte ein wenig. „Willst du vielleicht mit zu Sven und Sontje?“, fragte mich mein Mann und erst wollte ich ablehnen. Ich war nicht eingeladen worden, doch noch bevor ich dies aussprach, merkte ich wie albern es war. Ich wollte schließlich versuchen hier zurecht zu kommen. Ich wollte ihm auch Fassetten an mir zeigen, die er noch nicht kannte. Schließlich hatte er mich gestern ziemlich überrascht. „In Ordnung“, meinte ich und folgte meinem Mann und dem Kind hinaus aus dem Haus. Kapitel 16: Lust beim Kochen ---------------------------- Gemeinsam mit Tom gingen wir durch das Dorf in das Haus seiner Eltern. Es lag nicht weit entfernt von Ragnars Haus und nach wenigen Minuten hatten wir es erreicht. Es war ähnlich eingerichtet, wie das von Ragnar, nur hatte dieses Haus ein Zimmer mehr. Vier Türen gingen vom Aufenthaltsraum ab. Sontje und Sven begrüßten uns freundlich und sofort erfragten sie, wie ich die Umgebung und das Dorf fand. Ich schilderte meine Eindrücke und auch die Sorge um das Wohlergehen meines Pferdes. Schmunzelnd erklärten sie mir, dass ich mir darüber keine Sorgen machen brauchte. Ich war mir dessen nicht so ganz sicher. Wir betraten die Stube und ich ließ meinen Blick durch das fremde Haus gleiten. Ihr Esstisch war größer, als der von Ragnar. Greta und Stina saßen vor dem Kamin und spielten. Sie schauten nur kurz hinüber zu uns, doch schien ihnen ihr Spiel gerade wichtiger zu sein. Merlin blickte uns neugierig von dem Arm seines Vaters an. Nur Tom hatte die roten Haare Svens vererbt bekommen. Dieser saß mit einem Taschenmesser auf dem Sofa und schien an einem Stück Holz zu schnitzen. Sven hatte kein Bärenfell in seiner Stube liegen, vielleicht hatte er noch keinen erlegt. Auf dem Sofa lag eine bunte Flickendecke und ich vermutete, dass Sontje sie angefertigt hatte. Ein bunter Blumenstrauß stand in der Mitte des Esstisches und an den Fenstern hingen Gardienen. Es war offensichtlich, dass hier eine Frau im Haus wohnte. Der Boden war heller als der in Ragnars Haus und ließ den Raum freundlicher erscheinen. Doch wie bei ihm war in der Mitte eine Feuerstelle und im Dach war eine Luke zu erkennen, welche beim Kochen aufgedeckt wurde. Man konnte vier Türen sehen, vermutlich führten sie zu mindestens zwei Kinderzimmer. Einige Holzschnitzereien hingen an den Wänden. „Wobei brauchst du Hilfe Sven?“, wollte Ragnar wissen und piekte das Kleinkind auf dem Armen seines Vaters in den Bauch. Ich beobachtete, wie der kleine Junge grinste und Sven erklärte mit einem genervten Ton: „Der Unterstand für das Holz ist eingebrochen. Ich brauche eine dritte Hand, die das festhält und Tom hat noch nicht genug Kraft.“ Sofort begangen die Männer darüber zu sprechen, wie sie den Holzverschlag am besten wieder zusammenbauten. Sie sprachen über Längen von Nägeln und ob man diese in eine Wand einlassen sollte. Ich spürte eine Hand auf meinem Arm und als ich mich umwand sah ich in Sontjes Gesicht. „Lassen wir die Männer mal reden. Willst du vielleicht einen Tee?“, wollte sie wissen und lächelte mich freundlich an. Ich stimmte zu. Sontje nahm Merlin auf den Arm und zu dritt setzten wir uns an den langen Holztisch. Die Kinder unterhielten sich und die Männer verschwanden aus dem Haus. Es war angenehm, sich mit der Frau zu unterhalten. Sie wirkte ziemlich intelligent und schien einen guten Sinn für Humor zu haben. Ich konnte verstehen, warum sich Sven und Ragnar um sie „gestritten“ hatten. Sie fragte nach mir und fröhlich berichtete ich davon, wie gerne ich zur Jagd ging. Überrascht sah sie mich an und erklärte, dass Frauen so etwas hier normalerweise nicht taten. Ich ließ mich nicht beirren und erklärte: „Aber das macht echt Spaß! Schließlich ist man einfach mal nur für sich.“ Nachdenklich betrachtete mich die junge Frau und schmunzelte leicht, während sie sagte: „Für so etwas hast du aber keine Zeit mehr, wenn du erstmal Kinder hast.“ Kinder…. Perplex sah ich zu Sontje. Wieder das Kinderthema, ich konnte es einfach nicht hören. Doch es schien hier einfach gänzlich normal zu sein. Sie sah meine Skepsis und von mir zu Ragnar blickend meinte sie: „Es muss ja nicht sofort sein. Wichtiger ist ja auch eigentlich, dass ihr lernt euch zu mögen. Erzieh ihn dir irgendwie. Ohne das er es merkt. Das habe ich auch gemacht.“ Freundlich und offen lächelte sie mich an und ich konnte nicht anders und musste zurückgrinsen. Sontje war mir sympathischer wie ich dachte und ihre Aussage amüsierte mich. Grinsend fragte ich leise: „Wie hast du dir denn Sven erzogen?“ Belustig betrachtete sie mich und ihre Augen flackerten zu den Kindern. „Ich habe da so meine Methoden gehabt. Du musst die deine leider selber finden“, war ihre zwar amüsante, aber leider nicht sehr aufschlussreiche Antwort. Es war bereits am Dämmern, als wir uns auf den Weg zurück zu Ragnars Haus begaben. Nicht mehr viele Menschen waren zu sehen und der Duft nach Essen lag in der Luft. Der Himmel war klar, doch fand ich immer noch, dass es zu mild war, für diese Jahreszeit. Der Wind vom Gebirge ließ die kühle Luft und den Geruch des Essens zu uns wehen. Vermutlich bereiteten viele zu dieser Zeit die Mahlzeiten zu. Ich seufzte innerlich schwer auf, denn ich wusste, dass ich dies gleich auch machen müsste. Ich wollte gerade mit Ragnar darüber sprechen und ihn fragen, ob er mir helfen würde, als auf einmal ein kräftiger und großgewachsener Mann zu uns trat. Ein Bauch ließ seinem Wams spannen und der dunkle Bart, die tiefen Falten und der unergründliche Ausdruck in seinen Augen ließ ihn für mich unheimlich erscheinen. Bis zur Mitte seiner Brust reichte der lange Vollbart im Gesicht. Ich erkannte ihn sofort wieder. Ulveig. Der Mann, der darauf bestanden hatte, dass ich heirate, dem Mann dem das Bündnis so wichtig war. Ich schluckte, als ich ihm ins Gesicht sah. Er hatte nie das Gespräch mit mir gesucht und auch während der Hochzeit hielt er es nicht für nötig mit mir zu sprechen. Ich hatte gehört, wie abfällig er mit meiner Mutter gesprochen hatte. Vermutlich schien ich ihm einfach nicht wichtig genug zu sein, um mit mir ein Gespräch anzufangen. Ich war einzig Mittel zum Zweck. Er bekam sein Bündnis und die damit einhergehenden Handelsgeschäfte. Er grinste Ragnar breit an und schlug ihm freundlich auf die Schulter. Mich würdigte er keines Blickes. „Ragnar!“, sagte er mit tiefer und eindringlicher Stimme, „Altes Haus. Endlich bist du auch angekommen. Ich dachte schon mit den ganzen Weibern und den älteren Herrschaften kommt ihr gar nicht mehr an.“ Pikiert blinzelte ich ihn verwirrt an. Was meinte er denn damit? Als hätte ich es toll gefunden wochenlang jeden Tag endlose Stunden im Sattel zu verbringen. Wir waren so schnell gereist wie wir eben konnten! Ragnar schien sich daran nicht zu stören, vermutlich kannte er diesen Mann sehr gut. Gelassen blickte er Ulveig an und reichte ihm die Hand. Doch ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ulveig betrachtete mich kein einziges Mal. Er ließ sich nicht mal dazu herab, mir zuzunicken. Es war, als sei ich Luft für diesen beleibten Menschen vor mir. Ja, vielleicht klang es abgehoben und vielleicht war es auch nur mein Stolz der verletzt wurde, doch ich fand es schrecklich! Ich wollte, dass er mich wenigstens hier willkommen hieß. Es war schließlich sein Volk und er war auch der Grund, weswegen ich überhaupt hier war. „Wir kamen gut voran“, sagte mein Mann und er nickte zu mir, während er weiter sprach, „Und weder Thalia noch, meine Schwester oder meine Eltern haben uns aufgehalten.“ Es wirkte automatisch, wie der Blick des Mannes zu mir glitt. Doch nichts als Gleichgültigkeit erkannte ich in seinen hellbraunen Augen. Er musterte mich und es war mir ziemlich unangenehm, dass er das tat. Ich konnte nicht erkennen, was es war, was ich in seinem Blick wahrnahm. Sowohl Ragnar, als auch Tal hatten erzählt, dass er Frauen gegenüber wenig freundlich auftrat. War dieser, für mich so undefinierbarer Blick, also normal? Ich zwang mich seinem Blick stand zu halten und nicht wegzuschauen oder gar den Blick zu senken. Doch außer, dass sich die Augen Ulveigs zornig zusammenzogen, änderte sich nichts. Zum Mindestens glaubte ich, dass es Zorn war. „Ja reiten könnt ihr ja dahinten“, meinte er mit eisiger Stimme, ehe er sich zu meinem Mann drehte. „Ab übermorgen brauchen wir dich wieder beim Training. Neue Anwärter wollen sich vorstellen, bis dahin wird sie ja wissen, wo deine Küche ist.“ Entsetzt sah ich ihn an. So etwas Unhöfliches war mir selten untergekommen! Ragnars und mein Blick trafen aufeinander und er kannte mich langsam so gut, dass er verstand, dass ich gerade am brodeln war. „In Ordnung. Ulveig ich werde dich morgen im Laufe des Tages aufsuchen. Wir haben Hunger“, meinte er freundlich und legte mir eine seiner großen Hände auf den Rücken. Er schob mich leicht vorwärts und nickte dem Clanführer noch freundlich zu. „Dann hoffe ich mal, dass sie so gut kocht, wie sie reiten kann“, meinte er und erneut trafen unsere Blicke aufeinander. Ich ahnte, was sein Ausdruck mir zu sagen hatte. Abschätzig betrachtete er mich und wie er mich erneut musterte hätte ich ihm am liebsten eine Beleidigung an den Kopf geworfen. Doch meine gute Erziehung zügelte meine Zunge. Schließlich hatte er hier etwas zu sagen. Ich wusste, dass ich mich tunlichst zurückhalten musste. Ragnar ergriff meine Hand und zog mich weg von seinem Clanführer, als ahnte er, dass ich bereits vor Wut kochte. Wie Recht er damit doch hatte. Als ich über die Schulter blickte konnte ich sehen, wie er uns nachschaute. Wieso er dies machte, war mir schleierhaft. Ein kalter Schauer jagte mir durch den Körper und mir war in diesem Augenblick bewusst, dass ich diesem Menschen nicht alleine begegnen wollte. „Was stimmt mit diesem Mann nicht?“, wollte ich sogleich wissen, nachdem wir außer Hörweite waren. Genervt seufzte Ragnar neben mir und immer noch, schob er mich von dem Mann weg. „Er hält nicht so viel von Frauen. Das hatte ich dir bereits gesagt. Dies wird sich auch nicht geändert haben, nachdem du mit mir verheiratet wurdest“, raunte er und betrachtete mich stirnrunzelnd. Ja, er hatte Recht und trotzdem war ich solch eine Behandlung einfach nicht gewöhnt. Als Tochter eines Fürsten wurde ich immer mit gewissem Respekt behandelt. Ich war es gewohnt, dass die Menschen mich auf Augenhöhe warnahmen. Es war für mich einfach ein komisches Gefühl, so behandelt zu werden. Wütend schürzte ich meine Lippen und erst Ragnars Stimme brachte mich wieder zurück in die Realität. „Ach, Prinzessin, lass dich davon nicht ärgern“, meinte er und drückte meine Hand, welche er immer noch in der Seinen hielt. Seine warmen Finger streichelten über meine Hand und ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich merkte, wie meine Schultern sich entspannten und erwiderte den Händedruck. „Wieso magst du diesen Mann?“, wollte ich von Ragnar wissen und ging neben ihn her. Nachdenklich strich er sich durch das lange, rote Ungetüm und betrachtete mich kurz gedankenverloren. Doch noch immer hielt er meine Hand feste. „Hm… Ich respektiere ihn. Er ist ein guter Stratege und geschickt im Verhandeln. Sein Humor ist gut. Jedoch wird er nie mein bester Freund werden. Da ich keine Frau bin, habe ich mit ihm halt keine Probleme“, meinte er leicht lächelnd, als würde mich diese Aussage beruhigen oder gar zufrieden stellen. Grummelnd ging ich neben ihm her und war ziemlich in Gedanken versunken. Ich war mir unschlüssig, ob er mich nur nicht mochte, da ich eine Frau war, oder ob da noch mehr war. Er schien wirklich kein netter Mensch zu sein und ich verstand immer mehr, dass mein Vater froh war, diesen Menschen nicht mehr in seinem Haus zu haben. „Denk nicht so viel darüber nach“, meinte er lächelnd und erneut trafen unsere Augen aufeinander. „Hm“, machte ich nur und schaffte es trotzdem nicht, meine Gedanken abzuschütteln. Wir betraten Ragnars Haus und immer noch schaffte ich es nicht in Gedanken unserer Haus zu sagen. Ich blickte mit trüben Augen auf das gekaufte Gemüse und seufzte leise. Ich hatte Hunger und ich wusste, dass der Mann neben mir auch Hunger hatte. Doch er würde sicher nicht beginnen, dass Essen vorzubereiten. Würde es etwas bringen, wenn ich mich weigerte, das Essen zu zubereiten? Nein, es würde nur für Streit sorgen und dazu, dass sowohl Ragnar als auch ich hungrig schlafen gingen. Und ich war mir sicher, dass weder ich, noch er das wollten. Es war wahrscheinlich so verdammt albern für andere, doch für mich war es das einfach nicht. Es war für mich ein Kampf, mich dahin zusetzten und ein Messer zur Hand zu nehmen und einfach kommentarlos das Essen zuzubereiten. Ragnar öffnete die Tür des Vorratsschrankes und kam mit vier Würsten wieder. „Hier“, meinte er und legte sie neben dem Schneidebrett auf den Tisch. Ich fragte mich, ob dies für ihn bereits helfen war? „Ich mache dir gleich das Feuer an und hole Holz“, raunte er und ging tatsächlich sofort aus dem Raum raus. Verwirrt blickte ich ihm einen Augenblick nach und ein leichtes Schmunzeln glitt auf meine Lippen. Ja, dies war eindeutig helfen für ihn. Hatte ich nicht gerade gesehen, wie Sontje begann Feuer und Holz für das Kochen zu holen? Ich schälte die verdammte Kartoffel und ärgerte mich, dass sie mir immer und immer wieder aus den Händen rutschte. Bei meiner Schwiegermutter ging dies so schnell, als sei sie mit ihrem Küchenmesser verwachsen. Tatsächlich brauchte ich länger um das Gemüse vorzubereiten und Ragnar hatte bereits Wasser aufgesetzt. Innerlich verfluchte ich diese verdammte Knolle. „Lass uns Bratkartoffeln machen“, meinte er ruhig und schmiss die Kartoffeln ungewaschen ins Wasser. „Ähm“, meinte ich nach einem Augenblick, denn es war wirklich sehr nett, dass er mir half, „Ich glaube, die sollten wir beim nächsten Mal waschen und irgendwie halbieren. So hat das jedenfalls deine Mutter immer gemacht.“ Mit einem langgezogenen oh schaute er mich an und ich lachte kurz auf, als ich ihn dabei zusah, wie er die Kartoffel aus dem laufwarmen Wasser fischte. Irgendwie war es ein komisches Gefühl, hier mit Ragnar zu kochen. Deutlich sah man dem Hünen an, dass es ihm keine Freude machte, hier zu sitzen und mir zu helfen. Doch er tat es und das war vermutlich sehr viel mehr, als alle andere Männer des Dorfes machten. Was Ulveig sagen würde, wenn er Ragnar jetzt sehen würde? Würde er ihn anmeckern? Dies sei meine Aufgabe und ich solle nicht so faul sein? Und was würde erst Inga dazu sagen, wenn sie sähe, dass ihr Sohn mir beim Kochen unter die Arme griff. Doch ich sprach meine Gedanken nicht aus, denn ich konnte mir vorstellen, dass sie Ragnar hemmen würden, wenn es darum ging, mir zu helfen. Als endlich die Bratkartoffeln, nachdem sie gekocht hatten, in der Pfanne vor sich hin brutzelten, beugte ich mich zu meinem Mann hinauf und gab ihm einen flüchtigen, Kuss auf die Wange. „Danke“, sagte ich nach einem Augenblick und lächelte ihn freundlich an, „Ich weiß, dass die meisten Männer nicht helfen würde und ich weiß deinen Einsatz zu schätzen, Ragnar.“ Leicht nickte mir der Mann zu und entknotete kurz einige verworrene Haare aus dem Bart. Er schwieg darauf und ich vermutete, dass es ihm unangenehm war. Irgendwie, konnte ich ihn auch verstehen. Schließlich war es etwas, was in seiner Heimat einfach Sache der Frau war. Vermutlich, hätte er nie gedacht, dass er seiner Frau je beim Kochen helfen würde. „Ich bin jetzt draußen“, raunte er nur und verließ schnell die Wohnstube. Es wirkte, als wolle er unter keinen Umständen dabei beobachtet werden, wie er mir bei der Zubereitung der Mahlzeit half. Ich ließ ihn gehen und ich vermutete, dass er seinen Vater in der Schmiede aufsuchen wollte und als ich nach einigen Minuten aus dem Fenster sah wurde meine Theorie bestätigt. Das Essen, was ich uns am Tisch servierte, war in Ordnung. Das Gemüse und die salzigen Würste schmeckten zu den Bratkartoffeln und als sich Ragnar die dritte der vier Würste nehmen wollte, blickte er tatsächlich fragend zu mir. Auch dies war etwas, worauf er eigentlich selten achtete. „Ähm“, meinte er und räusperte sich kurz, „Willst du vielleicht die Hälfte?“ Ein schräges Lächeln zierte meine Lippen. Die Hälfte? Ich sollte besser nicht nach seinem Rechengeschick fragen. Ich nickte nur und als ich leise lachend fragte, ob er Angst habe beim Essen zu kurz zu kommen, verzog er kurz das Gesicht. Er schluckte den Bissen, den er noch im Mund hatte hinunter, eher er antwortete: „Hm… Weiß nicht. Vielleicht. Jari war schon ein Fressack.“ Leise grinsend schüttelte ich darüber den Kopf und meinte gut gelaunt: „Na ja. Ich glaube du kannst das auch von dir behaupten.“ Die Lippen meines Mannes verzogen sich zu einem Grinsen und als ein kleines Stückchen der Kartoffeln an dem langen haarigen Ungetüm hängen blieb meinte ich: „Oh bitte mach dir diesen grässlichen Bart ab, oder wenigstens kürzer. Ein Vollbart ist ja in Ordnung. Aber so lang muss er doch wirklich nicht sein.“ Ich zeigte mit dem Finger, dass er Essen am Bart hängen hatte und sofort entfernte er dieses. Ragnar verdrehte leicht die Augen und betrachtete mich mit einem seltsamen Ausdruck. „Wie kannst du die Tattoos so attraktiv finden und den Bart so abstoßend, dass gehört doch zusammen“, sagte er kopfschüttelnd und protestierend meinte ich sogleich: „Die Tattoos hängen dir aber nicht das Kinn hinunter! Und in deinen Tattoos verfängt sich auch kein Essen! Diese beiden Sachen kann man doch nun wirklich nicht vergleichen.“ Leicht grinsend betrachtete mich der Mann vor mir und meinte, dass er es trotzdem nicht verstehen könne. Freiwillig begann ich nach dem Essen abzuwaschen und dieses Mal, half mir mein Mann nicht. Aber ich fragte auch nicht nach seiner Hilfe. Er hatte mir heute schon unter die Arme gegriffen und ich wollte es nicht überstrapazieren. Er zündete den Kamin an und nur ab und zu trafen sich unsere Blicke. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen als er mir zuzwinkerte. Doch schnell musste er sich wieder auf das Feuer konzentrieren. Es war zwar Sommer, doch ich hatte schon gemerkt, dass es in den Nächten sehr kalt werden würde. Ob ich wollte oder nicht, ich sollte mir dickere Kleidung besorgen. Ich stellte den letzten Teller zurück auf das Regal und drehte mich zu Ragnar um. Er saß vor dem Kamin und blickte in die noch etwas kleine Flamme. Vermutlich wollte er nur darauf achten, dass sie nicht ausging. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich den Mann vor mir betrachtete. Nachdem alles weggeräumt war loderten die Flammen hoch, doch noch immer betrachtete mein Mann die Flammen. Er sah aus als sei er tief in Gedanken versunken. Das Feuer erhellte sein Gesicht und ließ seine Haare fast schon orange leuchten. Ich betrachtete den Mann vor mir und eine Wärme breitete sich in mir aus und ich glaubte nicht, dass diese etwas mit dem Feuer zu tun hatte. Mir war nicht bewusst warum ich mich so fühlte und langsam ging ich zu dem Mann und ließ mich neben ihn nieder. Ich legte meine Arme von hinten über ihn und lehnte mich an seinen Rücken. Sofort schoss mir sein markanter und vertrauter Geruch in die Nase. Tief ein- und ausatmend meinte ich nach einem Augenblick: „Dank für deine Hilfe.“ Ich spürte seine große Hand auf meinen Händen und sanft strich er über meinen Handrücken. Langsam löste ich mich von dem Mann und kniete mich neben ihn auf das Fell am Kamin und auch mein Blick glitt zu den Flammen. Die angenehme und ruhige Stille die den Raum erfüllte wurde nur von dem knacken des Feuers durchbrochen. Jeder schien kurz seinen Gedanken nachzuhängen, doch wenn ich ehrlich war hatte ich meine Gedanken bereits wieder vergessen. Konnte man auch an nichts denken? Ich wusste es nicht genau. Langsam glitt mein Blick zu meinem Mann, welcher sich von den Flammen nicht wirklich lösen konnte und ein leichtes Lächeln zierte meine Lippen. Zärtlich strich ich mit der Hand über seine Wange und es war als löse er sich aus seiner Starre. Unsere Blicke trafen sich und ich spürte, dass ich ihn tatsächlich küssen wollte. Ich zwang mich, nicht darüber nachzudenken und beugte mich zu dem Hünen und legte meine Lippen auf die Seinen. Liebevoll umschlang eine Hand meinen Hinterkopf und drückte mich näher an ihn heran. Auf den Knien zu ihm rutschend löste ich langsam meine Lippen von seinen. Langsam öffnete er seine Augen und ein zufriedenes Lächeln zierte seine Lippen. „Womit habe ich das denn verdient, Prinzessin?“, wollte er schmunzelnd wissen und drückte mich an sich ran. Ich strich die roten Haare nach hinten und leicht lächelnd zuckte ich mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Einfach so… als Dankeschön dafür, dass du mir geholfen hast“, erwiderte ich mit erstaunlich sanfter und liebevoller Stimme. Noch bevor er etwas darauf sagen konnte hatte ich ihn erneut einfach geküsst. Ich war es, die den Kuss intensivierte und meine Zunge stahl sich frech in seinen Mund und forderte die Seine zu einem Duell heraus. Seine Arme umschlangen meinen Oberkörper und langsam zog er mich auf seinen Schoß. Tatsächlich war es mir nur recht. Sein Geschmack berauschte meine Sinne viel zu sehr und die aufkommende Lust überraschte mich. Nie hatte ich geahnt, dass ich diese Lust für diesen Menschen empfinden würde. Fahrig glitten meine Hände über seinen Oberkörper und wie ich mich über ihn beugte musste ich langsam den Kuss lösen. Schwer ging unser beider Atmung, nach diesem langen Kuss und sanft strichen meine Hände über seinen Rücken. Er betrachtete mich überrascht und erfreut zugleich. Mein Puls begann unruhiger zu schlagen als seine großen Hände langsam meine Seite hinabglitten, denn erst jetzt viel mir auf in welcher Position ich mich befand. Ich kniete über ihn und blickte etwas hinunter in sein Gesicht. Sein Oberkörper lag auf seinen Ellenbogen. Meine Arme stützten sich auf seiner Schulter ab und er grinste mich leicht an während er frech fragte: „Wie weit geht dein Dank noch?“ Langsam strichen seine Hände über meine Hüfte. Seine Augen glitten zu dem Ausschnitt meines Kleides und irgendwie erregte mich das Wissen, dass er meinen Körper begehrte. Gelassen zuckte ich mit den Schultern und antwortete: „Ich weiß es noch nicht.“ Sich zu mir aufrichtend drückte er seine Lippen erneut auf die Meinen und küsste mich leidenschaftlich. Seine rechte Hand drückte meinen Körper zu sich hinunter und die Linke verkrallte sich in meinen Haaren. Leise keuchten wir auf als ich rittlings auf seiner Hüfte saß und ich konnte nicht wiederstehen, mich provokativ an seiner Mitte zu reiben. Zufrieden stöhnte der Mann vor mir auf und langsam löste ich den Kuss. Ich zog an seinem Oberteil und während ich es ihm über den Kopf zog blickte mir Ragnar so lange er konnte in die Augen. Sofort glitten meine Hände über die Tätowierungen und meine Augen folgten meinen Händen. Ein leichtes und vielleicht auch zufriedenes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. „Brauchst du vielleicht Hilfe bei deinem Kleid?“, wollte Ragnar fast schon mit einer unschuldigen Stimme von mir wissen. Unsere Blicke trafen sich und ich brauchte nichts zu sagen. Die Aussage und sein hungriger Blick genügten um zu verstehen, was er wollte. Langsam erhob ich mich und streifte das Kleid von meinem Körper. Das Feuer neben uns strahlte eine angenehme Wärme aus, welche sanft über unsere Haut strich. Dass es mir mal unangenehm war mich vor ihm zu entblößen schien weit her zu sein und gierig glitt sein Blick an meinem Körper entlang, als ich nun nackt über ihm stand. „Ich glaube nicht, dass ich noch Hilfe bei meiner Kleidung benötige“, meinte ich mit erstaunlich fester Stimme und betrachtete den Mann, welcher zu meinen Füßen lag und mich anblickte. Ein zufriedenes und ja vielleicht auch lüsternes Lächeln lag auf den Lippen meines Mannes. Überrascht sah ich ihn an als er sich plötzlich aufsetzte und mich zu sich zog. Seine Hände glitten meinem Oberschenkel entlang, rauf zu meinen Schamlippen. Damit hatte ich nicht gerechnet, dachte ich doch, dass er mich einfach zu sich zieht. Überrascht keuchte ich auf und ein leises Stöhnen entwich meinen Lippen als er frech meinen Bauch küsste. Sein Bart kitzelte die Haut und erneut strich er gezielt über meine empfindliche Mitte. Bestimmend drückte ich ihn weg von mir und überrascht weiteten sich die grünen Augen. „Du hast hier gerade nichts zu sagen“, meinte ich grinsend, denn der Ausdruck auf dem Gesicht meines Mannes war in diesem Augenblick einmalig. Ob ihn je eine Frau so dabei behandelt hatte vermochte ich nicht zu sagen, doch sicher überraschte ich ihn gerade mit meiner Art. „Ach, habe ich das nicht?“, wollte er nach einem Augenblick wissen und als ich langsam wieder zu ihm runter auf die Knie ging, sagte ich mit selbstsicherer Stimme: „Ja. Gerade nicht.“ So kräftig ich konnte drückte ich den Mann hinunter auf das Bärenfell. Ein leises Lachen stahl sich auf dem Mund meines Mannes. Ich sah wie er entspannt die Augen schloss und meinte: „Dann gehör ich eben ganz dir, Prinzessin.“ Schmunzelnd glitt mein Blick über den trainierten Körper des Mannes und ich strich über seinen Bauch. Gemächlich zog ich die Hose hinunter und entblößte seine Mitte. Feste schloss ich meine Hand um seinen Schaft und leise stöhnte der Mann unter mir auf. Immer wieder glitt meine Hand an seinem besten Stück entlang. Langsam löste sich mein Blick von seiner Mitte und ich sah hinauf in sein Gesicht. Doch er hatte die Augen geschlossen und schien sich nur auf das konzentrieren zu wollen was ich gerade mit ihm anstellte. Er war noch nicht gänzlich steif und ohne darüber nachzudenken warum ich das tat, nahm ich das halb erigierte Glied in den Mund. Ich glitt mit der Zunge immer wieder seinen Schaft entlang. Als ich sie über seine Eichel fahren ließ, zuckte Ragnar. Beim zweiten Mal stöhnte er unter mir auf. Seine Hände krallten sich in meinen blonden Haarschopf und das wissen, dass er so erregt war wegen mir ließ mich nicht kalt. Die Geräusche der Lust welche seinen Mund verließen bestärkten mich in meinem Tun. Er wuchs in meinem Mund und erst nach einigen Augenblicken ließ ich ihn frei. Erregt und mit gierigen Blick betrachtete er mich. Doch als er sich fahrig aufsetzen wollte und nach mir griff schlug ich feste auf seine Finger. „Vergiss es, Ragnar“, raunte ich und ein zufriedenes Grinsen lag auf meinen Lippen. Ich wollte nicht, dass er gerade die Kontrolle hatte. Dieses Mal, wollte ich es! Etwas verwirrt ließ er seine Hände wieder sinken. Ich rutschte wieder etwas hoch bis ich auf Höhe seine Hüfte war und hob mein Becken etwas an. Laut stöhnte ich auf, als sich sein Glied in meine Mitte versenkte und auch Ragnar keuchte erregt auf. Er konnte es nicht lassen und ich war zu erregt um etwas zu sagen, als sich seine Arme um meinen Körper schlangen. Er drückte mich tiefer auf sein Glied und setzte sich stöhnend auf. Lustvoll strich er über meinem Busen und drückte ihn in seinen großen Händen. Ein Stöhnen entwich meinen Lippen und ließ mich erzittern. Sein Bart kitzelt mich und mein Puls war am Rasen. Leise stöhnte ich auf als mich mein Mann zu sich zog und mich küsste. Bestimmender als ich es wollte drückte er meinen Körper tiefer auf seine Mitte. Er konnte es einfach nicht lassen, dachte ich schmunzelnd und stöhnte auf. Die Beine weiter spreizend keuchte ich in den Kuss und musste diesen Lösen. Ein zufriedener Ausdruck war auf seinem Gesicht und entspannt lehnte er sich wieder zurück auf das Bärenfell. Immer noch spendete das Feuer prasselnde Wärme und mit lustvollem Blick betrachtete ich den Mann unter mir. Ich hörte ihn stöhnen als ich meine Hüfte auf ihm bewegte. Seine kräftigen großen Hände drückten meine Hüfte hinab als er anfing meine Bewegungen zu führen. Wir beide stöhnten gleichzeitig auf. Er ließ meine Hüfte los und strich mir über meine Seite. „Gut“, murmelte er und ich hörte, wie zufrieden er klang. Unsere Blicke trafen sich. Die Lust war deutlich in seinen Augen zu sehen. Ich unterbrach den Augenkontakt nicht und wie ich mich auf ihn bewegte fühlte ich wie intensiv und erstaunlich gut es sich anfühlte. Ich stöhnte laut auf, als er über meine Brust strich und meine Brustwarzen reizte. Er schien mein Tempo zu genießen und korrigierte es nicht weiter und immer fahriger wurden meine Bewegungen. Umso erschrockener stöhnte ich auf als er plötzlich etwas zustieß. Ich stützte mich an seiner Schulter ab und blickte verwirrt zu ihm hinunter. Er grinste leicht und als er plötzlich erneut von unten in mich stieß verließ ein weiterer Lustvoller Laut meine Lippen. Immer wieder stieß er zu und ich hielt meine Hüfte ruhig über ihm. Deutlich spürte ich wie der Orgasmus sich ankündigte. Ich hörte ihn laut und zufrieden stöhnen, während er mich tiefer auf sein Glied drückte. Wir schienen unseren Rhythmus gefunden zu haben und ich keuchte und stöhnte erregt auf. Mein Puls überschlug sich und sein Geruch, seine Stimme alles was er tat intensivierte den Rauschzustand. Wir schienen gefangen in unserer Lust. Ich kam zum Höhepunkt während er sich weiter in mir bewegte. Ich klammerte mich an ihm feste und mein Körper zuckte, als wollte er diesen Mann gerade nicht mehr hergeben und das wollte ich auch nicht. Als ich spürte, wie er seinen heißen Samen in mich spritze schaffte ich es nicht, mich von ihm zu lösen. Ich hörte meinen Puls in meinen Ohren rauschen und auch Ragnar atmete schwer und strich immer wieder über meinen nackten Rücken und drückte mich feste auf seinen Schoß. Es dauerte einen Augenblick, bis wir uns beruhigt hatten. Erneut blickten wir einander in die Augen und zufrieden sah er mich an und auch auf meine Lippen schlich sich ein erschöpftes und zufriedenes Lächeln. „Wenn du das immer machst, dann koche ich jeden Tag für dich“, raunte er grinsend und erneut küsste er mich und ein leises und glückliches Lachen stahl sich aus meinen Mund. Kapitel 17: Ein verhängnisvoller Bogenschuss -------------------------------------------- Es war nun zwei Wochen her, seit ich in meine neue Heimat angekommen war. Ich hielt mein Versprechen und schrieb Leif keine Briefe. Doch mit meinen Eltern und meinen Geschwistern hatte ich bereits korrespondiert. Sie sollten wissen, dass ich gut angekommen war und ich teilte ihnen die Eindrücke mit, die die neue Umgebung mit sich brachte. Vermutlich hatten sie ihre Briefe geschrieben, während ich noch auf der Reise war. Der Sommer war mild, doch viele versicherten mir, dass es bis jetzt ein schöner und vor allem trockener Sommer sei. Nur wenige Regenwolken kamen über das Gebirge, doch wenn sie es schafften, war es zumeist ein heftiges Unwetter. Nur langsam fand ich mich in meinen neuen Rhythmus ein. Es war komisch für mich, denn sehr häufig schoss mir durch den Kopf, dass viele der Arbeiten von anderen erledigt werden könnten. Jeden Morgen musste mein Mann mich wecken, denn durch das kleine Fenster drang, meiner Meinung nach, nicht genug Sonnenlicht hinein. Wäre es nach mir gegangen, ich wäre einfach liegen geblieben. D Doch Ragnar blieb eisern und unnachgiebig, wenn es darum ging mich zu wecken. Brav sammelte ich jeden Morgen die Eier ein, welche die Hühner über Nacht gelegt hatten. Ab und zu half mir Lillie dabei. Ich fütterte die Tiere und ließ sie hinaus auf die Weide. Kühe melken konnte ich nicht. Dies tat Lillie jeden Morgen. Doch nach einiger Zeit lernte ich, wie es ging. Mein Mann verschwand zu seiner Arbeit und ich war gezwungen das Haus sauber zu halten. Ich hasste es. Die Arbeit und alles was das mit sich brachte waren für mich einfach schrecklich. Wäsche waschen, den Hof fegen, das Kochen, der Haushalt und meiner Schwiegermutter aus dem Weg gehen. Es war so viel, dass ich kaum noch dazu kam nach Freya zu schauen. Ich fühlte mich eingeengt und hatte das Gefühl, diese Arbeit sei unter meinem Niveau. Der einzige Lichtblick für mich war meine Schwägerin und Sontje. Häufig kamen sie herüber und zeigten mir noch einiges mehr von den Ländereien rund um die Dörfer. Es war schön, dass sie sich dafür die Zeit nahm. Doch Sontje hatte vier kleine Kinder die versorgt werden wollten. So kam es, dass sie leider nicht so viel Zeit hatte, wie ich es mir gewünscht hätte. Häufig wenn unsere Männer sich trafen saßen wir etwas abseits und unterhielten uns. Sie interessierte sich für meine Heimat. Es waren nette Treffen und doch zeigten sie mir, was man von mir erwarten würde, als Frau. Selten unterstützte sie Sven und doch schien es Sontje so leicht zu fallen, ihren Haushalt so strukturiert zu haben und sich gleichzeitig um all die Kinder zu kümmern. Vermutlich würde es bei mir im Chaos enden. Es war ein ruhiger und sehr warmer Sommertag geworden. Lillie führte mich hinunter zu dem klaren, aber eiskalten Bergsee und mein Blick glitt über die Gebirgskette. Sontje hatte keine Zeit, denn Merlin war etwas krank geworden. Wir zogen unsere Schuhe aus und als meine Zehen das eiskalte Wasser berührten zog ich scharf die Luft ein. „Der See ist ja wirklich eiskalt“, meinte ich schmunzelnd und auch Lillie verzog ihr Gesicht, als sie mit den Füßen in das Wasser trat. „Ja schon ziemlich. Im Hochsommer, wenn es sehr stickig in den Häusern ist, dann verbringen viele ihre Zeit hier“, erklärte sie und blickte sich am Ufer des Flusses um. Doch gerade waren wir beide die einzigen Menschen hier. Ich watete etwas in dem Schlamm und Lillie folgte mir ein wenig. Außer mit Lillie und Sontje verbachte ich wenig Zeit mit anderen Menschen hier, dachte ich. Häufig sah ich Frauen, und ich konnte es nicht anders nennen, die ihren Männern hörig waren. Sie taten alles für sie. Albern fand ich eine Frau auf dem Markt, welche zu einem Händler sagte, sie könne keinen Fisch kaufen, sie würde ihn essen, aber ihr Mann würde den Fisch nur über den Tisch schleudern. So was würde ich nicht machen, wenn ich schon gezwungen war zu kochen, dann gab es auch mal etwas, was eher mir schmeckte. Als ich dies der Frau sagte, blickte sie mich an, als sei ich nicht von dieser Welt. Sie erdreistete sich zu sagen, dass ich dann aber keine gute Frau für meinen Mann sei. Kopfschüttelnd ging sie an mir vorbei und perplex sah ich ihr damals hinterher. Immer noch verstand ich dieses Getue nicht. Erneut dachte ich über die Situation nach und fand sie immer noch kurios. Zudem fragte ich mich, was man an Fisch nicht mochte. Ich selbst mochte gerne Fisch und so fragte ich mich, ob es in dem See Fische gab und sofort nickte Lillie, nachdem ich dies gefragt hatte. „Schon ein Paar“, meinte sie und nach einem Augenblick der Stille fragte sie mich: „Wie ist es denn jetzt so? Kommst du mit meinem Bruder langsam besser zurecht?“ Ob sie diese Frage schon vor längerer Zeit stellen wollte? Langsam nickte ich und war mir dennoch unschlüssig, was das zwischen mir und ihrem Bruder war. Wir kamen aus, wäre vermutlich eine sehr passende Aussage. Wir redeten miteinander und wir verstanden uns immer besser. Schließlich lernten wir einander von Tag zu Tag besser kennen. Dennoch gab es Augenblicke in denen er mir fremd wirkte. Ich kannte es nicht, dass Männer so viel Alkohol tranken. Er war regelmäßig angetrunken und immer, wenn man ihn fragte hieß es, dies sei normal. Doch er schien seine Grenze gut zu kennen. Doch auf der anderen Seite versuchte er mir tatsächlich immer noch beim Kochen zu helfen. Wir schienen beide stillschweigend übereingekommen zu sein, dass es besser ist, wenn man einige Schritte aufeinander zu ging, statt nur zu diskutieren. Auch war es schön, wie er mit mir sprach. Er redete auf Augenhöhe mit mir. Im Nachhinein wäre auskommen nicht der passende Ausdruck gewesen. Denn wenn wir nur miteinander auskommen würden, würde ich mich nicht freuen, wenn er abends von der Arbeit kam und ich würde nicht so häufig das Gespräch mit ihm suchen. „Ja wir- na ja wir reden jeden Tag und finden immer mehr zueinander, mit der Zeit“, versuchte ich wieder so diplomatisch wie möglich zu antworten. Aufmerksam betrachtete mich meine Schwägerin, als sie in dem Wasser ein wenig zu mit watete. „Vielleicht solltest du wissen, dass Ragnar gegenüber anderer nie ein schlechtes Wort über dich verliert. Jedenfalls kam mir diesbezüglich nichts zu Ohren“, sagte sie leicht lächelnd. Frech wehte ihr der Wind einige ihrer roten Locken ins Gesicht und sofort glitten Lillies zierliche Hände zu ihrem Gesicht und strichen die störenden Locken beiseite. Mich erfreuten ihre Worte. Zu wissen, dass sich Ragnar nicht schlecht über mich äußerte gab mir ein Gefühl der Sicherheit. Wärme breitete sich in mir aus und ein leichtes Lächeln zierte meine Lippen. Immer noch beobachteten mich die Menschen, doch vielleicht bildete ich mir dies auch nur ein. Möglicherweise war da nichts und ich glaubte nur, die Blicke zu spüren, die mich verfolgten. Die mir zusahen, wenn ich etwas erledigte. Erneut peitschte ein kalter Wind vom Gebirge mir ins Gesicht und brachte meine Gedanken zurück. „Hm…“, meinte ich nach einem Augenblick und sah hinunter zu meinen Füßen, „Das ist wirklich schön zu wissen.“ Meine Hände strichen meine Haare aus dem Gesicht, als der Wind sie mir noch mal ins Gesicht blies. Ich hoffte, dass das Gefühl der Blicke bald endlich verschwand. Erneut glitten meine Augen zu den Bergen und irgendwie keimte Wehmut in mir auf. Tal hätte die Berge genauso beeindruckend gefunden wie ich, schoss es mir durch den Kopf. Ich vermisste meine Familie und gerade in Momenten der Stille spürte ich diese bleierne Leere in mir. Besonders abends war es schlimm. Nie hatte ich erwartet, dass Heimweh so schmerzlich sein konnte. Wenn alles ruhig war im Haus und meine Gedanken einfach kreisten spürte ich deutlich, wie sehr ich mich wieder nach Hause sehnte. Wenn die fremden Geräusche des Hauses mich wach hielten und ich dem Atem des Mannes neben mir lauschte. Ich versuchte mich nach Hause zu träumen. In unsere Wälder, die nicht so dicht waren, in meine Heimatstadt, welche ich so gut kannte. Die vertrauten und bekannten Gassen und Straßen. Nie hatte ich solch ein Heimweh verspürt. Zu gerne würde ich auf Freya steigen und so schnell es ging einfach nach Hause reiten. Meinen Bruder in die Arme schließen und meiner Schwester sagen, dass sie jetzt doch eine Runde auf meiner Stute reiten dürfe. Es lag nicht an Ragnar, dass ich Heimweh hatte, beziehungsweise der Wunsch Zuhause zu sein so groß war. Schließlich gab er sich wahrlich Mühe, es mir hier so angenehm wie möglich zu machen. Schmerzlich vermisste ich Tal. Nie waren wir so lange voneinander getrennt gewesen. Er hatte noch nicht zurück geschrieben und ich vermutete, dass ein Brief erst in ein oder zwei Wochen eintreffen würde. Auch Kuriere brauchten einige Zeit für die lange Wegstrecke. Eine Hand auf meiner Schulter brachte mich zurück in das Jetzt und verwirrt sahen meine blauen Augen in die von Lillie. Sie wollte wissen, ob alles in Ordnung sei und ich nickte nur. Wenn ich jetzt von meiner Familie und meiner Heimat sprach, wären die Tränen ungehindert geflossen. Ich wollte das nicht. Ich wollte nicht, dass mich jemand weinen sah. Gefühle gehörten nicht in die Öffentlichkeit. „Ich sollte langsam zurück“, meinte ich ruhig und ging aus dem Wasser zu unseren, am Ufer liegenden Schuhen. Ich mied ihren Blick und erneut suchten meine Augen die große und eindrucksvolle Gebirgskette. Ich zwang mich, nicht an meine Heimat zu denken und meinen Geist wieder hier in das Land zu holen. „In Ordnung“, meinte Lillie und immer noch sah sie mich fragend an. Doch ich wollte darüber nicht sprechen. Ich wollte nicht sagen, wie sehr ich meine Heimat, meine Familie und Freunde vermisste. Dies war etwas, was ich mit mir selber ausmachen musste und auch wollte. Schweigend gingen wir wieder hinein in das Dorf. Immer, wenn ich durch das Dorf trat, hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Doch niemals sah ich Augenpaare, die mich anstarrten. Alle Menschen schienen vollkommen mit sich selbst beschäftigt zu sein. Woher dieses Gefühl kam, wusste ich nicht. Ich ließ erneut meinen Blick schweifen, doch alle Menschen gingen ihren täglichen Geschäften nach. Sie kauften ein, waren in den Werkstätten beschäftigt und alles schien normal. Eigentlich war es ähnlich wie bei mir Zuhause. Nur das die Menschen anders gekleidet waren. Schweigend ging ich neben Lillie her und als sich Lillie vor Ragnars Haus verabschieden wollte kam Inga auf uns zu. Es schien, als habe sie die ganze Zeit auf uns gewartet. „Da bist du ja“, sagte sie in einem zu strengen Ton von dem ich wusste, dass er mir galt. Also hatte sie nicht auf uns, sondern nur auf mich gewartet. „Ragnar und ich hatten uns unterhalten. Und wir wollen morgen zum Essen vorbeikommen“, sagte sie streng. Warum sie so mit mir redete war mir ein Rätsel. Verwirrt sah ich die etwas rundliche Frau an. Sie trug eine eng umgebundene Schürze, mit Flecken, die augenscheinlich nicht mehr herauszubekommen waren. Sie hatte sich zum Essen eingeladen? War das ein Versuch, zu kontrollieren, wie gut meine Kochkünste geworden waren? Fragend zog ich meine Augenbrauen nach oben und nickte leicht. Große Lust darauf hatte ich wirklich nicht. Dass sie mich nicht mal wirklich begrüßt hatte überging ich einfach. „Ja?“, fragte ich, denn mir war wirklich nicht bewusst, was ich ihr dazu groß sagen sollte oder ob ich überhaupt etwas dazu sagen wollte. Was ich dachte, hätte ich nicht nett in Worte packen können. Die Augen meiner Schwiegermutter glitten an mir entlang und sie fragte mich: „Brauchst du Hilfe? Du lernst ja das Kochen noch.“ Sofort schüttelte ich den Kopf. Ich wollte nicht mit ihr kochen! Sie war zu streng und die Gespräche mit ihr fand ich einfach anstrengend. Immer kritisierte sie meine Erziehung, dass ich besser auf das Leben hätte vorbereitet werden sollen. Sie konnte nicht verstehen, dass ich dies wurde, doch eben auf eine Art, die für sie nicht verständlich war. „Na gut“, meinte sie und ich hörte deutlich die Skepsis in ihren Worten heraus. Ich fragte mich, ob sie sich bereits bei anderen über mich beschwerte, weil ich nicht die Schwiegertochter war, die sie gerne gehabt hätte. Gemeinsam mit Lillie verabschiedete sie sich von mir und nachdenklich betrachtete ich das Haus Ragnars. Die kleinen Fenster und die Treppen die hinauf zur Eingangstür führten. Das Geräusch einer sich verschließenden Tür drang an meine Ohren und ich wusste, dass Lillie und Inga nun bei sich waren. Ob sie Lillie ausfragte, was wir den ganzen Tag besprachen? Doch vielleicht dachte ich auch einfach nur zu schlecht von meiner Schwiegermutter. Leider war sie einfach ein anstrengender Mensch. Was sollte ich bitte für sie Kochen, was ihren Ansprüchen genügte? Langsam ging ich die Treppe zu dem Haus hinauf und stand kurz nachdenklich vor der Haustür. Unschlüssig strich ich mir nachdenklich durch die blonden Haare und hatte auf einmal die Idee. Sofort ging ich in Ragnars Haus und ging auf direkten Weg ins Schlafzimmer. Meinen Bogen und die Pfeile greifend ging ich schnell wieder hinaus. Ich musste mich eh ablenken und meine Gedanken auf etwas anderes fokussieren, da würde ein Ausflug in den Wald sicher gut tun. Zufrieden lächelte ich, denn die Freude auf die Jagd zu gehen breitete sich in mir aus. Das Gefühl von Aufregung breitete sich in mir aus, etwas was ich immer vor einer Jagd hatte. Wusste man doch nie, wie sie ausging und ob sie erfolgreich sein würde. Entsetzte Blicke folgten mir, während ich mit den Waffen durch das Dorf ging und ich sah ein kleines Mädchen, welches aufgeregt an der Hand ihrer Mutter zog und auf mich deutete. Ich straffte den Rücken und schluckte kurz. Dass ich mit diesem Auszug so viel Aufmerksamkeit auf mich lenken würde, hätte ich nicht gedacht. Ich begegnete den Blick eines Mannes, ein junger Mann in meinem Alter, vermutlich gerade erst zum Mann gereift, welcher mich mit offenem Mund anstarrte. Mit hastigen, aber nicht zu schnellen Schritten ging ich durch das Dorf. Ich ging zu den Ställen und bat einen der Brüder Freya zu holen. Skeptisch betrachtete er mich und seine Augen glitten zu meinen Waffen. „Was willst du mit den Waffen, Frau?“, fragte er skeptisch und unbeeindruckt sah ich ihn an. Es ging ihn nichts an und ich wollte mich gerade einfach nicht rechtfertigen müssen. „Muss ich dir das sagen?“, fragte ich kühler als beabsichtigt. Es war das eine, dass mein Mann mich so etwas fragen durfte, doch etwas gänzlich anderes, wenn er als Stallbursche mich, meiner Ansicht nach, so dreist fragte. Ja, vielleicht war es unhöflich, doch ich konnte nicht vergessen, mit welchem Titel ich aufwuchs. Ich war ihm keine Rechenschaft schuldig. Verwirrt schüttelte der junge Mann den Kopf und ich meinte nur: „Dann ist gut. Das Pferd, bitte.“ Es dauerte etwas, bis er Freya geholt hatte und als er mich fragte, ob er mir helfen solle, verneinte ich. Es war toll, dass ich meine Stute selbst fertig machen konnte. Zudem hatte ich in den letzten Tagen immer zu wenig Zeit für das Tier gehabt. Ich stellte den Bogen in meinem Sichtfeld ab und auch den Köcher mit den Pfeilen lag dort. Der Mann der mir Freya gebracht hatte sah immer noch verwirrt in meine Richtung und ich war dankbar, dass er mich in Ruhe ließ. Doch Freya verlangte ihre Aufmerksamkeit ein. Immer wieder stupste mein Tier mich an und rieb seinen langen Kopf an mir und ich strich ihr durch die schwarze Mähne und über das goldene Fell. Endlich nach einer halben Stunde, saß ich auf den Rücken meines Tieres. Den Bogen und den Köcher hatte ich an dem Sattel befestigt und als ich gerade losreiten wollte meinte der junge Mann: „Du solltest es dir überlegen, ob du ausreiten willst. Die Wälder sind gefährlich. Frauen sollten nicht alleine ausreiten. Und jagen sollte dein Mann.“ Ja, dass der Wald gefährlich war wusste ich. Doch ich musste einfach etwas raus hier! Mich interessierte es einfach nicht, was die Frauen hier machten und was nicht. Ich war keine von diesen Frauen, also ließ ich es mir auch nicht verbieten! „Mein Mann ist gerade aber nicht da“, meinte ich und sah dem Mann in die blauen Augen. Ich wich dem Blick nicht aus. „Trotzdem solltest du nicht alleine so was machen. Das machen Frauen hier nicht“, meinte er eisern und trocken und ich hoffte ohne eine Spur von Emotionen erwiderte ich: „Ich bin aber keine Frau von hier.“ Als er mich trotzdem noch einmal ermahnte, dass der Wald gefährlich sei biss ich mir leicht auf die Unterlippe. Vermutlich meinte er es nur gut und doch ärgerte es mich, dass er mich nicht einfach in Ruhe lassen konnte. Leicht nickte ich dem Mann zu und sagte: „Ich werde mich nicht weit der Dörfer aufhalten. Ich werde auf uns Acht geben.“ Immer noch wirkte er skeptisch und nur langsam ließ er sich zu einem Nicken herab. Doch es interessierte mich einfach nicht. Er hatte mir nichts zu sagen und wenn ich ihn das spüren ließ sollte mir das Gleich sein. Die Freude über die Jagd wuchs in mir und ein zufriedenes Lächeln glitt auf meine Lippen. Schnell hatte ich das große Dorf hinter mir gelassen und als ich es aus der Ferne betrachtete, fragte ich mich, weswegen die Menschen die darin wohnten es noch Dorf nannten. Es war eigentlich eine kleine Stadt. Die vielen Häuser schlängelten sich immer mehr den Berg hinauf und wenn dieses Dorf weiter wuchs müsste die Palisade erweitert werden. Vereinzelt ritt ich an kleineren Bauernhäusern vorbei und einige, die die mich noch nie gesehen hatten, starrten mich und mein Pferd neugierig an. Ich trug immer noch meine Kleidung. Ohne Felle, aus leichteren Stoffen. Auch eine Frau in Hosen und auf einem Pferd hatte ich außer Lillie noch keine gesehen. Ich musste für sie wie eine Attraktion erscheinen. Und das ich Waffen bei mir trug ließ sie noch mehr gaffen als sie es ohnehin schon taten. Ich ignorierte diese Menschen und langsam ließ ich die Zivilisation hinter mir. Die bestellten Felder verschwanden und der Wald um mich herum wurde dichter. Hoch wuchsen die Tannen und nur spärliches Licht drang durch ihre hohen Wipfel. Stickig war die Luft und irgendwann, hörte man nichts mehr, außer den Hufen meines Pferdes. Ich war bereits einige Zeit geritten, als ich absprang und Freya sicher an einem Baum befestigte. Mit ihr würde ich keinen Jagderfolg erzielen. Alle Tiere würde sie hören oder riechen. Ich nahm Bogen und Köcher mit und ging leise weiter. Doch ich achtete darauf, mich nicht zu weit von meinem Pferd zu entfernen. Schließlich wusste ich, was mir Ragnar und all die anderen Menschen gesagt hatten. Ich wollte keinem Bären und keinem Wolf in die Augen blicken. Ich suchte nach einem Hasen oder etwas anderem kleinen, was ich gut erlegen konnte und nicht das große Abenteuer einem Bären oder Wolf gegenüber zu stehen. Ich hockte mich in ein Gebüsch und wartete. Ich kannte den Wald nicht und wusste nicht, ob es hier eine gute Stelle war zum Jagen. Ich hoffte, dass ein Hase meinen Weg kreuzte. Ich schloss die Augen und versuchte genau zu spüren, aus welcher Richtung der Wind wehte. Ich schlich etwas nach links, damit der Wind von vorne kam und meinen Geruch wegwehte. Leise atmete ich durch und holte vorsorglich einen Pfeil aus dem Köcher. Ich sah eine schattenhafte Bewegung und langsam und ohne ein Geräusch von mir zu geben richtete ich mich langsam auf. Ich sah die langen Löffel. Es war ein Hase. Ein großer sogar und ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich legte den Pfeil auf die Sehne. Wie ich es gelernt hatte, zog immer mit der rechten Hand die Sehne und hielt den Schaft mit der Linken feste. Doch es gab ein Problem. Wenn ich genau zielen musste, und aufrecht stand, war mir meine rechte Brust ein wenig im weg. Es konnte schmerzhaft enden, wenn die Sehe beim Abschuss gegen sie prallte und nur dank meiner Mutter hatte ich eine Technik für mich gefunden. Weiter nach vorne lehnte ich mich, als es nötig gewesen wäre. Es sah für erfahrene Bogenschützen sicher lustig aus, doch so konnte ich den Bogen gut unter Kontrolle halten ohne mich selbst zu verletzen. Meine Augen verengten sich und ich zielte auf den Hasen. Er hatte sehr große Ohren und seine Hinterläufe waren wesentlicher größer, als die von Kaninchen. Ich zielte auf die Brust und den Hals des Tieres. Ich wollte nicht, dass es unnötig litt. Endlich blieb das Tier stehen und schien in der Luft zu wittern. Ich wusste nicht, ob der Wind sich gedreht hatte oder nicht, also ließ ich den Pfeil los. Das Glück war mir Hold und traf das Tier genau dort, wo ich es wollte. Ein zufriedenes Lächeln glitt über mein Gesicht und langsam kam ich aus meinem Versteck. Es war ein großer Hase und recht schwer, wie ich es bereits gedacht hatte. Zufrieden schaute ich meine Jagdbeute an. Am liebsten hätte ich noch weiter gejagt, doch ein Blick gen Himmel sagte mir, dass das unbeständige Wetter heute zuschlug. Ich sah dunkle Wolken über den Bergen und so ging ich schnell zurück zu meinem Pferd. Ich war zufrieden, denn das Jagen hatte mir gefehlt. Die Ruhe und das allein sein mit mir. Ich war etwas enttäuscht, dass ich nicht mehr Zeit hatte. Also entschloss ich mich morgen noch einen Hasen auf dem Markt zu kaufen. Dies sollte hoffentlich alle satt machen. Ich schaffte es nicht mehr trockenen Fußes zurück in das Dorf und der Regen prasselte auf uns hinunter. Die Wege waren schlammig geworden und Freya rutschte das ein oder andere Mal weg. Ich spürte, wie unsicher mein Pferd ging also entschied ich mich abzusitzen. Den Kopf gesenkt und auf den Boden schauend trat ich Schritt für Schritt voran. Langsam verstand ich, weswegen viele der Menschen Kleidung aus Leder bevorzugten. Sie bot wenigstens einen Moment Schutz vor dem Regen. Vielleicht sollte ich mir auch Kleidung für so etwas besorgen. Ich führte Freya hinein in das Dorf und als ich zum Stall ging, war ich überrascht, dass mehrere Leute dort standen. Sofort erkannte ich den Hünen unter ihnen. Ragnar. Entspannt ging ich mit meinem Pferd am langen Zügel auf sie zu und ich bemerkte, wie sie sich umdrehten. Mit langen Schritten kam er auf mich zu und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wo warst du?“, wollte er in einem Ton wissen, den ich mehr wie unpassend fand. Ich sah hinauf in sein Gesicht und bemerkte, dass sein Bart und seine Kleidung bereits vom Regen durchtränkt waren. Meine Augen zogen sich verwirrt zusammen und nachdem er mich erneut aufgefordert hatte zu sprechen erklärte ich: „Ich war im Wald, aber nicht weit weg. Deine Mutter kommt morgen, da wollte ich schauen, ob ich etwas schießen konnte.“ Zur Erklärung meiner Worte deutete ich auf den einzelnen Hasen, welcher neben meinen Bogen baumelte. Ich sah Personen auf mich zukommen und erkannte die zwei Söhne des Stallbesitzers. Auch ihr Blick glitt an mir hinunter und ich hörte Besorgnis in ihrer Stimme als der der ältere meinte: „Gott sei Dank, bist du wieder gekommen. Wir hatten schon Sorge, dass du dich in der Wildnis verläufst. Es ist gefährlich da draußen, Frau!“ Leicht nickte ich den Mann an, doch meine Aufmerksamkeit galt eher meinem Gatten. Ich bemerkte, wie er seinen Kiefer zusammenpresste und die grünen Augen sich zu schlitzen zusammen zogen. Als der jüngere Mann fragte, was ich denn so lange da draußen gemacht hätte deutete ich zu dem Hasen und meinte: „Gejagt?“ Dachten die, ich nehme einen Bogen nur zum Spaß mit? Es war, als wandelte sich die Situation und belustigt blickten die Männer plötzlich von mir zu Ragnar. Was so lustig war, sollte ich im nächsten Augenblick erfahren. „Ernsthaft? Du erlaubst es, deiner Frau jagen zu gehen? Kannst du das nicht mehr selber?“, fragte der jüngere und blickte auf den Hasen und vermutlich hatte er ihn bis gerade gar nicht bemerkt. Was sollte diese Aussage? Ich bemerkte, dass Ragnar wütend wurde, schließlich kannte ich den Menschen langsam vor mir immer mehr. „Doch, jagen kann er“, sagte der andere und ich hörte den belustigten Ton deutlich in seiner Stimme heraus, „Aber Hasen sind für Ragnar doch immer zu schnell und klein. Hasen jagen konnte er noch nie gut. Also lässt du das jetzt deine Frau machen?“ Noch bevor er etwas sagen konnte fuhr ich den Mann an: „Das geht dich gar nichts an!“ Doch es schien, als hörte mich keiner, denn auch der ältere begann leise zu kichern und stichelte: „Aber es stimmt doch. Wann hattest du schon mal das Glück einen Hasen zu schießen. Bären und alles was groß ist, aber was kleines Wendiges… Das weißt du doch, Havard.“ Ich hätte den Menschen vor mir am liebsten eine verpasst. Merkten sie nicht, was sie taten? Immer wütender wurde der Blick meines Mannes und als er mich einfing schluckte ich leicht. Seine Augen waren zusammengezogen und zeigten mir deutlich, wie es gerade in seinem inneren aussah. „Halts Maul, Tiu oder ich stopfe es dir“, raunte Ragnar mit seiner tiefen Stimme, die eigentlich keine Wiederworte zuließ. Doch der ältere Tiu, schien es nicht zu interessieren. „Was hast du denn Ragnar?“, meinte er und schmunzelte ihn an, „Deine Frau geht jagen und du wartest Zuhause auf sie. Vielleicht bereitest du ja schon mal das Essen vor. Pass nur auf, dass du vorher geputzt hast, sonst gibt es Ärger.“ Kräftig und ohne Vorwarnung schlug mein Mann auf das Gesicht des Mannes zu. Erschrocken keuchte ich auf, als ich sah, wie Tiu zu Boden ging. „Pass auf, wie du mit mir redest“, raunte Ragnar, doch anders als ich es erwartet hatte, schlug er nicht erneut zu. Er blickte zu dem kleinen Bruder und befahl: „Kümmere dich um das Pferd.“ Ich schluckte, als ich ihn so beobachtete und ich spürte, wie es in mir fröstelte. Ich verstand, weswegen er sauer war. Mir war bewusst geworden, wie wichtig es den Männern hier war, als eben solche gesehen zu werden und in diesem Augenblick verstand ich, dass ich Ragnar mit meiner Jagd bloßgestellt hatte. Doch es war meine Freizeitgestaltung! Ich liebte die Jagd und ich wolle unter keinen Umständen, alles aufgeben! Mit zittrigen Händen begann ich meinen Bogen und den Hasen vom Sattel zu lösen und ich bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Tiu sich wieder erhob. Doch anders, als noch vor wenigen Augenblicken war er ganz still und schien nichts mehr zu sagen. Als Ragnar nach meinem Arm greifen wollte zog ich ihn schnell weg, denn ich wollte nicht, dass er mich durch das Dorf zerrte. „Ich weiß, wo das Haus steht“, raunte ich ihm zu und erneut verengten sich die Augen meines Mannes. Mir war es gleich, dass ich erneut Wiederworte gab und so ging ich ihm einfach nach. Es war ein beklemmendes Gefühl, als die Haustür ins Schloss fiel. Während des ganzen Weges hatte Ragnar mich kein einziges Mal angeschaut. Ich war unsicher und hatte das Gefühl, etwas verloren in dem Haus zu stehen. Immer noch hielt ich den Bogen und das tote Tier in den Händen und das Glücksgefühl hatte sich schon seit langer Zeit verabschiedet. Eine kleine Pfütze bildete sich zu unseren Füßen und unschlüssig und auch ein wenig ängstlich sah ich meinen Mann an. Ich wusste, wie er sein konnte, wenn er wütend war. Ich beobachtete, wie Ragnar seine Stiefel in die Ecke trat und Schlamm sich auf den Boden verteilte. Wenn ich glaubte, dass sich seine Laune auf den Weg zum Haus verbessert hätte, hatte ich mich wahrlich getäuscht. „Frauen jagen hier nicht!“, fuhr er mich gereizter an, als ich vermutete. Seine tiefe Stimme drang durch mich durch und ließ mich erschaudern. Wie er wohl erst im Kampf aussehen muss? Doch ich war immer noch ich und ich wollte mich nicht einfach so behandeln lassen. Eisern zwang ich mich stehen zu bleiben und blickte direkt in das Gesicht meines Mannes, als ich meinte: „Ich bin keine Frau von hier. Und da wo ich aufgewachsen bin, da durfte ich jagen.“ Wütend verengten sich die Augen des Mannes zu Schlitzen und er schien wütend die Luft zwischen den Lippen hervor zupressen. „Du lebst nicht mehr in deinem Land! Du hast dich diesem Land hier anzupassen!“, brüllte er mich tatsächlich und schlug mit der Faust gegen den Türrahmen. Ich konnte es nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte und meine Augen weiteten sich erschrocken. Doch nachgeben lag mir nicht, egal ob es dumm war oder nicht. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte eisern den Kopf. „Wieso muss ich das? Weil du das sagst?“, ich war ruhiger als er und ob dies gerade ein Vorteil war, dessen war ich mir nicht sicher. Doch schon im nächsten Augenblick spürte ich, dass es gerade nicht gut war, dass ich mich selbst so gut unter Kontrolle haben konnte. Schmerzvoll keuchte ich auf, als sich Ragnars große Hände schmerzvoll um meinen Oberarm legte und feste zupackten. Ich versuchte mich aus dem eisernen Griff zu winden und schrie ihn an, dass er mich los lassen sollte. „Du lebst hier und passt dich verdammt noch mal an, Weib! Ist dir überhaupt klar, dass du mich gerade bloßgestellt hast?! Wie soll das denn aussehen, wenn du jagst?! Als ob ich dich nicht versorgen kann!“, brüllte er und immer fester wurde der Griff um meinen Arm. Ich wollte weg von ihm. Mein Kopf sagte es mir laut und deutlich. Weg von dem Mann! Er tat mir weh und ich wollte keine Schmerzen. „Fass mich nicht an“, schrie ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch es brachte nichts. Es fühlte sich an, als ob der Griff nur noch schmerzvoller zu werden schien. Ich hatte das Gefühl, er zerquetschte meine Oberarme! „Ich kann dich anfassen, wann immer ich es will“, raunte er und wie zur Bestätigung seiner Worte drückte er mich an die Wand und trat dichter an mich heran, als mir in diesem Augenblick lieb war. Ich spürte die Panik und versuchte sie zu unterdrücken. Schmerzvoll war die Wand an meinem Rücken und ich versuchte das lähmende Gefühl in meinem Inneren zu unterdrücken. Hatte ich ihn wirklich so bloß gestellt? Hatte wirklich das ganze Dorf gerade nur über mich geredet? Doch eine ehrliche Stimme in meinem inneren sagte deutlich: Ja. Mir waren die Blicke der Menschen aufgefallen und auch die Blicke der Menschen in den anderen Dörfern waren mir nicht entgangen. Jeder musste meinen Mann darauf angesprochen haben. Und sie alle schienen ihn verwirrt gefragte zu haben, warum nicht er dies machen würde. Wie wichtig ihm seine Ehre war, war mir bis zu diesem Augenblick nicht bewusst gewesen. „Ich warne dich Ragnar“, zischte ich ihn wütend zu, doch womit ich ihn warnte, dass wusste ich selbst nicht. Ich hatte nichts, womit ich ihn gerade warnen oder gar in die Schranken weisen konnte. Ein gehässiges und sarkastisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Nicht nur mir war dies bewusst. „Wovor willst du mich warnen“, raunte er seine grünen Augen verengten sich zu Schlitzen. Ich schwieg, denn ich hatte nichts, womit ich ihm drohen konnte. „Siehst du, Thalia“, raunte er und deutlich hörte ich die Kälte in seiner Stimme, „Du hast nichts und jetzt fang endlich an, dich anzupassen. Und wenn du mich noch einmal bloß stellst, lernst du mich richtig kennen. Die Wochen davor hat es doch auch funktioniert! Jetzt fang nicht wieder an so komisch zu werden!“ Ich schluckte die Tränen hinunter, als mich seine Worte trafen und biss mir auf die Lippen. Der Schmerz, welcher meinen Körper durchzuckte war mir lieber als der Schmerz, welcher seine Worte in mir hinterlassen hatten. „Lass mich endlich los“, meinte ich und versuchte erneut Ragnar von mir weg zu stoßen. Und endlich trat er einen Schritt weg von mir. Ohne darüber nachzudenken sprudelten die nächsten Worte auf meinem Mund: „Ich muss mich hier nicht anpassen! Ich habe mich eh schon zu viel angepasst! Du hast dich entschieden mich zu heiraten, dann musst du auch damit leben, wie ich mich verhalte! Und das ich nicht immer so bin, wie die Frauen hier!“ Sofort fixierten mich die grünen Augen wieder und als ich das spöttische Grinsen auf seinem Gesicht sah wusste ich nicht, wie ich dies deuten sollte. Mit langen Schritten war er an meinem Bogen und ein lautes Knacken erfüllte den Raum, als er ihn auf seinem Knie entzwei brach. Teilnahmslos schmiss er es mir entgegen und landete vor meinen Füßen. „Versuch jetzt noch mal jagen zu gehen!“ Fassungslos sah ich auf meine Waffe hinab und ich war wie gelähmt. Es war, als hätte er mir ins Gesicht geschlagen! „Das war ein Geschenk meiner Mutter“, sagte ich mit leiser und entsetzter Stimme. Mein Bick glitt hinauf zu seinem Gesicht und immer noch betrachtete er mich ohne Anteilnahme. „Es ist immer noch ein Geschenk deiner Mutter, es ist nur nicht mehr zu gebrauchen“, sagte er kühl, „Ich lasse mich von dir nicht bloßstellen. Ich lasse mir nicht vom ganzen Dorf sagen, dass ich ein schlechter Mann sei und dass ich dich nicht versorgen kann! Es ist mir auch vollkommen egal, was du früher durftest und was nicht! Wenn du Streit mit mir willst, dann kriegst du ihn!“ Immer noch waren meine Augen vor Schreck weit geöffnet und ich blickte von dem zerstörten Bogen hinauf in sein Gesicht. „Ich wollte keinen Streit. Ich… Ich wollte doch nur für morgen…. Essen haben“, sagte ich mit leiser und fast schon brüchiger Stimme. „Dann kauf es wie jede Frau auf dem Markt“, raunte Ragnar und ging mit langen Schritten zur Tür und knallte diese hinter sich zu. Kapitel 18: (Un)Erwartete Gespräche ----------------------------------- Eine bleierne Stille erfasste den Raum und mit zitternden Händen griff ich nach dem zerstörten Bogen zu meinen Füßen. Ich wusste nicht, ob der Bogen zu retten war, doch ich glaubte nicht. Dieser Bogen war mir wichtig. Sehr wichtig sogar. Denn er war etwas gewesen, was ich an meine Familie und an schöne Zeiten erinnerte. Ich konnte nicht begreifen, was geschehen war. Wieso nur? Habe ich Ragnar tatsächlich so sehr gekrängt? Tränen flossen mir über die Wange, als ich das zerstörte Geschenk meiner Mutter in den Händen hielt. Wieso musste er das machen? Ich wollte ihn nicht so bloß stellen, es war nie meine Absicht gewesen. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn so sehr provoziere. Ich wollte doch keinen Streit. Das war nie etwas, was ich eigentlich gewollt hatte. Ich hatte nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet. Aber ich wollt auch nicht, dass er so mit mir sprach! Das konnte er nicht so machen, dass wollte ich einfach nicht. Ein leises Schluchzten drang aus meiner Kehle und am liebsten hätte ich mich sofort aus dem Haus entfernt. Doch ich hatte Angst. Wenn ich nun einfach ging und niemanden sagte wo ich war, würde ich Ragnar erneut bloß stellen. Nach dem wie ich heute das Dorf verlassen hatte, würden alle Augen wieder auf mich gerichtet sein, wenn ich nun erneut zu den Pferden ging. Schon jetzt sprach das ganze Dorf über mich, wie würden sie erst dann reden? Und wo sollte ich auch hin? Ob ich es alleine in meine Heimat schaffte, dass wusste ich nicht und es würde ewig dauern, bis ich dort wäre. Zudem wusste ich ja auch, dass die Wälder voller Gefahren steckten. Wie Ragnar dann reagieren würde, wollte ich mir nicht ausmalen. Ich strich mir leicht über die schmerzenden Oberarme und spürte, wie ich erzitterte. Immer noch brannten meine Arme als würde ich seine Hände noch spüren. Ein Gefühl erfasste mich und ich konnte es nicht beschreiben. Vielleicht fühlten sich so gefangene? Denn so empfand ich es. Es war, als sei ich eingesperrt in diesem Haus. Als versuchten die Wände mich zu erdrücken. Es war kein schönes Gefühl in diesem Augenblick und ich hatte kaum Worte um es zu beschreiben. Ich zog mich, wie versteinert ins Schlafzimmer zurück, verschloss die Tür hinter mir und setzte mich auf mein Bett. Dann weinte ich auf dem Bett. Es war einfach zu viel und ein Beben erschütterte meinen Körper. Meine Atmung ging nur noch stoßweise und Schmerzen zogen von meiner Brust aus durch meinen Körper. Meine Nerven waren zum Zerreißen angespannt und ich wusste einfach nicht mehr, wie ich mich selbst beruhigt bekam. Auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren half mir nur bedingt. Ich legte mich auf die Felle und kauerte mich zusammen. Immer noch liefen die Tränen ungehindert über meine Wange. Es war als würden Dämme brechen und ich weinte bittere Tränen. Es war nicht nur das zerstörte Geschenk. Es war auch Wut auf mich und meinen Mann. Ich wusste, wie wichtig ihm seine Ehre war und doch konnte ich einfach nicht verstehen, weswegen er meinen Fehltritt so wegstecken konnte und diesen verdammten erlegten Hasen nicht. Das Eine war doch wesentlich schlimmer gewesen! Doch vielleicht war der Grund ganz einfach. Mein Fehltritt hat ihn nicht in Erklärungsnot gebracht. Ihn nicht bloß gestellt. Alle im Dorf müssen ihn angesprochen haben. Ihn damit in eine Ecke gedrängt haben, aus der er sich nicht anders zu helfen wusste. Doch dieses Wissen beruhigte meinen Nerven nicht. Es ließ die Tränen nicht versiegen und es ließ den Schmerz nicht vergessen. Er wusste, dass ich aus einem anderen Land komme und die Sitten und Bräuche anders waren. Er war doch so viel gereist, wieso konnte er mich einfach nicht verstehen? Hatte er sich nicht bewusst für eine Frau aus einem fernen Land entschieden? Ich schrie in das Kissen und schrie meine Wut meine Verzweiflung einfach hinaus, schließlich war es nicht nur die Wut, sondern auch das Heimweh, welches mein Herz so erschwerte. Ich wünschte mir, dass die Tür aufging und mein Bruder dort stand. Er wusste, wie man mich beruhigte, er kannte mich schließlich so gut. Kalter Schweiß bedeckte meine Stirn und die Welt verschwamm immer wieder vor meinen Augen. Immer noch ging meine Atmung stoßweise und doch schaffte ich es, mich langsam zu beruhigen. Es dauerte lange bis ich mich unter Kontrolle hatte, wie lange genau das wusste ich nicht. Doch endlich ging meine Atmung wieder gleichmäßig und ich hatte keine Tränen mehr zum Weinen. Meine Augen brannten und schmerzten und vermutlich, waren sie ziemlich rot. Ich zwang mich, mich vom Bett zu erheben und wusch mir im Waschraum mein Gesicht. Auch meine Arme schmerzten und als ich über die Stelle strich die Ragnar mit seinen Pranken gequetscht hatte zuckte ich zusammen. Hatte er wirklich so feste in seiner Wut zugepackt? Morgen würden vermutlich blaue Flecken dort sein, wo seine Hände mich festgehalten hatten. Erneut wusch ich mir das Gesicht und wünschte ich konnte den Tag vergessen. Ihn noch einmal durchlaufen lassen, denn dann wäre ich nicht ohne Absprache mit ihm auf die Jagd gegangen. Dann wäre er nicht so überrascht gewesen. Tief atmete ich durch und versuchte die aufkommenden Kopfschmerzen zu ignorieren. Ich lehnte mich an die Wand und starrte ins Leere und versuchte meine Gedanken nicht zu zulassen. Immer noch war Ragnar nicht wieder gekommen und die Sonne war dabei unter zu gehen. Wie lange ich letztlich im Schlafzimmer war konnte ich nicht sagen. Ein Drang erfasste mich und zwang mich regelrecht dazu den Waschraum zu verlassen. Ich musste mich bewegen! Ich musste endlich gehen. Weiter in dem Zimmer hocken konnte ich einfach nicht! Ich musste einfach etwas tun, um diese schrecklichen Gedanken abzuschütteln. Ich kümmerte mich um den Hasen, nahm ihm hinter dem Haus aus und auch wenn ich es nicht schön fand, zog ich ihm das Fell ab. Doch es war gut, etwas zu machen und ich war dankbar, dass niemand draußen war. Die Schmiede war verwaist und ich vermutete, dass mein Schwiegervater sich in sein Haus zurückgezogen hatte. So konnte ich die Gedanken wenigstens für einige Augenblicke hinter mir lassen. Schwer atmete ich durch und als alles erledigt war spürte ich erst, dass die Nacht schon lange eingebrochen war. Stillschweigend betrat ich das leere und kalte Haus, zündete die Kerzen an und säuberte meine Hände. Ich wünschte Tal wäre da. Vielleicht sollte ich ihm schreiben. Doch als ich das leere Blatt anstarrte, war ich sprachlos und keine Worte wollten sich in meinem Kopf formen. Mit ihm hätte ich jetzt sprechen wollen und nicht schreiben. Die Hände auf die Stirn lehnend betrachtete ich das leere Blatt vor mir. Doch das was geschehen war, ließ sich nicht einfach zu Papier bringen. Ich vermutete, dass Ragnar später betrunken wieder kommen würde und ich hoffte, dass er mir dann nicht zu nah kommen wollte. Vielleicht beschwerte er sich auch gerade bei Sven über mich. Wie Inga darauf wohl reagieren würde? Vermutlich war sie sauer, dass ich ihren armen Sohn so einfach bloßgestellt habe. Ob sie irgendetwas zu den blauen Oberarmen sagen würde, konnte ich mir kaum vorstellen. Ich vermutete, dass es nach zehn Uhr war, als die Tür des Hauses sich öffnete. Ich zwang mich gerade, etwas Brot zu essen und mir blieb der Bissen im Hals stecken, als nicht Ragnar das Haus betrat, sondern Ulveig! Gelassen kam er auf mich zu, als gehörte ihm das Haus und langsam erhob ich mich vom Tisch. Ich wollte einfach nicht zu diesen Menschen aufblicken. Der lange dunkle Bart war von grau durchzogen und die Tätowierung in seinem Gesicht ließ ich schaurig wirken. Seine Erscheinung war trotz des Bauches gewaltig und seine breiten Oberarme ließen erkennen, dass er mehr Kraft hatte, als ich es vermutlich einschätzen konnte. Doch wichtiger als sein Äußeres war die Frage, weswegen er hier war? Was trieb ihn dazu, sich hier her zu verirren. Noch nie war er Gast in diesem Haus gewesen, seit ich hier lebte jedenfalls. „Du hast deinen Mann aber ganz schön blöd da stehen lassen“, meinte er kühl und blickte sich in dem Haus um. Was machte er hier?! Perplex sah ich ihn an und runzelte meine Stirn. „Weswegen sucht Ihr mich auf?“, wollte ich wissen und trat von dem Tisch zurück und dem Mann entgegen. Er musterte mich. Kalt sahen mich seine Augen an. „Weil ich weiß, dass dein Mann gerade bei Sven ist und ich gehört habe, was geschehen ist. Ist dir klar, dass du gerade in aller Munde bist?“, fragte er mit eisiger Stimme und dennoch ergab es für mich keinen Sinn. Wieso sollte der Clanführer mich aufsuchen, nur weil ich mit meinem Mann Streit hatte. Wenn er dies immer tat, hätte er nichts anderes mehr zu tun. Sein Blick glitt an mir hinab und mir war es unangenehm, wie er mich betrachtete. Ich schluckte und streckte mein Kinn nach oben, denn ich wolle alles andere als unsicher wirken. „Ich verstehe den Grund nicht, weswegen Ihr hier seit“, sagte ich mit lauter und klarer Stimme, „Aber ich möchte, dass Ihr das Haus verlasst. Ich sehe keinen Grund, weswegen Ihr euch hier aufhalten solltet.“ Die kalten Augen meines Gegenübers betrachteten mich und spöttisch lachte er auf. „Ach? Wirklich? Weißt du, du kannst noch so höflich und erhaben klingen, du bist und bleibst einfach nur eine Hure“, sagte er gelassen und erschrocken trat ich nach hinten, als der große Mann auf mich zukam. Verunsichert trat ich mit verwirrtem Blick zurück. Weswegen er mich beleidigte verstand ich nicht. „Sprecht nicht so mit mir“, verlangte ich lauter und erschauderte als ich die Wand in meinem Rücken spürte. Immer noch kam Ulveig auf mich zu und als er nach mir griff wusste ich nicht, wohin ich ausweichen solle. Wie Ragnar, griff er fest meine Oberarme und drückte mich hart an die Wand in meinem Rücken. Schmerzvoll stöhnte ich auf, denn ich glaubte, dass der Griff dieses Mannes noch fester war, als der meines Gatten. „Sei froh, dass du überhaupt hier sein darfst, Hure“, raunte er leise und mit tödlicher ruhiger Stimme. Er war mir viel zu nah und erneut forderte ich ihn auf, dass er wegtreten solle, doch meine Stimme schien jegliche Kraft verloren zu haben. Er ging nicht drauf ein und immer noch grinste er mich spöttisch an. „Nein, ich trete nicht weg von dir. Weißt du… du gefällst mir. Es ist ein Jammer, dass ich verheiratet bin… Aber weißt du was? Du solltest besser ruhig sein, wenn du nicht willst, dass ich deinem Mann sage, was du damals in der Scheune getrieben hast…“ Eine Eiseskälte erfasste meinen Körper. Er wusste es? Woher? Hatte Lillie ihm das gesagt? Sicher nicht! Er lachte spöttisch als er mein entsetztes Gesicht erblickte. „Einer meiner Männer hat dich gesehen und gehört, wie du es mit dem anderen Mann getrieben hast. Eigentlich hätte ich da schon das komplette Bündnis für nichtig erklären sollen. Aber ich dachte mir“, sagte er und ich war wie gelähmt, als er plötzlich über meine Wange streichelte, „Du bist jung, siehst gut aus, man muss dich einfach nur erziehen, wieso dich einfach umbringen?“ Langsam glitt seine Hand meinen Hals hinunter und immer noch hatte ich das Gefühl, dass mein Körper nicht auf mich hören wollte! Erst, als ich eine seiner wiederwertigen Hände auf meinem Busen spürte löste ich mich aus meiner Starre und schubste ihn weg von mir. Zu plötzlich schien meine Gegenwehr zu kommen, denn tatsächlich, taumelte Ulveig zurück und starrte mich entsetzt an. „Ich bin weder deine Frau, noch bin ich dein Eigentum“, sagte ich und spürte, wie meine Stimme zitterte, „Du kannst mir damit nicht drohen oder mich erpressen. Ragnar ist mein Mann und weiß längst von dem Vorfall!“ Wütend verzog sich das Gesicht des Mannes vor mir und ich wusste, dass ich einen Trumpf ausgespielt hatte, denn er musste davon ausgehen, dass Ragnar nichts davon wusste, was geschehen war. Dass es ein Geheimnis war, was ich bei mir trug und niemanden je davon erzählt habe. „Natürlich“, meinte er äußerst sarkastisch. „Wenn er es eh schon weiß kann ich ihn ja fragen. Pass auf wie du mit mir redest, Weib“, zischte er eisig und wütend trat er zu mir, doch sofort wich ich aus nach links. Ich wollte nicht erneut in eine Starre verfallen und kniff die Augen wütend zusammen. Soll er doch glauben, dass ich bluffe. Flucht war mein einziger Gedanke und doch konnte ich nicht weg. Denn immer noch stand Ulveig im Weg. „Ich muss nicht aufpassen, das ist mein Haus und ich verlange sofort, dass du dich hier entfernst oder ich verspreche dir, ich brülle die ganzen umliegenden Häuser hier her!“, drohte ich mit kühler und distanzierter Stimme. Ich sah, wie er die Hand hob, doch ich war schneller. Ich trat nach hinten und wich dem Schlag aus. Entsetzt sah ich ihn an. Dass ich ihn mit meiner Gegenwehr so provozierte hatte ich nicht erwartet. Doch leider war ich nicht schnell genug. Denn die Hand die mein Handgelenk griff war zu schnell und kraftvoll zog er mich zu sich und schlug mir mit der flachen Hand schmerzvoll ins Gesicht. Meine Wange brannte und verzweifelt versuchte ich mich aus dem Griff zu befreien, doch er drehte schmerzvoll mein Handgelenk immer weiter herum. Die Schmerzen strahlten in meinem gesamten Körper aus und qualvoll stöhnte ich auf. „Hör auf“, brüllte ich verzweifelt. Kalt und emotionslos starrte er mich an. Schmerzlich verzog ich mein Gesicht und über mir schien sich Ulveig an meinem Anblick zu ergötzen. Selbstgefällig und zufrieden blickte er mich an. „Selbst, wenn dein Mann so dumm ist und dir verzeiht, kann ich auch immer noch die Dorfvorsteher fragen, was sie von dem Bündnis halten, wenn sie hören, was für eine Hure du bist. Du magst in deinem Land eine ach so wichtige Person gewesen sein, doch hier bist du nichts als das Weib eines Kriegers und selbst das bist du für mich nicht. Wärst du nur halb so hübsch wärst du längst nicht mehr am Leben!“ Er stieß mich weg von sich und ich umklammerte mein pochendes Handgelenk. Es tat unglaublich weh, doch ich hatte keine Tränen mehr die ich vergießen konnte. Immer noch sah mich der Mann aus seinen kalten Augen an und er ließ seinen Blick an meinen Körper entlang gleiten. „Unfälle passieren immer wieder. Du solltest besser aufpassen.“, mahnte er mit tiefer und distanzierter Stimme und wandte sich um. Immer noch blieb mir die Stimme weg und ich schluckte, als ich diesem Monster nach sah. „Du solltest darüber nachdenken ob du beim nächsten Mal nicht etwas freundlicher bist“, sagte er als er mit schweren Schritten wieder zur Tür hinaus verschwand. Erst als die Tür geräuschvoll ins Schloss fiel, bemerkte ich, wie sehr ich zitterte. Ich hatte es nicht geschafft stärker zu sein, als Ulveig mir so nahe gekommen war. Seine Worte jagten mir eine Heidenangst ein und sie geisterten in meinem Kopf; Unfälle passieren. Ragnar sei noch mein Mann. Ich verstand eine Drohung wenn ich sie hörte und es war mir egal wie sehr wir uns gestritten hatten, ich würde nicht zulassen, dass man meinem Mann etwas antat. Ich musste ihn warnen. Und das schnell. Mit langen Schritten durchquerte ich den Raum, riss die Haustür auf und rannte in etwas Großes, Kräftiges. Aus Angst Ulveig erneut die die Arme gerannt zu sein, schrie ich erschrocken auf und blickte in die Augen Ragnars, welche in der Dunkelheit schwarz zu sein schienen. Der Streit war für mich gerade vergessen. Dass er meinen Bogen zerstört hatte war mir gerade nicht wichtig. Das Wichtigste war, ihm zu erzählen, was hier gerade passiert war. Die Drohung galt wahrscheinlich mehr meinem Mann als mir, denn Ulveig schien zu sehr an meinem Körper interessiert zu sein. Wieder überzog mich eine Gänsehaut. „Ragnar“, sagte ich überrascht und noch bevor ich weitersprechen konnte sprach er mit seiner tiefen Stimme: „Habe ich dich jetzt aufgehalten wegzulaufen, Thalia?“ Für mich war gerade unverständlich, wieso er dies sagte. Es dauerte einen Augenblick bis ich mich wieder daran erinnerte, weswegen er gegangen war. Es war schon unwirklich, noch vor nicht einmal einer Stunde gab es nichts Wichtigeres als meinen Bogen und den Streit und nun war er so verdammt unwichtig geworden wie die Wäsche im Schlafzimmer. Ich schüttelte den Kopf und trat beiseite und ließ meinen Mann ins Haus. „Wir müssen reden“, meinte ich und noch bevor ich weitersprechen konnte fiel mir mein Mann erneut ins Wort. „Ja, das müssen wir auch“, meinte er kühler und anders wie ich es vermutet hatte, war er nicht betrunken. Ich schüttelte den Kopf doch wie so oft, ließ mein Mann mich einfach nicht zu Wort kommen. „Ich habe keine Lust, dass du mich bloß stellst! Außerdem, Thalia“, raunte er zorniger als ich für mich gerade verstand, „Ist dieser verdammte Wald gefährlich. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie verängstigt du auf der Reise hier her warst wegen der Bären und Wölfe. Du gehst nicht alleine in den Wald! Haben wir uns verstanden, Frau?“ Verwirrt sahen meine blauen Augen ihn an und ich sprach verwirrt: „Ja?“ Doch da war sie wieder. Die Wut auf meinen Mann kam so plötzlich wieder, wie sie verschwunden war. Es war fast schon verwirrend, wie viele Gefühle man gleichzeitig spüren konnte. Tief atmete ich durch. Ich wollte und musste mich einfach beruhigen! „Zunächst mal“, raunte ich mit zusammengezogenen Brauen, „möchte ich, dass du mich gefälligst aussprechen lässt! Versteh endlich, dass ich dich nie bloßstellen wollte! Ich bin eben gerne auf der Jagd! Damit musst du leben! Du hast dich bewusst für eine Frau aus einem anderen Land entschieden und dort wo ich herkomme, ist es eben anders! Ich versuche mich hier anzupassen, aber im Gegenzug erwarte ich von dir auch, dass du mich in einigen Sachen so akzeptierst, wie ich nun einmal bin!“ Die grünen Augen des Mannes vor mir, welche im Schein der Kerzen gar nicht grün erschienen, verzogen sich wieder zu Schlitzen und es bedeutete nie etwas Gutes. „Ich habe mich dir schon angepasst! Verdammt noch mal, Thalia, ich helfe dir sogar beim verdammten Kochen!“, fuhr er mich wütend an und er wurde lauter als ich dachte. Ich musste mich zwingen, tiefer ein und auszuatmen und nickte leicht. Es gab wichtigeres zu bereden, dass wusste ich. Doch natürlich war es für Ragnar wichtiger den Streit wegen des verdammten Hasen anzugehen. Den Drang ihn anzuschreien versuchte ich zu unterdrücken und es kostete mich sehr viel Selbstbeherrschung. Denn Ulveig und seine Drohung waren doch so viel wichtiger… „Du hast Recht. Ja Ragnar“, meinte ich und war erstaunt, wie ruhig und besonnen ich tatsächlich sprechen konnte, „Trotzdem möchte ich mich nicht so von dir verändern lassen. Ich bin immer noch ich! Und soll ich dir was sagen? Ich mag mich wie ich bin. Kannst du das nicht verstehen? Dass du mir bei so vielen Sachen hilfst finde ich sehr aufmerksam und sehr nett, dennoch möchte ich nicht, dass du dies als Argument verwendest, damit ich mich ändere. Wie oft, habe ich dich schon gebeten, dass du dich rasierst? Und nie hast du es gemacht.“ „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, meinte er eisern und sofort schüttelte ich den Kopf. „Doch“, erwiderte ich energischer als beabsichtigt, „Natürlich hat es was damit zu tun. Du verlangst, dass ich mich anpasse und verweigerst dich, wenn ich möchte, dass du dich mir anpasst.“ Stur schien er mich zu mustern und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ragnar“, sprach ich energischer auf ihn ein, „Ich bitte dich. Vielleicht… finden alle hier mich wahnsinnig exotisch und verstehen einfach nicht, weswegen ich mich so verhalte. Aber du bist doch so viel gereist, wieso fällt es dir dann schwer zu verstehen, dass ich mich nicht allem anpassen kann. Abgesehen davon, dass ich mich auch nicht in allem anpassen möchte, kann ich es gar nicht. Ich kann meine Stellung nicht immer vergessen mit welcher ich aufgewachsen bin, noch kann ich alles andere was ich durfte einfach vergessen. Es ist als verlangst du, dass ich alle meine Erfahrungen und Erinnerungen hinter mir lasse. Das kann ich einfach nicht. Denn die haben mich zu der Frau gemacht, die ich bin.“ Stur sah er mich an und wie er die Arme verschränkte wusste ich, dass er gerade nicht so einfach nachgeben würde. Er war so stur wie ich. Erneut drangen Ulveigs Worte in meinen Kopf und mir fiel ein, dass es gerade so dumm war, darüber zu streiten. Ich trat auf meinen Mann zu und griff nach den verschränkten Armen. Er ließ es zu, dass ich sie auseinander zog und sanft strich ich über seine kräftigen Unterarme. „Es tut mir leid, wenn dich die Menschen hier in die Ecke getrieben haben. Oder dir so etwas Dummes unterstellt haben, dass du mich nicht versorgen kannst. Es war nie, aber auch wirklich nie meine Absicht gewesen. Ich fand es so toll, wie es gerade zwischen uns lief, lass diesen Bogenschuss außen vor und ich bitte dich einfach: Versuch mich so zu nehmen, wie ich bin… Bitte“, beendete ich meinen Monolog und hoffte einfach, dass er langsam verstand, was ich eigentlich wollte. Das es mir nie darum ging ihn bloß zu stellen. Ich hoffte, dass dies endlich in seinen Dickschädel reindrang. Immer noch sah er mich an und musterte mich. „Bitte Ragnar… Es tut mir wirklich leid, wenn dich andere beleidigt haben, oder meinten du seist ein schlechter Mann… Aber ist es nicht wichtiger, dass ich das nicht so finde? Ich finde du bist kein schlechter Ehemann. Du bist freundlich, führsorglich, du hilfst mir und bist hast du mich so kennen gelernt wie ich eigentlich bin. Ich mag deine Art und wie du dich benimmst. Kann es dann nicht egal sein, was die anderen sagen, so lange wir beide miteinander zufrieden sind?“, fragte ich ihn und strich ihm sanft über den Handrücken. Langsam, so glaube ich, verschwand der hart Zug aus seinem Gesicht, als er mich betrachtete. Überrascht war ich, als mich Ragnar plötzlich in seine Arme zog. „Du raubst mir die letzten Nerven“, raunte er und strich über meinen Rücken, sanfter als ich es erwartet hatte. Sein Geruch stieg in meine Nase und ich merkte wie ich begann mich zu entspannen. „Du mir auch meine“, murmelte ich und legte meine Arme um seine Mitte. Schweigen erfüllte den Raum und es war angenehm. Nach einem Augenblick meinte Ragnar: „Ich schaue, ob man den Bogen reparieren kann, sonst besorge ich dir einen Neuen. Dennoch gehst du nicht alleine jagen. Wenn es denn schon sein muss, dann komme ich mit. Ich meine es ernst, Thalia. Der Wald ist gefährlich… Vielleicht hatte Jari gar nicht so unrecht, was Frauen aus anderen Ländern anging.“ Ich konnte mir kaum vorstellen, wie schwer ihm dieser Kompromiss gefallen sein musste und was es mit seinem verstorbenen Bruder auf sich hatte verstand ich ebenfalls nicht. Ich wollte gerade nicht nachfragen, denn die Toten mussten warten, wenn es noch wichtigeres gab, was man bereden musste. Dennoch war mir bewusst, dass es ihm mehr abverlangte, als man vermutlich annehmen konnte. Nach einem Augenblick drückte ich den kräftigen Mann weg von mir und seufzte schwer. Wir mussten endlich über die wichtigen Dinge sprechen! Nun wo Ragnar nicht mehr tobte wie ein wild gewordener Eber. Fragend blickte mich Ragnar an und nach einem Augenblick, begann ich zu sprechen: „Ulveig war gerade da. Und… Er hat uns bedroht, Ragnar.“ Verwirrung zeichnete sich auf dem Gesicht meines Mannes ab. Vermutlich hatte er erwartet, dass das Gespräch auf etwas anderes herabzielte. „Wie kommst du darauf? Und wann?“, wollte er wissen und sofort gab ich die Worte dieses Mannes wieder. „Er war hier bevor du gekommen bist. Ich lüge nicht! Wirklich Ragnar, ich meine es ernst!“, sagte ich eindringlich zu dem Mann vor mir, „Er hat gesagt Unfälle geschehen!“ Immer noch sah mich mein Mann unschlüssig an und verzweifelt fragte ich: „Willst du mir etwa nicht glauben? Ragnar, er hat mich an die Wand gedrückt und mir an die Brust gefasst! Er weiß, dass ich dich betrogen habe…“ Ich beobachtete, wie er sich auf die Lippen biss und ich wünschte ich hätte in diesem Augenblick seine Gedanken lesen können. „Thalia“, sagte er nach einem Augenblick, „ Es fällt mir schwer dir zu glauben… Das klingt… das ist nicht logisch für mich. Du bist eigentlich überhaupt nicht sein Typ Frau. Soweit ich weiß, steht er mehr auf Beleibte. Hattest du vielleicht einen Alptraum?“ Es konnte einfach nicht sein Ernst sein! Dass durfte einfach nicht sein Ernst sein! „Nein hatte ich nicht? Und davon, dass er nicht auf mich steht, habe ich gerade nicht viel bemerkt“, erwiderte ich fast schon pampig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist, wenn er mich erpressen will. Wenn er das mit Leif herumposaunt…. Was glaubst du, wie die anderen das finden werden?“ Ich spürte die Panik und nie zuvor, hatte ich es so sehr bereut, dass ich in jenen Augenblick schwach gewesen war. Ich wusste doch wie wichtig das Bündnis und alles war. Ich spürte Ragnars Blick auf meinen Körper, doch zu sehr war ich Gedanken versunken, um den Blick zu erwidern. „Thalia, ich werde ein Auge auf ihn haben, wenn er dir so Angst macht, aber verstehe auch, dass ich diesen Mann schon ewig kenne…und ich bin mir nicht sicher, ob deine Fantasie dir da nicht gerade einen Streich gespielt hat.“, meinte er mit ruhiger jedoch auch ernster Stimme. Meine blauen Augen suchten seinen Blick und zustimmend nickte ich. Ich hatte gewünscht, dass er mir ohne Vorbehalte geglaubt hätte. Doch anscheinend war der vorausgegangene Streit nicht spurlos an meinen Mann vorbeigegangen. Ich musste versuchen ihn so schnell es ging davon zu überzeugen, dass es nicht meine Fantasie war, welche gerade aus mir sprach! Kapitel 19: Marktschreie ------------------------ Ich fühlte mich am nächsten Tag unwohl und ich hatte das Gefühl, dass die Blicke der Menschen sich gewandelt hatten. Ob das wirklich so war oder ich mir das nur einbildete, konnte ich nicht wirklich abschätzen. Doch beim Abendessen mit meinen Schwiegereltern sollte ich erfahren, weswegen ich das Gefühl hatte. Inga nahm mich während des Essens beiseite und redete auf mich ein. Ich könne nicht jagen gehen, es sei Aufgabe des Mannes dies zu tun. Der Wald sei gefährlich und was am schlimmsten war, dass ich ihren Jungen bloß gestellt hatte. Das ganze Dorf würde darüber bereits sprechen. Ich war nicht einmal zwei Monate hier und schaffte es schon, dass alle hier über mich sprachen. Also lag ich mit meiner Vermutung nicht falsch, dass ich die ganze Zeit beobachtet wurde. Ich schwieg darauf, denn ich hatte keine Lust mit ihr darüber zu reden. Es ging sie einfach nichts an und ich wollte mich von den Menschen hier einfach nicht so ändern lassen. Mürrisch blickte ich zu dem selbst erlegten Hasen, einen zweiten hatte ich heute noch auf dem Markt besorgt. Ich hoffte, dass Tier würde wenigstens schmecken. Genug Ärger hatte es mich so schon eingebracht. Inga meckerte weiter, doch ich ging nicht darauf ein. Es brachte mir schließlich nur schlechte Laune. Ich schwieg sie an und es schien, als passe es ihr nicht. Ja, ich war eindeutig nicht das Schwiegerkind welches sie sich gewünscht hatte. Doch wieso sollte ich mich für sie ändern? Ich mochte die Jagd wesentlich lieber als Kochen und Putzen. Doch ich bemühte mich. Heute hatte ich alles versucht so zu tun, wie es von mir verlangt wurde. Höflich saß ich bei den anderen am Tisch und auch Lillie schien nicht begeistert, dass ich jagen war. Doch ich vermutete, dass es eher etwas mit meiner Sicherheit zu tun hatte, als tatsächlich darüber, dass ich ihren Bruder bloßgestellt habe. Hatte ich wirklich so viel Glück gehabt? Eine ehrliche Stimme in meinem Kopf sagte klar und deutlich, ja. Jeder der hier Anwesenden hatte mich mehr wie einmal gewarnt in die Wälder zu gehen. Und ich war blindlings hineingeritten. Ja, vermutlich hatte ich gestern mehr Glück als Verstand gehabt. Doch nicht nur die Jagd ging mir durch den Kopf. Während ich den Hasen aß, war ich wieder mit meinen Gedanken bei Ulveig. Es ließ mich einfach nicht los! Dieser Mensch machte mir tatsächlich Angst. Nachdenklich seufzte ich und ich strich mir gedankenverloren die Haare von der Wange. Ich schreckte zusammen, als ich auf einmal jenen Namen hörte, welcher mir seit gestern nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. „Was?“, wollte ich wissen und blickte zerstreut in die Runde. Von Ragnar zu Inga schauen blickte ich verwirrt und alle Augen schienen auf mich gerichtet, denn mein Ausruf schien für sie unverständlich. Tief atmete Inga durch und betrachtete mich mit ihren strengen Blick. „Ich dachte schon, dass du am Tisch mit offenen Augen schläfst“, stichelte sie und fügte hinzu, „Ulveigs Frau ist krank. Die Arme erholt sich nicht mehr von einer Grippe und hat Probleme.“ Eisige Schauer liefen über meinen Rücken. Ich hätte alles was ich besaß darauf verwettet, dass seine Frau gerade in tödlicher Gefahr war. Doch ich konnte es nicht sagen. Sie würden mir nicht glauben. Keiner von ihnen. Selbst Ragnar hatte mir nicht geglaubt, etwas was mir sehr zu schaffen machte. Viel mehr als ich es angenommen hatte. „Das tut mir leid für sie“, sagte ich leise und nachdenklich. Unruhig stocherte ich in dem Essen herum. Wieso musste das passieren? Nicht nur die Hochzeit, nun auch das noch. Ja, vielleicht war ich hier exotisch und sicherlich auch anstrengen, nicht leicht als Ehefrau. Wenn ich ein Mann wäre, hätte ich mich sicher nicht freiwillig geheiratet. „Das hoffe ich auch, sie ist so eine liebe Person“, meinte Inga und seufzte traurig auf. Ich nickte nur und war erneut weit weg mit meinen Gedanken. Würde Ulveig wirklich so weit gehen seine eigene Frau umzubringen? Ich kannte diesen Menschen nicht. Das einzige was ich von ihm wusste war, dass er augenscheinlich ein fähiger Clanführer war, denn sonst wäre er nicht an der Macht. Doch er war ein Schwein, dass hatte er deutlich gemacht als er mich aufgesucht hatte. War er Machthungrig? Vermutlich, aber ich hatte zu wenige Informationen um es mit Sicherheit sagen zu können. Macht veränderte die Menschen und brachte oftmals Züge zum Vorschein, die sie selber nicht von sich kannten. Häufig hatte mein Vater mit mir und meinem Bruder darüber gesprochen und immer wieder hatte Vater betont, dass wir nicht so durchdrehen sollen, wenn wir das Land übernommen hätten. Aus diesem Grund hatte Vater bereits früh begonnen uns unterrichten zu lassen und uns immer mehr Verantwortung übertragen. Verantwortung, die nun Tal allein Schultern musste. Ob ihn das freute? Ich kratzte mich an meinem Kopf und runzelte nachdenklich die Stirn. Vermutlich war es unhöflich, dass ich mich nicht all zu sehr an den Gesprächen beteiligte, aber ich schaffte es nicht die Stimmen in meinem Kopf zu bremsen. Ich war froh, als Raik, Lillie und Inga rüber in ihr Haus gegangen waren und ich mit Ragnar alleine war. Endlich war Ruhe eingekehrt. „Ragnar“, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust, „Ich bitte dich noch mal, pass auf wegen Ulveig. Ich glaube nicht, dass seine Frau plötzlich krank ist und ich meine es ehrlich, dass ich Sorge habe, dass er dir etwas tun möchte!“ Ich musste ihn einfach warnen. Es war im wahrsten Sinne des Wortes lebensnotwendig, denn ich wollte einfach nicht, dass ihm etwas zustieß! Unschlüssig betrachtete mich mein Mann und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war ein deutliches Zeichen, dass er mir nicht wirklich glaubte. „Thalia“, meinte er ruhig, zu ruhig. Er sprach mich an als sei ich ein ungezogenes Kind und ich wollte ihn am liebsten anschreien. „Ich weiß, dass er nicht der netteste Mensch auf Erden ist, aber weswegen sollte er seiner Frau etwas tun?“ Perplex blinzelte ich ihn an und fragte, ob dies sein Ernst sei. „Wirklich Ragnar“, fügte ich gereizt hinzu, „Dies fragst ausgerechnet du? Er könnte tausende Gründe dafür haben. Angefangen von ich liebe sie nicht mehr bis hin zu, er hasste sie oder sie hat was gegen ihn in der Hand. Bitte Ragnar, er hat mir schon gedroht. Glaub mir einfach. Bitte. Vergiss den Streit von gestern. Das ist nicht so wichtig wie Das!“ Unschlüssig betrachtete mich mein Mann und schien immer noch uneinig was er davon glauben sollte oder nicht. „Ich habe doch nichts davon, wenn ich dir das sage. Wenn ich wollte, dass er dir einfach etwas antut, dann würde ich dich doch nicht warnen“, meinte ich fast schon verzweifelt und ging auf den großen bärtigen Mann zu. Ich griff nach seiner Hand und drückte die großen Pranken. Sanft glitten meine Hände darüber und flehend wurde mein Blick. „Bitte Ragnar!“ Leise grummelte mein Mann vor sich hin und als ich ihn aufforderte lauter zu sprechen erklärte er leise: „Ulveig ist seit langer Zeit an der Macht. Die Dorfvorstände wählen den Clanführer… Eigentlich ist es aber immer der, der am stärksten ist. Ulveig hatte sich damals durchgesetzt und sich dann mit Handelsgeschick und guter Kriegsführung oben halten können. Doch in den letzten Jahren wurde es immer… schwerer für ihn und seit ich und mein Bruder so engagiert dabei waren schwand seine Beliebtheit… Einer der Dorfvorsteher sagte mir letztens noch, dass sollte ich mich zur Wahl stellen, er mich wählen würde….“ Fassungslos sah ich ihn an. Ich war einfach nicht lange genug in diesem Land um die Strukturen zu erfassen. Dennoch erschien ein spöttisches Lächeln auf meinen Lippen und ich konnte nicht verhindern, dass ich fragte: „Und du hast mir gestern echt nicht glauben wollen, dass er mir gedroht hat? Nachdem was du mir da erzählst, ist es doch das klassische: Ich schalte meine Gegner aus. Dafür braucht man doch noch nicht einmal in Politik geschult sein wie ich. Dafür braucht man doch einfach nur ein wenig Verstand.“ Ein mürrischer Blick meines Mannes war Antwort genug. Ja, vielleicht war diese Antwort im Nachhinein nicht die Netteste, jedoch war ich aufgebracht und dann kamen auch mal Worte aus dem Mund, die man hinterher sicher anders formuliert hätte. Doch vielleicht brauchte er diese direkte Art einfach, damit er klarer an die Sache herangehen konnte. Ich musste es akzeptieren, dass es vielleicht mal Sachen gab, in denen man einige Dinge erst nach einer Zeit rational erfassen konnte. Mit Abstand schienen einige Sachen viel einfacher zu sein. Vielleicht waren mein Mann und Ulveig wirklich Freunde gewesen und ich wusste nicht wie er mit meinem Mann umging, wenn ich nicht dabei war. Doch er sprühte einfach vor Gefahr und Hinterhältigkeit. „Ragnar“, begann ich eindringlich zu sagen und erneut hielt ich seine Hand feste, „Glaub mir, wenn ich dir sage, dass es gerade wirklich gefährlich für dich ist. Wenn Menschen mit Macht in Verbindung kommen, dann verändern sie sich. Sehr häufig habe ich so etwas schon beobachtet. Vielleicht waren Ulveig und du Freunde, doch wenn er dich als Konkurrenz sieht… Wenn sein Stuhl ihm wichtiger ist, dann wird er versuchen dir etwas anzutun…“ Langsam ließ Ragnar meine Hand los. Er wich meinen Blick aus und runzelte die Stirn. Seine Stirn warf tiefe Falten und er fing an langsam, aber unruhig, durch das Haus zu laufen. Immer wieder strich er sich durch den dichten, roten Bart, entknotete eine Stelle und schien immer noch weit weg mit den Gedanken zu sein. Doch ich ließ ihn. Schließlich kannte ich es von mir, dass man bei manchen Sachen nicht ruhig sitzen bleiben konnte Ich musste dann einfach unruhig und nervös durch das Haus laufen, eigentlich genauso wie mein Mann. Schwer ein und ausamtend fing mich der Blick seiner grünen Augen ein. Wie so oft strich er sich durch den langen Bart und betrachtete ich. „Hm“, raunte er und wirkte ziemlich unzufrieden, „Sagen wir mal, dass es stimmt, wieso sollte er dir das sagen… und mich so vorwarnen?“ Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern. Doch sofort fiel mir eine Erklärung ein. „Ragnar, er glaubte mich in der Hand zu haben. Er wusste, dass ich dich mit Leif betrogen habe. Er ist sicherlich davon ausgegangen, dass du mich deswegen verstoßen würdest und zudem ist er sich sicherlich nicht bewusst, dass wir einander wirklich kennen lernen und schätzen. Ich habe häufig genug mitbekommen, wie Männer hier über Frauen denken. Kochen, putzen, nicht jagen, das Haus sauber halten… Deine Mutter ist ein gutes Beispiel! Wenn ich etwas mache, was gegen die Norm ist, werde ich darauf…. Freundlich hingewiesen. Aber hier gibt es sicher genug die es nicht freundlich machen. Ich habe Ulveig sehr deutlich gemacht, dass er mich nicht in der Hand hat und wenn er ein wenig Verstand hat, dann weiß er auch, dass ich dich nun gewarnt habe. Bitte Ragnar, passe auf dich auf. Ich will dich nicht verlieren.“ Stille breitete sich in dem Raum aus und immer noch betrachtete mich mein Mann mit unergründlichen Blick. Doch ich brauchte nicht fragen was er dachte. Mit langen Schritten kam er wieder auf mich zu und blieb vor mir stehen. Seine grünen Augen glitten an mir hinunter und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen und ließ seinen Bart zucken. „Das war ja fast schon eine Liebeserklärung, Prinzessin“, sagte er und überrascht weiteten sich meine Augen. So hatte ich es eigentlich nicht gemeint. Doch es war mir gleich. Er war mir hier, neben Lillie und Sontje, die wichtigste und vertrauteste Person die ich hatte. Ich war mir nicht mal selbst sicher, was ich für diesen Menschen empfand. Auch auf meine Lippe erschien ein leichtes Lächeln und unschlüssig zuckte ich mit den Schultern. „Glaubst du mir denn wenigstens jetzt, dass du aufpassen sollst?“, wollte ich von ihm wissen und schaffte es nicht ein Lächeln zu unterdrücken. Erneut sah er mir kurz in die Augen und es wirkte, als ergebe er sich. „Du bist meine Frau und ich glaube dir. Ich werde Acht geben und mich auch mal umhören“, raunte Ragnar und es war wie ein Befreiungsschlag. Zu wissen, dass er mir glaubte war erleichternd. Ich überwand den letzten Meter zwischen uns und drückte den kräftigen Hünen an mich. „Danke“, sagte ich leise und ich fühlte wie er mit seiner Hand über meinen Rücken streichelte. „Es tut mir wirklich Leid wegen gestern. Ich wollte dich nicht bloß stellen und ich wollte mich nicht unnötig in Gefahr bringen. Ich habe nicht nachgedacht.“ Er sagte dazu nichts, doch ich spürte wie sein Arm sich kräftiger um mich legte. Die Wärme die sich auf einmal in mir ausbreitete überraschte mich und doch war es ein schönes und gutes Gefühl. Sie ließ mein Herz schneller schlagen und ein leises und zufriedenes seufzten verließ meine Lippen. Die nächsten Wochen waren seltsam für mich. Immer wieder schlich sich das Gefühl ein, dass ich verfolgt wurde, doch immer wenn ich mich umblickte war niemand zu sehen. Und seit dem Jagdvorfall stagnierte mein Versuch sich in die Gesellschaft zu integrieren. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte, doch seither ging es einfach langsamer. Viele Frauen ob älter oder jünger beäugten mich misstrauisch. Doch auch ich beobachtete genauer und was ich sah gefiel mir nicht immer. Meiner Meinung nach fügten sie sich zu sehr dem Schicksal. Auch wenn es ihnen nicht schlimm vorkam, dass sie das taten, ich empfand es so. Ja, auch in meiner Heimat war es so gewesen, doch ich wuchs auf, in einem Zeitalter der Wandlung. Frauen hatten immer mehr Rechte. Zudem hat mein Vater meine Mutter auf Händen getragen. Nie hatte er sie vor unseren Augen nieder gemacht oder gar beleidigt. Ich bin mit dem Bild aufgewachsen, dass sich Eheleute auf Augenhöhe begegneten und dies war alles andere als Augenhöhe. Auch Ragnar fiel es immer wieder schwer. Doch er half mir beim Kochen und auch bei der Reinigung des Hauses, denn wenn ich ehrlich war überforderte es mich, alles plötzlich selber zu tun. So Selbständig wie ich dachte war ich anscheinend doch nicht. Ich brauchte Zeit um einen wirklichen Rhythmus zu finden. Und außerhalb des Hauses war Ragnar wie jeder andere Mann hier. Vermutlich wäre es ihm ziemlich unangenehm, wenn ich anderen davon erzählen würde. Und so gerne ich Sven auch hatte und so locker und liebevoll er mit seiner Familie umging bekam ich bei den Treffen in seinem Haus mit, dass auch er ein kleiner Patriarch war. Dass er Sontje liebte hätte ich nie in Frage gestellt, doch er selbst ließ es sich in seinem Haus einfach gut gehen. Spielte mit den Kindern und wäre sicher nie auf die Idee gekommen ein Messer zu nehmen um Kartoffeln zu schälen. Als ich Sontje darauf ansprach lachte sie und fragte mich ironisch, was Sven denn sonst Zuhause machen solle. Ich vertiefte das Gespräch nicht, denn abgesehen von dieser Angelegenheit kamen Sontje und ich wunderbar aus. Die einzige Person welche mich zu verstehen schien war Lillie. Sie schien sich auch nicht einfach mit dem Schicksal der Frauen hier abfinden zu wollen. Wir sprachen viel über meine Heimat und vor allem über die Universitäten. Sie hatte reges Interesse daran. Ich war mir unschlüssig, ob ich vorschlagen sollte meinen Vater zu fragen, ob sie nicht dorthin dürfe. Der Gedanke, dass sie in meine Heimat reiste und ich hier blieb war ein komisch Gefühl und außerdem wollte ich sie nicht als Freundin verlieren. Einige Briefe meiner Familie hatten mich erreicht. Jeder von ihnen hatte mir einige Zeilen zukommen lassen und auch Leif hatte mir geschrieben. Doch ich hielt mein Versprechen und schrieb ihm nicht. Denn Rückblickend betrachtet hatte er mich damals auf der Hochzeit zu sehr beleidigt. Er hatte die Grenzen zu sehr überschritten. Etwas was mir damals durch meine Verliebtheit nicht aufgefallen war. Tatsächlich hatte Ragnar noch nie so mit mir gesprochen. Immer häufiger erwischte ich mich dabei wie ich Ragnar beobachtete. So grobschlächtig er ab und zu war konnte er auch anders sein. Es war schwer es zu akzeptieren, doch immer mehr spürte ich wie ich mich zu diesen Mann hingezogen fühlte. Doch noch immer hatte ich das Gefühl, dass ein Damoklesschwert über unseren Köpfen hing. Ich konnte die Worte Ulveigs einfach nicht vergessen und ich glaubte auch nicht, dass mein Wiederstand ihn beeindruckt hatte. Ob es Taktik war, dass er sich zurückzog vermochte ich nicht einzuschätzen. Sowohl meinem Vater als auch meinem Bruder hatte ich von dem Vorfall in unserem Haus berichtet, doch ich wartete noch auf eine Antwort. Wieder war ein Tag vergangen und der Bote hatte keine neuen Nachrichten für mich dabei gehabt. Doch etwas anderes bereitete mir Sorgen. Ich hatte seit über einen Monat nicht mehr geblutet und langsam merkte ich, wie mein Körper sich verändert. Ich brauchte keine Heiler. Zwar war mir nicht schlecht doch meine Brüste spannten und mein Bauch war härter als gewöhnlich. Ich war schwanger. Keine vier Monate nach der Hochzeit. Seit einigen Tagen hatte ich mir darüber Gedanken gemacht, doch ich hatte noch mit niemanden darüber gesprochen. Ich hätte auch nicht gewusst, wie man so etwas einfach anspricht. Doch ich konnte nicht leugnen, dass ich mich freute und als ich abends auf Ragnar wartete erwischte ich mich dabei, wie ich sanft über meinen Bauch strich. Es war ein merkwürdiger Tag als ich über den Markt des Dorfes ging. Überall sah ich Mütter mit ihren Kindern. Wieso waren plötzlich so viele Kinder hier? Ich hatte mir Kleidung besorgt die der Witterung angemessen war. Schon jetzt hatte ich das Gefühl, dass der Somme zur Neige ging und der Herbst unbarmherzig seine kalten und regennassen Fühler nach uns streckte. Auch ich trug nun mehr Leder, wenn auch ohne Felle, denn diese sagten mir einfach nicht so zu. Ich schlenderte über den Markt und kaufte einige Sachen ein, denn auf die Jagd konnte ich ohne Bogen nicht mehr gehen. Einen neuen Bogen hatte mein Mann in Auftrag gegeben, doch es würde noch einige Zeit dauern bis er fertig war. Das er mir wirklich einen neuen kaufen wollte ließ mich glücklich lächeln. Denn er hatte mir versrochen, mich auf eine Jagd mitzunehmen. Ein Schrei riss mich aus meinen Gedanken und als ich mich umdrehte sahen meine Augen wie ein Mann wütend auf eine Frau einschlug. Schützend hob sie die Arme über den Kopf und bettelte darum, dass er aufhöre. Sie kauerte sich zusammen und schluchzte Herzzerreißend. Nicht nachdenkend ließ ich meine Einkäufe fallen und ging zügigen Schrittes auf die Beiden zu. Ich kannte die Beiden vom Sehen, doch hatten sie sich mir nicht vorgestellt. Ich schubste den Mann weg von der Frau und meinte zornig: „Lass sie in Ruhe!“ Wütend funkelte mich die kalten braunen Augen des Fremden an. „Misch dich nicht ein Blondchen“, raunte er zornig und wollte mich grob zur Seite schieben. Feste schlug ich gegen die Hand. „Fass mich nicht an und schlag die Frau nicht“, meinte ich eisig und ließ mich nicht wegdrücken. Unbeeindruckt blickte ich hinein in das fremde Gesicht und runzelte zornig die Stirn. „Hör mal zu“, raunte er der fremde Mann und trat erneut näher an mich heran, „Das ist meine Frau, wenn dir dein Mann kein Benehmen einprügelt, ist das nicht mein Problem! Jetzt verschwinde!“ Ich zuckte innerlich zusammen als er mich anschrie und blieb dennoch standhaft! Ich würde nicht einfach verschwinden! Das Wimmern hinter mir wurde leiser und als mich eine Hand am Arm berührte sah ich die Frau neben mir stehen. Tränen liefen ihr die Wange hinunter. Ich konnte einen verblassten Fleck im Gesicht der jungen Frau sehen, vermutlich war er vor Tagen noch größer. Ihr Gesicht war wie versteinert und tiefe Augenringe waren unter ihren Augen zu erkennen. „Bitte, misch dich nicht ein. Ich…. Ich war unvorsichtig und hab Sachen umgeschubst die wir verkaufen wollten… Es war meine Dummheit… Sie sind weniger wert jetzt“, stammelte sie leise und doch ließ ich mich nicht beirren. Ich schüttelte energisch den Kopf und meinte: „Das ist kein Grund für so ein unrühmliches Verhalten! So etwas sollte dein Mann nicht machen. Ich an deiner Stelle würde mich trennen!“ Das nächste was ich mitbekam war ein dumpfer Schlag gegen mein Gesicht. Schmerzvoll flog mein Kopf zur Seite und meine Wange brannte fürchterlich. Laut stöhnte ich auf und sah mit tränenden Augen in das Gesicht des Fremden. „Arh!“, schrie ich entsetzt und sah wie er erneut die Hand hob. „Du sagst so was nicht noch mal du dreckiges Waschweib!“, schrie er mich an und in letzter Sekunde schaffte ich es einen Schritt zur Seite zu machen. Perplex sah mich der Mann an. Meine Hand glitt an meine schmerzende Wange. Wütend schoss mir durch den Kopf, dass dieser verdammte Bauer nicht das Recht hatte mich zu schlagen! Zornig verengten sich meine blauen Augen und gerade als ich etwas sagen wollte zog mich eine kräftige Hand weg von dem Geschehen. Schmerzvoller war der Griff und als ich mich umwandte sah ich in Svens versteinertes Gesicht. Seine roten Haare waren ordentlich gekämmt und sein Bart gestutzt. „Margold wage es nicht, Hand an die Frau Ragnars zu legen!“ Schützend schob mich Sven hinter sich und als ich mich umsah bemerkte ich die große Traube an Menschen um uns herum. Diese verdammten Gaffer! Immer waren sie da! „Die hat sich nicht in meine Angelegenheiten zu einzumischen!“, schrie er Sven wütend an und trat dennoch keinen Schritt auf ihn zu. Sven blieb eisern und ich wagte nicht zu sprechen. Schneiden war seine Stimme als er sprach: „Wir wissen alle, wie du bist! Dann brauchst du dich nicht wundern, wenn es jemanden zu viel wird. Und glaub mir, Ragnar wird dich sicher auch noch aufsuchen! Du darfst mit deiner Frau machen was du willst, aber Thalia ist nicht dein Weib!“ Zornig funkelte mich Margold an und tobte: „Wenn diese Ausländerin mein Weib wäre, würde sie sich nicht mehr so verhalten! Die muss sich anpassen! Es reicht! Stell dir vor das alle Frauen plötzlich so werden? Sie muss sich unseren Sitten anpassen!“ Ich muss mich anpassen? Dachte ich entsetzt doch ich war klug genug nicht noch mehr Öl in das Feuer zu gießen. „Anpassung liegt im Auge des Betrachters“, zischte Sven und griff nach meinem Oberarm. Bestimmend zog er mich durch die Gaffer hindurch und ich bemerkte die entsetzten Gesichter der Menschen. „Ich hab noch Sachen hier“, meinte ich leise zu Sven und dachte kurz an meine Einkäufe. „Den Korb hat Tom“, raunte er und als ich seinen Blick folgte sah ich den rothaarigen Jungen mit meinem Einkaufskorb da stehen und uns beobachten. „Thalia“, rief er aufgeregt und kam uns entgegen, „Ich hab meinen Papa geholt als ich den Streit sah! Der hat dich geschlagen…Tut es weh?“ Leicht nickte ich dem Kind zu und dankte ihm, dass er so schnell reagiert hatte. Unsicher nickte Tom und reichte mir meine Einkäufe. Das Gefühl des Unwohlseins breitete sich in mir auf. Immer noch spürte ich die Blicke der Menschen und meine Wange brannte. Erst jetzt, wo das Adrenalin nach und nach meinen Körper verließ spürte ich den Schmerz. Dieser Mann konnte wirklich feste zuschlagen. „Komm“, meinte Sven streng zu mir und als sich unsere Augen trafen zierte ein leichtes Lächeln seine Lippe, „Ich geleite dich nach Hause… Ragnar ist in einem anderen Dorf wegen der Anwärter.“ Ich nickte leicht und folgte meinem Vetter. Wir schwiegen und erst als mich Sven in Ragnars Haus begleitete sprach er endlich wieder mit mir. „Thalia“, mahnte er mich strenger als ich vermutet hatte, „Du kannst so etwas nicht machen! Du kannst dich nicht in die Beziehungen der Anderen so einmischen! Das geht einfach nicht. Das ist nicht deine Aufgabe und es macht dir den Stand hier doch nur unnötig schwer…“ Den Korb auf den Tisch stellend betrachtete ich die Maserung des Holzes. Meine Augen zogen sich zusammen und nach einem Augenblick schüttelte ich leicht den Kopf. „Dann ist es so“, meinte ich langsam und drehte mich zu Sven und seinem Sohn um, „Ich… Es kann doch nicht sein, dass ein Mann seine Frau hier einfach schlagen darf. Er verletzt sie! Sie ist doch nicht sein Eigentum!“ Als Sven mit einem leisen doch antwortete lachte ich spöttisch auf. „Wäre mir neu“, fuhr ich ihn zornig an, „Dass ich eine Puppe bin. Und es wäre mir neu, dass Schläge nach einer Hochzeit nicht mehr weh tun! ... Sven du willst mir doch nicht sagen, dass du das toll findest?! Ich bitte dich, du hast selbst Töchter! Stell dir vor eine sei grün und blau geschlagen und dein Schwiegersohn sagt dir: Was ist dein Problem ist doch nun mein Eigentum. Kann ich auch mal kaputt machen, wenn ich Lust dazu habe… Das würdest du also unterstützten?!“ Perplex sah mich mein Vetter an und wieder fragte ich mich, ob es diesen Menschen wirklich nicht bewusst war. Es schien als würde er nicht wissen was er darauf erwidern soll und ich hörte wie er leicht schluckte. „Hier ist es anders als in deinem Land“, meinte er ruhig doch ich ließ mich nicht beirren und der Zorn führte meine Stimme. „Und nur, weil ich jetzt hier lebe muss ich meine ethischen Grundsätze nicht hinterfragen, wenn ich die euren nicht recht finde! Wenn ich mit meiner Haltung, meiner zukünftigen Tochter so ein Leben ersparen kann, dann bleibe ich lieber eine Außenseiterin. Wenn du und dein Volk so leben wollt, dann lebt so, aber zwingt mich nicht so ein Verhalten gutzuheißen. Du bist nicht mehr wert wie ich nur weil du ein Mann bist!“ Ich war in Rage und hatte mich kaum noch unter Kontrolle und der Blick den ich von Sven erhielt zeigte mir, wie perplex er war. Immer wieder öffneten sich seine Lippen und ich bemerkte wie er erneut schluckte. „Dann bring dich aber mit deinem Verhalten nicht in Gefahr“, mahnte er mich und schob Tom aus der Tür bevor er sie hinter sich zuzog. Kapitel 20: Bedingungslos an meiner Seite ----------------------------------------- Ungeduldig und wie ein Tier wartete ich auf Ragnar. Ich lief in dem Haus hin und her und immer wieder drang mir der Schrei der Frau in den Kopf. Keiner der Umstehenden hatte geholfen. Keiner der Anderen schien es wirklich zu stören. Ich war mir nicht sicher, ob ich mitleidige Blicke bemerkt hatte und selbst wenn sie da waren, Mitleid half niemanden. Nicht der Frau und auch nicht dem Denken der Menschen hier. Wieso veränderten sich die Menschen hier nicht einfach, war es denn so schwer? So konnte doch niemand leben wollen? Wenn ich mir vorstellen würde, dass Ragnar so mit mir umging, ich würde gehen. Ich würde mich in meinem eigenen Haus nicht mehr sicher fühlen. Ich erinnerte mich deutlich an unseren Streit und das Zucken welches von ihm ausging. Doch er hatte nicht zugelangt. Er hatte sich unter Kontrolle behalten. Diese Grenze hatte er nicht überschritten und ich hoffte, dass er dies auch nie tat. Ich würde einfach nicht bleiben können bei einem Menschen, der mich schlug. Machte es wirklich so viel aus, wenn man von Zuhause etwas anderes kannte? Nie hätte ich gedacht, dass meine Kindheit und was ich in dieser alles erleben durfte, mich so sehr prägen würde. Kindheit…, dachte ich. Nachdenklich blieb ich stehen und strich mir über meinen Bauch. Mein Kind, sollte so etwas nicht mitbekommen. Es sollte unter keinen Umständen glauben, dass so etwas normal war. Was, wenn er es irgendwann doch nicht schaffte, sich unter Kontrolle zu haben? Ich war nicht mehr nur für mich alleine verantwortlich. Zwar glaubte ich bereits einen Bauch zu erkennen, doch sicherlich bildete ich es mir nur ein. Ich war sicher nicht schon so weit mit meiner Schwangerschaft, dass man etwas sah. Vermutlich wäre ich sonst von Inga darauf angesprochen worden. Sie wartete schließlich sehnsüchtig auf diese Nachricht. Erneut erinnerte ich mich an die Frau vom Markt und dachte darüber nach, was passieren würde, wenn ich ein Mädchen kriegen sollte. Würde sich mein Mann überhaupt über ein Mädchen freuen? Ich wollte so etwas für mein Kind nicht. Ich wollte es nicht in so eine Gesellschaft hineingebären. Ich wollte weder, dass mein Sohn irgendwann so ein Mann wird, noch wollte ich, dass meine Tochter so ein Leben führen musste. Das mussten die Menschen doch einsehen? Mir war bewusst, dass es bei uns sicherlich in einigen Haushalten genauso ablief, etwas anderes zu glauben grenzte an Utopie. Doch es war gesellschaftlich nicht anerkannt als Patriarch seine Familie zu unterdrücken. Immer noch lief ich wie ein Tier im Käfig hin und her. Wie viel Zeit vergangen war, während ich grübelnd durch die Stube lief war mir nicht wirklich bewusst. Die Enge des Raumes erdrückte mich nahezu und zwang mich, mich zu bewegen. Gerade als ich mich beschloss, mich hinzusetzten öffnete sich die Tür des Hauses. Ich erkannte die schweren Schritte hinter mir und als ich mich umdrehte sah ich Ragnar hünenhafte Gestalt. Regentropfen waren auf seinem Wamst ersichtlich und auch seine Haare und der Bart schien feucht. Das Rot seines Bartes und seiner Haare war dunkler als gewöhnlich. Das schlechte Wetter hatte ich gar nicht mitbekommen. Doch nun vernahm ich es laut und deutlich. Ein heftiges Unwetter schien sich anzubahnen. Das Grollen des nahenden Gewitters waren die ersten Anzeichen für eine stürmische Nacht. Stumm betrachteten wir einander und nachdenklich runzelte er die Stirn. Vermutlich hatte er längst vernommen was heute Nachmittag geschehen war. Wie schnell die Buschtrommeln waren überraschte mich immer wieder. Ich konnte es nicht abschätzen, ob er sauer war oder nicht. Zu dunkel war der Raum als das ich seine Gesichtszüge genau zu erkennen vermochte. Doch die Momente des Schweigens flogen an uns vorbei und niemand schien etwas sagen zu wollen. Es war unangenehm und ich mochte diese Art des Schweigens nicht. Die Tür fiel ins Schloss und hallte in der Stille des Raumes wieder. Gerade als Ragnar den Mund öffnete fiel ich ihm ins Wort, denn ich brauchte mir keine Standpauke von ihm anzuhören: „Ich bin mir sicher, du hast eh alles schon gehört, was hier vorgefallen ist. Und ich sage dir eins, ich werde mich immer einmischen, wenn ich so etwas sehe und es ist mir egal, ob es dir passt oder nicht!“ Überrascht sahen mich die grünen Augen meines Mannes an und ruhig knöpfte er seinen Wamst auf. Diese Ruhe überraschte mich nahezu. Denn ich hatte nicht mit ihr gerechnet. Doch schon öfter hatte er mich mit Ruhe und Besonnenheit überrascht. „Ja, ich habe gehört was passiert ist, das erzählen sie sich schon in den umliegenden Dörfern…. Erst die Jagd jetzt das….Thalia du hast dich da aber nicht einzumischen, das geht uns nichts an!“, meinte Ragnar energischer als ich dachte und legte das feuchte Kleidungsstück, seinen ledernen Wams, über einen Stuhl. Ich konnte es einfach nicht verstehen und schüttelte verständnislos den Kopf. „Nein“, meinte ich eisern, „So was will ich aber nicht akzeptieren. Wieso sollte ich das?“ Ich bemerkte, wie mein Mann genervt die Augen verdrehte um mich eisern mit seinem Blick musterte. Es war ein tadelnder Blick, etwas was ich von meinem Vater kannte. Doch Ragnar war nicht mein Vater und so interessierte es mich nur wenig, wie er mich gerade betrachtete. Denn mich beeindruckte dieser Blick nicht. „Es geht dich aber nichts an! Weil das ihr Mann ist. Sie sind verheiratet“, erklärte er mit nachdrücklicher Stimme, welche anscheinend keinen Wiederspruch zulassen sollte. Vermutlich hätten auch einige geschwiegen, doch die Ungerechtigkeit in seinen Worten ließ es nicht zu. Ich konnte es nicht verstehen. Wahrscheinlich auch deswegen, weil ich so etwas in meiner Kindheit zwischen meinen Eltern nie gab. Sie haben sich gestritten, wie vermutlich jeder irgendwann. Doch nie sind derart böse und abschätzige Worte gefallen und nie wurde die Hand gegen den jeweils anderen erhoben. Zudem klang das, was Ragnar sagte so paradox. Als ob die Frau ihr Leben aufgibt, nur weil sie verheiratet waren. Als sei sie deswegen eine gänzlich andere Frau oder glaubte er, die Schläge schmerzten weniger, wenn sie vom Ehemann kamen? „Und tun deswegen die Schläge weniger weh?“, fragte ich sarkastisch, „Sind Schläge in der Ehe etwa ein Liebesbeweis? Du willst mir nicht erzählen, dass du es toll findest, dass Männer ihre Frauen schlagen? Du bist doch selbst nicht so, oder wirst du irgendwann doch die Hand gegen mich erheben? Ich warne dich Ragnar, machst du das einmal mit mir ist dieser verdammte Packt egal. Ich lebe nicht mit einem Menschen zusammen, der mich nicht auf Augenhöhe wahrnimmt! Der mir Angst macht!“ Ich stemmte meine Hände in die Hüfte und betrachtete stur den Mann vor mir. Die Ernsthaftigkeit sprach aus mir und nicht die Hysterie und es schien, das Ragnar dies durchaus wahrzunehmen schien. Überrascht sah er mich an und es dauerte einen Augenblick, bis ihm die richtigen Worte in den Sinn kamen: „Gut, aber du kannst nicht anfangen, die Menschen hier zu ändern. Nur, weil du glaubst, dass es so etwas in deinem Land nicht gab, heißt das nicht, dass es nicht doch geschehen ist“, meinte er und presste seine Lippen aufeinander. Es schien als wollte er nicht verstehen, was ich meinte. Doch es war schließlich auch das Weltbild mit dem er aufgewachsen war. Ich konnte nicht verhindern, dass ein spöttisches Lachen aus meinen Lippen kam. Wie naiv sah er mich eigentlich? Den Kopf schüttelnd betrachtete ich meinen Mann und erwiderte: „Das glaubst aber auch nur du. Denkst du wirklich, dass ich blindlings durch die Welt laufe? Nein! Tue ich nicht. Ich weiß, dass so etwas überall vorkommt auch in meiner Heimat. Auch dort gibt es Frauen die geschlagen werden und vielleicht auch Frauen selbst zuschlagen. Doch wenn so etwas in meiner Heimat geschehen wäre, auf offener Straße, hätten sich Menschen eingemischt! Und ja ich weiß, dass es sicher nicht alle getan hätten! Aber es hätten nicht alle weggeschaut.“ Nachdenklich strich sich mein Mann durch seinen Bart und blickte mich einfach nur an. Neutral und ohne, dass ich mir vorstellen könne, was in seinem Kopf vor sich ging. Ich hasste es, dass ich ihn in solchen Momenten immer noch nicht einschätzen konnte. Ich wusste nicht weswegen sich seine Brauen zusammen zogen. Was er nachdenklich? Oder doch eher ein Zeichen des Zornes? „Irgendwer muss ja anfangen hier mal etwas zu verändern…“, meinte ich in die aufkommende Stille hinein, denn gerade empfand ich sie als äußerst unangenehm, „Und wenn du es nicht tust, dann muss ich es ja machen. Willst du wirklich, dass Lillie verheiratet wird und dann so ein Leben führen muss?“ Starr fixierten mich die Augen meines Mannes und Kopfschüttelnd meinte er: „Als ob Lillie verheiratet wird!“ Ein spöttisches Lachen entkam meinen Lippen und ja, vermutlich war es nicht nett. Doch Nettigkeit war gerade auch nicht angebracht. Ich wollte und musste mich einfach verteidigen! Zu sehr fühlte ich mich in die Ecke gedrängt. Zudem wirkte es fast schon ein wenig naiv was Ragnar da sagte. „Wieso nicht? Weil ihr hier was gegen arrangierte Ehen habt? Was ist, wenn Ulveig meint, dass dies eine tolle Idee sei? Du hast doch schließlich auch mitgemacht! Du hast mich auch nur geheiratet, weil du musstest“, fuhr ich ihn gereizter an als ich es eigentlich wollte. Vielleicht war es unfair und doch fand ich es nicht. Er redete sich alles schön, in meinen Augen und es war nicht schön! Nur weil es gesellschaftlich akzeptiert wurde war es nicht schön was hier geschah! Natürlich könnte Lillie genau so etwas passieren! Wieso sollte es auch nicht so sein? Und natürlich könnte ihr dasselbe Schicksal zu teil werden, wie der Frau heute vom Markt. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief und beruhigend durch. Ja, auch ich stellte meine Heimat des Öfteren auf ein Podest und doch schaffte ich es auch einen ehrlichen und klaren Blick auf mein Land zu werfen. Es war nie alles Gold was glänzt. In keinem Land. Nirgendwo und auch hier nicht. Genauso, wie hier nicht alles schlecht ist. „Lillie ist selbstbewusst genug, sich dagegen zu wehren“, meinte Ragnar eisern und schien nicht zu verstehen, was ich meinte. Vielleicht wollte er es auch einfach nicht. Vermutlich war es auch Selbstschutz. Ein trauriges Lächeln umspielte meine Lippen. Kurz betrachtete ich den Boden und meinte: „Und? Das dachten sich sicher einige Frauen. Glaubst du, man bleibt selbstbewusst, wenn man geschlagen wird im Haus. An einem Ort, wo man sich sicher fühlen sollte. Glaubst du, man bleibt die gleiche Person, wenn man vergewaltigt wird? Egal, wie selbstbewusst man ist, das geht nicht einfach an einem vorbei. Das Gefühl der Hilflosigkeit ist sicher schrecklich und wenn dann jemand auch in der Öffentlichkeit so behandelt wird und niemand hilft einem, ist das einem auch noch peinlich! So etwas würdest auch du nicht aushalten Ragnar! So etwas würde auch ich nicht aushalten!“ Nachdenklich verschränkte mein Mann die Arme vor der Brust und zog an seinem Bart. Strich sich fast schon wirsch dadurch. Ich war mir unschlüssig was dies zu bedeuten sollte. Zumeist dachte er dann nach. Doch worüber er jetzt nachdachte konnte ich nicht sagen. „Ich glaube trotzdem nicht, dass du alleine die Gesellschaft ändern kannst“, raunte er und ging an mir vorbei. Er zog sich das weiße Leinenhemd aus und schmiss es einfach ins Schlafzimmer. Vermutlich war es auch vom Regen durchnässt. „Vielleicht nicht alleine“, meinte ich und drehte mich meinem Mann entgegen und folgte ihm mit den Augen, „Aber vielleicht mit einem der beliebtesten und stärksten Kriegern an meiner Seite?“ Überrascht drehte sich mein Mann um und blickte mir fast schon entsetzt in die Augen. Langsam schüttelte er den Kopf. „Vergiss es“, meinte er abweisend und trat tatsächlich einen Schritt zurück, „Da will ich mich nicht einmischen. Es interessiert doch eh keinen hier.“ Zornig verengten sich meine Augen zu Schlitzen. Ich hasste es, was er da sagte. Wieso musste er so häufig so stur sein? „Wieso kannst du nicht einfach bedingungslos auf meiner Seite stehen?“, fragte ich leise und ohne Wut oder Zorn in meiner Stimme sprach ich ihn an. Vielleicht schwang die Enttäuschung in meiner Stimme mit und ein wenig unsicher schien der Blick meines Mannes zu werden. Wo diese Unsicherheit herrührte, war schwer zu deuten. Vielleicht lag es daran, dass er nie darüber nachgedacht hatte. Doch es waren nur meine Mutmaßungen. „Ähm“, kam es wenig intelligent von ihm, „Weil eine Frau… Weil ein Mensch nicht alles verändern kann“, erklärte er langsam und blickte mich unsicher an. Traurig wurde mein Blick und als ich hinein sah in sein Gesicht schüttelte ich langsam den Kopf. „Nein“, sagte ich ruhig, doch immer noch schwang der Hauch der Enttäuschung in meiner Stimme mit, „Es hat immer einer angefangen und irgendwann werden es mehr… Das war und wird immer so sein. So wie du redest klingt es als müsse sich im Kopf vieler alles zur gleichen Zeit wandeln. Das ist ein utopischer Glaube. Einer muss voran gehen.“ Immer noch mit nackten Oberkörper trat Ragnar zu mir und fragte mich einem Hauch der Verzweiflung in seiner Stimme: „Aber weswegen, musst du das sein?“ „Weil ich es anders kenne“, erwiderte ich mit zwar ruhiger, aber auch eindringlicher Stimme, „ich weiß wie es ist in einem Haus aufzuwachsen, wo das Geschlecht keine Rolle gespielt hat. Ich weiß wie es ist, wenn man auf Augenhöhe wahrgenommen wird und ich will nicht, dass mein Kind in so einer Gesellschaft groß wird.“ Tief und schwer seufzte mein Mann und strich sich mit seinen großen Händen durch das Gesicht. Langsam schüttelte er den Kopf und fragte leise: „Und wie glaubst du, kann ich dir dabei helfen?“ Was genau ihm zum Umdenken bewogen hatte konnte ich nicht einschätzen. Doch es war mir gleich. Nachdenklich runzelte ich die Stirn und sagte nach einem Augenblick: „Wenn du einschreitest, wenn du so etwas siehst. Kein Mensch darf einen anderen unterdrücken oder schlagen. Wenn du siehst, wie das geschieht hört man dir zu, wenn du ein Machtwort sprichst. Und ich kann sicher gut anderen berichten, wie sehr du mir hier zuhause hilfst. Beim Kochen und Aufräumen.“ Entsetzten spiegelte sich auf Ragnars Gesicht wieder und vehement schüttelte er den Kopf. „Nein“, meinte er hastig und trat tatsächlich einen halben Schritt von mir zurück, „Ich… Nein. Einmischen ist sicherlich in Ordnung, aber ich werde nicht… und du auch nicht… Das sieht aus, als sei ich doch kein richtiger Mann!“ Ein spöttisches Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. „Und wieso nicht?“, fragte ich und trat auf ihn zu und tippte gegen seine massive Brust, „Du wirst deswegen keine Größe verlieren. Du wirst immer noch ein Kerl sein… Oder meinst du die Arbeiten sind unter deinem Niveau?“ Sofort nickte er, doch er erkannte selbst beim Nicken, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war. „Oh Frau“, mahnte er mich, „Dreh mir diese Worte jetzt nicht im Mund herum.“ Ich konnte nicht verhindern, dass ein Lachen aus meiner Kehle drang und meine Hände in die Hüfte stemmen, meinte ich: „Du hast sie dir gerade selbst im Mund herumgedreht. Ich will und verlange, dass du mich auf Augenhöhe siehst und meine Arbeit und das was ich tue als ebenwürdig ansiehst. Zudem kannst du wesentlich besser Aufräumen und den Haushalt strukturieren. Du bist ja schließlich auch nicht ohne mich im Chaos versunken. Oder hat deine Mutter deinen Haushalt organisiert?“ Als er langsam den Kopf schüttelte meinte ich ruhiger: „Siehst du…. Da war Aufräumen und so etwas auch nicht unter deinem Niveau. Und du kannst auch sicherer Kochen wie ich. Auch wenn du gerne behauptest du kannst es nicht. Stelle deine Arbeit nicht über die, die man mir aufzwingt und die ich mache.“ Erneut beobachtete ich, wie er sich durch seine Haare strich und erneut ging er in der Wohnstube auf und ab. „Es ist mir aber peinlich“ meinte er nach einem Augenblick in die kurz eingetretene Stille hinein. Langsam nickte ich und trat auf ihn zu. „Ich verstehe dich“, meinte ich leise und ruhig zu ihm, „Doch es war und ist auch für mich schwer. Ragnar, ich habe dir versprochen mir Mühe zu geben und das tue ich und werde ich tun. Aber ich brauch dich auch an meiner Seite. Bedingungslos und aufrichtig.“ Langsam streckte er die Arme nach mir aus und zog mich in eine kräftige Umarmung. „Oh man, Prinzessin“, raunte er und strich mir durch die Haare, „Was machst du nur…. Ich versuche es… Aber kannst du das mit dem Kochen und putzen trotzdem erstmal nicht erwähnen?“ Langsam sah ich hinauf und unsere Augen blickten in die jeweils anderen. Langsam nickte ich und meine Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln. „Na gut, mein Großer“, sagte ich leise und streckte mich zu ihm hinauf und drückte zärtlich meine Lippen auf die Seinen. Es war komisch nach diesem Gespräch mit ihm umzugehen. Denn niemand schien nun genau zu wissen, wie man richtig mit dem anderen umging. Verlegen kratzte ich mich an der Schläfe und sagte zu meinem Mann, er solle sich endlich trockene Kleidung anziehen. Tatsächlich half mir Ragnar bei der Zubereitung des Abendessens und beide hingen wir unseren Gedanken nach. Das Ragnar wahrlich auf meiner Seite war rührte mich. Als ich ihn damals auf der Hochzeit sah, hätte ich es nie für möglich gehalten, wie sehr ich lernen konnte ihn zu schätzen. Nie hätte ich geahnt, was sich hinter der Maske des großen Kriegers verbarg. Meine Augen glitten zu ihm und immer noch wirkte er nachdenklich und vermutlich ging ihm unser Gespräch durch den Kopf. Ob ich ihn wirklich zum Umdenken bewegt hatte, müsste die Zeit zeigen. Doch noch etwas anderes lag auf meiner Seele. Während ich die Kartoffeln schälte und er das Fleisch klein Schnitt fragte ich mich, wie ich ihm sagen sollte, dass er Vater wird. Sagte man es pompös? Oder wie begann man dieses eigentlich so schöne Thema. Zudem war ich mir unschlüssig ob ich es wirklich schon jemanden anvertrauen wollte. Nachdenklich schnitt ich die Schalen ab und erneut schaute ich hoch. Ragnar war fast fertig mit dem Fleisch. Natürlich hatte er ein Recht darauf zu wissen, was vor sich ging. Zudem, hatte er gerade gesagt, dass er mir versucht Bedingungslos zur Seite zu stehen. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippen und meinte nach einem Augenblick: „Ragnar, ich… wir… na ja eigentlich eher ich…. Bin… Ich muss dir was sagen.“ Verwirrt betrachteten mich die Grünen Augen meines Mannes und etwas spöttisch meinte er: „Vielleicht solltest du dir erst überlegen, was du mir sagen willst. Dir fehlen doch sonst auch nie die Worte.“ Er kam zu mir und als er sich neben mich setzte strich er kurz und sanft über meinen Arm, bevor er sich einfach eine Kartoffel nahm und mir half. Unschlüssig beobachtete ich ihn und ein leichtes und vielleicht auch zufriedenes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ohne zu murren oder zu meckern half er mir. Er beschwerte sich nicht über meine Langsamkeit und nach einem Augenblick griff ich nach seiner Hand, welche gerade eine neue Kartoffel greifen wollte. Zärtlich strich ich über die großen Pranken und drückte sie leicht in meiner wesentlich kleineren Hand. „Vielleicht, brauche ich bald noch um einiges häufiger deine Hilfe… Und damit meine ich nicht wegen des Gespräches von vorhin“, begann ich langsam und leise zu sprechen. Ich betrachtete unsere Hände und streichelte weiterhin über seine Handfläche. „Ich… Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll…“, begann ich wieder zu stammeln und blickte endlich hinauf in das Gesicht meines Mannes. Skeptisch war sein Blick und die Frage stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Tief atmete ich durch und meinte nach einigem langen und beruhigenden Atemzügen: „Ich bin schwanger…. Von dir.“ Ich beobachtete, wie sich die Augen meines Mannes weiteten und er mich verblüfft und überrascht musterte. Seine Augen glitten hinab zu meinem Bauch und langsam wieder hinauf in mein Gesicht. Mit weiten Augen betrachtete er mich. Noch einmal glitt sein Blick an mir hinunter und „Wirklich? Also, du bist so richtig schwanger?“ Langsam nickte und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Ich…ich blute nicht mehr und meine Brüste sind größer… Einzig, dass mir morgens nicht schlecht ist fehlt und mein Bauch ist hart…“, meinte ich und sofort wanderten die Augen meines Mannes zu meinem Ausschnitt. Wundern tat es mich nicht. Ein zufriedenes und glückliches Lächeln breitete sich auf dem Gesicht meines Mannes aus und feste und etwas zu energisch zog er mich zu sich. „Das ist klasse!“, meinte Ragnar und drückte mich feste an sich. Er presste mir fast die Luft aus der Lunge und ich lachte leise auf. „Oh Ragnar!“, meinte ich leise lachend und drückte ihn weg von mir um noch etwas Luft zu erhaschen. Liebevoll strich er mir über die Wange und mit warmen Augen betrachtete er mich. „Ich hoffe, dass alles gut gehen wird. Ich freue mich so! Ich liebe dich.“ Er zog mich erneut in seine Arme und drückte seine Lippen feste auf die Meinen. Kapitel 21: Vaterfreuden ------------------------ Ich erwiderte den Kuss und konnte immer noch nicht glauben, was er da gerade gesagt hatte. War es ihm überhaupt aufgefallen? Vermutlich nicht. Liebevoll streichelten seine Hände durch meine langen blonden Haare. Von denen ich wusste, dass er sie mochte. Er liebte mich? Hatte er das ernst gemeint, oder war er so überwältigt von dem was ich ihm sagte. Dass er sich Kinder wünschte war schließlich offensichtlich. So gern wie er Geschichten zum Besten gab und die Zeit mit Svens Kindern verbrachte. Ich wusste es nicht und ich wusste nicht, was ich ihm für eine Antwort darauf geben sollte. Sein Bart kratze mich wieder an meinem Dekolleté. Doch ich kannte es von ihm kaum anders und irgendwie glaubte ich auch nicht mehr daran, dass er den je kürzen würde. Langsam löste ich den sanften Kuss und öffnete meine Augen. Unsere Blicke begegnet sich. Deutlich strahlte mir die Freude entgegen, als ich in die Augen meines Mannes blickte und ich konnte nicht verhindern, dass auch in mir das Gefühl der Freude wuchs. Es war als sprang der Funke auf mich über! „Ich werde Vater“, murmelte Ragnar leise und immer noch sehr glücklich, als könne er es selbst noch nicht glauben. Ein leises Lachen stahl sich von meinen Lippen und ich nickte leicht. Er erinnerte mich gerade an meine kleine Schwester, wenn wir ihren Geburtstag gefeiert hatten. So fröhlich und aufgeregt war er, dass er mich gerade an sie erinnerte. Ragnar sah aus, als könne er die ganze Welt umarmen, als gäbe es nichts Schlimmes und niemand würde uns bedrohen. So sehr schienen ihn meine Worte glücklich zu machen. Hatte ich mit so einer Reaktion gerechnet? Ich wusste es nicht genau. Auf der einen Seite ja und auf der anderen Seite nein. Natürlich war mir bewusst, dass er sich freute, doch nicht, dass seine Freude sich so sehr nach außen hin zeigte. Liebevoll strich er mir über die Wange und streichelte meine Haare. Es folgte ein kratziger, jedoch liebevoller Kuss. „Hey“, meinte ich leise und drückte seine Hand, „sag es noch nicht deiner Mutter. Sie wird mich danach sicher nicht mehr in Ruhe lassen. Und ich weiß nicht, ob ich das gerade brauche.“ Leise lachend nickte mein Mann und zärtlich umrahmten seine großen Hände mein Gesicht. Sanft strichen seine rauen Finger über meine Wange und er drückte seine Lippen liebevoll auf meine Stirn. „Das ist das schönste, was du mir je schenken kannst, Prinzessin“, murmelte er und strich mir erneut sanft durch meine blonden Haare. Ich war dankbar, dass er nicht von mir verlangte ebenfalls zu sagen, dass ich ihn liebte. Möglicherweise war es ihm gerade gar nicht aufgefallen, dass er es gesagt hatte. Doch die Wärme die sich in mir ausbreitete, als er zeigte wie sehr er sich freute war unbeschreiblich. Sie drang in jede Faser meines Körpers und hinterließ ein wärmendes und einladendes Gefühl. Es war ein neues und für mich kaum zu beschriebenes Glücksgefühl. Mir wurde bewusst, dass ich mit dieser Situation nie alleine sein würde. Er würde mir mit dem Kind helfen und mich nicht damit alleine lassen. Etwas was mir so wichtig war, denn natürlich hatte ich auch Angst. Doch wie er mich so freudestrahlend betrachtete, wusste ich, dass ich diese bei Ragnar nie haben brauchte. Meine Augen begangen zu tränen und noch bevor ich meine Hand heben konnte, wischte er sie weg. „Ich hoffe, dass das Freudentränen sind“, meinte er sanft und zog mich in eine warme und so wohltunende Umarmung. Gefühlvoll streichelte er mir über den Rücken und liebevoll glitten seine Hände mir immer wieder durch die Haare. „Ja“, murmelte ich leise und lehnte meinen Kopf an seine Schulter, „Ich hab… nie damit gerechnet… Nicht so jedenfalls“ Mir fehlten die Worte und ich musste meine Gedanken ordnen. Selten kam es vor, dass mir die Worte fehlten. Doch ich ließ einfach das Herz sprechen und nicht den Kopf. Er hatte es verdient. Ich drückte mein Gesicht an seine Brust und wich seinen Augen aus. Wenn sich unsere Blicke getroffen hätten, hätte ich vermutlich nicht weiter sprechen können. Warum genau, hätte ich nicht erklären können. „Ich hatte nie gedacht, dass du so wirst… Das du mir wichtig wirst und das bist du, Ragnar. Du bist mir wichtig geworden und… Ich möchte, dass wir uns verstehen. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber ich habe wahrlich gelernt, dich zu lieben“, murmelte ich und schlang meine Arme um seinen Körper, „Kannst du dir das vorstellen? Nachdem wie wir uns am Anfang benommen hatten? Wo wir uns beide nur angeschwiegen hatten? Wo wir uns beide am liebsten gar nicht anschauen wollten? Und jetzt kann ich meine Tränen vor Glück kaum zurückhalten, weil ich unser Kind unterm Herzen trage. Das man so etwas wirklich lernen kann. Jedoch möchte ich, dass du mir zur Seite stehst, denn ich schätze dich so sehr. Deine Art und wie du denkst. Ich… Ich will nur einfach wirklich, dass du mich ebenwürdig siehst… Vor allem jetzt wo ich schwanger bin, ist es mir so wichtig.“ Ich wollte weiter reden, doch mein Mann unterbrach mich. Erstaunlich liebevoll legte er einen rauen Finger auf meine Lippen und stoppte meinen Redefluss. „Thalia, ich kann nicht versprechen, dass ich immer so sein werde, wie du mich gerne hättest. Noch kann ich dir versprechen, dass ich dir nie wiederspreche oder wir immer eine Meinung sind. Wir sind beide solche Sturköpfe… Aber ich verspreche dir wirklich, dass ich lernen werde, dich als gleichberechtig zu sehen. Ich verspreche dir, dass ich dir Glauben schenken werde und ich werde dich und unsere Familie immer beschützen. Sei nur nicht sauer, wenn es nicht immer sofort klappt wie du es dir wünscht, Prinzessin. Doch nichts wird je wichtiger sein als das hier“, meinte er mir ehrlicher und aufrichtiger Stimme und legte seine Hand auf meinem Bauch. Liebevoll strich er dort drüber. Ich genoss diese sanften Berührungen und liebevoll sanft ich meinen Mann an. Vermutlich hatten wir einander noch nie so angeschaut. Doch es war mir gerade vollkommen gleichgültig. Ich glaubte ihm seine Worte und konnte nicht anders als erneut mein Gesicht an seine Brust zu drücken. Es war wie ein Befreiungsschlag und tat unendlich gut, sowas zu hören. Er stand bedingungslos an meiner Seite und ich spürte, wie sehr ich diesen Halt brauchte. Zu sehr hatte ich das Gefühl hier in Angst leben zu müssen. Sanft strichen seine Hände über meinen Rücken und liebevoll fuhr er durch meine blonden Haare. „Bitte vergiss unter all der Freude dein Versprechen nicht“, meinte ich und dachte daran, dass er versprochen hatte mir zur Seite zu stehen. „Ich möchte kein Kind, oder sagen wir besser Mädchen bekommen und sie in eine Gesellschaft entlassen die von Ungerechtigkeit und Gewalt geprägt ist.“ Überrascht sah mich Ragnar an und es schien, als verstand er was ich ihm sagen wollte. Jedenfalls glaubte ich dies. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er wollte, dass unserer Tochter, sollte es denn ein Mädchen werden, so etwas passierte. Das jemand sie schlug und vor den Augen anderer niedergemacht wurde. Vermutlich würde dieser Mensch es nicht mal überleben, so wie ich meinen Mann kennen gelernt hatte. Doch so weit waren wir noch lange nicht. Ragnar nickte leicht und erneut legten sich seine Lippen auf die Meinen und liebevoll küsste er mich erneut. Sie schienen ihn in den letzten Sekunden nahezu magisch anzuziehen. Kräftig zog er mich in seine Arme und drückte meinen zierlichen Körper an seine kräftige Brust. Immer wieder schoss mir durch den Kopf, wie sehr es mich überraschte, dass er sich so offensichtlich freute. Natürlich war ich davon ausgegangen, dass er sich freuen würde, doch nicht so. Ich dachte, er würde losziehen und auf das Ungeborene anstoßen. Sich vielleicht betrinken. Sanft löste er sich von mir und erschrocken zuckte ich zusammen, als er eine Hand auf meinen Busen legte und leicht zudrückte. Schließlich hatte ich damit gerade nicht gerechnet. Perplex sah ich ihn an und er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Stimmt, sie sind wirklich größer geworden“, murmelte er und zufrieden blickten mich seine eigentlich grünen Augen an. Denn im Dämmerlicht des Hauses wirkten sie dunkler als sie waren. Ein leises Lachen entwich meiner Kehle und ich schlug ihm gegen den Arm. „Die sind empfindlich, lass das!“, forderte ich ihn auf und grinste ihn leicht an. Es fühlte sich herrlich an, mit ihm herumzualbern. Und genau so sollte es für mich sein, wenn man verliebt war. Man sollte unbeschwert miteinander umgehen können. „Oh nein“, murmelte er deutlich und ruckartig zog er mich erneut in eine Umarmung, „Du glaubst doch nicht, dass ich dich jetzt in Ruhe lasse?“ Erschrocken schrie ich auf, als er mich plötzlich packte und einfach, wie ein kleines Kind, über die Schulter warf. Ich begann zu lachen und trommelte mit meinen Händen auf seinem Rücken herum. „Lass das“, brachte ich lachend hervor und mühelos trug mich mein Mann zum Schlafzimmer. Ich spürte und hörte wie er lachte und er schlug mir feste, aber nicht schmerzvoll, auf mein Gesäß. „Vergiss es, Prinzessin“, lachte er und schwungvoll landete ich in den Fellen auf dem Bett. Noch bevor ich mich sortieren konnte war Ragnar über mir und überfiel meine Lippen. Ich keuchte in den Kuss und schnell musste ich ihn lösen, denn ich brauchte dringend Sauerstoff. Sein Bart kitzelte meinen Hals und seine Lippen und Zähne begangen daran zu knabbern. „Willst du wirklich jetzt mit mir schlafen?“, fragte ich leise aufkeuchend und merkte deutlich, dass sich eine Gänsehaut meinen Körper hinaufkroch. Er löste sich leicht von mir und betrachtete mein Gesicht. Selten hatte ich ihn so gelöst gesehen wie in diesem Augenblick. „Wieso nicht, noch schwangerer kannst du nicht werden“, argumentierte er und ließ mich leise auflachen. Ich konnte nur den Kopf über diese Aussage schütteln und offen blickte ich ihn an. Zärtlich strich er mir durch die blonden Haare und noch bevor er etwas sagen konnte beugte ich mich zu ihm und legte meine Lippen auf die Seinen. Es war kein Kampf den unsere Zungen fochten. Es schien eher ein Tanz und leise und keuchend musste ich nach einigen Augenblick den Kuss lösen. Frech biss ich ihm auf die Lippen und ein lustvolles Geräusch entwich seiner Kehle und er stützte sich auf meiner Schulter ab. Als er sich über mich beugte schaffte ich es nicht, unser beider Gewicht zu halten und wir landeten wieder vollends in den Fellen. Ragnar rollte sich neben mich und zog mich zu sich. Es war anders als sonst, weit weniger schnell, sehr sanft und liebevoll. Ragnar zog mich zu sich auf seine Hüfte und bereitwillig folgte ich. Versuchte, jedes Gefühl in mich aufzunehmen und ich glaubte, dass ich nie bewusster bei ihm lag. Liebevoll umspielten unsere Zungen einander. Meine Hände krallten sich in die roten Haare Ragnars und zufrieden schloss ich die Augen. Sein Geschmack und sein Geruch benebelten meinen Verstand. Und ich glaubte es nie deutlicher gespürt zu haben, als in diesem Augenblick, dass ich ihn liebte. Wir öffneten gleichzeitig die Augen und sein sattes Grün traf auf mein Blau. Seine große Hand griff nach meinem Hinterkopf und zog ihn wieder hinab. Leidenschaftlich war der Kuss und doch liebevoll. Sein Bart kratze meine Lippen und zufrieden schloss ich meine Augen. Ja, ich hatte mich daran gewöhnt, auch wenn ich immer noch hoffte, dass er ihn irgendwann kürzte. Auch meine Hände umschlangen seinen großen Kopf und ich keuchte leise auf, als er mich näher an sich drückte. Langsam löste er sich von mir und ich richtete mich auf. Sein Blick glitt zu dem Kleid welches mich kleidete und er brauchte nichts zu sagen, ich verstand ihn auch so. Vergessen war der Streit bei seiner Ankunft, es war als läge dieser Wochen zurück. Als seien es mehrere Tage gewesen und nicht wenige Stunden. Und auch das Essen schien gerade niemanden zu interessieren. Ich musste das Bett verlassen und zog das Kleid aus, noch bevor ich es neben das Bett werfen konnte strichen seine großen Hände über meinen Busen. Wann er sich aufgesetzt hatte, hatte ich gar nicht mitbekommen. Zufrieden grinste er mich an und kniff frech hinein und ließ mich kurz schmerzvoll aufstöhnen. „Pass auf“, beschwerte ich mich leise und beugte mich wieder zu ihm hinunter, „Die sind verdammt empfindlich sag ich dir…“ Schmunzelnd betrachtete mich mein Mann und erneut glitten seine Hände darüber. „Hm… Ich weiß, dass hat mir Sven erzählt, als Sontje schwanger war…“ Kopfschüttelnd betrachtete ich den Mann unter mir und brachte nur kopfschüttelnd hinaus: „Ich will glaube ich gar nicht wissen, was du und Sven so alles besprecht.“ Ein tiefes und kehliges Lachen entkam seinen Lippen. Als er wortlos die Arme hob, zog ich ihm das frisch angezogene Oberteil aus. Es landete bei meinem Kleid, doch ich achtete nicht darauf. Meine Augen glitten über die Tattoos, welche mir eigentlich schon immer gefallen hatten. Auch wenn ich es früher nie gesagt hätte. Immer noch stand ich nackt vor dem Bett, denn ich wusste, dass er es mochte mich zu betrachten. Und anders als früher fühlte es sich nun alles andere als unangenehm an. Eigentlich, fand ich es sogar erregend, wie seine grünen Augen über meinen Körper glitten. Ragnar ließ seine Finger vorsichtig, als wäre ich aus Glas, über meinen Körper wandern, folgte mit der Hand den Augen. Er streichelte sanft über meinen Rücken, kitzelte mich fast ein wenig. Ich war etwas enttäuscht, als seine Hände von meinem Körper verschwanden, doch ich beobachtete, wie er sich seine Hose auszog. Gerade, als ich wieder zu ihm kommen wollte, hielt er mich auf. Gierig war sein Blick. Weder wich ich seinem Blick aus, noch spürte ich, dass ich rot wurde. Es erregte mich wirklich, wie er mich lüstern betrachtete und ein süffisantes Grinsen war auf seinen Lippen deutlich zu erkennen. „Meine wunderschöne Frau“, murmelte Ragnar und strich über meine Hüfte. Er fuhr langsam die Taille hinauf und strich über meinen Busen. Frech zwirbelte er die Brustwarzen und ließ mich so leise aufstöhnen. Sie waren wirklich sehr empfindlich! Doch deutlich spürte ich auch die Lust, welche dieser Mann gerade in mir auslöste. Während ich Ragnar aus lustverschleierten Augen betrachtete, lächelte ich leicht und strich über seinen Bauch und seine Seite. Fuhr mit den Fingern die kunstvollen Zeichnungen auf seiner Haut nach. Er strahlte eine solche Wärme aus! Ihn nach hinten drückend setzte ich mich wieder auf seine Hüfte und er ließ mich gewähren. Ich liebte es, dass er so kräftig war! Meine Finger glitten sanft über seinen Bauch, von welchem ich nur schwer die Finger lassen konnte. Ich merkte, wie sich eine Gänsehaut bildete und lächelte leicht, als ich sie betrachtete. Schließlich war er mein Mann. Nach einem Moment beugte ich mich langsam runter und küsste seinen Hals. Zärtlich biss ich leicht hinein, während ich sanft seinen Oberkörper hinaufstrich. Ich streichelte mit der Hand über seine muskulöse Brust. Zufrieden hörte ich Ragnar aufstöhnen. Er verstärkte den Druck auf meinen Körper und drückte mich nah an sich ran. Meine Mitte an ihm reibend stöhnte ich leise und lustvoll auf. Es steigerte meine Begierde nach ihm. Sein Geruch und sein Geschmack raubten mir immer mehr den Verstand und ich spürte meine Erregung deutlich zwischen meinen Beinen. Doch auch Ragnars Lust wuchs deutlich. Das Wissen geliebt zu werden ließ diesen Akt anders sein, als die zuvor. Intensiver und leidenschaftlich, doch auf eine gänzlich andere Art. Seine großen und eigentlich rauen Hände strichen erneut über meinen Rücken und blieben an meinem Gesäß hängen. Diese Sanftheit war eine Wohltat für meine Seele. Ich schloss die Augen und genoss jede seiner Berührungen. Ich keuchte auf, als er fester zupackte und biss ihm aus Strafe in den Hals. Mich aufrichtend meinte ich leise und mit lustvoller Stimme: „Vielleicht solltest du wieder ganz auf das Bett rutschen?“ Ragnar schmunzelte und noch bevor ich mein Gewicht von ihm nehmen konnte, hatte er sich ein Stück hinaufgeschoben. Ich konnte nur den Kopf darüber schütteln und grinste leicht. Ohne zu viel darüber nachzudenken beugte ich mich runter zu seinem Glied und nahm es in den Mund. Ich hatte es sehr selten so gemacht. Doch ich hatte gehört, dass viele Männer dies mochten und ich wollte meinem eigenen Mann diese Art der Lust durchaus bescheren! Laut und überrascht keuchte mein Mann auf und seine Hände verkrampften sich in meinen Haaren. Jedoch ich fand es komisch, allerdings freute ich mich mehr über die Reaktion meines Mannes, denn ich wurde mit einem lauten Stöhnen belohnt. Nicht so viel denken, Thalia, mahnte ich mich selbst in Gedanken. Ich wusste nicht, ob ich es mochte oder nicht. Doch während meine Zunge über sein erigiertes Glied fuhr spürte ich wie Ragnar sich stöhnend unter mir aufbäumte. Seine Hände krallten sich in meinen blonden Schopf. Tief und laut keuchte er auf und murmelte Worte, welche ich gerade nicht verstand. Diese Reaktion war es mir wert gewesen. Und irgendwie erregte mich das Wissen, welche Lust ich diesem Mann gerade bescheren konnte. Das Stöhnen wurde lauter und so intensivierte ich meine Arbeit mit der Zunge. Und ich merkte, wie ich sicherer wurde. Ich fuhr die Länge seines Schaftes nach und leckte die ersten Lusttropfen an seiner Spitze weg, welches ihn erzittern ließ. Ich merkte, wie er zuckte und es steigerte meine Lust! Nie hätte ich gedacht, dass ich selbst dabei etwas wie Lust empfinden würde. Die Leidenschaft, die er gerade spürte, bescherte ich ihm! Und dieses Wissen ließ mich vollkommen vergessen, dass ich es eigentlich nicht so sehr mochte! Ihn wahnsinnig zu machen, erfreute und erregte mich gleichermaßen! Plötzlich spürte ich, wie mich Ragnar rückartig nach oben zog. Und ich folgte seiner Führung, denn gegen seine Kraft hätte ich nicht entgegen setzen können. Keuchend lag er unter mir und seine Augen betrachteten mich hungrig. „Setzt dich drauf!“, verlangte er und selten hatte ich ihn so gierig sprechen hören. Bestimmend griff er nach meiner Hüfte und drückte sie an sein erigiertes Glied. Nie hatte er sich so wenig unter Kontrolle, während ich noch Herr aller meiner Sinne war. Er setzte sich auf und dirigierte meine Mitte auf die Seine. Laut stöhnte ich auf, als sich sein Glied in mir versenkte und auch Ragnar keuchte erregt auf, es wirkte fast schon erleichternd. Ich musste meine Beine weiter spreizen, denn Ragnar drückte sich weiter in mich hinein. Ich klammerte mich an ihm fest und roch den Geruch seines Körpers und spürte den langen Bart, welcher frech über meine Brust strich. Ich kratze ihn an der Schulter und stöhnte leise in sein Ohr. Er drückte meine Hüfte an die Seine und als er tatsächlich seine Hüfte bewegte keuchte ich überrascht auf. Denn ich hatte nicht erwartet, dass er dies in der Position schaffte. „Oh. Beweg dich, Prinzessin! Mach endlich“, verlangte er bestimmend und ließ sich nach hinten auf die Felle fallen. Gierig glitten seine Augen an meinem Körper entlang und zufrieden schloss er die Augen, als ich meine Hüfte bewegte. Ich ließ langsam meine Hüfte kreisen und stützte mich auf Ragnars Brust ab. Doch es schien, als reichte es ihm gerade nicht. Seine großen Hände legten sich um meine Hüfte und drückten sie tiefer und fester hinunter. Laut stöhnte ich auf und drückte meine Mitte an die seine. Ich hörte ihn stöhnen und immer noch führte er meine Bewegungen. Er bestimmte das Tempo in dem ich mich bewegen durfte. Wäre es nach mir gegangen, würde ich langsamer werden. Ich drückte mich an ihn und stöhnte leise auf, als ich seine Größe in mir fühlte. Er ließ meine Hüfte nicht los und erst nach einem Moment strich mir über meine Seite. „Oh ja“, murmelte er und ich hörte, wie zufrieden er klang. Unsere Blicke trafen sich. Die Lust war deutlich in seinen Augen zu sehen. Ich drückte meine Lippen auf die Seinen und als er mich erneut tiefer auf sein Glied zog stöhnte ich laut in den Kuss hinein. Immer wieder bewegte ich meine Hüfte und stöhnte selber immer lauter auf, als er ebenfalls zustieß. Ja, die Lust hielt meinen Gatten feste im Griff. Er drückte meinen Oberkörper weg von sich und während ich mich aufrichtete strich er über meinen Busen. Immer wieder knetete er ihn und brachte mich so noch mehr zum Stöhnen. Erschrocken keuchte, oder besser gesagt quiekte, ich auf, als Ragnar eine meiner Brustwarzen zwischen seinen Fingern zwiebelte. Zufrieden grinste er mich an, als er meinen Laut hörte und als ob er sich entschuldigen wollte, streichelte er danach fast schon sanft die Stelle. Ich spürte wie er begann zu zucken und wusste, dass er nicht mehr lange würde durchhalten können. Ihm schien dies ebenso bewusst zu sein. Denn plötzlich richtete er sich etwas auf und strich mit seinen Fingern gezielt über meine Klitoris. Dieser Reiz war so plötzlich gekommen und kam für mich und meinen Körper so unvermittelt, dass sich alles begann in mir zusammen zuziehen. Ich schrie meine Lust heraus und spürte, wie sich mein Inneres um sein Glied zusammenzog. Ich klammerte mich an ihm feste und mein Körper zuckte, als wollte er diesen Mann gerade nicht mehr hergeben. Sein vertrauter und geliebter Geruch war überall und schien das Geschehen noch intensiver zu machen, als es ohnehin war. Ich fühlte, wie er seinen heißen Samen in mich spritze . Und schaffte es gerade nicht mich von ihm zu lösen. Ich hörte meinen Puls in meinen Ohren rauschen und auch Ragnar atmete schwer und strich immer wieder über meinen nackten Rücken und drückte mich feste auf seinen Schoß. Auch er rang nach Luft und als wir uns beide beruhigt hatten blickten wir einander in die Augen. Immer noch war unsere Atmung schwer und liebevoll küsste er meine Lippen. „Ich bin…irgendwie erleichtert, wie das Schicksal uns zugespielt hat“, murmelte ich leise und stumm nickte mein Mann nur. Liebevoll zog er mich von sich runter und ich spürte deutlich, was wir gerade getan hatten. Doch es war mir gerade nur Recht. Nackt und verschwitzt lag ich in seinen Armen und sanft streichelte er meinen Nacken. Seine Fingerspitzen glitten liebevoll über meinen Hals und strichen sanft über meine Taille bevor sie auf meinem Bauch zum Stillstand kamen. „Wenn du uns später dabei störst wirst du sehr oft bei deinen Großeltern sein“, murmelte er leise und legte seine große Hand auf meinen noch recht flachen Bauch. Leise und erschöpft lachte ich auf und schüttelte nur den Kopf darüber. „Ach Ragnar“, murmelte ich leise und musste schmunzeln, als ich seine Worte hörte. Doch er lachte nur und sanft zog seine Hand mein Gesicht zu seinem. Ich dachte, dass er mich küssen wollte, doch er tat es nicht. Er betrachtete mich einzig stumm und strich leicht über meine Wange. „Ich hoffe, dass das Kind deine Augen hat… und hast du es ehrlich gemeint, als du sagtest, du hast mich lieben gelernt?“, wollte er leise und sehr ruhig wissen. Überrascht sah ich ihn an. Ich war verwundert darüber, dass er mich dies fragte. Er hatte seine Worte wirklich nicht mitbekommen. Doch irgendwie, wenn ich darüber nachdachte, verwunderte es mich auch nicht mehr. Ich schmunzelte leicht und überwand die letzten Zentimeter zwischen uns. „Ich hätte nie gedacht, dass das alle so passiert, wie es jetzt passiert ist“, erwiderte ich murmelnd als ich den sanften Kuss löste. „Ich liebe dich, Prinzessin“, sagte er und streichelte mir sanft über den nackten Rücken. Erneut bildete sich eine Gänsehaut auf meinen Körper und ich drückte mich nah an meinen Mann. „Ich liebe dich auch…. Und wie sieht es aus mit dem Bart… wird der vielleicht doch noch etwas kürzer? Damit er mir beim Küssen nicht immer auf der Brust kitzelt?“, fragte ich schmunzelnd und zog an dem langen roten Ungetüm. Ein undefinierbarer Laut entkam Ragnar Kehle und ich sah, wie er genervt die Augen verdrehte. Doch es störte mich nicht und leise lachte ich auf, als ich diese Geste sah. Etwas wandelte sich zwischen uns. Das Wissen, dass die Liebe auf den unterschiedlichsten Wegen zu einem finden konnte, war erstaunlich. Nie hätte ich es für möglich gehalten diesen rauen Mann aus dem Norden zu lieben, doch es war so. Viel mehr, als ich es geahnt hatte, unterstütze er mich. Er half mir dabei, organisierter an dem Haushalt zu arbeiten. Morgens, bevor er seinen Pflichten nachkam, half er mir im Stall bei den Tieren. Es war ihm wichtig mir zu helfen. Er ließ mich nicht alleine. Das Schicksal meinte es zwar nicht gut mit mir und doch war ich nun froh, wie es gekommen war. Ich liebte diesen Mann, meinen Mann. Und er hielt alle seine Versprechen. Und immer mehr versuchte er mir zu gefallen. Als er eines Morgens aus dem Waschraum kam traute ich meinen Augen nicht. Zwei drei Mal musste ich hinsehen und konnte es doch nicht fassen. Er hatte den langen roten Bart, das Ungetüm, deutlich gestutzt. Ein Vollbart zierte sein kantiges Gesicht. Er sah nicht mehr aus wie ein Barbar, sondern viel mehr wie ein Holzfäller. Sein Bart wirkte gleich viel gepflegter. Da sein Bart nun nicht mehr geflochten war sah auch sein Gesicht viel weniger schmal aus. Es gefiel mir sofort besser. Unschlüssig schien sich mein Mann über das Kinn zu streichen und noch bevor er etwas sagen konnte sprach ich mit ehrlicher Stimme: „Es sieht so schön aus. So viel weniger…. Wie ein Barbar. Das gefällt mir, Ragnar!“ Seine grünen Augen glommen zu mir und unschlüssig sah er mich an. Er schien nicht zu wissen, was er sagen sollte und als ich ihn liebevoll umarmte schlugen sich seine kräftigen Arme um meinen Körper. „Das ist nur wegen dir so, Prinzessin“, murmelte er leise und seine großen Hände glitten durch meine blonden Haare. Es war wundervoll zu sehen, wie wir immer mehr Schritte aufeinander zu traten und auch ich machte welche. Denn irgendwie wollte ich ihm gefallen. Und als Ragnar von einem regnerischen und Tag nach Hause kam hatte ich ihm ein Bad eingelassen. Auch wenn diese Arbeit sehr anstrengend war. Ich wollte ihm einfach einen Gefallen tun. Und als er mich mit in die Wanne zog waren es seine Hände, welche nicht auf meinem Körper zur Ruhe kamen und ich genoss jede einzelne Berührung meines Mannes. Als ich wenige Tage nach dem Vorfall auf dem Markt die Frau erblickte welche von ihrem Gatten so zugerichtet wurde, begleitete mich mein Mann zu ihr. Was Ragnar mit dem Mann gemacht hatte oder ob er nichts getan hatte interessierte mich nicht und so fragte ich auch nicht nach. Ruhig sprachen wir mit ihr und ich gab ihr den ehrlich und aufrichtig gemeinten Rat, den Mann zu verlassen. Bedingungslos half er mir, wie er mir versichert hatte. Auch Ragnar redete ihr zu und ich war überrascht, wie loyal er sein Versprechen hielt, mir zu helfen, mir zur Seite zu stehen und als wir langsam durch die Straßen gingen, griff ich nach seiner Hand und zog meinen Gatten liebevoll an meine Seite. „Danke“, murmelte ich leise. Mir war klar, dass ich damit nicht die Welt oder die Gesellschaft hier verändert hatte. Doch man musste einfach anfangen den Weg in die richtige Richtung einzuschlagen! Langsam einen Fuß vor den anderen zu setzen um nicht zu sehr ins Stolpern zu geraten. Und ich hoffte, dass wir nun langsam den richtigen Kurs eingeschlagen hatten. Kapitel 22: Worte aus der Vergangenheit --------------------------------------- Ich war dankbar, dass Ragnar das Geheimnis meiner Schwangerschaft für sich behielt. Doch ich wusste, dass ich es nicht mehr lange geheim halten konnte. Die Zeit ließ sich schließlich nicht anhalten, so gerne ich es auch tun würde. Doch es war schön, zu wissen, dass wir dieses noch so kleine und eigentlich so große Geheimnis nicht herum erzählten. Seit Ragnar von meiner Schwangerschaft wusste, war er so vorsichtig mit mir, dass ich ihn oft genug daran erinnern musste, dass ich nicht krank sei. Es war schon erstaunlich welche Wirkung dieser Umstand auf ihn hatte. Dieser kräftige Hüne, dem seine eigene Ehre eigentlich so wichtig war, war wie ausgewechselt. Als ich einmal stöhnend und ächzend den Wäschekorb trug nahm er ihn mir einfach ab. Er trug ihn dorthin, wo ich immer die verdammte Wäsche machte und blieb bei mir. Er half mir nicht beim Waschen, doch er setzte sich entspannt zu mir und während ich die Klamotten reinigte plauderten wir einfach über Alltägliches. Und auch auf dem Rückweg nahm er mir den schweren Korb ab. Liebevoll und dankbar lächelte ich ihn an und gemeinsam schlenderten wir wieder nach Hause. Seit ich auf die Jagd gegangen war spürte ich, dass sich etwas gewandelt hatte. Einige der älteren Frauen, zumeist im Alter meiner Schwiegermutter, mieden mich. Sie waren nicht klug genug, ihre Blicke zu verbergen und oft bemerkte ich sie als sie ihre Gesichter wegdrehten. Ich fand es albern, denn es war nur ein einziges Mal gewesen und eigentlich nicht schlimm. Manche Menschen taten so, als habe ich etwas so verbotenes getan, dass es besser wäre mich nie wieder anzusprechen. Lillie, Sontje und ich alberten herum deswegen. Auch wenn Sontje nicht verstand, weswegen ich das Jagen so toll fand. Als ich versuchte es ihr zu erklären, dass es toll sei alleine mit sich zu sein, um die Stille zu genießen und den eventuellen Anflug von Euphorie, wenn man es schaffte etwas zu erlegen erklärte sie lachen: „Also wenn ich sowas haben möchte, dann gehe ich an kalten Tage in den Badezuber mit einem guten Buch. Und wenn nicht gerade Sven zu mir steigt und mir ein viertes Kind gemacht hätte, hätte ich solche Augenblicke noch wesentlich öfter haben können.“ Sie lachte und erst nach einem Augenblicke schaffte ich es mit einzustimmen. Denn es waren mir eindeutig zu viele Informationen, nach denen ich gar nicht gefragt hatte. Und doch fand ich es irgendwie amüsant. „Jeder hat seine Methode sich zu entspannen. Und ja ich kann das auch in der Badewanne“, scherzte ich und wir kicherten. Mir taten solche Momente gut und sie ließen das Heimweh in meiner Brust für diesen Augenblick vergessen. Doch je weiter die Zeit voran ging, spürte ich wie sehr ich meine Heimat vermisste. Den Geburtstag meiner kleinen Schwester hatte ich bereits verpasst. Zwar hatte ich ihr geschrieben und doch wäre ich an diesem Tag gerne Gast im Hause meiner Eltern gewesen. Denn es zeigte mir, dass die Welt sich einfach weiterdrehte und sich nach und nach verändert.   Der Herbst schien hier sehr viel schneller einzuziehen wie ich es eigentlich kannte und frustriert betrachtete ich den Regen welcher von den dunklen Wolken auf uns hinab regnete. Die Blätter einiger Bäume hatten sich verfärbt, doch leider waren die Tannenwälder zumeist nur dunkel und ließen die wenigen Laubbäume wie farbenfrohe Punkte erscheinen. Auch die heftigen Gewitter, welche vom Gebirge her kamen, ließen mich das ein oder andere Mal erschrocken aus den Schlaf schrecken. Das Training der neuen Anwärter hatte begonnen und Ragnar kam erst spät abends wieder nach Hause. Ich wusste, dass Lillie keine Zeit hatte, sie war heute mit einer anderen Freundin unterwegs, was genau sie machte wusste ich nicht. Und Sontje musste sich um ihren erkrankten Sohn Merlin kümmern. Gelangweilt ging ich durch das Haus und mein Blick blieb an meinem neuen Bogen hängen. Vor zwei Tage hatte mein Mann ihn mir überreicht. Das Holz war dunkler als das meines alten Bogens und die Sehne war stärker bespannt. Doch er war in meinen Augen einfach wunderbar! Als Ragnar mitbekam, wie sehr ich mich über sein Geschenk freute hatte er mich feste an seine Seite gedrückt und mir versprochen, dass wir gemeinsam auf die Jagd gehen würden.  Doch leider wollte er warten, bis das Kind da war. „Was ist, wenn du vom Pferd fällst“, hatte er gesagt und noch weitere Eventualitäten, welche mich und mein Ungeborenes in Gefahr gebracht hätten. Fassungslos hatte ich ihn angeschaut und konnte nicht glauben, was er da gesagt hatte. Ich nahm das Holz in die Hand, strich liebevoll mit den Fingern darüber und sehnte mich danach wieder jagen zu gehen. Doch leider war das Wetter gerade nicht auf meiner Seite, von meinen Umständen ganz zu schweigen. Ich hoffte, dass ich bald wieder auf die Jagd könnte und meinen Bogen nicht hinterm Haus ausprobieren musste, während meine Schwiegermutter mir und Ragnar missmutig zusah. Doch während ich den Bogen ausprobierte meinte Ragnar plötzlich: „Du bist wirklich gut. Zwar ist die Haltung, wie du den Bogen hältst seltsam, aber du triffst.“ Stolz erinnerte ich mich an diesen Tag zurück und ein zufriedenes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Doch leider ließ das Wetter es nicht zu, dass ich erneut hinter dem Haus trainieren konnte. Auch meine Bücher hatte ich ausgelesen und als ich den Bogen langsam und andächtig wieder wegstellte erinnerte ich mich daran, wie Ragnar mir sagte, dass sein Bruder noch viele Bücher hatte. Belesen soll er gewesen sein. Wenn er wirklich so belesen war, wie Ragnar sagte, würde ich sicher etwas finden, was mich interessiert. Doch leider musste ich dazu in das Haus von Inga. Doch besser das als Langeweile. Schnell ging ich durch den Regen und Klopfte an das Haus meiner Schwiegereltern. Ich hoffte, dass es nicht Inga war, die die Tür öffnen würde. Denn schließlich wohnte hier auch Raik. Doch leider schien dieser Wunsch nicht erhört zu werden. Die beleibte Frau öffnete mir die Tür und blickte mich überrascht an. „Oh Gott Thalia, was treibt dich bei diesem Regenwetter vor die Tür?“, fragte sie und trat zur Seite und ließ mich eintreten. „Hallo“, sagte ich ruhig und höflich lächelte ich meine Schwiegermutter an, „Ragnar sagte mir mal, dass sein Bruder Jari viele Bücher besessen habe. Er hat mir angeboten, diese auszuleihen und zu lesen.“ Ich bemerkte das Stocken in den Bewegungen der Frau, als ich ihren toten Sohn erwähnte. Sie schien damit wirklich nur schwer abschließen zu können. Doch ich war mir nicht sicher, wie ich so etwas verarbeiten könnte, oder ob ich nicht auch an so etwas zerbrechen würde. Seit ich selbst schwanger war, hatte ich ständig selber Angst, dass dem Ungeborenen etwas passieren könnte. Deshalb diskutierte ich auch nicht mit Ragnar, als mir das Jagen wegen der Schwangerschaft verboten hatte. Doch ich zwang mich, nicht so häufig darüber nachzudenken. Während ich Inga betrachtete bemerkte ich, wie sie mit sich rang. Weswegen verstand ich nicht. „Ähm… ja… Natürlich. Aber bringe sie mir unversehrt wieder zurück“, verlangte sie mit versuchter strenger Stimme. Doch es gelang ihr nicht. Dafür klang ihre Stimme zu belegt. Ich nickte nur und folgte ihr durch das Haus. Es war genauso aufgebaut wie das Unsere. Nur lagen überall gehäkelte und bestickte Kissen herum. Basteleien von ihren Kindern standen herum und man bekam den Eindruck, als wolle sie diese Zeit aufbewahren. Als wünschte sie, dass ihre Kinder noch klein seien. Doch ob dies stimmte, wusste ich nicht. Es war einzig meine Vermutung. Neugierig betrachtete ich Ragnars und Jaris altes Kinderzimmer. Zwar war ich schon des Öfteren Gast in ihrem Haus gewesen, doch nie hatte ich einen anderen Raum betreten als den Wohnraum mit der integrierten Kochzeile. Zwei Betten standen nebeneinander, dazwischen stand ein Nachttisch und auf dem die Bücher lagen. Es waren einige und als ich zur Seite sah, sah ich ein ganzes Regal voll mit Büchern stehen. Ja, Ragnar hatte nicht übertrieben. Jari schien wahrlich belesen gewesen zu sein. „Der hat aber wirklich viel gelesen“, murmelte ich und war überrascht, als Inga mir zustimmte. Langsam ging ich die Bücher in dem Regal durch und zog das ein oder andere heraus. Ich hasste es, dass Inga mich nicht in Ruhe schauen ließ. Doch ich vermutete, dass diese Sachen ihr zu wichtig waren, um mich damit alleine zu lassen. Vermutlich war dies alles was ihr von ihrem Sohn geblieben war. Neugierig begutachtete ich die Bücher auf dem Nachttisch und nahm auch davon zwei mit. „Die stammen alle aus Reisen meines Sohnes… Mich wunderte manchmal, dass er überhaupt wiedergekommen ist. So sehr wie er von der Ferne geschwärmt hat.“ Unschlüssig nickte ich, denn ich tat mich einfach schwer, mit dieser Frau zu sprechen, obwohl sie gerade sehr freundlich war. „Vielleicht war er nach langen Reisen auch gerne wieder hier“, meinte ich vorsichtig und drehte mich mit einigen Büchern um. „Vielleicht… Ich habe ihn nie gefragt“, murmelte sie und ging zum Nachttisch. „Hier, Kind“, meinte sie leise und reichte mir ein in rotes Leder gewickeltes Buch, „Das war sein letztes Buch, was er gelesen hat. Ich glaube er hat nicht geschafft es zu Ende zu lesen. Weißt du… manchmal hat er mir einige Geschichten erzählt, aber ich war nie so begeistert von Büchern, auch wenn einige der Geschichten sehr toll klangen…“ Ich nahm das rote Buch entgegen und blickte der Frau in die Augen. Sie sahen zu glasig aus und das war mir irgendwie unangenehm. Unsere Beziehung war nicht intensiv genug, als dass ich sie hätte trösten wollen. Ich biss mir kurz auf die Lippen. Ja vielleicht war es unsympathisch und vielleicht auch unsensibel, doch ich fand nicht, dass ich für Inga die richtige Person war, um über den Verlust zu sprechen. Wir waren einfach in unseren Handlungsweisen und unserem denken zu unterschiedlich. „Ich kann mir vorstellen, wie wichtig dir diese Bücher sind. Ich werde auf sie Acht geben und versuchen sie schnellstmöglich wieder hier hin zu bringen“, meinte ich höflich und nahm das rote Buch entgegen und überrascht stellte ich fest, dass es im Gegensatz zu den anderen Büchern lädiert aussah. Allerdings lenkte Inga mich zu sehr ab, als dass ich darauf achten konnte. Freundlich lächelte sie mich an und nickte kurz. Nachdem ich wieder Zuhause war befeuerte ich den Kamin, denn die Flammen drohten aus zu gehen und als sie wieder hoch loderten ließ ich mich auf einen Sessel nieder. Unschlüssig blätterte ich durch die Bücher durch. Tatsächlich konnte ich einige nicht lesen, da ich die Sprache gar nicht, oder nicht gut genug beherrschte. Hätte ich vorhin mehr Zeit gehabt, hätte ich entspannter nach passenden Büchern Ausschau halten können. Als ich nach dem roten Buch griff, welches auf dem Nachttisch lag und Inga mir gereicht hatte, spürte ich plötzlich, wie etwas schweres Herausfiel und erschrocken stellte ich fest, dass ich nur noch den Roten Einband in den Händen hielt. „Oh verdammt“, entfuhr es mir, als ich die Seiten auf den Boden sah. Schnell hob ich es auf und betrachtete die Seiten und den Einband. Stirnrunzelnd sah ich, dass jemand das Buch entzwei gerissen hatte. Doch weswegen? Vorsichtig legte ich die Seiten wieder in den Einband und bemerkte, dass sie nicht wirklich passten. Die Seiten waren, wenn auch nur wenige Millimeter, zu groß. Kein Buchbinder würde eine solche Arbeit machen. Dieses Buch gehörte eindeutig nicht zum Einband. Sofort schlug ich es auf und erblickte Handgeschriebene Texte. Nicht so ordentlich wie die anderen Bücher und einige Worte waren durchgestrichen worden, auch wenn die Handschrift gut und klar zu lesen schien. Meine Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen, als ich die ersten Seiten des Buches aufschlug. Die saubere und filigrane Schrift ließ sich gut lesen. Ich sah ein Datum und neugierig flogen meine Augen zu dem Text. „27. Tag des vierten Monats Schlechtes Wetter lässt uns nur schwer vorankommen. Truppen sind müde und durch den ständigen Regen sind einige Krank. Auch Ragnar ist erkrankt und jammert viel. Eine harte Erkältung und er tut mir leid. Doch Ulveig zeigt kein Erbarmen. Wenn er nicht bald einsieht, dass es so nicht geht, muss ich mich mit ihm anlegen. Schon drei Leute haben den Marsch durch den nicht aufhörenden Regen nicht überlebt. Ich habe Sorge, dass mein Bruder noch kränker wird. Wenn Mutter das wüsste, würde sie durchdrehen…. Ich kenne sie und höre in Gedanken schon ihre schimpfende Stimme, dass ich auf ihren „Kleinen“ aufpassen soll.“ Ich hörte auf zu lesen. Ein Tagebuch! Ich hätte nie erwartet, dass die Menschen hier Tagebuch führen oder jedenfalls einige von ihnen! Ja, ich gab es zu, manchmal waren diese Menschen für mich immer noch Barbaren, welche nicht viel Wert auf Bildung legten. Bildung wie ich sie eben kannte. Selten hatte ich Menschen hier ein Buch lesen sehen. Und langsam sickerte durch, was ich da in den Händen hielt. Ich konnte mit diesem Buch in die Familie meines Mannes abtauchen. Vielleicht hatte Jari noch mehr zu meinem Mann geschrieben. Ich betrachtete die Zahl des Datums. Ich wusste nicht um wie viel Jahre Jari älter als mein Mann. Die Langeweile war verschwunden und neugierig blätterte ich durch die Seiten. Wonach ich genau suchte, das wusste ich gar nicht. Doch es war als tauche ich ab in ein mir fremdes Leben und es tat irgendwie. An manchen Tagen stand nicht viel und einige Tage hatte er gar nicht erst aufgeschrieben. Dann gab es stellen, welche sehr lang und sehr ausführlich geschrieben waren. „Die Truppen sind erschöpft und viele finden die fremdartige Umgebung ungemütlich. Viele vermissen die bergige Landschaft und ein kräftiges Bier aus den Fässern des Alten Gerstenmannes. Auch Ragnar vermisst das Bier. Ich habe ihn bereits gesagt, dass er mir zu oft davon trinkt. Auch ich liebe den Rausch des Alkohols, doch möchte ich nicht, dass meine Sinne davon zu häufig beeinträchtigt werden. Ein klarer Kopf kann Gold wert sein. Ich vermute, dass Ragnar dies noch begreifen wird. Er ist schließlich nur ab und zu einfältig. Doch ich glaube er verlässt sich zu sehr auf mich. Als großer Bruder hat man es echt nicht immer einfach. Alle verlangen, dass ich auf ihn aufpasse. Unsere Kameraden und meine Eltern. Jedoch muss er Fehler auch selber machen! Ansonsten lernt er schließlich nichts. Ich genieße gerade die Stille und erfreue mich an der fremden Umgebung. Keine Berge, alles ist flach, bis auf ein paar Hügel. Die lichten Laubwälder beginnen sich zu verfärben und trotzdem ist es nicht nur kalt und nass. Der heutige Tag war sogar warm und schön. Schade, dass wir wegen eines Krieges hier sind. Ich weiß, dass wir bald das Meer sehen werden. Ich habe es noch nie gesehen und alle sagen, dass Menschen die das Meer gesehen haben, diesen Anblick niemals vergessen können. Ob ich auch dazu gehöre? Ich wünschte, ich könnte die Welt bereisen ohne Krieg im Nacken. Ich frage mich, weswegen Ulveig so sehr bemüht ist, weiter zu machen. Wir haben genug Bündnisse und könnten einen harten Winter gut durchkommen. Doch leider vermag ich kaum noch mit ihm zu sprechen. Ulveig verschließt sich leider immer weiter. Er sagt mir nicht mal mehr vernünftig, wie lange wir noch unterwegs sind. Weswegen, verstehe ich nicht. Viele fragen mich, was los ist und doch kann ich keinen eine klare Antwort geben. Doch vielleicht scheint Ulveig meine Skepsis bezüglicher seiner Person nicht entgangen zu sein. Zu Machthungrig erscheint er mir. Und zu überheblich. Ja, wir sind gute Krieger und doch wird es sicher irgendwo Menschen geben, die uns überlegen sind. Doch ich vermute, dass er dies nicht einsieht. Wenn man mit den anderen Männern spricht bekommt man mit, dass sie nicht mit ihm zufrieden sind. Doch sie trauen sich nicht dies auszusprechen. Ich erfreue mich lieber nun noch einmal der Schönheit der Umgebung und werde Ragnar bitten, mich zu begleiten. Der Absatz endete und ich war sehr überrascht. Ich war überrascht, wie Jari war. Hätte ich es nicht besser gewusst, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, dass diese Zeilen von einem Krieger aus dem Norden stammten. Von einem Volk welches ich als grob und ungehobelt kannte. Er schien fast schon mit einem philosophischen Blick die Welt zu betrachten. Und als ich die nächste Seite aufschlug wurde ich bekräftigt in meiner Annahme. „Ich habe heute zum ersten Mal in meinem Leben die Weiten des Meeres erblickt. Wie klein und unbedeutend man sich bei diesen Weiten vorkommt, vermag ich kaum in Worte zu fassen. Auch mein Bruder schien kaum Worte zu haben, für die sich vor uns erstreckende Weite. Die Luft schmeckt sogar anders als wir es kennen und weiße Vögel, dessen Namen wir nicht kennen, folgten uns auf unserem Weg. Gerne erinnere ich mich an Ragnar Worte wie er sagte: „Bruder wir werden diesen Anblick nie vergessen. Ich glaube langsam verstehe ich, was du an der Fremde so faszinierend findest.“ Vielleicht dringt in seinem Dickschädel ja langsam doch mehr hinein als nur Bier. Ich schmunzelte, als ich es las und wie Jari es schrieb, klang es sehr danach, als sei man Mann früher sehr weniger nachdenklich durch das Leben gegangen. Mir war klar, weswegen es sich geändert hatte und ich selbst spürte so etwas wie Trauer in mir aufkeimen. Denn ich vermutete, es hatte alles mit dem Tod seines Bruders zu tun. Ich kannte Ragnar zwar als aufbrausend und dem Alkohol nicht abgeneigt, aber nicht als jemanden, der nicht über Sachen nachzudenken schien. Er schien seit dem Tod seines Bruders erwachsener geworden zu sein. Weitere Einträge ließen mich schmunzeln. Jari schien einen Abend dem Alkohol klein bei gegeben zu haben, denn er schrieb über Kopfschmerzen, die den Rausch nicht wert gewesen waren. Es waren nicht mehr viele Seiten und die nächsten Eintrage waren kurz und waren nicht wirklich interessant. Jedoch ließ sich deutlich herauslesen, dass dieser Mensch ein freundlicher und offener Mann war. Schade, dass er tot ist. Er schrieb, dass es allen Kammeraden gut ging und sie gut voran kamen und dass Ulveig sie immer weiter antrieb und niemand verstand weswegen. An einem Absatz blieb ich hängen. Er war sehr lang und ich bewunderte erneut die wunderschöne Handschrift, welche der Mann hatte. Ich selbst hatte auch Schönschrift gelernt, doch ich war überrascht, dass ein Mann aus dem Norden sie beherrschte. Ich kuschelte mich auf einen großen Sessel und las „Die Hafenstadt ist wunderschön. Das warme Wetter und die fremden Gerüche in der Luft habe ich nie zuvor gerochen. So viele Gewürze habe ich noch nie zuvor gesehen. Ich habe meiner Mutter welche gekauft. Die viermonatige Reise hat sich meiner Meinung nach gelohnt. Die Stadt ist riesig, keines der Dörfer meiner Heimat kommt dem nahe, was ich hier gesehen habe. Eine Stadtmauer drei Mal so hoch wie unsere Palisaden schützt die Stadt vor Angreifern. Ulveig brüstet sich damit, dass diese Menschen uns baten, ihren Kriegern zu helfen. Sie haben sich mit einem Land zerstritten und ihre Soldaten sind nicht gut ausgebildet, um im Unterholz zu kämpfen. Sie beherrschten die Schlacht zu Wasser, etwas was ich mir nicht vorstellen konnte. Doch ihr nächster Feind kam nicht von der See und unser Ruf eilt uns voraus. Ulveig redet die ganze Zeit davon, dass er dem König dieses Landes dafür bluten lassen wolle. Warum er diese Worte verwendete ist mir schleierhaft. Doch er meinte, die Goldvorräte der Stadt würden bald auch unsere sein. Ich bin mir da nicht so sicher. Dieses Land hatte gute Soldaten und wir sollten sie unterstützen und ihnen zeigen wie man im Unterholz kämpft, sich sammelt und Hinterhalte legt. Wir sollten nicht für sie kämpfen und es sollte auch kein Bündnis zustande kommen. Ich vermute sobald sie dies könnten, bräuchten sie unsere Hilfe nicht mehr. Ragnar lacht darüber nur und sagt mir immer wieder, ich soll den Mann einfach sprechen lassen. Doch ich bin skeptischer. Seit Ulveig erneut zum Oberhaupt ernannt wurde nehme ich eine Veränderung in ihm wahr. Eine welche mir nicht gefällt. Ich werde es im Auge behalten, denn mir gefällt es nicht - ganz und gar nicht. Auch Gunnar ist dies bereits aufgefallen und einige der Krieger waren enttäuscht, dass Ulveig erneut von den Dorfvorstehern gewählt wurde. Es wird gemunkelt, dass er diese bestochen hat. Hätte man mich vor 10 Jahren gefragt, hätte ich dies immer abgestritten, doch jetzt nicht mehr. Meine Schritte hatten mich heute durch die engen Gassen geführt. Ich beobachtete die Menschen und sie beobachteten mich. Die farbenfrohen Blumen versprühten einen angenehmen Duft und die Bienen flogen herum. Viele unterschiedliche Sprachen wurden hier gesprochen, doch aus der Sprache, welcher sich in der Welt verbreitet hatte. Ich habe sogar einen Mann gesehen, dessen Haut so dunkel war, dass sie schwarz war. Ich traute mich nicht zu fragen, weswegen dies so war. Es war albern, denn vielleicht war es einfach so, weil es so war. Ich wünschte ich könnte Lillie die Schönheit dieser Stadt zeigen. Sie würde sich so freuen und ich vermisse ihre strahlenden Kinderaugen. Vermutlich wäre hier alles ein riesiger Spielplatz für sie. Die riesigen Schiffe am Hafen, welche durch einen Torbogen glitten waren beeindruckend und ich kann die Größe nicht mit Worten erfassen. Leider ist sie noch ein Kind. Ich hoffe, dass ich endlich zur Ruhe finde, denn morgen werden die Verhandlungen geführt und da auch in meiner Heimat die Rekruten trainiere werde ich dies auch hier machen. Ebenso wie die Kampfstrategien festlegen und eigentlich sollte mein Bruder mich unterstützen. Leider ist mir Ragnar nur bedingt eine Hilfe. Erst gestern musste ich ihn davor bewahren in einem Gasthaus eine Schlägerei anzufangen. Der Alkohol der hier ausgeschenkt wird ist stärker als der den wir kennen. Zu viel hatte er getrunken und den Alkohol hier nicht vertragen. Und heute erneut, doch ich wollte nicht wieder auf meinen kleinen Bruder Acht geben. Er liegt jetzt schnarchend neben mir und lässt mich nicht einschlafen und scheint einige Prellungen zu haben. Der Morgen wird für ihn vermutlich schlechter sein als für mich.“ Als er den Bogen erwähnte erinnerte ich mich. Es war eines der Nachbarländer, weiter im Süden. Ich selbst hatte diese Hafenstadt erst einmal betreten und erinnerte mich gerne an diese Reise zurück. Es war eine Seefahrernation und die Hafenstadt war ein Beeindruckendes Monument menschlicher Bauchkunst.  Es war eine bunte und aufblühende Stadt. Sie lebte eindeutig vom Handel und endlich wusste ich, wann diese Reise her war. Der Krieg mit einem Land aus dem Osten war fünf Jahre her. An der Ostgrenze des Landes sind hohe und dichte Wälder und auch mein Vater war überrascht, dass sie die Schlacht gewonnen hatten, denn waren sie eher dafür bekannt ihre Schlachten auf der See zu führen, wie Jari es so gut in Worte gefasst hatte. Ich strich über die Zeilen und ein trauriges Lächeln umspielte meine Lippen. Jari war wirklich anders wie sein Bruder. Selbst aus diesen wenigen Zeilen konnte man erahnen und doch las man auch die Liebe der Geschwister untereinander raus. Ich wünschte, ich hätte ihn kennen lernen dürfen. Je mehr ich in sein Leben abtauchte desto trauriger wurde ich, dass ich diesen Menschen nie kennen lernen würde. Ich blätterte um und schmunzelte erneut, als ich die ersten Zeilen las. „Ich habe vor weniges Tagen die wunderschönste Frau getroffen, die ich je zu Gesicht bekommen habe. Sie ist die Tochter des Buchhändlers und ihr Name ist Alea. Ihr Lächeln hat mich sofort verzaubert und traf mich vollkommen unvorbereitet. Mutter sagte mal, dass so etwas immer geschehen kann und nie wollte ich ihr Glauben schenken. Doch mit nur einem einzelnen Blick hatte sie mich in ihren Bann gezogen. Ihre gebräunte Haut und ihre dunklen Haare, ihre Bewegungen, alles fasziniert mich an ihr. Nie hat mich eine Frau so verrückt gemacht. Sie war so anders, sie war so, exotisch! Ich habe es Ragnar gesagt und er meinte, ich solle mich an eine Frau aus unserer Heimat binden. Diese würden unsere Gepflogenheiten besser verstehen. Er ist ein Narr habe ich ihm gesagt. Zu glauben, dass Menschen aus einem anderen Land schlechter seien ist dumm. Auch er solle darüber nachdenken. Eine Frau aus einem anderen Land ließ einen umdenken und die eigenen Handlungen hinterfragen. Abgesehen von dem wunderschönen äußerem. Nachdenklich hatte mein kleiner Bruder mich angeschaut und als er mich fragte, ob ich wirklich lieber eine Frau aus der Fremde ehelichen würde, habe ich sofort ja gesagt. Als er daraufhin sagte, dass Mutter mit so einer Person sicher Schwierigkeiten haben würde habe ich gelacht. Ja, da hatte er Recht. Mutter würde dieser Dame das Leben nicht einfach machen… Doch dann war es so. Als ich Ragnar das sagte blickte er mich fast schon fassungslos an. Doch es war mein Ernst. Jeden Tag nach der Arbeit verbrachte ich in dem Laden. Ich wollte sie sehen mit ihr sprechen. Ich wollte ihr zeigen, dass ich keiner der Barbaren war, für die uns viele in dieser Region der Welt hielten. Wir sprachen über vieles, meine Reisen, meine Arbeit. Doch ich wollte alles von ihr erfahren. Alea ist wundervoll. Sie bringt mich und mein Herz zum Strahlen und endlich ging sie mit mir etwas trinken. Es schien als wisse sie nun, dass ich kein schlechter Mann bin und unehrenhafte Gedanken habe. Alea erklärte mir, wie man richtig Wein trank. Ich wusste gar nicht, dass man dabei etwas falsch machen konnte. Sie lachte, als ich ihr sagte, dass bei uns viele darauf nicht achteten. Sie nannte mich einen Barbaren, doch ihre dunklen Augen zeigten mir, dass sie es nicht böse meinte. Und sie durfte mich so nennen, wenn sie es immer so betonte mit ihrem wunderbaren Akzent. Ich habe mein Herz in der Fremde verloren und schmerzlich wird der Abschied werden. Doch noch ist daran nicht zu denken. Sie bat mich morgen Abend zu ihr zu kommen und ich leugne es nicht, dass ich mir mehr erhoffe.“ „Oh, da scheinst du also wie dein Bruder gewesen zu sein… von wegen unehrenhafte Gedanken“, murmelte ich leise und blätterte um. Das schlechte Wetter von draußen nahm ich gar nicht mehr wahr. „Zwei unbeschreibliche Tage liegen hinter mir. Ich wünschte ich könnte hier bleiben. Hier bei dieser Frau. Der Anstand verbietet es mir zu schreiben was geschehen ist. Doch die Erinnerungen lassen auch jetzt noch mein Blut überkochen. Ich liebe diese Frau! Sie ist wunderbar und leidenschaftlich. Und nicht nur das, sie ist schlau und so belesen, wie ich selten einen Menschen vor ihr kennen lernen durfte. Ich werde sie bitten, mit mir zu kommen. Ich hoffe, Alea wird ja sagen.“ Traurig wurde mein Blick. Ob Ragnar das gewusst hatte? Ich vermutete nicht. Ja, ich glaubte mit Jari hätte ich mich sehr gut verstanden. Doch ich fragte mich, wieso ein Mann wie er ein Krieger war. So wie er klang wirkte er nicht so, wie die, die ich kennen gelernt hatte. Doch sofort, als ich es mir dachte, war es offensichtlich. Er wollte die Welt sehen und ich vermutete, dass er es nur als Krieger konnte. Erneut blätterte ich um und war vollkommen überrascht. Hastig und weit weniger schön waren die Zeilen geschrieben. Und ich brauchte einen Moment, bis ich sie lesen konnte. Und einige Sätze waren nicht ausgeschrieben. Es sah aus, als sei er in großer Eile gewesen, als er diese Zeilen geschrieben hatte. „Gespräch belauscht. Ulveig hat Menschen umbringen lassen, damit er wieder gewählt wird. Sie wollten mich fragen, ob ich seinen Platz einnehme. Sie würden sowohl mich wie auch Ragnar schätzen. Ulveig sprach davon uns was anzutun. Ich muss Ragnar warnen. Ich muss untertauchen. Ich muss fliehen, ich werde das Tagebuch verstecken, wenn ich nicht weiterschreibe, hoffe ich, dass du es findest Ragnar, denn dann hat er mich getötet. Diese schleimige Kröte hat mich gesehen…“ Ich erschauderte, während ich die letzten Zeilen las und die letzten Worte auf der Seite vermochte ich nicht zu lesen. Zu hastig musste Jari diese Worte geschrieben haben. Was war danach geschehen? Was war passiert? Ich dachte, er wäre in einer Schlacht gefallen. Oder war das nur eine Lüge? Doch auf Mal, spürte ich die Angst in mir wachsen. Ulveig… Er hatte Ragnar noch nichts getan. Vermutlich, stand er ihm noch nicht so im Weg, wie es Jari getan hatte. Ich nahm das Tagebuch an mich, zu groß die Sorge, dass einer von Ragnars Freunden uns infiltriert haben köntne. Hastig zog ich mir Reisekleidung an. Ich wollte zu Ragnar! Gerade als ich das Haus verlassen wollte trat ich Lillie entgegen. Überrascht sah sie mich an und betrachtete meine Kleidung. „Wo möchtest du denn hin?“, fragte sie und drängte mich in das Haus, da es immer noch regnete. So sehr ich sie auch mochte, gerade wünschte ich mir, sie würde mich einfach ziehen lassen. „Ich… Ich muss Ragnar suchen. Es ist wichtig“, meinte ich und konnte meine Aufgebrachtheit nicht aus meiner Stimme zurücknehmen. Ein verwirrter Ausdruck erschien auf dem Gesicht der Rothaarigen. „Wieso? Er muss doch arbeiten? Das Aussuchen der Anwärter ist immer  das, was am längsten dauert… Er ist mit Ulveig und anderen jetzt auch in einem anderen Dorf unterwegs. Panisch sah ich Lillie an. Ich hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass Ragnar gar nicht hier war. Wie groß war die Gefahr? Ulveig selbst hatte mich bereits gewarnt. Wie dumm er war, dies zu tun! Ich spürte wie mein Puls schneller wurde und sofort sagte ich hastig: „Ich muss dahin! Kannst du mir den Weg zeigen?“ Überrascht sahen mich die Augen der jungen Frau an und verwirrt betrachtete sie mich. Ich hatte keine Lust darauf jetzt groß in Erklärungsnot zu kommen. Ich zog das Tagebuch hervor und blätterte bis zur Mitte des Buches. Zur letzten Seite Jaris und überreichte es seiner Schwester. „Lies selbst, was dein Bruder schrieb“, meinte ich und ungeduldig wartete ich darauf, dass Lillie die hastig geschriebenen Wörter entschlüsseln konnte. „Oh….“, murmelte sie und überrascht sah sie mich an. „Das Kann nicht sein“, hauchte sie leise und schien diese eine Seite immer und immer wieder zu überfliegen. Sie schüttelte den Kopf und leise fragte ich: „Wie sicher seid ihr euch eigentlich, dass er tot ist? Er sagte was von untertauchen“, sprach ich leise und vorsichtig, denn ich wollte keine alten Wunden aufreißen. Doch ich musste es einfach fragen. Mit tränennassen Augen betrachtete mich meine junge Schwägerin und leise sagte sie: „Ragnar hat seine Leiche gefunden, es gibt keinen Zweifel, dass er tot ist“, murmelte sie und strich sich durch das Gesicht. „Ulveig hat mich schon einmal gewarnt, dass er Ragnar nicht mehr gerne hier sehen würde… Was ist wenn er es wieder macht. Wir müssen ihm helfen! Bring mich zu dem Dorf… Was ist, wenn Ulveig Leute bestochen hat deinen Bruder umzubringen, oder ihnen droht… Ich will ihn nicht verlieren!“, eindringlich sprach ich auf Lillie ein und spürte deutlich die Ungeduld in mir.   Kapitel 23: Verschwörung ------------------------ Ich griff nach meinem Bogen und nahm mein Kurzschwert zur Hand. Ich war dankbar, dass mir Ragnar einen Neuen hatte anfertigen lassen. Ohne diesen würde ich mich in diesem Augenblick nackt und unbehaglich fühlen, denn schließlich war es die Waffen mit der ich am besten umgehen konnte. Zwar besaß ich ein Kurzschwert, doch außer während des Trainings war es nie zum Einsatz gekommen. Anders als mein Bogen zur Jagd. Man konnte leider sagen, dass mein Schwert mehr Schein als Sein war, allerdings vermochte ich so den Gegner einzuschüchtern. Auch Lillie war von den Worten die sie las unruhig geworden. Immer wieder glitten ihre Augen über die Zeilen, welche ihr verstorbener Bruder verfasst hatte, und sie folgte meinem Tun mit den Augen. Ein Zittern ging durch den Körper der jungen Frau und fahrig glitten ihre Finger durch die Locken ihres roten Haares. Ich wollte und konnte mir kaum vorstellen, wie sie sich fühlte. Auch sie vermisste Jari schließlich und noch einmal so mit ihm in Kontakt zu treten, wenn man es vermutlich am wenigsten erwartete, ließ vermutlich alte Wunden wieder schmerzvoll aufreißen. Zumal die Worte Jaris einen nur wenig zu beruhigen vermochten. „Wenn wir reiten, zieh eine Hose von mir an“, meinte ich schnell zu Lillie und holte aus unserem Schlafzimmer Reitkleidung für sie. Ich bemerkte, wie nun auch ihre Hände zitterten und schnell zog die junge Frau sich um. Ich sprach sie nicht auf ihre Gefühle an, denn ich hatte Sorge, dass ich sie damit vollkommen aus dem Konzept brachte. Und so unempathisch es auch klang, ich brauchte gerade niemanden an meiner Seite, der sich nicht unter Kontrolle hatte. Eine Unruhe erfasste mich. Ich spürte, wie nervös ich wurde und hastig machte ich mich auf den Weg zu den Pferden. Es war komisch als wir beide durch die Straßen gingen, denn alles wirkte als sei es ganz normal. Alles wirkte wie immer. Man hörte die Schmiede arbeiten, Rauch stieg von einigen Häusern auf und die Marktleute schrien und priesen ihre Waren an. Es war nicht jeden Tag so, dass alle Marktleute ihre Wahren anprisen, doch einige standen jeden Tag da. So wie der Bäcker der jeden Tag sein frisches Brot verkaufte. Frauen, Kinder und alle anderen die uns begegneten wirkten so normal. Nichts, aber auch gar nichts, schien anders zu sein als sonst. Nur, dass Lillie und ich mit hastigen Schritten zu den Pferden gingen. Wir bemerkten die Blicke der Menschen. Natürlich starrten sie mich wieder an. Schließlich trug ich Hosen und ich hatte einen Bogen in der Hand und ein Schwert an der Seite. Eine Frau sah von mir zu Lillie und was sie zu ihrer Freundin murmelte verstand ich nicht. Vermutlich waren es jedoch keine netten Worte. „Ist Ragnar mit seinem Hengst, Idril, unterwegs? Oder zu Fuß?“, fragte ich und Lillie zuckte unwissend mit den Schultern. „Ich habe mit meinem Bruder heute noch nicht wirklich gesprochen“, erklärte sie und endlich kam der Stall in Sicht. „Er sagte mir heute Morgen, das er zu einem Dorf aufbricht in dem ein Bauer sehr viele Ziegen hat… Weißt du wo das sein könnte?“, fragte ich während wir den Weg hinab gingen. Es waren so viele Dörfer, dass ich nicht immer wusste, wo sich welches befand. Jedoch wie ich in die Augen meiner Schwägerin sah, wusste ich, dass sie eine Vermutung hatte, denn sofort nickte sie und erklärte: „Ja, ich weiß wo es liegt. Wir brauchen ein wenig bis wir da sind. Sicher gut zwei Stunden. Wir brauchen also die Pferde.“ Schnell holten wir jeder unsere Pferde. Ich hatte keine Lust auf die Besitzer des Stalles zu warten, auch wenn eine Stimme in meinem Kopf sagte, dass es irrelevant sei, wollte ich mich dennoch beeilen. Zu sehr schon hatte ich das Gefühl verfolgt zu werden. Und irgendwie glaubte ich kaum, dass ich mir dies nur eingebildet hatte. Ich war froh, dass Freya sich nicht so dreckig gemacht hatte, denn so konnte ich sie schnell satteln. Freya bemerkte meine Unruhe und ich musste sie am Strick greifen, als sie begann immer unruhiger hin und her zu tippeln. „Ruhig“, murmelte ich mit beruhigender Stimme auf meine Stute ein und strich ihr über die dunklen Nüstern. Es reichte schon, wenn ich nervös war, ich brauchte jetzt kein Pferd, das sich nicht beruhigen ließ. Schließlich musste ich auch an das Kind unter meinem Herzen denken. Ein Sturz wäre etwas, was ich nicht provozieren wollte. Endlich wurde Freya ruhiger und liebevoll strich ich ihr über die Stirn. „Schmeiß mich bloß nicht ab“, flüsterte ich leise und drückte ihr einen Kuss auf die Nüstern. Lillie hatte Ragnars altes Pferd fertig gemacht. Ein dunkelbraunes und vermutlich schon etwas älteres Tier. Natürlich war mein Mann mit dem schwarzen Hengst unterwegs. Ich schwang mich auf den Rücken meines Pferdes als die Stallburschen zu uns kamen. Sie schienen uns erst jetzt bemerkt zu haben und ich sah an der Wange des Jüngeren noch Reste des Mittagessens hängen. Sie waren also nicht unachtsam gewesen, sondern vermutlich einfach nur beim Mittagessen. Sie schienen außer Atem und vermutlich waren sie gerannt. Vermutlich hatten sie uns aus einem Fenster ihres Hauses gesehen. Der Jüngere, Tiu, fragten mit skeptischen Blick: „Was wollt ihr machen?“ Ich stockte offensichtlich, denn ich wollte nicht wieder, dass ich mit ihnen Probleme bekam. Schon nach dem letzten Mal, als mein Mann sie geschlagen hatte, waren sie nicht gut auf mich zu sprechen gewesen. Zwar hatten sie nie die Konfrontation mit mir gesucht, doch ihre Blicke reichten aus. Doch dann war es so. Sie kamen mit meiner Art zu leben nicht gut zurecht und ich brauchte ihre Absolution nicht. Kurz ordnete ich Freyas schwarze Mähne, während ich mit ruhiger Stimme erklärte: „Wir suchen Ragnar. Und nur zur Vorsicht habe ich meine Waffen bei mir. Lillie weiß im welchem Dorf er sich aufhalten soll.“ Mir wiederstrebte es diesen Menschen zu sagen, was ich vor hatte. Denn ich war ihnen keine Rechenschaft schuldig, aber ich wollte auch nicht, dass alle dachten ich sei eine unhöfliche Person. Und Gerüchte, dass ich wieder auf die Jagd ging und dazu noch die kleine Schwester meines Mannes mitnahm, brauchte ich nicht. Es würde mich und Lillie nicht weiterbringen. Zudem wollte ich auch nicht, dass Lillie wegen mir Probleme bekam. Skeptisch betrachteten mich die jungen Männer. Es war schrecklich, fand ich, dass sie mich einfach in Frage stellten. Dass sie verlangten zu wissen was ich tat. Doch ich biss mir auf die Lippen. Sie verstanden nicht, welche Stellung ich in meiner Heimat hatte und wie ich sozialisiert wurde. Tiu nickte mir skeptisch zu. Er glaubte mir vermutlich nicht, denn seine Augen wanderten zu den Bogen und blieben an meinem Schwert hängen. Was ihm durch den Kopf ging, sollte ich schon im nächsten Augenblick erfahren. Verständnislos schüttelte er nur den Kopf und sagte: „Das du wirklich ein Schwert besitzt… Das kann ich mir nicht erklären… und wieso? … Wie deine Eltern dir nur so etwas erlauben konnten.“ Ich biss mir wütend auf die Lippen. Die Worte, welche mir auf der Zunge lagen schluckte ich hinunter. Ich wollte nicht nur unhöflich hier auftreten und die Zeit die ich mit diesem Gespräch verschwendete war mir in diesem Augenblick eigentlich zu kostbar. Immer wieder ermahnte ich mich in Gedanken, dass diese Bauer nicht wissen können, dass sie mit einer Fürstentochter sprachen. Ich tippte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf dem Sattel herum. „Die Gesellschaft aus der ich komme, ist anders strukturiert. Sie ist weder besser noch schlechter, sie ist einfach anders. Und da ich von klein auf so aufgewachsen bin, kenne ich es nur so. Zu mir gehören einfach einige andere Denk- und Handlungsweisen. Sie machen mich zu der Person, die ich bin und ihr müsst dies nicht gutheißen. Ich habe Euch nicht nach Eurer Meinung gefragt und das werde ich auch nicht. Ich brauche keine Absolution. Nicht von Euch und nicht von anderen Menschen, die ich nicht wirklich kenne. Wir müssen jetzt los.“, beendete ich meinen Monolog und nickte Tiu höflich zu, während ich Freya von dem Mann wegdrehte von dem Mann. Mir war es egal ob es ihm passte was ich gesagt hatte. Es war meine Meinung und ich hatte immer gelernt, hinter dieser zu stehen. Lillie und ich schwiegen und erst nachdem wir das Dorf hinter uns gelassen hatten, ergriff Lillie als Erste von uns beiden wieder das Wort. „Bei den Göttern, Thalia“, meinte Lillie und holte zu mir auf, „ich glaube, dass die es überhaupt nicht gewohnt sich, wie du mit ihnen redest…“ Ich sah zu Seite und blickte Lillie an. Ein breites Grinsen lag auf ihrem Gesicht und ohne mich wegen meiner Art verurteilen zu wollen sah sie mich an. Es schien für mich fast schon so, als sei sie einfach begeistert von meinen Worten und wie ich diese wiedergegeben hatte. Sie schien es wirklich nicht so zu kennen und das, obwohl auch sie nicht schüchtern war. Ein leichtes, zartes Lächeln schlich sich auf meine Lippen während ich meine Schwägerin betrachtete. Etwas in meinem Inneren hoffte, dass sie mich als Vorbild sah. Denn ich wollte einfach nicht, dass diese junge, mutige und hübsche Frau an einen Mann kam, welcher nicht wusste was er an ihr hatte. Sie sollte einfach genauso bleiben wie sie jetzt war. „Vermutlich sind sie es auch nicht“, meinte ich ruhig und achtete auf meine Worte, denn ich wollte schließlich niemanden beleidigen, „Aber ich kann einfach nicht vergessen, wer ich zuhause war. Ich bin… ich war adelig und hatte einen sehr hohen Platz in meiner Gesellschaft, da hätte ein Stallbursche alles gemacht was ich von ihm wollte und mir niemals Wiederworte gegeben. Aber ich muss mich daran gewöhnen, dass es hier anders ist. Ich kann hier nicht so mit den Menschen umgehen wie Zuhause. Denn ich möchte nicht, dass sie glauben ich sei unhöflich und ich möchte es hier nicht noch schwerer haben… Aber ich will mir auch nicht immer alles gefallen lassen. Es ist irgendwie sehr schwer einen Mittelweg zu finden…“ Nachdenklich schien sich Lillie meine Worte durch den Kopf gehen zu lassen und gedankenverloren strich sie sich einige lose Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. Leicht nickte die Rothaarige neben mir und strich sich erneut einige Haarsträhne weg, die in ihre Augen geweht wurden. Gedankenverloren sah sie auf den Weg vor sich und meinte: „Ich glaube, ich verstehe was du meinst. Ich kann mir zwar vorstellen, dass du sicher noch die ein oder anderen Worte wählen wirst die einige unhöflich finden werden, aber mit der Zeit wird es dir leichter fallen. Und die Menschen hier werden auch lernen dich zu akzeptieren.“ Ein erleichtertes und glückliches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich Lillies Worte vernahm und während ich zu ihr sah spürte ich deutlich, wie sehr ich diese junge Frau in mein Herz geschlossen hatte. Es tat gut diese Worte zu hören, denn zu häufig schon hatte ich das Gefühl, dass mich kaum einer verstand, außer meinem Mann. Es fühlte sich ein wenig so an, wie ein Befreiungsschlag. „Ich danke dir für deine Worte“, meinte ich und fügte hinzu, „Wir sollten uns jetzt aber beeilen. Ich möchte nicht die Zeit vertrödeln. Ich hoffe, du siehst es genauso.“ Sofort nickte Lillie und sagte, dass ich mir deswegen keine Sorgen machen bräuchte und wir trieben unsere Pferde an. Der dunkle Tannenwald erstreckte sich vor uns und nur an wenigen bestellten Feldern kamen wir vorbei. auch Siedlungen waren rar gesät. Doch der Weg vor uns war nicht verwildert und man konnte ihm sehr einfach folgen. Hier und da sah man in der Ferne ein vereinzeltes Haus stehen, oder Rauch über den Wipfeln emporsteigen. Über uns schrien die Vögel und kündigten allen Tieren an, dass wir hier waren. nicht einmal ein Hase kreuzte unseren Weg. Steil wurde der Weg vor uns und der Weg wurde steiniger und die hohen Berge des Gebirges kamen näher und näher. So weit oben war ich noch nie gewesen seit ich hier war und ich war dankbar ein Pferd zu haben, das mich mit sicheren Schritten über den Weg trug. Die Tannen waren höher als in der Nähe des Dorfes in dem ich wohnte, immer noch schrie die Vögel über uns und verrieten jedem Tier wo wir gerade waren. Windig war es hier oben und weit weniger angenehm als unten in dem Dorf und wenn ich dort schon dachte, dass der Sommer schnell vorbei gegangen war, war dies hier oben im Gebirge fast schon zu eisig für mich. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper und kurz strich ich mir über die Arme und murmelte leise: „Verdammt ist das windig…“ Ein zustimmendes Murren kam von meiner Schwägerin und auch sie rieb sich die Hände. Ich wollte gerade Lillie fragen wie lange wir noch unterwegs sein würden, als ich in der Ferne Rauchschwaden erkennen konnte. Viele Rauchschwaden. Ich fragte sie, ob diese Rauchschwaden vom Dorf kommen könnten und sofort nickte sie zustimmend. Erleichterung breitete sich in meinem Inneren aus und zufrieden nickte ich. Endlich! Ich musste einfach so dringend mit Ragnar sprechen. Wir erreichten das Dorf. Es war weiter oben im Gebirge und der Wind wehte uns immer noch kalt entgegen. Ich war froh, dass ich mir neue, dickere Kleidung besorgt hatte, denn sie ließ die Kälte nicht zu sehr an meine Haut. Es war ein recht kleines Dorf. Eine hölzerne Palisade umrahmte und in der Ferne konnte ich einige Ziegen sehen, welche von Hirten bewacht wurden. Ich verstand, weswegen die Männer ihre Tiere nicht aus den Augen ließen, schließlich waren in den Wäldern viele Wölfe und Bären. Für die wäre ein wehrloses Schaf oder eine Ziege eine Einladung zum Essen. Da es noch mitten am Tag war, war das Tor der Palisade geöffnet und wir konnten ungehindert eintreten. Sofort standen wir auf dem Marktplatz, wo wenige Verkäufer ihre Stände hatten. Sofort richteten sich alle Augen auf uns. Nicht nur, dass wir mit Pferden angereist waren, es war auch noch unsere Erscheinung. Die Augen der Menschen klebten an uns und ich sah, wie einige auf mich deuteten und unverhohlen begannen mit der Person neben sich zu sprechen. Allerdings störte es mich nur im ersten Augenblick, denn schließlich war ich es kaum noch anders gewöhnt. Ich war auffällig und meine Taten müssten sich bereits so verbreitet haben wie ein bunter Hund. Wir stiegen von unseren Pferden und alle Augen waren immer noch auf uns, doch niemand ergriff das Wort. Waren sie nun alle sprachlos? „Ich suche Ragnar, meinen Mann“, erklärte ich hinzu, denn vermutlich war Ragnar ein Name der öfter vergeben wurde. Zudem ging ich sowieso davon aus, dass sie wussten wer ich war. Die Frau aus dem Ausland, die die sich nicht anpassen wollte. Ich vermutete, dass die Händler alle meine Fehler weiter berichtet hatten, denn dies erklärte das Gaffen der Menge.. Doch ich war erstaunt, als sie kurz schwiegen und erst nach einem Augenblick meinte eine Frau mittleren Alters: „Er ist unten beim Steinbruch. Mit den jungen Männern. Dort ist genug Platz.“ Sie trat auf uns zu uns ich erkannte, als sie näher kam, dass sie eine längliche, aber recht dünne Narbe im Gesicht hatte. Sie zog sich über ihre Wange bis fast zu ihrem Ohr. Dunkelblonde Haare fielen ihr offen über die Schulter eine kleine Stupsnase im Gesicht. „Ich habe von dem gehört, was ihr getan habt“, meinte sie und ergriff meine Hand. Überrascht sah ich sie an, denn ich hatte nicht mit dieser Reaktion gerechnet, „Es ist das Mutigste was ich hier je von einer Frau vernommen habe. Ich hoffe, dass man Euch dieses Mut niemals nehmen wird.“ Ich blinzelte einige Male und starrte die Frau sprachlos an. Denn ich hatte nicht mit dieser Reaktion gerechnet. Sie kam plötzlich und wie aus heiterem Himmel. Schließlich war ich sonst immer auf Ablehnung und Unverständnis gestoßen. Ich räusperte mich und mit erstaunlich belegter Stimme erwiderte ich: „Ich danke Dir für Deine Worte. Ich werde immer versuchen, ich selbst zu bleiben und vielleicht werden andere Frauen ja auch sehen, dass es nicht schlecht ist.“ Leicht nickte die Frau und ihre dunkelblonden Haare wehten ihr ins Gesicht. Ihre Haut war von der Sonne gebräunt und einige Falten waren um ihre Augen zu erkennen. Offenlächelte sie mich an. „Ich hoffe es ebenso… Kommt. Ich geleite Euch zum Steinbruch“, meinte sie mit freundlicher Stimme und wandte sich um. Lillie und ich sahen einander an und auch sie wirkte verblüfft, doch dann grinste sie mich erneut an und wir folgten der Frau. „Wow“, murmelte sie leise und beugte sich zu mir, „Das deine Auffälligkeiten in anderen Dörfern so gut ankommt hätte ich gar nicht erwartet.“ Ich nickte nur, denn ich wollte nicht so erscheinen, als würde ich heimlich hinter den Rücken der Frau schlecht über sie sprechen. Doch es war wirklich erstaunlich! Ich ließ meine Augen schweifen und erkannte, dass es keine Verachtung war, mit der ich hier betrachtet wurde. Ich sah ein kleines Mädchen an der Hand ihrer Mutter, welche auf meine Waffen zu deuten schien und aufgeregt mit seiner Mutter sprach. Ich straffte meinen Rücken, denn ich wollte nicht aussehen, als ob ich gebeugt durch die Gegend gehe und Freude breitete sich in meinem Inneren aus. Und wenn dort das griesgrämige Gesicht eines alten Mannes war bemerkte ich dieses doch kaum. Dieses warme Gefühl verteilte sich in meinem Inneren und ließ mich zufrieden lächeln. Mit den Pferden am Zügel folgten wir der Frau, die Inga hieß, hinunter zum Steinbruch. Schon von Weitem erkannte ich die roten Haare meines Mannes und unser Eintreffen blieb natürlich nicht unbemerkt. Die Augen aller waren auf unsere Ankunft gerichtet und sofort trat Ragnar nach vorne und ging auf mich zu. Ich bemerkte seinen besorgten Gesichtsausdruck und seine grünen Augen wanderten fragend zu meinem Bauch. Doch ich schüttelte nur leicht den Kopf, denn mit dem Kind war alles in Ordnung. „Thalia, Lillie“, sprach er mit überraschter und verwirrter Stimme, „Was führt euch beide hier hin? Was ist passiert?“ Wollte er wissen und überrascht sah er zum Bogen und zum Kurzschwert. „Ich muss dringend mit dir sprechen“, meinte ich ruhig und wusste, dass alle Ohren gerade zuhörten. Es waren mindestens 10 junge Männer und einige etwas ältere. Sie wirkten alle recht kräftig und einige von ihnen hatten Streitäxte in der Hand. Andere sahen aus, als hätten sie bereits hart trainiert und wären dabei im staubigen Boden gelandet. „Worum geht es?“, wollte Ragnar wissen und fragend zogen sich seine Brauen zusammen, doch ich wollte hier nicht sprechen. Nicht vor so vielen Ohren. „Könnten wir ungestört sprechen? Es ist wichtig.“, meinte ich ruhig, eindringlich war mein Blick als wir einander ansahen. Dankbarkeit flammte in mir auf als ich sah, dass er ruhignickte. „Ja“, meinte er und drehte sich zu einem älteren Mann und fragte: „Otwail, kann ich irgendwo mit meiner Frau alleine sprechen?“ Ich folgte seinem Blick und sah den Mann an. An seiner Kleidung waren einige Felle, ein dicker, lederner Mantel kleidete ihn und ich konnte eine Tätowierung an seinem Hals erkennen. Er trat auf uns zu, er war fast genauso groß wie mein Mann. Seine Augen hatten eine erstaunlich intensive Farbe. Ein sehr helles Braun, es wirkte in dem augenblicklichen Licht fast schon golden. Überrascht sah ich ihn an, als er mir seine große Hand hinhielt und zu mir sprach: „Ich heiße Euch herzlich in meinem Dorf willkommen, Thalia. Ich bin Otwail der Dorfvorsteher.“ Langsam ergriff ich seine Hand und ein warmer und nicht zu fester Händedruck erwartete mich. Doch schnell ließ er meine Hand wieder los und wandte sich zu meinem Mann. „In meinem Haus am besten“, meinte er und blickte zu den Pferden, „Lasst sie hier. Hier wird auf sie aufgepasst.“ Sofort trat ein junger Mann zu uns und nahm uns die Zügel ab. Ich mahnte den jungen Mann höflich, auf die Tiere achtzugeben und ging mit Ragnar Lillie, Otwail und Inga wieder hinauf. Schnell wurde mir klar, weswegen Inga uns begleitete. Sie war Otwails Frau. Wir traten ins Haus. Es sah aus, wie unsere, auch in diesem Dorf war die Bauweise ähnlich. Otwail und Inga schienen einige Kinder zu haben, denn einige Holzspielzeuge lagen vor dem Kamin und auf einem Sessel lag eine Puppe. Sie ließen uns alleine. Beide würden hinten im Hof auf uns warten. Eine sehr zuvorkommende Geste. Lauter als ich es dachte, fiel die Tür ins Schloss und niemand sagte etwas. Als Lillie, Ragnar und ich alleine waren breitete sich die Stille unnachgiebig zwischen uns aus. Doch so schnell die Stille sich zwischen auszubreiten schien, durchbrach ich sie. „Ich habe in dem Zimmer deines Bruders sein Tagebuch gefunden. In dem stand, dass Ulveig mit Intrigen an der Macht geblieben ist und…. Ragnar, dass tut mir so leid, aber er hat geschrieben, dass er vermutet, dass Ulveig ihn töten lassen wollte.“ Mir war bewusst, dass es nettere und vorsichtigere Worte hätten geben können, doch es brauchte gerade keine Nettigkeit. Ich wollte ihm einfach die Wahrheit sagen und ich wusste, dass mein Mann dies ab und zu brauchte. Sprach man zu oft drum herum, oder sagte es nicht direkt, dann verpufften manche Worte bei ihm einfach. „Ich meine es ernst“, sagte ich und hielt ihm das Tagebuch seines Bruders entgegen, „ Lies! es selbst, wenn du mir nicht glaubst.“ Der überraschte und perplexe Gesichtsausdruck auf Ragnar Gesicht ließ mich erahnen, dass er gerade nur langsam hinterher kam. Lillie stand neben ihrem Bruder und meinte: „Ragnar, du musst Thalia glauben. Ich meine es ernst. Jari hätte so etwas nicht erfunden. Niemals.“ Immer noch betrachtete uns mein Mann mit skeptischem Blick. Ruhig nahm er mir das Buch aus der Hand und senkte seine Augen auf die beschriebenen Seiten. Langsam glitten seine Augen darüber und da er nicht wusste, wo die wichtigen Informationen begangen blätterte er erst mehrere Seiten um, bis er zu den entscheidenden Seiten vordrang. Immer ernster wurde sein Blick und als er begann, sich über den Bart zu streichen, wusste ich, dass er sehr nachdenklich wurde. Tief atmete mein Mann durch und sah von dem Buch zu mir auf. Den Blick standhaltend sah ich ihm in die Augen, wich nicht aus, denn ich wollte einfach, dass er mich glaubte! Es war ja eigentlich so offensichtlich. „Ich… ich habe immer geglaubt Jari sei in einen Hinterhalt gekommen“, nuschelte er leise und als Lillie ihn fragte, weswegen er seinen Eltern gesagt hätte, dass Jari in einer Schlacht gefallen sei, erwiderte er: „Es war einfacher Lillie. Ein Hinterhalt… ich war so erschüttert und dann habe ich die Attentäter gesucht und nie gefunden… Ich wollte nicht…. Ich…. Ich hatte Sorge was Mutter sagen würde und mich rechtfertigen zu müssen und deswegen habe ich gesagt, es war in einer Schlacht gewesen….“ Verloren sah er auf das Papier und ich bemerkte wie kurz die Hände des starken Kriegers begangen zu zittern. Ich überwand den kurzen Weg zwischen uns und streckte meine Hände nach ihm aus. Ich drückte seine Hand liebevoll und entschlossen war meine Stimme, als ich sagte: „Wir müssen Ulveig ein für alle Mal erledigen. Er muss weg! Und wenn er nicht freiwillig geht, dann muss jemand anderes dafür sorgen.“ Unschlüssig sahen mich die grünen Augen des Mannes vor mir an und ohne ein Wort zu sagen, drückte er seine Hand gegen meinen Bauch und wiedersprach mit ernster Stimme: „Aber das wirst nicht du sein! Unter keinen Umständen. Und sollte ich sehen, dass du dich in Gefahr bringst, werde ich dich mit Sven wieder in deine Heimat schicken! Ich werde nicht zulassen, dass du euch beide in Gefahr bringst.“ Sprachlos sah ich ihn an und schluckte leicht, als ich seine Worte hörte. Und für einen kurzen Augenblick war es, als sei die Zeit stehen geblieben, während wir einander in die Augen sahen. Obwohl er ernst sprach, betrachtete er fürsorglich meinen Bauch. (So und umso kann man da nicht verwenden) Ja, er würde ohne Zweifel einen sehr guten Vater abgeben. „Ich habe es gewusst“, meldete sich eine melodische Frauenstimme hinter uns und erst in dem Augenblick fiel mir wieder ein, dass Lillie noch hier war. In diesem Augenblick hatte es nur mich und Ragnar gegeben! Niemanden anderen sonst. Fragend sahen seine grünen Augen zu ihr hinüber und schmunzelt meinte sie: „Ich habe es geahnt. Als ich dich letztens bei den Hühnern gesehen habe, hast du dir ganz liebevoll über den Bauch gestreichelt und auch so… ich finde du siehst anders aus.“ Meine Überraschung wich der Freude, denn deutlich sah man sie ihr an. Ein glückliches, liebevolles Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich schenkte es der jungen Frau vor mir. „Danke, Lillie“, meinte ich ehrlich und erst nach einem Augenblick zwang ich meine Gefühle zu verdrängen. Denn ich hatte gelernt, dass Gefühle nicht Entscheidungen zu beeinflussen hatten. Natürlich schaffte ich dies nicht immer, doch mein Kopf wusste, dass es gerade Wichtigeres zu besprechen gab. Etwas, was man nicht einfach vor sich her schieben sollte. Zudem befanden wir uns in einem Haus, welches nicht einmal uns gehörte. Es schien, als hätte Ragnar meine Gedanken gelesen, denn auf einmal sprach er: „Ich werde schauen, wie ich vorgehen muss.“ Sein Blick glitt zu der Tür, welche Otwail hinter sich zu gezogen hatte. Ohne genau darüber nachzudenken fragte ich: „Kann man den Menschen hier vertrauen? Sie haben mich hier sehr offen in Empfang genommen. Etwas, was ich sonst noch nie in diesem Land hatte.“ Nachdenklich kratze sich Ragnar an der Schläfe und nach einem Moment erklärte er: „Otwail und Ulveig mögen sich nicht. Ulveig hat Inga, als er betrunken war, einmal sehr heftig angegriffen und sie mit seinem Messer im Gesicht verletzt… Zudem macht er sich ständig über Otwail lustig, da er keinen einzigen Sohn hat… Er will jetzt wo seine Töchter auf der Welt sind, dass sie es genauso haben sollen wie es Söhne hätten. Etwas womit er sich mit Ulveig nie verstehen wird.“ Perplex blinzelte ich meinen Gatten an. Wie konnte man sich darüber lustig machen? Ich hatte dafür einfach kein Verständnis. Doch natürlich erfreuten mich diese Aussagen auch, denn vermutlich war Otwail nicht auf Ulveigs Seite und wir hatten Mitstreiter definitiv nötig! „Dann hole ihn rein und sprich mit ihm.“ Kurz betrachtete mich mein Mann und es schien, als würde er sich meine Worte durch den Kopf gehen lassen, bevor er zur Tür trat und sie öffnete. Otwail und Inga betraten ihr Haus und sofort eröffnete mein Mann, was geschehen war. Ernst wurde der große kräftige Mann vor mir und verschränkte die Arme vor der Brust. Auch er nahm das Tagebuch zur Hand und leise murmelte er: „Ich habe deinen Bruder immer sehr geschätzt, Ragnar. Sein Verlust war schrecklich.“ Kurz war ich überrascht, als er das Buch an seine Frau weiterreichte und doch machte es diesen Menschen gleich sehr viel sympathischer. Ihm schien die Meinung seiner Frau wichtig zu sein. Auch Ingas Augen wanderten über das Buch und ernst sah sie ihren Mann an. „So kann es nicht weiter gehen, Otwail. Das hier war der Anfang. Schau dir an, was er in den ganzen Jahren Schritt für Schritt verändert hat. Unser Ältestenrat wird doch nicht mehr gehört und auch er selbst wird nicht mehr wirklich hinterfragt. Seine Frau liegt im Sterben und niemanden interessiert es. Die Macht hat ihn zu einem Monster werden lassen. Und so etwas braucht niemand. Es muss endlich was getan werden!“, ihre Stimme klang kämpferisch während sie sprach und ich war überrascht von ihren Worten. Ich hatte gedacht, dass ich mit meiner Art hier alleine wäre. Doch anscheinend hatte ich mich geirrt. Und es freute mich sehr, dass ich falsch gelegen hatte. Zufrieden sah ich Inga an. „Woher weißt du, dass Ulveigs Frau im Sterben liegen soll?“, wollte mein Mann wissen und blickte sie skeptisch an. Auch mein letzter Stand war, dass es ihr nur nicht gut ging. „Ich habe mit ihrer Mutter gesprochen. Das arme Mädchen ist ganz blass und ihre Mutter sagte, dass sie sich regelmäßig übergibt und sie von Tag zu Tag schwächer wird. Ich habe auch gehört, dass ihre Hautfarbe eine unnatürliche Farbe bekommen haben soll. Ich nehme an, dass die junge Frau nach und nach vergiftet wird. Ich verstehe nur den Grund nicht.“ Ragnars und meine Augen trafen sich und schweigend sahen wir einander in die Augen. Doch noch bevor ich abwägen konnte, ob es sinnvoll sei etwas zu sagen, meinte mein Mann: „Ulveig hat anscheinend Interesse an meiner Frau. Er ist in unser Haus gekommen und hat sie bedroht. Doch nach diesem einmaligen Vorfall ist es ruhig geworden und ich hatte gehofft, dass es vielleicht nur der Alkohol war, der aus ihm gesprochen hat. Er selbst konnte Thalia damals nicht zur Frau nehmen, aber ich erinnere mich deutlich, dass er nach dem Kampf häufig über sie und ihr Aussehen sprach.“ Ich war froh zu hören, dass mir Ragnar glaubte und doch war ich wieder einmal von seiner Naivität überrascht. Mir fiel auch kein besseres Wort ein. Vielleicht war er wirklich ab und zu etwas naiv. Doch dann konnte ich das auch nicht mehr ändern. Otwail betrachtete mich und auch Ingas Augen glitten an mir entlang. „Dann solltet du dich und dein ungeborenes Kind in Sicherheit bringen. Schließlich scheint er nicht einmal davor zurück zu schrecken, die Mutter seines Sohnes umzubringen“, sprach sie zu mir und perplex weiteten sich meine Augen. Ich brauchte nicht zu fragen, woher sie es wusste, denn der Ausdruck auf meinem Gesicht ließ sie schmunzeln und noch bevor ich nachfragen konnte erklärte sie: „Ich bin Heilerin und kenne mich auch mit werdenden Müttern aus. Ich habe gesehen, dass du dir nach dem Ritt sehr liebevoll über den Bauch gestrichen hast. Vermutlich hast du es selbst nicht einmal wahrgenommen“, erklärte sie mit freundlicher und sehr einfühlsamer Stimme. Warum ich etwas rot wurde, verstand ich selber nicht. Doch irgendwie, war es mir unangenehm, dass mich diese Frau so sehr beobachtet hatte. Mit einem flüchtigen Lächeln auf meinen Lippen nickte ich leicht. „Darauf habe ich wirklich nicht geachtet“, murmelte ich vor mich hin und doch glaubte ich, dass alle Umstehenden mich verstanden hatten. Allerdings sammelte ich mich schnell, denn es gab Wichtigeres zu besprechen. „Wie gehen wir jetzt vor?“, wollte ich wissen und sah zwischen den Beteiligten hin und her. Ragnar und Otwail sahen einander an und sofort meinte mein Gatte: „Sven wird auf meiner Seite stehen, wie vermutlich auch Gunnar und seine Brüder.“ Unschlüssig lauschte ich den Männern und fragte sie, was sie denn vorhatten. „Wollt ihr ihn erschlagen? Ich würde mir das gut überlegen. Wenn er wirklich so ein guter Anführer ist, dann wird er Anhänger haben, welche auf seiner Seite stehen und wie werden die es aufnehmen, wenn er aus den eigenen Reihen getötet wird? Es würde im schlimmsten Falle zu einem Aufstand zwischen den Parteien kommen und ihr würdet ihn vielleicht noch zu einem Märtyrer machen. Sicherlich nichts, was wir wirklich wollt. Außerdem seid ihr nicht so viele.“ Überrascht sah mich mein Mann an und auch Otwail blickte ungläubig zu mir, bevor er lauthals lachte. „Na sieh mal an Ragnar“, meinte er laut lachend und schlug ihm auf die Schulter, „In deiner Frau steckt eine Meuchelmörderin. Gut Thalia. Du meinst also es sei besser wenn wir es heimlich tun?“ Ich stimmte nicht in das Lachen ein. Es störte mich nicht, doch gerade war mir einfach nicht danach. Dafür war ich zu ernst. Ich nickte zustimmend und dachte kurz nach. Leise durchdrang Lillies Stimme die aufkommende Stille zwischen uns. „Und wenn wir es machen wie er es tut? Mit Gift? Gibt es irgendein Gift, welches die Menschen einfach beim Schlafen tötet? So weiß niemand außer uns, was geschehen ist und niemand wird Rache üben wollen.“ Ich betrachtete meine junge Schwägerin. Sie war wirklich alles andere als dumm oder naiv für ihr Alter und als ich sah, wie Ragnar seine kleine Schwester betrachtete schien er sich dasselbe zu denken, wie ich es tat. „Ich denke“, meinte Inga auf einmal, „Dass ich da was hinbekommen könnte.“ Kapitel 24: Mutterinstinkte --------------------------- Guten Morgen, zunächst wünsche ich allen ein frohes neues Jahr. Ich hoffe, dass ihr mit diesem Kapitel Spaß habt. Es war vollkommen anders geplant und die Charaktere haben nicht das gemacht, was sie hätten tun sollen... Na ja, es war Weihnachten als ich es geschrieben habe :D Nun viel Spaß damit ;) ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es war ein komisches Gefühl einen Mord zu planen, denn eigentlich war ich ja keine Attentäterin. Doch es schien einfach keinen anderen Ausweg zu geben und so wie ich Ragnar betrachtete, war für ihn das Todesurteil schon gesetzt. Ich war eigentlich Politikerin. Natürlich hatte der ein oder andere Politiker einen Mord geplant, ihn aber vermutlich selten selber ausgeführt. Doch irgendwie ließen die Umstände nichts anderes zu. Wir hatten keine Wahl. Denn was war die Alternative? Meine Familie und ich wären in Gefahr! Eventuell sogar mein eigenes Kind.Es war einer Gefahr, die ich nicht abschätzen konnte. Und dies wollte ich unter keinen Umständen. Wer wusste schon, wie viel unschuldiges Blut an Ulveigs Händen klebte? Sicher nicht nur das von Jari. Aber eben jenes Blut war es, welches Unheil über ihn bringen würde, dachte ich im Stillen. Es war ein komisches Gefühl als Ragnar, Lillie und ich aufbrachen, zurück in unser Dorf. Zwischen jedem Baum, zwischen jedem Strauch hatte ich das Gefühl, dass jemand uns verfolgte. Dass jemand genau wusste, was wir geplant hatten. Inga, Otwails Frau, wollte in der Nähe des Gebirges nach einem bestimmten Kraut suchen. Sie bat mich ihr dabei zu helfen und so sollte ich bereits in zwei Tagen wieder kommen. Ich verstand nicht, weswegen wir nicht einfach eine Nacht als Gast im Haus von Otwail und seiner Frau verbringen konnten. Doch es war Ragnar der mir erklärte: „Du und Lillie seid aufgefallen als ihr das Dorf verlassen habt. Ihr solltet besser wieder gesichtet werden, bevor unsere Falle zuschlagen kann. Thalia, viele misstrauen dir und ich möchte ihnen unter keinen Umständen etwas geben, was sie gegen dich verwenden könnten“, erklärte er ernst und so wie er mich dabei betrachtete, hatte er vollkommen Recht. Hier in diesem Dorf ging seit längerem ein Wandel durch die Gesellschaft und dieser Wandel hatte nichts mit mir zu tun. Doch die anderen Dörfer schienen noch nicht so weit zu sein. Sie brauchten einen Anstoß und diesen gab ich ihnen. Dass ich das nie in dieser Form gewollt hatte, spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr. Die Leitfigur schien ich geworden zu sein. Ich war erneut mit Waffen aus dem Dorf hinausgegangen, alle wussten oder sahen, wie schwer ich es fand hier Fuß zu fassen. Wie viele mitbekommen hatten, dass ich etwas gegen Ulveig hatte, wusste ich nicht. Da ich nicht viel mit anderen Bewohnern sprach, konnte ich nur mutmaßen. Doch vermutlich waren es einige, denn schließlich hatte er auf die Hochzeit bestanden. Er wollte sie und kein anderer, nicht einmal mein Mann. Da ich mich schwer tat mit der Anpassung würden sicher viele mich verdächtigen, wenn ihrem Oberhaupt etwas zustieß. Wenn er auf einmal ohne ersichtlich Grund aus dem Leben schied, konnte es keiner vernünftig erklären. Und die Menschen neigten dazu, schnell einen Sündenbock zu finden. Da käme die Fremde aus einem fernen Land ihnen sicher nur Recht und es wäre noch nicht einmal gelogen.Während ich mir leicht über den Bauch strich wusste ich, dass ich nicht dieser Sündenbock sein will und auch gerade nicht kann. Widerwillig hatte ich zugestimmt und so machten wir drei uns auf den Heimweg. Es war bereits am dämmern und die Nacht würde schnell über uns hereinbrechen, dass wusste ich. Viel zu schnell schienen die Tage zu enden, wie würde das erst im Winter sein? Gäbe es Tage an denen die Sonne hier gar nicht scheint? Im Hellen würden wir es nicht mehr schaffen nach Hause zu gelangen. Zudem war der Weg vom Regen matschig und die Pferde rutschten des Öfteren weg. Sogar Freya hatte Probleme sicheren Halt zu finden. Die dichten und hohen Tannen warfen ihre Schatten auf uns und die dunklen, fast schon schwarzen Wolken über uns ließen den Weg schauriger aussehen, als ich es vermutlich je zugegeben hätte. Etwas unsicher biss ich mir auf die Lippen und blickte hinter mich. Doch nichts war zu sehen in dieser Dunkelheit und ich konnte nicht verhindern, dass ein ungutes Gefühl von mir Besitz ergriff. Mein ungutes Gefühl hinunterschluckend sah ich mich erneut um, als ich hinter mir ein seltsames Geräusch vernahm. Es hörte sich an wie ein Knurren und es schien als habe auch Freya erst jetzt gemerkt, dass etwas hinter uns war. Erschrocken sprang meine Stute einen Schritt nach vorne und nur, weil ich mich am Sattel festhielt, fiel ich nicht zu Boden. Allerdings war dafür ein großer Kraftaufwand notwendig. Natürlich schrie ich erschrocken auf und ich griff hart nach den Zügeln, denn ich wollte nicht, dass die Stute mit mir durchging. Auch Ragnars schwarzer Hengst und Lillies Pferd fuhren erschrocken herum. Etwas Großes, graues sprang heraus und es erinnerte mich an einen großen Hund. Doch ich ahnte was es war. Ich hatte nur von ihnen gelesen und noch nie stand ich einem gegenüber. Zwei große, dunkle Wölfe waren vor uns und ich hörte das laute und grollende Knurren aus den Schnauzen der Tiere. „Passt auf, wenn die Menschen angreifen müssen die fast am verhungern sein!“, warnte uns Ragnar und ich sah wie er nach seinem Schwert griff. Er hatte keinen Bogen dabei, denn nahm er vermutlich nur zur Jagd mit. Ein Zittern erfasste meinen Körper und ich spürte deutlich die Angst in mir. Panik stieg in mir auf und mein Puls begann zu rasen. Dies hier hatte nichts mit der Freude der Jagd zu tun die ich sonst verspürte. Einer der Wölfe schnappte nach meiner Stute, ein anderer nach Ragnars schwarzem Hengst. Idril schmiss Ragnar fast von seinem Rücken, als das Pferd sich ruckartig in Bewegung setzte und erschrocken den Kopf in die Höhe warf. Mein Herz zog sich erschrocken zusammen als ich beobachtete, wie Ragnar es nur gerade so schaffte sich auf den Rücken des Tieres zu halten. Wenn er fiel wäre es für ihn sicher noch gefährlicher zwischen den Wölfen und ob wir, Lillie und ich ihn dort ohne großen Schaden herausbekommen hätten ist fraglich. Ragnar schwang sein Schwert vom Rücken des Pferdes doch der Wolf wich aus. Seine Reichweite war zu Pferd einfach zu kurz um den Wolf zu treffen. Zudem war sein Schwert nicht geeignet für den Kampf hoch zu Ross, von seiner Streitaxt ganz zu schweigen. Ich zog mich zurück und sah zu den dunklen Büschen am Wegesrand, doch anscheinend lauerten dort nicht noch mehr Wölfe. Ein Wimmern drang an meine Ohren und ich bemerkte wie verängstigt Lillie auf ihrem braunen Pferd saß. Die Angst war deutlich in ihr Gesicht gemeißelt und auch sie schien nicht zu wissen, was sie tun sollte. Das zweite Tier schlich unbemerkt in Ragnars Rücken. Als ich begriff was der Wolf vor hatte rief ich laut: „Pass auf hinter dir!“ Ich griff nach dem Bogen an meiner Seite und war wütend auf mich selbst, dass ich ihn nicht vorher gezogen hatte. Ich war doch sonst eine so gute Jägerin? Wieso versagte ich denn genau jetzt damit? Allerdings wusste ich warum genau jetzt. Es lag daran, dass ich noch nie in einer so gefährlichen Situation war. Nichts hätte mich auf einen Kampf mit Wölfen vorbereiten können. Schließlich kannte ich sie einzig aus Geschichten und ich hatte nie einen selbst kennen gelernt. Mein Mann drehte sich mit dem Pferd grade noch rechtzeitig um, denn der Wolf setzte grade zum Sprung an. Es war mehr ein herumfuchteln als ein gezielter Schwerthieb mit dem Ragnar das Tier erwischte. Doch es reichte aus um den Wolf schwer zu verletzen. Er Jaulte laut auf und fiel blutend auf die Seite. Eine große Wunde war an seiner Seite zu sehen. Das würde das Tier sicher nicht überleben. So sehr war mein Blick gefesselt von dem sterbenden Tier, dass ich gar nicht mitbekam was auf der anderen Seite geschah. Der zweite Wolf, sie schienen wirklich am Verhungern zu sein, sprang an Ragnars Bein hinauf. Der Wolf hatte ihn am Bein gepackt und Ragnar fiel auf den Boden. Schmerzerfüllt schrie er auf und trat nach dem Tier. Er stand so schnell er konnte wieder auf, als der Wolf von ihm abließ und schlug erneut mit dem Schwert nach ihm. Doch er traf ihn nicht, sondern hielt das wilde Ter einzig auf Abstand. „Geh!!“, schrie er den Wolf an und zu meinem Erstaunen zeigte es Wirkung. Er legte die Ohren an und ging ein paar Schritte rückwärts. Ein erneuter Schwerthieb traf den Wolf fast und wieder Schrie er: „Geh!!“. Es war als würde der Wolf einsehen dass er keine Chance hatte alleine. Knurrend entfernte er sich und als er etwas Schutz in einem Busch fand drehte er um und rannte in den Wald zurück. Sofort war ich bei Ragnar und betrachtete die Bisswunde. Sie war nicht sehr tief. Den Göttern sein Dank. Als ich sie versorgen wollte, hielt Ragnar mich zurück. „Lass es gut sein, Prinzessin“, murmelte er und zwinkerte mir sogar leicht zu, was ich allerdings kaum noch wahrnehmen konnte, „Ich mache das. Kümmere du dich über das tote Tier. Du weißt ja wie so etwas geht.“ Unsicher sah ich meinen Mann an, doch er schien es vollkommen erst zu meinen. Vielleicht kannte er sich mit dieser Art Verletzung aus. Er wiederholte seine Worte als er mein Zögern bemerkte. Kein Tier sollte umsonst gestorben sein. Das Fell könne man verkaufen oder für das Kind eine Decke anfertigen. „Außerdem können wir sagen, dass du und Lillie jagen wart… Mit mir… mit dem Tier als Beweis wird man euch glauben“, sagte er und hievte das tote Tier auf den Rücken seines Pferdes. Es war eine widerliche Angelegenheit gewesen und an der feuchten Wiese wischte ich mir das Blut von den Händen. Idril fand es überhaupt nicht toll, dass er den Wolf auf seinen Rücken hatte. Der schwarze Hengst ließ nervös seinen Schweif hin und her schlagen und tänzelte nervös hin und her. Seine Ohren zuckten nervös. Ich konnte mir denken, dass es für das Tier wahrlich unangenehm war. Doch fest und selbstsicher nahm Ragnar die Zügel wieder zur Hand und wir setzten unseren Weg fort. Wir waren erst wenige Schritte gegangen, als ich hinter mir etwas fiepen hörte. Mir gerunzelter Stirn blickte ich mich um und sah zwei kleine graue Schatten hinter mir. Winzig wirkten sie und schienen alles andere als bedrohlich zu sein. Sie liefen so schnell sie konnten und mit gerunzelter Stirn betrachtete ich sie. „Schaut mal“, meinte ich und drehte mich in meinem Sattel um und hielt Freya an. Gekonnt sprang ich aus dem Sattel und sofort kauerten sich die kleinen grauen Winzlinge zusammen. Durch die Wipfel drang dämmeriges Licht und als ich näher an die beiden kleinen Wesen herantrat sah ich, dass es kleine Welpen sein mussten. Sie hatten ihre Schwänze eingezogen und knurrten mich leicht an. Einer der beiden stellte sich vor sein Geschwisterchen und versuchte mich weiterhin zu bedrohen. Ich verstand, weswegen sie uns folgten. Es mussten die Jungen des Wolfes sein, den ich erlegt hatte. Derjenige der Ragnar angegriffen hatte. „Das sind noch Jungtiere“, meinte ich und ein sanfter Ausdruck erschien auf meinem Gesicht. Sie waren niedlich und hatten gerade ihre Mutter verloren. Normalerweise war mir so etwas vollkommen gleichgültig. So war die Natur und schließlich mussten wir gerade unsere Leben retten. Da war es ebenso. Und doch taten sie mir leid. Langsam streckte ich meine Hand zu den kleinen grauen Wollknäulen aus und der kleine welcher gerade noch in Lauerstellung war gab ein Knurren von sich und sprang doch mehrere Schritte zurück. Gerade als ich anfangen wollte beruhigend auf die Kleinen einzusprechen durchdrang Ragnars tiefe Stimme die Stille der Dämmerung. „Dann erschlag sie doch. Aus denen kann man warme und weiche Handschuhe machen“, meinte er und sah mich von dem Rücken seines schwarzen Hengstes herab an. Entsetzen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Er wollte, dass ich diese kleinen unschuldigen Wesen umbringe? Wieso? Das ergab doch keinen Sinn? Sie liefen uns doch nur nach, weil sie bei ihrer Mutter sein wollten. Etwas in meinem Inneren zog sich zusammen als ich das dachte und verneinend schüttelte ich den Kopf. „Vergiss es. So etwas kann ich doch nicht machen! Ragnar, die wollen doch nur bei ihrer Mutter sein“, meinte ich mit leiser und erstaunlich sanfter Stimme. Immer noch hockte ich vor den grauen Tierchen und hielt ihnen meine Hand entgegen. Ein genervtes Seufzten durchdrang die Stille des Waldes und ein leises kichern von Lillie folgte. „Sind das diese komischen Stimmungsschwankungen von denen meine Mutter erzählt hatte? Die Welpen werden größer, und dann?“, fragte Ragnar und deutlich hörte man die Unzufriedenheit heraus. Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern und freute mich gerade, als eines der kleinen Tiere auf mich zukam und unsicher an meiner Hand zu riechen begann. Auch der zweite, etwas unsichere, kam langsam auf uns zu. „Thalia“, mahnte mich die Stimme meines Mannes, „Du kannst die nicht mitnehmen und behalten. Wie sieht das denn aus? Die wollen bei ihrer Mutter sein und sollen dann auf ihren Fell vor unserem Kamin mit ihr kuscheln oder was? Und was hast du bitte später mit den Beiden vor? Wenn die groß sind, dann sind die eine Gefahr für uns und unser Kind. Wölfe greifen Menschen an. Das ist so, du hast es doch gerade mitbekommen.“ Langsam schüttelte ich den Kopf. Ich wollte so etwas nicht hören. Diese kleinen, unschuldigen Tiere. Für mich zählte gerade nur noch, dass diese kleinen Tiere ihre Mutter verloren hatten. Etwas, was mich gerade fast zu Tränen hätte rühren können und ich verstand einfach nicht warum. Es waren doch nur Tiere? Wieso nahm mich das gerade so mit? „Ich will sie aber mitnehmen. Sie sind klein und können sich an die Menschen gewöhnen“, meinte ich leise und versuchte eines der kleinen Tiere zu streicheln. Der Mutigere von den beiden ließ es zu, jedoch schien er mich immer noch aufmerksam zu mustern. „Das kannst du nicht machen. Was glaubst du, wie die anderen reden werden, wenn du auf einmal mit zwei Wolfsjungen auftauchst?“, wollte Ragnar mit einem genervten Stöhnen von mir wissen. Allerdgins war es mir gerade wirklich egal. Sie hatten ihre Mutter verloren. Sie waren also so etwas wie Waisenkinder! Selten hatte mich das Schicksal von Tieren so sehr mitgenommen, wie das der beiden kleinen Wolfsjungen. Der mutige von den beiden ließ sich gerade von mir streicheln, während der andere uns aus kurzer Entfernung beobachtete. Unschlüssig biss ich mir auf die Lippen und runzelte die Stirn. Was war richtig? Doch als auch der zweite kleine Wolf bei mir war, griff ich beide im Nacken und hob sie hoch. Sie wehrten sich, doch schnell beruhigten sie sich und fiepten in meiner Hand. Sie waren gerade einmal so groß wie Hundewelpen und nichts war an ihnen gerade irgendwie gefährlich. „Du kannst die nicht behalten!“, meinte Ragnar und seine Stimme klang dominanter als ich es gewohnt war. Dennoch schüttelte ich den Kopf. „Nein“, wiedersetze ich mich ihm und hatte nur Augen für die Tierkinder in meiner Hand, „Ich werde sie hier nicht zurücklassen! Und ich werde sie auch nicht töten um ihr Fell zu haben! Sie haben ihre Mutter verloren und ich kümmere mich jetzt um die Kleinen. Die Anderen im Dorf reden doch eh alle schon, dann haben sie jetzt etwas Neues über das sie sich unterhalten können!“ Ich verstaute die Tiere in meiner Satteltasche und verschränkte die Arme vor der Brust. Unruhig begann Freya hin und her zu tänzeln, denn ihr gefiel es auch nicht, dass die Tiere so nah bei ihr waren. Ich war erstaunt, wie ruhig die kleinen Tiere blieben. Doch vielleicht war es auch die Dunkelheit welche sie beruhigte. Lillie lachte leise und fast hätte ich sie vergessen, bis sie einen Laut von sich gab. „Man, Ragnar… Sei nicht so zu deiner Frau. Sie bekommt gerade ein Kind, du weißt doch noch von Sontje, dass Frauen dann oftmals komisch reagieren“, erklärte sie fröhlich und trieb das braune Pferd an. Vermutlich wollte sie endlich wieder im Dorf eintreffen und in ihr warmes Bett. Tatsächlich würde ich mir auch so etwas wünschen. Ich legte meine Hand auf die Satteltasche und spürte die warmen Körper der beiden kleinen Tiere und kam nicht umhin, dass ein sanftes Lächeln auf meinen Lippen lag. Konnten solch wilde Tiere eigentlich wieder zahm werden? Ich wusste es nicht. Vermutlich würden die beiden nie wie Hunde werden, denn schließlich waren es auch keine Hunde. Schweigend ritten wir weiter, doch ich bemerkte den unzufriedenen Ausdruck auf Ragnars Gesicht. „Es wird schon nichts passieren. Ich bitte dich Ragnar, wir reden hier nicht von großen Bestien, sondern von kleinen Tierbabys“, meinte ich und ritt neben meinem Mann her. Unzufrieden sah er mich an und ich sah wie er sich über den dichten Vollbart strich, immer noch hielt er ihn auf dieser Länge gestutzt und es stand ihm unglaublich gut. „Ich glaube nicht, dass solche Tiere zahm werden. Die Wildheit ist in ihrem Gemüt verankert, Thalia. Das kannst du ihnen nicht abtrainieren. Es sind und bleiben Wildtiere. Wenn du einen Hund möchtest können wir darüber gerne reden“, schlug er mit einem fast schon verzweifelten Unterton vor und fügte hinzu, „Was ist, wenn sie die ganzen Hühner tot beißen? Meine Eltern wollen sicher auch keine Wölfe auf dem Hof haben. Und sie haben auch ein Mitspracherecht, findest du nicht?“ Nun war es an mir unschlüssig auf den Lippen herum zu kaufen, denn Ragnar hatte Recht. Was, wenn die beiden beginnen die Hühner zu reißen? Das wäre nicht gut und nicht nur, weil ich nicht noch mehr Probleme mit meinen Schwiegereltern wollte. Unschlüssig würden meine Gefühle, denn er hatte einfach so sehr Recht und doch konnte ich sie doch nicht einfach so ihrem Schicksal überlassen. Das ging einfach nicht. „Aber sie sind doch jetzt alleine, ich kann sie doch nicht einfach aussetzen und… und dann war es das“, meinte ich und ich hörte selbst heraus, dass meine Stimme erstaunlich verzweifelt klang. Ich verstand mich gerade einfach selbst nicht. Was war los mit mir? Langsam schüttelte ich den Kopf und schniefte leicht. Das war doch nicht normal! „Ragnar, was soll ich denn machen?“, fragte ich und verzweifelt klang meine Stimme. Unschlüssig zuckte mein Mann mit den Schultern. Er schien es selber nicht zu wissen. „Thalia…. Es ist Natur… du kannst sie frei lassen. Sie haben noch ein Rudel… Wölfe sind keine Hunde… Bitte lass sie laufen… reib sie mit Laub ein und dann überlass sie der Natur… Wenn sie nicht durchkommen, dann ist das leider so, daran kann man nichts ändern“, sprach mein Mann mit ruhiger Stimme auf mich ein. Und ich wusste, dass er Recht hatte. Traurig biss ich mir auf die Lippen und stieg von Freya ab. Er hatte leider Recht und so tat ich das, was er mir gesagt hatte. Ich rieb die kleinen Welpen mit Erde ein und als ich sie absetzte und wir weiter ritten kamen sie uns nicht nach. Doch sie riefen und als ich fast schon umkehren wollte sah ich wie Ragnar den Kopf schüttelte. „Nicht…. Das ist die Natur… das ist leider so…Ach Thalia, die Natur kann grausam sein, aber du kannst keine Wölfe aufziehen. Das geht nicht. Vielleicht kommen sie ja durch und wenn nicht… es sind nicht die einzigen Wölfe in dem Wald hier“, sprach er ruhig auf mich ein und langsam schüttelte ich den Kopf. „Und denk an unseren Auftrag. Der ist doch viel wichtiger, findest du nicht?“ Unseren Auftrag? Den hätte ich bei all dem Gefühlschaos gerade fast vergessen. Langsam nickte ich und ein leichtes, wenn auch trauriges Lächeln schlich auf meine Lippen. „Werde ich schon nicht“, murmelte ich und zufrieden nickte ein Mann und strich sich über den kurzen Bart. „Gut Prinzessin“, meinte er leise und trieb Idril an schneller zu gehen. Es dauerte lange, bis wir wieder in der Siedlung ankamen und die Nacht hatte ihre Schwingen bereits über den Himmel ausgebreitet und vereinzelt sah man zwischen den Wolkenfetzen die Sterne glitzern. Es war, als sei nichts geschehen. Wir gaben unsere Pferde ab und niemand der Stallburschen sprach mit uns. Missmutig sahen sie den Wolf an und als sie sahen, dass Ragnar leicht hinkte fragte sie, ob wir angegriffen wurden. Ernst nickte mein Mann und erklärte: „Ja, aber meine Frau hat den Wolf mit ihrem Schwert erlegt erlegt. Wir holen ihn morgen ab. Lagert ihn im Schuppen.“ Überrascht sahen mich die beiden an und ich betrachtete sie stur. Sie schienen sehr verwundert und wussten anscheinend nicht, was sie sagen sollten. Mir war dies allerdings vollkommen egal. Ich brauchte gerade kein Gespräch mit ihnen führen und mit erhobenen Hauptes ging ich weg von dem Stall, Lillie und Ragnar an meiner Seite. Alles war so normal. Hinter den zugezogenen Fensterläden oder Gardinen sah man das Licht von Kerzen. Einige Katzen kreuzten unseren Weg und zwei, drei vereinzelte Menschen schienen erst jetzt den Heimweg antreten zu können. Auch aus der Schmiede von Ragnars Vater drang noch Licht und Rauch stieg in den schwarzen Himmel hinauf. Es war als haben Ragnar, ich und die anderen nicht einen Plan ausgeheckt und uns gegen Ulveig verschworen. Es war einfach ein normaler Abend. Kapitel 25: Ulveigs wahre Absichten ----------------------------------- Endlich kehrten wir in unser Haus ein und als sich die Tür hinter uns schloss, merkte ich auf einmal wie Ragnar in sich zusammenzusacken schien. Plötzlich und für mich vollkommen unerwartet, schien er einfach schwach zu werden. Langsam löste er seinen Gürtel und stellte seine Waffen an die Wand. Den ledernen Wams ließ er auf einen Stuhl fallen und noch immer sprach er nicht ein Wort. Was war los mit ihm? Irgendetwas war komisch geworden. Doch was genau konnte ich nicht einschätzen. Irgendwie wurde die Stille, welche den Raum erfüllte so drückend, dass ich begann mich unwohl zu fühlen. Darauf bedacht leise zu sein, lehnte ich meinen Bogen an die Wand und ließ den Köcher zu Boden gleiten. Das Kurzschwert packte ich auf den Küchentisch und immer noch war ich unsicher, ob und was ich sagen sollte. Ragnar selbst schien tief in Gedanken versunken zu sein. Seine Schultern waren nach vorne gefallen und Trauer spiegelte sich in seinem Gesicht wieder. Trotz seiner Größe wirkte er in diesen Augenblick sehr schwach. Leise räusperte ich mich und es dauerte einen Moment bis die Augen meines Mannes auf mich gerichtet waren. Seine offensichtliche Schwäche verwirrte mich und wenn ich ehrlich war, machte sie mir sogar etwas Angst. Schließlich kannte ich ihn so nicht. „Was ist los, Ragnar?“, wollte ich leise wissen und kam auf den großen Rothaarigen zu. Meine Hände strichen über seinen Unterarm und meine Hand fand die seine. Sanft drückte ich sie und nur leicht erwiderte er den Händedruck. Als ich schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete begann mein Mann leise zu erklären. „Ich fühle mich schuldig… Schuldig meinen Bruder im Stich gelassen zu haben… Schuldig, dass ich diesen Verrat nicht bemerkt habe und… ja“, beendete er etwas abrupt seine Erklärung. Natürlich war es für ihn eine schreckliche Wahrheit mit welcher ich ihn heute konfrontiert hatte. Vermutlich war es das eine, dass man ein Familienmitglied an einen Feind verliert, schließlich war er ein Krieger, ein Soldat. Dieser Beruf barg die Gefahr zu fallen und nie wieder zu zurück zu kommen. Allerdings war Jaris Tod anders. Es war ein Mord. Ein Mord, geplant und ausgeführt von einem Menschen dem man vertraute, den man schätze, vielleicht auch jemanden mit dem man gerne zusammen saß. Natürlich ergab Ragnars plötzliche Trauer, seine Schwäche nun Sinn und irgendwie tat es mir schrecklich leid. Doch so gerne ich es wollte, ich konnte ihm diesen Schmerz und diese Erinnerung einfach nicht nehmen. So gerne ich es auch getan hätte. Natürlich hatte Ragnar gerade nicht seine Schwäche und Trauer gezeigt. Zu wichtig war ihm seine Wirkung und sein Ansehen bei seinen Freunden und auch Fremden. Männer durften hier nicht schwach sein. Wahrscheinlich durfte auch Trauer nicht zu sehr nach außen gezeigt werden. Doch mir hätte bewusst sein sollen, dass da welche war. Wie unempathisch ich mich doch verhalten hatte! Ein schlechtes Gewissen wuchs in mir. Ich wollte schließlich nicht kaltherzig sein. Aber mein Kopf war so häufig am Nachdenken, dass ich vieles vielleicht zu spät bemerkte. Immer noch waren die Augen meines Mannes von Trauer erfüllt und er sah mir nicht in die Augen. Ich zog den großen Krieger zu mir und schlang meine Arme um seinen Körper. Liebevoll drückte ich ihn und wusste, wenn ich ehrlich war nicht was ich sagen sollte. Er durfte und sollte schließlich trauern, dass er mich an seiner Trauer teilhaben ließ zeigte mir eigentlich nur, wie sehr er mit vertraute. Sein so vertrauter Geruch umhüllte mich ich spürte wie er zufrieden und leicht ausatmete. Sanft streichelte ich seinen Rücken und mit mitfühlender Stimme sprach ich: „Es tut mir so leid, was deiner Familie und dir angetan wurde. Ich kann nur erahnen wie sehr du deinen Bruder vermisst. Doch wenn du ihn so sehr liebt wie ich meinen Bruder liebe, wünschte ich, dass ich dir etwas von deinem Schmerz nehmen könnte.“ Ragnars Arme, welche sich während meines Monologes um mich legten drückten mich kräftig an seine Seite. Seine großen Hände strichen über meinen Rücken und strichen mir leicht durch die blonden Haare. „Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen“, murmelte er und langsam entließ er mich aus seiner Umarmung. Deutlich sah man in seinen grünen Augen den schmerzlichen Ausdruck und ich war mir nicht sicher, ob sie gerade heller aussahen wie noch vor wenigen Augenblicken. Ich verstand ihn und ein liebevolles Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Wie oft hatte ich mir genau diesen Wunsch in Gedanken immer und immer wieder gesagt. „Vielleicht sollte man sich weniger fragen, was wäre wenn… Sondern sich…. So schwer es ist einfach auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Wir rächen deinen Bruder und all die Anderen, die unwissend und unschuldig von Ulveig beseitigt wurden“, meinte ich und merkte wie kämpferisch meine Stimme wurde. Liebevoll strich mir Ragnar eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte mich leicht an. „Natürlich werden wir das, Prinzessin. Er wird dafür bezahlen und auch, dass er dir gedroht und dich angefasst hat. Es kam nur so plötzlich heute…. So von Jari zu hören und nicht darauf vorbereitet zu sein und dann… Diese Worte… Als ich sie las kamen in mir Erinnerungen wieder. Erinnerungen von denen ich nicht einmal wusste, dass sie noch da waren. Und seine Stimme, die Art wie er geschrieben hatte, so hatte er auch gesprochen…. Es war für mich, als würde ich noch einmal auf meinen Bruder treffen. Aber als könnte ich ihm nichts sagen und ich hätte ihm so gerne noch das ein oder andere gesagt, bevor er starb.“ Unsicher biss ich mir auf die Lippen, denn so wie er es beschrieb musste es mehr als schmerzvoll gewesen sein, das Tagebuch zu lesen. Und ich hatte es ihm einfach in die Hand gedrückt… Mir war bewusst, dass es unsinnig war, doch ein schlechtes Gewissen wuchs in mir und ich fragte mich, ob ich mich in Ragnars Situation gefreut hätte oder nicht. Noch einmal etwas Neues von einem geliebten Menschen zu hören war sicherlich schrecklich und doch war es doch auch irgendwie schön? Ich konnte selbst keine passende Antwort darauf finden und so versuchte ich mich wieder zurückzuholen in das Hier und Jetzt. Leicht nickte ich und drückte sanft seine Hand. Ich zog ihn zum Kamin und drückte Ragnar einfach auf den Sessel. „Meine Mutter sagte immer, wenn jemand traurig ist sollte man einen Tee machen. Ich mach dir jetzt einen und dann entspannen wir einfach etwas. In Ordnung?“, wollte ich wissen und ging doch ohne eine Antwort abzuwarten einfach zum Wasserkessel. Wenn ich jetzt nichts tat, dann hätte ich wieder das Gefühl meinem Mann in seiner Trauer im Stich gelassen zu haben. Während das Wasser vor sich hin kochte entfachte ich im Kamin ein Feuer. Ragnar schien währenddessen immer noch tief in Gedanken versunken zu sein und doch ließ ich ihn. Mir war bewusst, dass ich ihn nicht einfach aufmuntern konnte. Es gab einfach Momente und Situationen die man einfach nicht schön sprechen konnte und, wenn ich ehrlich war, wollte ich es auch nicht. Auch Ragnar durfte sich schlecht fühlen, durfte trauern und da ich wusste wie sehr er seinen Bruder geliebt hatte, sollte er auch die Zeit bekommen. Wenn der Tag Wunden aufgerissen hatte, dann brauchte es die Zeit diese Wunden verheilen zu lassen. Ich goss heißes Wasser in eine Tasse und die Kräuter im Inneren begannen ihr Aroma zu entfalten. Nachdem ich ihm das heiße Getränk gereicht hatte zog er mich einfach auf seinen Schoß und drückte meinen Körper an den Seinen. Entspannt lehnte ich mich an meinen Mann und sanft streichelte er mir über den Rücken und betrachtete das Feuer im Kamin. Sein Geruch nebelte mich ein und als Ragnar langsam begann mich zu kraulen konnte ich nicht wiederstehen genüsslich die Augen zu schließen. Es tat einfach unglaublich gut. Er trank den Tee und strich mir immer wieder durch meine Haare. Spielte fast schon mit ihnen. Keiner von uns beiden schien die einvernehmliche Stille durchbrechen zu wollen und ich merkte erst viel zu spät, dass ich eingenickt war. Ragnar setzte sich auf und weckte mich aus meinem Halbschlaf. Erschrocken setzte ich mich auf und leise lachte mein Gatte. „Mein Bein schläft ein… Wenn du so müde bist geh besser zu Bett“, meinte er und ich musste zustimmen, dass er Recht hatte. Leicht nickte ich, während ich mich endlich von ihm erhob und gähnend die Hand vor dem Mund hielt. „Du hast Recht“, murmelte ich und streckte meine Glieder, „Willst du mit ins Bett?“ Ein leichtes Lächeln zierte das Gesicht Ragnars und ein warmer und sanfter Ausdruck erschien in seinen grünen Augen. Er nickte und erhob sich langsam von dem Sessel. Nachdem wir uns beide fertig gemacht hatten und uns zusammen in das Bett gelegt hatten, drückte er mich wieder an seine Seite und streichelte sanft und liebevoll mein Gesicht. „Weißt du…Jari hätte mich wirklich beneidet um dich… Du verkörperst alles, was er von einer Frau wollte. Er wollte immer, dass seine Frau andere…. Na ja andere Gesichtspunkte hat umso seinen eigenen Horizont zu erweitern. Er hat sich immer gewünscht, dass seine Frau exotisch ist und anders als die Frauen hier. Er wäre dir… vielleicht von Anfang an auch ein besserer Ehemann gewesen“, sprach Ragnar mit sanfter Stimme und strich mir weiterhin über die Wange. Ein trauriges Lächeln zierte meine Lippen und nach einem Augenblick sprach ich das, was ich dachte: „Ragnar, dass weißt du gar nicht. Vielleicht wären wir auch gar nicht miteinander ausgekommen und selbst wenn, spielt es doch keine Rolle mehr. Ich liebe dich und nicht deinen Bruder. Aber ich wünschte, ich hätte ihn kennen gelernt. Denn wenn du ihn so sehr vermisst, dann muss er wirklich ein guter Mensch gewesen sein. Aber versuch nicht nur an das Schlechte zu denken, denke auch an das Gute zu erinnern. Ich habe deinem Vater einmal gesagt, dass die Toten uns erst dann verlassen, wenn keiner mehr an sie denkt.“ Ein sanftes und liebevolles Lächeln schlich sich auf Ragnars Gesicht. „Das hast du meinem Vater gesagt? Ihm werden sicher die Tränen gekommen sein…. So wie ich ihn kenne“, murmelte er leise. Wie gut er Raik kannte, doch es wunderte mich nicht. So nah wie sich standen, kannten sie einander einfach ziemlich gut. Wir legten uns ins Bett und sofort nahm mich mein Gatte in den Arm und drückte mich an seine Brust. Liebevoll wanderte seine Hand zu meinem Bauch und sanft strich er über diesen. „Er ist wirklich jetzt schon größer geworden“, meinte er und immer wieder strichen seine großen Hände über meine Körpermitte. Nach einem Moment der Stille fragte ich: „Wärst du traurig, wenn es kein Junge wird?“ So wie diese Gesellschaft war würde es mich nicht wundern, wenn einige Männer bei der Geburt eines Mädchens sehr enttäuscht wären. Umso erleichterte war ich als ich Ragnars tiefe und ruhige Stimme hörte: „Nein, wäre ich nicht. Sie soll dann aber deine Augen bekommen. Sonst muss ich mit ihr ein ernstes Wörtchen reden.“ Natürlich meinte er es nicht ernst, das verstand ich sofort und ein leises Lachen stahl sich aus meinen Lippen. „Hoffentlich hat sie das gehört“, scherzte ich herum und konnte auch nicht widerstehen über meinen verhärteten Bauch zu streicheln. „Wie sieht es mit dir aus?“, wollte Ragnar wissen und ich merkte, dass die Trauer ihn verlassen hatte, denn klarer und glücklicher sprach er mit mir, „Du scheinst sehr überzeugt zu sein, dass wir eine Tochter bekommen, was ist wenn du einen Sohn kriegst? Bist du dann enttäuscht?“ Ein freches Grinsen legte sich auf meine Lippen und den Kopf schüttelnd erwiderte ich: „Nein, solange er meinen Verstand bekommt ist alles gut.“ Ein tiefes Lachen drang aus der Kehle meines Mannes und als ich seine Finger unter meinen Achseln merkte zuckte ich lachend zusammen. Ich vergaß mit Ragnar die Probleme welche uns eigentlich verfolgten und schaffte es mit ihm in meine eigene kleine heile Welt zu flüchten. Dieser Abend gehörte uns und niemand konnte gerade dort hinein. Es dauerte lange bis wir zum Schlafen kamen, denn nachdem ich mich lachend unter ihm gewunden hatte kamen seinen Lippen. Sie überfielen meinen Mund, strichen über meinen Hals. Sein Bart kratze mich und seine Hände ließen mich wahnsinnig werden. Schon am nächsten Tag holte mich die Realität ein. Schließlich hatten Ragnar und ich einen Mord zu planen und mir selbst war durchaus bewusst, wie falsch dies in meinen Ohren klang. Schließlich wollte ich nie eine Attentäterin sein. Gerade als ich mich mit Ragnar darüber unterhielt, dass wir uns in zwei Tagen auf den Weg zu Otwail machen mussten, klopfte es an unserer Haustür und nur mit Mühe schaffte ich es ein genervtes Stöhnen zu unterdrücken als ich meiner Schwiegermutter ins Gesicht blickte. „Ah gut, dass du da bist! Ich muss mit dir sprechen“, meinte sie und ein erstaunlich strenger Unterton schwang in ihrer Stimme mit. Was war denn ihr Problem? Etwas widerwillig ließ ich Inga eintreten und freudig begrüßte sie ihren Sohn, drückte ihn und wollte ihn auf die Wange küssen. Dies jedoch ließ mein Mann nicht zu. Etwas, was ich durchaus verstehen konnte. „Thalia“, begann Inga mit tadelnder Stimme auf mich einzusprechen und ich fragte mich, was ich wieder angestellt hatte, „Wie kannst du meine Tochter einfach mit auf die Jagd nehmen? Sie ist viel zu jung dafür! Und zudem ist sie ein Mädchen. Es ist ja schon schlimm genug, dass du dieser… dieser „Freizeitbeschäftigung“ nachgehst, aber nicht meine Tochter und so lange ich noch etwas zu sagen habe, verbiete ich dir, dass du sie zu so etwas anstiftest!“ Perplex und vollkommen überrascht sah ich Inga an und sprachlos. Den Blick meines Mannes suchend wusste ich einfach nicht, was ich darauf erwidern sollte. Schließlich konnte ich ihr schlecht sagen, dass wir gar nicht jagen waren sondern begangen einen Plan zu schmieden wie man den Clanführer beseitigte. „Thalia und Lillie waren nur bedingt jagen“, sagte Ragnar und sprang mir zur Seite, „Sie wollten die Umgebung erkunden und hatten zur Vorsicht ihre Waffen mitgenommen. Als wir uns trafen und von Wölfen angegriffen wurden war ich sehr dankbar, dass meine Frau bewandert ist im Umgang mit dem Bogen.“ Er log ohne rot zu werden und wie dankbar ich ihm war konnte ich nicht in Worte fassen. So sollte es sein und so kannte ich es nur von Zuhause. Wie groß die Zuneigung für meinen Mann gerade war konnte ich einfach nicht in Worte fassen, dass meine Schwiegermutter unzufrieden dreinsah machte es für mich nur noch besser. Ja, ich mochte sie wirklich nicht, dennoch gehörte sie einfach zur Familie ob ich es wollte oder nicht. „Ich finde es dennoch nicht gut. Das ganze hätte auch anders ausgehen können und das würde ich noch viel weniger wollen! Also bitte, geh nicht mehr mit meiner Tochter so tief in den Wald. Wer weiß was euch alles hätte passieren können“, meinte sie und verschränkte zornig die Arme vor der Brust. Ich hatte keine Lust auf den Streit und so stimmte ich ihr einfach zu. Wichtig waren gerade andere Dinge und wenn ich ehrlich war, wollte ich einfach nur, dass sie verschwand! Doch leider wurde mein Wunsch nicht erfüllt. Sich zu Ragnar drehend sagte Inga: „Ragnar, ich brauche dich morgen früh. Die Vorbereitungen wegen des Erntedankfestes laufen und du bist kräftig genug mit deinem Vater den Kranz aufzustellen. Ulveig hatte ihn darum gebeten und natürlich habe ich zugestimmt.“ Etwas überrascht sah ich Ragnar an und auch dieser wirkte überrascht. Schließlich wollten wir zu Otwail aufbrechen. „Na gut“, nuschelte mein Mann und als Inga endlich gegangen war sagte mein Mann: „Das Erntefest habe ich ganz vergessen… Reite du wie vereinbart los und ich komme nach. Idril ist schnell und wird dich, wenn du dein Pferd nicht hetzt, einholen können.“ Während ich mich auf einen Küchenstuhl niederließ nickte ich wiederwillig und meinte: „Wenn es sein muss. Ich würde mich wohler fühlen, wenn du mich begleitest… Und was ist das für ein Fest?“ Überrascht sah mich Ragnar an als er begann zu erklären: „Na ja, dass Erntefest eben…. Feiert ihr das etwa nicht? Zum Ende des Sommers wird ein Fest veranstaltet mit großer Tafel und alle bringen Essen dazu mit. Es wird viel getanzt und viel getrunken… Wenn ein Jahr gut war, dann gibt es sogar einen großen Kuchen. Man verabschiedet einfach den Sommer und danach sagt man, hat der Herbst das Zepter in der Hand. Meine Familie stellt häufig den Kranz. Der steht in der Mitte des Marktplatzes und die Tische für das Gelage werden drum herum gestellt. Allerdings sitzen dort nur die Wichtigen und…. sagen wir wohlhabenden Bewohner. Die Anderen feiern es in ihrem eigenen Haus und kommen erst dazu, wenn Musik gespielt wird und das…“ Er beendete seinen Monolog und grinsend beendete ich seinen Satz und sagte: „Du meinst, wenn das Betrinken anfängt.“ Schmunzelnd betrachtete mich Ragnar und schien mir stillschweigend Recht zu geben. Widerwillig verabschiedete ich mich von Ragnar und ging zum Stall. Ich hoffte, dass er schnell mit den Vorbereitungen fertig wurde und mir nachkam. Er hatte mir versprochen, dass er sich beeilte und während ich meine Stute fertig machte bemerkte ich wie Tiu, der Sohn des Stallmeisters, mich beäugte. Ich versuchte ihn zu ignorieren. Wieso musste er eigentlich immer hier herumlungern wenn ich etwas machte? Als ich jedoch aufsaß, schlenderte er zu mir und fragte, wo ich wieder hin wolle. Zornig sah ich ihn an und meine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ich brauche einfach etwas Ruhe und reite deswegen aus“, meinte ich und befestigte meinen Bogen am Sattel meines Tieres. Seine Augen glitten zu der Waffe und genervt beantwortete ich die unausgesprochene Frage. „Nein, ich habe nicht vor jagen zu gehen!“ Dass es ihn eigentlich nichts anging, schluckte ich schweren Herzens runter und schaffte es nur gerade so, nicht die Augen zu verdrehen. „Aber sollten mich wieder Wölfe angreifen, dann will ich vorbereitet sein“, erklärte ich und wusste, dass das vielleicht ein wenig patzig geklungen habe. Tius Augen verengten sich zornig und er schwieg. Ich sah ihm nach als er ging, doch ich fragte nicht wohin er wollte. Schließlich interessierte es mich auch nicht besonders. Ich war dankbar, dass ich endlich alleine bei den Pferden war und länger als gewöhnlich ließ ich mir Zeit mein Pferd fertig zu machen. Ich ließ das Dorf hinter mir und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass etwas anders war als sonst. Was genau hätte ich nicht beschreiben können. Vermutlich war es das wissen, was ich vorhatte, welches mir ein ungutes Gefühl bescherte. Ich ließ Freya nicht schnell laufen, denn ich wollte schließlich, dass Ragnar mich einholte. Vielleicht war es albern, aber ich wollte einfach nicht alleine durch die Gegend laufen und giftige Pilze oder ähnliches sammeln, denn dann würde ich die alleinige Schuld an den Tod eines Menschen tragen und irgendwie wollte ich das nicht. Ich grübelte und fragte mich gerade, wie und wann man Ulveig vergiften könnte und wann es niemanden auffiel… Doch darauf wollte mir keine passende Antwort einfallen. Ich konnte ihn nicht zum Essen in unser Haus einladen. Das würde keinen Sinn machen. Zudem konnte und wollte ich ihn nicht in meinem Haus umbringen. Irgendwie hätte ich dann ein seltsames Gefühl in mir, obwohl ich nicht an Übernatürliches glaubte. Das Haus meiner Schwiegereltern kam auch nicht in Betracht. Sie sollten damit nicht zu tun haben und ich konnte mir vorstellen, dass Ragnar dies ebenso sah wie ich. Vermutlich sollte ich Otwail und Inga fragen was sie meinten. Vielleicht kamen sie auch eine Idee, einen Augenblick der passen würde. Ich lenkte Freyas Schritte um eine Biegung und murmelte ihr abwesend etwas Beruhigendes zu, als sie den Kopf in die Luft warf und ihre Ohren sich anlegten. Doch dann hatte ich einen Geistesblitz. „Das Fest! Vermutlich war er irgendwann zu abgelenkt und einer von unseren Mithelfern könnte das Gift in seinen Becher kippen. Auf einmal wuchs die Vorfreude auf das fest in mir und ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Das Geräusch von Hufen riss mich aus meinen Gedanken und doch schaffte ich es nicht mich umzudrehen, denn etwas anderes erregte meine Aufmerksamkeit. Ein Rascheln aus einem Busch ließen Freya und mich zusammenfahren und erschrocken schrie ich auf als ein Mann aus dem Busch kam und nach den Zügeln meines Tieres griff. Wer war das? Wo kam der her? Ich konnte keine einzigen klaren Gedanken fassen. Unsere Blicke trafen sich und es traf mich wie ein Schlag. Ich erkannte ihn sofort! Es war Tiu. Und plötzlich nahm ich hinter mir das Getrappel von Hufen wahr. Mich im Sattel drehend, sah ich Ulveig auf seinem großen Pferd auf mich zukommen und erschrocken keuchte ich auf. Gerade als ich Freya den Befehl gab schneller zu laufen, riss mich der junge Mann von meiner Stute. Hart fiel ich auf den Boden und mein Kopf schlug schmerzvoll auf den harten Waldboden. Immer noch hörte ich die Schreie der Männer und als ich versuchte mich aufzusetzen drückten mich harte und unnachgiebige Hände auf den Boden. Das andere Pferd kam schnell näher, ich hörte und spürte es im Boden. „Lass mich!“, schrie ich voller Panik und Adrenalin schoss durch meine Venen. Gleichzeitig kam ein kurzes Glücksgefühl in mir auf, denn ich war nicht auf den Bauch gefallen. Gott sei dank! Doch so schnell dieses Gefühl da war so schnell war es auch wieder verschwunden als ich hinaufblickte und mir das Blut in den Adern gefror. Immer noch hielt mich Tiu fest und ich hörte wie jemand, und natürlich konnte es nur Ulveig sein, aus seinem Sattel auf dem Boden sprang. Ich musste hier weg, war mein einzig klarer Gedanke und ich schaffte es nicht mich gegen Tiu zu wehren. War er denn wirklich so kräftig? Oder hatte mich die Kraft beim Sturz verlassen? „Gut, du hast sie abgepasst, aber ich hätte sie jetzt eh eingeholt“, hörte ich die drohende Stimme näherkommen und immer verzweifelter versuchte ich, mich zu verteidigen. Doch es brachte nichts, nur, dass sowohl Ulveig und Tiu begannen zu lachen. Panisch sah ich mich um und bemerkte zwei große Gestalten über mir. Einer griff gewaltsam nach mir und drückte mich wieder hinunter auf den Boden. Eine andere große Gestalt mit einem Wams der sich um seinen Bauch spannte, beuge sich über mich. Sofort erkannte ich ihn. Dieses verhasste und verachtete Gesicht. Ulveig. Als seine Hände sich um meinen Hals legen und kräftig begannen zuzudrücken versuchte ich mit allen mir verbliebenen Kräften mich gegen diese Hand zu wehren, doch die zweite Person erstickte jeden Versuch sofort. Wer mich noch festhielt war mir schleierhaft. Ich war zu schwach um mich gegen zwei Männer zu wehren. Der Sturz steckte mir in den Knochen und zu kräftig waren die Menschen. Ein seltsamer gurgelnder Laut entkam meiner Kehle als er fest zudrückte. Adrenalin wurde durch meinen Körper gepumpt und mit weit aufgerissenen Augen sah ich Ulveig in seine Augen. Unbeeindruckt sahen sie mich an und mir war bewusst, dass ich nicht die erste Person war, der er so etwas antat. Meine Fingernägel kratzen über seinen Handdrücken und röchelnde Laute drangen aus meiner Kehle. Immer verschwommener sah ich Ulveigs Gesicht und ich wusste, dass ich verloren hatte. Dass er sich wirklich selbst die Hände schmutzig machte, hätte ich nie gedacht. Bevor mich die Dunkelheit gänzlich in ihren Bann zog, nahm er die Hand weg und dem Reflex folgend zog ich den ersehnten und vermissten Sauerstoff in meine Lunge. Immer noch raste mein Puls, deutlich hörte ich ihn in meinen Ohren. Stoßweise ging meine Atmung und immer noch spürte ich die Hände des anderen Mannes, doch ich traute mich nicht den Blick von der lauernden Gefahr über mir abzuwenden. „Du kleine Hure… glaubst du ich weiß nicht was du und dein Gatte vorhabt? Ich bin nicht umsonst seit Jahren Clanführer. In jedem Dorf habe ich Menschen die zu mir halten und Spitzel… Du willst mich los werden? Ich sorge dafür, dass alle die diesen Komplott beiwohnen getötet werden und du wirst dabei zu sehen!“ Er schlug mir fest ins Gesicht und erneut verschwamm die Welt vor meinen Augen. Eine Hand schloss sich wie ein Schraubstock um meinen Oberarm und begann mich über den harten und steinigen Waldboden zu zerren. Spitze Steine bohrten sich in meinen Körper und ich schaffte es nicht mich gegen diese Kraft zur Wehr zu setzen. Mein Kopf prallte schmerzvoll gegen einen höheren Stein, doch niemand schien das zu interessieren. Benommen rollte mein Kopf zur Seite und ich spürte, wie das Blut aus meiner Nase lief. Endlich ließen sie mich liegen und ich wusste nicht mehr wo ich war. Ich glaubte es waren Ulveigs Hände, welche nach mir grabschten und mich im Gesicht berührten und durch den Schleier der Benommenheit erkannte ich sein Gesicht nur schemenhaft. „Sie sieht wirklich gut aus Herr. Nur das Blut stört gerade“, hörte ich die Stimme Tius hinter mir sprechen. Wieso tat er das? Wieso half er ihm bei so etwas Schrecklichem? Doch noch bevor weiter darüber nachdenken konnte zuckte ich zusammen als ich erneut Ulveigs Hand an meinem Hals spürte. Erschrocken wollte ich aufschreien, doch mein Schrei blieb in meiner Kehle stecken. „Und sie gehört mir. Reicht schon, wenn sie den ganzen Sommer bei Ragnar sein musste“, hörte ich Ulveigs kalte Stimme und was er danach sagte verstand ich nicht. Ich will leben, dachte ich mir und woher ich meine letzten Kräfte nahm war mir schleierhaft. Doch ich wollte nicht sterben und ich wollte nicht, dass andere wegen mir starben. Ragnar, Lillie und vermutlich auch Otwail und seine Familie. Ich schaffte es meine Hände aus dem Griff des Menschen hinter mir zu entwinden und rammte meine Fingernägel in Ulveigs Hand. Doch es brachte nichts, denn sofort waren die Hände hinter mir wieder da und zerrte sie hinter meinen Körper. Ein Knochen in meiner Schulter knackte, doch ich spürte, dass er nicht gebrochen war. „Pass doch auf“, meckerte Ulveig den anderen an und ließ dabei zum Glück meinen Hals los. Erneut zog ich gierig den Sauerstoff wieder in meine Lunge. Er konnte alles mit mir anstellen was er wollte und ich hatte nicht die geringste Chance irgendwie gerettet zu werden oder mich selbst zu wehren. „Nein!“, röchelte ich entsetzt und strampelte mit den Beinen so sehr ich konnte. Er sollte runter von mir! Weder wollte ich seine Hände auf mir spüren, noch wollte ich seinen Geruch auf mir haben. Ich erwischte ihn nicht, meine Bemühungen waren umsonst. Er presste mir eine Hand auf den Mund und ließ seinen Blick über meinen Oberkörper gleiten und leckte sich mit der Zunge über die Lippen. Ich bekam nur ein leises, unverständliches Brabbeln heraus, so fest drückte er seine Hand auf meinen Mund. „Ich wollte ja eigentlich warten“, sprach Ulveig und starrte mich immer noch an, „Doch ich glaub darauf habe ich zu lange gewartet! Halt sie fest!“ Ich wollte protestieren, ihn anschreien. Das konnte er mir nicht antun! Doch wie er mich diabolisch ansah wusste ich, dass ich sicher nicht die erste Frau war, welche er so anstarrte. Gierig und ohne Mitleid. Meine Augen wurden feucht und ich wusste, dass ich keine Hilfe erwarten konnte. Ich schrie und versuchte die Arme aus dem Klammergriff des Fremden zu bekommen, während mir ungehinderte die Tränen die Wange hinunter liefen. Es hatte keinen Sinn sie zurück zu halten. Er beugte sich zu mir runter. „Ich nehme die Hand von deinem Mund. Wenn du schreist, lade ich Tiu auch noch ein“, wisperte er. Die Angst schnürte mir die Luft zu. Das durfte nicht wahr sein! Meine Augen glitten durch den Wald doch niemand war da! Niemand würde kommen. Ragnar hatte es gesagt, dass heute die meisten begangen das Erntefest vorzubereiten. Doch er wollte sich auf den Weg machen! Er wollte mir nachkommen! Er musste nur bei seiner Mutter fertig werden hatte er gesagt und dann wollte er zu mir, hatte er nicht sogar gelacht und gemeint, dass sein Hengst so schnell sei, dass selbst Freya nur seinen Staub schlucken würde? Wo war er jetzt? Ulveig verlagerte sein Gewicht wieder auf meine Hüften und ich musste ein Wimmern unterdrücken, so sehr schmerzte sein Gewicht auf meinen Knochen. Ich versuchte Tius Blick zu begegnen, doch auch er starrte auf meinen Körper. Aus seiner Hosentasche holte Ulveig und Tuch heraus! Was hatte er damit vor? Die Panik, welche stetig da war erfüllte mich mal weniger Mal mehr intensiv und da ich nicht verstand was er mit diesem schmuddelig aussehenden Tuch wollte überrollte mich gerade eine neue Welle der Panik. Er jagte plötzlich seine Nägel in meine Haut und ich konnte einen leisen Aufschrei nicht unterdrücken. Sofort schob er mir das Tuch in den Mund. Ich verschluckte mich an dem groben Stoff und begann zu husten. Einmal hatte ich Sorge gehabt, dass mein Mann mir ohne meinen Willen zu nah kam, doch dies war nichts zudem was mir gerade wiederfährt! Ragnar hatte aufgehört sobald er meine Tränen sah und das Entsetzen über das was er da tat hatte die Oberhand gewonnen. Doch diese Beiden Männer schien es egal zu sein. Die Tränen welche bereits vergossen waren und die, die mir gerade noch über die Wange liefen waren ihnen egal. Ragnar hatte mir gesagt, dass einige Krieger dies nach einem Kampf getan hatte. Sich Frauen mit Gewalt zu nehmen, doch nie hätte ich vermutet, dass mir so etwas je wiederfahren würde! „Das dieses Weib immer Hosen anhat. Wenn sie erstmal bei mir ist, werde ich ihr das verbieten“, meckerte Ulveig und rückte weg von meinen Beinen. Schmerzvoll stöhnte ich auf und als er runter von meinen Beinen war versuchte ich in voller Verzweiflung nach ihm zu treten. Dieser dreckige Bastard sollte verschwinden, vom Blitz erschlagen werden. Alles wäre mir Recht gewesen. „Halt sie gut fest, wenn ich ihr die Hose ausziehe… wieso dieses Weib ständig Hosen trägt muss ich ja nicht verstehen. Die wird sie später nicht mehr haben“, meckerte der Mann über mir und mit einerunvorstellbaren Kraft hielt er mein Bein einfach feste! Natürlich versuchte ich sie aus seinem Klammergriff zu entwinden doch es brachte nichts! Panisch atmete ich ein und verschluckte mich immer mehr an dem Tuch und deutlich merkte ich den Würgereiz in meinem Magen. Er kam vollkommen unvorbereitet und so albern es vielleicht auch klang, ich versuchte ihn zu unterdrücken. Ich wollte einfach nicht mit Erbrochenen vor ihm liegen. Es würde mir noch mehr das Gefühl geben würdelos zu sein. Mir war durchaus bewusst, dass dieser Gedanke albern war, denn dieser Mann, welcher gerade über mir thronte, hatte mich nie respektvoll oder würdevoll behandelt und das war er vorhatte war das genaue Gegenteil! Trotzdem war es für mich wichtig, mich nicht zu übergeben. Meine Hose wurde mir vom Leib gerissen und ich hörte die Nähte reißen, wahrscheinlich war sie kaputt. Etwas knackte im Unterholz und erneut versuchte ich mich gegen meine Angreifer zu verteidigen. Meine Arme begannen zu zittern unter der Anstrengung, doch einfach aufgeben wollte ich nicht, dass konnte ich einfach nicht. Ich wusste, dass wenn ich jetzt aufgab ich mir selbst nicht mehr in die Augen blicken konnte. „Schau dir die Tränen an Tiu. So sieht sie gleich noch viel jünger aus“, murmelte Ulveig und seine Hände strichen über meine Wange. Angewidert drehte ich meinen Kopf weg. Er sollte mich nicht anfassen. Ich sah weg von dem Mann und starrte in den Himmel. Bitte, lass mich nicht daran zerbrechen, dachte ich mir und schloss verzweifelt meine Augen. Wenn es schon geschehen muss, dann wollte ich es nicht sehen. Plötzlich hörte ich Schritte und ängstlich begann ich zu wimmern. Was, wenn noch mehr Menschen kamen? Was dann? Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass der Boden unter mir zu beben begann. Noch bevor ich darüber nachdenken konnte woher dieses Gefühl kam wurde Ulveig mit einer Kraft von mir herunter gerissen, wie sie nur von einem Bären hätte sein können. Erschrocken keuchte ich auf und starrte zu dem, was sich gerade vor meinen Augen abspielte. Sofort erkannte ich die massige Gestalt, groß, knapp an die zwei Meter stand mein Mann vor mir und vor Schreck hatte Tiu meine Arme losgelassen. Sofort schoss das Blut in meine tauben Finger und ein unangenehmes Kribbeln breitete sich in meinen Händen aus. Ragnar stand dort in seiner Reisekleidung. Das lederne Wams spannte sich über seine Brust und seine Stiefel sahen verdreckt aus und seine kleine Axt ging an seinem Gürtel. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und sein tödlicher Blick galt einzig und allein Ulveig. Er ließ keinen Moment verstreichen in dem Ulveig hätte aufstehen können, doch für mich fühlte es sich an, als dauerte es Stunden bis sich in Ragnar etwas rührte. Sofort schlug er auf ihn ein und mir war sofort bewusst, dass die blendend helle Wut von ihm Besitz ergriffen hatte. „Du willst meine Frau vergewaltigen? Du bist nichts als ein widerlicher Bastard und Mörder!“, schrie er ihm wütend entgegen und traf mit einer Wucht Ulveigs Gesicht, dass es mich wundert, dass dieser Mensch nicht sofort umfiel. Doch so gerne ich das Schauspiel vor mir beobachten wollte, erinnerte ich mich daran, dass hinter mir noch jemand lauerte! Ein Blick über meine Schulter reichte jedoch aus um zu bemerkten, dass auch Tius Augen von dem Schauspiel vor sich gefesselt waren. Schnell rückte ich weg von ihm und als ich versuchte aufzustehen gaben meine Beine nach. Schnell spuckte ich das widerliche Stück Stoff aus und versuchte weiter wegzukommen. Meine Beine gehorchten mir gerade einfach nicht und auf allen Vieren von sich kriechend brachte ich einige Meter zwischen uns. Schreie drangen an meine Ohren und mein Herz setzte einen Moment aus als auch Ragnar tiefe Stimme an meine Ohren drang. Ein schmerzverzerrter Laut drang an meine Ohren und sofort sah ich wieder zu den kämpfenden Männern. Ich hatte ihn noch nie so außer sich gesehen. Ulveig blutete aus der Nase und Ragnar hatte eine Platzwunde am Kopf. Woher er diese hatte, hatte ich nicht mitbekommen. Doch der Blutstrom schien ihn nicht zu interessieren. Ich wusste, dass mein Mann gerade vollkommen in Rage war und allunsere Pläne vergessen hatte. Doch wenn ich ehrlich war, war ich ihm mehr als dankbar dafür. Der zweite Mann brauchte einen Moment um zu realisieren was gerade passierte, bevor er sich auf Ragnar stürzte und ihn von Ulveig weg schubste. Diesen Mut hätte ich Tiu gar nicht zugetraut. Wie versteinert saß ich da und musste mir ansehen, wie mein Mann gerade für mich sein Leben riskierte. Wieso schaffte ich es nicht, mich zu bewegen? Wieso gelang es mir nicht? Es schien als würde eine innere Kraft mich davon abhalten etwas zu tun. Es war ein unfairer Kampf. Zwei gegen einen und ich wusste nicht ob ich nicht besser weglaufen sollte, falls es für meinen Mann schlecht ausging. Doch so schnell wie der Gedanke an Flucht gekommen war, so schnell verschwand er wieder. Nie würde ich ihn alleine lassen! Ragnar schubste den schmächtigeren Mann von sich herunter als würde er nichts wiegen. Er war scheinbar nicht sein Ziel. Natürlich war es Ulveig und als Ragnar aufschrie und mit voller Wucht gegen Tius Seite trat wusste ich, dass Ragnar gerade sämtliche Wut in diesen Kampf zu legen schien. Es ging hier nicht nur um mich. Hier ging es auch um seinen Bruder. Ragnars Bruder den er rächen wollte und wozu er jetzt die Gelegenheit hatte. Doch auch der ältere, bärtige Mann nutzte die Chance und schlug meinem Mann in die Seite. Auch Ulveig schien mit immenser Kraft zugeschlagen zu haben. Ragnar taumelte ein wenig nach hinten und zog in Rage seine Axt. Endlich, dachte ich mir und konnte mir vorstellen, dass er sie bis dahin fast vergessen hatte. Sofort merkte ich, dass sich etwas gewandelt hatte. „Das willst du nicht tun“, sagte Ulveig: „ich bin immer noch dein Anführer.“ Ein verzweifelter Versuch sich selbst noch zu retten. Ich verstand was nun anders war. Ulveig hatte keine Waffe bei sich. Als er mich versucht hatte zu vergewaltigen hatte er kein Messer, keine Axt bei sich getragen. Er schien sich so sicher gefühlt zu haben, dass er nun wusste, dass er kam noch eine Chance zu haben schien. „Weißt du wie egal mir das ist, du Hurensohn“, hörte ich Ragnar sagen und es klang doch nicht nach meinem Mann. Es war die Stimme eines Menschen, welche von Hass nur so erfüllt war. „Du hattest kein Mitleid mit meinem Bruder und keinen Respekt vor meiner Frau. Ich werde es genießen, dir gleich den Kopf zu spalten“, murmelte er mit einer Eiseskälte und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ja, Ragnar schien kein Erbarmen zu haben und mit erhobener Axt ging er auf Ulveig los, schien nur noch Augen für ihn zu haben. Doch Ulveig war nicht allein. Ich sah wie Tiu auf Ragnar zu rannte und einem Reflex folgend griff ich nach einem Stein vor mir. Er war fast so groß wie meine Handfläche und gezielt schmiss ich auf den jungen Mann. Wie dankbar ich war, dass ich traf konnte sich keiner vorstellen. Ein Schmerzensschrei drang aus der Kehle des jungen Mannes und entsetzt sah er das Blut auf seiner Hand an. Ragnar stürzte sich gleich wieder auf Ulveig. Was hinter ihm geschah nahm er vermutlich gar nicht wahr, so sehr hatte ihn die Wut im Griff. Eigentlich sehr gefährlich. Ulveig konnte schaffte es zu den Angriff Ragnars abzublocken. Er griff nach den Händen meines Mannes und versuchte die Axt von sich aufzuhalten. Nie hätte ich gedacht, dass dieser alte dicke Mann genug l Kraft hatte um Ragnar so entgegen zu treten. Es glich fast einem Ringkampf. Doch ich sah wie die Arme des Älteren zitterten. Jedoch gewann Ragnar nur langsam die Überhand und drückte Ulveig auf seine Knie. Keiner der Beiden sagte etwas. All ihre Kraft setzten sie nur dazu ein, um den jeweils anderen aufzuhalten. Die Klinge von Ragnars Axt näherte sich Ulveigs Hals und schnitt leicht hinein, als mein Mann plötzlich von einem Stein am Kopf getroffen wurde. Tiu, dieser Feigling bewarf ihn von hinten, als habe er es sich von mir abgeschaut. Vermutlich hatte er das auch. Ulveig nutze seine vielleicht letzte Chance und schubste Ragnar zu Boden. Er kniete sich über ihn und hatte einen spitzen Stein in der Hand. Er wollte Ragnar erschlagen! Panik durchströmte meinen Körper. Der ältere Mann setzte sein ganzes Gewicht ein. Ragnar konnte dem unmöglich lange standhalten, die Angst schnürte mir die Kehle zu. Ich konnte nicht einfach tatenlos zusehen, wie dieses Schwein meinen Mannumbrachte. Ich löste mich aus meiner Starre und stürmte zu ihnen, wenn ich jetzt nichts tat, dann war alles verloren! Ebenfalls mit einem Stein bewaffnet schlug ich dem älteren Mann auf den Kopf und den Rücken. Er schrie auf. Stolz breitete sich in mir aus. Ulveig keuchte keinen Augenblick später nochmal auf, als wir uns in die Augen sahen. Das Entsetzen war deutlich in seinem Gesicht zu sehen und ich sah wie die Lebensgeister den Mann verließen. Eine warme Flüssigkeit sprenkelte in mein Gesicht und es dauerte eine Sekunde bis ich bemerkte, dass es Blut war. Ich sah an Ulveig hinunter. Seitlich, zwischen Hals und Schulter, steckte Ragnars Axt. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)