Ein unfaireres Spiel mit dem Schicksal von Strichi ================================================================================ Kapitel 24: Mutterinstinkte --------------------------- Guten Morgen, zunächst wünsche ich allen ein frohes neues Jahr. Ich hoffe, dass ihr mit diesem Kapitel Spaß habt. Es war vollkommen anders geplant und die Charaktere haben nicht das gemacht, was sie hätten tun sollen... Na ja, es war Weihnachten als ich es geschrieben habe :D Nun viel Spaß damit ;) ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es war ein komisches Gefühl einen Mord zu planen, denn eigentlich war ich ja keine Attentäterin. Doch es schien einfach keinen anderen Ausweg zu geben und so wie ich Ragnar betrachtete, war für ihn das Todesurteil schon gesetzt. Ich war eigentlich Politikerin. Natürlich hatte der ein oder andere Politiker einen Mord geplant, ihn aber vermutlich selten selber ausgeführt. Doch irgendwie ließen die Umstände nichts anderes zu. Wir hatten keine Wahl. Denn was war die Alternative? Meine Familie und ich wären in Gefahr! Eventuell sogar mein eigenes Kind.Es war einer Gefahr, die ich nicht abschätzen konnte. Und dies wollte ich unter keinen Umständen. Wer wusste schon, wie viel unschuldiges Blut an Ulveigs Händen klebte? Sicher nicht nur das von Jari. Aber eben jenes Blut war es, welches Unheil über ihn bringen würde, dachte ich im Stillen. Es war ein komisches Gefühl als Ragnar, Lillie und ich aufbrachen, zurück in unser Dorf. Zwischen jedem Baum, zwischen jedem Strauch hatte ich das Gefühl, dass jemand uns verfolgte. Dass jemand genau wusste, was wir geplant hatten. Inga, Otwails Frau, wollte in der Nähe des Gebirges nach einem bestimmten Kraut suchen. Sie bat mich ihr dabei zu helfen und so sollte ich bereits in zwei Tagen wieder kommen. Ich verstand nicht, weswegen wir nicht einfach eine Nacht als Gast im Haus von Otwail und seiner Frau verbringen konnten. Doch es war Ragnar der mir erklärte: „Du und Lillie seid aufgefallen als ihr das Dorf verlassen habt. Ihr solltet besser wieder gesichtet werden, bevor unsere Falle zuschlagen kann. Thalia, viele misstrauen dir und ich möchte ihnen unter keinen Umständen etwas geben, was sie gegen dich verwenden könnten“, erklärte er ernst und so wie er mich dabei betrachtete, hatte er vollkommen Recht. Hier in diesem Dorf ging seit längerem ein Wandel durch die Gesellschaft und dieser Wandel hatte nichts mit mir zu tun. Doch die anderen Dörfer schienen noch nicht so weit zu sein. Sie brauchten einen Anstoß und diesen gab ich ihnen. Dass ich das nie in dieser Form gewollt hatte, spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr. Die Leitfigur schien ich geworden zu sein. Ich war erneut mit Waffen aus dem Dorf hinausgegangen, alle wussten oder sahen, wie schwer ich es fand hier Fuß zu fassen. Wie viele mitbekommen hatten, dass ich etwas gegen Ulveig hatte, wusste ich nicht. Da ich nicht viel mit anderen Bewohnern sprach, konnte ich nur mutmaßen. Doch vermutlich waren es einige, denn schließlich hatte er auf die Hochzeit bestanden. Er wollte sie und kein anderer, nicht einmal mein Mann. Da ich mich schwer tat mit der Anpassung würden sicher viele mich verdächtigen, wenn ihrem Oberhaupt etwas zustieß. Wenn er auf einmal ohne ersichtlich Grund aus dem Leben schied, konnte es keiner vernünftig erklären. Und die Menschen neigten dazu, schnell einen Sündenbock zu finden. Da käme die Fremde aus einem fernen Land ihnen sicher nur Recht und es wäre noch nicht einmal gelogen.Während ich mir leicht über den Bauch strich wusste ich, dass ich nicht dieser Sündenbock sein will und auch gerade nicht kann. Widerwillig hatte ich zugestimmt und so machten wir drei uns auf den Heimweg. Es war bereits am dämmern und die Nacht würde schnell über uns hereinbrechen, dass wusste ich. Viel zu schnell schienen die Tage zu enden, wie würde das erst im Winter sein? Gäbe es Tage an denen die Sonne hier gar nicht scheint? Im Hellen würden wir es nicht mehr schaffen nach Hause zu gelangen. Zudem war der Weg vom Regen matschig und die Pferde rutschten des Öfteren weg. Sogar Freya hatte Probleme sicheren Halt zu finden. Die dichten und hohen Tannen warfen ihre Schatten auf uns und die dunklen, fast schon schwarzen Wolken über uns ließen den Weg schauriger aussehen, als ich es vermutlich je zugegeben hätte. Etwas unsicher biss ich mir auf die Lippen und blickte hinter mich. Doch nichts war zu sehen in dieser Dunkelheit und ich konnte nicht verhindern, dass ein ungutes Gefühl von mir Besitz ergriff. Mein ungutes Gefühl hinunterschluckend sah ich mich erneut um, als ich hinter mir ein seltsames Geräusch vernahm. Es hörte sich an wie ein Knurren und es schien als habe auch Freya erst jetzt gemerkt, dass etwas hinter uns war. Erschrocken sprang meine Stute einen Schritt nach vorne und nur, weil ich mich am Sattel festhielt, fiel ich nicht zu Boden. Allerdings war dafür ein großer Kraftaufwand notwendig. Natürlich schrie ich erschrocken auf und ich griff hart nach den Zügeln, denn ich wollte nicht, dass die Stute mit mir durchging. Auch Ragnars schwarzer Hengst und Lillies Pferd fuhren erschrocken herum. Etwas Großes, graues sprang heraus und es erinnerte mich an einen großen Hund. Doch ich ahnte was es war. Ich hatte nur von ihnen gelesen und noch nie stand ich einem gegenüber. Zwei große, dunkle Wölfe waren vor uns und ich hörte das laute und grollende Knurren aus den Schnauzen der Tiere. „Passt auf, wenn die Menschen angreifen müssen die fast am verhungern sein!“, warnte uns Ragnar und ich sah wie er nach seinem Schwert griff. Er hatte keinen Bogen dabei, denn nahm er vermutlich nur zur Jagd mit. Ein Zittern erfasste meinen Körper und ich spürte deutlich die Angst in mir. Panik stieg in mir auf und mein Puls begann zu rasen. Dies hier hatte nichts mit der Freude der Jagd zu tun die ich sonst verspürte. Einer der Wölfe schnappte nach meiner Stute, ein anderer nach Ragnars schwarzem Hengst. Idril schmiss Ragnar fast von seinem Rücken, als das Pferd sich ruckartig in Bewegung setzte und erschrocken den Kopf in die Höhe warf. Mein Herz zog sich erschrocken zusammen als ich beobachtete, wie Ragnar es nur gerade so schaffte sich auf den Rücken des Tieres zu halten. Wenn er fiel wäre es für ihn sicher noch gefährlicher zwischen den Wölfen und ob wir, Lillie und ich ihn dort ohne großen Schaden herausbekommen hätten ist fraglich. Ragnar schwang sein Schwert vom Rücken des Pferdes doch der Wolf wich aus. Seine Reichweite war zu Pferd einfach zu kurz um den Wolf zu treffen. Zudem war sein Schwert nicht geeignet für den Kampf hoch zu Ross, von seiner Streitaxt ganz zu schweigen. Ich zog mich zurück und sah zu den dunklen Büschen am Wegesrand, doch anscheinend lauerten dort nicht noch mehr Wölfe. Ein Wimmern drang an meine Ohren und ich bemerkte wie verängstigt Lillie auf ihrem braunen Pferd saß. Die Angst war deutlich in ihr Gesicht gemeißelt und auch sie schien nicht zu wissen, was sie tun sollte. Das zweite Tier schlich unbemerkt in Ragnars Rücken. Als ich begriff was der Wolf vor hatte rief ich laut: „Pass auf hinter dir!“ Ich griff nach dem Bogen an meiner Seite und war wütend auf mich selbst, dass ich ihn nicht vorher gezogen hatte. Ich war doch sonst eine so gute Jägerin? Wieso versagte ich denn genau jetzt damit? Allerdings wusste ich warum genau jetzt. Es lag daran, dass ich noch nie in einer so gefährlichen Situation war. Nichts hätte mich auf einen Kampf mit Wölfen vorbereiten können. Schließlich kannte ich sie einzig aus Geschichten und ich hatte nie einen selbst kennen gelernt. Mein Mann drehte sich mit dem Pferd grade noch rechtzeitig um, denn der Wolf setzte grade zum Sprung an. Es war mehr ein herumfuchteln als ein gezielter Schwerthieb mit dem Ragnar das Tier erwischte. Doch es reichte aus um den Wolf schwer zu verletzen. Er Jaulte laut auf und fiel blutend auf die Seite. Eine große Wunde war an seiner Seite zu sehen. Das würde das Tier sicher nicht überleben. So sehr war mein Blick gefesselt von dem sterbenden Tier, dass ich gar nicht mitbekam was auf der anderen Seite geschah. Der zweite Wolf, sie schienen wirklich am Verhungern zu sein, sprang an Ragnars Bein hinauf. Der Wolf hatte ihn am Bein gepackt und Ragnar fiel auf den Boden. Schmerzerfüllt schrie er auf und trat nach dem Tier. Er stand so schnell er konnte wieder auf, als der Wolf von ihm abließ und schlug erneut mit dem Schwert nach ihm. Doch er traf ihn nicht, sondern hielt das wilde Ter einzig auf Abstand. „Geh!!“, schrie er den Wolf an und zu meinem Erstaunen zeigte es Wirkung. Er legte die Ohren an und ging ein paar Schritte rückwärts. Ein erneuter Schwerthieb traf den Wolf fast und wieder Schrie er: „Geh!!“. Es war als würde der Wolf einsehen dass er keine Chance hatte alleine. Knurrend entfernte er sich und als er etwas Schutz in einem Busch fand drehte er um und rannte in den Wald zurück. Sofort war ich bei Ragnar und betrachtete die Bisswunde. Sie war nicht sehr tief. Den Göttern sein Dank. Als ich sie versorgen wollte, hielt Ragnar mich zurück. „Lass es gut sein, Prinzessin“, murmelte er und zwinkerte mir sogar leicht zu, was ich allerdings kaum noch wahrnehmen konnte, „Ich mache das. Kümmere du dich über das tote Tier. Du weißt ja wie so etwas geht.“ Unsicher sah ich meinen Mann an, doch er schien es vollkommen erst zu meinen. Vielleicht kannte er sich mit dieser Art Verletzung aus. Er wiederholte seine Worte als er mein Zögern bemerkte. Kein Tier sollte umsonst gestorben sein. Das Fell könne man verkaufen oder für das Kind eine Decke anfertigen. „Außerdem können wir sagen, dass du und Lillie jagen wart… Mit mir… mit dem Tier als Beweis wird man euch glauben“, sagte er und hievte das tote Tier auf den Rücken seines Pferdes. Es war eine widerliche Angelegenheit gewesen und an der feuchten Wiese wischte ich mir das Blut von den Händen. Idril fand es überhaupt nicht toll, dass er den Wolf auf seinen Rücken hatte. Der schwarze Hengst ließ nervös seinen Schweif hin und her schlagen und tänzelte nervös hin und her. Seine Ohren zuckten nervös. Ich konnte mir denken, dass es für das Tier wahrlich unangenehm war. Doch fest und selbstsicher nahm Ragnar die Zügel wieder zur Hand und wir setzten unseren Weg fort. Wir waren erst wenige Schritte gegangen, als ich hinter mir etwas fiepen hörte. Mir gerunzelter Stirn blickte ich mich um und sah zwei kleine graue Schatten hinter mir. Winzig wirkten sie und schienen alles andere als bedrohlich zu sein. Sie liefen so schnell sie konnten und mit gerunzelter Stirn betrachtete ich sie. „Schaut mal“, meinte ich und drehte mich in meinem Sattel um und hielt Freya an. Gekonnt sprang ich aus dem Sattel und sofort kauerten sich die kleinen grauen Winzlinge zusammen. Durch die Wipfel drang dämmeriges Licht und als ich näher an die beiden kleinen Wesen herantrat sah ich, dass es kleine Welpen sein mussten. Sie hatten ihre Schwänze eingezogen und knurrten mich leicht an. Einer der beiden stellte sich vor sein Geschwisterchen und versuchte mich weiterhin zu bedrohen. Ich verstand, weswegen sie uns folgten. Es mussten die Jungen des Wolfes sein, den ich erlegt hatte. Derjenige der Ragnar angegriffen hatte. „Das sind noch Jungtiere“, meinte ich und ein sanfter Ausdruck erschien auf meinem Gesicht. Sie waren niedlich und hatten gerade ihre Mutter verloren. Normalerweise war mir so etwas vollkommen gleichgültig. So war die Natur und schließlich mussten wir gerade unsere Leben retten. Da war es ebenso. Und doch taten sie mir leid. Langsam streckte ich meine Hand zu den kleinen grauen Wollknäulen aus und der kleine welcher gerade noch in Lauerstellung war gab ein Knurren von sich und sprang doch mehrere Schritte zurück. Gerade als ich anfangen wollte beruhigend auf die Kleinen einzusprechen durchdrang Ragnars tiefe Stimme die Stille der Dämmerung. „Dann erschlag sie doch. Aus denen kann man warme und weiche Handschuhe machen“, meinte er und sah mich von dem Rücken seines schwarzen Hengstes herab an. Entsetzen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Er wollte, dass ich diese kleinen unschuldigen Wesen umbringe? Wieso? Das ergab doch keinen Sinn? Sie liefen uns doch nur nach, weil sie bei ihrer Mutter sein wollten. Etwas in meinem Inneren zog sich zusammen als ich das dachte und verneinend schüttelte ich den Kopf. „Vergiss es. So etwas kann ich doch nicht machen! Ragnar, die wollen doch nur bei ihrer Mutter sein“, meinte ich mit leiser und erstaunlich sanfter Stimme. Immer noch hockte ich vor den grauen Tierchen und hielt ihnen meine Hand entgegen. Ein genervtes Seufzten durchdrang die Stille des Waldes und ein leises kichern von Lillie folgte. „Sind das diese komischen Stimmungsschwankungen von denen meine Mutter erzählt hatte? Die Welpen werden größer, und dann?“, fragte Ragnar und deutlich hörte man die Unzufriedenheit heraus. Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern und freute mich gerade, als eines der kleinen Tiere auf mich zukam und unsicher an meiner Hand zu riechen begann. Auch der zweite, etwas unsichere, kam langsam auf uns zu. „Thalia“, mahnte mich die Stimme meines Mannes, „Du kannst die nicht mitnehmen und behalten. Wie sieht das denn aus? Die wollen bei ihrer Mutter sein und sollen dann auf ihren Fell vor unserem Kamin mit ihr kuscheln oder was? Und was hast du bitte später mit den Beiden vor? Wenn die groß sind, dann sind die eine Gefahr für uns und unser Kind. Wölfe greifen Menschen an. Das ist so, du hast es doch gerade mitbekommen.“ Langsam schüttelte ich den Kopf. Ich wollte so etwas nicht hören. Diese kleinen, unschuldigen Tiere. Für mich zählte gerade nur noch, dass diese kleinen Tiere ihre Mutter verloren hatten. Etwas, was mich gerade fast zu Tränen hätte rühren können und ich verstand einfach nicht warum. Es waren doch nur Tiere? Wieso nahm mich das gerade so mit? „Ich will sie aber mitnehmen. Sie sind klein und können sich an die Menschen gewöhnen“, meinte ich leise und versuchte eines der kleinen Tiere zu streicheln. Der Mutigere von den beiden ließ es zu, jedoch schien er mich immer noch aufmerksam zu mustern. „Das kannst du nicht machen. Was glaubst du, wie die anderen reden werden, wenn du auf einmal mit zwei Wolfsjungen auftauchst?“, wollte Ragnar mit einem genervten Stöhnen von mir wissen. Allerdgins war es mir gerade wirklich egal. Sie hatten ihre Mutter verloren. Sie waren also so etwas wie Waisenkinder! Selten hatte mich das Schicksal von Tieren so sehr mitgenommen, wie das der beiden kleinen Wolfsjungen. Der mutige von den beiden ließ sich gerade von mir streicheln, während der andere uns aus kurzer Entfernung beobachtete. Unschlüssig biss ich mir auf die Lippen und runzelte die Stirn. Was war richtig? Doch als auch der zweite kleine Wolf bei mir war, griff ich beide im Nacken und hob sie hoch. Sie wehrten sich, doch schnell beruhigten sie sich und fiepten in meiner Hand. Sie waren gerade einmal so groß wie Hundewelpen und nichts war an ihnen gerade irgendwie gefährlich. „Du kannst die nicht behalten!“, meinte Ragnar und seine Stimme klang dominanter als ich es gewohnt war. Dennoch schüttelte ich den Kopf. „Nein“, wiedersetze ich mich ihm und hatte nur Augen für die Tierkinder in meiner Hand, „Ich werde sie hier nicht zurücklassen! Und ich werde sie auch nicht töten um ihr Fell zu haben! Sie haben ihre Mutter verloren und ich kümmere mich jetzt um die Kleinen. Die Anderen im Dorf reden doch eh alle schon, dann haben sie jetzt etwas Neues über das sie sich unterhalten können!“ Ich verstaute die Tiere in meiner Satteltasche und verschränkte die Arme vor der Brust. Unruhig begann Freya hin und her zu tänzeln, denn ihr gefiel es auch nicht, dass die Tiere so nah bei ihr waren. Ich war erstaunt, wie ruhig die kleinen Tiere blieben. Doch vielleicht war es auch die Dunkelheit welche sie beruhigte. Lillie lachte leise und fast hätte ich sie vergessen, bis sie einen Laut von sich gab. „Man, Ragnar… Sei nicht so zu deiner Frau. Sie bekommt gerade ein Kind, du weißt doch noch von Sontje, dass Frauen dann oftmals komisch reagieren“, erklärte sie fröhlich und trieb das braune Pferd an. Vermutlich wollte sie endlich wieder im Dorf eintreffen und in ihr warmes Bett. Tatsächlich würde ich mir auch so etwas wünschen. Ich legte meine Hand auf die Satteltasche und spürte die warmen Körper der beiden kleinen Tiere und kam nicht umhin, dass ein sanftes Lächeln auf meinen Lippen lag. Konnten solch wilde Tiere eigentlich wieder zahm werden? Ich wusste es nicht. Vermutlich würden die beiden nie wie Hunde werden, denn schließlich waren es auch keine Hunde. Schweigend ritten wir weiter, doch ich bemerkte den unzufriedenen Ausdruck auf Ragnars Gesicht. „Es wird schon nichts passieren. Ich bitte dich Ragnar, wir reden hier nicht von großen Bestien, sondern von kleinen Tierbabys“, meinte ich und ritt neben meinem Mann her. Unzufrieden sah er mich an und ich sah wie er sich über den dichten Vollbart strich, immer noch hielt er ihn auf dieser Länge gestutzt und es stand ihm unglaublich gut. „Ich glaube nicht, dass solche Tiere zahm werden. Die Wildheit ist in ihrem Gemüt verankert, Thalia. Das kannst du ihnen nicht abtrainieren. Es sind und bleiben Wildtiere. Wenn du einen Hund möchtest können wir darüber gerne reden“, schlug er mit einem fast schon verzweifelten Unterton vor und fügte hinzu, „Was ist, wenn sie die ganzen Hühner tot beißen? Meine Eltern wollen sicher auch keine Wölfe auf dem Hof haben. Und sie haben auch ein Mitspracherecht, findest du nicht?“ Nun war es an mir unschlüssig auf den Lippen herum zu kaufen, denn Ragnar hatte Recht. Was, wenn die beiden beginnen die Hühner zu reißen? Das wäre nicht gut und nicht nur, weil ich nicht noch mehr Probleme mit meinen Schwiegereltern wollte. Unschlüssig würden meine Gefühle, denn er hatte einfach so sehr Recht und doch konnte ich sie doch nicht einfach so ihrem Schicksal überlassen. Das ging einfach nicht. „Aber sie sind doch jetzt alleine, ich kann sie doch nicht einfach aussetzen und… und dann war es das“, meinte ich und ich hörte selbst heraus, dass meine Stimme erstaunlich verzweifelt klang. Ich verstand mich gerade einfach selbst nicht. Was war los mit mir? Langsam schüttelte ich den Kopf und schniefte leicht. Das war doch nicht normal! „Ragnar, was soll ich denn machen?“, fragte ich und verzweifelt klang meine Stimme. Unschlüssig zuckte mein Mann mit den Schultern. Er schien es selber nicht zu wissen. „Thalia…. Es ist Natur… du kannst sie frei lassen. Sie haben noch ein Rudel… Wölfe sind keine Hunde… Bitte lass sie laufen… reib sie mit Laub ein und dann überlass sie der Natur… Wenn sie nicht durchkommen, dann ist das leider so, daran kann man nichts ändern“, sprach mein Mann mit ruhiger Stimme auf mich ein. Und ich wusste, dass er Recht hatte. Traurig biss ich mir auf die Lippen und stieg von Freya ab. Er hatte leider Recht und so tat ich das, was er mir gesagt hatte. Ich rieb die kleinen Welpen mit Erde ein und als ich sie absetzte und wir weiter ritten kamen sie uns nicht nach. Doch sie riefen und als ich fast schon umkehren wollte sah ich wie Ragnar den Kopf schüttelte. „Nicht…. Das ist die Natur… das ist leider so…Ach Thalia, die Natur kann grausam sein, aber du kannst keine Wölfe aufziehen. Das geht nicht. Vielleicht kommen sie ja durch und wenn nicht… es sind nicht die einzigen Wölfe in dem Wald hier“, sprach er ruhig auf mich ein und langsam schüttelte ich den Kopf. „Und denk an unseren Auftrag. Der ist doch viel wichtiger, findest du nicht?“ Unseren Auftrag? Den hätte ich bei all dem Gefühlschaos gerade fast vergessen. Langsam nickte ich und ein leichtes, wenn auch trauriges Lächeln schlich auf meine Lippen. „Werde ich schon nicht“, murmelte ich und zufrieden nickte ein Mann und strich sich über den kurzen Bart. „Gut Prinzessin“, meinte er leise und trieb Idril an schneller zu gehen. Es dauerte lange, bis wir wieder in der Siedlung ankamen und die Nacht hatte ihre Schwingen bereits über den Himmel ausgebreitet und vereinzelt sah man zwischen den Wolkenfetzen die Sterne glitzern. Es war, als sei nichts geschehen. Wir gaben unsere Pferde ab und niemand der Stallburschen sprach mit uns. Missmutig sahen sie den Wolf an und als sie sahen, dass Ragnar leicht hinkte fragte sie, ob wir angegriffen wurden. Ernst nickte mein Mann und erklärte: „Ja, aber meine Frau hat den Wolf mit ihrem Schwert erlegt erlegt. Wir holen ihn morgen ab. Lagert ihn im Schuppen.“ Überrascht sahen mich die beiden an und ich betrachtete sie stur. Sie schienen sehr verwundert und wussten anscheinend nicht, was sie sagen sollten. Mir war dies allerdings vollkommen egal. Ich brauchte gerade kein Gespräch mit ihnen führen und mit erhobenen Hauptes ging ich weg von dem Stall, Lillie und Ragnar an meiner Seite. Alles war so normal. Hinter den zugezogenen Fensterläden oder Gardinen sah man das Licht von Kerzen. Einige Katzen kreuzten unseren Weg und zwei, drei vereinzelte Menschen schienen erst jetzt den Heimweg antreten zu können. Auch aus der Schmiede von Ragnars Vater drang noch Licht und Rauch stieg in den schwarzen Himmel hinauf. Es war als haben Ragnar, ich und die anderen nicht einen Plan ausgeheckt und uns gegen Ulveig verschworen. Es war einfach ein normaler Abend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)