Der Held von Aranor von Elnaro (Der König von Kalaß) ================================================================================ Teil 2: Kein Zweifel -------------------- Auch wenn die Zeit knapp bemessen war, konnten alle Vorbereitungen abgeschlossen werden. Die Räubertochter Janka, Oberleutnant Nico Dugar, Hauptgefreiter Dariel Harash und ein weiterer Soldat namens Zav Nasgal nähern sich dem, mit schweren Holzzäunen und Sandwällen befestigen Toren, des von den Räubern besetzten Gebietes am See. Alle Soldaten tragen ihre Uniform, denn die ganze Aktion ist durch Nicos Zutun zu einem offiziellen Auftrag geworden. Schon von Weitem erkennen Sie die gespannten Bögen der feindseeligen Wachleute. Die fünf Wachmänner tragen eine Mischung aus ihrer landestypischen und der hiesigen Kleidung. Ihre Hosen aus Wildleder haben sie aufgrund der Hitze auf Wadenlänge gekürzt und am Körper tragen sie leichte aranoische Hemden. Ihre meist langen Haare strahlen in hellen Farben in der Sonne und ergeben ein sehr ungewöhliches Bild für die in Aranor stationierten Soldaten, die es gewohnt sind nur Menschen mit schwarzem oder dunklem Haar zu sehen. Die junge Frau wedelt fast schon fröhlich anmutend, mit ihren Armen, um sich als eine der ihren zu erkennen zu geben. Diese denken jedoch gar nicht daran ihre Waffen zu senken, selbst wenn Janka keine Gefangene sein sollte, so wie es im ersten Eindruck schien. „Nicht schießen!“, ruft die Räuberstochter nun geduldig ihren Stammesgenossen zu. Als die vier näher kommen, muss sie sich erklären. „Ich hab Papa gesagt, dass wir kommen.“ Einer der Hellhaarigen hebt die Schultern, den Janka nun anspricht. „Ehrlich Oref, er weiß Bescheid. Er will mich nur ärgern. Lass mich mit dem Offizier reingehen!“ Er blickt von oben auf sie herab, nimmt die Spannung aus dem Bogen, senkt ihn, belässt den Pfeil jedoch auf der Sehne. „Nur er und ohne Waffen“, raunt er mit dunkler Stimme, weshalb sie ihn umarmt und sich fröhlich bedankt. Er ist so groß, dass der Kopf der eher kleinen Nordländerin nur bis zum unteren Ansatz seiner Brust reicht. Erst jetzt steckt er seinen Pfeil in einen neben ihm stehenden Korb und legt den Bogen bei Seite, jedoch nicht um sich ebenfalls zu entwaffnen, sondern sich der Situation anzupassen. Direkt darauf nimmt der breitschultrige Mann nämlich einen Speer zur Hand, den er nun in Richtung der Soldaten hält. Nico und die anderen beiden legen ihren Waffengurt ab und geben ihn einer der anderen Wachen, die sie ihnen unsanft aus den Händen reißen. Nur Nico wird, in Begleitung der jungen Frau, aber zu seiner Überraschung ohne einen der Wachmänner als Geleit, durchgelassen. Dariel und Zav bleiben vor dem Tor zurück. Für Nico ist es kein Problem unbewaffnet unterwegs zu sein, denn er ist einer der Besten, wenn es darum geht seinem Gegner die Waffe abzunehmen. Wenn es sich bei dieser dann auch noch um ein Schwert handelt, kommt zudem seine, in den meisten Fällen, überragende kämpferische Überlegenheit zum Tragen. Auf dem Weg durch die sandigen und nur spärlich bewachsenen Hügel, entlang des riesigen und wunderschön in der Sonne glänzenden Sees Lanima, müssen sie sich immer wieder erklären, beziehungsweise Janka tut dies. Da er sich auf feindlichem Terrain befindet, hält er sich zurück. Sie betreten eine größere Fläche auf der einige einfache Steinhäuser errichtet wurden und die von einer felsigen Gesteinsformation geschützt sind, in welche sich eine Menge Höhlen erstrecken. Nico hat nicht die leiseste Ahnung wie umfangreich das Höhlensystem ist oder wie viel Platz es bietet, doch es muss eine Menge sein, denn schließlich kommt hier der gesamte Stamm unter. Der Offizier begegnet hier nun, wie angekündigt, auch Frauen, Kindern und alten Menschen. Die Rollen scheinen klar verteilt zu sein. Die Frauen kümmern sich um die Kleidung und die Zubereitung der Nahrung und die Alten passen auf die Kinder auf, die vergnügt am seichten Wasser spielen. Einige Wachposten haben den steilen Berg erklommen und überblicken nun das ganze Gebiet. Janka und ihr Gast betreten die Höhlen, die nur zum Teil natürlichen Ursprungs zu sein scheinen. Offenbar wurde hier früher schon einmal irgendetwas abgebaut, doch weder er, noch sie haben eine Idee was das gewesen sein könnte. Vor Nico tut sich ein großer Raum auf, der an einigen Stellen nach oben hin durchbrochen ist, weshalb genügend Tageslicht hinein scheint. Da er gerade nach oben schaut, zuckt er zusammen, als mehrere schrille Stimmen wie Sirenen in der Halle erklingen: „Schwesterlein!“ und „Janki, Papa ist total sauer auf dich!“ Auf Janka kommen drei Mädchen zugerannt, die sie alle auf ein Mal in die Arme schließt. „Geh lieber nicht zu ihm!“, bittet die Älteste der drei, die Nico auf sechzehn schätzt, mit immer noch quietschiger Stimme. Die Jüngste, etwa siebenjährige, deren gelbliche Haarfarbe von der der anderen drei etwas abweicht, sieht scheu, aber wehleidig zu dem unbekannten Offizier, der sie freundlich anlächelt. Kinder waren schon immer in der Lage sein Herz zum Schmelzen zu bringen. Er geht in die Hocke und fragt sie mit sanfter Stimme nach ihrem Namen, doch sie schüttelt den Kopf und weicht einen Schritt nach hinten zurück. „Bringt nichts den dir zu sagen. Bist eh bald tot“, haucht sie schüchtern. Etwas überrascht von dieser Aussage hebt er die Augenbrauen und atmet tief ein, bevor er wieder aufsteht und entgegnet: „Sag ihn mir nach dem Gespräch mit deinem Vater, in Ordnung?“ „Optimist.“ spottet die etwa vierzehnjährige, mittlere Schwester, die ein Stück entfernt stehen geblieben ist und ihn nun mustert. Er will etwas darauf entgegnen, doch eine tiefe, kehlige Stimme brüllt aggressiv in die Halle herein: „JANKA! ANTRETEN!“ Wieder erschreckt Nico, nicht aber die Mädchen, welche so etwas erwartet zu haben scheinen. Die von ihrem Vater herbei befohlene junge Frau macht eine abgehackte und etwas hektische weisende Geste zu ihrer männlichen Begleitung, um ihm ihre Absicht zu zeigen jetzt nicht zu trödeln. Die anstehende Konfrontation setzt sie nun doch mehr unter Stress, als sie zunächst vermutete. Gemeinsam setzen Sie sich in Bewegung in Richtung des hinteren, dunkleren Teils der Höhle, aus dem der Ruf kam. Unsicher, wie sie jetzt ist, tätschelt sie Nicos Arm. Selbstsicher verabschiedet er sich von den drei Mädchen mit einem „bis später“, worauf die Mittlere wieder spöttisch mit „Optimist“ antwortet. Die anderen beiden beäugen ihn ebenfalls etwas skeptisch, aber geben den Weg frei. Der Offizier betritt, in Jankas Begleitung, ihres Vaters Arbeitszimmer, für das extra eine Tür angefertigt wurde, die genau in die natürliche Verengung zwischen der großen Halle und diesem kleinen Raum passt. Sie war bereits für die beiden offen gelassen worden, oder steht immer offen, da sie die einzige natürliche Lichtquelle des Raumes darstellt. Von drinnen ist bereits der bekannte Schein von Öllampen auszumachen. Janka schließt die Tür hinter den beiden und die unruhigen, dumpf widerhallenden Stimmen aus der großen Höhle davor verstummen. Der Raum ist reichlich mit allerhand Fellen und anderen Jagdtrophäen geschmückt. Offensichtlich haben er oder seine Leute schon einige Leoparden getötet, denn allein vier ihrer Felle liegen auf den Stühlen am Tisch. Auf einem dieser Stühle sitzt Barbas. Nun steht der junge Offizier endlich vor dem Anführer der Räuberbande. Der beeindruckende Mann ist bestimmt einen Kopf größer und doppelt so breit wie Nico. Er muss nicht von seinem Stuhl aufstehen, damit sein Gast das erkennt. Das hellblaue, fast weiße Haar seines Bartes und auch sein langes Haupthaar sind an einigen Stellen geflochten, was Janka trotz der ernsten Situation zum Schmunzeln bringt, denn da waren eindeutig ihre Schwestern am Werk. Barbas trägt ebenfalls eine Wildlederhose, doch sein Oberkörper ist nackt. „Warum schleppst du schon wieder so ein Würstchen an, Janka?!“ raunt er. Nico mag kleiner und weniger muskulös sein als er, aber er ist bestimmt kein Würstchen. Beleidigen lässt er nicht gar nicht gern. Den Ärger herunter schluckend, streicht er sich durchs Haar. Die junge Frau antwortet viel sanfter und kleinlauter als üblich: „Er ist ein echter Offizier. Er hilft uns einen Platz für uns zu finden. Hör dir bitte an was er zu sagen hat!“ Barbas wendet den Blick ab, haut so heftig mit seiner Faust auf den Tisch, dass die beiden leeren Biergläser darauf laut scheppernd nach oben hüpfen und wieder landen und brüllt: „Wir haben hier genug Platz und alles was wir brauchen. Du dummes Ding schleppst mir den Feind ins Haus und -!“ „Das ist nicht wahr", fällt ihm Nico furchtlos ins Wort. „Sie haben keine Felder für Ihre Ernte, keine Medizin, keinen Nachschub an allem was Sie zum Leben benötigten und zu allem Überfluss leben Sie hier auch noch eingepfercht zwischen dem See und diesem Berg. Eine einzige Krankheit könnte Ihren ganzen Stamm auslöschen.“ Barbas hat sich immer noch nicht die Mühe gemacht seinen Gast zu begrüßen oder ihn nach dem ersten flüchtigen Blick erneut anzusehen. „Sagt wer?“, fragt er gereizt, worauf Nico stolz antwortet: „Der offizielle Vertreter des Königlich Rosheanischen Militärs, Oberleutnant Nico Dugar.“ Nun hebt der Stammesführer seinen Blick, steht von seinem Platz auf, geht zu seinem ungebetenen Gast, den er an dessen schicken Uniform am Kragen packt und an sich heran zieht. „Machst drei Schritte durch die Siedlung und weißt Bescheid? Aranor wird sehen wer der Stärkere ist, wenn ich deine Leiche zurück schicke. Du sollst der stärkste Krieger sein, kleiner Mann? Lächerlich!“ Nico lächelt Barbas fast ein wenig arrogant an, als er siegessicher entgegnet: „Nicht der stärkste, Räuberkönig, aber der schnellste und wohl auch der klügste.“ Nico hatte das kleine Messer an Barbas Gürtel bemerkt, das er ihm bereits geschickt entwendet hat und dem riesigen Mann nun an die Kehle hält, was dieser nicht einmal bemerkte. Ruckartig stößt der Riese den Offizier von sich, der elegant aufrecht auf den Füßen landet, den Dolch aber noch, bereit zum Angriff, vor sich hält. Verstimmt beginnt Nico seinem Gegner zu drohen, der es wagte seinen Versuch zur Diplomatie schon im Keim zu erstickten: „Meine Einheit vernichtet Ihre handvoll Krieger mit Leichtigkeit. Sie schlägt los, wenn ich es ihr befehle oder nicht bis Sonnenuntergang zu ihr zurück kehre. Es wäre besser für Sie, wenn wir uns einigen könnten.“ „Verstanden, Harad.“ antwortet Barbas sich nach vorn gebeugt den Hals haltend, an dem etwas Blut herunter läuft. Nico hätte ihn mit Leichtigkeit töten können und das ist dem traditionsbewussten Nordmann voll bewusst. Etwas verwirrt von der Situation taumelt er zum Tisch zurück, an den er sich setzt. Ungefragt setzt sich ihm der junge Offizier und Sieger der plötzlichen Auseinandersetzung gegenüber. Janka hielt sich während der Kampfphase im Hintergrund. Sie weiß was es bedeutet, wenn ihr Vater auf jemanden los geht und wie es üblicherweise endet. Überraschenderweise nahm diese Auseinandersetzung mit Barbas einen anderen Ausgang als alle, denen sie jemals zuvor beiwohnte. Ihr Vater war bis dato im Kampf ungeschlagen, deshalb glaubte sie der Offizier sei nach dem Angriff nicht mehr zu retten und hatte schon mit ihm abgeschlossen. Da sich die beiden nun gesittet an den Tisch gesetzt haben, eilt sie zu einer Kommode neben Barbas Bett an der Wand, nimmt ein Tuch, das darauf lag und tupft im Anschluss die kleine Schnittwunde am Hals ihres Vaters ab, die nicht aufhört zu bluten. Eine ganze Zeit schweigen die drei. Nico, der von sich behauptet noch niemals ein Anstarrduell verloren zu haben, schaut unbeirrt in Barbas' helle Augen, bis dieser seine Tochter bittet ihm etwas zu trinken zu bringen. Eilig kommt sie der Anweisung nach und läuft hinaus aus dem Raum. Da sie die Tür offen stehen lässt, schallt der Lärm der Menschen in der Höhle in den Raum hinein. Nico hört aufgeregte helle Stimmchen, die vermutlich zu Jankas Schwestern gehören, doch er dreht sich nicht um, sondern starrt weiterhin konfrontativ seinem Gegner ins Gesicht. Einige Minuten sitzen sich Nico und der Nordstammanführer gegenüber ohne ein Wort zu sagen. „…“ Die junge Frau kommt mit einem Krug Bier und zwei Gläsern zurück, die sie abstellt. „Für ihn nicht“, weist Barbas seine Tochter an und schiebt das zweite Glas bei Seite. Nach einer kurzen Entschuldigung nimmt sie Nicos Glas wieder weg. Auch die beiden anderen leeren Gläser räumt sie ab. Gekonnt füllt sie das Bierglas ihres Vaters, auf dem sich eine perfekte Schaumkrone bildet. Er setzt an, trinkt es in einem Zug leer, knallt das Glas scheppernd auf den Tisch und fordert nun endlich: „Dann erzähl, warum du her gekommen bist, Junge!“ "Sehr gern. Nun mir ist erst seit vorgestern bekannt, dass hier ein ganzer Stamm lebt. Bis dahin dachte ich ihr bestündet nur aus Kriegern. Sie und Ihre plündernden Männer haben sich als Räuberbande in den Köpfen der Leute manifestiert, auch in meinem. Ich benötige dringend mehr Wissen über Sie und Ihr Volk, sonst kann ich gar nichts für euch tun.“ „Wir haben Siedlungsverbot, fast überall.“ antwortet Barbas, ohne zu verstehen was der Offizier eigentlich genau wissen will. „Wieso eigentlich? Was haben Sie getan? Wie stellen Sie sich den Königen vor?“ geht Nico darauf ein, obwohl das nicht das war, auf was er hinaus wollte. „Ganz normal. Ich gehe mit meinen stärksten Kriegern zu den Toren einer Stadt und verlange einen Kampf. Siegen wir, müssen sie uns Einlass gewähren. Aber diese ehrlosen Völker achten die Tradition nicht und schicken uns weg, egal ob wir siegen oder nicht.“ Nicos verständnisloser Blick wird auf Janka gelenkt, die sich neben ihren Vater gesetzt hat, energisch den Kopf schüttelt und die Augen aufreißt. Trotzdem entgegnet der Offizier: „Das… wundert mich nicht, denn hier ist es üblich um Hilfe zu bitten, statt sie einzufordern.“ „Das ist die uralte Tradition des Kriegsgottes Phantakare. Vor seiner Kathedrale in der roten Stadt haben meine Männer viele Kämpfe gewonnen, aber auch Opfer dargebracht. Es war ein großes Fest, das Phantakare gefallen hätte. Aber der rote König holte mehr Krieger zu sich, als wir schlagen konnten und Vertrieb uns in die heißen Länder.“ tobt Barbas, der keine Lust hat sich an das für ihn fremdartige anzupassen. Da Nico nicht genügend Geduld aufbringen kann einem solchen Sturkopf die Welt zu erklären, lässt er es dabei bewenden. „Nagut, lassen wir das auf sich beruhen. Gehe ich richtig in der Annahme, dass Ihnen ein Stück eigenes Land lieber wäre, als in der Stadt zu leben?“ Da Janka es nicht hinbekommen hat das Glas erneut zu füllen, macht ihr Vater das nun selbst. Weniger geschickt als sie füllt er sein Glas hastig, sodass der weiße Bierschaum überläuft. Er nimmt einen Schluck, fährt sich mit dem Unterarm über den Bart, um den Schaum zu entfernen, schüttelt den Kopf und antwortet: „Außer es geht um die heilige rote Stadt.“ „Sie müssen aufhören zu stehlen was Sie brauchen, und beginnen selbst Korn anzubauen und Viehzucht zu betreiben, dann werde ich sehen was ich tun kann“, geht Nico darauf ein, worauf Barbas wieder etwas ärgerlicher wird, sich aber schnell wieder beruhigt. „Wir nehmen nur dann mit Gewalt, wenn ihr die Tradition brecht. Wir bauen an und züchten, wenn ihr uns gebt was uns zusteht. Ihr zwingt uns zu stehlen.“ „Ich verstehe.“ entgegnet Nico, der von seinem Stuhl aufsteht, zur Tür schreitet und sie öffnet. Der Stammesführer ruft ihm vom weitem nach: „Welche von den drei willst du, Harad? Nur aus Interesse.“ „Na, mich natürlich!“ ruft Janka fröhlich und panisch zugleich, womit sie Nicos Blick auf sich zieht. Unglücklich über diese Entwicklung fährt er sich wieder einmal durch das Haar und sagt: „Janka, darüber sollten wir später noch einmal sprechen“, was Barbas endlich zum Lachen bringt. Seine laute, tiefe Stimme gibt durch die Tür hindurch einen Widerhall in der großen Höhle. „Hahaha, Janka! Ich glaube dem Harad gefällt eine deiner Schwestern besser.“ Sie und Nico gehen in den großen Höhlenraum hinein, wo die drei Schwestern schon auf sie, oder besser gesagt nur auf Janka, gewartet haben und erneut mit quietschenden Stimmen gerannt kommen. „Du hat es geschafft!“ „Was? Ich will doch Oref heiraten. Nimm nicht mich, nimm nicht mich!“ „Naaa, er ist eh schon meine.“ „Ich bin Milgrid.“ „Du bist doch eh noch viel zu jung.“ „Bin ich nicht!“ „Scheinbar doch Realist, statt Optimist.“ plerren die Mädchen durcheinander, die sich nun um den jungen Offizier scharen, bis er sie unterbricht. „Schön langsam, Mädchen! Bevor ihr alle durcheinander auf mich einredet, erklärt mir bitte eine von euch was genau von einem Harad erwartet wird, in Ordnung? Janka?“ „Oh, das weißt du nicht? Dachte deshalb hast du das überhaupt gemacht. Ein Harad ist der, der den Anführer besiegt.“ „Lass es einfach, Janka. Du bist zu dumm, um Dinge zu erklären“, verbessert die vierzehnjährige, welche ihn als Optimisten bezeichnet hatte. „Die jüngste ist Milgrid, die da ist Astria und ich bin Hidda. Janka kennst du ja schon. Offensichtlich hast du gegen Vater gewonnen. Glückwunsch. Hätte ich nicht gedacht. Von uns fordert ihn keiner heraus, der bei Verstand ist. Du bist jetzt ein Harad, ein Sieger über den Häuptling. Da du ihn nicht getötet hast, bleibt er das auch. Du hast dich mit deinem Sieg bereit erklärt ihm einen Nachfolger zu zeugen und den kleinen Fratz zum stärksten Krieger des Stammes auszubilden. Sonst hast du keine Pflichten.“ Nico fällt es schwer seinen Ärger zu verbergen, weshalb er seine Hand an seine Stirn legt. Die Mädchen beginnen munter zu kommentieren: „Oh, er freut sich.“ „Nein, er überlegt welche er nimmt.“ „Er kann sich nicht entscheiden.“ „Aber du hast doch gesagt, dass du mich willst“ „Danke, dass Papa noch lebt.“ „Er ärgert sich darüber.“ „Über was? Dass Papa noch lebt?“ „Nein, ich glaube es ist was anderes, Schwestern. Lasst mich mit ihm mal einen Augenblick allein.“ verlangt Hidda, die die anderen Mädchen bei Seite schiebt. Nico ist das ganz recht, denn sie scheint mit Abstand die klügste von allen zu sein, wenn er mal von der kleinen, frechen und so unglaublich süßen Milgrid absieht, die aber noch zu jung ist, um ihn aus der Lage zu befreien. Gemeinsam mit der forschen Hidda geht er hinaus aus der Höhle, am Ufer des Lanima entlang, solange bis sie von den anderen nicht mehr gehört werden können. „Darf ich dich Nico nennen? Janka erzählte mir gestern von dir.“ Als er zustimmt, spricht sie weiter. „Sie sagte du würdest ihr den Hof machen. Ich glaubte ihr, doch jetzt wo ich dich sehe, scheinst du mir überfordert zu sein. Hast du sie angebaggert, um über sie an Vater heran zu kommen?“ „Was, wenn es so wäre?“ antwortet er vielsagend, denn er sieht in Hidda einen Ausweg ohne Jankas Herz zu zerbrechen. „Haha, wusste ich es doch. Schöne Männer sind gefährlich, weil sie den Mädchen den Verstand rauben und davon hat Janka nicht allzu viel…hm, na immerhin genug um meinen Anweisungen zu folgen und zu versuchen diese miese Situation hier aufzulösen.“ erklärt sie von sich überzeugt, was ihn hellhörig werden lässt. „Du bist also der Kopf, der hinter ihrer Rebellion steckt? Warum setzt du sie nicht selbst um?“ „Weil wir erst ab sechzehn hier raus gelassen werden. Astria hat kein Interesse an der Sache, denn sie ist überall glücklich, solange sie nur bei Oref sein kann. Sie will nichts riskieren und da blieb nur noch Janka. Ich weiß, dass du sie nicht willst. Kein Problem. Sag du willst mich. Ich bin erst in zwei Jahren heiratsfähig, so lange müsstest du warten. Ich such mir bis dahin nen anderen, hab da schon einen im Auge…und dann mach ich ne riesen Szene vor Vater. Janka schmeißt sich jedem an den Hals, Astria heiratet Oref und Mildgrid ist zu jung, um auf sie zu warten. Bis dahin stachle ich Oref an, Vater herauszufordern. Er ist ein sehr guter Krieger, das schafft er schon und schwupp, bist du vergessen. Ist das in deinem Sinne?“, fagt sie stolz und überzeugt von sich. Nico ist glücklich zur Abwechslung mal von jemandem unterstützt zu werden, statt immer alles allein lösen zu müssen. Damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Dummerweise muss er sich aber trotzdem mit Hidda verloben, was wahrscheinlich die Runde bei den Soldaten machen wird und ihm an dem Plan nicht so sehr gefällt. Er beschließt diesem Mädchen zu vertrauen, auch wenn er die Situation noch nicht ganz überblicken kann. Er stimmt zu und die beiden gehen zurück zu den drei wartenden Mädchen, um die sich inzwischen eine Menschentraube gebildet hat. Hidda hüpft gespielt naiv an ihn heran und klammert sich grinsend an den Arm des Offiziers. „Nee, Hidda. Das ist nicht fair! Nimm die deine Hände von ihm.“ ruft Janka schon von weitem und sie erhält Antwort: „So ist es nunmal, Janka. Er mag Mädels mit Köpfchen lieber als Flittchen ohne was im Kopf.“ „Waaaas? Hat er das gesagt? Das ist nicht fair, das ist nicht fair von dir, Hidda! Ich dachte immer du magst den stillen Kon.“ Da Hidda rot anläuft, lässt sie spontan Nicos Arm wieder los und rennt auf Janka zu, deren Mund sie mit beiden Händen zuhält. Dann schaut sie sich panisch um, ob ihr Schwarm das gehört haben konnte und atmet erleichtert aus, als sie keine Spur von ihm entdeckt. Obwohl Astria das Spiel durchschaut, bewegt sie das nicht dazu etwas zu sagen, denn sie kichert bloß als ginge sie das nichts an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)