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[Volatile] - Inception

‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘
von

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Let it die

*Arthur*
 

Seine Wohnung fühlte sich ungewohnt leer an. Der Point Man ging in die Küche, holte sich ein Bier, rauchte auf dem Balkon eine Zigarette. Bleierne Schwere lag auf ihm, eine ungewohnte Antriebslosigkeit.

Die Zeichnung, die er für Sebastian angefertigt hatte, war detailgetreu gewesen und der Bastler hatte viele Fragen gestellt. Er war zuversichtlich, dass er etwas Vergleichbares hinbekommen würde, es würde aber ein paar Tage dauern. Sie hatten noch 6Tage für diesen Job. Dann musste alles passen. Doch die Zweifel daran, dass es funktionieren würde, wichen kaum. Zumal er sich vorhin bei dem Gedanken erwischt hatte, dass es ihm auch wirklich egal sein könnte, ob der Job klappte, oder eben nicht. Es war nur ein kurzer Moment gewesen, aber er war da. Genauso kurz, wie der Gedanke mittags dagewesen war, dass er Eames wirklich eine Chance geben sollte.
 

Sein Magen meldete sich vehement, als er zurück in die Küche kam. Er holte sich einen Joghurt, blickte zur Theke. Die Bilder des Mittags kamen in ihm hoch, Bilder, die er lieber vergessen sollte, Gefühle, die er besser vergessen sollte, Gedanken, die er besser vergessen sollte. Mit seinem Bier und dem Joghurt kehrte er der Küche den Rücken, ging zu seiner Anlage und legte „Let it die“ von Leslie Feist in Dauerschleife ein. Nicht ganz passend, aber doch annähernd.

Don't you wish that we could forget that kiss?

And see this for what it is

That we're not in love

(https://youtu.be/2D-BL62dreo)

Die klare Stimme der Sängerin erfüllte die Wohnung, während Arthur ins Arbeitszimmer ging. Wie hatte er gesagt: Kümmern wir uns um den Job!
 

Er arbeitete noch eine geraume Weile daran, alle Informationen zu verwerten, die er an diesem Tag gesammelt hatte. Auch die Architektur des Traums glich er an alle Ergebnisse an. Er würde den Job so gut machen, wie es in der kurzen Zeit möglich war. Dann war er Eames wieder los.
 

Als er später noch duschen ging, fiel sein Blick auf das Duschgel, die Zahnbürste. Eigentlich hatte er beim Verlassen des Hotelzimmers den Plan gefasst, all das wirklich einzupacken Unding vor die Tür zu stellen. Aber es wäre albern in gewisser Weise. Er würde schon damit klarkommen, wenn Eames hier war. Er sollte nur alle Situationen vermeiden, in denen jener ihm wieder zu nah auf die Pelle rücken könnte.

Müde kehrte er ins Wohnzimmer zurück. Das Bettzeug lag noch auf einem Sessel und erinnerte ihn an die Ruhe, die er vorhin gespürt hatte, als er für die paar Minuten eingenickt war. Eames würde erst morgen wieder hier sein, vielleicht erst übermorgen. Er löschte die Lichter, machte die Anlage aus und nahm sich Decke und Kissen mit in sein Bett. Der unverkennbare Geruch nach dem anderen umarmte ihn und ließ ihn binnen weniger Minuten einschlafen.
 

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Mit gemischten Gefühlen setzte er sich in den Wagen. Er wusste nicht so genau, ob ihn das nun weitergebracht hatte, oder nicht. Es war ein durchaus interessanter Tag gewesen, der eine unerwartet heftige Vermutung hinsichtlich der Hintergründe von Emanuel Jobs bewirkte. Aber wie sie das benutzen konnten, war ihm nicht klar.

Er war schon um 7Uhr aufgewacht, nachdem er das Gefühl hatte, alles dafür tun zu wollen, Eames auf keinem Fall zu begegnen. Und was wusste er schon, wie lange er wegen diesem Foster unterwegs sein würde. Letztlich zog er sich eilig an, packte Laptop und Notiz-/Skizzenbuch (er hatte für jeden Job ein eigenes) ein und fuhr bereits um 8:30 auf der Interstate 95 in Richtung Philadelphia.

Das Anwesen war schnell gefunden, es war herrschaftlich, sicher aus einer Zeit stammend, in der soziale Gerechtigkeit deutlich kleiner geschrieben wurde als heute. Das Haus war von einem großen Garten umgeben und einer hohen Mauer, einem eisernen Tor, das videoüberwacht wurde. Arthur war in der Siedlung spazieren gegangen. Warum es immer ältere Damen waren, die ihn ansprachen, lag vermutlich an seinem Auftreten. Es störte ihn nicht, schließlich hatte er damit genau die, die alles beobachteten und gerne redeten. Mrs. Brown war eine solche Ausgabe von „Nachbarin“, die ihm freundlich Auskunft über das schöne Haus mit der schrecklichen Familiengeschichte gab.

Arthur erfuhr so immerhin, dass die Eltern bei einem tragischen Autounfall während eines Blizzards gestorben waren. Der Wagen war bei heftigem Schneefall von der spiegelglatten Fahrbahn abgekommen und hatte sich mehrmals überschlagen. Nur die Kinder hatten überlebt, damals war Emanuel aber bereits 18 gewesen und hatte sein Abschlussjahr, um danach ans College zu gehen. Giulia Jobs war damals erst 15 gewesen, eine Schönheit, beliebt – nach dem Unfall ein Schatten ihrer selbst. Sie ist nie wieder aus der Starre erwacht, obwohl ihr Bruder sie ja gerettet hatte und mit ihr aus dem Auto gekrochen war. Arthur war sich sicher, dass die Schneekugel als Erinnerung an eben dieses Ereignis fungierte. Aber was hatte es damit auf sich? Antworten würde er nur bekommen, wenn er mit Leuten direkt aus der Familie sprach.

Er verabschiedete sich und fuhr zu der High School, an der laut der Nachbarin die Kinder gewesen waren. In der Bibliothek fand er die entsprechenden Jahrbücher mit den entsprechenden Namen, auch ein Artikel über das tragische Ereignis. Arthur blätterte zu Giulias Klasse später auch zum Abschlussjahrgang, prägte sich die Gesichter ein, suchte bei Facebook nach Informationen und wurde schließlich fündig. Vielleicht würden Namen von Klassenkameraden von Emanuel noch irgendwie hilfreich sein können.

Dann las er die Zeitungsartikel durch, die über den Unfall in den Archiven zu finden waren. Offenbar hatte es Ermittlungen gegeben, weil es zu Unklarheiten gekommen war. Zum einen, weil es so wirkte, als seien beide Elternteile nicht angeschnallt gewesen, zum anderen, weil die Obduktion nicht klären konnte, ob der Unfall tödlich gewesen war oder die Kälte. Im Falle letzteren Szenarios hätte der Sohn also Hilfestellung bei den eigenen Eltern unterlassen.

Arthur ging die Akte durch, die er gestern angefangen hatte zu lesen. Ein Pflegeheim wurde darin erwähnt, ein Anwalt, der im Interesse von Emanuel das Erbe vollzogen hatte. Offenbar lebte die Schwester in dem Haus, das ohne Kosten und Mühe zu sparen auf Vordermann gehalten wurde, auch wenn er selbst nie oder nur selten da war. Sie wurde von eben jenem Heim psychologisch betreut und sie hatte eigene Angestellte.

Über die Schwester im Speziellen fand er im Netz nichts, nicht die leiseste Information – kein Twitter, kein Facebook, nichts. So als existiere sie nur auf dem Papier.

Tatsächlich gelang es ihm, ins Haus zu kommen. Er gab sich als Architekt aus, der für eine Doktorarbeit nach passenden Anschauungsbeispielen für Herrenhäuser aus dem 19. Jahrhundert suche. Er wurde eingelassen und sogar herumgeführt. Er durfte sogar fotografieren – allein Giulia sah er nur einmal aus weiter Ferne. Sie wirkte vollkommen isoliert und unnahbar. Was auch immer damals geschehen war, es saß tief in ihr. Das Personal blockte ab, wenn er Fragen über die Eigentümer stellte.



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