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[Volatile] - Inception

‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘
von

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Momma sed

*Eames*
 

Wenig später waren sie in Arthurs Wagen zum Four Seasons gefahren. Der Pulp Fiction Soundtrack wirkte ein wenig belebend auf Eames scheinbar gedämpftes Gemüt. Die Tabletten bewirkten ein ganz schönes Auf und Ab bei ihm; wahrscheinlich wegen der Kombination mit Somnacin. Er sollte das Spiel nicht überreizen, aber dank Arthurs Ausraster war er gezwungen, noch etwas einzuschmeissen... frisch gebrochene Rippen waren eben scheiß undankbar.

Im Auto hatte er kurz mit seinem Kontaktmann im Hotel gesprochen: Ross Matthews, schwul, klein (nicht wesentlich kleiner, als Eames selbst), kräftig, Masseur und Wellnessberater im Four Seasons. Lange genug dort tätig, um gewisse Befugnisse zu haben, aber nicht weit genug die Karriereleiter aufgestiegen, um allein mit seinem vergleichbar mickrigem Gehalt zufrieden zu sein.
 

Sie hatten einen Treffpunkt im Hinterhof gewählt, der in Wahrheit noch etwas weitläufiger war als in Arthurs Traum. Es gab nämlich einen Zugang zu einem der Kellergewölbe und von dort aus einen versteckten Weg (nur für Personal natürlich), hinter dem Veranstaltungssaal, bis zum Spabereich. Alles ohne Kameras.
 

Ross hatte sofort seine Bezahlung eingefordert, woraufhin Eames bereitwillig gezahlt hatte.

»Ihr habt 15 Minuten«, erklärte Ross ihnen, als sie die Umkleiden erreichten, die der erste Zugang zum Wellnessbereich des Four Seasons darstellten. Solange konnte er garantieren, dass sie sich alleine und unbeobachtet umsehen konnten. Dann schloss er die Tür hinter ihnen und stand Schmiere.

»Schade, ich dachte wir hätten Zeit, den Whirlpool zu testen«, kommentierte Eames gespielt enttäuscht und holte sein Handy heraus, um ein paar Fotos zu machen.
 

*Arthur*
 

Arthurs Blick glitt umher, scannte alle Details, die er finden konnte. Tatsächlich war seine Vorstellung des Hinterhofs zahlreicher schrottiger Crime-Serien entsprungen, als der Realität. Den Menschen, die sie bestahlen, kam es vermutlich nie in den Sinn, über den Hinterausgang ein Hotel zu verlassen. Und selbst wenn sie es im Traum täten, hätten sie keinen Vergleich zur Realität. So aber konnte er all diese Informationen später ergänzen. Dass sie ungesehen den Wellness- Bereich erreichen konnten, war Gold wert. Der Mann, der sie die Wege geleitete, passte gut, ähnliche Größe, ähnliche Statur wie Eames. Sicher war es auch einen Gedanken wert, ihn zu kopieren. Die Idee, Jobs bei einer Massageeinheit für eine kurze Zeit auszuschalten, festigte sich ja momentan sehr. Arthur blickte sich in der Umkleide um, fuhr mit den Fingern über die Fliesen, die Schränke, prägte sich Namen ein. Offenbar bekamen die Gäste, die hier länger waren und das Angebt häufiger Nutzten, gleich ihre eigene Kabine. Auch Jobs hatte eine. Die Zimmerkarte würde ausreichen, um dort hineinzukommen. Vielleicht einmal die Woche an einem der anderen Termine die Gelegenheit, in sein Zimmer zu kommen…

Als sie schließlich in den Wellness und Spa-Bereich kamen, schlug Arthur jener Geruch entgegen, den er wenig leiden mochte. Kosmetika und Chlor zu einer undefinierbaren Menge vermischt. Dass da überhaupt jemand entspannen konnte, war seiner Meinung nach fraglich. Nun, er musste das ja auch nicht machen. Der Pool, die Whirlpools, ein Zugang zur Sauna, der Gang zu den Massage-Räumen und natürlich auch der Bereich, in dem sich die ausgebrannten High-Society-Damen (und vermutlich auch einige Herren) noch schnell vor einer Gala oder einemBroadway-Besuch liften ließen oder mit Botox aushalfen. Der Bereich Kosmetik schloss vermutlich auch daran an.

‚Schade, ich dachte wir hätten Zeit den Whirlpool zu testen.

Arthur ging umher, fasste die Materialien an und sprach leise in sein Handy, während er filmte, um später das perfekte Abbild zu schaffen. Nun schaltete er die Kamera kurz aus.

„Vielleicht solltest du an deinem Zeitmanagement arbeiten, wenn du so ‚grandiose‘ Pläne verfolgst“, antwortete er und ging zu dem Bereich Massage hinüber. „Ich für meinen Teil bin heute definitiv schon genug durchge’wirbelt‘ worden…“, fügte er halblaut hinzu und öffnete die Tür. Es war ein Wunder, dass momentan niemand da war und sie das alles ansehen konnten. Reichen würde das vielleicht aber nicht. Vielleicht sollte er diesen Ross fragen, ob er ihn einen Tag irgendwie einschleusen kann. Sofern die Sicherheitsrichtlinien das so schnell möglich machen würden. Das war das fatale, an so knappen Zeitfenstern. Er sagte ja: Zeitmanagement war manchmal nicht verkehrt.

Seine Finger glitten über die Liege, über die Handtücher, er roch an den Massageölen (auch wenn er das nicht mochte), filmte alles. Dann kehrte er zu Eames zurück.

„Jobs erhält falsche Informationen von seiner App und spritzt sich das falsche Zeug oder zu viel oder zu wenig – das muss ich noch klären. Er kommt runter, sein Kreislauf kippt bereits leicht. Er lässt sich eine Massage geben – oder besser wäre es, wenn er zuerst eine Fango-Packung erhält. Hitze, eingemummelt in irgendwelche Tücher, der Kreislauf kippt, er schläft ein. Wir haben mindestens 30 Minuten, bevor die Packung geöffnet wird und er zur Massage weitergeht. Oder er wird 45 Minuten massiert und wir helfen nach, wenn er nicht von alleine umkippt. Hätte das größere Zeitfenster als Vorteil. Wir gehen 10 Minuten rein, suggerieren ihm eine Situation, in der er an seinen Chip muss. Wir holen ihn raus und er bleibt im Wellnessbereich, bis du oben den Chip kopiert oder ausgetauscht hast.“ In Gedanken ging er die Szenerie durch. Yusuf würde sich zunächst im Hintergrund halten. Eames und er würden Jobs zur Massage geleiten. „Kannst du gut massieren?“, fragte er. Wobei jemand, der in dem Bereich sicher schon einiges an eigener Erfahrung gesammelt hatte, sicher damit kein Problem haben würde… „Überflüssige Frage! Ich ziehe sie zurück.“ Vielleicht wollte er die Antwort auch lieber gar nicht hören.
 

*Eames*

Eames „half“. Er sah sich um, machte Fotos, durchwühlte Handtücher, fotografierte Kosmetika und andere Pflegeprodukte. Überzeugte sich von der Temperatur im Whirlpool. Grandios... sehr ärgerlich. Aber das würden sie nachholen.

Vielleicht hatte Arthur heute keine Lust mehr "herumgewirbelt" zu werden, aber das würde wiederkommen.
 

Die stichelnde Bemerkung bezüglich seines Zeitmanagements ignorierte er geflissentlich. Die anderen Sachen waren genauso wichtig gewesen und ob sie nun eine Stunde früher, oder später reinkamen, war ja wohl egal. Ross war ja noch da, also wozu der Stress. Aber so kannte er Arthur; jeder falsche Furz stresste ihn.

Wenn er darüber nachdachte, was bisher so passiert war, seit er in New York gelandet war, musste man aber zugeben, dass es langsam ein Level annahm, bei dem selbst Eames nicht unberührt blieb. Und er bezeichnete sich gern als vollkommen stressresitent.
 

Er verfolgte den Plan, den Arthur laut aussprach. Nickte, leicht abwesend, machte sich seine eigenen Gedanken. Es lastete viel Verantwortung auf seinen Schultern. Er hatte seit Jahren keine eigene Extraktion mehr durchgeführt, sondern hatte sich immer schön entspannt anheuern lassen, um ein bisschen zu Forgen. Das was er noch immer am liebsten tat. Er sah der Sache trotzdem entspannt entgegen. Der Plan war gut und nahezu sicher. Sie würden kaum Probleme kriegen.
 

‘Kannst du massieren?‘
 

Er drehte sich zu Arthur um, zwischen den Augenbrauen hatten sich ein paar Furchen gebildet und er wirkte ehrlich beleidigt.
 

‘Überflüssige Frage! Ich ziehe sie zurück.‘
 

Darauf grinste er, lachte trocken im hallenden Höhlenraum des Spa-Bereichs.
 

»Reichlich überflüssig«, ergänzte er nur und folgte schließlich Arthur bei seinem Rundgang.

»Wir schicken ihn mit ein paar Extra-Einheiten Insulin auf Reisen, während er massiert wird – das sollte gehen. Yusufu besorgt uns Glucagon als Gegenmittel, damit er uns nicht abschmiert, wenn wir ihn ans Somnacin anschließen.«
 

Er griff sich eine Flasche Massageöl, roch daran – angenehm – steckte sie in die Innentasche seines Jacketts. Für später. Arthur hatte eine Frage gestellt, die er gern non-verbal beantwortete.
 

Er setzte sich mit dem halben Hintern auf die Massageliege, während Arthur weiter arbeitete.

»Mister Jobs, ich habe unautorisiertes Eindringen in ihr Hotelzimmer registriert.«, ahmte er die leicht nuschelnde Sprechweise Henry Fosters nach. Er räusperte sich, klopfte sich mit den Fingerspitzen gegen den Kehlkopf.

»Mister Jobs..«, begann er erneut.

»Wir brauchen noch die Technik zum Kopieren des Chips. Eventuell kriegen wir die von Jesse«, dachte er laut.
 

*Arthur*
 

Das Gerüst eines Plans stand also, wenn er den unbestimmten Ausdruck auf Eames‘ Gesicht richtig deutete. Auch wenn viele Informationen noch geklärt werden mussten. Und einen echten Plan B für ein zweites Traumlevel hatten sie noch nicht. Er spürte die übliche Ungeduld. Aber angesichts der Tatsache, dass sie eigentlich erst seit ca. 18 Stunden wirklich planten, war das schon ok.

Dass Eames sich persönlich angegriffen fühlte, weil er es gewagt hatte, seine Massage-Kompetenzen zu hinterfragen, sah er deutlich. Nun, ja. War wirklich voreilig gewesen. Dass jener sogar lachen musste, ertrug er stoisch. Während er fortfuhr sich umzusehen, reflektierte Eames nun endlich sein Gerüst. „damit er uns nicht abschmiert“, echote er und sah Eames skeptisch an, wobei seine Augenbrauen noch höher wanderten, als er sah, wie dieser sich gerade am Inventar bereicherte. Er verkniff sich einen Kommentar – zunächst. „Ich denke, da sollten wir kein Risiko eingehen! Auch nicht das Risiko, dass Ross uns hier nicht mehr reinlässt.“ Er nickte in Richtung der eingesteckten Flasche.

Ersteres war das letzte, was man gebrauchen konnte, bei einem Job: das Opfer starb! Super Sache! Arthur schüttelte leicht den Kopf. „Der Kerl sollte sich noch einigermaßen fühlen hinterher.“ Er drehte sich wieder um, betrachtete die Bilder an den Wänden, die für eine entspannte Stimmung sorgen sollten. Er fotografierte sie, als er mit einem Mal eine fremde Stimme hinter sich hörte. Erstaunt drehte er sich um und sah, dass Eames sich vermutlich an der Stimme des Security-Typen versuchte. Ein Dieb… Gute Idee. Er trat näher an Eames heran. „Gute Idee“, murmelte er, während sich seine Gedanken kreisten. „Ihm ging es vorher nicht gut… Dann wacht er auf und wir vermitteln ihm, dass du ihn – also sein Bodyguard ihn hoch ins Zimmer gebracht hat und er dort deswegen gerade aufwacht.“ Er nickte leicht, dann sah er Eames an. „Manchmal bist du doch zu etwas zu gebrauchen.“ Ein Schmunzeln umspielte seine Lippen. „Das mit der Technik kläre ich nachher mit dem, der mir die Festplatte kopiert. Mal sehen, was er mir ermöglicht.“

Kurz sah er Eames an, wog einen Moment ab. „Was meinst du!“, fragte er schließlich. „Heute noch in Jobs Zimmer – Jesse hat uns die Suite nebenan gebucht - , oder die Woche mal, wenn er bei der Massage ist, die Schlüsselkarte entwenden.“
 

*Eames*
 

Eames winkte ab und lächelte selbstgefällig. Diese Flasche Massageöl war seine gerechte Bezahlung. Normalerweise tat ihm der Hunni nicht weh, um hier reinzukommen, aber im Augenblick war er quasi blank. Nur „quasi“, weil er eigentlich immer einen Weg fand irgendwie an Bargeld zu kommen. Aber er musste zusehen. Die Zeit bis zu seinen Millionen musste er sich etwas strecken.
 

‘Manchmal bist du doch zu etwas zu gebrauchen.‘
 

»Charming«, erwiderte er trocken. Er liebte es ja, wenn man auf ihn herabsah.
 

Arthurs Vorschlag klang interessant. Noch interessanter war jedoch, dass Arthur ihn nach seiner Meinung fragte! Gerade noch hatte er ihn runtergespielt und dann wollte er plötzlich eine Einschätzung von ihm?

Angestrengten Blickes, kaute er an seine Daumennagel und dachte kurz nach.
 

»Wenn wir heute schon reinkommen, können wir ihn eventuell von nebenan abhören. Vielleicht kriegen wir dadurch weitere Hinweise, wie er den Chip versteckt – vielleicht verwendet er einen Safe, beispielsweise. Oder einen Aktenkoffer.«

Er gestikulierte mit der angeknabberten Hand, während er laut nachdachte.

»Worauf solange warten? Tun wir es heute«, kam er zu seinem Schluss. Er würde nicht wirklich schlafen heute, weil er Henry Foster nach Schichtende observieren musste, aber das war machbar. Dann nahm er er eben noch ein paar Pillen ein... momentan funktionierte er ohnehin nicht, ohne synthetische Drogen.
 

*Arthur*
 

Es tat gut, ungezwungener mit Eames umzugehen. Langsam fühlte er sich wieder wohl in seiner Haut, hatte gut verdrängt, was geschehen war, als sie in den Träumen unterwegs waren. Und zu sticheln gehörte definitiv zu seinem Wohlfühl-Programm. Ein Schmunzeln zierte daher seine Lippen, als er „Aber immer doch“, erwiderte und schließlich dabei zusah, wie Eames überlegte, wie sie es hinsichtlich des Zimmers machen wollten. Er musste irgendwann rein – je früher desto lieber.

Dass sie von Nebenan auch anderweitig Möglichkeiten hatten, an Informationen heranzukommen, war ein guter Grund, es wirklich nicht weiter zu verschieben. Arthur zog sein iPhone aus der Hosentasche und entsperrte es. Dann ging er in sein Mail-Programm. „Laut seinem Kalender erwartet er in einer knappen Stunde einen Anruf von einem Francesco Frattini.“ Da er noch keine Zeit hatte, alle Daten von Jesse zu sichten, wusste er nicht, wer das war. Aber er hatte vorhin sein MacBook mit ins Auto genommen, genauso wie seinen Koffer, in dem er allerlei nützlicher Dinge hatte. Es stand ja von Anfang an zur Debatte, ob er heute noch ins Zimmer kommt.

„Dann lass uns mal das Hotel auf normalem Wege betreten. Ich habe im Kofferraum die passenden Dokumente.“
 

Als sie wenig später das Nobel-Hotel durch den eigentlichen Eingang betraten, war es ein wenig wie ein Déjà-vu. Ob ihr jetziger Besuch auch in einer Prügelei enden würde? Arthur seufzte innerlich. Im Moment lief es gut. Lieber nicht an das von vorhin denken.

Sie checkten unter seinem falschen Namen ein. Eames behandelte er als Freund, der ihm später noch etwas von New York zeigen wollte. Durch eine geschickte Frage, entlockten sie der Rezeptionistin die Information, dass Mr. Jobs tatsächlich vor Ort war und im Zimmer nebenan. So ein ganz schlechter Schauspieler war er nicht – solange er nicht spontan sein musste. Schließlich fuhren sie in die Suite hinauf.

Arthur betrachtete wehmütig das Bett, trat dann aber direkt auf den Balkon, um zu sehen, wie weit ein Fenster oder gar der Balkon der anderen Suite entfernt war. Der Balkon war leider sehr klein, der Nachbarbalkon war tief eingelassen, so dass es schwierig war, dorthin zu gelangen. Blöd. Er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Irgendwie musste er dort hinein.
 

* Eames*

Traumhaft mit einem funktionierenden Point Man zusammen zu arbeiten, dachte er, als er neben ihm die verkleideten Gänge des Nobelschuppens entlang flanierte. Ihre kleine Schauspieleinlage, die sie der Rezeptionistin geliefert hatten, war grandios gewesen. Eigentlich sollten sie als Trickbetrüger gemeinsam auf Tour gehen, dachte Eames. Dann könnten sie auch ohne einen Emanuel Jobs Millionen machen...

Bonnie und Clyde nur mit weniger Toten.
 

Auch Eames warf einen sehnsüchtigen Blick auf‘s Bett. Vielleicht könnte er sich ja hier eine Stunde hinlegen, bevor er die ganze Nacht unterwegs sein würde. Wenn sie nachher sowieso auf Jobs warten mussten, könnten sie ja vorher auch noch ein bisschen Rummachen, wo sie schon mal hier waren, dachte er, als er Arthur beobachtete... einfach da weitermachen, wo sie aufgehört hatten. Klang doch nach einem ganz fantastischen Plan.

Leider wusste er, dass sie sich nur wieder die Finger verbrennen würde... seine Libido musste wohl warten, bis sie Jobs endgültig abgearbeitet hatten.
 

Als Arthur den Balkon auskundschaftete, sah sich Eames provisorisch im Bad um. Sowohl das Bad, als auch die Wand am Kopfende des Bettes lagen Jobs Suit zugewandt. Von dort aus hatten sie vermutlich die beste Akustik.
 

»Wir sollten Jesse fragen, ob er unsere Karte auf die Suit nebenan umschreiben kann. Dann kämen wir problemlos rein.«

Er setzte sich mit etwas mehr Schwung als nötig aufs Bett und testete die Wippkraft der Matratze. Na, hier konnte man ordentlich Spaß haben. King-Size-Spaß, so zusagen.

»Oder du kletterst durch den Lüftungsschacht, wie in einem guten, alten James Bond Film und schließt mir dann die Tür auf.«

Sein Kreuz war nämlich unter aller Garantie zu breit dazu. Arthur hatte immerhin eine Chance.
 

*Arthur*
 

Wenn man gewohnt war, alles im Leben alleine zu regeln, dann fiel es einem auch schwer, daran zu denken, dass man unter Umständen jemanden um Hilfe bitten könnte. Eames hatte natürlich völlig recht. Jemanden wie Jesse zu haben, vereinfachte vieles – solange er wirklich loyal war. Arthur war von Natur aus misstrauisch, was das betraf. Letztlich hatte er aber auch keine andere Wahl, als Eames‘ Urteil über den Hacker zu vertrauen. Und da es nicht um seinen Arsch ging, würde er dieses Vertrauen auch nicht weiter in Frage stellen. Eames hatte vermutlich selbst das größte Interesse daran, dass Jesse ihnen wirklich half und nicht irgendwann in den Rücken fiel, als sonst jemand.
 

Er stieß sich vom Geländer des Balkons ab und kam zurück ins Zimmer, schloss die Tür hinter sich. Es war noch immer trüb und kalt. Hoffentlich kam der Frühling bald. Arthur war ohnehin leicht kalt und eigentlich mochte er eine angenehme Wärme ganz gerne. Er beobachtete über das Spiegelbild, wie Eames das Bett „testete“. Eigentlich müsste der sich auch noch ein wenig ausruhen… Schließlich hatte er vor, eine Nachtschicht einzulegen. Und da sie bereits seit 6 Uhr wach waren, würde das anstrengend werden.
 

Arthur zog das MacBook aus der Tasche, verkabelte sich mit dem LAN-Anschluss und setzte sich auf das Bett, am Kopfende, das Kissen im Rücken als Stütze. Den Kommentar hinsichtlich der James Bond Action ignorierte er zunächst, auch wenn er sich ertappte, wirklich nach dem Lüftungsschacht zu schauen. Sie mussten ohnehin erst einmal warten, bis der Kerl nebenan zu Ende gearbeitet hatte, sein Telefonat erledigt hatte und dann hoffentlich beschloss, dass es Zeit war, Essen zu gehen. Er schlug die Beine übereinander und klappte das MacBook auf, blickte nun Eames an. „Honeybunny, was sollte ich ohne Dich anfangen!?“, zitierte er etwas abgewandelt aus „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ gemischt mit der Anfangsszene von „Pulp Fiction“ (Der Soundtrack war noch in seinem Ohr). Dann klopfte Arthur neben sich auf das Bett. „Komm her, ruh dich aus. Von uns beiden hast du die anstrengendere Nacht vor dir. Wenn drüben was passiert, wecke ich dich auf. In der Zwischenzeit verschaffe ich mir mit Jesses Hilfe Zugang.“

Er hatte ohnehin noch die andren Informationen des Hackers auszuwerten. Gleichzeitig musste es leise sein, damit sie hörten, wenn drüben gesprochen wurde. Er gab sein Passwort ein und schaltete die Sicherheitsmaßnahmen hoch, weil er sich in öffentlichem Netz befand. Dann schrieb er Jesse an, ob er da was drehen konnte.
 

*Eames*
 

Der einzige Grund, der Eames gerade einfiel wieder aus dem Bett aufzustehen, war die Minibar zu plündern. Aber selbst dazu konnte er sich nicht richtig begeistern. Erst recht nicht, als Arthur ihm mit seinem Macbook Gesellschaft leistete.
 

‘Honeybunny, was sollte ich ohne Dich anfangen!?‘
 

Er gab einen abfälligen Laut. ‚Ein scheiß langweiliges Leben führen‘, dachte er, aber behielt diese Aussage lieber für sich. Er war tatsächlich nicht in der Laune sich zu streiten und das kam äußerst selten vor.
 

Arthurs Vorschlag war wirklich sehr einladend. Und irgendwie auch vernünftig. Er war zugedröhnt und irgendwie ausgelaugt und musste noch die ganze Nacht ackern.

Er machte sich nicht einmal die Mühe, das Jackett oder die Schuhe auszuziehen; schließlich könnte es sein, dass er sofort einsatzbereit sein musste. Stattdessen rutschte er höher und bettete seinen Kopf neben Arthur. Auch wenn sie sich nicht berührten, spürte er die wärmende Präsenz des Anderen, vor allem mit geschlossenen Augen. Ein befremdliches, aber wohltuendes Gefühl, nicht allein einzuschlafen.
 

»Bitte weck mich, wenn ich aufhöre zu atmen...«, murmelte er und verschränkte die Hände auf dem Bauch ineinander. Bei der Menge an Opioden konnte das schon mal passieren, aber da er schon mehr genommen hatte, wusste er eigentlich, dass nichts Schlimmes passieren würde. Alles eine Frage der Toleranzen.

»Danke..«, entkam ein letztes Flüstern, da war er jedoch schon fast weggetreten. Einschlafen war seine Spezialität, auch ohne Somnacin, kein Problem für ihn. Immer und überall und in unter zwei Minuten.
 

*Arthur*
 

Arthur registrierte mit Zufriedenheit, dass Eames seinem Vorschlag nachkam. Seit er die Beta-Blocker eingeschmissen hat, fühlte er sich wieder ausgeglichener und konzentrierter. Sein Bett würde später einfach auf ihn warten und dann konnte er sich hinlegen. Und solange sie hier warteten, konnte er ja auch wunderbar arbeiten. Nur einen kurzen Moment blickte er zu Eames, der sich neben ihn hinlegte und brav die Augen schloss. Dann wurde er davon abgelenkt, dass Jesse bereits antwortete und versprach, zu schauen, was er hinbekam. Arthur schilderte die Situation und bat ihn, auch zu überprüfen, ob die GPS-Ortung des Handys möglich war. Wenn Emanuel Jobs später essen gehen würde, könnte man so überprüfen, wann er zurückkam.

‚Bitte weck mich, wenn ich aufhöre zu atmen…‘

So richtig registrierte er gar nicht, was Eames da sagte. Seine Gedanken waren bereits dabei, genau zu überlegen, wie sie nachher vorgehen mussten. Erst als das ‚Danke..‘ kam, blickte er auf und begriff was Eames da gesagt hatte. Offenbar sollte er sich doch mehr Sorgen machen. Aber das führte bei Eames meist nur dazu, dass er bockig wurde und ihn aufzog. Arthur seufzte. Er sah auf ihn hinab, das schöne Gesicht, das sich binnen der wenigen Augenblicke merklich entspannte. War Eames schon eingeschlafen? Dass jener das ziemlich schnell konnte, wusste er noch von ihrer Anfangszeit. Es war faszinierend gewesen, wie jener mal eben zwischendurch seine Power-Naps nahm. Arthur war da ganz anders. Bis er seinen Prozessor runtergefahren hatte, vergingen manchmal auch Stunden.

Arthur hob die Hand und strich Eames sanft über die Stirn, das Haar, streichelte ebendieses. „Untersteh dich, einfach das Atmen aufzuhören“, sagte er leise. „Wir haben noch einige Dinge zu klären... und nachzuholen.“ Sich selbst diesen Gedanken aussprechen zu hören, war seltsam. Aber er war ehrlich und wahr.

Dinge ändern sich. Und er wusste gerade nicht, ob es gut oder schlecht war.

‚With your pride, son

Take it like a man

Hang on, son of mine

A storm is blowing up your horizon

Changes come

Keep your dignity‘

(https://youtu.be/gXvRr9M6O0c)



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