Camp Kawacatoose von Vampyrsoul (Boston Boys 1) ================================================================================ Kapitel 4: Der sich prügelt --------------------------- Ich ließ meine Klamotten auf die Bank fallen und stürmte in den Duschraum. Sofort begriff ich das Bild, dass sich mir bot. Peter, der böse fluchte und knurrte, wurde von Blaine und Jeffery an die Wand gedrückt, während Mat auf den Knien hockte, wo er von Malachi und Ayden festgehalten wurde. Die Geschwister versuchten verzweifelt sich loszureißen, kamen aber gegen jeweils zwei Gegner nicht an. Direkt vor Mat stand zudem Kylian. Scheinbar hatten die Fünf Mat und Peter beim Duschen überrascht, denn die Geschwister waren völlig nackt, während die anderen noch angezogen waren. Wobei, nicht ganz: Kylian hing die Hose an den Fesseln, die Unterhose in den Kniekehlen. Gerade griff er Mat in die Haare und zog daran, während er knurrte: „So, wer kann jetzt den Mund nicht voll genug bekommen?“ Augenblicklich wurde mir schlecht. Dieses verdammte Schwein! Mit zwei Schritten war ich bei ihm und schubste ihn weg. Durch die Hose konnte er sich nicht abfangen und stürzte zu Boden. Kaum war er aufgekommen, war ich schon über ihm und schlug ihm ins Gesicht. Es gab ein widerliches Knacken, als seine Nase unter meiner Faust nachgab. Schreiend hielt er sie sich. Ich ließ von ihm ab und ging auf Malachi und Ayden zu. Letzterer ließ Mat los und schlug nach mir. Zwar traf er meinen Torso, aber ich ignorierte es und versuchte ihn zu erwischen. Ziemlich schnell waren wir in ein Gerangel verwickelt. Am Rande nahm ich wahr, dass Mat sich mit Malachi prügelte, während Peter noch immer versuchte von seinen Peinigern wegzukommen, aber wieder zurück gegen die Wand gedrückt wurde. Schmerzerfüllt schrie er auf. Das setzte bei mir noch ein paar Reserven frei und ich konnte meinem Kontrahenten in die Magengrube schlagen. Stöhnend ließ er von mir ab. Ich machte ein paar Schritte und riss Blaine von Peter weg. Da ich im gleichen Moment von hinten erneut von Ayden attackiert wurde, blieb mir nichts anderes übrig, als einfach schnell das Knie hochzuziehen und es genau zwischen Blaines Beinen landen zu lassen. Er schrie auf und hielt sich den Schritt. Peter konnte sich nun von der Wand abdrücken und versuchte sich endgültig von Jeffery loszumachen. Ich drehte mich um und verpasste Ayden noch einen Schlag. Diesmal traf ich ihn am Ohr. Wütend fluchte er und nahm die Beine in die Hand. Blaine folgte ihm. Ich achtete nicht mehr auf sie und packte mir Jeffery. Da er von mir abgelenkt war, gelang es Peter ihn zu treffen. Er machte sich von mir los und folgte seinen Kumpanen. Plötzlich war es still. Ich drehte mich um und sah Mat zitternd am Boden hocken, völlig in sich zusammengesackt. Von den Angreifern war nichts mehr zu sehen. Eilig ging ich zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Alles gut? Bist du verletzt?“ Er blickte panisch auf, schlug meine Hand weg und rutschte von mir ab. Verwirrt machte ich einen Schritt hinter ihm her. Ich wollte ihm doch nur helfen! Da wurde ich von Peter unsanft weggedrängt. Er knurrte: „Fass ihn nicht an!“ Völlig hilflos sah ich mit an, wie er sich neben seinen Bruder hockte und ihn in den Arm nahm. Langsam wiegte er sich mit ihm hin und her und sprach beruhigend auf ihn ein. Nach und nach beruhigte sich Mat und das Zittern hörte auf. Mittlerweile realisierte ich wieder, dass sie noch immer nackt waren. Ich stand auf und holte ihre Handtücher. Ich wusste nicht, wem welches gehörte, aber das war jetzt auch egal. Ich legte eines Peter um die Schulter, der mich jetzt erst wieder wahrzunehmen schien, denn er sah mich verwundert an, und gab ihm das andere für Mat in die Hand. Liebevoll begann er seinem Bruder die Haare abzutrocknen. Dabei flüsterte er: „Es ist alles gut. Wir fahren morgen nach Hause. Chris holt uns ab. Und wenn nicht, dann verschwinden wir einfach.“ „Nein!“ Nicht nur ich war verwundert über das kleine, harsche Wort aus Mats Mund. „Wir bleiben hier!“ „Wie stellst du dir das vor? Willst du die nächsten zwei Wochen nicht duschen? Du traust dich doch so schon kaum hier rein, wie soll das denn jetzt werden?“ Peters Stimme hatte einen mahnenden Ton angenommen. Dennoch trocknete er seinen Bruder noch immer vorsichtig ab. „Toby passt auf“, gab Mat trotzig zur Antwort und schnappte seinem Bruder das Handtuch aus der Hand. „Was?!“ Völlig verwirrt sahen wir ihn an. „Du passt auf, dass niemand kommt, während wir duschen gehen“, präzisierte Mat, während er sich das Handtuch über die Hüften legte. „Ehm, wer sagt, dass ich das will?“ Hatte er sie noch alle? Das konnte er doch nicht einfach bestimmen! Ich hing ja gerne mit ihnen ab, aber ich war sicher nicht ihr Bodyguard. Außerdem hielt ich es auch für sinnvoller, wenn sie nach Hause fuhren. Wer wusste schon, was sich die Jungs sonst noch ausdachten. „Du willst doch auch, dass wir bleiben.“ Mats blaue Augen bohrten sich in meine. Fast hatte ich das Gefühl, er hätte mich durchschaut. „Ich kann mich nach der Aktion sicher auch abholen lassen. Ich bin mir recht sicher, dass ich Kylian die Nase gebrochen habe“, versuchte ich auszuweichen. Oder hatte Terrence ihm vielleicht doch etwas verraten? „Und ihnen den Triumph lassen, uns vergrault zu haben? Nein!“ Er befreite sich aus Peters Armen und stand auf. Mit kämpferischem Blick sah er in die Runde. Obwohl es ihm gerade noch schlecht ging, ließ dieser Blick keinen Zweifel zu, dass er es ernst meinte. „Ich gehe nicht, bevor nicht auch alle anderen gehen.“ „Ist gut“, seufzte sein Bruder. „Du bist so ein Sturkopf... Toby, würdest du wirklich auf uns aufpassen?“ „Jaja, schon gut, ich pass auf.“ Wie könnte ich denn bei diesem süßen Hundeblick „Nein“ sagen? Und dann lächelte er auch noch so unglaublich schön. Verdammt, ich war ihm erlegen. Er hätte alles von mir bekommen, wenn er nur darum gebeten hätte. „Danke.“ War das ein wissendes Grinsen ins Mats Gesicht? Das machte mich noch irre. Ich wollte nicht, dass mich jemand durchschaute. Auch Peter stand nun auf. Erst jetzt fiel mir auf, dass er verletzt war. „Du blutest!“ „Ist nichts weiter“, antwortete er und entzog mir hastig den Arm, nach dem ich gerade greifen wollte. Er ging mit Mat zu seinen Sachen. Sie trockneten sich fertig ab und zogen sich dann an. Ich blieb an der Tür zum Gang stehen und wartete. Mir war die Lust aufs Spannen gehörig vergangen. Als sie gerade wieder angezogen waren, kam Derrick, der Betreuer von Aydens Zimmer, herein. Sofort begann er zu schimpfen: „Ihr schon wieder! Was ist hier los?“ „Ayden, Malachi, Kylian, Blaine und Jeffery haben Peter und mich angegriffen, als wir gerade duschen waren“, antwortete ihm Mat ohne besondere Emotionen in der Stimme. Das... Ich biss mir auf die Zunge. Es war Mats Sache, wie viel er erzählen wollte. Ich konnte es verstehen, dass er wegließ, weshalb und wie sie angegriffen wurden. Es war nichts, was man unbedingt erzählen wollte. „Und was machst du dann hier?“ Der Betreuer sah mich scharf an. „Ich wollte duschen gehen und hab den Lärm gehört. Da hab ich nachgesehen. Die waren in der Überzahl, ich hab Mat und Peter nur helfen wollen.“ „Warum hast du niemanden geholt? Wir hatten das Thema doch vorhin erst.“ Ich biss mir auf die Zunge, um ihn nicht zu beleidigen. „Weil sie in der Zeit die beiden ziemlich zugerichtet hätten!“ „Kylian muss jetzt ins Krankenhaus!“, klärte er mich auf. „Wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre, hätten Mat und Peter ins Krankenhaus gemusst! Ich finde die Rechnung deutlich besser.“ „Ihr kleinen, frechen... Geht auf euer Zimmer!“, brüllte er. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und verschwanden eilig. Auf dem Zimmer zog Mat einen Verband aus seinem Koffer, mit dem er Peters Arm verband. Der blutete schon gewaltig, aber er weigerte sich, damit zu einem der Betreuer zu gehen. Nicht einmal mich ließ er ihn genauer ansehen. Nach einer Weile kam dann Luther und wir mussten alle noch einmal einzeln berichten, was passiert war. Natürlich drohte er damit, unsere Eltern von dem Vorfall zu unterrichten, aber ich wusste, dass zumindest meine Eltern mich zuerst einmal nach meiner Version fragen würden, bevor es eine Strafe gab. Und die würde bei der Aktion sicher nicht folgen. Ich fragte mich, ob Mats und Peters Vater das genauso sah. Kurz kam mir das Bild der Striemen auf ihren Rücken wieder in den Sinn. In der Nacht wurde ich von einer Hand geweckt, die mir zaghaft durch die Haare fuhr. Ich blinzelte ein paar Mal und sah dann in Peters Richtung. Er lächelte mich an. „Danke.“ Verwirrt sah ich ihn an. „Und dafür weckst du mich?“ „Sorry. Ich konnte mal wieder nicht richtig schlafen. Ich wollte dich eigentlich nicht wecken.“ Er sah so verloren aus, wie er dort auf seinem Bett hockte, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Ich fasste mir ein Herz und wickelte mich aus meiner Decke. Soweit es ging, schob ich den Oberkörper zu ihm herüber und zog mich dann über den Abgrund auf sein Bett. Etwas verwundert sah er mich an, während ich mich neben ihn setzte und einen Arm um ihn legte. „Bist du sicher, dass es nicht besser wäre, wenn ihr nach Hause fahrt? Dich scheint das hier alles ziemlich mitzunehmen. Hast du überhaupt auch nur eine Nacht durchgeschlafen?“ „Zu Hause schlaf ich auch nicht besser“, gab er zu und zuckte mit den Schultern. „Warum? Also, warum schläfst du so schlecht?“ „Weil ich die Schlaftabletten nicht nehme.“ Frech grinste er mich an. „Aber ich denke, das ist nicht die Antwort, die du hören möchtest... Weil ich einfach zu viel mitgemacht hab und mich das in meine Träume verfolgt.“ „Warum nimmst du dann nicht die Schlaftabletten? Sollten die nicht dabei helfen?“ „Weil dann alles andere schlimmer wird.“ Auf seinem Gesicht lag ein sarkastisches Grinsen. „Entweder ich nehme die Dinger und mir geht es nachts gut, dafür aber am Tag scheiße, oder ich nehm sie nicht und es ist umgedreht.“ „Hmm... Wenn du meinst. Sag mal: Schlägt euer Vater euch?“ Ich wusste nicht, woher diese Frage so plötzlich gekommen war. Sie war über meine Lippen gerutscht, bevor ich wirklich darüber hatte nachdenken können. Aber mir war aufgefallen, dass sie heute keine Striemen mehr gehabt hatten. „Ich meine wegen euren Rücken am ersten Tag...“ „Manchmal. Aber wir haben, am Tag bevor wir hergefahren sind, Mist gebaut. Wir haben alles versucht um nicht herkommen zu müssen. Er wusste sich einfach nicht mehr anders zu helfen.“ Peter erzählte es so trocken, als wäre es das normalste der Welt. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie es war, vom eigenen Vater geschlagen zu werden. So etwas gab es bei uns zu Hause nicht. „Und was war mit deinem Arm?“ „Ich hab mich, beim Versuch nicht herkommen zu müssen, verletzt.“ „Und du bist sicher, dass sich nicht mal jemand den Arm jetzt ansehen sollte? Das hat schon ziemlich stark geblutet.“ Besorgt strich ich über seinen Oberarm. „Nein, das passt schon. Es war nicht schlimm. Das wird nicht mal eine Narbe geben.“ „Na gut. Aber wir sollten langsam schlafen. Soll ich wieder deine Hand halten? Hilft dir das beim Schlafen?“ Ich nahm den Arm von seiner Schulter und wollte mich auf den Weg in mein Bett zurück machen. „Kannst du... Kannst du hierbleiben?“ Verlegen sah er auf seine Decke. Ich seufzte innerlich, nickte aber auch gleichzeitig. „Danke.“ Ich zog noch mein Kissen und meine Decke herüber und machte es mir dann neben ihm irgendwie bequem. Aufgrund der Enge blieb mir gar nichts anderes übrig, als meinen Arm um ihn zu legen. Zum Glück hatte jeder eine eigene Decke. Sonst hätte er vermutlich bemerkt, wie gern ich bei ihm lag. „Wenn du nicht schlafen kannst, darfst du mich jederzeit wieder wecken.“ „Danke“, murmelte er und rückte noch ein Stück zu mir. Schnell war er eingeschlafen, während ich noch mit wild pochendem Herz neben ihm lag. Doch irgendwann schlief auch ich ein. Zum Glück wachten wir morgens wieder rechtzeitig auf, sodass ich noch vor dem Wecken wieder in mein Bett kam. Am Freitagabend saßen Peter und ich am See. Wie sonst auch trug er wieder ein langes Shirt. Ich hatte mich in den zweiten Kopfhörereingang seines Walkmans eingestöpselt. Mat war nicht dabei, da die Idioten geschlossen die Tatsachen komplett verdreht hatten und behaupteten, Mat hätte sie belästigt und sie sich nur dagegen wehren wollen, Peter und ich hätten dann völlig überreagiert. Dafür hatte Mat den Rest der Woche Stubenarrest und musste in der Freizeit im Zimmer bleiben. Außerdem mussten wir alle bis zum Ende des Camps den Küchendienst übernehmen. Leider hatte sich herausgestellt, dass Kylians Nase nur angebrochen war. Ich hätte ihm gegönnt, dass sie komplett hinüber war. Andererseits hätte es auch bedeuten können, dass ich das Camp verlassen musste. Es war also vielleicht ganz gut so. Dennoch hatte ich mir natürlich eine Standpauke anhören müssen, dass ich nicht auf Schwächere losgehen durfte. Schweigend hatte ich sie über mich ergehen lassen. Alles andere hätte ja auch nichts gebracht. Die Meinung der Betreuer stand fest: Mat war an der ganzen Sache Schuld. Peter und mir hätte es nichts ausgemacht mit ihm im Zimmer zu bleiben, aber er hatte darauf bestanden, dass wir nach draußen gingen. Peter hatte mir dann erzählt, dass Mat, und auch er, eben manchmal einfach Zeit nur für sich brauchten. So lagen wir auf der Decke und sahen auf den See. „Kannst du mir kurz helfen?“ Ich sah ihn verwirrt an. „Mir ist warm, aber ich komm wegen dem Verband so schlecht aus dem Shirt. Kannst du mir helfen?“ „Klar.“ Ich hoffte einfach, dass meine Stimme nicht belegt klang. Wie zog man als Hetero einem anderen Jungen das Shirt aus? Vermutlich gar nicht. Also griff ich einfach an den Saum seines Shirts und zog es vorsichtig über seinen Kopf, immer darauf bedacht ihn nicht zu berühren. „Danke.“ Ich nickte nur knapp und legte mich wieder hin. Um ihn nicht anzustarren, schloss ich die Augen. Doch es änderte nichts an meiner Vorstellungskraft. Eilig stand ich auf, sagte ihm, dass ich schwimmen ging und stürzte mich dann in die kalten Fluten. Nach dem Schwimmen holten wir unsere Sachen und Mat, um nachzusehen, wie voll die Duschen waren. Doch schon auf dem Gang hörten wir, dass die Dusche nicht leer war. Mat blieb stehen, verabschiedete sich von uns und ging wieder zurück zur Hütte. Fragend sah ich Peter an. „Ich würde trotzdem gern gehen“, antwortete er. „Du müsstest mir dann nur nochmal etwas helfen.“ „Wobei denn? Wieder nur das Shirt?“ Er schüttelte den Kopf. Oh Gott, ich hoffte, dass er keine Hilfe beim Einseifen brauchte. Das würde ich sicher nicht hinbekommen, ohne ihn unkeusch zu berühren. Quälte er mich eigentlich absichtlich? Nein, der Gedanke war absurd. „Du müsstest mir mit der Tüte helfen. Alles andere geht schon.“ Ich nickte. Das würde ich wohl hinbekommen. Gemeinsam betraten wir also den Umkleideraum. Ich half Peter zum zweiten Mal aus dem Shirt und zog ihm dann eine Tüte über den Arm, nachdem er sich selbst fertig ausgezogen hatte. Dabei kam ich gar nicht umhin, mir den Arm genauer anzusehen. Die Innenseite zeigte viele kleine Narben. Zu den Venen hin wurden es mehr. Einige waren schon sehr verblasst, andere waren noch recht gut zu sehen, jedoch schien keine mehr im Heilungsstadium zu sein, sie waren also alle schon älter. Die einzige halbwegs frische Wunde war eine Schnittwunde am Unterarm, die leicht unter dem Verband hervorschaute. Vermutlich war es die vom Anfang des Camps. Verlegen sah Peter weg, während ich die Tüte mit einem Gummi wasserdicht befestigte. Hinter ihm betrat ich die Dusche. Es waren nur zwei Jungen hier, die aber so gut wie fertig zu sein schienen. Während Peter neben mir duschte, konnte ich mir den ein oder anderen Blick nicht verkneifen, wobei ich mir verbat, tiefer als bis zum Bauchnabel zu schauen. Ich stand darauf, wie sich die Muskeln bei jeder seiner Bewegungen unter seiner Haut abzeichneten. Es passte so gut zu dieser fast schon zierlichen, aber gleichzeitig auch ausdrucksstarken Person. Seine Muskeln waren nicht auffällig, aber dennoch präsent. Wenn man sie einmal bemerkt hatte, waren sie nicht mehr zu übersehen. Außerdem entdeckte ich auch eine größere, längliche Narbe auf seiner rechten Schulter. Zum Glück schien Peter meine Blicke nicht zu bemerken. In aller Ruhe duschte er sich und wusch sich danach die Haare. Leise fluchte er, als sich dabei der Zopf aus seinen Haaren löste und in den Abfluss geschwemmt wurde. Doch er hielt sich nicht lange mit dem Vorfall auf, sondern sah zu, dass er fertig wurde. Wie schon vorher half ich ihm auch dabei, sich das Shirt wieder anzuziehen und wir machten uns gemeinsam auf den Weg zurück zum Zimmer. „Na, musstest du der Schwuchtel beim Duschen helfen?“, kam es von Blaine, als wir ins Zimmer traten. Ich ignorierte ihn einfach, genauso wie Peter auch. Dieser ging direkt an seine Waschtasche und holte ein neues Haargummi heraus, welches er seinem Bruder vor die Nase hielt, der wie so häufig auf dem Bett lag, die Kopfhörer über den Ohren hatte und las. „Kannst du mir die Haare eben neu flechten? Der Gummi ist rausgefallen.“ „Kann nicht“, antwortete der Gefragte und hob dabei seine bandagierte Hand. Auch er war am Vortag etwas verletzt worden. Er hatte sich sowohl die Handfläche großflächig aufgeschrammt, als auch die Knie. Ich war wohl mit den paar Kratzern am Hals von Aydens hinterhältigem Angriff noch am glimpflichsten davongekommen. „Frag doch den Großen.“ Mit bittenden Augen sah Peter zu mir. Seufzend sprang ich von der Leiter. Ich hatte mich eigentlich auch hinlegen und etwas lesen wollen, aber dazu würde ich wohl erst später kommen. Mat rutschte etwas an die Wand und bot mir damit an mich zu setzen. Gerne nahm ich das Angebot an und ließ mir von Peter das Haargummi reichen. „Hast du ein Glück, dass ich ’ne kleine Schwester hab.“ Er grinste, während er sich zwischen meine Beine auf den Boden setzte. Da meinte Blaine noch einen seiner dummen Kommentare bringen zu müssen: „Na, spielst du jetzt auch mit Schwänzchen?“ Peter wollte aufspringen, doch ich drückte ihn an der Schulter auf den Boden. Kalt blickte ich den Jungen an. „Weißt du, ich hab kein Problem damit, dir auch die Nase zu brechen.“ Sein Mund klappte auf und er sah mich perplex an. Ja, ich konnte auch anders. Nur meistens sah ich keinen Grund dazu. Ich wusste, dass meine Statur Eindruck machte, wenn ich drohte. Daran änderte auch die Zahnspange nichts. Bleich geworden sah er weg. Ich konzentrierte mich wieder auf den Nacken vor mir und sammelte die längeren Haare des Rattenschwanzes in meiner Hand. Als ich über seinen Nacken strich, um ein paar feinere Haare zu fassen zu bekommen, bildete sich eine Gänsehaut und Peter zog schaudernd die Schultern an. Oh, da war wohl jemand empfindlich. Wie er wohl reagieren würde, wenn man ihm leicht in den Nacken pustete oder ihn dort küsste? Bevor ich auf die blöde Idee kam, das auszuprobieren, verdrängte ich den Gedanken. Dennoch konnte ich nicht widerstehen noch einmal hauchzart über die Haut zu streicheln. Die weiche Haut fühlte sich gut an. Wieder zog er die Schultern an und ich vernahm einen schmunzelnden Laut von Mat. Ihn hatte ich völlig vergessen. Hoffentlich hatte er nicht bemerkt, dass das zweite Mal völlig unnötig gewesen war. Eilig flocht ich die noch leicht feuchten Haare zu einem Zopf. Mit einem leichten Klopfen auf die Schulter gab ich Peter das Zeichen, dass er aufstehen konnte. Zu gern hätte ich ihn noch eine Weile dort sitzen gehabt und seine weiche Haut gestreichelt. Aber das war völliger Unsinn. Da ich ja versprochen hatte auf die beiden beim Duschen aufzupassen, kam ich nun auch häufiger dazu, Peter dabei beobachten zu können. Mit jedem Mal fiel es mir schwerer ihn nicht zu berühren oder zu deutlich zu zeigen, was der Anblick in mir auslöste. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Nachdem ich mit den beiden unsere Abendzigarette geraucht hatte, ging ich in den Wald, um zu joggen. Ein ganzes Stück tiefer hinein ließ ich mich gegen einen Baum sinken und versuchte die Anspannung loszuwerden. Da es mir schwer fiel, mich in der Umgebung zu entspannen, schloss ich die Augen und dachte daran, wie es wohl wäre, wenn Peter mir dabei half. Mit seinem Namen auf meinen Lippen löste sich dann auch irgendwann endlich die Anspannung. Noch einen Moment ließ ich die Augen geschlossen. Als ich sie dann wieder öffnete, glaubte ich einen Moment, eingeschlafen zu sein und zu träumen. Denn er stand vor mir und sah mich mit neugierig schiefgelegtem Kopf an. Hosted by Animexx e.V. 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