Future for Future von Aka_Tonbo (Tatsuro Iwagami/Atsushi Sakurai) ================================================================================ Kapitel 7: ----------- „Gott, du siehst echt erbärmlich aus mein Lieber.“ Das war das Erste, was er von Satoshi zu hören bekam, als er nach einem Wochenende voller Nachtschichten vor dessen Tür stand. So hatte er sich seine Sommerferien wahrlich nicht vorgestellt. Es war somit schon eine ganze Weile her gewesen, dass sie sich hatten treffen können, fand er doch kaum noch Zeit für sich selbst. Außerdem war Satoshi über den Sommer bei seiner Tante auf dem Land gewesen und erst seit zwei Tagen wieder zurück. Ohne etwas auf dessen Feststellung zu erwidern, trat Tatsuro an ihm vorbei und zog seine Schuhe aus. Er wartete auch nicht ab, dass man ihm voraus ging, sondern steuerte von selbst Satoshis Zimmer an. Dieser folgte ihm nun ebenso wortlos, zumindest bis sich die Tür des Zimmers hinter ihnen schloss. „Also, wie ist es dir ergangen in der letzten Zeit?“ Es war ungewohnt Satoshi mit diesem besorgten Unterton in der Stimme zu hören und Tatsuro wusste, dass dieser auch so zu verstehen schien. Satoshi mochte nicht immer die hellste Kerze auf dem Kuchen sein, aber er war dennoch jemand, der sich um seine Freunde kümmerte. Und genau dieser Gedanke war es, der Tatsuro dazu bewegte seine störrische Fassade zu lockern und sich mit einem kläglichen Seufzen dazu herabzulassen, Satoshi all seinen angestauten Kummer vor die Füße zu schütten. „Wow, dass hört sich wirklich ganz schön hart an.“ Satoshi hatte ihn nicht unterbrochen und ihm ebenso ungewohnt geduldig zugehört. Und Tatsuro fragte sich, ob dieser über die letzten Monate tatsächlich reifer geworden war, und er wirklich der einzige, der nicht wusste, wie er es anstellen sollte sich in der Welt der Erwachsenen zurechtzufinden. Und es machte ihn schon wieder so wütend. Wütend über sich selbst. „Hier.“, vernahm er daraufhin Satoshis Stimme, der nun neben ihm stand und ihm eine Schachtel Pocky und eine Zeitschrift hinhielt. „Das bringt mich immer auf andere Gedanken.“, meinte er mit einem albernen Grinsen, das Tatsuro nur zu gut kannte. Und dann musste auch er etwas lachen, als er erkannte, dass ihm Satoshi ein Pornoheft in die Hand gedrückt hatte und er feststellen durfte, dass manche Dinge noch immer die Gleichen waren. Es nahm ihm etwas von der Last auf seiner Seele. Tatsuro musste noch immer über den Gedanken feixen, sich Satoshi als Gemüsebauern vorzustellen. Hatten dessen Eltern ihn die letzten Wochen auf der Farm seiner Tante abgesetzt, nicht damit dieser faul relaxen konnte, wie er gehofft hatte, sondern damit dieser sich ein Bild von harter Arbeit machen durfte. Denn wie auch Tatsuro selbst, hatte Sato noch keinen konkreten Plan, was er nach der High School mit sich anstellen wollte. Und Tatsuro beneidete ihn, dass dessen Eltern es bis jetzt noch recht locker sahen. Und wenn wirklich alle Stricke reißen sollten, bliebe ihm ja immer noch das Farmerleben, hatte dieser gemeint. „Auch wenn ich wahrscheinlich wahnsinnig werden würde, mit den ganzen alten Leutchen.“, schnaufte Sato entgeistert. „Aber ich könnte meine Drums spielen ohne das es irgendwen stören würde, da dort eh alle schwerhörig sind.“ Auch in dieser Hinsicht hatte Satoshi eindeutig mehr Glück, hatte er sein Drum Set im Keller aufbauen können und musste nicht darauf verzichten, wenn ihm danach war. Er durfte nicht einmal seine Musik in normaler Lautstärke hören, da sich irgendjemand immer belästig zu fühlen schien. Satoshi sprang mit einem Male von seinem Bett auf und störte sich auch nicht daran, dadurch den Inhalt seiner Tüte Chips auf dem Boden zu verteilen, als er zu seinem vollgeramschten Schreibtisch marschierte.Nach einigen „Uhhh´s“ und „wo zum Teufel“, schien er endlich fündig geworden zu sein und reichte Tatsuro erneut eine Zeitschrift. Doch diesmal über Musik. „Seite 46“, wies er ihn an, was Tatsuro der Aufforderung folgen ließ. Er hatte ab und zu in eine hineingeschaut, wenn er sich auf dem Weg zur Arbeit im Konbini, nicht weit davon entfernt, noch etwas geholt hatte. Aber dieses Heft war neu und er blätterte es interessiert durch, bis er die angegebene Seite erreicht hatte. „Ich hab keine Ahnung, ob du immer noch auf ihn abfährst oder es eh schon weißt. Mir fiel es nur gerade wieder ein.“ Tatsuro war sich nicht sicher, wie er auf einen Beobachter wirken musste, als er den Bericht über Sakurais Band vor Augen hatte. Aber selbst wenn er wie ein schmachtender Trottel erscheinen sollte, war ihm das in diesem Moment ziemlich egal. „Hast dich also noch nicht wieder kurieren können, huh?“, hörte Tatsuro seinen Freund nur beiläufig feststellen, war er viel zu vertieft in diesen Artikel, was Satoshi leicht den Kopf schütteln ließ. Und dann setzte Tatsuros Herzschlag einen Augenblick aus, nur um viel zu hektisch weiter zu schlagen. „Sie machen eine Tour.“, murmelte er und mit einem begeisterten Satz stand nun auch er auf seinen Beinen und wedelte mit der Zeitschrift vor Satoshi herum. „Sie machen eine Tour! Und kommen sogar nach Mito.“, teilte er ihm etwas zu euphorisch mit, dass Satoshi lieber einen Schritt zurückwich, um sein Magazin nicht noch um die Ohren gehauen zu bekommen. Es hatte sich also wirklich nichts geändert, was Tatsuros Vernarrtheit in diese Band oder eher dessen Sänger anging, und er wähnte sich ein wenig stolz, dass er ihm mit diesem Wink in solch eine Begeisterung versetzen konnte. Doch diese verebbte schnell wieder, worauf sich Tatsuro mit einem ergebenen „Verdammt!“ wieder in seine Sitzgelegenheit fallen ließ und er an die Decke starrte. „Was ist?“, erkundigte sich Satoshi demnach etwas irritiert und schaute weiterhin auf seinen, nun etwas geknickt erscheinenden, Freund. „Ich habe kein Geld für ein Ticket. Der Vorverkauf ist in einer Woche und ich komm so kaum über die Runden. So ein Extra ist nicht drin.“ Damit versteckte er sein Gesicht unter dem immer noch aufgeschlagenen Magazin in seiner Hand und seufzte frustriert. Gut, das hätte sich Satoshi wohl denken sollen. Nun tat es ihm auch etwas Leid, Tatsuro in solch eine Aufruhr versetzt zu haben, nur damit dieser sich jetzt so niedergeschlagen fühlte. „Das ist echt ganzschöner Bockmist.“, murmelte Satoshi, selbst am Überlegen, wie er seinem Freund da irgendwie weiterhelfen könnte. „Hey, ich habs!“ Tatsuro schielte nun, etwas neugierig über Satoshis Ausruf, unter dem Heft hervor und erkannte, wie dieser unter seiner Matratze herumfummelte. „Hier.“ Tatsuro sah, wie dieser nun eine Socke in seiner Hand hielt, was ihn fragend seine Augenbrauen heben ließ. Satoshi kam nun auf seinen Knien zu ihm hinüber und drückte eben diese Socke in Tatsuros arglos baumelnde Hand. Schon im Begriff, sich etwas angewidert davon befreien zu wollen, merkte er, dass sich etwas in dieser zu befinden schien. Ein Griff hinein und er holte ein paar Scheine hervor. „Mein Verdienst von der Farm. Ich wollte mir eigentlich ein neues Ride Becken holen, aber das kann ich auch später noch.“ Tatsuro war etwas sprachlos ob dieser unerwarteten Geste Satoshis und schaute erneut auf das Geld in seiner Hand. „Gib es mir wieder, wenn du es kannst, ok?“, meinte dieser unbefangen, und es war Tatsuro noch nie so klar wie in diesem Moment, wie groß Satoshis Vertrauen in ihn sein musste, um so ein Angebot derart selbstverständlich anzubieten. „Ich…“ Tatsuro wusste noch immer nicht, was er sagen sollte. Satoshi winkte einfach ab. „Ich denke du kannst mal etwas Ablenkung von deinen Sorgen gebrauchen.“ Damit war das Thema für diesen durch und Tatsuro war klar, dass er Satoshi noch etwas mehr schuldig war, als nur die Rückzahlung seines Geldes. *** Die folgenden Wochen setzte Tatsuro alles daran seinem Job bestmöglich nachzukommen. Satoshis Hilfsbereitschaft hatte etwas ihn ihm bewegt. Ihm einen Ansporn gegeben, dessen Unterstützung am Ende auch verdient zu haben. Denn wenn er ehrlich war, war er es selbst leid über sein Schicksal und all die Unfairness zu jammern, von der er geglaubt hatte, dass sie ihm hinter jeder Ecke auflauerte. Und sein neu aufgekommener Eifer ging auch an seinen Kollegen nicht ungeachtet vorüber. So zeigte sich zu Tatsuros Überraschung, dass es sich um einiges einfacher mit ihnen auskommen ließ, nun da er die Hilfe war, die sie auch benötigten. Diese Veränderung im Arbeitsklima legte sich nach und nach auf sein gesamtes Auftreten nieder, sodass er sich nach einem stressigen Tag zwar immer noch geschafft fühlte, aber es sich bei weitem nicht mehr so isoliert und erdrückend anfühlte wie zuvor. Deswegen saß er in seiner Pause nun auch hier im Hinterhof ihrer Filiale und unterhielt sich mit Joey, ihrem amerikanischen Studenten und Yukari, ihrer burschikosen Küchenkraft, während er eine von Joey angebotenen Zigaretten mit Vanillearoma rauchte. „Das ist eine echt bizarre Kombination.“ Und nicht zum ersten Mal rümpfte Tatsuro die Nase, als er einen weiteren Zug davon nahm. Aber es war besser als nichts. Dass er eigentlich noch nicht rauchen durfte störte hier bis jetzt niemanden. „Das sagt mir der Japaner, der gestern erst meinte, Eis mit Aalgeschmack wäre eine gute Idee.“, kam es von Joey und er stellte wiederholt fest, dass er dessen Akzent einfach ungemein sympathisch fand. Tatsuro musste unwillkürlich lachen, als Joey und auch Yukari nun von Ekel gepackt die Köpfe schüttelten. „Es gibt nun mal nichts Besseres als Unagi.“, stellte er daraufhin amüsiert klar und schnippte den Rest seines Tabakröllchens in eine der Pfützen im Hinterhof. „Dann lad mich mal zu welchem ein.“, hörte er Joey sagen, der ihm nun beim Hineingehen einen Arm über die Schultern legte und neckend durch die Haare strubbelte. „Sicher, wenn ich hier zum Manager aufgestiegen bin, kein Problem.“ Ein erheitertes Schnaufen war von Joey zu vernehmen der, während ihnen Yukari die Tür offen hielt, meinte, dass er dann ja ewig warten könne. *** Mit einem erschöpften Seufzen ließ sich Tatsuro auf einen der Sitze sinken. Gut das die U-Bahn um diese Zeit fast leer war und er somit seine Ruhe hatte. Fast einem Ritual gleich, holte er etwas aus seiner Tasche hervor. Verträumt schaute er auf das Konzertticket das er, seit er es erstanden hatte, mit sich herumtrug. Ihm schien es die sicherste Variante zu sein, wusste er doch nur zu gut, dass seine Mutter ab und an in seinem Zimmer herumschnüffelte. Natürlich immer mit der Erklärung, dass sie saubergemacht habe, da er dazu ja nicht im Stande sei. Sollte sie dieses Ticket finden, konnte man davon ausgehen, dass man ihm diese Geldverschwendung in allen möglichen Fassetten nachtragen würde. Und er wollte sich seine Vorfreude einfach durch Nichts und Niemanden zerstören lassen. Und er war es ebenso Leid sich immer wieder mit ihnen zu streiten. Denn solange er unter dem Dach seiner Eltern hauste, gab es so etwas wie Privatsphäre für ihn nicht. Das hatte er schon bei seinen älteren Geschwistern erleben dürfen. Erneut wünschte er sich, dass er endlich genug Geld beisammen hätte, um ausziehen zu können. Er steckte das Ticket zurück in die Plastikhülle, in der er es aufbewahrte und schob seine unerfreulichen Gedanken bei Seite. Zwei Tage, dann würde er Sakurai endlich einmal live sehen und hören können. Die Durchsage ließ ihn wissen, dass seine Haltestelle die nächste wäre und er freute sich nun nur noch auf sein Bett. Er hatte die Station kaum verlassen, als er hinter sich eine Person seinen Namen sagen hörte. Das hatte ihm noch gefehlt. Ohne dem wirklich Beachtung zu schenken, setzte Tatsuro seinen Weg fort in der aberwitzigen Hoffnung, dass man ihn ziehen lassen würde. Eine leere Dose die ihn am Rücken traf, und deren blechernes Aufkommen begleitet von hämischem Gelächter, ließ diese Hoffnung allerdings zerplatzen. „Mihashi!“, wendete sich Tatsuro mit zynischer Begeisterung der Person zu, der er diese unerwünschte Unterbrechung seines Heimweges zu verdanken hatte. „Wie ich sehe, bist du noch immer so kurz und bitter.“, gab er diesem zurück, was Mihashi, wie zu erwarten, nicht besonders witzig fand. Sie waren nicht in der gleichen Klasse gelandet wie das Jahr zuvor, was Mihashi aber nicht davon abzuhalten schien, ihm dennoch auf die Nerven gehen zu müssen. „Iwagami. Na zurück von deinem Loser-Job? Hast dich wohl endlich damit abgefunden, es eh zu nichts weiter zu bringen, huh?“ Es gab eine Zeit, da hätte er sich den Spinner vor sich geschnappt und ihm eine verpasst. Doch Tatsuro musste für sich feststellen, dass Mihashis Worte ihn kalt ließen. Denn was wusste dieser schon? „Große Töne für jemanden, der sich nur auf Daddys Geld und dessen Unterstützung verlässt. Aber ich sag dir was Mihashi-chan, selbst wenn ich in der Gosse stehe, rieche ich nicht so erbärmlich, wie jemand der das Arschkriechen zu seinem Hobby gemacht hat.“ Tatsuro konnte nun genau verfolgen, wie sich Mihashi in eine Episode hineinsteigerte. Wie das verzogene, kleine Kind, das er schon immer gewesen war. Und weil es ihm eindeutig zu dumm erschien hier noch weiter Zeit zu verschwenden, ließ er ihn einfach stehen. „DU VERDAMMTER…!“, hörte er es wettern, doch als er sich erneut umwandte sah er, wie Akira, der Hund seines Nachbarn auf ihn zuhasstete, der ihm auch gleich freudig an den Beinen hinaufsprang. „Iwagami-kun. Gott sei Dank.“ Tatsuro sah nun auch Akiras Besitzer heraneilen, was die gesamte Situation für Mihashi zu kippen schien und er sich, unter einem verächtlichen Zischen, in die entgegengesetzte Richtung begab. Rukawa-san kam etwas abgehetzt vor ihm zum Stehen, während Tatsuro Akira hinter den Ohren kraulte. „Ich dachte schon nun ist er mir gänzlich entwischt.“, japste dieser noch immer außer Puste und griff nach der Leine, die ihm Akira aus der Hand gezogen haben musste. Akira war ein noch junger, plüschiger Shiba-Inu Wildfang, der sich über seinen Spieltrieb gern einmal vergaß. Aber er war eine gutmütige und herzliche Seele von einem Hund, welche ihn nun mit einem breiten Hundegrinsen anhechelte, während sich Rukawa-san noch immer sammelte. „Ich bin eindeutig nicht fit genug für diesen Hund.“, schnaufte dieser, was Akira, wie zur Bestätigung, kurz bellen ließ. Mit einem Schmunzeln tätschelte Tatsuro Akira noch einmal den Kopf, bevor er sich nach einer Verabschiedung schließlich auf den Weg machte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)