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Akai Tsuki no mukou ~ Beyond the Red Moon

Eine Dir en grey-/Merry-/MUCC-/Kagerou-Story / Final chapter 24 uploaded!
von

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24. [Omega]

Nach ziemlich genau zweieinhalb Jahren des Schreibens nun das Finale. Glaubt mir, mir tut das noch viel mehr weh als euch...
 

+ + +
 

Frühjahr 2005
 

"Ich sag euch, sie haben uns geliebt!".

Daisuke strahlte übers ganze Gesicht und reichte mit stolzgeschwellter Brust Fotos und Zeitungsartikel herum.

Tatsurou, der gerade erst zu der illustren Runde gestoßen war, beugte sich verschwörerisch zu Gara rüber.

"Wie viel hat der Kleine schon intus?"

"Das ist es ja - noch gar nichts", erwiderte der Angesprochene gespielt hilflos. "Europa hat ihm nicht gut getan, er ist immer noch high..."

"Ich hab das gehört!", kam es entrüstet vom anderen Ende des Tisches.

Tatsurou und Gara lachten, und alle anderen stimmten mit ein.

"Fanliebe ist nun mal eine Droge". Kazu prostete allen zu und nippte an seinem Whiskey Sour.

Shizumi grinste nur schelmisch und hob sein Bier. "Prost!".

Hirosuke verdrehte die Augen. "Fuck, jetzt kommt die Deutschstunde...".

"Sag du bloß nichts - wer hat uns denn bitte letzten Herbst dauernd genervt, hm?", bemerkte Gara trocken und rückte gleichzeitig vorsichtshalber ein Stück vom groß gewachsenen, kräftigen Sänger weg.

"Ja, Kleiner, bring dich nur in Sicherheit, ich geb dir gleich aufs Maul!!!". Sprach's und donnerte die Faust auf den Tisch, dass all Gläser aneinander klirrten.

Das war zuviel für Tatsurou und Kazu; die beiden krümmten sich im wahrsten Sinne des Wortes vor Lachen, während Daisuke immer noch verzweifelt versuchte, Aufmerksamkeit zu heischen.

"Hey, ich sagte eben, ich sei in die Menge gesprungen und die hätten mich fallen lassen - danke für euer Mitgefühl!". Verletzt verschränkte der Kagerou-Sänger die Arme und schmollte.

"Soviel zum Thema 'Fanliebe'", ließ Tatsurou sich glucksend vernehmen und lachte weiter, als er Daisukes entrüstetes Gesicht sah.
 

So ging das eine ganze Weile, bis die jungen Männer sich ausgetobt hatten und ruhiger und ernster wurden.
 

"Dir en grey wollen nun also im Mai rüber, was?". Hirosuke blickte fragend um sich.

Vier der Anwesenden nickten betreten.

"Darf ich eurer Mitteilsamkeit entnehmen, dass sie sich tierisch drauf freuen?".

"Lass deine Scheiß-Ironie stecken!".

Fünf Augenpaare fixierten fragend den Kagerou-Sänger.

"Vorsicht, gleich gibt Puchi dir aufs Maul...". Gut gelaunt stieß Tatsurou Hirosuke an, während Daisuke die beiden finster musterte.

"Ihr habt ja keine Ahnung!".

Als die beiden weitergrinsten, brauste der so zierlich wirkende Sänger auf wie ein Schwert schwingender Racheengel. Gara packte den Arm seines Freundes gerade noch rechtzeitig, sonst hätte Daisuke sich womöglich auf Tatsurou und Hirosuke gestürzt.

"Hey, komm runter, sie meinen's doch gar nicht so."

Ratlose, fragende Blicke trafen auf Gara, welcher Kazu, der bereits aufgestanden war, mit einem kurzen Nicken zu bedeuten gab, er solle kurz mit Daisuke nach draußen gehen. Erst nachdem die beiden verschwunden waren, was nicht ganz so zügig vonstatten ging, weil der Sänger sich dagegen sträubte, beugte Tatsurou sich verwirrt vor.

"Was war das denn eben? Was ist los?"

Gara seufzte und zündete sich eine Zigarette an, wie so oft, wenn er nervös war.

"Der Einzige, der wirklich Bock auf diese Tour hat, ist Kaoru. Für die Anderen gilt: mitgehangen, mitgefangen. Sie haben gar keine andere Wahl. Daisuke hat bisher nur Kyos Sicht der Dinge gehört, und wir alle wissen, wie sehr er ihn vergöttert. Egal, was wirklich ist, zählen tut, was Kyo denkt."

"Und wie ist es wirklich?"

Hirosuke und Tatsurou warteten gespannt auf Antwort, Shizumi starrte abwesend vor sich hin und spielte mit den Ringen an seinen Fingern.

"Kyo auf Tour ist ein Scheusal. Angenervt, empfindlich, gereizt, nervös, frustriert - um nur ein paar Adjektive zu nennen."

An Tatsurous Gesichtsausdruck sah Gara, wie überrascht der Jüngere über seine Worte war. Normalerweise war er derjenige, der Kyo in Schutz nahm. Um ihm keine Gelegenheit für einen Einwurf zu geben, redete Gara schnell weiter.

"Dazu kommt noch seine Abneigung gegen Reisen im Allgemeinen. Ergo: Kyo auf Tour in Europa - ein Albtraum."

"Nun verrat mir, wie du zu diesen Erkenntnissen kommst. Nicht, dass ich dir widerspreche, im Gegenteil. Mich interessiert nur, was oder wer dir die Augen geöffnet hat."

Schlauer Tatsurou. Er ließ sich nicht austricksen. Gara errötete leicht, ertappt. Shizumi musterte ihn gespannt aus den Augenwinkeln, als hätte er schon lange auf diesen Moment gewartet.

"Ja, okay, vielleicht hab ich ihn die ganze Zeit idealisiert. Vermutlich tue ich es auch jetzt noch, aber wollt ihr es mir verübeln? Ich verdanke ihm so viel...".

Der Sänger von MUCC nickte verständnisvoll. "Es sagt keiner, dass du Kyo nicht mehr dafür lieben sollst, was er für dich getan hat. Ich hoffe sogar, dass dies nie aufhört, dass du ihn immer so respektierst und achtest. Aber mach nicht mehr den Fehler, ihm alles zu vergeben, über alles hinwegzusehen. Er muss begreifen, dass man ihm seine Marotten nicht mehr alle durchgehen lässt. Mein Gott, er ist ein erwachsener Mann. Und komm mir nicht mit seiner Vergangenheit und wie sehr er gelitten hat. Der weiß doch nicht mal, was wirkliches Leid ist! Wie zum Teufel würde er sich denn bitte verhalten, wenn er dasselbe durchgemacht hätte wie Miya?"

Ein Lächeln zauberte sich kurz auf Garas Lippen.

"Witzig, so ähnlich hat Die sich angehört."

"Die?" Tatsurou zog überrascht die Augenbrauen hoch. "Seit wann redet der mit dir über Kyo?"

Schulterzucken. Erneutes Anstecken einer Zigarette.

"Es war einmalig. Nach dem Beautifool's sind wir gemeinsam zum CRAZE-Konzert gefahren. War ein schöner, aufschlussreicher Abend."

"So so...und was ist nun mit Daisuke?"

Schweigen. Dann ergriff zu aller Erstaunen Shizumi das Wort.

"Manchmal kommt es mir so vor, als ob er Kyo als Ventil seiner Selbst sieht. Als ob Kyo das, was Daisuke gerne ausdrücken würde, an seiner Stelle hervorbringt. Das geht über normale Idealisierung hinaus...".

"Und im Gegenzug dafür sieht Daisuke ihm alles nach, auch wenn er damit nicht einverstanden ist?" Hirosuke runzelte die Stirn.

Gara wechselte einen schnellen Blick mit dem Kagerou-Schlagzeuger, bevor er bejahend nickte.

"Muss anstrengend sein, diese Hass-Liebe. Habt ihr nicht Schiss, dass es eines Tages eskaliert? Dass Daisuke das alles zuviel wird?"

"Er erträgt mehr, als man denkt." Shizumis Stimme klang bissig.

"Schon klar. Aber meint bloß nicht, nur weil er noch lebt, könne er mit allem klarkommen, das auf ihn einstürzt."

Darauf schwieg Shizumis und sinnierte, vor sich hinstarrend, weiter.

Tatsurou räusperte sich. "Meint ihr, Kazu kommt da draußen klar mit ihm?"

"Wenn überhaupt jemand, dann Kazu." Der Schlagzeuger fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. "Es hat nicht vielleicht jemand ne Kippe für mich?"

Sofort war Gara zur Stelle und reichte ihm einer seiner langen, weißen Stängel. "Ich dachte, du hast aufgehört..."

"Ja, eigentlich schon. Aber jetzt grad brauch ich's." Der schlaksige junge Mann ließ sich Feuer geben und nahm ein paar tiefe Züge. "Daisuke hat euch noch nichts erzählt, was?"

Erstaunen.

"Was erzählt?"

"Wir sind einmal mehr so weit wie schon letztes Jahr..."

Bestürzung zeigte sich in Tatsurous und Garas Gesichtern, Hirosuke lehnte sich zurück und seufzte gedehnt.

"Warum...? Ich dachte, Europa sei so gut gelaufen...", brachte Gara verständnislos hervor.

"Wir wissen einfach nicht mehr, wohin. Und wie. Und überhaupt."

"Aber 'Rakushu' war ein so geniales Album - ihr müsst weitermachen!". Der Sänger von Merry blickte gehetzt in die Runde. "Sagt ihr beide doch auch was!".

Tatsurou räusperte sich und suchte nach den richtigen Worten. "Ich habe dies letztes Jahr zu Daisuke gesagt, diesmal sage ich es dir, Shizumi: Wenn ihr wirklich findet, ihr seiet am Ende, dann löst die Band auf. Es hat keinen Sinn, sich zu etwas zu zwingen und sich damit unglücklich zu machen."

"Na toll, wenn jeder einfach alles so hinschmeißen würde, der grad keinen Bock mehr hat...". Garas Stimme klang gefährlich leise.

"So meine ich das nicht - und das weißt du. Wir alle mussten schon mal darum kämpfen, dass es besser wird, und wir haben es geschafft. Was aber, wenn man nicht mehr weiß, wofür man eigentlich noch kämpfen soll? So ist es doch, oder, Shizumi?".

Trauriges Nicken.

"Ja, genau, so ist es. Wir stehen am Ende einer Sackgasse und alles, was wir scheinbar noch tun können, ist umdrehen und alles hinter uns lassen, was Neues anfangen."

"Das glaub ich einfach nicht!". Beinahe hätte der Sänger von Merry in seiner Aufgebrachtheit ein paar Gläser vom Tisch gefegt.

Ein paar der anderen Gäste und auch der Kellner, der gerade in ihrer Nähe servierte, starrten neugierig und auch etwas besorgt in ihre Richtung. Sofort wurde Gara leiser. "Das kann doch nicht wahr sein. Es ist doch grad wieder so gut gelaufen."

"Das ist kein Maßstab, Gara", meldete sich Hirosuke endlich zu Wort. "Grad von dir hätte ich erwartet, dass du das verstehst."

"Tut er doch auch. Er will nur nicht, dass Kagerou eine Entscheidung fällen, die sie dann doch irgendwann mal bereuen könnten", antwortete Tatsurou für seinen Freund.

"Wenn man bei allen Entscheidungen, die man trifft, daran denken würde, dass man sie später bereuen könnte, dürfte man gar nie einen Entschluss fassen."

Nach Hirosukes Worten wurde es still am Tisch.

Schließlich nickte Gara. "Ihr habt ja recht. Es ist nur...es tut mir so weh. Ich habe miterlebt, wie sehr Daisuke sich um diese Band bemüht hat, wie sehr er sie wollte. Ich habe ihn dabei unterstützt, ihn aufgebaut, als er dabei war, die Flinte ins Korn zu werfen, bevor es die Band überhaupt gab. Und jetzt, nach all den Jahren, jetzt, wo ihr ins Ausland geht und da richtig gut ankommt, jetzt, wo ihr gerade Major gegangen seid, wollt ihr alles hinschmeißen? Ich mache niemandem einen Vorwurf - ich möchte nur nicht, dass ihr dann aufhört, wo es vielleicht am Schönsten wird."

Shizumi wandte den Kopf ab. Er kämpfte mit den Tränen. Er wollte doch auch nicht, dass Kagerou sterben mussten, bevor es überhaupt richtig losging. Aber wer konnte ihnen denn garantieren, dass es tatsächlich so weitergehen würde? Wer konnte schon sagen, ob ihre nächste CD ein solcher Erfolg werden würde, wie ihre letzte? Auf einmal bereute er es, damit angefangen zu haben. Wäre es nach Daisuke gegangen, hätte er niemandem davon erzählen sollen. Wahrscheinlich war ihm sehr wohl bewusst gewesen, wie die anderen, vorallem Gara, reagieren würden.

Nachdem er sich wieder etwas gefasst hatte, blickte Shizumi den drei Anwesenden offen in die Augen.

"Vielleicht hätte ich es euch gar nicht sagen sollen. Daisuke meinte, er wolle Stillschweigen bewahren, bis wir uns etwas genauer drüber im Klaren sind, was wir eigentlich wollen. Könnt ihr also bitte vergessen, was ich euch grad gesagt hab?"

Gara öffnete sofort dem Mund, um etwas einzuwerfen, aber Tatsurou kam ihm zuvor. "Klar, das bleibt unter uns".

"Aber...". Gara sah ihn hilflos an.

"Vergiss es - das ist nicht unsere Sache. Wenn Daisuke damit zu uns kommt, sagen wir ihm unsere Meinung. Ansonsten...müssen wir alles so nehmen, wie's kommt."

"Und jetzt sollten wir schnurstracks das Thema wechseln, sie kommen zurück", bemerkte Hirosuke, der eben Kazu und Daisuke zur Tür hatte reinkommen sehen.
 

Sofort bemühten sich alle am Tisch, unbeteiligte, unwissende Gesichter zu machen. Falls Daisuke den Verdacht hegte, dass Shizumi irgendwelche Andeutungen gemacht hatte, ließ er es sich nicht anmerken, und setzte sich hin, als sei nichts gewesen. Entweder rechnete er tatsächlich nicht damit oder aber es war ihm egal.

Shizumi tippte auf das Erstere - und hoffte insgeheim, Kyo würde dafür sorgen, dass Daisuke keine voreilige Entscheidung traf.
 

* * *
 

Zärtlich und vorsichtig zugleich strich sie ihrem Freund über die Schulter und fuhr ihm, als er sich nicht abwandte, durch die wirren Haare. Seit Tagen schon bemühte sie sich darum, die Mauer, die er einmal mehr um sich herum aufgebaut hatte, einzureißen. So nah wie jetzt hatte er sie schon eine Weile nicht mehr an sich rangelassen. Naja, natürlich abgesehen von den Nächten, in welchen er ins Bett geschwankt kam, müde von einem langen Tag im Proberaum, und doch noch Sex wollte, weil er nur noch damit wirklich Dampf ablassen konnte.
 

Jede andere Frau hätte ihn wohl schon längst sitzen gelassen, und auch sie hatte sich schon öfter überlegt, ob es ihm überhaupt auffallen würde, wenn sie eines abends nicht mehr da wäre und an ihrer Statt eine Gummipuppe im Bett läge. Aber nein, das konnte sie ihm nicht antun. Nicht ihm. Irgendwann, wenn es ihm besser ging, wenn er weniger gestresst war, würde sie ihm sagen, wie sehr er sie mit seinem Verhalten verletzte, aber nicht jetzt. Im Moment hatte er genug damit zu tun, sich selbst zu schützen, bei all den Verpflichtungen und Aufgaben, die auf ihn einstürzten.
 

"Sag mal, hättest du Lust, mitzukommen?" Die Frage kam völlig unerwartet.

"Was? Wohin?"

"Na, nach Europa. Die nimmt Yoshie mit, Shinya Akemi vielleicht auch. Da dachte ich...naja, du wolltest doch schon lange mal nach Europa, oder?"

Chieko brauchte zwei Sekunden, um sich zu fassen. Kyo wollte sie auf der Tour mit dabei haben? Unglaublich.

"Ist das dein Ernst?"

Der Sänger errötete leicht. Es war ihm auf einmal unangenehm, dass er gefragt hatte. Er war nicht gut darin, einer Frau zu zeigen, wie sehr er sie liebte, es war ihm peinlich, es machte ihn schwach - und genau genommen kam diese Einladung einem Liebesbeweis gleich, wie er ihn schon lange nicht mehr ausgesprochen hatte. Viel zu lange. Es war an der Zeit, dass er Chieko endlich zeigte, wie viel sie ihm tatsächlich bedeutete. Aber auch wenn er wusste, dass sie ihn nie verletzen würde, hatte er doch Angst, sie wissen zu lassen, dass er sie so gerne hatte, dass sie ihn tatsächlich würde verletzen können, wenn sie denn wollte.

Himmel, was war er bloß für ein seelischer Krüppel. Es konnte doch nicht sein, dass es allen, die verliebt waren, so ging wie ihm. Wo käme die Welt denn dann hin?

"Kyo, bist du dir sicher?" Chieko hatte sich neben ihm niedergelassen und sah ihn von der Seite an.

Immer noch peinlich berührt nickte er schließlich. "Ja, es würde mich sehr freuen. Nicht, dass du das jetzt falsch verstehst, aber...ich brauche jemanden, dem ich vertrauen, eine Person, bei der ich Kraft tanken kann. Das klingt schrecklich egoistisch, oder?!".

Bestimmt schüttelte die junge Frau den Kopf, bemüht, ihrem Partner nicht vor Rührung um den Hals zu fallen.

"Ganz und gar nicht. Ich weiß schon, wie du das meinst. Wenn ich dir tatsächlich eine so große Hilfe und Stütze bin, komme ich sehr gerne mit."

"Danke." Nur dieses eine Wort.

Chieko kuschelte sich näher an Kyo ran und wartete, bis er die voll gekritzelten Blätter wegräumte und den Arm um sie legte.

"Sag mal, freust du dich überhaupt? Wenigstens ein kleines bisschen?"

Der junge Mann dachte nach und antwortete schließlich:

"Ich bin stolz, dass wir es endlich nach Europa schaffen, nach so vielen Jahren. Und ich freue mich darauf, zu sehen, wie die Fans da drüben auf uns reagieren, wie sie drauf sind. Aber es wird stressig. Ich werde mich vielleicht noch übler fühlen, als ich es damals auf der Asien-Tour getan habe. Das macht mir Angst. Angst ist sowieso allgegenwärtig dieser Tage. Auch wenn ich weiß, dass wir das Schlimmste überstanden haben, denke ich daran, wie es vor einem Jahr war, und es schnürt mir den Atem ab."

Chieko atmete nur ruhig an seiner Seite und wartete darauf, dass er weiterredete. So lange hatten sie in der ganzen letzten Woche nicht miteinander gesprochen.

"Sag mal, hast du Akiko noch gesehen?"

"Ja, gestern." Die Erwähnung des Namens ihrer Freundin gab ihr einen Stich ins Herz. "Sie wirkte so gelöst wie schon lange nicht mehr. Ich denke, es ist gut, dass sie geht." Für uns alle , fügte sie in Gedanken hinzu.

Kyo nickte. "Ja, vielleicht. Aber Kaoru nimmt es ganz schön mit...".

"Geschieht ihm recht!", erwiderte die junge Frau bestimmt und setzte sich bequemer hin, ohne sich aus der Umarmung zu lösen.

"Wohl wahr...".

"Du hast doch nicht etwa Mitleid mit ihm?!"

"Was?! Nein, natürlich nicht! Aber das Timing für ihre Abreise ist denkbar schlecht - ich habe echt keinen Bock, die verbleibenden Wochen mit einem grantigen Kaoru zu verbringen, der alle Welt zum Teufel wünscht."

"So wie ich ihn kenne, wird er sich nichts anmerken lassen, dazu ist er zu sehr Profi."

"Und zu kalt."

"Gut, dass du das gesagt hast." Chieko grinste. Kyos Meinung über Kaoru hatte sich im vergangenen Jahr wenig geändert, aber auch er wusste, dass alle Bandmitglieder ihre persönlichen Differenzen und Streitigkeiten hinter sich lassen mussten, wollten sie in Europa Erfolg haben. Das war ihre große Chance. Und auch, wenn Kaoru und Tommy eigentlich die einzigen waren, die sich diese Chance herbeigewünscht hatten, waren er und die anderen doch zu sehr mit drin, zu vernarrt in diese Band, die schon seit acht Jahren Teil ihres Lebens war, um die Reise platzen zu lassen. Es gab Dinge, gegen die konnte man nichts tun, egal, ob man wollte oder nicht. Dem Sänger wäre es egal gewesen, auch weiterhin nur in Japan unterwegs zu sein, aber was konnten sie hier noch erreichen? Die Möglichkeiten waren ausgeschlachtet und mittlerweile gehörten sie schon zum alten Eisen, so frustrierend es auch klang. Es musste etwas Neues her. Neue Inputs, neue Ziele, neue Gründe, die Band weiterzuführen.
 

Bei diesem Gedanken kam ihm Daisuke in den Sinn.

Was, wenn all dieses Neue trotzdem nicht zum Weitermachen reichte? Kagerou waren drüben gewesen, sie hatten Erfolg gehabt - und trotzdem waren sie wieder in ein tiefes Loch gefallen.

Welche Faktoren entschieden darüber, wie weit eine Band zu gehen bereit war, wie lange sie existierte? Was musste geschehen, damit man, nach vielen gemeinsamen Jahren, zum Schluss kam, dass es keinen Sinn mehr machte? Und warum dachten Kagerou, die nach außen so zufrieden wirkten, nun schon zum zweiten Mal über eine Trennung nach, während sie, Dir en grey, trotz allem noch nie so weit unten gewesen waren?

Lag es daran, dass Kagerou doch noch nicht so tief in der Scheiße drinsteckten wie sie? Dass sie wussten, sie würden sich absetzen können, Verträge hin oder her? Während Dir en grey diese Chance nie hatten und auch nie haben würden?
 

Mit einem Mal grinste Kyo. Er war mitunter ein Grund dafür, dass Kagerou noch immer "frei" waren, wenn man das so bezeichnen konnte. Solange Tommy wusste, dass er Kyo hatte, waren ihm alle anderen egal. Solange Kyo spurte, war der Manager bereit, nachgiebig zu sein und diejenigen zu verschonen, die dem Sänger am Herzen lagen. Sie erpressten sich gegenseitig, so was es schon immer gewesen, aber es lief ganz gut.
 

"Was grinst du so?"

Chiekos Stimme unterbrach seine Gedanken.

"Oh...ich hab mir nur grad selbst dafür gratuliert, dass Tommy Kagerou nicht vereinnahmen konnte und es auch nicht können wird."

Seine Freundin zog fragend die Augenbrauen hoch.

"Hab ich was verpasst?"

"Die Jungs haben mal wieder nen Hänger - du weißt schon, wie letztes Jahr. Und es schaut so aus, als müsste ich Zünglein an der Waage spielen. Einerseits möchte ich, dass Kagerou sich noch weiter entfalten, andererseits möchte ich ihnen auch so einiges ersparen, was noch auf sie zukommen könnte."

"Vielleicht solltest du gar nicht zuviel sagen, sondern sie ganz alleine entscheiden lassen? Es ist ihre Sache. Und Daisuke weiß, worauf er sich eingelassen hat und wie es weitergehen könnte, du hast ihm ja nie was verschwiegen."

"Trotzdem möchte ich nicht, dass er voreilig entscheidet und dies später bereut."

Chieko schwieg.

"Ich denke, egal, wie die Vier sich entscheiden, es wird gut werden."

"Das klingt so trivial."

"Lass mich, ich glaube nun mal an Schicksal."

"Was? Dass egal, was wir im Leben tun, es keine Rolle spielt, weil es genau so sein musste?"

"Genau."

Kyo schüttelte den Kopf. "Dann frag ich mich, womit ich so ein Scheiß-Leben verdient hab."

Die junge Frau neben ihm fuhr empört auf. "Nun hör aber auf - so verkackt ist es nun auch nicht. Du solltest nur endlich aufhören, dich laufend selbst zu bemitleiden."

Schon erwartete sie, dass ihr Freund gleich aufbrausen würde, doch erstaunlicherweise beherrschte er sich.

"Ja, vielleicht. Eigentlich geht's mir ja gut - ich kann meine kranken Gedanken unter die Leute bringen, und sie verehren mich auch noch dafür. Und dann hab ich eine so tolle Frau an meiner Seite, die mir meine Eigenheiten seltsamerweise auch immer wieder verzeiht."

Nun musste Chieko lachen, fiel über Kyo her und bedeckte sein Gesicht mit Küssen.

"Selbstverliebter Spinner!".

"Was denn nun? Soll ich aufhören, mich zu bemitleiden, oder soll ich meinen neu erwachten Narzissmus gleich wieder an den Nagel hängen?" Der Sänger kicherte und versuchte, seine Freundin abzuwehren. Diese verlor nach weiterem Gerangel die Oberhand und gab sich schließlich geschlagen, indem sie zuließ, dass Kyo sich auf ihren Bauch setzte. Instinktiv spannte sie die Bauchmuskeln an und staunte einmal mehr, wie leicht ihr Freund war. So klein und schmächtig und doch so mächtig. Manchmal, wenn sie nachts aufwachte, setzte sie sich auf und betrachtete im roten, schummrigen Licht der mondförmigen Lampe den ruhig schlafenden Körper neben sich. So genau musterte sie das jungenhafte Gesicht, dass es sich, wenn sie sich wieder hingelegt und die Augen geschlossen hatte, hinter ihren Lidern manifestierte und sie in den Schlaf begleitete.

Chieko öffnete einladend die Lippen und genoss den folgenden Kuss.

Kyo neigte sich immer tiefer, stützte sich schließlich auf die Ellenbogen, kam sachte auf Chieko zu liegen und löste seine Lippen von den ihren, bevor er sich von ihr runterrollte.

Ein paar Sekunden lagen die beiden nebeneinander, schweigend, und lauschten gegenseitig den Atemzügen, die immer ruhiger wurden.

"Du sollst einfach alles positiver sehen und dich an kleinen Dingen freuen. Ich musste das auch mal lernen, aber mittlerweile hab ich's ganz gut drauf, find ich. Du musst dich nicht für mich verstellen, aber ich werde mich bemühen, dein liebenswertes, lebensbejahendes Wesen anstelle des grantigen, mit sich hadernden aus dir rauszukitzeln."

Kyo brummte zustimmend. Dem hatte er nichts entgegenzusetzen. Früher hätte er sich vehement gewehrt, hätte eine Frau solche Worte an ihn gerichtet. Doch Chieko war anders. Bei ihr durfte er schwach sein, ohne dabei das Gefühl zu haben, sich eine Blöße zu geben. Es war ihm egal, wenn sie auch mal die Zügel in die Hand nahm und ihn führte, denn es lag nichts Besitzergreifendes oder Herrschendes in ihrem Tun. Im Gegenteil: Sie übernahm immer genau dann die Kontrolle, wenn er nicht mehr dazu fähig war, wenn er sich danach sehnte, keine Entscheidungen mehr treffen zu müssen.

Vermutlich war es die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihm Gutes tat, ohne dass er sie je auch nur darum bitten musste, die er an Chieko so liebte. Hatte er sich nicht immer eine solche Frau gewünscht?

Nach einem Jahr Beziehung konnte man wahrlich noch nicht zuviel erwarten, doch für ihn war das doch schon eine gewaltige Leistung, zumal er sich in den letzten Jahren mit dem Verlieben so schwer getan hatte. Chieko hatte ihm bewiesen, dass es sich lohnte, sein Herz nicht aus Gram und Frust zu verschließen. Dass es nicht half, Erinnerungen präsent zu halten, die nur wehtaten. Schlechte Erfahrungen und Tiefschläge gehörten zum Leben. Auch wenn man ihren Sinn oft erst Jahre später erkannte, war es doch so, dass sie Sinn ergaben und man mit einem Mal verstand, dass es genau so hatte sein müssen, damit man schließlich da ankam, wo man hingehörte.

Ob er tatsächlich an Chiekos Seite gehörte und wie lange das Glück halten würde, konnte er nicht abschätzen, aber er bemühte sich, sich ihre Worte zu Herzen zu nehmen: "Genießen wir einander, so lange wir können. Wenn es nicht klappen sollte, können wir wenigstens auf eine schöne gemeinsame Zeit zurückblicken."

Kyo hoffte nur, dass das Ende, falls es denn käme, nicht so furchtbar werden würde wie damals.

Unwillig rügte er sich innerlich für diesen Gedanken. Nicht daran denken. Vorbei ist vorbei. Sie hat keine Macht mehr über dich , das hatte Chieko ihm besänftigend ins Ohr geflüstert, als er eines Nachts aus einem wirren Traum aufgewacht war und sich kaum mehr hatte beruhigen können. Das war vor einem guten halben Jahr gewesen. Aber erst jetzt begab er sich endgültig auf den Weg, diesen Teil seiner Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es brauchte halt doch alles seine Zeit.

"Die Wolken lichten sich", brachte der Sänger mit belegter Stimme hervor.

"Ich sehe schon die Sonne durchblinzeln - komm, ich blase den Rest weg."
 

Ein glückliches, erlöstes Lächeln zierte Chiekos hübsches Gesicht, als Kyos Finger nach ihrer Hand tasteten und diese umschlossen. Sie hatten den Kampf gegen seine Dämonen gewonnen - und sie würde ihm auch weiterhin beiseite stehen, so lange er es wünschte.
 

Be the one I need

Be the one I trust most

Don't stop inspiring me

Sometimes it's hard to keep on running

We work so much to keep it going

Don't make me want to give up
 

Running, running

As fast as we can

Do you think we'll make it?
 

We're running

Keep holding my hand

It's so we don't get separated...
 

* * *
 

"Lust auf ein Bier?"

Die vertraute Stimme hinter ihm ließ ihn zusammenfahren.

"Toshiya?"

Kaoru, vom Donner gerührt, machte keine Anstalten, ihm zu folgen. Er war hin- und hergerissen. Verdammt, das war sein Abschied. Was fiel Toshiya ein, ihn zu stören? Am liebsten hätte er den Bassisten stehen lassen und wäre seine eigenen Wege gegangen. Was sollte das überhaupt? Sie hatten seit über einem Jahr kein persönliches Gespräch mehr geführt. Auch während Bandsitzungen hatten sie nur das Nötigste ausgetauscht.

Und nun tauchte der Kerl hier auf und wagte es, ihn in seinem Abschiedsschmerz zu stören?!
 

Das vergangene Jahr war eines der intensivsten seines Lebens gewesen. Eine Berg- und Talfahrt der Gefühle.

Himmlisches Glück und Geborgenheit an Akikos Seite, jeder gemeinsame Tag ein Traum, jede Nacht ein Abenteuer.

Aikos Geburt - ein vollkommener Höhepunkt. So zufrieden und stolz hatte er sich noch nie zuvor gefühlt, auch wenn es in seinem Leben nicht an Ereignissen gemangelt hatte, die ähnliche Gefühle in ihm ausgelöst hatten. Die Geburt seiner Tochter jedoch hatte alles bisher da gewesene übertroffen. So viel Liebe wie für Aiko hatte er noch nie für ein menschliches Wesen empfunden - obschon er immer gedacht hatte, dass die Liebe, die er Yumi und später Akiko entgegen gebracht hatte, die wahre Liebe gewesen sei. Weit gefehlt. Reine, pure, ursprüngliche Liebe - die schenkte sein Herz nur seiner kleinen Tochter. Auch jetzt, hier, in der regen, geschäftigen Betriebsamkeit der Naritaer Abflughalle, tat sein Herz einen freudigen Sprung, als er an Aiko dachte.

Ihr verdankte er es wohl auch, dass er das vergangene Jahr unbeschadet überstanden und sich nichts angetan hatte. Nicht, dass er zu Depressionen neigte oder selbstmordgefährdet gewesen wäre, aber dennoch - so, wie das letzte Jahr für Dir en grey gelaufen war, hatte er sich oft gewünscht, mit allem Schluss zu machen.

Er hatte tatsächlich nur für Aiko und Akiko durchgehalten.
 

Während seine Tochter jedoch weiterhin sein Leben beglücken würde und auch Yumi und er sich dank ihr wieder näher gekommen waren, war seine Freundin dem Ruf der Ferne gefolgt und saß im Flieger nach Großbritannien, der soeben abgehoben hatte. Kaoru hätte es nie für möglich gehalten, dass Akiko ihm eines Tages einen Modellvertrag in London vorziehen würde - aber genauso war es gekommen. Vor nur zwei Wochen hatte sie ihn vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie hatte es nicht für nötig befunden, sich mit ihm abzusprechen oder gar seine Meinung zu hören. Nein, sie hatte ihre Entscheidung im Alleingang gefällt - ohne jegliche Rücksicht auf ihn.
 

Mit einem Mal fiel ihm die Angst ein, die ihn befallen hatte, nachdem er sich von Yumi getrennt hatte. Die Angst, vielleicht beide verloren zu haben, Yumi und Akiko. Damals, als er mit Bangen Akikos Nachricht erwartet hatte. Damals...
 

Er und Akiko hatten Yumi und Toshiya die Herzen gebrochen, ihr Vertrauen zerstört. Genauso rücksichtslos wie Akiko ihm nun den Rücken zugekehrt hatte, um ihr berufliches Glück in Europa zu finden.
 

Er hatte sie angefleht, alles nochmal zu überdenken. Es gab doch bestimmt eine Lösung. Beziehungen auf Distanz gab es Abertausende, sie mussten sich doch nicht gleich trennen, nur weil sie nicht mehr in Japan wohnte.

Akiko aber war hart geblieben. Entweder eine richtige Beziehung oder gar keine. Wie stelle er sich das denn vor? Sollte sie ihn zweimal pro Monat in Tokyo besuchen? Hatte er Zeit und das Geld, mehrmals im Jahr nach Europa zu fliegen?
 

Ja, das war Akiko - realistisch, direkt und egoistisch.
 

"Was ist jetzt mit dem Bier?"
 

Toshiya holte ihn in die Gegenwart zurück.

Immer noch zögernd nickte Kaoru und schloss sich, mit einem letzten Blick aus dem großen Fenster auf die im Minutentakt in die Wolken steigenden Flugzeuge, dem Bassisten an, der bestimmten Schrittes den Weg durch die vielen Menschen frei machte.
 

Erst als sie sich beide in einem der kleinen Cafés einen Ecktisch gesichert und zwei Asahi Dry bestellt hatten, fand der Gitarrist seine Stimme wieder.
 

"Es muss dir Genugtuung verschaffen, mich so zu sehen, was?!".

Zerknirscht blickte er sein Gegenüber an und trank ein paar Schlucke.

Toshiya schüttelte nur ergeben den Kopf und verzog abschätzig den Mund.

"Du hast noch immer nichts kapiert, ne? Meinst du, ich wäre hier, wenn mir das alles am Arsch vorbei ginge?"

"Wer weiß, vielleicht konntest du erst jetzt mit ihr abschließen, wo sie wirklich weg ist."

Der Bassist fuhr zusammen. Da hatte Kaoru wohl recht, er fühlte sich jetzt, da Akiko endgültig aus seinem Leben verschwunden war, auf einmal viel leichter. Dennoch, wenn der Gitarrist meinte, er sei hier, um sich an seiner Qual zu ergötzen, tat er ihm Unrecht.

"Richtig, ich habe tatsächlich erst vor einer Viertelstunde endgültig mit ihr abgeschlossen. Aber was stört dich das? Weißt du, gerade weil ich weiß, wie es ist, Abschied zu nehmen, kann ich mir in etwa vorstellen, wie dir gerade zumute ist. Vor einem Jahr hätte ich dich am liebsten zum Teufel gejagt, aber so, wie die Dinge jetzt liegen, muss ich gestehen, dass du mir leid tust. Ich hatte ein ganzes Jahr Zeit, die Trennung zu verarbeiten - dir hat sie gerade mal zwei Wochen Zeit gelassen, dich darauf einzustellen."

Kaoru horchte auf. Er tat Toshiya leid? Nach allem, was geschehen war? Machte der Bassist ihm ein Friedensangebot?

Ergriffen klaubte der Gitarrist eine Zigarette aus dem schon ziemlich zerknüllten Päckchen und steckte sie an.

"Soll das heißen...du kannst mir verzeihen?"

Toshiya hätte ob der mit schüchterner Stimme hervor gebrachten Frage am liebsten laut rausgelacht, doch er hielt sich zurück und blieb ernst.

"Ja, mittlerweile kann ich das. Vergessen werde ich es wohl nie können, aber wir beide haben schon so viel zusammen durchgemacht, unsere ganze Band hat das - und mit dem, was dieses Jahr auf uns wartet, sollten wir wohl alle versuchen, uns wieder zusammenzurotten. Der Band, aber auch unserer Selbst willen."

Ungläubig horchte Kaoru den Worten seines Bandkollegen. Hatte Toshiya das gerade gesagt? Saß er tatsächlich mit dem Bassisten hier oder befand er sich in einem wunderbaren Traum, aus dem er gleich erwachen würde?

"Toshiya, das ist mehr, als ich je zu hoffen gewagt habe, ich...". Kaoru suchte hilflos nach den richtigen Worten, doch Toshiya lächelte verstehend und leerte sein Glas in großen Schlucken.

"Erspar's dir, du musst nichts sagen."

Und da hatte der Bassist recht. Sie kannten sich so gut, sie kamen ohne Worte aus. Dies war heute noch genau so wie früher.
 

Mit 15 schrieben wir noch Parolen an die Wand

Die keiner von uns so ganz genau verstand

Wir waren mit 20 klar dagegen

Egal, was es grad war

Hauptsache zusammen und mit dem Kopf durch die Wand
 

Das Leben kam oft anders und selten wie gedacht

Doch wir haben all die Kompromisse nie mit uns gemacht

Wir würden für einander lügen

Notfalls auch vor Gott

Wir haben nie darüber geredet, doch wir halten unser Wort
 

Alles, weil wir Freunde sind

Weil wir Freunde sind
 

Manche sind gestorben, andere gingen weg

Doch wir haben einfach alles überlebt

Wir sind anders als die Andern

Auch wenn's keine Andern gibt

Wir schwören uns immer wieder

Dass das Beste vor uns liegt

Die Jahre ließen Spuren

Man kann sie deutlich sehn

Wir würden uns das so nie sagen

Weil wir Freunde sind
 

Wir streiten uns

Vertragen uns

Weil wir noch Freunde sind

Wir sind immer da

Auch ohne Grund

Weil wir noch Freunde sind
 

Und wieder ist ein Jahr vorüber

Und wieder ist mein Bierglas leer

Und wieder ein paar Falten und auch ne Tätowierung mehr

Irgendeine Liebe

War's irgendwann mal wert

Werden wir uns jemals ändern?
 

Wenn wir verlieren, bauen wir uns auf

Alles, weil wir Freunde sind

Der Rest der Welt, wir scheißen drauf

Alles, weil wir Freunde sind

Wir bleiben

Wir siegen

Weil wir noch Freunde sind

Nichts wird uns tot kriegen

Weil wir Freunde sind...
 

"Komm Kaoru, wir haben die Welt zu erobern...".
 

+ + +
 

[Lyrics 1: "Running" © No Doubt]
 

[Lyrics 2: "Freunde" © Die Toten Hosen]
 

Bin ich nicht gut? Die erste Fanfic überhaupt, die ich zu Ende bringe. Erfüllt mich mit Stolz, ich gebe es zu.
 

Mir ist klar, dass es Handlungsstränge gibt, dich ich aufgegriffen, aber nicht weiter verfolgt habe - und das aus gutem Grund. Erstens schätze ich Offenes. Man sollte als Leser immer die Möglichkeit haben, sich gewisse Dinge selbst auszumalen und zu einem eigenen Schluss zu kommen. Zweitens besteht die Möglichkeit, dass ich weiter schreibe. Wohl keine so lange Geschichte am Stück mehr (das wurde mir auf Dauer zu stressig, der Druck war zeitweise riesengroß), aber eventuell eine Serie von Kurzgeschichten mit denselben Charakteren. Wahrscheinlich werde ich mich auch mal im Schreiben von Originalgeschichten versuchen, denn eigentlich grenzt es beinahe an Respektlosigkeit und Frechheit, sich all dieser real existierenden Personen gefügig zu machen und ihre Leben zu verschandeln, ihnen Charaktereigenschaften aufzuzwingen, die so gar nicht vorhanden sind.
 

Ich werde sehen. Jetzt gönne ich mir auf jeden Fall eine Auszeit vom Schreiben, bis die Muse mich wieder küsst.
 

Danke euch allen fürs Lesen und für eure Kommentare. Danke, dass ihr mich während der letzten zweieinhalb Jahre mittels dieser Geschichte begleitet habt. Es war eine schöne Zeit. Es ist viel passiert. Seien wir gespannt auf das, was noch kommen mag. Und möge das sanfte Licht des roten Mondes euch auch weiterhin leuchten.
 

~ eury ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  -Kyo_kun-
2006-05-30T18:33:25+00:00 30.05.2006 20:33
Yeah ich bin endlich durch, nach fast vier tagen lesen hab ich entlich geschaft!!^^
Echt geile story und so realitätsnah, auch wenn die charaktereigenschaften vielleicht nicht ganz stimmen oder auch nur zun teil! Boah ich bin beeindrucjt und kann nur sagen ECHT SUPER, fesselnde schreibweise! Ich hätte am liebsten die nächte durch gelesen aber ich armes kleiens schaf muss immer so früh raus zur arbeit T___T
aber egal ich konnt mich gerade noch so zusammen reißen es nicht zutun(nachtdurchlesen)
Jetz werd ich mal kurz föhrmlich ^.~
" ich danke dir für eine sowundervolle und ziemlich realitätsnahe Geschicht,! Du kannst wirklich sehr stolz auf dein Werk sein!"
Mit diesen worten möcht ich mich dann auch schon zurück ziehen
also alles gute für eventuelle nächste Stories und eine sehr inspirierende Muse
In diesem sinne C.U.
Von: abgemeldet
2006-03-29T18:31:33+00:00 29.03.2006 20:31
etwas verspätet, doch dafür wohl überlegt gebe ich nun doch einen kommi zum ganzen ab.
wohlüberlegt daher, weil ich nach dem ersten lesen (gleich nachdem es on war) ersteinmal nicht wahr haben wollte, dass es nun vorbei sein soll.
diese geschichte -denn für mich ist es mehr als eine ff- hat mich lange begleitet, mich zeitweise wirklich schockiert, sei es aufgrund der realitätsnähe bezüglich der originalcharas oder ...realitästnähe bezüglich anderen personen...
da es im wahren leben leider kaum happy endings gibt und ich
sie auch nicht wirklich mag, bin ich trotzdem froh, erleichtert whatever, dass diese geschichte so ausgegangen ist. denn was bleibt ist immer noch dieser bitter süße nachgeschmack, da kaorus freundin weg ist- und er tut mir ehrlich leid, obwohl ich sie auch verstehen kann, wahrscheinlich ähnlich gehandelt hätte- toshiya immer noch nicht ganz darüber hinweg ist undundund. der vorfall mit kagerou hat mich erstaunt, auch die kleinen hinweise auf miyas vergangenheit usw...bei dir weis man nicht was fiktion ist und was auf tatsachen beruht- unglaublich gut geschrieben! vielleicht kannst du mich mal aufklären, was es mit der vergötterung kyos durch daisuke auf sich hat, was miya erlebt hat [...]

ja. irgendwann. und ich hoffe du bist des schreibens nicht müde geworden udn wirst bald wieder einen epos von ähnlichem kaliber aufziehen.

...mein letzter kommentar zu akai tsuki...seltsames gefühl ^^;

vielen dank dafür
alles liebe
jasmin
Von: abgemeldet
2006-03-28T07:35:39+00:00 28.03.2006 09:35
Von mir auch ein verdientes Lob :)
Du hast die Story wunderbar zum Ende gebracht - obwohl ich zugeben muss, dass ich ab und zu echt geglaubt habe, dass ein Sad End herauskommen würde, und ich glaube es hätte nichts weiter ausgemacht '_';

bei den zeilen von 'freunde' bekam ich erstmal gänsehaut. es war einfach passend :)

meine lieblingsstelle - wie kann es auch anders sein :) - war, als Kyo und Chieko sich unterhielten. ich musste so schmunzeln bei der stelle mit dem neu erlangten narzissmus haha :) überhaupt war diese szene mehr als genial :)

ich freue mich, wie gesagt, noch auf weitere geschichte, sei es kurzgeschichten oder geschichten mit originalcharakteren :)
Von:  Fukai
2006-03-26T17:39:18+00:00 26.03.2006 19:39
Danke Eury, für diese wundervolle Geschichte
Ich bin froh, dass es letztendlich doch ein Happy End gab... zwischenzeitlich habe ich schon gar nicht mehr damit gerechnet
Ich kann nur sagen, ich liebe deine Geschichte und habe mich immer über ein neues Kapitel gefreut, auch wenn ich nicht jedes mal kommentiert habe (aber diese Krankheit namens Kommentierfaulheit(TM) kennst du ja sicher)
Besonders die Realitätsnähe deiner Charaktere und die Variabilität ihrer Charakterzüge und Gefühlsregungen macht diese FF meiner Meinung nach zu einer der besten, die ich bisher zu dieser Thematik gelesen hab
Vielen Dank.. du hast bewiesen, dass es durchaus noch lesenswerte Beiträge auf Mexx gibt
Ich freu mich auf deine weiteren Geschichten
oh und du musst mir in der nächsten ENS mal Daisukes und Miyas Background näher bringen.. ich hab so einige Andeutungen nicht ganz verstanden

Liebe Grüße
Lika
Von: abgemeldet
2006-03-26T12:43:12+00:00 26.03.2006 14:43
*gratulier* wirklich eine lange zeit für dich... aber ich finde es hat sich sehr gelohnt :). das ist bis jetzt mit abstand das beste ff was ich je gelesen habe ^^. und so verschandelt hast du die persönlichkeiten nicht ^.~ es wurde ja auch vieles eingebaut was auf tatsachen beruht.
ich muss mich toshiyahara anschließen xD ich wollte das net lesen... (aber diesmal hatte ich auch taschentücher ^^ also hab ichs doch gemacht!).
der schluss war wirklich so geil zwischen toshiya und kaoru *gehult hat* ._. .... .-.
ich würde mich wirklich auf eine kleine fortsetzung freuen ^^.
mein letzter kommi hier ._.
nyu bye bye *todknuddl*
Von: abgemeldet
2006-03-26T12:29:16+00:00 26.03.2006 14:29
Das letzte Kapitel... eigentlich wollt ichs gar nich lesen XD Aber ich habs dann doch getan...
Ein toller Abschluss für die Story, wirklich... vor allem die Szene ganz am Schluss zwischen Toshiya und Kaoru...
Hast du toll gemacht!
*drück*
Von: abgemeldet
2006-03-26T12:24:09+00:00 26.03.2006 14:24
Ja~
letztes Kapitel, ..., Wow!
ehrlich. das letzte kapitel war schön und es hat gepasst.
ich weiß gar nicht was ich sagen soll, einfach nur spitzen klasse darling ^.~


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