Unfassbarer Untergang von Varlet ================================================================================ Kapitel 2: Der Anfang des Albtraums ----------------------------------- Rum beobachtete den Stadtteil Beika und seine Anwohner ganz genau. Nun, da das große Geheimnis endlich gelüftet war, durfte sich die Organisation keine weiteren Fehler erlauben. Sherry war gerissen. Sie war wieder ein Kind. Kein Wunder, dass sie ihnen dadurch durch die Lappen ging. Jeder wunderte sich, wie die Wissenschaftlerin aus dem abgeschlossenen Raum entkommen konnte. Jetzt kannte Rum die Wahrheit. Ein Lüftungsschacht war für ein Kind kein Problem. Und auch als Gin auf Sherry traf, konnte sie sich als Kind problemlos unter die Menschenmenge mischen. Die Wahrheit machte vieles einfach. Viele Kleinigkeiten ergaben nun einen Sinn. Rum zog die Akte von Shinichi Kudo hervor und blätterte zu den Bildern des Oberschülers. Er strahlte Selbstsicherheit aus. Und genau diese würde ihm bald vergehen. Sie würden den Oberschüler schon sehr bald in seine Schranken weisen, wenn nicht sogar vernichten. Die Organisation hatte ihre besonderen Methoden. Es fehlte nur noch die Rückmeldung des Bosses. Rum blätterte in der Akte weiter. Glücklicherweise war Shinichi Kudo bereits in der Vergangenheit in der Presse erschienen – meistens bei Fällen, die von seinem Vater gelöst wurden. Zur Sicherheit legte Rum ein Foto von Conan Edogawa neben das von Shinichi Kudo. Wenn man es nicht besser wusste, konnte man beide für Verwandte halten. Sie glichen sich von oben bis unten. Auch wenn Conan eine Brille trug, konnte keiner die Ähnlichkeit retuschieren. Und was war schon eine Brille? Nur ein Accessoire, bei dem Rum wettete, dass nur Plexiglas in der Fassung vorlag. Rum leckte sich über die Lippen. Alles was bisher passiert war, war kein Zufall. Shinichi Kudo wurde mit dem APTX4869 vergiftet worden und verschwand, während Sherry nur wenige Wochen später untertauchte und jetzt im Haus neben der Kudos wohnte. Wie gut, dass Rum noch nie an Zufällige glaubte und alles in Frage stellte. Erneut sah Rum auf das Bild von Conan Edogawa. Sobald die Spur zu dem Jungen führte, führte er eine ausgiebige Recherche durch. Conan Edogawa existierte nie offiziell. Man konnte weder im In- noch im Ausland eine Geburtsurkunde ausfindig machen. Der Junge tauchte eines Tages einfach so auf und wohnte seitdem bei den Moris. Die Recherche umschloss ebenfalls Kogoro Mori, der vom nichtsnutzigen Detektiv zur schlafenden Berühmtheit wurde. Hätten sie nur eher alle Puzzleteile zusammen gefügt, wäre ihnen diese Entwicklung nicht entgangen. Jetzt wusste auch Rum warum der Detektiv bereits ins Visier der Organisation rückte. Nicht er war es, der damals die Aufmerksamkeit auf sich zog, sondern Kudo. Aber eines musste man ihm lassen: Er war ausgesprochen ausgeklüngelt bei der Wahl seines Versteckes. So sehr wie Kogoro Mori nach Aufmerksamkeit lechzte und die genauen Umstände der Fallaufklärung für sich behielt, solange war der Oberschüler in Sicherheit. Als normales, richtiges Kind wäre er für die Organisation wie ein Lutscher im Bonbon-Laden. Mit seinem Potential war er von großem Interesse für sie. Kinder waren beeinflussbar und konnten leicht auf die falsche Seite gezogen werden. Die Erkenntnis, dass es sich bei Conan um Shinichi Kudo handelte, machte es nicht leichter. Seinen Hochmut würden sie schnell zerstören können und vielleicht auch seinen Gerechtigkeitssinn, wenn er nach Selbstjustiz strebte. Aber er würde sich nie ihnen anschließen. Das erkannte Rum auf Anhieb. Es war die Art und Weise wie er guckte. Sie verriet alles. Aber sie würden nie zulassen, dass der Schüler ihnen dazwischen funkte. Eine Silberkugel löschten sie bereits aus, auch wenn Rum zu den Zweiflern gehörte. Es war viel zu einfach. Ein Agent der jahrelang jeden Anschlag auf sein Leben überlebte, wurde durch einen Hinterhalt überrumpelt. Kein Wunder, dass auch Bourbon zweifelte und alles tat um Shuichi Akai zu finden. In dem Plan gab es noch zu viele unbekannte Variablen. Der Nachbar Okiya war eine davon. Er lebte im Haus der Kudos, ohne Namensschild an der Klingel und verhielt sich auch sonst sehr merkwürdig. Während seiner Beobachtungen ging Okiya nicht allzu häufig vor die Tür. Wenn er es tat, brachte er dem Professor einen Topf mit Essen, unterhielt sich mit Conan oder machte sich auf den Weg in ein Café oder ein Einkaufszentrum. Dann verlief sich seine Spur bis er irgendwann wieder zurück nach Hause kehrte. Die Recherchen brachten nichts über Okiya zu Tage. Es gab mehrere in Tokyo, keiner war aber in Beika gemeldet. Ohne einen Vornamen musste er sich an seinen Kontakt bei der hiesigen Polizei wenden. Aber auch die Suche brachte nur wenig. Subaru Okiya schien ein Sonderling zu sein. Er arbeitete gerade an seiner Doktorarbeit in Ingenieurswissenschaften, mochte Rätsel und nutzte wohl das Wissen des Professors für seine eigenen Arbeiten. Es machte bereits so viel Sinn, dass es Rum stutzig werden ließ. Es gab nicht viel Zeit für den Plan. Und wenn Okiya eine Gefahr darstellte, wurde er eliminiert. Fragen konnten danach gestellt werden. Rum streckte sich und ging im Kopf den Plan durch. Zuerst musste Sherry beseitigt werden, danach Kudo. Andersherum hätte sie eine Möglichkeit der Flucht und das durfte die Organisation nicht noch ein weiteres Mal zulassen. Wenn aber Kudo gewarnt war, war das Problem bei weitem Geringer. So wie der Schüler agierte, würde er nie und nimmer weglaufen. Er würde sich der Gefahr stellen und versuchen in Kontakt mit der Organisation zu treten. In dem Moment wo er nicht damit rechnete, würden sie zur Stelle sein und kurzen Prozess machen. Auch das FBI passte in den Plan von Rum. Vielleicht bemerkte Sherry ihren treuen Wachhund gar nicht, aber die Organisation konnte er nicht austricksen. Und dann wurde noch ausgerechnet Andre Camel eingesetzt. Er klebte zwar an Sherry wie Honig an einem Löffel, aber das brachte ihm gar nichts. Camel war ein Dummkopf. Seinen Unterlagen zu Folge hatte dieser Agent vor vielen Jahren dem FBI geschadet, statt ihnen zu helfen. Er kam frisch von der Ausbildung und wurde zur Unterstützung nach Japan geschickt. Zu jener Zeit infiltrierte Shuichi Akai als Dai Moroboshi die Organisation und stieg unter dem Codenamen Rye immer weiter auf. Rye sollte bald die höheren Mitglieder kennen lernen, aber ehe es soweit war, wurde er einem letzten Test unterzogen. Die Organisation schickte einen alten Mann in das Gebäude und sofort sprang Camel aus seinem Versteck heraus und versuchte den Alten in Sicherheit zu bringen. Damit war der Einsatz des FBIs in Tokyo erst einmal erledigt. Aber Jahre später mussten sie zurück kehren und sorgten für einige Überraschungen. Der Boss selbst hielt Shuichi Akai für den Nagel auf seinem Sargdeckel. Akai sollte die einzige Person sein, die in der Lage war die Organisation zu vernichten. Sein Boss fürchtete sich vor diesem Agenten und war froh die Todesnachricht zu hören –auch wenn der Zweifel nie abklang. Rum stand von dem Platz auf und ging nach draußen zu seinem Wagen. Kaum das er saß, zog er das Handy hervor und tippte eine schnelle Nachricht an seine Kontaktperson. „Showdown“, sprach Rum, schnallte sich an und startete den Motor. Nun würde sich zeigen wer am längeren Hebel saß. Nach ungefähr zehn Minuten Fahrtzeit hielt er den Wagen an und kurbelte das Fenster herunter. Seine Kontaktperson trat näher heran. Der Mann war schwarz gekleidet und trug eine Skimaske. „Wie sieht es aus?“ „Es läuft alles nach Plan“, antwortete der Mann. „Ich warte auf den Befehl zum Start.“ „Gut“, nickte Rum. „Der Start ist in zwei Minuten.“ Rum kurbelte das Fenster wieder hoch und fuhr weiter. Den Wagen parkte das Organisationsmitglied zwei Häuser entfernt und stieg aus. In Gedanken zählte er die Sekunden bis die zwei Minuten um waren. Wegen seinem Wagen hegte er keine Sorgen. Falsche Kennzeichen waren bei einer solchen Mission das A und O. Außerdem gab es genügend Häuser, Garagen oder Bäume die eine Zuflucht gewährten. Eigentlich kümmerte sich Rum nicht um solche Kleinigkeiten, aber wenn es keinem anderen gelang Sherry umzubringen, musste er sich die Hände schmutzig machen. Wie aufs Kommando fing ein Mädchen an zu schreien, ein Hund bellte, jaulte dann und verstummte schließendlich. Es dauerte nicht lange, als die Stimme von FBI Agent Andre Camel zu hören war. Seine Kontaktperson lief weg, in moderatem Tempo, damit der Agent das Gefühl hatte, es zu schaffen. Das war einfacher als einem Kind den Lutscher zu stehlen. Rum setzte ein freundliches Gesicht auf und marschierte auf das Haus des Professors zu. Glücklicherweise verließ Subaru Okiya das Anwesen wenige Stunden zuvor und war bisweilen nicht zurück gekehrt. Rum würde freie Hand haben. Mit Bedacht keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, klingelte Rum beim Professor. „Einen Moment“, rief eine Stimme aus dem Inneren. Rum unterdrückte die Vorfreude. Als die Tür aufging, sah er zum Professor. „Bitte entschuldigen Sie die Störung. Ich habe diesen Delphin-Anhänger gefunden und mich daran erinnert, dass Ai auch so einen besitzt. Ich glaube sie hat ihren verloren.“ Rum hielt den Anhänger direkt vor die Augen des Professors. Tarnung war alles. Und je perfekter sie aufgesetzt war, umso realistischer wirkte sie. „Oh“, murmelte Professor Agasa und sah auf den Anhänger. „Das könnte tatsächlich ihrer sein. Aber ich wusste nicht, dass sie ihn verloren hat.“ Rum zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hat sie es noch gar nicht bemerkt. Nach unserer letzten Begegnung fand ich ihn auf dem Boden.“ „Ah verstehe“, murmelte Agasa. „Ich hole Ai, bitte warten Sie doch einen kurzen Augenblick.“ Rum nickte und trat in den Flur. Alles lief nach Plan. Sogar noch viel besser. „Ai?“, hörte man die Stimme des Professors. „Komm doch mal bitte kurz her. Dein Anhänger wurde gefunden.“ Ai kam aus ihrem Arbeitszimmer und zog sich den Laborkittel aus. Sie legte ihn über die Lehne des Sofas und sah den Professor an. „Mein Anhänger?“ „Er wurde gefunden.“ „Ich vermisse keinen Anhänger“, sagte sie sogleich. „Bist du sicher?“ Ai seufzte. „Ich seh ihn mir mal an.“ Ai kam mit dem Professor in den Flur. Sie sah auf den Anhänger in Rums Hand. „Das ist nicht meiner.“ „Bist du dir sicher?“, wollte das Organisationsmitglied wissen. „Das bin ich. Ich wüsste, wenn ich ihn verloren hätte.“ Rum sah sie freundlich an. „Gut, dann nehme ich ihn wieder mit. Vielleicht hat ihn jemand anderes verloren.“ Professor Agasa sah runter zu Ai. „Bist du dir sicher, dass es nicht deiner ist, Ai?“ „Bin ich.“ Das Mädchen seufzte. „Sie wollen, dass ich zur Sicherheit nachgucken gehe, nicht wahr?“ „Nun, da unser Gast den langen Weg extra wegen dir hierher kam, wäre es sehr freundlich von dir, einmal nachzusehen.“ Ai sah zum Professor hoch. „Nur weil Sie es sind.“ Das Mädchen ging nach oben in ihr Zimmer. Am Schreibtisch zog sie die Schublade hervor und betrachtete den Delphin-Anhänger. Natürlich war er da, so wie sie es sagte. Ai berührte den Anhänger zaghaft ehe sie erstarrte. „Nein, das kann nicht“, sagte sie zu sich selbst. Ihr Radar war ausgefallen. Normalerweise spürte sie die Mitglieder der Organisation – wobei es bereits einige Ausnahmen gab. Ihr Herz schlug schneller. „Prof…“, ehe sie das Wort beenden konnte, hielt sie sich den Mund zu. Wenn sie jetzt Panik machte, war auch der Professor in Gefahr. Ai zog ihr Handy heraus und wählte die Nummer von Conan. Als er abhob, fiel sie ihm direkt ins Wort. „Sie wissen…“ Ai verstummte, als sie kaltes Metall im Nacken spürte. Sie ließ das Telefon zu Boden fallen und drehte sich um. „Haibara? Was weiß wer?“, kam es aus dem Telefon. „Sind Genta und die anderen da und stellt der Professor wieder eines seiner Rätsel?“ Ai wurde kreidebleich. „Sayonara, Sherry.“ Conan zuckte zusammen. Er wurde blass und kämpfte mit der Übelkeit. Das Handy glitt ihm aus der Hand und er blieb stehen. Kogoro fiel fast über ihn. „He, Bengel, lauf gefälligst weiter.“ Conan schwieg. Die Worte des Älteren wurden immer leiser. Dann lief er los. Der Weg zu dem Haus kam ihr ewig lang vor, obwohl es maximal fünf Minuten waren. Conan lief an dem Wagen des FBI Agenten vorbei und stürmte direkt auf das Haus zu. Er warf sich gegen die Tür. Sobald er den Flur betreten hatte, sah er den Professor am Boden liegen. Die rote Flüssigkeit breitete sich aus. Conan beugte sich über den Professor und fühlte seinen Puls. Er war etwas erleichtert. „Professor? Professor Agasa? Sagen Sie doch was. Machen Sie die Augen auf. Bitte.“ „Conan.“ Camel stürmte dem Jungen hinterher. Er riss die Augen auf als er das Szenario erkannte. Conan sah hoch. „Agent Camel, rufen Sie einen Krankenwagen, er lebt noch. Und holen Sie die Polizei und das FBI und Akai“, ratterte der Junge runter. „Ich muss Ai suchen.“ Conan lief in jeden Raum, bis er in Ais Zimmer fündig wurde. Das Mädchen saß auf ihrem Stuhl, der Kopf lag auf dem Schreibtisch und sie starrte in die Leere. Conan ging auf sie zu. „Ai…hey…Haibara…mach keinen Unsinn…mach die Augen auf…he…Ai…“ Conan versuchte ihren Puls zu fühlen. Aber er war fort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)