go to hell von Futuhiro (karashima / heaven&hell crossover) ================================================================================ Kapitel 3: Katorihito --------------------- „Satsu, du solltest dir endlich mal ein zweites Schlagzeug kaufen. Eins für den Probenraum, und eins für die Konzerthallen, was du immer gleich in den Kisten verpackt lassen kannst. Das ist noch lästig, das ständige Auf- und Abbauen“, meinte Ruri, während er dem Drummer half, die Base Drum aus ihrem riesigen Rollcontainer zu hieven. Die war zwar nicht übertrieben schwer, aber verdammt unhandlich. Es war der nächste Tag und sie entluden gemeinschaftlich den Transporter. Abgesehen von Haruko, der traditionell zu spät kam. Langsam brauchte er auch nicht mehr kommen. Sie waren schon fast fertig, auch ohne ihn. „Du bist ja nicht der, der es immer wieder auf- und abbauen muss.“ „Trotzdem. Nervt dich das nicht?“ „Ich hab nicht so viel Geld locker, mir ein zweites Schlagzeug zu kaufen. Und außerdem muss so ein Schlagzeug ständig gespielt, gepflegt und immer mal wieder durchgestimmt werden, sonst bekommt es Standschäden. Deine Gitarren werden ja auch nicht besser, wenn du sie immer im Keller liegen lässt und nie spielst.“ „Ist das nicht was anderes?“ „Nö, Metall und Holz, das ist nichts anderes als meine Drums“, meinte Satsu. Er kletterte inzwischen auf dem Fußboden zwischen den Floor Toms herum und versuchte alles an seinen Platz zu bekommen. „Aber das dauernde Auf- und Abbauen macht das Schlagzeug auch nicht besser.“ „Kannst du mir die Kick Drum bitte mal noch etwas herschieben?“, wechselte Satsu das Thema. „Damit ich das Fußpedal ran kriege? Ich kann das Pedal nicht ranrücken, wegen der Verkettung mit dem Hi Hat.“ Ruri wuchtete die Base Drum ein paar Zentimeter weiter. Ganz rustikal mit dem Knie, anders kam man alleine nicht weit. „Danke. Okay, den Rest bastel ich selber zusammen.“ „Gut“, stimmte Ruri zu und wandte sich an seinen Sänger, der gerade noch seinen Verstärker an seinen angestammten Platz schob und das Kabel von seinem Mikrophon anstöpselte. „Fertig?“ „Fertig“, stimmte Katorihito fröhlich zu. „Lass uns Okonomiyaki essen gehen. Ich lass Satsu den Schlüssel da, damit er den Probenraum abschließen kann, wenn er fertig ist.“ Katori stand schon ein begeistertes 'Bin dabei!' ins Gesicht geschrieben, aber er hielt an sich, bevor er das laut sagte. „Willst du etwa abhauen und Satsu hier mit seiner ganzen Arbeit alleine lassen?“, fragte er stattdessen. „Wieso nicht?“ „Das ist doch unsolidarisch.“ „Er hat doch gerade selber gesagt, daß er den Rest alleine machen will. Soll ich mich vielleicht aufs Sofa setzen und ihm dabei zugucken?“, widersprach Ruri uneinsichtig. „Aber vielleicht wäre er ins Okonomiyaki-Restaurante gern mitgekommen.“ Satsu warf ein vielsagendes Räuspern ein. „Könntet ihr mal aufhören, über mich zu reden, als wäre ich nicht da?“ „Bitte sehr, gib deinen Senf dazu, wenn du was zu sagen hast!“, warf Ruri ihm an den Kopf und schaute ihn wartend an. Mit in die Hüften gestemmten Händen. Der Drummer zog ein überraschtes Gesicht. Auf so eine Antwort war er nicht gefasst, daher wusste er spontan kaum, was er sagen sollte. „Ich ... ähm ... muss nicht unbedingt mit ins Hana Sekai. Aber ich wünsch euch guten Hunger und viel Spaß da.“ „Na, warum meckerst du dann?“, konterte Ruri kühl. Kopfschüttelnd marschierte er aus dem Probenraum hinaus, wahrscheinlich nochmal auf Toilette, bevor er mit Katori um die Häuser zog. Satsu und Katori seufzten synchron, als der Gitarrist weg war. „Was hab ich Ruri nur getan?“, wollte Satsu frustriert wissen und werkelte weiter an seinem Schlagzeug herum. Der Vocal zog hilflos die Schultern hoch, zum Ansatz eines Achselzuckens. „Das ist einfach kompliziert.“ „Hasst er mich wirklich so? Beziehungsweise uns? Haruko kommt ja meistens auch nicht besser weg als ich.“ „Ruri ist nicht leicht zu beeindrucken. Es ist schwer, ihm zu beweisen, daß er einen ernst nehmen sollte.“ Satsu warf ihm einen giftigen Blick zu. „Willst du damit sagen, wir geben uns mit unserer Musik nicht genug Mühe?“ „Interpretiere es wie du willst“, meinte Katori lächelnd. „Ich sage nur, daß Ruri schwer zu beeindrucken ist, mehr nicht.“ „Das musst du mir nach 2 Jahren nicht mehr sagen ...“, maulte der Schlagzeuger. Damit war das Gespräch spürbar beendet. Sein Tonfall sagte, daß er das Thema nicht weiter ausdiskutieren wollte. Katori nickte nur verstehend und hielt die Klappe. Eine schweigsame Weile später kam Ruri wieder hereingeplatzt. „Bist du fertig, Ka?“ Katorihito wurde schlagartig wieder euphorisch. Okonomiyaki ließ ihn immer sofort in die Gänge kommen. „Klaro. Jacke schnappen, und weg sind wir.“ „Dann los! Tschüss, Satsu. Wir sehen uns morgen zu den Band-Proben. Ich leg dir den Schlüssel hier hin“, meinte der Gitarrist und pappte selbigen gut sichtbar mitten auf die Tischplatte. „Nehmen wir meinen Wagen oder deine Ninja?“, wollte Katori auf dem Weg nach draußen wissen. Beide Rennschleudern standen unten auf dem Parkplatz. Sie hatten also freie Auswahl. Sie mussten nach dem Essen nur wieder hier her zurück kommen, damit das stehengelassene Gefährt noch abgeholt werden konnte. „Was ist dir denn lieber?“, hakte Ruri gut gelaunt nach. „Die Ninja, wenn du mich so fragst. Ich hab meinen Motorradhelm im Kofferraum.“ Dann fiel die Probenraumtür hinter den beiden zu und Satsu blieb allein zurück. Er war ein bisschen hin und her gerissen. Einerseits war er schon traurig, nicht mitgegangen zu sein. Er mochte Okonomiyaki ja auch. Und er hätte gern mal wieder ungezwungen Freizeit mit Katori verbracht. Das Problem war, man bekam Katori nie alleine zu fassen. Ihn und Ruri gab es nur im Doppelpack. Und den Teil mit dem 'ungezwungen' konnte man streichen, wenn Ruri dabei war. Etwas später kam ihr Bassist Haruko mit verbissenem Gesicht hereingestapft und warf wortlos seine Jacke auf das Sofa, statt den Kleiderständer zu benutzen. Satsu musste sich ein Grinsen verkneifen. „Du bist Ruri noch begegnet, oder?“, wollte er statt einer Begrüßung wissen. „Ja. Mister Bandleader hat mich draußen ungespitzt in den Boden gerammt“, bestätigte der blonde Bassist sauer. „Naja, was hast du erwartet? Du bist ...“ Satsu sah auf die Uhr. „fast eine Stunde zu spät. Ruri war ziemlich angefressen, daß du beim Entladen des Transporters nicht mit geholfen hast. Da waren ja schließlich auch deine Boxen und dein Bass drin.“ „Ja-ja, schon gut. Das hat er mir deutlich genug klar gemacht. Das nächste Mal komm ich einfach noch später, um ihm nicht mehr vor die Nase zu laufen.“ Haruko machte eine wage Handbewegung in Richtung des Haufens Drums und Gestänge. „Soll ich dir wenigstens mit dem Schlagzeug noch helfen?“ „Nein, lass mal. Das mach ich lieber alleine“, wiegelte der Drummer ihn schnell ab. Haruko hatte die lästige Gabe, alles kaputt zu machen. Der sollte sich mal nur an seinem eigenen Equipment vergreifen. Katori saß im Okonomiyaki-Restaurante 'Hana Sekai', die Stamm-Location von Ruri und ihm, und studierte eingehend die Speisekarte. Von der anderen Seite des Tisches kam ein Seufzen. „Du kannst die Speisekarte doch auswändig, Ka. Wieso liest du sie jedes Mal wieder stundenlang?“ „Weil ich mich nicht entscheiden kann. Das klingt alles so lecker.“ „Soll ich für dich entscheiden?“, bot Ruri augenrollend an. „Nein. Du erwischst wahrscheinlich das einzige Gericht auf der ganzen Karte, auf das ich gerade keinen Appetit habe.“ „Dann mach die Augen zu und tippe blind mit dem Finger auf irgendwas“, hatte der Gitarrist gleich den nächsten Vorschlag parat. „Kümmer dich um dein eigenes Essen!“, maulte Katori mit aufgesetzter Flunsch. „Ich weiß schon, was ich esse, ja!?“ Der Vocal legte die Karte weg und griff stattdessen nach einem Aufsteller mit dem Tagestipp, der auf dem Tisch stand. „Was ziehst du denn in die nähere Auswahl?“, piesackte Ruri ihn weiter. „Ich schwanke zwischen Hähnchen und Garnelen.“ „Garnelen-Okonomiyaki bestelle ich mir. Nimm du doch Hähnchen, dann machen wir halbe-halbe und tauschen. So hast du von beidem was.“ Katorihito pappte enthusiastisch den Aufsteller wieder auf den Tisch und lächelte. „Klingt nach einem Plan.“ Er schaute sich zufrieden im Restaurante um. Am Nachbartisch saß ein einsamer, junger Mann mit langen, rostroten Wuschelhaaren, der für sich allein sein Okonomiyaki futterte und Katori dabei interessiert beobachtete. Ob absichtlich oder rein zufällig, mangels eigenem Gesprächspartner, er verfolgte den Essensfindungs-Prozess des Sängers mit unverhohlener Neugier. Seinem Erscheinungsbild nach steckte er wohl auch auf die eine oder andere Weise mit in der Visual Kei Szene drin, ein Seelenverwandter, also lächelte Katori ihm freundlich aus der Ferne zu. Da senkte das Kerlchen seinen Blick schnell wieder auf den Teller und konzentrierte sich auf seine Mahlzeit. Er fühlte sich wohl ertappt, dachte Katori belustigt. Taiken verließ das Okonomiyaki-Restaurante eher als sein neues Interessenobjekt, da er einfach eher fertig gewesen war und nicht auffallen wollte. Er hielt sich aber in der Nähe, um die beiden zu erwischen, wenn sie rauskamen. Irgendwas reizte ihn an dem Kameraden mit dem spiegelnden Glas-Effekt in den rabenschwarzen Haaren. Er konnte es nur noch nicht so richtig definieren. Dieses glückliche, fröhliche Lächeln, diese sanftmütige Aura, die er um sich hatte. Der würde doch am Ende kein Engel sein!? Es gab ja durchaus ein paar Engel, ebenso wie Dämonen, die im Diesseits mitten unter Menschen lebten, auch wenn sie selten waren. Sie konnten sich ganz gut tarnen, um selber als Menschen durchzugehen. Aber die hatten dann in der Regel nicht solche Ego-Kanonen als Freunde, wie den Typen mit den blonden Strähnen, der da noch am Tisch gesessen hatte. Mysteriös. Das musste Taiken im Auge behalten. Wenn das wirklich ein Engel war, würde er ihn sich definitiv nicht entgehen lassen. Die zwei ließen sich Zeit. Taiken stand noch fast eine halbe Stunde draußen im Schnee, bevor die beiden ebenfalls endlich heraus kamen. Sie schlenderten ohne Eile davon und der Herr der Unterwelt folgte ihnen heimlich in sicherem Abstand. Seine große Chance bekam er, als der Begleiter mit den blonden Strähnen sich an einer öffentlichen Toilette anstellte und der Sonnenscheinchen-Typ abseits auf ihn wartete. Taiken stellte sich einfach mal rotzdreist dazu und bekam erneut in herzliches Lächeln geschenkt. „Hey, so sieht man sich wieder.“ „Ja, so ein Zufall“, flunkerte Taiken. „Tut mir leid, ich wollte dich im Restaurante nicht so anstarren. Ich habe nur überlegt, woher ich dich kenne.“ Der Kollege fiel darauf herein, wohl auch Taikens Modestil geschuldet. „Hm, kennst du die VK-Band Bunkai? Ich bin der Sänger davon. Vielleicht ja daher.“ „Aaaah! Ja, das kann sein“, log Taiken und musste aufpassen, nicht gehässig zu grinsen. Das war ja fast zu einfach. „Wie war gleich dein Name?“ „Du kannst Katori zu mir sagen.“ „Okay. Katori. ... Und dein Kumpel da?“ „Ruri, mein Gitarrist.“ Ruri also. Den Namen würde er sich besser mal merken. „Ich bin Taiken.“ Er fuhr sich vielsagend durch die Haare, um Katori auf den Trichter zu bringen, daß er gleichfalls ins Visual Kei gehören könnte. Nur für den Fall, daß sein Outfit da noch nicht aussagefähig genug war. „Ich bin auch in einer Band“, log er eiskalt. „Äh ... The Taiken Company. Kennst du sie?“ Katori strahlte ihn begeistert an. „Nein, leider nicht. Es gibt einfach zu viele Bands. Man kann gar nicht alles kennen. Aber dann bist du wohl der Gründer und Chef von deiner Truppe, wenn sie schon nach dir benannt ist.“ „Jaaaa~“, machte der Herr der Unterwelt gedehnt. „Kann man so sagen.“ Hölle, dieses rührende Lächeln! Und diese offene Art! Der Kerl konnte nur ein Engel sein. Ganz sicher. Den musste er irgendwie gefangen kriegen. Nur möglichst bald, denn morgen musste er ja wieder in der Unterwelt auf der Matte stehen und dieses blöde Henkersfest begehen. Mit einem Engel ließ sich das sicher besser ertragen. „Lass uns doch mal zusammen essen gehen, damit wir in Ruhe über Musik quatschen können. Und damit ich mich für meine Unhöflichkeit entschuldigen kann. Was hältst du davon? Hast du heute Abend schon irgendwas vor?“ Katorihito gab einen nachdenklichen Ton von sich. „Ins Hana Sekai?“ „Schon wieder? Da waren wir doch allesamt heute mittag erst.“ „Da kann man nie oft genug hingehen“, lächelte der Sänger. „Ich bin süchtig nach Okonomiyaki, ehrlich.“ „Wie du meinst. 6 Uhr abends?“ „Gerne. Ich freu mich drauf.“ Taiken sah Ruri von weitem zurückkommen und beschloss, die Flucht anzutreten. Diesem finsteren Typen ging er lieber aus dem Weg. „Ich freu mich auch. Bis heute abend. Ich muss weiter!“ Damit wandte er sich ab und ging. Als das Kerlchen mit den rotbraunen Haaren weg war, ließ Katori sein vergnügtes Lächeln fallen, das nur eine gut gespielte Fassade der Höflichkeit gewesen war, und zückte sein smartphone. Ruri gesellte sich wieder dazu und schaute Taiken fragend nach. „Wer war´n das?“, wollte er neugierig von Katori wissen. „Angeblich ein Musiker. Problem ist nur: seine Band gibt es nicht.“ Der Vocal hielt ihm sein smartphone hin, auf dem die Google-Suche gerade '0 Treffer' anzeigte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)