Black Ruin von DeNoir (Ein Leben in Rost und Regen) ================================================================================ Kapitel 1: Wie riecht die Welt? ------------------------------- A Tale of Rain: Der Regen rauschte in gleichmäßigen, sanften Bindfäden auf die Stadt aus Neon, Schatten und Schmerz hinab. Seit etwa vierhundert Jahren regnete es mehr oder minder ununterbrochen und die Hälfte der Unterbrechungen bestand in noch viel ungemütlicherem Wetter. Die Sonne schien vielleicht an insgesamt drei, vier Tagen im Jahr. Sébastien LaCroix war der Ansicht, dass der Schleier aus Regen die hässlichsten Seiten Yharnams zu verhüllen versuchte, wobei er nur mittelmäßig erfolgreich war. Trotzdem wusste der Aszendierte der Unity die Anstrengungen zu schätzen. Sein Weg hatte ihn von der kleinen Zelle, in welcher er wohnte, aus dem Sakral-Distrikt herausgeführt und in Richtung der alten Grav-Bahn gelenkt, mit welcher er nach 'Rusty-Rice' fahren wollte. Rusty-Rice war der Spitzname für das ziemlich heruntergekommene, an vielen Stellen wortwörtlich verrostete, Viertel der Stadt, welches eigentlich 'New-Nippon' hieß. Als Klosterbruder hatte Sébastien die meiste Zeit seines Lebens freien Zugang zum gesammelten Wissen der Eklesiearchie gehabt und verfügte so über ein recht profundes Wissen über die Geschichte Yharnams und der Mars-Besiedelung als solcher. Damals, vor nun beinahe 400 Jahren, hatten die Atlanter, oder Advent, wie sie sich selbst nannten, der Menschheit den Weg zu den Sternen...oder eher gesagt ihrem eigenen Sonnensystem ermöglicht. Der Mars, reich an Rohstoffen, war besiedelt worden, der Beginn eines neuen, goldenen Zeitalters. Sébastien wusste, dass der Name 'New-Nippon' ein trauriges Relikt dieser Tage war, eine Art...freundschaftlicher Scherz, nach ewigen Jahren der Feindschaft zwischen den anderen asiatischen Völkern und den Japanern hatte man den Namen als...Symbol gewählt, die Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen. Heute war die Stadt der Lampions verfallen, rostrotbraun, schief und krumm. Arme Menschen lebten hier, immer noch viele mit Wurzeln in Asien aber längst nicht mehr die absolute Mehrheit. LaCroix hatte sich in schwarzes Leder gekleidet, eine Kapuze zum Schutz vor dem Regen über dem Kopf, schnellen Schrittes legte er die zwei Kilometer bis zur nächsten Bahnstation zurück. Die Straßen in diesem Teil der Stadt waren recht leer, der Sakral-Bezirk war nicht gerade klein und die Kirchenmänner und Frauen neigten nicht dazu in Gruppen dort spazieren zu gehen, war ihre Zahl doch ohnehin mit der Zeit immer weiter geschrumpft, genau wie ihre Macht. Sébastien verspürte bei dem Gedanken immer ein wenig Bitterkeit, nicht, weil es ihn nach Macht über andere gelüstete, sondern weil die Entmachtung der Kirche ebenso Ketzerei, wie auch eine große Verschlechterung der Lebensbedingungen...ja, eigentlich aller Menschen...gewesen war. Auch innerhalb der Kirche der Einheit war der Glauben schwächer geworden, Orden wie der dem Sébastien zugehörig war galten geradezu als Fanatiker, ja, sogar Spinner. Es wunderte LaCroix immer wieder, dass Menschen, die es besser wissen mussten nicht glaubten. Die Göttlichkeit des Imperators war keine Glaubensfrage, sie war ein Faktum, die Gaben über die ein wahrer, gläubiger Operator der Kirche verfügte waren....Realität, keine Folge der aufwendigen Bioniken und cybernetischen Verbesserungen. Der Mönch seufzte unhörbar und ging langsam die Treppenstufen hinauf zum Gleis, an dem die Bahn in wenigen Minuten halten würde. Hier war alles hell, freundlich und sauber, ein Ort gegen den viele Bewohner Yharnams vermutlich ihre Behausung eingetauscht hätten. Hier, wie im gesamten Sakral-Distrikt, gab es keine der schrillen, bunten Neon-Reklamen, keine Geschäfte und keine Laster. DeNoir: In den Sakral-Districkt verirrt sich nicht oft das übliche Fußvolk, welches einen großen Teil Yharnams bevölkert. Warum dem so war, da schieden sich die Geister. Spott, Hohn, Unglaube, oder einfach der Missmut, danach wieder in sein Mauseloch von Zuhause zurückzukehren. Dies war wahrscheinlich der Grund warum die junge Frau teilweise recht ungläubig beschaut wurde, als sie in ihren recht abgetragenen schwarzen Mantel mit dem großen Kragen und Knopfleiste, dessen Ärmel zu kurz waren, allerdings so sehr, dass es wirkt als wären sie absichtlich nur 3/4 lang, durch den kirchlichen Stadtteil schritt, eilig Richtung der Bibliotheken. Sowohl bei Be- und Austreten jeder Bibliothek wurde die Frau gefilzt und musste ihre Ausweispapiere vorlegen, in denen Name, Anschrift, Beruf, biologische Rahmeninformationen, Krankheiten und eventuell eingebaute Cybernetics eingetragen waren, um sicherzustellen, dass sie keine unerlaubten Gegenstände mit hinein, oder Bücher mit hinausnahm. Zusätzlich legte sie noch einen Ausweis vor, der ihr zumindest was Bildungs- und Kultureinrichtungen anging, meist Tor und Tür ein wenig leichter öffnete, zumindest zu den beschränkten Bereichen, die der Öffentlichkeit zugänglich waren. Doch mehr als ein schlichtes weißes Oberteil mit Spagettiträgern , eine fliederfarbene kurze Hose mit einem schwarzen Gürtel, der schon an der ein oder anderen Stelle zu bröckeln begann, schwarzen langen Strümpfen und abgetretene schwarze Lederstiefel, fand sich nichts unter dem schwarzen Stück Stoff, was die junge Frau vor dem ewigen Regen schützte, der dafür sorgte das man die Tränen von Frauen, Männern und Kindern nicht sah und der einem die Illusion gibt, die heimischen vier Wände hätten doch etwas Gutes, da sie zumindest trocken waren... In den meisten Fällen. Unter ihrem linken Strumpf war kein Bein was in der kurzen Hose verschwand, sondern kalter Stahl. Wurde dies bemerkt, musste sie ihren Strumpf hinunterziehen und das mechanische Bein wurde von den Sicherheitspersonal in Augenschein genommen. Sobald die Frau ihre nasse Kapuze von den Haaren zog, würde sie meist noch ungläubiger beäugt. Ihr schmales, dezent geschminktes Gesicht hatte in seiner Mitte eine kleine Stupsnase, daneben schon definierte Wangenknochen und darunter einen vollen Mund den einige Lachfalten umrahmen. Ihre Augen hatten eine eigenartige Form, welche ein zarter Eyelinerstrich unterstrich. Sie waren lang, für ihre Länge eher zu schmal und an dem äußeren Winkel nach oben gezogen, doch nicht schmal genug um ihrem Gesicht den typischen asiatischen Touch zu geben. Sobald der Blick der Leute hinter ihre langen, getuschten Wimpern schaute, waren sie meist vollends irritiert. Denn es schauten zwei blutrote Iriden zurück. Ihr schier endlos langes Haar sah man erst wenn sie ihren Mantel an die Garderobe hing, da sie es unter Mantel und Kapuze versteckte um es trocken zu halten. Es war Weiß, wie Lilien, oder frischer Schnee, reichte ihr bis zu den Knien und war nur eine Winzigkeit heller als ihre glatte Haut. Die linke Seite ihrer Haare hatte sie nach hinten geschlagen und mit einigen Haaradeln an ihrem Hinterkopf festgehalten um sie nicht beim Studieren der alten Bücher zu stören. Sie war mehrere Stunden unterwegs gewesen und jetzt, wo es dunkel zu werden drohte, hetzte sie mit etlichen Taschen bewaffnet in denen die Resultate ihrer Recherchen in Formen von etlichen Blättern, Blöcken, Bücher und Heftchen, die Stufen zur Bahn hinauf, mit der sie zurück in ihr kleines Apartment fahren wollte. Sie verdrehte ihr Handgelenk um auf eine feine Uhr zu schauen. Schön gearbeitet, von einem Lederriemen gehalten der sich mehrmals um ihr schlankes Handgelenk zog, sah sie wirklich kostspielig aus, nicht so wie die dünnen Sterlingsilberarmbänder und -ketten, von denen ein paar religiöse Symbole beherbergten und den schwarzen Lederriemchen und das schwarze Lederhalsband, die definitiv mehr als kostengünstig waren. Die feinen Zeiger ihrer Uhr verrieten der jungen Dame das sie mehr als nur spät dran war und sie legte noch einen Schritt zu. Das Ende der Treppe fast erreicht und das Ziel fest im Blick, merkte sie nicht wie sich eine ihrer Taschen am Geländer verfing. Mit einem schrillen Reißen starb sie nach etlichen Tagen Schwerstarbeit, den Heldentod und verteilte ihren Inhalt, viele Blätter und Blöcke mit der Geschichte der Kirche und der Atlanter auf den Treppenstufen und im Wind. "Oh nein", flucht eine samtene Altstimme unter der tropfnassen Kapuze:" Das kann nicht wahr sein." Hastig fischte sie die Blätter aus der Luft und versuchte ihre Notizen einzufangen, doch der Wind machte sich ein Spiel daraus. Als die Bahn einfuhr wehte der Luftzug des haltenden Zuges ihre Kapuze vom Gesicht, die Blätter stoben auf und flogen um sie und an ihr herum wie ein Schwarm wütender weißer Tauben. A Tale of Rain: Der kleine Tumult zu seiner Rechten weckte die Aufmerksamkeit Sébastiens, der vorher noch gedankenverloren ins Leere geschaut hatte, den Kopf leicht gesenkt. Der Mönch hob den Blick und drehte leicht den Kopf, als eine Art herbstlicher Blättersturm aufstob, der, aus Drucken der Literatur seiner Kirche bestand. Na, so was. LaCroix hielt mit einer Hand die Kapuze fest, als der Windzug der herein rauschenden Grav-Bahn an ihr zerrte, wandte sich vom Bahnsteig ab und ging langsam hinüber zu der jungen Frau, die verzweifelt versuchte die Blätter einzufangen. "Lass nur", sagte er leise und mit seiden-schwarzem Bariton: "Die sind eh hinüber, Papier ist nicht ohne Grund eine Erfindung der Erde", der Aszendierte musterte die ihm vertraute Gestalt und dachte über den Schicksalsmoment nach, der für diese Begegnung gesorgt hatte. Sébastien kannte die hübsche, weißhaarige Lady - und sie kannte ihn, wenngleich Lenalee dies nicht klar sein würde, da ihr Waffenbruder vom Widerstand stets zur Gänze verhüllt war und seine Maske die Stimme stark verzerrte. Der Mönche half der 'Fremden' dabei die Teile ihrer Unterlagen aufzusammeln, die auf der trockenen Seite des Eingangs gelandet waren, während über ihnen die Bahn abfuhr. "Wenn du die Uhr nicht hättest würde ich fragen ob du überhaupt lesen kannst", murmelte der Geistliche nachdenklich, "Sei froh, dass hier in Sanctum keine Werkspolizei patrouilliert." DeNoir: Lenalee Jun Valentine schreckte auf, als sie den Mann mit der Lederkapuze hinter sich hörte. Ihre Arbeiten in seiner Hand, wirkte es fast als wird ihr Gesicht noch ein wenig blasser, als es nicht von Natur aus war. Sie klimperte kurz mit den Augen, als die Bahn über ihnen hinwegrauschte. Noch nie hat es sie so geärgert das ihr Datatab den Geist aufgegeben hatte und sie deswegen gezwungen war ihre Recherchen auf diese primitive Art und Weise voran zu treiben. Allerdings war es ihr mehr als unangenehm das ein Fremder ihre Unterlagen in der Hand hielt. "Ähm", begann sie und zieht ihren Mund zu einem Lächeln:" Ihr müsst mir nicht helfen, Sir. Das sind nur Arbeitsunterlagen", das war sogar nur halb gelogen. Lenalee war Lehrerin, was eine aussterbende Art war. Vor allem für Religion und Geschichte. Lenalee war also als Religions- und Geschichtslehrerin eine der letzten ihrer Art. Bildung war ein schwieriges Pflaster. Sie war notwendig, wenn die Konzerne nicht wollten, dass ihre Arbeiter wieder mit Spitzhacken das Erz aus der Erde pfriemeln, brauchten die Arbeiter gewisse Grundkenntnisse in Mathematik und Sprache, damit sie die Maschinen bedienen konnten, die für die Minenarbeit benötigt wurden. Dass sie nicht wieder mit Spitzhacken losziehen, hatte auch weniger mit der Erleichterung der Arbeit für das Individuum zu tun, sondern dass das Geld schneller floss, konnten Erze schneller gefördert werden. Die Sicherheitsbestimmungen in der Miene sind genauso Alibi, wie der Geschichts- und Religionsunterricht in der Schule. Lenalee war zwar anfänglich beunruhigt, sah sich allerdings nicht in großer Gefahr. Die meisten Menschen konnten mit dem was sie auf den Blättern fanden, nicht viel Anfangen und würden sie höchsten für einen religiös-fanatischen Spinner halten, ihr ihre überholten Arbeitsutensilien wiedergebend, sich lachend umdrehen und den Finger auf Höhe der Schläfe kreisen lassen. Ja, Lenalee war gläubig. Sie folgte den Aufrufen der Kirche, hielt sich an die religiösen Gebote und versuchte tatsächlich ihren Schülern Religion wieder näherzubringen. Sie erntete zwar eher Spott als wirklichen Erfolg, doch brachte sie das nicht ab. Wahrscheinlich hat ihr Beruf sie damals auch in den Widerstand gebracht. Auch Pädagogen waren bettelarm und ihre Arbeitsstellen waren an den baufälligen Schulen, die eher von Panzertape als von Mörtel zusammengehalten werden, mehr als unsicher. Doch war das damals nicht ihre Motivation gewesen. Engagiert, wie sie war, hatte sie sich wirklich auf ihren Beruf vorbeireitet, war Fit in den Inhalten und hatte es tatsächlich gewagt über den Tellerrand zu schauen. So hatte sie erkannt auf wie wenig reduziert das war, was sie lehren durfte und der allgemein erbärmliche Zustand im Bildungswesen und der Staatsakt an höhere Bildung zu gelangen, hatten ihr die Entscheidung damals leicht gemacht. Der letzte Satz des Fremden ließ sie aufhorchen. 'Wenn ich meine Uhr nicht hätte...', Lenalee stockte kurz. Sie versuchte einen Blick unter die Kapuze zu erhaschen. Würde man ihr ganz genau in die Augen schauen, würde man ganz schwach eine Bewegung hinter der roten Iris sehen. Einige leuchten blaue Kreise erschienen in ihrer Sicht und ihr rechtes Auge zoomte an den Mann heran, doch ihr Augenimplantat, was genau so effektiv wie illegal war, fand keinen Fixpunkt in dem Gesicht des Mannes, da er mit dem Rücken gegen das Licht stand und seine Kapuze schwarze Schatten in sein Gesicht warf. Skepsis schlich sich in ihr Gesicht:" Wer... Wer seid ihr?" A Tale of Rain: Sébastien zuckte nur die Schultern: "Ich bin ein einfacher Kirchenmann, ein Aszendierter, um genau zu sein", in einer Stadt wie dieser zahlte sich Vorsicht aus und so verwunderte es den Mönch nicht, dass Lenalee auf der Hut war, obwohl er ihr half. "Eigentlich wollte ich die Bahn nach nach Rusty-Rice nehmen, ich arbeite dort...", der junge Mann zögerte, seine Gefährten vom Widerstand wussten nicht, dass er sich tagsüber gewissermaßen als Streetworker betätigte. Das war natürlich nichts verdächtiges, aber irgendetwas hatte ihn stets davon abgehalten es zu erwähnen - so auch jetzt - und es lag eigentlich gar nicht daran, dass er Lenalee kannte. "Und leiste meinen bescheidenen Beitrag das Licht des Imperators denen zu bringen, die in der Dunkelheit allein gelassen werden." Sie hatten alles vom Boden aufgehoben, wobei Sébastien sich keineswegs davon hatte stören lassen wie unrecht dies der jungen Frau offenbar war, deren Materialien...nun, es war nichts verbotenes darunter, aber die Cypher, wie die Ordnungsmacht...oder der Staat, oder wie man es nennen mochte, genannt wurde, sah es nicht gerne wenn einfache Bürger, die sie nicht rund um die Uhr im Auge halten konnten, sich mit dem Wissen beschäftigten, dass sie eigentlich gerne vergessen gesehen hätten. "Ich schätze allerdings...", fuhr er fort und ließ den Blick nach Oben zum grauen, düsteren Himmel wandern, "Da habe ich einiges zu tun." DeNoir: Lenalee nahm den Stapel Papier dankend von dem Kirchenmann entgegen. Sie lächelte:" Ich danke euch, Hochwürden." Dann lachte sie:" Ein Aszendierter in Rusty-Rice? Ich habe vor einem knappen halben Jahr einige Klöster abgelaufen um einen Priester für eine Fragestunde in meine Klasse zu bekommen", sie seufzte:" Es blieb bei dem Versuch. Es ist schön zu sehen, dass dieses arme Stückchen Land doch nicht ganz von der Kirche verlassen wurde." Was in Notzeiten wahrscheinlich als erstes schwindet ist der Glauben an das Göttliche. Einerseits nachvollziehbar, wenn man betet und bittet aus einer Lage befreit zu werden, in der man gänzlich ohne sein Zutun steckte. Dementsprechend war Rusty-Rice, oder New-Nippon, nicht grade das frommste Viertel in Yharnam und dementsprechend wurden geistliche dort behandelt. Was wahrscheinlich auch der Grund war, warum die alte Kirche nur noch eine verfallene Ruine war, auch wenn sie nicht so Verlassen war, wie alle dachten. Ein verstohlenes Lächeln stiehlt sich in Lenalees schneereines Gesicht. Dann wandte sie sich wieder zu Sébastien:" Es tut gut zu sehen, dass es jemanden gibt der nicht davor zurückschreckt wie es in dieser Welt und in den Herzen der einfachen Leute wirklich aussieht und sich der Arbeit annimmt die damit in Verbindung steht." A Tale of Rain: Der Mönch zuckte erneut die Schultern, während sie jetzt die Treppe hinaufgingen, bis die nächste Bahn kam dauerte es noch eine gute viertel Stunde - diese Station war nicht gerade im Hochbetrieb. "Weniger bin ich es, dem Lob gebührt, als vielmehr Schelte denen, die ihre heilige Pflicht vernachlässigen", der junge Mann sprach mit ruhiger, fast sanfter Stimme doch ein gewisser, stählerner Ton lag darunter: "Jene, die in Not sind, sind die die unserer Aufmerksamkeit als erstes und unserer Hilfe am dringendsten bedürfen." Sébastien zog eine Schachtel Lho-Stäbchen unter dem Ledermantel hervor, zog lässig eines mit den Lippen heraus und bot Lena dann die Packung an. "Der Arme bedarf der Gewissheit eines Halts in seinem Elend, des Glaubens an einen Sonnentag in seiner Zukunft. Wir, die wir von der Unity als Laternenwächter auserwählt wurden hätten das Licht in die dunklen Straßen tragen müssen, als die Schatten sich über unsere Welt legten." LaCroix zog langsam an der Kippe und blies den Rauch nachdenklich in die Luft. "Leider ist der Funken des Lichts heute selbst innerhalb der Ekklesiarchie schwach geworden, scheint es, und so stehe ich allein in den Gassen von New-Nippon und fuchtele wie ein Idiot mit meiner Taschenlampe und warte auf den Wackelkontakt", der Geistliche grinste morbide, was selbst in den Schatten der Kapuze ein klein wenig auszumachen war. "Und damit geht es mir immer noch besser, als meinen verlorenen Schäfchen", das Lächeln wurde ein wenig traurig. DeNoir: Lenalee hatte den Kopf schief gelegt als sie an der Seite ihrer neuen Bekanntschaft die Treppen hinauf ging. Sie musterte die Schachtel die der Priester ihr hin hält erst skeptisch, winkte aber dann doch eher dankend ab. Hin und wieder, und manchmal vergaß das Lenalee, war ein auf den ersten Blick netter Mensch, einfach ein netter Mensch und kein Wolf im Schafspelz, der es darauf anlegt die meist gesuchtesten Verbrecher in ganz Yharnam zu fangen. Und sie hatte auch nicht auf der Stirn geschrieben, wer sie eigentlich war. Sie hörte den Priester aufmerksam zu, nickte traurig und musste doch kurz ein schmunzeln unterdrücken. Genau das war das Leben in Yharnam: Eine Tragikomödie Sie lächelte den Priester an:" Ich finde die, die nicht fuchteln, das sind Idioten. Aber wenigstens weiß ich jetzt, wenn ich irgendwo einen wedelnden Lichtstrahl sehe, dass es dort nette Menschen gibt", Lenalee schenkte Sébastien ein aufmunterndes Lächeln:" Danke dafür." A Tale of Rain: Der Mönch schwieg und lächelte in den Schatten seiner Kapuze. "Ich denke das Problem sind nicht die Menschen in den Schatten sondern dass die Trottel, die hier die Fäden in der Hand halten, versuchen die selbst geschaffene Finsternis mit Leuchtstoffröhren zu verstecken." Die Bahn fuhr herein und diesmal gab es keine Ablenkung. Bald darauf glitt der beinahe leere Zug durch den Regen, das Sanctum grenzte nicht unmittelbar an Rusty-City, Sébastien hatte eine gute Stunde Fahrt vor sich. "Genug von meinem privaten Kreuzzug, was bringt eine junge Lady dazu sich mit endlosen Geschichten über unsere Vergangenheit zu bewaffnen? Arbeitest du in einer öffentlichen Bibliothek?", LaCroix konnte sich das etwas alberne Spiel nicht verkneifen und tat als riete er ungefähr richtig. Er fragte sich, ob Lena häufiger Mitglieder ihrer geheimen Widerstandszelle traf. DeNoir: Wieder einmal nickte Lenalee zustimmend. Den Worten des geistlichen waren nichts hinzuzufügen. Sie stiegen in die Bahn, diese war leer, wie immer. Leise plätscherte der Regen gegen das Vehikel und Tropfen leisteten sich kleine Rennen an der Scheibe. Lenalees Kopf drehte sich zum Priester als er das Wort zu ihr wand: "Oh, ich? ", sie lachte:" Ich bin Lehrerin. Religion und Geschichte. An der 'Allgemeinbildenden Zentralschule New-Nippon'. Ich habe einige Inhalte für den Unterricht recherchiert und wo ginge das besser als an der Quelle selbst?", sie blickte wieder aus dem Fenster. Noch waren sie in dem schön anzusehenden Kirchenbezirk, doch schon bald wird sich das Bild der Stadt in grelle Neonreklame und verregnete Hauptstraßen, gesäumt von kleinen Häusern im gotischen Style verwandeln, bis sie schließlich zu den klapprigen Hochhäusern von 'Rusty-Rice' kamen von denen einige nur noch rostige Skelette waren. Kleinere und größere Häuser die den Platz zwischen den Hochbauten in Beschlag nehmen, würden mit ihrer schrillen Reklame Krämerladen, Supermärkte, Hurenhäuser und versteckte Drugstores ankündigen, während die Jugendlichen auf der Straße herumrennen, sich flüssige Heiterkeit durch die Venen hetzten, ihren Körper dafür verschachern, oder selber dealten für ein kleines Stück vom Glück. Sie seufzte:" Und es ist schön für ein paar Stunden Luft zu atmen die nicht nach Rost und Eisen riecht." A Tale of Rain: Der junge Mann nickte nachdenklich und blickte aus dem Fenster, sein Gesicht warf nur eine sehr vage Spiegelung, die Kapuze schluckte zu viel des Lichts. "Rost und Eisen...und Tränen", jedem Ort haftete eine...Aura an, Geruch und Atmosphäre zugleich, und Rusty-Rice roch so hart und bitter wie es sich zeigte. "Wonach riecht das Sanctum für dich?", fragte Sébastien nach einigen Momenten nachdenklich. Er selbst empfand die Aura des Ortes als grau, leer und...tot. Kalt und verloren, wie der Glaube der Menschheit. Buntes Neonlicht tauchte die beiden ungleichen Gestalten in seinen unsteten, künstlichen Schein. Die Regentropfen ließen das unnatürliche Licht ein wenig glitzern, verliehen auch ihm die Aura von etwas freundlicherem, mythischerem. "Lehrerin also...", der Mönch lächelte nach Draußen: "Ich denke ich spare mir die Frage, ob du davon gut leben kannst", er seufzte leise: "Also kämpfst auch du auf deine Weise für die verlorenen Seelen von New-Nippon, welch seltsamer Zufall." DeNoir: "Das Sanctum...", Lenalee schaute aus dem Fenster und ihre Augen reflektierten die bunten Lichter wie einen Spiegel, als da sie selbst keine Farbe hatten und versuchten sich der Farbe der Lichter habhaft zu machen. Nach einigen Augenblicken fing sie an:" Die Luft ist sehr frisch. Fast kalt. Es riecht nach ...kalten Gletschern und reinem Bergwasser...", sie stockte kurz:" Zumindest stelle ich mir vor, dass Gletscher und Bergwasser so riechen... Allerdings... wirkt es nicht so als rieche es so, weil sich die Menschen so darum bemühen, sondern... weil der Glauben von einzelnen mit ihren Flügeln schlagen und den Smog dieser Stadt verbannen." Sie wendet ihre Spiegelaugen wieder zu dem Geistlichen und lächelte traurig:" Manchmal... Trifft man glaube ich einfach die richtigen Leute. Ohne besonderem Grund. Eine nette Geste, ein bisschen Nächstenliebe, ein freundliches Gespräch im Zug und schon ist diese triste Welt, so voll von Trauer, Leid und Elend, für ein paar Augenblicke nicht mehr ganz so grau und riecht für die Zeit nicht ganz so schlecht. Aber", ihr lächeln wurde ein wenig größer als sie ihre Augen schloss:" Ich glaube so was muss man erlebt haben um es zuteilen und es hat einen größeren Effekt als Lehren aus irgendwelchen Büchern, egal wer diese Lehren auch lehren mag." Sie lachte:" Ich rede euch hier in Grund und Boden, es tut mir Leid." A Tale of Rain: Der Mönch nahm sich Zeit ihre Antwort zu überdenken und er gab keinen Kommentar dazu ab. Lenas Beschreibung war interessant und klang, als sei es um die Kirche vielleicht doch ein wenig besser bestellt als er manchmal dachte. "Ich schätze wir sollten dankbar sein, dass unsere Arbeit es uns erlaubt derartigen Momenten beizuwohnen." Sébastien stand auf, da sie sich der Haltestelle näherten an welcher er aussteigen wollte. "Und das wir gelegentlich frische Luft atmen können, selbst wenn sie dreckig ist." DeNoir: Lenalee lächelte den Mönch fast unschuldig entgegen:" Ihr habt recht, das sollten wir." Ein Fünkchen bedauern blitzte in den spiegelnden Augen der jungen Frau auf, als Sébastien aufstand. Sie selbst musste noch ein paar Stationen weiterfahren, zum 'Lampion-Boulevard'. Ein weiteres Lächeln warf sie dem Geistlichen zu:" Lebt wohl, Hochwürden. Viel Glück auf ihren Wegen." Nach einigen weiteren Station, stieg Lenalee aus und trat auf eine der Hauptstraßen in Rusty Rice. Eine breite Straße, gesäumt von Hochhäusern. In einen davon befindet sich auch Lenalees kleines Einzimmerapartment und Bruchbuden mit Neonreklame. Das Besondere an dieser Straße waren die endlos vielen Lampion, die zwischen den Häusern gespannt waren. Viele Reihen, zwischen vielen Etagen. Die roten Lampions waren mal aus Papier gewesen, ganz traditionell, doch hatten die Einwohner von Rusty Rice sie beim Einsetzten der unaufhörlichen Regenfälle von Ebenbilder aus Plastik ersetzt. Wie viele kleine Sonnen tauchen sie die eigentlich immer nass- dunkle Straße in ein orange- roten Schimmer. Darunter erstreckte sich die relativ belebte Einkaufsstraße, mit Ständen direkt am Straßenrand und vielen mehr oder weniger dubiosen Geschäften. Die Szenerie hatte eine morbide Schönheit an sich, fand Lenalee, die es sich in Gegensatz zu vielen Mitmenschen angewöhnt hatte, das gute zu suchen, anstatt am offensichtlich schlechten zu zerbrechen. Die weißhaarige Lady tat einen Schritt auf die belebte Straße und wurde schnell Teil der Masse. Nach einigen Minuten scherte sie aus um eine Tür eines angerosteten Hochhauses mit 14 Etagen aufzuschließen. Sie ignorierte ihren Briefkasten und fuhr mit dem Aufzug in die 3 Etage. Der rote Schein der unter den Fenstern hängenden Lampion tauchte die dunkle Wohnung in einen ähnlichen Schein wie auch die Hauptstraße unter ihnen. Sie legte kurz den Mantel über eine Stuhllehne, zog aber nicht die Schuhe aus, da sie nicht lange in ihrer spärlich eingerichteten Wohnung verweilen wollte. Zwei Gläser Wasser und eine Portion Instand-Nudeln mit Curry Flavor später, hatte sie ihre Papiere sortiert und einen nicht unerheblichen Teil davon in einen großen Seesack verstaut. Sie verließ die Wohnung wieder und machte sich zügig auf den Weg, den Boulevard entlang. Bald ließ sie die erleuchtete Straße hinter sich und verschwand in dem Dunkel der leeren Gassen, die den größten Teil von Rusty Rice ausmachte.  Die Laternen hüllten alle paar Meter die Straße in ein kränkliches gelbes Licht, einige flackerten lautstark. Lenalee hatte Augen und Ohren offen, war in Bereitschaft zu reagieren, sollte ihr um die nächste Ecke unangenehme Überraschungen erwarten. Doch heute führte sie ihr Weg nur vorbei an einigen abgestürzten Junkies und einer Handvoll Nutten, die versuchten sie anzuflirten. Sie verschwand in dem Gerippe eines abgeknickten Hochhauses, von dem zum großen Teil nur noch das von Wertstoffsammeln abgenagte Gestänge zu sehen war. Ihr Weg führte sie durch die löchrige Eingangshalle, zu den aufgebrochenen Fahrstuhltüren. Routiniert ließ sie sich an den Stahlseilen des Fahrstuhls nach unten gleiten und sprang mit der Eleganz eines Panthers durch eine weitere aufgebrochene Tür im Keller. Hier unten lag viel Schrott herum. Ein Horrorfilmregisseur hätte sich wahrscheinlich kaum eine bessere Location für einen Horrorstreifen aussuchen können. Ihre Schritte hallten als sie den Gang entlang ging. Sie stellte ihren Seesack ab, ging auf die Zehenspitzen, nahm ein Gitter von einem der alten Luftschacht ab und schwang sich hinein. Obwohl der Schacht sehr eng war, schien die junge Frau mehr als genügend Platz zuhaben und landete am Ende in einer alten kleinen Toilette dessen Türe sich hoffnungslos verkeilt hatte. Es war gerade mal genug Platz für ein kaputtes Klo und ein Waschbecken, über den ein kleines Schränkchen hing. Lenalee öffnete das Schränkchen und tastete hinter einen der Schrankböden. Ein leichter blauer Schimmer flackerte hinter dem Brett, als eine weibliche Roboterstimme ertönte:" Access granted." Die Rückwand des Schränkchens fuhr nach oben und zeigte einen kleinen Safe in dem ein Stapel Kleidung, eine Brust und ein paar Schulterplatten lag. Lenalee tauschte ihren gewöhnlichen Aufzug gegen eine hoch abgestimmte Kurzjacke mit großen Mönchskuttenhalsausschnitt und asymmetrischer Saum. Sie war schwarz, der Saum und der hohe Kragen waren rautenförmig eingesteppt. Dazu ein schwarzes Oberteil, welches an ihrem zarten Leib leichte Falten warf, eine braune Lederhose der ein Hosenbein fehlte, glücklicherweise an dem Bein welches nicht mechanisch war. An der Seite hatte die Hose ein Flechtmuster. Auf die Schienbeine und Unterarme zog sie ein flexibles Gewebe aus einem leichten Metall. Mithril wurde es genannt, härter als Stahl und leicht wie Aluminium, die Farbe schwang zwischen Platin und Silber. Der Brustpanzer war aus einem modernen Kunststoff für den Kampfeinsatz. Kein so feines Material wie Mithril, aber Frau nimmt ja, was sie klauen kann. Sie zieht die zum Panzer passenden Schultern an, versteckt die in mehr als einem Sinne langen Finger unter engem Netz, zog über das Metall an den Armen, schwarz silberne Stulpen und über das an den Beinen stabile schwarz-silberne Stiefel. Ein halbes Unterbrustkorsett aus braunem Rüstleder schnallte sie um ihr dünne Taille. Dies war ein Provisorium, da es bei einem Kampfeinsatz mal das zeitliche gesegnet, Lenalee aber noch keinen Ersatz gefunden hatte. Unter dem Korsett schaute ein weites schwarz-braunes Tuch heraus und wirkte wie ein halber Rock. Sie band sich die langen Haare hoch und zog eine Maske über die Augen, die wie ein Schmeterlingstribal ihr Gesicht verzehrte. Als sie dann noch die Kapuze über den Kopf zog, verbarg diese alles was der nasenhohe Kragen zusehen übrig ließ. Zu guter Letzt zog sie sich noch ihre zwei Pistolen im Halfter um die Oberschenkel und ihre vier Dolche in eine Halterung unter dem Tuch. Sie schloss ihre Kleider in den Safe hinter dem Schrank, kroch wieder durch den Schacht nach draußen und schulterte den Seesack. Sie sprang dank ihrem mechanischem Beins wie eine Grille den Fahrstuhlschacht an den Wänden hoch und erklomm das Skelett des Hochhauses. Sie rannte die dünnen Stahlstangen lautlos entlang und bahnte sich in den Schatten einen Weg über die Dächer der Stadt, bis zu der alten Kirche, die das Ziel der Freiheitskämpferin. Sie sprang durch ein zersplittertes Dachfenster und stand in Mitten der kaputten gotischen Kapelle, die so gruselig wie vertraut wirkte. Zielstrebig ging die Meisterdiebin der Widerstandszelle 'Black Ruin' zu einer heiligen Statue. Wie es sich für Heilige gehören sollte hatte sie die Handflächen nach oben, die Arme ausgebreitet, als wolle sie jedem Lämmlein Schutz anbieten. Lenalee drückte behutsam eine Hand der Statue nach unten und mit einem leisen Ratschen, öffnete sich ein Stück Wand. Ihre kleinen Absätze machten sanfte Geräusche als sie durch den längeren Korridor schritt der von fahlen Leuchtstoffröhren ausgeleuchtet wurde, dann in einem Fahrstuhl nach unten fuhr, bis sie auf eine mechanische Türe Marke Eigenbau traf. Sie beugte sich nach unten und ein kleiner Scanner erfasste ihre Iris. Ein weiteres Mal die Computerstimme:" Access granted." Es klackte leise als sich die Türe entriegelte und Lenalee sie aufstieß:" Guten Abend! Jemand da?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)