Gefrierpunkt von Ur (Adventskalendertürchen Nr. 14 | Dorian x Adaar) ================================================================================ Kapitel 1: Gefrierpunkt ----------------------- Dorian ist sich im Nachhinein nicht mehr sicher, wie genau all das passieren konnte. Alles, was er weiß, ist, dass er plötzlich laute Schreie und ein sehr schrilles Kreischen gehört hat, das definitiv von einem Verzweiflungsdämon kommt. Dorian verabscheut diese ekelhaften Biester. Im nächsten Augenblick erklingt ein dumpfer Aufschlag und Cassandra flucht. Dorian schleudert dem Dämon, gegen den er gerade kämpft, einen letzten Feuerball entgegen, bevor dieser sich in Luft auflöst. »Inquisitor!« »Scheiße! Boss, hey Boss?« Dorian dreht sich um. Inquisitor Adaar, seines Zeichens Berg von einem Qunari mit Oberarmmuskeln, die selbst Bull zart aussehen lassen, liegt zusammen gekrümmt und regungslos auf nassem Gras, seine graue Haut von einem Frostfilm überzogen. »Inquisitor!« Dorian hat keine Ahnung, was genau passiert ist, aber die unmittelbare Nähe von Adaar zu Dorian selbst und die Tatsache, dass ein paar Meter weiter ein sehr zerhackter Verzweiflungsdämon sich gerade in Luft auflöst, führen seine Gedanken an gefährliche Orte. Adaars Bogen liegt direkt neben ihm, ebenfalls voller Eis. »Dorian!«, schnauzt Cassandra ihn an und er blinzelt. Er hat gar nicht so richtig gemerkt, dass er neben Adaar auf die Knie gegangen ist und ihn einfach anstarrt. »Mach ihn wieder heil!«, blafft Bull. Die Tatsache, dass Bull will, dass Dorian seine Magie benutzt, um Adaar zu helfen, reißt Dorian aus seiner Starre. Bull und Cassandra verabscheuen Magie, aber jetzt sind sie hilflos und haben keine Ahnung, was zu tun ist. Der Regen, der auf sie niederprasselt, kann nicht gut für den gefrorenen Zustand ihres Anführers sein und Dorian atmet tief ein und aus, ehe er mit seiner Magie nach dem Nichts um sich her greift und vorsichtig die Hände nach Adaar ausstreckt. Der Regen um sie her scheint leiser zu werden und Dorian sieht aus dem Augenwinkel, wie Bull seine Handfläche nach oben hält, als wollte er testen, ob der Regen vielleicht ganz aufgehört hat. Dorian weiß, dass er gerade schlichtweg eine Blase um sie herum erschaffen hat und er versucht nicht allzu selbstzufrieden auszusehen, als er Cassandras beeindrucktes Murmeln hört. Cole hat Dorian erzählt, dass das Nichts singt. Er fragt sich, ob es das gerade auch tut, als es von Dorian herbei gezogen und vorsichtig an seinen Handinnenflächen gesammelt wird. Dorian ist kein Heiler. Tatsächlich könnte man behaupten, dass er das genaue Gegenteil eines Heilers ist und er würde nicht unbedingt sagen, dass er sich wünscht, dass Solas hier wäre – das wäre definitiv zu viel gesagt, Dorian ist immer froh, wenn er den glänzenden Glatzkopf nicht sehen muss – aber wahrscheinlich hätte Solas irgendwelche schlauen Tricks parat, wie man diese Art von Verletzung am besten heilt, ohne bleibende Schäden zu versuchen. Dorian hofft inständig, dass er keine bleibenden Schäden verursacht. »Er treibt’s mit der Romantik definitiv zu weit«, murrt Bull. Dorian versucht nicht auf ihn zu achten. »Seit wann kennst du dich mit Romantik aus, Bull?« »Hey! Nur weil ich Varrics komische Bücher nicht gelesen habe, heißt das nicht–« »Ich versuche mich zu konzentrieren!«, presst Dorian zwischen den Zähnen hervor und beide verstummen sofort. Dorian ist kein dummer Mann – entgegen vieler böser Zungen, die gerne das Gegenteil behaupten, weil er schimmernde Dinge mag und gut so tun kann, als würde er Beleidigungen gar nicht hören. Er ist unaufmerksam gewesen und Adaar hat sich zwischen Dorian und den Eisstrahl des Dämons geworfen. Dorian ist sich nicht sicher, ob er genauer untersuchen möchte, weshalb Adaar so etwas tun würde, aber er erinnert sich viel zu eindeutig an das offene, ehrliche Gesicht und die Worte »Ich finde, dass du sehr mutig bist«, an sehr viele aufrichtige Komplimente, die überhaupt nichts mit Dorians Körper oder seinem hübschen Gesicht zusammenhängen und an dieses Lächeln. Adaar lächelt sehr viel, aber es gibt dieses gewisse Lächeln, das er für Dorian reserviert hat. Dorian ist sich recht sicher, dass er ein vergleichbares Lächeln in Tevinter kaum jemals gesehen hat, aber das kann seiner Einbildung entspringen. Er wünschte, Cassandra und Bull würden irgendwo anders hingehen und nicht so gespannt und besorgt auf das Gesicht ihres Anführers starren, der jetzt zumindest nicht mehr von einer dicken Eisschicht bedeckt ist, sich allerdings auch sonst nicht rührt. Dorian würde ihn gerne anschreien. Was nützt es der Welt, wenn Dorian immer noch darin ist, aber Adaar nicht mehr? Als hätte das Universum seine Gedanken gelesen, hört er hinter Bull und Cassandra ein weiteres lautes Kreischen und ihm ist klar, dass der Riss, den Adaar aufgrund seiner Ohnmacht nicht schließen konnte, eine neue Welle Dämonen ausgespuckt haben muss. Na toll. »Wir halten dir den Rücken frei«, sagt Bull. Sein Gesichtsausdruck ist mörderisch. Dorian weiß, dass Adaar Bull sehr dabei geholfen hat, sich mit seinem neuen Vashoth-Status abzufinden. Er starrt auf Adaars graue Haut, die langsam aber sicher auftaut und er spürt die Schweißperlen auf seiner eigenen Stirn. Es ist keine leichte Angelegenheit, das Nichts so gezielt und so gedämpft zu kontrollieren, ohne irgendwelche Explosionen zu verursachen. Feuerbälle zu schleudern ist eine leichte Sache. Jedes Kind kann irgendetwas in Brand stecken. Aber Wärme zu erschaffen, ihre Temperatur zu regulieren, sie an einer Stelle zu halten und sicherzustellen, dass sie gleichmäßig auf ein Subjekt seiner Wahl einwirkt… Dorian glaubt nicht, dass er jemals so etwas getan hat. Er lauscht den Hammerschlägen und Schwerthieben und den Kampfschreien und den Geräuschen und schaut kein einziges Mal auf, um sich zu vergewissern, dass Cassandra und Bull ihren Job erledigen. Als Adaar sich rührt, würde Dorian ihm am liebsten eine Ohrfeige verpassen, aber er hält die Wärme aufrecht und presst die Zähne so heftig aufeinander, dass er wahrscheinlich jeden Augenblick schädelsplittende Kopfschmerzen bekommt. Fast schwarze Augen öffnen sich flatternd und finden Dorians Gesicht. »Oh, gut. Du bist in Ordnung«, nuschelt er. Adaar hört sich an, als wäre er betrunken und Dorian würde sich selbst gerne in den Allerwertesten treten, weil sein Herz einen dämlichen Tanz aufführt – weil Adaar wach ist und weil er diese Dinge sagt und weil er Dorian ansieht, als wäre er etwas ganz Besonderes, Kostbares und zwar nicht nur wegen seines perfekt geformten Hinterns und seinem hübschen Gesicht. »Elender Mistkerl«, zischt Dorian angestrengt und Adaar lacht leise, verzieht aber sofort schmerzerfüllt das Gesicht. Dann dreht er den Kopf und Dorian fragt sich verwirrt, was er tut, als er den immer noch steifen Arm hebt und mit schmerzerfüllter Miene die Hand ausstreckt. Erst, als das vertraute Summen die Luft erfüllt, wird Dorian klar, dass Adaar gerade den Riss schließt. Dorian kann es nicht fassen, dass er sich nicht nur in einen Qunari verliebt hat – was wirklich schlimm genug wäre – sondern auch noch in den Retter der Welt. In einen Helden. Ugh. Als Adaar den Kopf wieder zu Dorian herumdreht, mustert Dorian die breite, flache Nase, die fast schwarzen aber sehr warmen Augen. Die Hörner, von denen eines bereits abgebrochen ist – eine Geschichte, die Dorian noch nicht kennt, aber gerne hören würde. Und er beschließt, dass er aufhören muss, diese Dinge mit der Stimme seines Vaters zu beurteilen, lässt die Magie in seinen Handflächen fahren und packt Adaars Gesicht mit beiden Händen, ehe er ihn schlichtweg auf den Mund küsst. Elender Hornochse, der sich vor seine Gefährten schmeißt, um sie mit seinen tonnenschweren Muskeln zu beschützen, der Tiere rettet und Kindern zuzwinkert, obwohl sie Angst vor ihm haben und der Dorian kein Stück misstraut hat, obwohl er aus Tevinter kommt. Adaar gibt ein erstauntes Geräusch von sich, als Dorians Lippen sich auf seine legen und im selben Augenblick der Regen wieder auf sie herunter prasselt. Dorian hört Bull lachen und Cassandra schnauben und erst, als Adaars kalte Hand sich vorsichtig auf Dorians Hinterkopf legt, entspannt er sich – denn auch, wenn Dorian sich selbst für einen unwiderstehlichen Mann hält, hatte er vielleicht ein kleines bisschen Angst, dass er all das falsch interpretiert hat. Adaars Lippen sind trocken, ein bisschen rau und ziemlich kalt, aber Dorian stört sich nicht daran. Als er den Kuss löst, hat er das dumpfe Gefühl, er könnte rot im Gesicht sein. »Wenn du damit noch ein bisschen weiter machst, ist mir bestimmt gleich kein bisschen kalt mehr«, nuschelt Adaar und er sieht so verschwommen und glasig aus, als hätte er ein ganzes Fass Wein getrunken. Dorian ist sehr stolz auf sich. Er verleiht seinem Gesicht einen möglichst gelassenen Ausdruck und räuspert sich. »Ich denke, das lässt sich machen.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)