Winterliche Nervensägen von magicblue ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Erestor war überlastet. In wenigen Tagen war das Fest zum Jahreswechsel und er hatte bis dahin noch so unglaublich viel zu tun. Da war zum Einen der Abschlussbericht über das Jahr, in dem alles von der Landwirtschaft bis hin zum Heereswesen aufgeführt wurde und von ihm, dem obersten Berater, verfasst werden musste. Dann noch die liegengebliebene Arbeit eines seiner Untergebenen, der sich gerade diese Zeit ausgesucht zu haben schien um schwer auf einem vereisten Weg zu stürzen. Ein paar Geschenke für Freunde zum Fest und die Inventur der Bibliothek. Kurzum Erestor hatte viel zu tun. Und war sehr in Eile. Kapitel 2: ----------- In seinen Arbeitsräumen saß an einem Schreibtisch, der unter den ganzen Papieren und Büchern zusammenbrechen drohte, Erestor. Ein paar Strähnen waren ihm aus den geflochtene Zöpfe gerutscht, die seine Haare aus dem Gesicht halten sollten. In der einen Hand einen Federkiel, der eifrig über das Pergament huschte. Die andere in einer Schublade umhertastend. Es klopfte und Erestor, ganz versunken in seine Arbeit, schreckte hoch, das Tintenfass, dass er mit der Hand streifte, kippte um und die Tinte floss auf den fast fertigen Teil des Berichts. Fluchend versuchte er die Flüssigkeit aufzufangen und knurrte nebenbei ein "Herein". Als Glorfindel eintrat wurde seine Verärgerungnoch größer. Zu seinem Wohlergehen sollte er seinen Jahresbericht über die Heerführung fertig dabei haben, den er ihm schon seit zwei Wochen schuldete. "Kommt Ihr wegen des überfälligen Berichts?" Er blickte in ein erstauntes Gesicht. "Eigentlich wollte ich Euch fragen, ob Ihr heute Abend auch in die Kaminhalle kommt um das bis jetzt doch recht gelungene Jahr zu feiern?" Erestor konnte nicht anders. Er explodierte förmlich. "Ihr habt nichts besseres zu tun als mit Elben zu feiern, während Ihr es immer noch nicht fertig gebracht habt den Bericht zu schreiben!?" Erestor fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. "Erestor, Ihr habt da ein wenig Tinte im Gesicht." Glorfindel schmunzelte. Dem schwarzhaarige Elben reichte es. Endgültig. Erst vernichtete er mit einem Klopfen einen ganzen Vormittag an Arbeit und jetzt hatte dieser Nichtsnutz nicht einmal seine Pflicht erfüllt. Immer! Noch! Nicht! Seine Finger suchte etwas zum Werfen und legten sich um das Tintenfass. "Raus, aber sofort! Raus!", brüllte er so laut, dass wahrscheinlich ganz Bruchtal es hören konnte. Glorfindel stand noch immer grinsend da. Dann bewegte er sich doch schnell zur Türe als er sah wie sich Erestors Arm hob. Das Tintenfass krachte an die Türe, die sich hastig schloss. Kapitel 3: ----------- Mit einem Satz war Glorfindel an der Türe und konnte sie gerade noch rechtzeitig schließen, als auch schon das Tintenfass dagegen rummste. Für das Wohl der anderen Elben sollten sich in der Nähe von Erestor tunlichst keine Gegenstände, die sich zum Werfen eigneten, befinden. Aber das hieß dann wohl "Nein". Erestor würde wie meistens bis tief in die Nacht in seiner Schreibstube weilen. Erestor würde sich überarbeiten. Und das nur weil er unter keinen Umständen zugab, dass er Hilfe brauchte. Dann fiel Glorfindel der Bericht wieder ein. Wie er so eine Arbeit hasste. Aber gerade da kam ihm eine Idee. Kapitel 4: ----------- Hinter einen großen Stapel Bücher verborgen eilte Erestor die Gänge von Elronds Haus entlang. Er war gerade auf dem Weg zur Bibliothek um sie dort abzuliefern und wieder in die Regale einzuordnen. Nun jedenfalls hatte er es in diesem Moment vorgehabt. "Erestor! Bleibt kurz stehen! Erestor!" Eine Stimme kam aus einem der Flure hinter ihm und erschreckte Erestor. Er zuckte kurz zusammen und diese kleine Bewegung reichte um den Bücherstapel ins Schwanken und aus dem Gleichgewicht zu bringen. So landeten die unzähligen Bücher lautstark auf dem Boden. Erestor wiederum drehte sich um, um zu sehen wer an dem Krach schuld war. Um die Ecke kam, wie sollte es auch anders sein, Glorfindel. Erestor trug nun ein sehr verdrießliches Gesicht zur Schau. Er blickte den anderen Elben nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an. "Ich fürchte, ich muss Euch vertrösten, ich bin nicht hier wegen des Berichts." Erestors Miene wurde noch düsterer. Wenn er ihn nicht in zwei Tagen zur Verfügung hatte, müsste er dem Verantwortlichen, und das war Glorfindel, erheblich auf die Füße treten. Glorfindel zögerte kaum merklich. "Ein paar meiner Soldaten wollen ihre Arbeitszeiten geändert haben, um ein bisschen mehr Zeit mit ihren Familien zu haben. Allerdings liegt der fertige Einsatzplan ja nun schon bei Euch. Könntet Ihr ihn vielleicht ändern?" Erestor gab kurz ein Brummeln wie "was ist jetzt in Ihn gefahren" von sich. Dann erwiederte er lauter. "Ich entsinne mich, dass es nicht zu meinem Aufgaben gehört die Arbeitszeit der Soldaten zu aller Wohlgefallen zu gestalten. Das müsstet Ihr doch wohl selbst können?" Glorfindel musste Ihm recht geben. Normalerweise kümmerte er sich darum. Erestor wandte sich zum Gehen und war schon dabei die Bücher wieder aufzulesen. "Entschuldigt mich, ich muss neue Einsatzpläne ausarbeiten." Er war schon fast weg als ihm Erestor noch "Der Bericht!" nachschrie und davoneilte. Kapitel 5: ----------- Erestor arbeitete sich im Moment durch die Bestandslisten, die ihm von den verantwortlichen Elben erstellt worden waren über die gelagerten Lebensmittel, Gebrachsgegenstände, die Medizinvorräte in den Häusern der Heilung und auch den Vorrat von Metallen für die Schmieden. Während er das alles ordnete und in seinen Jahresbericht aufnahm, konnten seine Gedanken ein Eigenleben entwickeln. Was war nur in letzter Zeit mit Glorfindel los? Er wusste doch, dass gerade für ihn die Zeit vor dem Jahreswechsel hektisch war. Die Störungen waren für seinen Bekannten untypisch. Allein der bis kurz vor Jahresende ausstehende Bericht war schon zu einer Art von Tradition geworden. Kapitel 6: ----------- Erestor machte sich gerade fertig um seine Schreibstube zu verlassen und Elrond zumindest schon einmal einen Teil des Jahresberichts zu übergeben. Er strich seine Robe glatt und nahm den kleinen Papierstapel in die Hand. Erestor wunderte sich schon, dass ihn Glorfindel heute noch gar nicht gestört hatte mit seinen relativ profanen Bitten. Er legte gerade seine Hand auf die Türklinke als sie mit Schwung nach innen geöffnet wurde und ihm ins Gesicht schlug. "Aua!" Erestor fuhr sich mit den Händen über seine Nase um sich zu vergewissern, dass sie noch ganz war. "Erestor! Ich habe eine Bitte!" Glorfindel hielt kurz inne als er bemerkte, dass die Türe nicht weiter nach innen aufging. "Erestor?" Zum Glück für Glorfindel war Erestors Nase nicht gebrochen und blutete auch nicht. Dennoch brodelte die Wut in dem schwarzhaarigen Elben hoch und wurde bei einem Blick auf die zerkknitterten Papiere auf dem Boden beinahe zu einem Vulkan. Wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich, ging es nicht um den Bericht, sondern wie bei den letzten Malen um mehr Schwerter, Schilde oder mehr Gehalt für die Soldaten. Alles Sachen, die frühestens im neuen Jahr überdacht werden konnten. Was auch Erestors zähneknirschender Antwort entsprochen hatte. Glorfindel hatte sich währenddessen durch den Türspalt geschoben und stand nun neben Erestor im Zimmer. "Bei Eru!! Glorfindel! Was ist es diesmal?!!" Erestor war näher auf Glorfindel zugetreten und machte schreiend seinem Ärger Platz. Er sah furchterregend zornig aus. "Nun, einer meiner Soldatenanwärter ist sehr ungeschickt mit dem Schwert und eignet sich meiner Meinung eher als Schreiberlehrling oder für einen anderen Beruf." Das stimmte zwar auch, aber eigentlich hatte Glorfindel Erestor etwas ganz anderes sagen wollen. "Nicht vor neuem Jahr!!!" Erestor explodierte förmlich. "Könnt Ihr Eure lächerlichen Probleme nicht selbst lösen, Glorfindel?! Ich habe schon genug Arbeit am Ende das Jahres, eigentlich müsstet Ihr das doch wissen?!" Kapitel 7: ----------- Glorfindel zuckte unwillkürlich zusammen als sich der Unmut und Zorn Erestors über ihn ergoss. Eigentlich hatte er ja recht, auch wenn Glorfindel das nur ungern zugab. Diese ganzen Vorwände von Soldaten, Schwertern und was ihm sonst noch in den Sinn gekommen war, waren eben das, Vorwände. Sie kamen nur zum Einsatz, weil er es nicht über sich brachte den wirklichen Grund für sein Stören zu nennen. Glorfindel konnte den Zorn Erestors ob der haarsträubenden Probleme nachvollziehen und fand ihn berechtigt. Er musste es am nächsten Tag endlich über die Lippen bringen. Der Balrogtöter war nicht zu feige für einen Vorschlag. Kapitel 8: ----------- Als es an jenem Tag an der Tür klopfte, hatte Erestor nahezu alles erledigt, bis auf ein paar Geschenke, die er noch besorgen musste und natürlich den Abschnitt des Jahresberichts für den er Glorfindels Bericht benötigte und die finale Zusammenfassung und Auswertung. Diesmal erschreckte er sich nicht und auch das Tintenfass blieb fest auf dem Tisch stehen. "Herein!" Als die Türe aufging und Glorfindel zum Vorschein kam, konnte sich Erestor ein kleines Aufstöhnen nicht verkneifen. Glorfindel. Schon wieder. Und wahrscheinlich war er wieder nicht wegen des fertigen Berichts hier. "Welches triviale Problem führt Euch dieses Mal in meine Schreibstube? So kurz vor dem Winterfest." Glorfindel atmete tief durch und schluckte seine Zweifel hinunter. Er hatte einen Balrog besiegt und es geschafft wieder nach Mittelerde geschickt zu werden. Wenn er das nicht auch schaffen konnte, wie konnten andere Elben das dann meistern? "Ich habe eher einen Vorschlag für Euch." Erestor hob erstaunt eine Augenbraue und hielt inne mit seiner Arbeit. "Und das wäre?" "Wie Ihr sehr wohl wisst, bin ich Euch noch diesen Bericht schuldig. " Glorfindel machte eine Pause, er musste sich seine nächsten Sätze noch zurechtlegen. "Habt Ihr ihn denn nun endlich fertig?" Erestors Augen leuchteten voller Erwartung und Hoffnung seine Arbeit noch rechtzeitig fertig zu stellen. "Ich fürchte zu Eurer Enttäuschung, nein." Erestor zeigte eine Mischung aus Enttäuschung und Angesäuertheit. "Aber ich möchte Euch einladen mich heute Abend in meinem Gemächern bei der Arbeit und Fertigstellung des Berichts zu beaufsichtigen. Und ob er Eurer Vorstellung genügt." Erestor zeigte sein Erstaunen offen. Aber wenn ihm das half an einen fertigen und ordentlichen Bericht von Glorfindel zu gelangen. Warum nicht? Glorfindel hielt währenddessen unwissentlich die Luft an und atmete erst bei Erestors gemurmelten "Einverstanden" aus. Mit Erleichterung fuhr er an Erestor gewandt fort. "Kommt nach Eurem Abendessen zu meinen Gemächern." Kapitel 9: ----------- Kurz nachdem Erestor sein Abendessen in seinen Gemächern eingenommen hatte, stand er vor der Türe zu Glorfindels Gemächern. Eigentlich hätte er gerne noch ein Stück seiner Arbeit erledigt, bevor ein neuer Tag anbrach. Aus irgendeinem unbestimmten Grund konnte sich Erestor des Eindrucks nicht erwehren, dass Glorfindel mit diesem Vorschlag auch noch andere Ziele verfolgte als den Bericht fertigzustellen. Erestor wusste immerhin, dass ihm ein solcher Papierkram zuwider war. Schließlich beschloss Erestor nicht mehr lange vor der Türe zu stehen und klopfte etwas zögerlich an die Türe. Man konnte nie wissen, was einen bei Glorfindel erwartete. Die Türe öffnete sich schwungvoll. Kapitel 10: ------------ Während Glorfindel an seinem Bericht weiterschrieb und ihn Erestor mit Argusaugen dabei beobachtete, hielt er ein Weinglas in der Hand. Glorfindel hatte es ihm in die Hand gedrückt und ihn dann einen Rotwein eingeschenkt, bevor er sich an seinen Bericht gesetzt hatte. Mittlerweile war Erestor schon bei seinem fünften Glas. Langsam spürte auch er die Wirkung des Weines. Es müsste ein sehr edler Dorwinion von Thranduil sein. Seine Blick glitten immer wieder über Glorfindel Gestalt. Die Haltung seiner Hand beim Schreiben. Die goldenen Strähnen gelockten Haares, die im Schein der Kerzen und des Kamins glänzten. Erestor schüttelte kaum merklich den Kopf. Der Wein stieg ihm wohl ziemlich zu Kopf. Glorfindel schrieb und schrieb weiter. Als kurze Zeit später, und bei Erestors siebten Glas, Glorfindel Aufschwungs und die Feder beiseite legte, dieses Mal nicht um Erestors Weinglas von neuem zu füllen, erhob sich Erestor von seinem Sessel. Glorfindel beobachte amüsiert als der andere Elb etwas schwankte. Er nahm den einzigen Stapel Papier von seinem Schreibtisch und setzte sich damit auf das Sofa vor seinem Kamin. Erestor bedachte ihn nur mit einer hochgezogenen Augenbraue. "Wenn Ihr den Bericht lesen wollt", Glorfindel schwenkte die Blätter in der Luft, "müsst Ihr Euch wohl hierher begeben." Währenddessen organisierte sich Glorfindel ein Glas Wein. Er sah Erestor interessiert zu als er den Bericht las, ihm dabei seine schwarzen Haare von den Schultern und auch Strähnen in sein Gesicht vielen. Er beobachtete wie Erestors Augen glänzten als sie über den Bericht glitten. Ab und zu nickte er und manchmal runzelte er die Stirn. "Ich schätze, der Bericht genügt. Er ist ganz passabel geworden." Erestor zog einen Mundwinkel nach oben. "Trotzdem solltet Ihr an der Pünktlichkeit noch arbeiten." Er legte ihn beiseite und sah Glorfindel lange an. Was sollte er nun betrunken mit dem angefangenen Abend machen? Kapitel 11: ------------ Kurz danach war Erestor auf Glorfindels Schoß eingeschlafen. Eine Folge von zu viel Wein und Schlafmangel in den letzten Wochen. Und so sank er nicht lange nachdem er den Bericht fertig gelesen hatte, langsam zur Seite und schlief ein. "Zwar wollte ich, dass Ihr schlaft, allerdings hatte ich nicht unbedingt das im Sinn." Murmelte ein lächelnder Glorfindel leise vor sich hin. Er konnte sich nicht davon abhalten ein paar Strähnen aus Erestors Gesicht zu streichen. Er hatte so ein schönes Gesicht. Langsam beugte Glorfindel sich vor und hielt noch einmal kurz inne, bevor er sanft die Lippen auf Erestors legte. Kapitel 12: ------------ Erestor wachte aus seinem leichten Schlaf auf, als sich seine Lippen mit denen von Glorfindel trafen. Er schlug erschrocken seine Augen auf und blickte in Glorfindels Gesicht mit den geschlossenen Augen. Er bekam leichte Panik. Was sollte das werden?! Das durfte nicht passieren! So eine Verbindung würde in Mittelerde nie gebilligt werden. Als nun Glorfindel seine Lippen wieder langsam löst und auch die Augen wieder öffnete, sah er als erstes den geschockten Blick Erestors und spürte dann wie sein Körper weggedrückt wurde. Einen Augenblick später stand Erestor vor ihm. Sein Gesicht spiegelte immer noch Schock und Unglauben wider, aber es mischte sich auch rasch Ärger darunter. "Was fällt Euch ein, mich zu küssen, wenn ich schlafe?! Habt Ihr nicht einmal darüber nachgedacht, dass so ein Kuss zwischen zwei Männern verpönt, ja, verboten ist?!" Glorfindels Miene versteinerte zusehends und hinterließ ein Gesicht, das Enttäuschung und Schmerz zeigte. "Was ist in letzter Zeit bloß in Euch gefahren, Glorfindel?!" Glorfindel befand sich noch immer in Schockstarre. Was war bloß in ihn gefahren? Wie hatte er soetwas tun können? Er beobachtete Erestor kurz. Seine Wangen, die rot glühten. Sehr wahrscheinlich wegen seinem immensen Ärger auf Glorfindel. Und trotzdem fand Glorfindel Erestor noch wunderschön. Seine Augen, die ihm nun entgegen blitzten. Seine Hände, die wild gestikulierend durch die Luft flogen. Wieso hatte er ihn geküsst? Vielleicht konnte es sein... Leise flüsternd kam die schwache Gewissheit Glorfindel über die Lippen. "Weil ich dich liebe." Vor Überraschung und Erstaunen wurden Erestors Augen groß. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, außer wie unendlich verletzlich Glorfindel in diesem Moment aussah. Erestor konnte sich nicht zurückhalten Glorfindel in seine Arme zu schließen. Aber er war nicht bereit dazu sich seine Gefühle einzugestehen. Konnte er doch die Hürden und Schwierigkeiten sehen, die daraus resultieren würden. Das durfte nicht sein. Niemals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)