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Blood and Whine

Ist doch alles Käse!
von

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Rhenawedd

Wir konnten vermutlich von Glück sagen, dass es so regnete und man die Hand vor Augen kaum sah. Mir würde das zwar ziemlich sicher eine herbe Erkältung einbringen, denn schon jetzt fror ich erbärmlich in meinem Kleid und hätte jederzeit den Regen gegen karibische Sonne eingetauscht, aber zumindest konnte man uns so von den Burgmauern aus auch nicht sehen. Sonst hätten uns die Bogenschützen bestimmt unter Beschuss genommen. Hören konnten wir die nämlich allemal, jedoch gedämpft, als wären sie weit weg. Vermutlich hockten die irgendwo zusammen, soffen sich einen und spielten Karten. Damit man uns nicht sofort bemerkte, waren wir vom Weg abgewichen und über ein Feld gestapft, immerhin hatten wir nicht gerade vor, freundlich anzuklopfen und mal Hallo zu sagen. Ganz besonders Dettlaff nicht.

Immer wieder ließ ich den Blick schweifen, doch der Regenschauer verschleierte alles um mich herum, sodass ich im Grunde nichts weiter sah, als graue Schemen. War einer davon Theodor? Wenn ja, was wollte er hier? Wenn dieser Kerl sich mit mir unterhalten wollte, sollte er sich gefälligst einfach zeigen und endlich Klartext reden. Er wusste irgendetwas, soviel war klar. Wie sonst sollte ich das Buch deuten, das er mir da gelassen hatte? Sollte mir das helfen oder mich nur verunsichern? Im Moment tat es vor allem letzteres. Keine Ahnung, was ein Vampir - zumal die ja nichtmal Magie benutzen konnten - mit meiner Anwesenheit hier zu tun hatte, aber dass mich einer stalkte, half nicht gerade dabei, mich wohl zu fühlen. Als hätte dafür nicht schon die vor mir liegende Situation genügt. Auf die sollte ich mich jetzt wohl besser konzentrieren. Wenn Theodor mir etwas zu sagen hatte, sollte er das Maul aufmachen, befand ich im Stillen, mich über den Vampir ärgernd.

Im Grund war es dennoch erst Dettlaffs Hand in meinem Rücken, die mich wirklich dazu anhielt, Theodor Theodor sein zu lassen. "Weiß der Hexer, dass dich jemand verfolgt?", erkundigte sich Dettlaff wie beiläufig, doch ihm war ein Hauch Sorge anzuhören. "Glaub' nicht. Ich hab's ihm zumindest nicht erzählt", gab ich zu. Dass das ziemlich dumm klang, war sogar mir klar, doch wenn Theodor wirklich wusste, woher ich kam und womöglich auch, wie ich zurück käme, dann wäre es nicht gerade vorteilhaft, ihn zu vertreiben oder mir zum Feind zu machen. "Geralt ist... in manchen Dingen etwas vorurteilsbehaftet", erklärte ich nur ausweichend und konnte zu meinem Glück nicht sehen, wie Dettlaff die Stirn runzelte, als wolle er mich wissen lassen, dieses Mal die Meinung des Hexers zu teilen. "Gehen wir weiter, Rhena wartet", lenkte ich Dettlaffs Aufmerksamkeit weg von meinem persönlichen Stalker. Rhena war wirklich ein Zauberwort, dessen Wirkung auf den höheren Vampir ich in den letzten Tagen oft genug hatte beobachten können. Wann immer er unschlüssig war, zögerte oder zu verzweifeln schien, half es besser als jegliche Logik und jede Erklärung, die ich sowieso hätte herbei lügen müssen. Seine ganze Welt drehte sich um sie. Da war die Schadenfreude, die ich bei meiner Reise nach Toussaint noch bei der Vorstellung, Syannas Intrigen aufzudecken, empfunden hatte, schnell geschwunden. Ihr könnte das alles nicht halb so Leid tun, wie es sollte. Im Spiel hatte sie ja auch keine Reue gezeigt und nicht einmal versucht, sich bei Dettlaff zu entschuldigen. Klar, sie hatte sich erklären wollen, doch das war auch echt das Mindeste, jedoch nicht das Problem. Ob sie das nicht hatte begreifen können oder wollen, konnte ich bis jetzt nicht sagen.
 

Je näher wir Burg Tynne kamen, desto mehr ließ der Regen nach. Dafür zog Nebel auf. Ideal, um sich rein zu schleichen. Gezielt zog ich Dettlaff mit mir, noch ehe wir die Burgmauern erreichten. Überwinden könnte ich die ja sowieso nicht ohne Hilfe, aber ich hatte noch eine grobe Idee, wo Geralt rein geklettert war. Vielleicht könnten Dettlaff und ich uns diese Lücke auch zunutze machen. Dass ich dem mein Tun nicht erklärte, sondern ihn aus seiner Sicht wahllos einfach in eine Richtung zog, fiel mir erst auf, als er es ansprach. "Was hast du vor, Daelis?" Ungeduld schwang in Dettlaffs Stimme mit. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er am liebsten direkt los geprescht wäre, um die Burg auf den Kopf zu stellen und seine Rhena zu finden. Allein mein Hiersein hielt ihn davon ab, denn folgen könnte ich einem Vampir auf keinen Fall, sobald der erst einmal loslegte. "Ich denke, wir sollten besser nach einer Art Hintereingang suchen. Einem Schlupfloch. Ich kann ja schlecht über die Mauer springen", versuchte ich zu erklären. Sam fiepte zustimmend, ehe er im nassen Gras neben mir landete, um dann dort wie ein Hund "bei Fuß" an meiner Seite zu bleiben. Dean hingegen zog über unseren Köpfen immer weitere Kreise. Hoffentlich entdeckten ihn die Armbrustschützen nicht, die hinter den Mauern lauerten. Sonst wären nicht nur alle Burgbewohner in Alarmbereitschaft, sondern mein Baby obendrein in höchster Gefahr.

"Ich bezweifle, dass wir eine Leiter finden werden", klang Dettlaff schon fast amüsiert, während wir durch nunmehr kniehohes Gras wanderten. Insgeheim musste ich ihm Recht geben. Selbst wenn ich diesen Schuppen fand, über den Geralt gestiegen war - ich könnte das nicht. Selbst wenn man meine Ungeschicklichkeit in Sachen Klettern beiseite ließ, wäre ich vermutlich nicht einmal groß genug, um überhaupt an den Rand des Dachs fasse nzu können, geschweige denn, dass ich in der Lage wäre, mich dort hoch zu ziehen. Allerdings kam es auf keinen Fall in Frage, dass ich einfach hier wartete. Verdammt! Im Nebel hätte ich den Verschlag in den Büschen beinahe übersehen. "Ich denke", begann Dettlaff neben mir, während ich ein paar nasse Zweige beiseite schob, um den zugegeben nicht besonders stabil wirkenden Schuppen zu inspizieren, "dass du besser zurück gehen solltest. Hier bist du unnötig in Gefahr. Rhena wü-" "Rhena würde auch nicht kuschen", unterbrach ich ihn brummelnd und sprang in die Höhe. Fast kam ich die Dachkante. Soviel also dazu. Vielleicht gab es ja in dem Schuppen etwas, das mir beim Klettern half. Hinter mir konnte ich Dettlaff seufzen hören. "Es ist gefährlich." Das gleiche könnte man auch über ihn sagen, doch die Bemerkung verkniff ich mir. "Was ist das nicht? Du redest mit jemandem, der Glumaare beschützt und Greifen großzieht", scherzte ich stattdessen halbherzig, während ich an der Tür rüttelte. Ob sie nun verschlossen war oder klemmte, ich bekam sie nicht auf. "Ach scheiße!", entfuhr es mir verärgert. Ich verpasste der Tür einen Tritt, jedoch tat das eindeutig mir mehr weh als der Tür, die nur ein wenig ruckte.
 

Gerade wollte ich schon den nächsten, dieses mal eher schmerzerfüllten als wütenden Fluch loslassen, als mich etwas um die Hüften griff. Ehe ich mich versah, hatte Dettlaff mich mit der selben Leichtigkeit wie schon einmal hochgehoben. "Ich bringe uns über die Mauer. Halt dich fest." Das brauchte er mir wirklich nicht zweimal sagen. Meine Finger krallten sich wie von selbst in das Leder seines Mantels, da spürte ich auch schon einen kalten Luftzug und alles drehte sich. Hatte ich schon erwähnt, dass ich so etwas hasste wie die Pest? Karussells waren nie ein Thema gewesen, aber sobald es in die Höhe ging, war ich raus. Und ja: fünf Meter waren hoch! Aus reinem Reflex hatte ich die Augen zugekniffen, um wenigstens nicht sehen zu müssen, wie hoch diese verdammte Mauer wirklich war. Meiner Einschätzung nach mindestens 15 Meter, allerdings lag ich bei solchen Schätzungen gerne kräftig daneben.

Wie mich Dettlaff absetzte, etwas sagte und schließlich meine verkrampften Hände von seinem Mantel löste, bekam ich nur halb mit. Mein Herz raste und zugleich fühlte ich mich wie erstarrt. Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich lieber ein Loch unter der Mauer gebuddelt, als darüber zu springen. Auf einer Leiter hätte ich wenigstens die Illusion gehabt, etwas festen Boden unter den Füßen zu haben. Erst, als mich Dettlaff eilig mit sich in den Schatten eines Unterstandes zog, in dem zwei Pferde standen, beruhigte sich mein Puls wieder. Die beiden Tiere sahen sofort zu uns und wurden merklich unruhig. Verdammt, stimmt. Da war ja was. In einem der Bücher erwähnte Regis, dass Pferde sehr scheu auf Vampire reagieren. Sie spürten instinktiv, dass diese keine Menschen waren, wenn sie auch so aussahen. "Eine Patroullie", raunte der Vampir leise, dann hörte ich auch schon Stimmen und Schritte. "Dass der Alte sich so anpisst. Es sind doch nur ein paar Äpfel. Man könnte glatt meinen, hier herrsche eine Hungersnot", ließ eine dunkle Stimme missgelaunt vernehmen und erntete ein Lachen aus rauer Kehle. "Kennst ihn doch. Macht immer so einen Heckmeck. Wette, er ist nur so mies drauf, weil seine Frau ihn nicht mehr ranlässt, seit sie ihn mit der Nachbarin in den Feldern erwischt hat." Ich konnte hören, wie die beiden Männer lachten, offenbar nicht ahnend, dass sie belauscht wurden. Also hatte es noch keinen Alarm gegeben. Nervös war ich dennoch und ohne es überhaupt selbst zu bemerken, hielt ich sogar den Atem an.
 

"Du solltest hier warten." Hier warten? Fassungslos starrte ich Dettlaff an. Er konnte es ja nicht wissen, aber wenn ich hier wartete und Anna Henriettas Leute oder Geralt hier aufkreuzten, wäre ich so gut wie tot, wenn ich hier blieb. Von verirrten Pfeilen mal abgesehen, war die Chance zu hoch, dass mich jemand entdeckte und mich eine oder beide Seiten für einen Feind hielten. Nein, ich wollte ganz bestimmt nicht hier blieben, auch wenn Mitkommen ein eigenes Risiko barg, das ich nur zu gern ausblendete. Ich wusste genau, wo Syanna war und wie das Treffen beider verlaufen würde. Sie würde sich herauswinden, würde Lügen erfinden, wenn Geralt und Regis nicht dabei wären, um alles aufzuklären. Dettlaff würde glauben, er habe seine liebste Rhena gerettet, die zugleich meine Lügengeschichten alle auf einmal auffliegen lassen würde. Ich musste auf jeden Fall dabei sein, um Syannas Lügen aufzudecken, auch wenn ich noch nicht so richtig wusste, wie ich das am besten anstellen sollte. Mich selbst würde ich in jedem Fall in die Scheiße reiten. "Ich komme mit", entschied ich und auch wenn ich sehen konnte, wie der Vampir innerlich seufzte, versuchte er nicht noch einmal, mich vom Gegenteil zu überzeugen, sondern nickte nur ergeben. "Bleib in Deckung. Ich gebe dir ein Zeichen, wenn du herauskommen kannst."

In der Theorie eine gute Idee, erwies sich das in der Praxis als gar nicht so einfach. Dettlaff war vorgeprescht und natürlich sofort angegriffen worden. Aus meinem Versteck, wenn man es denn so nennen wollte, konnte ich die wütenden Rufe und mehr als einen Fluch hören, ehe ein unangenehmes Knacken folgte. Eigentlich hatte ich mich echt nie für empfindlich gehalten, besonders nicht, seitdem ich mit Geralt reiste und schon das eine oder andere Leichenteil gesehen hatte, doch das Geräusch genügte, damit sich mir ein wenig der Magen umdrehte. In Filmen hatte mir das nie etwas ausgemacht. Als dann noch der Geruch von Blut dazu kam, war ich wirklich mehr als heilfroh, dass ich nicht sehen musste, was genau da passierte. Dass Dettlaff die Schützen nicht fürchten musste, wusste ich ja. Selbst wenn sie Silberwaffen hätten, könnten sie ihn nicht töten, vermutlich nicht einmal aufhalten.

Hastige Schritte und Rufe kündeten von weiteren Burgbewohnern, zweifellos allesamt bewaffnet. Unischer duckte ich mich in mein Versteck. Ein Fehler, wie ich schnell merken sollte. Meine Bewegung hatte wohl jemand aus dem Augenwinkel bemerkt, denn im nächsten Moment richtete sich auch schon eine Armbrust auf mich. "Rauskommen! Langsam!", wies mich der Mann an, auf dessen Wange ich eine Narbe erkennen konnte, die ziemlich übel aussah. Als habe jemand etwas hineingebohrt. Als ich nicht sofort reagierte zuckt er mit seiner Waffe. "Ich sagte: Sofort!" Er klang mehr wütend als nervös und so taumelte ich eilig aus meiner Ecke heraus, die Hände erhoben. "Ich bin unbewaffnet!", brachte ich heraus, meine eigene Stimme schrill vor Angst. Seit ich in dieser Welt angekommen war, hatte ich so einiges erlebt und überlebt. Wenn ich eines jetzt ganz sicher nicht wollte, dann durch irgendeinen Namenlosen in dieser ollen Burg mit einer Armbrust erschossen zu werden. Da wäre selbst der Greif ein würdigeres Ende gewesen.
 

"Na, was haben wir denn da. Ein kleines Fräulein", wechselte sein Tonfall von alarmiert sofort eher zu amüsiert, als er mich sah. Am liebsten hätte ich dem Kerl sofort eine gelangt. Der Sexismus in dieser Welt war wirklich schwer zu ertragen. War man nicht gerade eine mächtige Zauberin oder Herrscherin, gab es dauernd solche Bemerkungen. Niemand nahm einen für voll. "Bist du eine neue Dienerin? Egal. Mitkommen, Kleines. 'S Gibt einen Eindringling. Wollen doch nicht, dass es dich erwischt. Kannst mir zum Dank das Lager heut Nacht wärmen." Ughs. Als ob! Ich verzog das Gesicht, als er die Hand nach mir ausstreckte. "I-ich habe mich nur etwas verlaufen und sollte lieber schnell zu-" "He! Die kenn ich!", unterbrach mich ein junger Mann, der herangeeilt war. Er mochte kaum älter als 18 sein, gerade so ein Erwachsener in meinen Augen und doch hielt er ein Schwert in der Hand, wohl um den Eindringling - also Dettlaff und irgendwie auch mich - bekämpfen zu können. "Das ist die Bestienbändigerin, die mit dem Hexer hergekommen ist!"

Der Jungspund deutete mit ausgestrecktem Finger auf mich und wie um seine Worte zu bekräftigen, kam im nächsten Moment auch schon Dean angeflattert. Kreischend flatterte der nicht mehr ganz so kleine Greif vor dem Armbrustschützen herum, der erschrocken zurückwich. Die Jungs hatten vermutlich über der Burg ihre Kreise gedreht und waren durch den Tumult angelockt worden, denn aus Sam kam heran geflogen, um sich neben meinen Füßen zu postieren und aufzuplustern. Beinahe, als wäre er ein Wachhund. Mir jedoch bereitete das Ganze eher Sorge, denn ich wollte auf keinen Fall, dass die beiden Männer auf die Greifenküken losgingen, die in meinen Augen noch immer Babys waren und vielleicht immer bleiben würden. "Scheiße! Verpiss dich, du Mistvieh! Sonst mach ich dich kalt!", konnte ich den jungen Mann schimpfen hören, während derjenige mit der Narbe, bereits seine Armbrust fallen ließ, in die sich Dean erfolgreich verbissen hatte. Stattdessen zog der Mann sein Schwert. Doch zu spät.

Ein nasses Gurgeln entkam seiner Kehle, schwarzer Nebel fand seinen Weg an ihm vorbei, umringe den jüngeren Mann und brachte diesen zu Fall, als er sein Heil in der Flucht suchte. Dettlaff. Ich musste nicht genau hinsehen, um zu wissen, dass beide Männer tot waren. Die reglosen Körper am Boden und die schimmernden roten Pfützen, die sich unter ihnen ausbreiteten, verrieten mir das auch so. "Darum solltest du im Versteck bleiben", hörte ich den Vampir grimmig anmerken. Seine Stimme verriet, dass seine Gesichtszüge gerade vampirisch sein mussten und er mir deshalb noch den Rücken zuwandte. "Das bin ich", protestierte ich kleinlaut und fügte hinzu: "Aber ich wurde entdeckt. Danke für deine Hilfe." Ich erschreckte fast selbst darüber, wie dünn und zittrig meine Stimme klang. Die Zeit hier in dieser Welt zeigte mir erst, wie brutal und schonungslos das Leben zu einer anderen Zeit gewesen sein musste. Für mich eine Neuerung, an die ich mich vielleicht nie gewöhnen würde.
 

"Hier entlang", wies mir Dettlaff den Weg, während Sam neugierig sein Hosenbein beschnupperte. Dem Vampir war anzusehen, dass er der Meinung war, es wäre besser gewesen, wäre ich nicht mitgekommen, nachdem ich es schon jetzt geschafft hatte, mich in Gefahr zu bringen. Dafür, dass er das nicht laut aussprach, war ich im Stillen dankbar. Müsste ich nicht hier sein, um Syannas Lügen aufzudecken, hätte ich garantiert die Sicherheit der kleinen Werkstatt vorgezogen. Doch welche Wahl hatte ich schon angesichts der Situation? Zumindest war ich mit meinen nicht mehr ganz so kleinen Schützlingen wieder vereint. Dean kreischte nun auch nicht mehr aufgeregt, sondern landete förmlich in meinen Armen. Herr im Himmel, war der schwer geworden! Ein richtiges kleines Dickerchen!

Nur wenige Meter weiter, hielt Dettlaff den Arm vor mich und schnitt mir damit den Weg ab. "Warte." Ehe ich antworten konnte, war er auch schon voraus gerauscht, aufgelöst in den schwarzroten Nebel, in den er sich immer wieder mal verwandelte. Dieses Mal konnte ich überhaupt nichts sehen, doch aufgeregtes Rufen und ein langgezogener Schrei folgten, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wenn ich daran dachte, dass ich mir mit meinen Lügen Dettlaff auch zum Feind machen würde, wurde mir ganz anders. Zumindest würde es schnell gehen, meldete sich mein Galgenhumor in meinem Hinterkopf zu Wort. Dann blieb es still. Kein Zeichen von Dettlaff. Ungeduldig blickte ich mich um, während Sam zu meinen Füßen sich an meinem Bein rieb, wie es eine Katze getan hätte. Gerade, als ich entschied, nicht länger darauf zu warten, dass vielleicht weitere Patrouillen dazu kamen und mich entdeckten, konnte ich eine mir nur allzu gut bekannte Stimme hören.

"Was hast du mit ihr gemacht?", erklang es hörbar wütend von Geralt. "Wo ist sie?" Ich brauchte ihn nicht zu sehen, um zu wissen, dass er vermutlich gerade seine Silberklinge zog, wenn er sie nicht schon in der Hand hielt. Eine deutlich ruhigere Stimme mischte sich ein und auch wenn ich die Worte nur dem Sinn nach ausmachen konnte, wusste ich sofort, wer da versuchte, zwischen Geralt und Dettlaff zu schlichten. Regis. Also hatten sich die beiden gefunden, obwohl ich den eigentlichen Zeitverlauf gestört hatte. Wie sie wohl auch den Cintrier und den Sangreal gestoßen waren? Das befleckte Stück Papier, das eigentlich als Hinweis diente, lag schließlich noch auf Dettlaffs Schreibtisch. "Ich bin hier. Mir geht es gut!", mischte ich mich ein, auf die drei ungleichen Männer zu eilend mit den beiden Greifen im Schlepptau.
 

Sofort wandten sich mir alle Blicke zu. In Geralts glaubte ich, sogar ganz kurz so etwas wie Erleichterung zu erkennen, ehe er die Winchesters bemerkte, die mit auf dem Fuße folgten. "Wie ich sehe, haben deine Viecher dich auch schon gefunden", brummelte der Hexer missmutig, ehe er seine Aufmerksamkeit in Dettlaffs Richtung wandte, die Silberklinge fest in der Faust. Deutlich entspannter wirkte Regis, den ich jetzt zum ersten Mal traf. "Ich freue mich, Euch nun persönlich kennen zu lernen, Lady Daelis. Wenn ich mich vorstellen darf: Regis Godefroy." Da hatte er aber ordentlich gekürzt. Dass sein voller Name deutlich länger war, wusste ich sehr genau, doch darauf kam es im Moment ja wirklich nicht an. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite, aber wir sollten", begann ich und bemerkte erst, dass Regis meinen Handrücken hatte küssen wollen, als ich seine Hand bereits schüttelte. "Wir sollten zusehen, dass wir weiterkommen. Soweit ich das verstanden habe, gibt es hier zwei Frauen zu befreien", unterbrach mit Geralt und nickte gen Hauptgebäude, das sich hinter einem niedrigen Gebäude, vermutlich Gesindewohnungen, bereits abhob.

"Zwei?" Dettlaff runzelte die Stirn. "Ah, in der Tat. Wir vermuten die Schwester der Herzogin ebenfalls hier und wollen wie, wie auch deine Rhena, retten", erklärte Regis ruhig und am liebsten hätte ich direkt heraus posaunt, dass es hier nur eine Frau zu finden gab und die ganz sicher keine Rettung benötigte. Die Miene Dettlaffs blieb undurchsichtig. Für irgendeine Adelige interessierte er sich natürlich nicht. "Gehen wir", grollte er schließlich, merklich ungeduldig. Noch ehe Geralt oder Regis hätten etwas erwidern können, ging Dettlaff voran. Uns entgegen kamen auch schon die ersten Kämpfer des Burgherren. Ihn selbst hatte ich noch nicht bemerkt, allerdings war ich auch absolut nicht sicher, ob ich ihn überhaupt erkennen würde. Er wusste ohnehin nicht, worin er hier verstrickt war und wäre keine Hilfe.

"Halte dich hinten. Du und die hässlichen Biester", grollte Geralt mir mit einem Blick entgegen, der mich ahnen ließ, dass ich einige Fragen beantworten müsste, wenn die Zeit gekommen war. Darauf freute ich mich ja so mal gar nicht. Selbst wenn es mir gelänge, mich aus Dettlaffs Fragen herauszuwinden, die ich ja eigentlich nicht beantworten konnte, würde es bei Geralt sehr viel schwieriger. Ganz zu schweigen von Regis. Der Vampir mochte nicht so energisch nachhaken wie Geralt, doch ich hielt ihn für deutlich klüger und zweifellos würde er näher an die Wahrheit herankommen, die ich so vehement verbarg, als der Hexer.
 

"Ich bleibe in Eurer Nähe, Daelis. Seid versichert, Euch wird nichts geschehen", wandte sich Regis mit einem wohlwollenden Lächeln an mich. Dankbar nickte ich ihm zu. Was er wohl von mir denken mochte? Geralt hatte ihm sicher erzählt, wie er mich gefunden hatte und dass ich mich mit Dettlaff verstand, brachte sicher Bonuspunkte. Blöd, dass die mich vielleicht auch nicht retten würden, wenn meine Lügen aufflogen. "Danke", gab ich leise zurück. "Ich werde versuchen, kein zu großer Klotz am Bein zu sein." Denn genau das war ich in dieser Situation, egal wie man es drehte. Ich hatte noch gut in Erinnerung, wie heftig die zwei Vampire hier im Spiel durch die Angreiferhorden gepflügt waren. Hilflos war ich als Geralt nur hinterher gelaufen und dabei praktisch nutzlos gewesen. Als ich selbst war ich nicht nur keine Hilfe, sondern eine Bremse, weil immer jemand meinen Babysitter spielen musste, während ich die beiden Greifen babysittete. Lange würde das wohl auch nichts mehr werden. Die beiden wuchsen so schnell, dass sie bald auf mich aufpassen konnten. Wie lange dauerte es noch gleich, bis Greifen ausgewachsen waren? Ein paar Jahre? Ich könnte schwören, Dean und Sam wollten diese Zeit herunter kürzen.

Regis und ich folgten Dettlaff und Geralt in einigem Abstand. Wie sich zeigte, brauchte es nur einen Vampir, um hier binnen Minuten eine ganze Truppe von Kriegern niederzumähen. Auch in der Realität blieb für Geralt vergleichsweise wenig zu tun und doch war es eindrucksvoll. Geschickt wich er Hieben aus, sprang über eine Klinge, wirbelte herum, wirkte ein Zeichen und verbrannte einen Mann, der ihm gehofft hatte, in den Rücken fallen zu können. Die Bolzen, die sich Regis' und meine Richtung verirrten, fing der ergraute Vampir an meiner Seite spielend leicht ab. "Bitte erschreckt nicht ob meiner Erschei-" "Schon gut, ich weiß Bescheid. Macht mir nichts aus", unterbrach ich Regis eilig, als er den ersten Bolzen schlicht mit seinen langen Klauen zerspalten hatte, ehe er mich durchbohren konnte. Haarscharf. Ich war einfach nur froh, nicht tot zu sein.

Als sich tatsächlich zwei Krieger zu uns vorwagten, brauchte es Regis' Eingreifen nicht einmal mehr. Dettlaff hatte die beiden bemerkt und gnadenlos niedergestreckt. Binnen Sekunden lagen beide Männer in ihrem eigenen Blut reglos mit zu einem stummen Schrei verzogenen Mienen am Boden. Zu genau sah ich lieber nicht hin, sonst würde ich mich bloß übergeben müssen. Offenbar sah man mir das auch an. Anders konnte ich die sanfte Geste, mit der mich Regis voran schob und damit auf das Hauptgebäude zu, nicht deuten. Er ahnte ja nicht, dass dort für mich der nächste Anlass zu Übelkeit und Panik wartete. Mit etwas Pech erlebte ich gerade meine letzten Minuten.
 

Hätte mich Regis nicht geführt, ich hätte vielleicht keinen einzigen Schritt mehr getan. Der Boden war übersäht mit Toten, alles war voller Blut und ich konnte sogar einen abgetrennten Arm sehen, obwohl ich versuchte, nicht zu genau hinzuschauen. Im Spiel hatte mir das alles überhaupt nichts ausgemacht, doch in der Realität zu sehen, wie gnadenlos sich ein einzelner Vampir durch eine ganze Gruppe Bewaffneter hatte kämpfen können, war beängstigend. Als ich Geralts Blick auf mir bemerkte, versuchte ich mich an einem Lächeln, um zu zeigen, dass ich in Ordnung war, doch so wie der Hexer dreinsah, war mir das gehörig misslungen. Zumindest Sam und Dean wirkten nicht angespannt. Dean flatterte sogar voran, um dann an einem der Toten zu knabbern. Noch etwas, das ich lieber nicht zu genau ansehen wollte. Mir genügte das reißende Geräusch und schließlich des klappernden Schnabels des Greifenjungen, dem sein Bruder Sam inzwischen Gesellschaft leistete. Appetitlich war das nicht, aber Menschen standen nun mal auf der Speisekarte ihrer Spezies, das hatte ich schließlich am eigenen Leib erfahren.

"Bleibt hinter mir", grollte Geralt uns entgegen. Dettlaff war längst vorgeprescht. Quer durch den Flur, vorbei an Türen und hin zu der Treppe, die nach oben führte. Ich konnte hören, wie etwas Schweres die Stufen herunterpolterte. Das musste der Mann sein, den Dettlaff dort antraf und tötete. Daran konnte ich mich noch gut erinnern. Oben würde uns Syanna erwarten. Rhena. Sollte ich mich vielleicht jetzt absetzen? Ließen Regis und Geralt das überhaupt zu? Wenn ich blieb, war auf jeden Fall klar, dass meine Lügen auch aufflogen. Damit Syannas Geheimnis herauskam, brauchte es mich ja jetzt nicht mehr, da Geralt und Regis hier waren. Oder fehlte ihnen das passende Puzzleteil noch? Verdammt! Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe, während wir Dettlaff folgten.
 

Als ich den Raum hinter Geralt betrat, der auch jetzt noch das Schwert in der Hand hielt, auf dessen Klinge ich rote Flecken erkennen konnte, hatte Dettlaff seine Rhena bereits entdeckt und fest in die Arme geschlossen. Unsicher blieb ich in der Tür stehen, sodass mich Regis beiseite schieben musste, um ebenfalls eintreten zu können. Keiner von uns sagte ein Wort, während ich nur auf die Weinflasche starren konnte, von der ich wusste, dass sie Sangreal enthielt und Syanna sie eben absichtlich beiseite geschoben hatte. Zählten Regis und Geralt gerade eins und eins zusammen? Dämmerte ihnen, was hier gespielt worden war? Hilfesuchend blickte ich zum Weißen Wolf, dessen Blick meinem gefolgt war. Seine Miene verhärtete sich kaum merklich und wie im Spiel auch, wandte er den Blick zu den knisternden Flammen im Kamin. Sag was, bat ich den Hexer stumm. Sprich aus, was Sache ist. Komm schon, Geralt!

Es war Regis, der zuerst das Wort ergriff. "Jetzt müssen wir nur Anna Henriettas Schwester finden. Wo sollen wir suchen?" Geralt schüttelte den Kopf, schwieg jedoch. Dettlaff und Syanna wechselten leise Worte. Ihm standen Schuldgefühle und Freude gleichermaßen ins Gesicht geschrieben. Wie froh er in diesem Moment sein musste, sie gefunden zu haben und wie sehr er sich schämte, getötet zu haben, nicht ahnend, dass sie all das längst wusste und sogar gewollt hatte. Mich konnte ihr Lächeln nicht täuschen. Die Frage war eher: Wann würden Dettlaff die fragenden Blicke auffallen, die sie in meine Richtung warf? Welche Fragen würden sich ihm stellen, wenn sich zeigte, dass sie keine Ahnung hatte, wer ich war? Verdammt, egal! Wenn Geralt nicht mit der Sprache herausrückte, dann täte ich es eben und würde offenbaren, dass Syanna und Rhena die gleiche Person waren.

Vor lauter Anspannung hatte ich den Atem angehalten, als es mich auf einmal eiskalt durchlief, als hätte jemand ohne jede Vorwarnung entschieden, dass hier und jetzt ein guter Ort und Zeitpunkt wäre, um mich der Icebucket Challenge zu unterziehen. Augenblicklich war das wiedervereinte Paar vergessen, wenn auch nur für einen Moment. Ich kannte dieses Gefühl, diese Kälte. Das musste Theodor sein. Den hatte ich ja schon draußen bemerkt. War er uns in die Burg gefolgt? Oder vielmehr mir? Was wollte dieser Kerl nur von mir? Ob ich heute ein paar Antworten aus ihm heraus bekäme? Unschlüssig blickte ich von Regis zu Geralt, der mich einen Moment lang intensiv anstarrte, dann aber das Wort ergriff und Regis korrigierte. "Das brauchen wir nicht. Ich habe Roderick getroffen, den Herrn von Burg Tynne. Er sagte mir, wo wir Syanna finden." Klang für mich, als würde hier alles nach ursprünglichem Script laufen. Da sich nun alle Blick auf Geralt richtete, der begann, Syanna direkt zur Rede zu stellen, nutzte ich die Chance, um mich hinterrücks zur Tür hinaus zu schleichen. Zwar glaubte ich, kurz Regis' Blick bemerkt zu haben, als ich durch die Tür verschwand, doch da keiner etwas sagte und mir niemand folgte, stieg ich langsam und so leise, wie ich nur konnte, die Stufen hinab.
 

Erneut durchlief es mich kalt, wie immer wenn Theodor nahe war, als wolle mich mein Körper auf diese Weise warnen. "Theodor?", flüsterte ich in die unheimliche Stille, dann hörte ich Schritte. In dem Moment, in dem ich den Blick in die Richtung wandte, in der ich sie gehört hatte, konnte ich auch schon den Vampir sehen, der mir ein kleines Lächeln schenkte. Es kostete mich Überwindung, aber ich schluckte meine Angst herunter und trat näher an Theodor heran, der ruhig stehen blieb, die Hände hinter dem Rücken gefaltet. Ganz so, als habe er nur auf mich gewartet. "Ich nehme an, du hast einige Fragen. Doch wir haben nicht viel Zeit", begann er ruhig, noch ehe ich überhaupt die erste meiner vielen Fragen stellen konnte.

"Warum hast du mir das Buch gegeben? Was weißt du darüber, wie ich hergekommen bin?", fing ich direkt an. Wenn wir nicht viel Zeit hatten, dann sollten wir besser keine Zeit mit Smalltalk verschwenden. Dass Theodor genau wusste, was ich mit "hierher gekommen" meinte, davon war ich ziemlich überzeugt, seit er mir das Buch über Zeitmagie hinterlassen hatte. "Wieso verfolgst du mich und warum bist du jetzt hier?" Abwartend starrte ich ihn an. Aus der Ruhe bringen konnten ihn meine Frage merklich nicht, doch sein Lächeln schwand langsam und machte einem Ausdruck von Bedauern Platz. "Das alles muss warten", erklärte er schließlich. "Kann es nicht!", protestierte ich sofort. "Dauernd tauchst du einfach auf und..." Frustriert gestikulierte ich umher. "Und erklärst gar nichts!"

Der Vampir seufzte leise und löste die Hände hinter seinem Rücken, um sie nun vor seinem Bauch zu halten, die Fingerspitzen aneinander gelegt. "Ich bin hier, um dir mitzuteilen, dass sehr bald noch viel mehr Blut fließen wird als in den Kriegen der Menschen und du", betonte er, den Blick fest auf mich gerichtet, "wirst dabei eine wichtige Rolle zu spielen haben." Am liebsten hätte ich ihn gepackt und geschüttelt. Anstatt irgendetwas zu erklären, warf er nur immer noch mehr Fragen auf. "Sprichst du von der Na-" Weiter kam ich nicht, dann zerfiel er einfach in grauen Rauch, ganz ohne jede Vorwarnung und nebelte aus der Tür heraus. Wütend sah ich ihm nach. Was für ein Arsch! Konnte der nicht einfach mal aufhören, immer nur mit kryptischen Hinweisen um sich zu werfen und mal Klartext sprechen? Meinte er mit seinen Andeutungen die Nacht der langen Zähne? Die würde sicher einige Leben fordern, doch war ganz sicher kein Vergleich zu den Kriegen, die in den letzten Jahrzehnten geführt worden waren. Frustriert starrte ich dem grauen Nebel nach. Ob man einen Vampir in dieser Gestalt wohl in einem Einmachglas fangen könnte? Vielleicht würde mir das helfen, klare Antworten von Theodor zu bekommen.
 

Einen kurzen Moment erwog ich, mein Heil in der Flucht zu suchen, doch angesichts meiner nicht vorhandenen Orientierung würde ich vermutlich nicht einmal den Weg aus der Burg finden, ehe sich oben alle Fronten geklärt hatten und mich ein ziemlich wütender Vampir einholte, der erfahren hatte, dass er gleich von zwei Menschen nach Strich und Faden belogen worden war. Dann wollte ich Dettlaff lieber direkt konfrontieren - mit Geralt und Regis im Rücken, die vielleicht dafür plädieren würden, mich erst einmal anzuhören. Zweifellos hatte sowieso auch der Hexer einige Fragen. Während unserer Reise hatte ich immerhin so manches Mal lügen müssen und nicht immer unbedingt geschickt.

Als ich wieder durch die Tür in den Raum trat, den Syanna in den vergangenen Wochen ihr Heim genannt hatte, hielt Dettlaff die Schwarzhaarige gerade mit einer Hand an ihrem Hals an eine Wand gedrückt. Sie zappelte, dann ließ er sie los. "Komm in drei Tagen nach Tesham Mutna und erkläre dich. Kommst du nicht, mache ich Beauclair dem Erdboden gleich", grollte Dettlaff und stapfte gen Fenster ohne auch nur einen einzigen Blick zu Geralt, Regis oder mir zu werfen. Sollte ich das als Glück werten? Vermutlich. Doch das änderte nichts daran, dass Regis' Blick direkt zu mir wanderte, ehe ihn Geralt ansprach. "Denkst du, er meint das ernst?" Der ergraute Vampir legte in grüblerischer Pose eine Hand an sein Kinn. "Ich weiß nicht. Dettlaff ist unberechenbar, wenn er wütend ist." Syanna rieb sich den Hals. "Er meint es ernst. Ich kenne ihn und ich werde mich ihm stellen." Regis' Blick verengte sich. Ich wusste genau, was nun passieren würde. Regis würde nicht ohne Hohn reagieren ob der Verlogenheit Syannas, ehe Geralt und er die Schwester der Herzogin gemeinsam zurück nach Beauclair bringen würden. Ich seufzte im Stillen und wartete auf das Unvermeidliche, doch diesmal wich Geralt vom Skript ab.

"Nicht nur Syanna hat ein paar Dinge zu erklären, findest du nicht auch, Daelis?", wandte sich Geralt an mich und ließ mich damit direkt bereuen, nicht doch abgehauen zu sein. Nervös schluckte ich den Kloß herunter, der sich in meiner Kehle bildete und nickte. "Jedoch nicht hier", mischte sich Regis beschwichtigend ein. "Anna Henrietta wartet sicher schon sehnsüchtig auf ihre Schwester und alles weitere können wir später in Ruhe besprechen." Der Weiße Wolf nickte grimmig und bedeutete Syanna mit einem Nicken, voran zu gehen. Er selbst folgte ihr auf dem Fuße und hinter ihm Regis und ich. Regis' neugierige Blicke versuchte ich zu ignorieren. Seine Fragen könnte ich ihm sowieso nicht beantworten.
 

Vor der Burg erwarteten uns bereits die Männer von Damien De la Tour, die Geralt Rückendeckung gegeben hatten, als er hinterrücks in die Burg stürmte. Regis' Anwesenheit schien niemanden zu überraschen. Das hieß dann wohl, dass der Vampir nicht überraschend hinzu gekommen war wie im Spiel. Allerdings hatte er da ja auch Dettlaff mitgebracht, den dieses Mal ich zur Burg geführt hatte. Damien zeigte sich jedoch über meine Anwesenheit umso überraschter. Aber vielleicht galt seine Miene auch den beiden Greifenjungen, die neben mir herliefen wie zwei Hunde. "Milady! Ihr seid in Sicherheit!", begrüßte er mich höflich. Ich nickte nur. "Hey..." "Hat das Biest Euch hierher verschleppt?", fragte der Anführer der Wache Ihrer Durchlaucht, der Herzogin mich, aber sein Blick wanderte längst zu Geralt. "Habt Ihr die Kreatur erledigt, Hexer?" Seufzend schüttelte Geralt den Kopf. "War nicht hier und es kam auch zu keinem Kampf mit dem Biest von Beauclair. Aber wir haben Syanna gefunden und herausgefunden, wie alles mit dem Biest und den Opfern zusammenhängt. Die Herzogin wird das hören wollen."

De la Tour war anzusehen, dass ihm nicht gefiel, wie wenig ihm der Hexer verriet, aber er nahm es mit einem grimmigen Nicken hin. "Natürlich. Wir sollten sie nicht warten lassen." Erst jetzt wandte er sich auch wieder mir zu. "Es ist eine frohe Kunde, dass Ihr wohlauf seid. Die Bewohner Beauclairs bangten um Euch, zumal es Gerüchte gab, dass..." Er stockte und räusperte sich. Fragend hob ich eine Braue. "Dass was?", hakte ich nach, doch Damien schüttelte den Kopf als Zeichen, dass er mir keine Antwort geben würde. Dafür gab mir Geralt eine. "Dass das Biest dich abgeschlachtet hat, weil du des Hexers Begleiterin bist", erklärte er in sarkastischem Tonfall, sodass ich gar nicht anders konnte, als mitzuspielen. "Oh wirklich? Hast du ihnen denn nicht gesagt, dass ich die sogenannten Monster zu zähmen pflege, anstatt sie zu töten?" Der Hauptmann der Wache und Regis schauten ein wenig pikiert drein, doch zumindest Geralt konnte über meine Bemerkung lachen. "Nun denn." Damien De la Tour räusperte sich verhalten. "Machen wir uns auf den Weg. Ihre Hoheit erwartet uns."

Zwar war ich nicht unbedingt erpicht darauf, mit zum Palast zu kommen, blieb mir wohl keine andere Wahl. Blieb also zu hoffen,dass Annarietta ihre Fragen in erster Linie an Geralt wenden würde und sie sich nicht so sehr dafür interessierte, wie ich überhaupt in die Burg gekommen war - oder warum. Seufzend ließ ich mir von Geralt auf Plötze helfen, ehe sich der Hexer selbst in den Sattel schwang. "Hätte nicht erwartet, dich hier anzutreffen", raunte mit der Weiße Wolf zu, als er De la Tour und Regis nach ritt. Drei Soldaten begleiteten uns, die anderen blieben zurück. Keiner sagte ein Wort, während wir gen Palast ritten. Die Bewohner der Stadt jedoch, die zur Nachtstunde noch unterwegs waren und uns sahen, starrten uns nach und ich konnte hören, wie einige von ihnen tuschelten. Vermutlich gäbe es morgen schon eine ganze Reihe neuer Gerüchte darüber, was das Biest war, wohin es verschwunden und was mit mir passiert war. Ganz toll.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Auf der Suche nach Rhena bzw. Syanna überwinde Dettlaffs Misstrauen und Roderick mit seinen Fernkämpfern. Es kommt zu einigen Kämpfen, aber dann tauchen Geralt und Regis auf, sodass es zu einem interessanten Treffen kommt. Kurz darauf entdeckt ihr Rhena und das "Liebespaar" hat einige Minuten für sich. Gerade möchtest du dich einmischen, als dir Theodors Nähe auffällt und du heimlich nach ihm siehst. Immerhin willst du Antworten! Als du ihn findest, beantwortet er dir nur eine Sache: Es wird bald mehr Blut fließen, als in Kriegen zwischen Menschen und das du anscheinend dabei eine wichtige Rolle spielst. Ab da verschwindet er wieder. Kehre dann zu den anderen zurück und überlege, wie du fortfahren willst. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Allerdings ist das nächste Problem, wie es kommen muss, Dettlaff erfährt die Wahrheit über Rhena. Darauf verschwindet der Vampir und ihr reist zum Schloss von Herzogin Henrietta.


*summt* I willl survive~ Ich ahne, dass ich da einiges zu erklären haben werde, das ich nicht erklären kann... Komplett anzeigen

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