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Blood and Whine

Ist doch alles Käse!
von

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Im Auftrag Ihrer Gnaden

"Schau nur, wie süß sie sind!", ereiferte ich mich und erntete ein vielsagendes Ächzen von Geralt, der hinter mir auf Plötzes Rücken saß. Ich ging dem Hexer vermutlich kräftig auf den Keks mit meiner Schwärmerei, doch je länger ich die hässlichen Greifenküken anstarrte, desto entzückender fand ich sie. Ja, sie waren wirklich keine Schönheiten, so mit zotteligem Gefieder und Glubschaugen, doch wenn sie mich so anblinzelten, konnte ich gar nicht anders, als sie einfach hinreißend zu finden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ließen sich die beiden sogar ein wenig von mir streicheln. Scheinbar waren sie so frisch geschlüpft, dass sie noch keinen Menschenhass erlernen konnten. Puh, Glück gehabt! "Wie sollen wir die Zwei nennen?" "Du willst ihnen Namen geben?" Unglauben schwang in Geralts Stimme mit. "Natürlich!" So wie er klang, könnte man meinen, ich benähme mich hier seltsam. "Du gibst deinen Pferden doch auch Namen." Am liebsten hätte ich ihm noch gedrückt, dass er dabei so unfassbar unkreativ war, dass es an ein Wunder grenzte, dass seine Plötzes sich darüber nicht beschwerten. Vielleicht würde es ja diese, wenn Geralt zu der Quest kam, in der er mit Plötze sprechen konnte?

"Hässlich und Hässlicher", ertönte es verhalten hinter mir. Idiot. Etwas unsanft stieß ich mit dem Ellenbogen nach hinten, traf dabei aber nur des Hexers Rüstung, was wohl mir mehr wehtat als ihm. "Hört nicht auf ihn, ihr kleinen Schätze. Ihr seid absolut entzückend." Wie von selbst wurde meine Stimme höher und nahm einen süßlichen Klang an, sobald ich mich an die beiden Greifen wandte. Den gleichen Tonfall, in dem ich auch mit meinem Kater sprach und den ich bei Eltern kleiner Kinder absolut ekelerregend fand.

Wenn die Kleinen jedoch eines mit Leichtigkeit schafften, dann, mich von meinen finsteren Grübeleien abzulenken. Statt mich in Schuldgefühlen Derands Tod betreffend zu suhlen, ging ich völlig darin auf, die kleinen Greifen zu betüdeln. Sogar, als Geralt anmerkte, sie fräßen rohes Fleisch, das ich selbst erlegen müsste, hätte mich das nicht weniger jucken können. Als ließe ich diese kleinen Schätzchen einfach im Stich. Dass sie sonst niemand wollte, ließ sie in meinen Augen nur noch schützenswerter erscheinen. Wenn ihnen niemand anderes Liebe geben wollte, tat ich das eben! Für die Aggressivität ihrer Eltern konnten sie schließlich nichts! Natürlich wusste ein Teil von mir es eigentlich besser. Diese Greifen waren keine Haustiere, sie brauchten ihre Eltern und die wiederum waren natürlichen Instinkten gefolgt.

Was mich jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen holte, war die erste Nacht unter freiem Himmel. Nicht, dass ich das noch nie gemacht hätte, doch normalerweise waren Schlafsack und Iso-Matte mit von der Partie gewesen. Geralt hatte weder das eine noch das andere. Zwei Decken waren alles und beide ließen mich mit Wehmut an das vielleicht doch nicht so unflauschige Gefieder von Mama Greif denken. Die beiden Küken, die ich nach kurzer Diskussion mit Geralt nicht 'Hässlich' und 'Hässlicher' genannt hatte - wirklich! Was dachte sich Geralt nur dabei?! - hingegen waren noch ziemlich spärlich befiedert. Den größeren der Zwei, der zahmer war, hatte ich Sam getauft, den kleineren, der mich immer böse ansah, Dean. Unkreativ, doch ein Teil von mir fand es einfach witzig, wenngleich der Hexer meine Erheiterung darüber nicht verstehen konnte.

Die Nacht verlief zwar ereignislos, allerdings war sie etwa so erholsam wie leistungsorientiertes Ausdauertraining. Nämlich gar nicht. Immer wieder rollte ich mich herum in dem Versuch, eine möglichst bequeme Position zu finden, ohne dabei Sam und Dean zu wecken, die zu meiner Freude wirklich schliefen, nachdem ich mein Abendessen, ein Stückchen Hase, großzügig mit ihnen geteilt hatte. Geralt hatte noch gebrummt, die beiden hässlichen Viecher zu füttern, sei Verschwendung, doch ich war ganz hin und weg, als sie mir aus der Hand fraßen. Anschließend waren sie in meinen Armen eingeschlafen. Als Geralt sich im Morgengrauen neben mir so ausgeruht erhob, als hätte er gemütliche acht Stunden durchgeschlafen, folgte ich seinem Beispiel nur, weil ich schon geraume Zeit wach war und die Winchesters, wie ich die Greifenküken im Duo bezeichnete, dabei beobachtete, wie sie einander am Gefieder zupften. Hässlich waren sie, aber auch irgendwie niedlich.
 

Das Frühstück aus diversem Grünzeug, das aussah, als habe Plötze es gesammelt, nicht Geralt, kaute ich nur lustlos. Ich war einfach zu müde, um hungrig zu sein. Die beiden Greifenküken hingegen vertilgten zufrieden und sich kabbelnd das Trockenfleisch, das ihnen der Hexer hingeworfen hatte. Oder vielmehr: Welches er Dean mit der Bemerkung "Hässliche Biester" an den kleinen Kopf geworfen hatte. Zwar hatte ich  gegen die raue Behandlung meiner Babys sofort protestiert, doch die hatten sich ohne zu zögern auf das Futter gestürzt, sodass ich es gut sein ließ. Immerhin waren sie versorgt und so lange ich nicht gelernt hatte, Fallen zu stellen oder etwas mit Pfeil und Bogen zu schießen, war ich mehr denn je auf Geralt angewiesen. Ich könnte vielleicht Gras und Löwenzahn essen, doch die zwei Küken brauchten unverkennbar Fleisch.

Kaum, dass wir vier aufgesessen hatten - also Geralt, ich vor diesem und die Winchesters vor mir - ergriff der Hexer zu meinem Erstaunen das Wort. Normalerweise war er doch immer so schweigsam, dass man ihm jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen musste. "Dafür, dass du mit diesen Viechern die ganze Zeit redest, sagst du ziemlich wenig. Woher kommst du eigentlich?" Mit dieser Frage hatte ich viel eher gerechnet und als sie nicht gekommen war, hatte ich sie nach und nach vergessen. Jetzt aber holte mich alles wieder ein. Geralt hatte bestimmt noch mehr Fragen und ich nicht den geringsten Schimmer, wie ich sie beantworten sollte, ohne bei einer Lüge ertappt zu werden. Dass ich nicht aus Toussaint kam, wäre dem Weißen Wolf sofort klar. Allein meine Kleidung musste den weitgereisten Hexer vor Fragen stellen, auf die ich schlicht keine Antwort hatte. Anfangs hatte ich versucht, ihm alles zu erzählen, doch anscheinend verbot das irgendein Naturgesetz. Ob ich es ihm vielleicht aufmalen könnte? Aber käme er überhaupt auf die Idee, ich könnte aus einer anderen Welt stammen, in der er und alles um ihn herum nur Fiktion war? Und selbst wenn er es begriff: Wie nähme Geralt das auf? Ich wusste ja nicht einmal, wie ich damit klar kam.
 

"Ich komme von einer Insel", flunkerte ich also eilig drauf los. "Sie liegt nördlich von Novigrad und heißt Bierde." Das würde er mir nie glauben. Selbst in meinen Ohren klang ich absolut nicht überzeugend, doch der Hexer brummte nur zustimmend, als erkläre das meine seltsame Kleidung und mein für ihn sicher nicht weniger seltsames Gebaren. "Nie von gehört." Das wiederum wunderte mich überhaupt nicht. "Ah, für mich ist hier auch alles neu", beeilte ich mich hinzuzufügen. "Wir haben sonst keinen Kontakt zum Festland." Dass ich weder fischen konnte, was ich meiner Geschichte folgend eigentlich beherrschen müsste, noch die geringste Ahnung von Seefahrt, Wetter oder generell üblichen Dingen wie Nähen, Stricken, Spinnen, Ackerbau oder dergleichen hatte, würde mir noch große Probleme bereiten. Ein Königreich für fließend Wasser, Boiler und Supermarkt. Oder Betten. Was gäbe ich für ein richtiges Bett und ein langes, gemütliches Wochenende auf dem Sofa oder vorm Rechner. Stattdessen lagen vor mir aber wohl noch viele Kilometer sandige Straßen, indiskutable hygienische Zustände und ein Hexer, dessen Fragen auf lange Sicht dafür sorgen würden, dass ich mich in meinem Lügengespinst verstrickte, wenn ich das nicht schon hatte.

Als hätte Geralt diesen Gedanken gelesen, meinte er: "An dem Abend als wir uns kennenlernten hast du etwas ganz anderes erzählt." Ich schluckte. Hatte ich das? Scheiße. Ich konnte mich an besagten Abend kaum erinnern, weil mir der Alkohol zu Kopf gestiegen war. "Ach, wirklich?", spielte ich die Ahnunglose, allerdings mit wenig Erfolg, wie mir Geralts Stimme sofort verriet. Der spöttische Unterton klang aber zu meiner Beruhigung immerhin eher amüsiert denn wütend. "Wirklich. Allerdings war das auch ziemlich wirres Zeug. Irgendetwas von einem Händi und einem Streit." Jetzt kam ich wirklich ins Schwitzen. Bevor ich jedoch etwas dazu sagen konnte, das mich vermutlich nur noch tiefer in den Lügensumpf gezogen hätte, fuhr Geralt fort. "Ich weiß nicht, was genau passiert ist, doch ich rate mal: Du bist von Zuhause nach einem Streit mit deinem Ehemann weggelaufen und kommst eindeutig von ziemlich weit her. Vielleicht hattest du Hilfe von einem Zauberer. Vermutlich." Das hieß dann wohl, dass er meinte, ohne ein Portal hätte ich es lebend nie hergeschafft. Leider musste ich dem beipflichten. Ohne Geralt würde ich hier keine Woche überleben.

"Ehrlich gesagt ist mir das auch egal, aber versuch nicht, mich anzulügen. Das mag ich gar nicht." Jetzt klang er wütend und ich schluckte wieder vor Nervosität. "Okay." "Bitte?" "Hab's verstanden." Geralt schnaubte und Plötze tat es ihm gleich, wobei das vermutlich eher daran lag, dass Dean frech an ihrer Mähne zupfte. "Aber", meldete ich mich kleinlaut zu Wort. "Ich bin nicht freiwillig hier und ich bin nicht verheiratet." Geralt sagte dazu nichts mehr, sodass ich instinktiv versuchte, die unangenehme Stille zu überbrücken. "Den Streit hatte ich mit meiner besten Freundin. Kurz bevor ich... hier landete und von dem Greifen verschleppt wurde. Viel lieber wäre ich zuhause, das kannst du mir glauben. Weit weg von mordlüsternen Incubi und all diesem..." Ich ächzte. Krieg. Sexismus. Monster. Allem hier. Außer vielleicht Sam, Dean und Geralt. "Diesem Leben hier, das mir so fremd ist", endete ich stattdessen lahm. "Aber ich habe keine Ahnung, wie ich nach Hause kommen soll." Meine Stimme war nun nur noch ein Flüstern, dann verstummte ich auch.

 

Auch die nächste Nacht mussten wir wieder am Straßenrand verbringen und dieses Mal waren Sam und Dean leider nicht so genügsam. Sie krakeelten die halbe Nacht lauthals herum, so sehr ich auch versuchte, die beiden Kleinen zu beruhigen, aus Angst, Geralt könnte sich überlegen, sie vielleicht lieber zu braten statt zu füttern. Ich wollte gar nicht wissen, wie beschissen ich aussah, aber müsste ich raten, wäre ich auf einer Skala von Eins bis Zehn mindestens eine solide Acht. Meine Augenringe fühlte sich schon an wie Schluchten und wie zerrupft meine Kleidung und Haare aussahen, konnte ich ja selbst sehen. Ob man im Sitzen auf einem Pferd wohl schlafen konnte? Ich würde es herausfinden, denn schon beim Frühstück fielen mir die Augen beinahe wieder zu und das obwohl Dean mir gierig über die Finger pickte.
 

"Hohlweg ist das nächste Dorf. Da sollten wir vielleicht schon mal ein Kleid oder so für dich auftreiben. Und was für die Haare", brummte Geralt und warf den beiden Greifenküken finstere Blicke zu. Offenbar hatte selbst seine Meditation nicht funktioniert, so laut wie die Winchesters heute Nacht randaliert hatten. Was sein Problem mit meinen Haaren war, wusste ich zwar nicht, doch um weiter darüber nachzudenken, war ich einfach nicht wach genug. "Hohlweg. Okay. Meinetwegen", gähnte ich zurück. Mir war fast jeder Ort recht. Doch irgendetwas klingelte bei mir. Hohlweg. Dieses Dorf kannte ich. Aber das musste schließlich nichts heißen. Würde man mir andere Dörfer aus The Witcher nennen, würden sie mir sicher auch bekannt vorkommen. Und doch... war das nicht das Dorf mit der Parodie auf Rotkäppchen? Diese Banditenführerin Rotkäppchen, die ein Werwolf war, war mir markant in Erinnerung geblieben.

Dass man - oder zumindest ich - nicht auf einem Pferderücken schlafen konnte, sollte ich schnell herausfinden. Die Sonne war gerade aufgegangen, da saßen wir schon wieder im Sattel und so gerne ich mich einfach an Geralt gelehnt und die Augen ausgeruht hätte, es ging einfach nicht. Ich konnte partout nicht entspannen, geschweige denn schlafen. Vor allem nicht, wenn es hell war. Und als hätte die Welt sich gegen mich verschworen, musste heute, ausgerechnet heute, ein sonniger Tag sein, der nicht ahnen ließ, wie verregnet und kalt die letzten Tage gewesen waren. Das war doch zum Kotzen! Ächzend wandte ich mich den Winchesters zu, um diese mit kleinen Krauleinheiten zu verwöhnen. Eigentlich hatte ich Geralt fragen wollen, ob er mir beibrachte, wie man Fallen baute, doch dazu war ich jetzt viel zu müde. Selbst wenn der Hexer mir jetzt irgendetwas erklärte, verstünde ich davon wohl in etwa so viel wie von Quantenphysik. Nämlich nichts.

 

Die Sonne stand noch am Horizont als das Dorf in Sichtweite kam, sodass wir dieses gegen Mittag erreichten. Hätte mir Geralt nicht geholfen, von Plötze zu klettern, hätte ich mich garantiert lang gelegt. Dieses viele Reiten mochte für ihn sein Täglich Brot sein, doch für mich war es wahnsinnig anstrengend. Meine Oberschenkel fühlten sich an, als würde ich o-beinig laufen. Ächzend rieb ich sie mir unter den halb entsetzten, halb abfälligen Blicken der beiden Frauen, die vor der Gaststube saßen und zwei Hühner rupften. Ich konnte die beiden tuscheln sehen und sogar, wie eine der beiden mit dem Finger auf mich zeigte, während ich meinen Umhang so um mich wickelte, dass ich die Winchesters vor mir hertragen konnte. Eine der beiden Frauen verzog merklich die Mundwinkel, doch ich tat, als bemerkte ich das nicht. Sollte sie halt. Dass ich als Begleitung eines Hexers und besonders mit zwei Greifenküken vor der Brust Aufmerksamkeit erregen würde, hätte ich mir wohl denken können.

Mit einer knappen Geste bedeutete mir der Weiße Wolf, ihm zu folgen. Auf den ersten Blick sah diese Gaststube einfach mal genauso aus wie die letzte, in der wir untergekommen waren. Stilvolle Inneneinrichtung wurde hier halt nicht groß geschrieben, das wusste ich ja. Herzhaft gähnend nahm ich neben dem Hexer Platz, der sich eine abgeschiedene Ecke gesucht hatte. Der Wirt, ein hagerer Mann mit schütterem braunen Haar und Augenringen, die sich mit meinen messen konnten, ließ nicht lange auf sich warten. Er funkelte erst Geralt, dann mich - oder vielmehr die Winchesters - unzufrieden an. "Soll ich die Viecher für euch braten?", erkundigte er sich grantig. Empört starrte ich ihn an. War der noch ganz knusper? Meine Babys - braten?! Offenbar war mein Gesicht Antwort genug, denn er wandte sich wieder an Geralt, dessen Lippen ein leichten Grinsen umspielte.

"Bring uns etwas Brot und Käse, dann sind wir auch bald wieder weg." Damit schien der Wirt zufrieden. Er murmelte noch etwas, das ich nicht verstand, aber Geralt scheinbar sehr wohl, denn der Hexer verzog das Gesicht merklich. Fragend blickte ich ihn an. "Was hat der Kerl gesagt?" "Nichts weiter", wich Geralt aus und rieb sich über die Augen. "Was hat er ge-" "Er denkt du wärst meine persönliche Hure", unterbrach Geralt mich. Zum zweiten Mal in weniger als fünf Minuten blickte ich empört zu dem Wirt, nur, dass der es dieses Mal nicht bemerkte. "Was bringt ihn auf diese Schnapsidee?", verlangte ich zischend zu wissen und erregte damit Sams Aufmerksamkeit, der quietschend seine Meinung kundgab. Welche, das auch immer war. Geralt hob zur Antwort nur vielsagend eine Braue und ließ den Blick an mir entlangwandern. Bissig starrte ich zurück. Wo sah ich denn bitteschön wie eine Hure aus? Meine Kleidung war nicht freizügig, ich hatte nichts Anstößiges gesagt und war bei weitem nicht auf Kuschelkurs mit dem Hexer. Ohnehin: Seit wann hatten Hexer denn ihre persönlichen Prostituierten? Als könnten die sich das leisten...

 

Der Wirt hatte uns gerade das bestellte Essen gebracht, da erregte ein Scheppern meine Aufmerksamkeit. Mein Blick fiel auf zwei Ritter, beide in glänzend polierten Rüstungen, die mit einer Vielzahl Verzierungen versehen waren. Jetzt wusste ich, wann ich war. Das waren Palmerin und Peyrac-Peyran. "Geralt!", tönte einer der beiden überschwänglich. Vom Rest der sicher überaus feierlichen Begrüßung, die von Geralt vermutlich mit dem ihm eigenen nicht vorhandenen Enthusiasmus erwidert wurde, bekam ich nicht mit. Vielmehr versank ich in einen Überlegungen. Wenn ich offenbar zu Beginn von Blood and Whine steckte, dann war noch alles offen! Ich könnte nicht nur Peyrac-Peyrans golden gerüsteten Hintern retten, sondern auch Dettlaff und wer weiß wie viele Bewohner Beauclairs, wenn ich dafür sorgte, dass Syannas Plan nicht aufging. Wenn es mir gelänge, Regis oder Geralt früh genug auf ihre Spur zu bringen oder noch besser, sie direkt zu verpetzen...

Als jemand meine Hand griff und einen Kuss darauf hauchte, riss es mich aus meinen Gedanken. "Es ist mir eine Freude, Milady. Welch erhebender Anblick, eine Dame in meines alten Freundes Gesellschaft anzutreffen. Noch dazu, so sie von solchem Liebreiz ist." Einen Moment lang starrte ich Palmerin einfach nur stumpf an. Liebreiz? Eines musste man ihm lassen: Er war überaus gut darin, die Augen vor der Realität zu verschließen. "Äh... danke. Freut mich auch. Mein Name ist Daelis", stellte ich mich vor und schüttelte ungelenk Palmerins Hand, der nun ebenso irritiert guckte, wie ich noch vor einem Augenblick. Sein Ritterkollege schmunzelte ein wenig, räusperte sich dann aber und wandte sich an Geralt. "Wir würden uns gerne unter vier Augen mit dir unterhalten, Geralt. Wir kommen in einer brisanten Angelegenheit." Unsicher warf Peyrac-Peyran einen Blick zu mir. "Ah, schon gut. Ich mache einen kleinen Spaziergang durchs Dorf", entschuldigte ich mich. "Dann können die Herren alle Angelegenheiten in Ruhe besprechen."

Als wüsste ich nicht längst, worum es ging. Das Biest von Beauclair natürlich und die beiden toten Ritter, die es bisher gab. Dass es ein weiteres Opfer geben würde, wenn Geralt mit den zwei Rittern in Toussaint ankäme, wusste ja im Moment nur ich. Zu gerne hätte ich die ulkigen Bilder gesehen, die die zwei Ritter mitgebracht hatten. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach zeigte eines davon nämlich nicht Dettlaff, sondern Slenderman. Zügig griff ich mir ein Stück Brot, winkte den drei Männern zu, die nun alle etwas verdattert über meinen raschen Rückzug wirkten und verschwand durch die Tür nach draußen. Ich konnte Palmerin noch hören, wie er Geralt danach fragte, seit wann der denn in weiblicher Gesellschaft reise. Zumindest würde Geralt wohl nun klar machen, dass ich nicht seine was-auch-immer war, sondern er mich "nur" nach Oxenfurt bringen wollte. Nur, dass ich da jetzt nicht mehr hin wollte. Die Sache eilte immerhin, wie die Ritter dem Hexer sicher auch gleich erklären würden und ich hatte wenig Lust, mich stumpf bei Shani abliefern zu lassen, obwohl ich bessere Chancen als die drei Schwertschwinger hatte, die Probleme in Beauclair zu klären.

 

Vor der Gaststube hatten es sich derweil eine Handvoll Männer bequem gemacht, die einfach im Staub saßen und Karten spielten. Ein kurzer Blick verriet mir, dass sie weder Gwent spielten noch Rommé oder Mau-Mau. Damit war ich raus. Ohnehin hätte ich ja eh kein Geld, das ich hätte setzen können. Planlos starrte ich gen Dorf. In die Banditen wollte ich bestimmt nicht reinlaufen, wenn sie kamen. Vielleicht sollte ich einfach bei Plötze im Stall warten. Da würden mich die Banditen im Fragefall nicht gleich bemerken und ich musste mich nicht von allen Leuten so deppert anstarren lassen. Einer der Spieler pfiff mir hinterher und meinte "He Süße, setz dich doch zu uns und wir spielen auch ein wenig mit dir" als ich den Stall ansteuerte. Ich machte mir gar nicht die Mühe, etwas zu sagen, sondern zeigte ihm einfach über die Schulter den Mittelfinger. Kannten die Leute hier diese Geste überhaupt? Hoffentlich. Idiot. "Wartet's nur ab. Wenn ihr erst groß seid, hört sowas auf jeden Fall auf", nuschelte ich leise in Richtung der beiden Greifenküken, die es vorzogen, das Brot zu zerkauen, das ich aus der Gaststube mitgenommen hatte.

 

Plötze fand ich in dem kleinen Stall schnell. Energisch schritt ich an dem Rappen vorbei, der direkt am Eingang stand und nur kurz mit den Ohren zuckte, als die Tür hinter mir wieder zufiel. "Plötze", begrüßte ich die braune Stute und strich ihr über den Hals. Sie beachtete mich gar nicht weiter, sondern fraß ungeniert. Seufzend nahm ich neben ihr Platz. "Meinst du, ich schaffe es lebend bis nach Beauclair?" Klar, es brachte nichts, sich mit einem Pferd zu unterhalten, solange die Konversation einseitig blieb, aber ich wusste immerhin genau, dass mich Plötze verstand. "Mit etwas Glück kann ich weitere Morde verhindern und fast alle retten", murmelte ich weiter, dann hörte ich das metallene Geräusch eines Türriegels. Das musste dann wohl der Eingang der Gaststube sein, den das Personal benutzte. Ein kalter Schauer durchlief mich. "Tür zu, es zieht!", rief ich ohne mich umzudrehen. Wie kalt so ein Zugwind doch werden konnte. Draußen hatte ich es noch angenehm gefunden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe: Nachdem ihr es geschafft habt oder auch nicht, folgt ihr einer Spur, bei der es sich um die Gerüchte über das Biest von Beauclair handelt. Zum ersten Mal spürst du auch etwas in deinem Blut und zufällig begegnet ihr einem Vampirwesen. Ob es Freund oder Feind ist, werdet ihr noch sehen!

Ja. "Tür zu, es zieht", ist meine Interpretation von einem plötzlichen Kältegefühl ob des nahen Vampirs. Was für einen ich hier treffe und wie dieses Wesen auf mich zu sprechen ist, werde ich wohl jetzt bald erfahren. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Vegetasan
2018-05-16T20:02:42+00:00 16.05.2018 22:02
Hätte nicht gedacht, dass Geralt die Küken füttern würde. Ist doch lieb von ihm.

Hoffentlich will der Vampir dir nichts böses, der Inkubus reichte doch schon.

Bin gespannt auf deine weiteren Abenteuer.
Antwort von:  Daelis
17.05.2018 09:16
T_T Ich finde auch, dass ich genug bedroht wurde. Greifen, ein Inkubus... jetzt will ich lieber die Winchesters kuscheln.


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