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Blood and Whine

Ist doch alles Käse!
von

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Nachwuchs

Es war noch früh. Zu früh. Woher ich das wusste? Ganz einfach: Geralt lag noch neben mir und strahlte angenehme Wärme aus, die ich heute ausnahmsweise auch wollte. Vorgestern hatte ich mich noch gescheut, in Unterwäsche neben dem Hexer zu liegen, doch heute war ich einfach froh, dass er da war und obendrein so angenehm warm. Ein kleiner Trost. Die ganze Nacht hatten mich Alpträume heimgesucht, die mir Derand zeigten, der auf mich losging, Derand, der starb, Derand, der in seinem Blut lag und mich anstarrte. Meine Schuld. Zumindest fühlte es sich so an. So mies hatte ich mich schon eine ganze Weile nicht mehr gefühlt. Vor ein paar Jahren schon mal, aber da war mein Schuldgefühl um einiges intensiver und berechtigter gewesen, die tote Person mir sehr viel näher und sie hatte mich obendrein niemals bedroht. Keine wirklich vergleichbare Situation, doch es änderte nichts daran, dass Geralt Derand nur tötete, um mich zu retten. Dass mich der Incubus angegriffen hatte - scheinbar grundlos - stand dabei auf einem anderen Blatt. Eigentlich sollte man meinen, mich ließe diese Sache kalt. In Filmen und Serien tat es das immer. Ich war die Letzte, die noch grinste, wenn das Blut spritzte, aber gestern war ich winzig klein mit Hut geworden, als mich Derands Blut tränkte. Am liebsten wäre ich einfach weggelaufen, doch ich war ja wie versteinert gewesen. Wie Geralt mich überhaupt irgendwohin gebracht hatte, entzog sich mir gänzlich.

Selbst das Fest, auf das Geralt mich gestern Abend mitgenommen hatte, hatte die düsteren Gedanken nicht vertreiben können, obwohl ich natürlich gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatte, während ich schniefend und niesend an meinem Bier genippt hatte - übrigens scheußliches Zeug. Es war nicht Geralts Schuld, das ich nicht damit klar kam, wenn jemand einfach getötet wurde. Dabei war mir ja durchaus klar, dass das in dieser Welt nicht gerade ungewöhnlich war. Hier starben andauernd Leute - und nicht nur wegen der katastrophalen hygienischen Zustände und der miserablen medizinischen Versorgung. Doch mit Derands Tod war die bittere, harsche Realität dieser Welt über mich hereingebrochen. Jeder Gedanke an einen Traum war verflogen, jede Idee eines Komas vergessen. 

 

Obwohl ich mittendrin war, schien es mir noch immer absurd. Wie konnte das alles wirklich sein? Hieß das, ich müsste jetzt jeden Tag um mein Leben fürchten, weil ich nicht wusste, ob mir ein Bandit oder Monster ans Leder wollte? Ohne Kampffähigkeiten, magische Kräfte oder auch nur Orientierung, von grundlegenden Dingen wie Geld, Kleidung und Vorräten abgesehen, war ich hier hoffnungslos verloren, sobald Geralt mich über hatte. Der Hexer, an dessen Rücken ich mich klammerte und versuchte, nicht zu weinen - mit wenig Erfolg - ahnte ja nicht, wie sehr ich ihn brauchte. Ich war völlig von ihm abhängig. Wie könnte ich das je wieder gutmachen? Vielleicht, indem ich ihm in Toussaint half, Milton zu retten? Ich wusste ja, wo der Mord stattfinden würde! Immerhin das, befand ich mit tränennassem Gesicht, Geralts Rücken anstarrend, könnte ich für den Weißen Wolf tun, auch wenn er es nie erfahren würde.

"Wir sollten uns langsam auf den Weg machen." Geralts raue Stimme ließ mich vor Schreck zusammenzucken. So schnell ich konnte, zog ich meine Hände von ihm zurück und suchte Abstand, obwohl das wohl eher albern anmutete. Wer konnte schon sagen, wie lange der Weiße Wolf wach war? Ihm war wohl kaum entgangen, dass ich die Nacht über geklammert hatte. Und selbst wenn ich ihn erst geweckt hätte, wäre ihm wohl nie die Nässe an seinem Rücken entgangen, die meinen Tränen geschuldet war. Eilig wischte ich mir über die Augen und nickte, so leise schniefend, wie ich nur konnte. Eigentlich war mir überhaupt nicht danach, das Bett zu verlassen, so ungemütlich das auch war. Meine Augen waren geschwollen, ich war müde und mir war kalt. Obendrein fühlte ich mich einfach nur zerschlagen und die Vorstellung, jetzt nach einem zweiten Greifen zu suchen, war alles andere als verlockend. Doch was half es? Die Kraft, mit Geralt darüber zu diskutieren hatte ich allemal nicht. Nicht heute.

 

Keine zehn Minuten später standen wir beide in der Gaststube und ließen uns ein karges Frühstück vor die Nase setzen. Appetit hatte ich nach gestern keinen und zu sehen, wie schmutzig die Finger des Gastwirts waren, steigerte ihn nicht unbedingt. Hygiene war hier wirklich ein Fremdwort. Geralt neben mir aß ganz ungeniert und als ihm auffiel, dass ich nur lustlos auf meinem Brot herumkaute, bediente er sich auch an meiner Portion. Mir war das nur recht. Sollte er nur essen, wenn er heute noch einen Greif erlegen wollte. In meinem Kopf spukte noch zu sehr Derand. Hätte ich ihn vielleicht irgendwie retten können? Ich wusste ja, dass es in The Witcher nicht immer Entscheidungen gab, die glücklich machten, aber dennoch konnte ich nicht umhin, mich zu fragen, wann der entscheidende Punkt gekommen war, der Derands Tod festgelegt hatte. Schon, als ich dem Date zustimmte? Im Spiel hatte es den Incubus nicht gegeben. War das vielleicht eine Anomalie, die ich durch meine Anwesenheit hervorgerufen hatte? Oder war es ein Hinweis darauf, dass ich in einem Geschehen nach Witcher III steckte und Geralt sich dagegen entschieden hatte, sich einen faulen Lenz in Corvo Bianco zu machen?

Ich mochte mir gar nicht ausmalen, was ich sonst so alles durcheinander bringen könnte. Klar, ich wusste, was im Spiel von statten ging und besonders im DLC Blood and Wine, doch ich musste auch tierisch aufpassen, dass ich keine Änderung einführte, die am Ende alles derart durcheinander brachte, dass womöglich noch mehr Leute als unbedingt nötig starben. Mein Kopf tat schon beim Grübeln darüber weh. Am besten, ich stellte erst einmal sicher, wann ich war. Dann konnte ich weitersehen.

 

Im Stall begrüßte uns Plötze mit einem freundlichen Wiehern und hielt still, während Geralt erst mich in den Sattel schob und sich dann selbst hinaufschwang. Die Aussicht auf einen Ritt im strahlenden Sonnenschein schien die Stute zu locken, denn kaum, dass der Hexer die Zügel ergriffen hatte, lief Plötze auch schon los, während ich es vorzog, wieder in meinen finsteren Gedanken zu versinken und über Rätsel zu brüten, die ich sowieso nicht würde lösen können. Wäre doch nur Yennefer hier oder Triss oder sonst eine Zauberin der Loge. Die könnten mir vielleicht weiterhelfen, wenn ich ihnen erklären konnte, wer ich war und woher ich kam. Blieb die Frage, ob ich das konnte. Wann immer ich versucht hatte, Geralt etwas in dieser Hinsicht zu verklickern oder etwas aus meiner Welt auszuplaudern, hatte ich immerhin keinen Ton herausbekommen, als habe man mich wie einen Fernseher auf 'lautlos' gestellt.

Wie wir den Wald erreichten, in dem Geralt den ersten Greifen erschlagen hatte, bemerkte ich gar nicht. Ohnehin wäre es für mich nur irgendwie irgendein Wald gewesen, wäre nicht der Kadaver des Greifen, an dem Geralt innehielt. Erste Insekten waren bereits über das tote Tier hergefallen und ein leicht süßlicher Geruch hing in der Luft, der mich würgen ließ. Der Hexer saß nicht einmal ab, sondern musterte den toten Körper nur kurz, ehe er weiterritt. Die Zeit kroch nur so dahin und bald war ich wieder in meine Grübeleien versunken, von denen ich doch genau wusste, dass sie mich nirgendwo hinführen würde. Ich konnte nicht ungeschehen machen, was geschehen war und niemanden fragen, wo eigentlich Derands Problem mit mir gelegen hatte. Ich seufzte vernehmlich und tat also das einzige, das mir übrig blieb. Ich fragte Geralt. "Hast du eine Ahnung, wieso mich Derand angegriffen hat?" Der Hexer schnaubte leise. "Ungewöhnlich für Succuben, aber nicht für ihre Brüder. Gibt nicht viele von ihnen, war der Erste, den ich je sah. Schätze, er wollte einfache Beute machen. Angeblich sammeln sie das Haar ihrer weiblichen Opfer." Ich schauderte. "Was mich viel mehr interessiert ist, wieso er sich als Mensch tarnen konnte." Hilflos zuckte ich mit den Schultern. Da war ich auch überfragt, doch immerhin hatte ich etwas Neues über Incubi gelernt, wenn auch nichts Erfreuliches. Stille legte sich wieder über uns, denn weder Geralt noch ich waren epicht darauf, weiter über den toten Derand zu sprechen. Geralt war Derand wohl schlicht egal und mir lag der Incubus schwer auf dem Gewissen.

 

Als Plötze abrupt innehielt, riss es mich aus meinen Gedanken. Fragend sah ich mich erst um, dann über die Schulter zu dem Weißen Wolf, dessen Blick nun auch auf mir lag. "Was ist?", wollte ich wissen. "Du warst hier." Verwirrt blinzelte ich den Hexer an. Was faselte er da? Wann sollte ich wohl schon mal hier gewesen sein? Machte ich den Eindruck? Scheinbar stand mir das Unverständnis ins Gesicht geschrieben, denn Geralt fuhr fort: "Da vorne am Busch hängt ein Fetzen deiner Jacke und der Boden zeigt Spuren von einem Greifen. Offenbar nähern wir uns dem Nest." So wie er klang, könnte man meinen das sei eine gute Nachricht, doch das sah ich eindeutig anders. Ich wollte nicht noch einmal dorthin. Dort gab es einen weiteren Greifen, der womöglich obendrein noch stinksauer war, weil Geralt entweder Mama Greif oder Papa Greif erschlagen hatte. So abrupt wie Plötze innegehalten hatte, lief sie nun auch wieder los, wohl von einer Geste Geralts angetrieben. Eilig klammerte ich mich an die Zügel. Das letzte, was ich gebrauchen könnte, war hier nun auch noch vom Pferd zu fallen und mir etwas zu brechen.

Dass wir den Baum so schnell finden würden und obendrein den dazugehörigen Greifen, den Geralt mit "Ah, die Mutter", kommentierte, gehörte eindeutig zu den Dingen, auf die ich hätte gut und gerne verzichten können. Ich wollte in Sicherheit, weg von hier, in die nächste Stadt, in der es keine Monster gab. Oder zumindest keine, mit denen man nicht diskutieren konnte. Die nämlich fürchtete ich nicht so sehr, trotz Derands Versuch, mich zu töten. Allein der Schrei des Greifen genügte, dass es mir eisig über den ganzen Rücken lief und ich am liebsten geschrien hätte. Im Spiel hatte ich Greifen immer recht hübsch gefunden, so mehr oder weniger eben, aber nach der ersten Live-Erfahrung hatte sich meine Meinung über diese Viecher grundlegend geändert. Ich wollte sie nicht in meiner Nähe, wollte nicht in ihre und wenn es nach mir ging, konnten sie bleiben, wo der Pfeffer wuchs, solange sie mich nur in Ruhe ließen und mich nicht in ihre Nester schleppten.

Hinter mir schwang sich Geralt von Plötzes Rücken und ich tat es ihm nach kurzem Nicken seinerseits gleich. Konnte ich nicht lieber ein Stück mit Plötze wegreiten? "Ist das der Baum mit dem Nest?" Geralt starrte den wuchtigen Baum hinauf, der breit genug war, dass wir beide hätten den Stamm nicht füllen können. Ich nickte. "Ja, glaube schon." Wie zur Bestätigung ertönte erneut der Schrei eines Greifen, doch dieses Mal begleitet von einem Schatten, der sich über uns legte. Mama Greif. Ich schluckte. Ob sie sich auch an mich erinnerte? Äste knackten, brachen und fielen krachend zu Boden, ehe auch der Greif mit gespreizten Flügeln nur wenige Schritt entfernt den Boden erreichte. Instinktiv wich ich zurück und tat es damit Plötze gleich. Wir wollten wohl beide nicht in den Kampf zwischen Hexer und Greif geraten.

 

Wie auch schon bei Geralts letzter Auseinandersetzung mit einem Greifen konnte ich nichts weiter tun, als mit großen Augen und klopfendem Herzen zuzusehen. Wieder hatte ich mich in die Büsche geschlagen und dort klein gemacht, um im Falle eines Falles nicht als lohnende Beute in den Blick der Bestie zu rutschen, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass Geralt starb. Das war einfach absurd. Er konnte nicht sterben! Er war der Protagonist und hatte obendrein gefälligst seinen Lebensabend gemeinsam mit einer Zauberin seiner Wahl auf dem Weingut Corvo Bianco zu verbringen, während er Wein kelterte und altkluge Unterhaltungen mit Regis führte, im Winter Besuch von Eskel und Lambert bekam, Ciri gelegentlich einlud und tat, was immer Hexer so taten, wenn sie nichts zu tun hatten. Wahlweise auch auf einem Einhorn.

Der Kampf allerdings weckte Zweifel in mir. Die Klauen des Greifen verfehlten Geralt knapp, das ich mich so sehr anspannte, dass sich meine Finger in den weichen, matschigen Waldboden krallten und ich sogar das absolut verhasste Gefühl von Dreck unter den Nägeln gänzlich ignorierte, das mich sonst immer sofort kribbelig machte und an meinen Nägeln herumkratzen ließ. Ich konnte sehen, wie Geralt die Finger hob und ein Zeichen die Luft malte. Aard. Hatte er das in dem anderen Kampf auch getan? Ich konnte mich nicht erinnern. Allerdings war ich auch so verängstigt gewesen, dass ich es vielleicht einfach nur nicht gesehen hatte, aber jetzt beeindruckte mich die Hexermagie umso mehr. Richtige, echte Magie! Der Anblick brachte meinen inneren Skeptiker, der esoterische Vorstellungen prinzipiell erstmal verneinte und nach Erklärung und Beweisen verlangte, zum Schweigen. Ich wusste zwar, dass Hexerzeichen keine besonders beeindruckende Magie darstellten, wenn man es mit dem Können von Zauberern verglich, doch ich fand es dennoch mehr als imposant. Ob ich sowas wohl auch lernen könnte? Würde Geralt mir das beibringen oder war das so ein Hexergeheimnis? Bestimmt letzteres, so wie ich den misstrauischen Haufen kannte.

 

Zumindest war das Glück - oder war es Schicksal? - auf Geralts und meiner Seite. Nach einem heftigen Kampf, bei dem der Hexer eine klaffende Wunde an der Hüfte und sicher so einige Prellungen davontrug, wenn ich daran dachte, wie der Greif ihn mit dem Flügel erwischt und über den Boden geschleudert hatte, fiel der Greif leblos zu Boden, ganz ohne einen theatralischen letzten Aufschrei. Aus meinem Versteck kam ich allerdings erst, als Geralt sich merklich nach mir umsah. Auf eine Trophäe wollte er dieses Mal wohl verzichten. "Das Nest", begann der Hexer und ich unterbrach ihn, mit dem Finger nach oben deutend. "Ist auf diesem riesigen Baum. Ganz sicher." Überzeugt wirkte Geralt nicht und ich konnte es ihm nicht verübeln, nachdem ich ihn ja schon einmal ziemlich in die Irre geführt hatte. Mit einem Seufzen nickte er jedoch und machte sich zu meiner Verwunderung tatsächlich daran, den Baum hochzukraxeln. Ein Beispiel, dem ich nicht folgte. Mir hatte es vollauf genügt, einmal da herunterzuklettern. Auf eine Wiederholung konnte ich getrost verzichten. "Willst du nicht lieber erst die Wunde versorgen?" Geralt tastete sich prüfend ab. "Kann warten. Ist nicht so schlimm." Männer! Immer den Harten markieren! So wie das aussah, tat es sicher tierisch weh. Aber wie er wollte.

Während ich unten wartete, erreichte der Hexer mit erstaunlichem Geschick zügig das Nest in der Baumkrone. Komischer Ort für ein Greifennest, fand ich, jetzt, wo ich Zeit hatte, darüber nachzudenken. Bei meiner Flucht vor Mama oder Papa Greif hatte ich darauf gar nicht geachtet, doch nisteten diese Viecher nicht normalerweise auf dem Boden? Seltsam. "Verdammt!", konnte ich Geralt oben fluchen hören und blickte zu ihm hoch. "Was ist los?", rief ich zurück und bekam prompt eine Antwort. "Sie sind geschlüpft!" 

Greifenbabys. Wenngleich die erwachsene Version dieser Viecher in mir ganz sicher keine liebevollen Gefühle wecken konnte, galt dies für die Küken absolut nicht. Sie wären bestimmt ganz hinreißend! "Bring sie mit runter!" Ich konnte Geralts Gesicht nicht sehen, doch ich ahnte, dass er mir gerade die Pest an den Hals wünschte für diese Idee. "Wag es ja nicht, sie einfach zu töten!", setzte ich nach. "Das sind unschuldige Babys!" Das musste doch auch Geralt einsehen, oder? Ich hoffte es zumindest, auch wenn ich irgendwie das Gefühl hatte, dass er bei Monstern nicht unterschied. Mir allerdings war absolut nicht wohl bei der Vorstellung, kleine wehrlose Greifenküken abzuschlachten.

 

Eine ganze Weile geschah nichts und ich fürchtete schon, Geralt hätte meine Worte einfach ignoriert und kurzen Prozess mit den Küken gemacht, da konnte ich den Hexer sehen, der sich wieder über den Rand des Nests schwang und begann, den Baum wieder herunterzuklettern. Dabei machte er eindeutig eine bessere Figur als ich vor zwei Tagen - und er war dabei sogar noch verletzt! Noch ehe er den Boden erreichte, durchflutete mich Erleichterung, denn das schrille Piepsen, das aus Geralts eingerolltem Umhang ertönte, den er an seinem Gurt befestigt hatte, ließ mich hoffen, dass sich darin die süßen, kleinen Greifenküken befanden. Eine Hoffnung, die sich zumindest zum Teil erfüllen sollte.

Unten angekommen brummte mich Geralt missmutig an. "Einer hat's wohl nicht geschafft, aber hab' die zwei Jungen mitgebracht. Glaube nicht, dass sie lange überleben ohne ihre Mutter. Hässliche Biester." "Sag' sowas nicht! Bestimmt sind sie absolut hinreißend, entzückend, niedlich und..." In genau diesem Augenblick schlug Geralt das Bündel auf und ich stutzte. "Hässlich", beendete der Weiße Wolf meinen Satz und so gern ich ihm widersprochen hätte, ich konnte es nicht. Verdammt, die waren wirklich hässlich! Aber entzückend hässlich. Demonstrativ griff ich nach den beiden Küken, die mir prompt die Finger zerkratzten und nach meinem Arm hackten, wo sie lediglich meine Jacke zerrupften. "Aww, das macht nichts. Ihr seid halt hässlich-süß, ihr Kleinen." Geralts Blick verriet mir offen, dass er ob meiner Worte an meinem Verstand zweifelte. Ob das nun daran lag, was ich sagte oder vielmehr daran, dass ich mit Greifenbabys sprach, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen.

 "Wenn du mich fragst, sind diese Biester noch nicht selten genug. Wir sollten sie töten und weiterziehen." Entsetzt und empört schnaubte ich Geralt an. "Kommt nicht in Frage!" Zwar schüttelte der Hexer den Kopf, doch er ließ es dennoch zu, dass ich beide Greifenküken in die Arme nahm, während er seine Wunde versorgte, die nach meinem Urteil zwar immer noch unter 'ziemlich übel' lief, aber für den Weißen Wolf wohl kein so großes Hindernis darstellte. Vermutlich war das seine Art zu sagen: 'Sie sterben eh und so hält die Irre wenigstens die Klappe und trauert dem Incubus nicht länger nach.' Sollte mir recht sein. In meinen Augen hatte ich nämlich längst die Mutterrolle für die Küken übernommen, die in ihrer Hässlichkeit eben doch mein Herz erwärmten, sodass mich auch die Kratzer nicht störten, die sie an meinen Fingern hinterließen, als ich versuchte, sie beruhigend zu streicheln. Für Kinder hatte ich zwar nichts übrig, aber Tierjunge waren natürlich etwas ganz anderes. "Schon gut. Mama Daelis passt auf euch auf", säuselte ich den Kleinen zu und konnte dabei zum Glück nicht sehen, wie Geralt die Stirn in skeptische Falten legte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe: Was passiert nun mit den Greifeiern? Als ihr nach ihnen seht, sind die Kleinen schon geschlüpft und brauchen ein neues Zuhause. Da es sich um eine seltene Rasse der Greife handelt, willigt Geralt ein, wenn auch unfreiwillig, zu helfen. Denk daran, es muss noch einen Partner des abgeschlachteten Greifs geben!

Eigentlich geht die Aufgabe noch ein wenig weiter, doch das habe ich mit ins nächste Kapitel genommen, da es einfach besser passte. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Vegetasan
2018-04-19T07:51:03+00:00 19.04.2018 09:51
Jetzt habt ihr ja endlich das Nest gefunden. So schwer war das ja gar nicht.
Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Greifenbabys hässlich sein sollen. Ich stell mir die total süß vor.
Außer vielleicht kurz nach dem schlüpfen, wie Vögel.
Aber selbst dann wären die in meiner Vorstellung so flauschig wie Hühnerküken.
Bin gespannt wie ihr die mitschleppt und füttert.
Antwort von:  Daelis
19.04.2018 09:53
òvó9 Das Auffinden war zwar nicht mein Verdienst, aber die Kleinen beschütze ich mit Herzblut. Auch wenn sie jetzt hässlich sind, sie werden bestimmt noch hübsch (soweit Greifen in Witcher halt 'hübsch' sind).


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