Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 63: Mut versus Kraft ---------------------------- Die unerwartete Schönheit des saalartigen Raumes verschlug den beiden Abenteurern für einen Moment den Atem. Die Wände ringsum bestanden ausschließlich aus Buntglasfenstern, die bei genauerem Hinsehen die Entstehungsgeschichte des Triforce erzählten. Der Boden war mit einem kostbar wirkenden Teppich ausgelegt, der mit Gerudo-typischen Ornamenten verziert war, und in einer Ecke stand ein breites, von hauchdünnen Stoffbahnen verhangenes Bett, das aussah als wäre es aus purem Gold geschmiedet. An der dem Bett gegenüberliegenden Wand stand ein wuchtiger Schreibtisch, auf dem mehrere Bögen hochwertigen Pergaments verteilt lagen. Für einen Moment fragte sich Navi, ob Ganondorf seine Pflichten als Herrscher womöglich tatsächlich irgendwie ernst nahm und sich auf seine verquere Art um die Belange des Königreichs kümmerte. Dann beschied sie jedoch, dass die Pergamentbögen vermutlich entweder Anweisungen an seine Lakaien oder weitere finstere Pläne enthielten, und ihre Augen kehrten an die gegenüberliegende Wand zurück, wo sich der beeindruckendste Einrichtungsgegenstand befand. Beinah die gesamte Wand wurde von einer Orgel mit golden glänzenden Pfeifen eingenommen. Die fast schwarz wirkenden, hölzernen Teile des imposanten Musikinstrumentes waren mit Intarsien aus Gold und silbern schimmernden Halbedelsteinen verziert. Vor der Orgel saß, auf einem niedrigen Hocker, der Großmeister des Bösen und spielte mit mehr Leidenschaft und Feingefühl als die beiden Helden ihm jemals zugetraut hätten. Sein gesamter Oberkörper schwankte hin und her als befände er sich während hohen Seegangs an Bord eines Segelschiffs, und sein rotes, vom Luftzug bewegtes Haar schien zu lodern wie die Flammen einer Fackel. Link wollte etwas sagen, um auf sich aufmerksam zu machen, doch die melancholischen Orgeltöne hatten etwas derart Hypnotisches, das er nur dastehen und glotzen konnte. Also starrte er auf den Faltenwurf von Ganondorfs seidenem Umhang, der immer wieder zerfloss und neue Formen annahm so als bestünde er aus Wasser. Als er sein Lied schließlich beendete, ließ der Gerudo seine Hände auf der Klaviatur der Orgel ruhen und sagte, ohne sich umzuwenden: „Du bist also tatsächlich gekommen. Ich muss gestehen, als ich dich das erste Mal gesehen habe, damals durch das Fenster des Thronsaals, hätte ich mir niemals erträumen lassen, dass du mir derart viele Schwierigkeiten machen würdest. Vor sieben Jahren habe ich noch geglaubt, du seist ein gewöhnliches Kind – nervig, widerlich, aber in keiner Weise gefährlich.“ Ganondorf drehte sich langsam auf seinem Klavierhocker zu Link und Navi um und betrachtete seinen Widersacher mit einem grübelnden Blick. Der junge Mann fühlte sich noch immer wie gelähmt und starrte sein Gegenüber stumm an, während ihm das Herz vor Angst bis zum Hals schlug. Auch Navi versuchte sich noch kleiner zu machen als sie von Natur aus war und versteckte sich unter dem Pferdezopf ihres Freundes. Das Gesicht des bösartigen Herrschers war befremdlich offen, als er in nachdenklichem Ton fortfuhr: „Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich dich selbst dann nicht für eine Gefahr gehalten habe, als du Anstalten gemacht hast, dein Leben wegzuwerfen, um mir zu verschweigen, in welche Richtung die Prinzessin geflohen war. Damals sah ich in dir tatsächlich soetwas wie einen ahnungslosen Helfer. Mit deinem abscheulich reinen Herzen konntest du erreichen, was mir verwehrt worden war: Das Vertrauen der anderen Könige zu erlangen und die Heiligen Steine in deinen Besitz zu bringen. Du warst mein Schlüssel zum Heiligen Reich.“ „Ich weiß“, flüsterte Link mehr zu sich selbst, „und ich habe es seither jeden Tag bereut.“ Ganondorf hob die Augenbrauen, was ihm einen überraschten Ausdruck verlieh, aber Link konnte nicht sagen, ob der Großmeister des Bösen verwundert darüber war, dass er seine Rolle im Verlauf der Geschichte bedauerte, oder darüber, dass er den Mund aufgemacht hatte. Navi streichelte ihrem Schützling die Halsseite und hoffte, er verstand auf diese Weise auch ohne Worte, dass sie immer für ihn da war. Ohne auf Links Bemerkung einzugehen, sprach Ganondorf weiter, ganz so als müsste er sich einen schon lange währenden Druck von der Seele reden: „Selbst als du das Master-Schwert aus dem Stein zogst, habe ich nicht erkannt, wer du wirklich bist. Ich dachte damals, die Macht dieser heiligen Klinge würde dich zerstören und mir so die Arbeit abnehmen. Aber stattdessen hat sie dich nur in einen magischen Schlaf versetzt und sieben Jahre später tauchtest du plötzlich wieder auf und entpupptest dich als lästige Schmeißfliege!“ Ganondorfs olivfarbene Haut lief um die Wangenknochen herum rot an und seine bislang ruhige Stimme war zu einem Schreien angeschwollen. Es erforderte offensichtlich einige Anstrengung vom Großmeister des Bösen zu seiner vorherigen Besonnenheit zurückzufinden, während er fortfuhr: „Egal, wen ich dir aus meiner Untergebenenschar entgegenschickte, stets warst du derjenige, der als strahlender Sieger aus der Konfrontation hervorging. Ich habe wirklich alles versucht, dich loszuwerden. Ich habe jeden Dämon dieser Welt auf dich losgelassen und sogar dein Gegenstück aus der Schattenwelt herübergeholt und auf dich gehetzt – alles ohne Erfolg!“ Ein stechender Schmerz durchfuhr Links Herz, als er an die Konfrontation mit seinem Doppelgänger zurückdachte. Er fühlte sich noch immer schuldig, dass er den Schatten-Link getötet hatte. Anfangs hatte er den anderen Mann für eine Ausgeburt Ganondorfs gehalten, eine Art Phantom wie er ihm im Waldtempel begegnet war. Doch in den letzten Sekunden vor seinem Tod hatte plötzlich dermaßen viel Schmerz und Leid in den Augen des anderen gestanden, dass Link plötzlich verstanden hatte, dass er es mit einem fühlenden Wesen mit eigenen Träumen und Hoffnungen zu tun gehabt hatte. Dass sein Gegner sich in kaum etwas von ihm unterschieden hatte... Als er dies erkannt hatte, hatter er die Bombe, die er seinem dunklen Gegenüber zugeworfen hatte, wieder zurückholen oder zumindest den Feuerzauber, den er bereits aktiviert hatte, irgendwie aufhalten wollen. Aber es war zu spät gewesen... Seitdem fühlte sich Link als hätte er etwas Wichtiges verloren. Als hätte er seinen Zwilling getötet... Als Ganondorf sah, dass der Herr der Zeiten bei der Erwähnung seines Doppelgängers zusammenzuckte, stahl sich ein gehässiges Grinsen auf seine Lippen. Bei diesem Anblick konzentrierte Link all seinen Zorn, den er sich selbst gegenüber empfand, auf den Großmeister des Bösen und presste zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: „Du bist ein Monster!“ „Aber, aber!“ Ganondorf schlug eine Art nachsichtiger-Lehrer-Ton an. „Wer hat den armen Dark getötet und seinen Körper in alle Winde verstreut? War ich das oder du?“ Vor blinder Wut machte Link einen Satz nach vorn so als wollte er seinem Gegenüber an die Kehle springen. Dieser hob jedoch nur gebieterisch die Hand und mahnte: „Beherrsche dich! Oder glaubst du wirklich, du könntest mich besiegen, wenn du dich Hals über Kopf in einen Kampf mit mir stürzt?“ Der Gerudo schüttelte beinah bedauernd wirkend den Kopf. „Weißt du, eine Zeit lang habe ich wirklich geglaubt, ich hätte dich unterschätzt. Dich ganz allein als Person. Aber dann wurde mir etwas klar, das du mir mit der Reaktion gerade eben noch einmal verdeutlichst hast: Ich habe dich nie unterschätzt. Du bist nur ein dummer, heißsporniger Junge ohne allzu viel Verstand. Was ich unterschätzt habe, ist die Macht des Triforce-Fragments des Mutes. Ohne es bist du ein Nichts!“ Link betrachtete nachdenklich den Rücken seiner linken Hand. Wegen des Titanenhandschuhs konnte er das Triforce-förmige Mal auf seiner Haut zwar nicht sehen, aber er wusste genau, dass es da war. Stimmte es, was Ganondorf sagte? War das Triforce-Fragment des Mutes der einzige Grund, dass er es soweit gebracht hatte? Navi, die seine Selbstzweifel erahnte, riss leicht an seiner Ohrmuschel und forderte: „Glaub ihm kein Wort. Es ist nicht so, dass das Triforce-Fragment, dir besondere Kräfte verleiht – ganz im Gegenteil! Du wurdest als sein Träger auserwählt, weil du seiner würdig bist. Weil dein Herz von sich aus das mutigste und größte weit und breit ist!“ Bei den Worten seiner Fee lächelte Link ein wenig verlegen, bevor sich wieder ein grimmiger Ausdruck auf sein Gesicht legte und er Ganondorf widersprach: „Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Ich bin nicht hier, weil ich Farores Auserwählter bin. Ich bin hier, weil ich Freunde habe, die an mich glauben und mir die Kraft geben, zu tun, was getan werden muss, um Hyrule aus deinen Klauen zu befreien. Ich habe es bis hierher geschafft, weil sie und ganz Hyrule mich brauchen. Ich bin hier, weil ich nicht versagen darf! Aber fein, unterschätz mich meinetwegen weiterhin. Kommt mir nur gelegen!“ Der Großmeister des Bösen brach nach Links Rede in schallendes Gelächter aus und fragte spöttisch: „Du meinst Freunde wie sie hier?“ Dann schnippte er mit den Fingern und plötzlich erschien Prinzessin Zelda, noch immer in dem seltsamen rosafarbenen Licht gefangen. Bei ihrem Anblick fiel den beiden Abenteurern ein Stein vom Herzen. Als sie Zelda in dem Turmzimmer nicht hatten entdecken können, hatten sie sich bereits gefragt, ob die Prinzessin womöglich in einem düsteren, feuchtkalten Kellerverließ kauerte. Die Wiedersehensfreude wurde jedoch schnell wieder getrübt, als Ganondorf weitersprach und seinen Finger in Links frische Wunde legte: „Ich bin ganz sprachlos vor Neid, wenn ich mir eure wunderbare Freundschaft ansehe. Wie lange hat sie dich belogen? Drei, vier Monate? Oder sogar länger? Und oh, wie du dich gequält hast, wann immer dir Shiek zu nahe gekommen ist und du deine eigenen Gefühle nicht verstanden hast! Und sie hat es die ganze Zeit gewusst…“ Während Ganondorf seine Lippen zu einem gehässigen Lächeln verzog, fragte sich Navi, woher der Großmeister des Bösen von Links Selbstzweifeln und Gefühlschaos wusste. Der Herr der Zeiten selbst warf seinem Gegenüber jedoch nur hasserfüllte Blicke zu und zischte: „Wenn du so sprachlos bist, wie wär’s, wenn du dann endlich die Klappe hältst und gegen mich kämpfst? Oder hast du etwa Angst?“ Erneut dröhnte Ganondorfs Lachen durch den Raum, bevor er anerkannte: „Ich bewundere Männer, die selbst im Angesicht ihres eigenen Todes noch Mut zeigen. Und ich gebe dir vollkommen Recht: Genug geredet! Es wird Zeit, dass ich mir die restlichen Fragmente aneigne und das Triforce in mir vereine!“ Mit diesen Worten schnippte der Großmeister des Bösen erneut mit den Fingern, woraufhin nicht nur Zelda wieder ins Irgendwo verschwand. Auch die Orgel, die Möbelstücke und sogar der kostbare Teppich lösten sich scheinbar in Nichts auf. Dann stieß Ganondorf sich leicht vom Boden ab und versetzte Link und Navi damit in Erstaunen, dass er tatsächlich schweben konnte. „Ganz wie sein Phantom“, schoss es dem jungen Krieger durch den Kopf, als er sich an den Kampf im Waldtempel erinnerte. Auch Navi schien sich dieser Auseinandersetzung zu entsinnen, als sie ihrem Schützling ins Ohr raunte: „Sieht ganz so aus als würde er eine ähnliche Strategie verfolgen wie sein Schatten!“ Während sich in Ganondorfs Hand der erste Energieball formte, fügte die Fee murmelnd an: „Hm… Eigentlich gar nicht so unerwartet.“ „Wieso?“ Link dämpfte seine Stimme zu einem leisen Flüstern und fixierte sein Gegenüber, um rechtzeitig reagieren zu können, sobald dieser eine Attacke starrten sollte. Ganondorf schien Link jedoch genauso zu belauern wie er ihn. „Denk doch mal nach“, forderte Navi. „Phantom-Ganon war nur Ganondorfs Schatten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die beiden sich zumindest Teile von Ganondorfs Persönlichkeit geteilt haben.“ „Du meinst, eigentlich hab ich diesen Kampf schon einmal gewonnen und muss es nur wieder tun?“ Link umklammerte fest das Heft des Master-Schwerts. Seine Finger fühlten sich vor Nervosität ein wenig taub und schwach an. „Najaaaaaaa….“ Navi kratzte sich nachdenklich am Nasenrücken. „Ich nehme schon an, dass der echte Ganondorf etwas einfallsreicher sein wird als sein Phantom.“ „Danke, Navi“, stieß der Herr der Zeiten mit einem Seufzen aus, „das war ganz genau das, was ich hören wollte…“ Die Fee zog den Kopf ein wenig ein und lächelte entschuldigend, obwohl ihr Freund es nicht sehen konnte, weil sie noch immer in seinem Nacken hockte. „Tut mir… leid?“ Link hätte gerne etwas Bissiges entgegnet, doch in diesem Moment entschied Ganondorf offenbar, dass er keine Lust mehr hatte, darauf zu warten, dass sein Kontrahent den ersten Schritt machte. Mit einem lauten Zischen flog die Energiekugel durch die Luft und verfehlte Links Arm, den dieser gerade noch zur Seite reißen konnte, nur um Haaresbreite. „Auf jeden Fall schmeißt er seine Energiebälle deutlich schneller als sein Phantom“, stellte Navi unnötigerweise fest, während sie sich an den Kragen von Links Tunika klammerte und an seinem Hals vorbei aus ängstlich geweiteten Augen zum Großmeister des Bösen herüberstarrte. Dieser warf bereits die nächste leuchtende Kugel und sammelte sofort wieder Energie für das nächste Geschoss. Dieses Mal gelang es Link jedoch, den Energieball mit dem Master-Schwert zu treffen und so umzulenken, dass er nun auf Ganondorf zuraste. Da dieser schon mit den Vorbereitungen für die nächste Attacke beschäftigt war, konnte er das Geschoss nicht mehr rechtzeitig abwehren. Die Energiekugel traf den Gerudo genau auf der Brust und schleuderte ihn zu Boden, wo er auf dem Rücken liegen blieb. Link, der seine Chance gekommen sah, rannte mit gezücktem Schwert auf den am Boden Liegenden zu, sprang und ließ seine heilige Klinge auf seinen Kontrahenten herabsausen. Dieser hob jedoch die Hand und ergriff das Master-Schwert an seiner Schneide. Der Herr der Zeiten und seine Fee keuchten überrascht auf, als sie sahen, dass Ganondorf die Klinge des Master-Schwerts packen und festhalten konnte, ohne sich zu verletzen. „Wie kann das sein?“ Navis Stimme war vor Schock kaum mehr als ein Flüstern. „Das Master-Schwert müsste ihn verbrennen! Niemand, der unreinen Herzens ist, kann es berühren!“ Link nickte und dachte: „Ganz abgesehen davon, dass er sich schneiden müsste…“ Der Großmeister des Bösen grinste grimmig, als er die verdatterten Gesichter seines Kontrahenten sah. „Dachtest du wirklich, ich würde gegen dich antreten und fair spielen? Du naiver, kleiner Junge…“ Mit diesen Worten legte er die freie Hand auf Links Brust und schoss aus nächster Nähe einen seiner Energiebälle ab. Der junge Kämpfer wurde quer durch den Raum geschleudert und krachte hart gegen eine Wand, die unter der Wucht des Aufpralls nachzugeben drohte. Bunte Glasscherben regneten wie ein Schauer aus Edelsteinen aus ihren verbogenen Fassungen auf Link herunter und zerschnitten ihm die Haut an den Ohren. Navi, die sich gerade noch rechtzeitig in die Luft hatte schwingen können, beobachtete mit krampfendem Herzen wie ihr Schützling langsam und schwerfällig wieder auf die Beine kam. Der Stoff seiner Tunika und seines Hemdes wie auch sein Kettenanzug waren im kompletten Brustbereich verbrannt, sodass man die versengte Haut darunter sehen konnte. Wie gerne hätte Navi ihrem Freund geholfen! Sie fühlte sich nutzlos und fehl am Platz, so als stünde sie lediglich im Weg. Wenn sie wenigstens eine Idee gehabt hätte, warum Ganondorf vom Master-Schwert nicht verletzt worden war…! Link richtete sich stöhnend wieder auf und nahm seine Verletzung mit einem schnellen Blick in Augenschein. Sie war flächenmäßig groß und nässte stark, aber zum Glück war sie nicht besonders tief. Dann machte er einen Probeschlag und verzog leicht das Gewicht. Es tat weh, sich zu bewegen, jedoch glücklicherweise nicht so sehr, dass er nicht mehr hätte kämpfen können. Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck machte sich der Herr der Zeiten für den nächsten Angriff seines Kontrahenten bereit, der auch prompt kam. Ganondorf schoss seine Energiebälle dermaßen schnell auf Link, dass dieser sie lediglich wegschlagen konnte, um sie von sich fern zu halten. Daran, eine der Energiekugeln so abzulenken, dass sie gezielt zu Ganondorf zurückflogen, war nicht zu denken. Link konnte nur hoffen, dass ihm ein Glückstreffer gelingen würde. Und was dann? Eisige Kälte breitete sich in dem Körper des jungen Mannes aus, als ihm mit einiger Verspätung völlig klar wurde, was die vorangegangene Situation bedeutete: Er konnte Ganondorf nicht verletzen… Wie sollte er einen Kampf gewinnen, wenn sein Gegner immun gegen seine Waffen war?! Panik schnürrte ihm die Kehle zu und für einen Moment war er geneigt, aufzugeben. Vielleicht wäre Ganondorf ja so gnädig, ihm dann zumindest einen schnellen, vergleichsweise schmerzfreien Tod zu gewähren. Mit einem Kopfschütteln versuchte Link, derlei Gedanken schnell wieder zu vertreiben. Der Großmeister des Bösen würde ihm niemals irgendetwas gewähren – er würde irgendwelche sadistischen Spiele mit ihm spielen, um seinen kranken Humor zu befriedigen. Außerdem war er Hyrules letzte Hoffnung, rief sich Link ins Gedächtnis, er durfte nicht aufgeben. Niemals. Auf diese Weise zog sich der Kampf minutenlang hin, während Ganondorf Katz und Maus mit Link spielte. Die wunderschönen Buntglasfenster ringsum waren inzwischen von Brandflecken und Löchern von umherfliegenden Energiebällen übersät. Der Herr der Zeiten keuchte heftig, registrierte aber mit einer gewissen Genugtuung, dass auch seinem Gegenüber der Schweiß auf die Stirn getreten war. Navi hatte sich durch eine der zu Bruch gegangenen Fensterscheiben nach draußen geflüchtet und beobachtete voller Sorge den ungleichen Kampf. Wie lange würde Link noch durchhalten? Gerade, als ihr diese Frage durch den Kopf geschossen war, streifte ein Energieball Links Schulter und der junge Mann schrie laut auf. Navi schlug sich die Hände vors Gesicht und verfluchte sich stumm, weil ihr noch immer nichts einfallen wollte wie Link Ganondorf besiegen konnte. Link hatte kaum Zeit, sich nach dem Treffer wieder zu fokussieren, da Ganondorf schon die nächste Salve Energiebälle auf ihn einprasseln ließ. Dem jungen Krieger blieb nichts weiter übrig, als sich mit einem Hechtsprung in Sicherheit zu bringen. Als er sich über den Boden abrollte, bohrten sich mehrere der herumliegenden Glassplitter in seine Haut. Vor allem eine Scherbe, die in seiner verbrannten Schulter stecken geblieben war, bereitete ihm große Schmerzen. Lange würde er dem nahezu ununterbrochenen Ansturm von Ganondorfs Attacken nicht mehr standhalten können. Schon jetzt merkte er wie ihn seine Kräfte immer mehr verließen. In einem Anflug von Verzweiflung stürmte Link auf den Großmeister des Bösen zu, der von der unerwarteten Aktion seines Kontrahenten derart irritiert war, dass er für einen Moment vergaß, weiterhin mit Energiebällen um sich zu werfen. Mit einem wilden Schrei sprang Link seinen Feind an und riss ihn mit sich zu Boden, wo er mit den Fäusten auf ihn einschlug. „Das ist für den Fluch, den du dem Deku-Baum angehängt hast!“ Link schmetterte Ganondorf seine Faust gegen die Nase, die zur Überraschung beider tatsächlich brach. Dickflüssiges Blut rann in breiten Bahnen aus beiden Nasenlöchern und lief in einem schaurig schwarzroten Bach an der Wange des Gerudo herunter. Von diesem ersten Erfolg beflügelt, prügelte Link weiter auf den am Boden Liegenden ein. „Und das ist für alles, was du den Goronen angetan hast! Und das für die Zoras! Und das hier für…“ Doch er kam nicht mehr dazu, auszuführen, für wen oder was sein vierter Schlag sein sollte. Ganondorf, dessen Gesicht inzwischen reichlich verquollen war, hatte ihn an der Gurgel gepackt und stand nun langsam auf, wobei er Links Kehle fest umklammert hielt. Da der Gerudo den Herrn der Zeiten um deutlich mehr als eine Kopflänge überragte, baumelten Links Füße nun frei schwebend in der Luft, während der junge Mann mit dem Ersticken kämpfte. „Du Wurm! Wie kannst du es wagen?!“ Das zornverzerrte Antlitz des Großmeisters des Bösen wirkte durch all das Blut, das noch immer aus seiner Nase tropfte und sich inzwischen breitflächig verteilt hatte, noch furchteinflößender als es ohnehin schon ausgehen hätte. „Ich werde dich zerquetschen und zermalmen und deine Leiche ausstellen, damit deinen so genannten Freunden auch noch das letzte Bisschen Hoffnung vergeht!“ Als er Link anschrie, spritzte dem Herrn der Zeiten ein wenig mit Blut vermischter Speichel ins Gesicht. Navi, die sich noch immer hinter ihren Händen versteckt hatte, sah bei dem Geschrei wieder auf und erstarrte vor Schreck. Links Lippen liefen bereits blau an und ihr Schützling kämpfte hörbar um jeden noch so kleinen Atemzug, während er wild mit den Füßen strampelnd an Ganondorfs ausgestrecktem Arm baumelte. Die Fee war schon halb durchs Fenster wieder ins Innere geklettert, um den Gerudo hoffentlich soweit abzulenken, dass er den Griff um Links Kehle etwas lockern würde, als Navi plötzlich etwas einfiel. Sie blieb wie angewurzelt in der Luft stehen und riss die Augen weit auf. Das war es! Die Lösung zu ihrem Problem! So laut sie konnte rief sie ihrem Schützling zu: „Link! Die Lichtpfeile, Link!“ Dieser schien im ersten Moment nicht zu reagieren, aber dann sah Navi, dass sich eine seiner Hände von Ganondorf löste und zu dem Lederbeutel an seiner Hüfte wanderte. Nur Sekunden später zog er einen goldenen Gegenstand hervor und schlug damit auf Ganondorfs Unterarm ein. Der Großmeister des Bösen ließ ihn daraufhin fallen wie eine heiße Kartoffel und machte einen Satz zurück, während sich ein Ausdruck der Panik in seinen Augen breit machte. Endlich hatten sie eine Waffe gegen ihn gefunden! Obwohl er es vorgezogen hätte, auf dem Boden sitzen zu bleiben und nach Luft zu schnappen, hechtete Link seinem Widersacher hinterher und rammte ihm den Lichtpfeil mit der Kraft der Titanenhandschuhe mitten ins Herz. Während sich Links keuchender Atem allmählich normalisierte, holte nun der Großmeister des Bösen zunehmend röchelnd Luft. Es war fast als entzöge der Herr der Zeiten seinem Feind die Luft zum Atmen… Dennoch hievte sich der Gerudo mühsam auf die Füße und schlug Link derart heftig gegen die verletzte Brust, dass dieser in die Knie ging wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt worden waren. „Glaub… ja… nicht… dass… du… schon… gewonnen… hast…“ Obwohl Ganondorf sich kaum noch auf den Beinen halten zu können schien, sammelte er wieder Energie in seiner Handfläche und beäugte den noch immer auf dem Boden knienden Herrn der Zeiten mit einem wahnsinnigen Blick. Die Energiekugel, die er dieses Mal bildete, war viel größer als die anderen zuvor und explodierte zu einer Art Funkenflug kaum, dass Ganondorf sie von sich geschleudert hatte. Bei diesem Anblick fragte sich Link, der von dem Luftmangel zuvor noch immer ein wenig benebelt war, für einen Moment, ob er bereits gewonnen hatte und die Einwohner Hyrules nun ein Feuerwerk für ihn veranstalteten. Doch dann wurde ihm die tödliche Bedrohung bewusst und er rappelte sich schnell wieder auf und zog sein Schwert, das er vor seiner Faustattacke gegen Ganondorf in seine Scheide zurückgesteckt hatte. Navi, die das Ganze mit wild schlagendem Herzen beobachtete, wollte ihm noch zurufen, er solle Nayrus Umarmung einsetzen, aber es war schon zu spät. Die Energiekugeln schienen den Herrn der Zeiten in sich einzuschließen und seine Fee war sich bereits sicher, dass er es nicht mehr lebend dort herausschaffen würde. Doch dann ertönte plötzlich ein weiterer Kampfschrei und die Energiebälle stoben in alle Richtungen hervor. Im Zentrum dieser Explosion stand Link, das Master-Schwert vor sich gestreckt, und wirbelte um die eigene Achse. Einige der Energiekugeln hatten ihn getroffen, sodass sich frische Brandwunden in seinem Gesicht, an einem Knie und an der Hüfte zeigten, aber das schien der tapfere Recke kaum wahrzunehmen. Stattdessen warf er das Schwert zur Seite und holte mit einer blitzschnellen Bewegung seinen Bogen und einen weiteren Lichtpfeil hervor. Ganondorf glotzte ihn mit einem idiotischen Gesichtsausdruck überrascht an und schien nicht fassen zu können, was er sah. Der Großmeister des Bösen schien vor Verblüffung noch immer bewegungsunfähig zu sein, als Link anlegte und schoss. Der goldene Pfeil surrte beinah geräuschlos durch die Luft und bohrte sich Ganondorf direkt zwischen die Augen. Für einen Moment blieb der Gerudo trotz des Treffers stehen und schien auf das Geschoss in seiner Stirn zu starren. Dann gaben schließlich seine Knie nach und Ganondorf sackte in sich zusammen wie ein einstürzender Turm. Auch Link fiel wieder auf die Knie und blickte keuchend auf seinen Feind. Es war tatsächlich geschafft! Er hatte es wirklich getan! Der Großmeister des Bösen war endlich besiegt! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)