Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 38: Sonnenaufgang ------------------------- Mit einem erleichterten Seufzer sank Link auf den Boden und schloss die Augen, um tief durchzuatmen und sich langsam ins Bewusstsein zu rufen, dass er den verhassten Wassertempel tatsächlich geläutert hatte und ihn endlich wieder verlassen konnte. Er musste nur noch Prinzessin Ruto finden und ihr die frohe Kunde mitteilen. Gerade, als er sich aufraffen und seine Suche starten wollte, öffnete sich mit einem leisen Quietschen die Tür. Erschrocken riss Link in der schon bekannten, irrationalen Befürchtung, seinem Schattendoppelgänger wieder zu begegnen, den Kopf herum. Doch anstatt sich diesem Alptraum gegenüberzusehen, entdeckte er die Zora-Prinzessin, die mit langen Schritten auf ihn zueilte. Bei ihrem Anblick stahl sich ein erfreutes Grinsen auf sein Gesicht. Damit, dass seine Suche so einfach werden würde, hatte er nicht gerechnet. „Link!“ Mit einem glücklichen Jauchzen warf sich ihm die Zora um den Hals und zog ihn derart fest an ihre Brust, dass die Wangen des jungen Hylianers in einem dunklen Rot aufflammten. Er spürte deutlich wie sich ihre Brüste gegen seinen Oberkörper drückten, was ihm ein ungewohntes Kribbeln durch den Leib jagte. Die unbekannte Emotion jagte dem jungen Mann ein wenig Angst ein, fühlte sich aber gleichzeitig auch irgendwie gut an… Um sich selbst davon abzulenken, begrüßte er die Zora-Frau in seinen Armen geradezu überschwänglich: „Ruto, es geht dir gut! Welch ein Glück!“ Die Prinzessin sah ihn von unten herauf mit einem koketten Augenaufschlag an. „Hast du dir etwa Sorgen um mich gemacht, Liebster?“ Als Antwort brachte Link nur unzusammenhängendes Gestammel hervor, was Ruto vergnügt auflachen ließ. „Das ist süß von dir.“ Sie strich ihm zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Und Morpha hast du auch besiegt. Aber ich hatte von dir auch gar nichts anderes erwartet.“ Sanft legte sie ihm beide Hände auf die Wangen und zog sein Gesicht zu ihrem. „Dafür bekommst du eine Belohnung.“ Obwohl Ruto nur flüsterte, dröhnten ihre Worte in Links Ohren wie Paukenschläge, als ihm bewusst wurde, was die Zora-Prinzessin vorhatte. Mit Zelda vor seinem geistigen Auge versuchte er, sich aus Rutos Griff zu lösen und dennoch nicht allzu verletzend zu sein. Verwundert zog diese die Augenbrauen zusammen, aber bevor sie etwas sagen konnte, schoss ihr plötzlich ein unsäglicher Schmerz in die Brust und nur Sekunden später sackte ihr Körper leblos in sich zusammen. „Ruto!“ Mit sich vor Panik überschlagender Stimme bemühte Link sich, der Zora doch noch ein Lebenszeichen zu entlocken. Als er nach ein paar erfolglosen Minuten aus purer Verzweiflung begann, sie zu schütteln, schoss ihm plötzlich die Redewendung «an gebrochenem Herzen gestorben» in den Sinn. War er etwa schuld an dieser Katastrophe? Doch gerade, als die hinter seinem Unterlid angesammelten Tränen hervorzubrechen drohten, begann Rutos Körper plötzlich von innen heraus zu leuchten. Erschrocken ließ Link ihre Schultern los und machte einen Satz nach hinten. Während der Herr der Zeiten noch mit schockgeweiteten Augen wie gelähmt dastand, konzentrierte sich das Licht im Bauch der Fischfrau, bevor es als leicht zuckende Kugel emporstieg. Einen Moment lang schwebte sie unbewegt vor Link, dessen Herzschlag sich langsam wieder normalisierte, auch wenn er noch immer verwirrt war, dann dehnte sich das bläuliche Licht aus und formte sich zu einer Licht-Ruto. Überrascht wich der Herr der Zeiten noch einen Schritt zurück, während er zu begreifen versuchte. Als er nach einer Schrecksekunde seine Stimme wiederfand, stieß er aus: „Ruto… Du… Du bist die Weise des Wassers!“ Das Lichtwesen blickte ihn für einen Moment verständnislos an, aber dann nickte es langsam und bedächtig. „Ja, ganz offensichtlich bin ich das.“ „Aber was ist mit dir geschehen?“ Die Weisen, die Link bislang außerhalb des Heiligen Reichs gesehen hatte, waren zwar ebenfalls nur Lichterscheinungen gewesen, doch er hatte immer angenommen, dass dies ihren gewaltsamen Toden geschuldet war. Ruto machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nichts weiter. Meine Seele musste ihren Körper verlassen, um ins Heilige Reich reisen zu können. Der Herr der Zeiten ist der Einzige, der mit Hilfe des Master-Schwerts die Lichtwelt betreten kann, ohne seinen Körper zu opfern.“ Sofort zog Link verwundert die Augenbrauen zusammen. „Moment! Was war denn mit Ganondorf? Er hat seinen Körper doch auch behalten!“ Ein kleines, leicht trauriges Lächeln stahl sich auf Rutos Lippen, als sie antwortete: „Das ist richtig. Doch erinnere dich daran, dass er dazu nur in der Lage war, weil er durch das von dir geöffnete Portal getreten ist.“ Schuldgefühle brandeten in dem jungen Helden auf und er wandte verlegen das Gesicht ab. Ruto lachte glockenhell und streckte eine ihrer durchsichtigen Hände nach Link aus. „Gräm dich nicht deswegen. Es ist nicht deine Schuld, dass es so gekommen ist.“ „Hm.“ Link schien nicht überzeugt zu sein, aber Ruto wandte sich trotzdem einem anderen Thema zu, das ihr noch mehr unter den Nägeln brannte: „Du hast damals nicht wirklich begriffen, was es bedeutete, dass ich dir den Zora-Saphir überließ, nicht wahr?“ Ein wenig verlegen zupfte Link an seinem Ohrläppchen und schüttelte den Kopf, als er mit gesenkter Stimme entgegnete: „Selbst wenn ich es verstanden hätte, hätte es nichts geändert. Ich brauchte den Zora-Saphir.“ „Ich weiß.“ Auf Rutos Lippen breitete sich ein nachsichtiges, warmes Lächeln aus. „Deswegen entlasse ich dich auch aus diesem Versprechen. Uns ist es sowieso nicht vorherbestimmt in ein und derselben Welt zu leben. Außerdem gehört dein Herz sowieso einer anderen Person.“ Ruto sagte dies ganz ruhig und ohne einen Anflug von Zweifel, was Link innerlich zusammenzucken ließ. Sah man es ihm an, dass er viel zu oft an Zelda denken musste? Oder meinte Ruto womöglich die seltsame Verwirrung, die der mysteriöse Shiek bei jeder Begegnung in ihm auslöste? Als die Zora-Prinzessin das gequält wirkende Gesicht ihres Gegenübers sah, lachte sie erneut auf. „Es ist schon in Ordnung. Mach dir um mich keine Gedanken. Ich bin schon froh und dankbar, dass ich als Weise des Wassers Teil deines Schicksals sein darf. Ich werde alles tun, um dich zu unterstützen, Liebster.“ Sie küsste Link sanft auf die Stirn, was dieser nur als eine Art warmen Lufthauch spürte. „Und mach dir keine Sorgen, du wirst dein Herzblatt schon bald wiedersehen. Da bin ich mir sicher.“ Mit diesen Worten zog sich die Lichtfigur wieder zu einer Kugel zusammen und schwebte davon, bevor Link etwas entgegnen konnte. Einen Moment lang stand dieser noch grübelnd da und blickte dem Licht hinterher. Was wusste Ruto von seinem Liebesleben? Und woher nahm sie bloß diese Gewissheit? Doch dann streifte er seine Grübelei mit einem Schulterzucken ab und machte sich auf, den Tempel endlich wieder zu verlassen. Als Link nur wenige Minuten später aus dem breiten Eingangsportal hinaus in den Hylia-See tauchte, ging gerade die Sonne auf. Wie ein riesiger rotgoldener Ball stand sie hinter der Bergkette im Osten und schickte ihre Strahlen aufs Wasser hinab, wo sie mit einem geheimnisvollen Glitzern über die Oberfläche tanzten. Kaum, dass Link mit seiner Nase aus dem Wasser gestoßen war, atmete er tief ein. Aus irgendeinem Grund war die Luft in alten Gemäuern grundsätzlich abgestanden und in diesem Fall hatte sie sogar noch nach verdorbenem Fisch gerochen, was das Atmen mehr als unangenehm gemacht hatte. Nun genoss er die kühle Frische und die friedvolle Stille, die nur vom Gesang der erwachenden Vögel durchbrochen wurde. Gerade, als er sich auf den Rücken legen und ein wenig treiben lassen wollte, um die innere Anspannung von sich abfallen zu lassen, brach plötzlich ein lautes Tosen los, das ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Mit nur einem kurzen Blick hatte Link jedoch bereits den Grund für den plötzlichen Lärm ausgemacht: Nachdem der Fluch gebrochen worden war, strömte nun das durch Magie gefangene Wasser zurück in die ausgetrocknete Mulde des Sees. Lachend ließ Link sich auf den Rücken fallen und sah mit einem glückseligen Lächeln in den heller werdenden Himmel hinauf, bis ihn plötzlich jemand an der Schulter berührte. Überrascht riss der junge Hylianer den Kopf herum und versank bei der unbedachten Bewegung sofort ein Stück weit im kühlen Nass, doch eine schlanke, weiß bandagierte Hand schnellte bereits zu ihm herab, packte ihn am Kragen seiner Tunika und zog ihn auf die kleine Insel inmitten des Hylia-Sees. Als Link Shiek erkannte, der am Ufer kniete und ihn mit einem warmen Strahlen in dem unverhüllten Auge ansah, stahl sich ein breites Lächeln auf seine Lippen. „Du hast es geschafft“, begrüßte der Shiekah den Herrn der Zeiten, wobei er hinter seiner Maskerade ebenfalls zu lächeln schien. „Jetzt, wo Morphas Fluch gebrochen ist, kehrt nicht nur das Wasser in den Hylia-See zurück – auch Zoras Reich wird langsam wieder auftauen. Du kannst stolz auf dich sein.“ Errötend blickte Link zu Boden, auf Shieks Hand, die nur wenige Zentimeter neben seinem Oberschenkel im ausgedorrten Gras lag. „Ich hoffe nur, dass ich nicht zu spät gekommen bin.“ Shiek sprang leichtfüßig auf und ging mit kleinen Schritten zum östlichen Ufer, wo er für einen langen Moment stumm in die aufgehende Sonne starrte. Als er endlich sprach, klang seine Stimme weit entfernt: „Mach dir keine Sorgen. Den Zoras geht es gut und sie haben noch genug Zeit, um auf die Eisschmelze zu warten.“ Geräuschlos folgte Link, dem noch immer Wasser aus Haaren und Kleidung tropfte, seinem Gesprächspartner und trat mit wild schlagendem Herzen an ihn heran. Wann immer er dem Shiekah so nah war, kribbelte es unter seiner Haut und er hatte das unbändige, verwirrende Verlangen, den anderen Mann zu berühren. Als hätte Shiek Links Nähe gespürt, warf er einen Blick über die Schulter, was den Hylianer wie eingefroren stehen bleiben ließ. Mehrere Herzschläge lang sahen die beiden Männer sich einfach nur an, während es Link heiß und kalt den Rücken hinunterlief und seine Gedanken sich zu einem unauflöslichen Knäul verknoteten. Schlussendlich war es Shiek, der das Schweigen und damit die fast knisternde Spannung zwischen ihnen brach: „Wo hast du eigentlich deine aufdringliche Fee gelassen?“ Heiße Schuldgefühle ätzten sich durch Links Magenwand. Für einen Augenblick hatte er doch tatsächlich Navi vergessen! Schnell griff er in seinen Beutel und holte seine Fee hervor. Obwohl sie schlief, wirkte Navi trotzdem wahnsinnig gequält und stöhnte leise. Vor Sorge schnürte sich Links Brustkorb zu und sein Atem vibrierte heftig, als er ausatmete. Sofort war Shiek an seiner Seite und warf einen besorgten Blick auf die nur noch schwach funkelnde Fee. „Das sieht übel aus.“ Die sichtbare Augenbraue bog sich heftig unter der grüblerisch kraus gezogenen Stirn. „Was ist passiert?“ Während Link das Geschehene schnell zusammenfasste, ruhte der intensive Blick des rotbraunen Auges ununterbrochen auf ihm, so als wolle Shiek in seinem Gesicht auch die Dinge lesen, die er nicht aussprach. Als der junge Held schließlich endete, nickte sein Gegenüber bloß und nahm die leidende Fee vorsichtig in seine Hände. Obwohl Shiek mit keiner Silbe erklärte, was er vorhatte, ließ Link ihn gewähren. Aus nicht einmal ihm selbst ganz klaren Gründen vertraute er ihm einfach. Langsam schloss Shiek die Hände über Navi und schloss konzentriert die Augen. Nur einen Augenblick später schoss lilafarbenes Licht zwischen seinen Fingern hervor und Link sprang überrascht zurück. Bevor der Herr der Zeiten begreifen konnte, was vor sich ging, schlug Shiek die Augen schon wieder auf und öffnete die Hände. Navi schlief noch immer auf der Hand des Shiekahs, aber anstatt wild zu flackern, leuchtete ihr Feenlicht wieder beständig und hell. „Ein Heilzauber“, erklärte Shiek, als er den überraschten und verwirrten Gesichtsausdruck seines Gegenübers sah. Bei dem abgespannten, erschöpften Unterton horchte Link auf, doch anstatt die feinen Schweißperlen auf der Stirn des Shiekahs zu sehen, behielt er die erwachende Navi im Auge. „W-Wo bin ich?“ Die Fee blickte sich verwirrt um und zuckte leicht zusammen, als sie erkannte, wer sie in den Händen hielt. Link ging ein wenig in die Knie, sodass er seiner Begleiterin auf Augenhöhe begegnete. „Wir sind wieder draußen. Morpha ist besiegt. Aber was viel wichtiger ist: Wie fühlst du dich?“ „Besser. Mein Kopf tut immer noch weh, aber mir ist nicht mehr schwindelig.“ „Das freut mich. Shiek hat dich übrigens geheilt.“ Warum er sich bei diesen Worten so stolz fühlte, wusste Link selbst nicht. Über das Gesicht der Fee huschte ein voller Blumenstrauß verschiedener Gefühle, als sie mit der Erkenntnis kämpfte, dass ihr ausgerechnet der Mann geholfen hatte, gegen den sie vor nicht allzu langer Zeit gewettert hatte und von dessen Niederträchtigkeit sie überzeugt gewesen war. Nach einiger Zeit rang sie sich dann allerdings doch ein Dankeschön ab, das Shiek nur mit einem knappen Nicken kommentierte. „Du solltest noch eine Zeit lang dafür sorgen, dass sie sich schont“, wandte der Shiekah sich schnell wieder an Link, der nickte und Navi vorsichtig auf seine Schulter setzte, wo sie sich zufrieden in eine Strähne seines weichen Haares kuschelte. Gerne hätte Link den Shiekah gefragt, wohin ihn dessen Weg nun führen würde, aber irgendwie wollten ihm diese Worte nicht über die Lippen kommen. Stattdessen wollte er den anderen Mann zum Dank umarmen, doch Shiek wand sich geschickt unter seinem Arm hindurch. Dann schien er Link erneut zuzulächeln und versprach: „Wir werden uns wiedersehen.“ Bevor der Hylianer antworten konnte, sprang der Shiekah auch schon mit einem eleganten Köpper ins Wasser und war verschwunden. Ein wenig verwirrt stand Link am Ufer und starrte auf die sich kräuselnde Wasseroberfläche. War Shiek etwa vor seiner Nähe geflohen oder gab es einen anderen Grund für dessen überhasteten Aufbruch? Mit einem Kopfschütteln wandte er sich der Brücke zu, die das Festland mit der kleinen Insel verband. Es war wichtiger, etwas zu essen und sich neue Pfeile zu besorgen, anstatt sich den Kopf über diesen verwirrenden Mann zu zerbrechen! Also pfiff er nach Epona, die sofort angaloppiert kam, und machte sich auf den Weg nach Kakariko. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)