Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 37: Lange Ketten und schleimige Tentakelwesen ----------------------------------------------------- Als Link wieder zu sich kam, war der Gespensterbaum bereits zu einem nur noch zart glimmenden Haufen herabgebrannt und auch die Luft im Raum hatte sich wieder merklich abgekühlt. Link schüttelte ein wenig benommen den Kopf und bemühte sich, die letzten Reste der Schlaftaubheit abzuschütteln. Auf seiner Wange verliefen dicke, rote Striemen – Abdrücke der Fugen zwischen den Fliesen, auf denen das Gesicht des jungen Helden stundenlang gelegen hatte. Seine Glieder fühlten sich noch immer steif an und Link hätte gerne noch ein wenig weitergeschlafen, aber dafür war keine Zeit. Es war ärgerlich genug, dass er sich überhaupt von seiner Erschöpfung hatte übermannen lassen! Also stemmte der Herr der Zeiten sich mühsam auf die Füße und dehnte seine schmerzenden Extremitäten. Wenigstens hatte der Schlaf den stechenden Schmerz in seinem Fuß wieder etwas abklingen lassen. Dennoch belastete Link dieses Bein so wenig wie möglich, als er zu der vergitterten Tür hinüberging. Die Blume, die er entdeckt hatte, bevor sein Schattendoppelgänger ihn überrascht hatte, war schnell wiedergefunden und erwies sich tatsächlich als der gesuchte Schalter. Kaum, dass Link den Blütenkelch in die Fliese hineingedrückt hatte, begannen die Eisenstäbe vor der Tür ein wenig zu wackeln und wurden dann mit einem schleifenden Geräusch in den Boden gezogen. Der nächste Raum war geradezu winzig. Wenn Link die Arme ausbreitete, konnte er beinah die sich gegenüberliegenden Wände gleichzeitig berühren. Wichtiger und interessanter war jedoch die große, hölzerne Truhe, die auf einem kleinen Podest in der Mitte des Raums stand. Mit nur einem kurzen Schritt war Link bei ihr und schob den unverschlossenen Deckel nach hinten. Im Inneren lag eine sauber aufgerollte Kette, die etwa fünf Meter lang war und an ihrem einen Ende ein scharfkantiges Dreieck befestigt war. Sein Fund erinnerte Link sofort an seinen Fanghaken, doch ohne ein entsprechendes Gehäuse war eine solche Kette relativ nutzlos. Er konnte damit höchstens wie mit einer Peitsche um sich schlagen, aber da hatte er wesentlich treffsichere und handlichere Waffen in seinem Repertoire. Sollte dies der erste Fund sein, mit dem er nichts würde anfangen können? Nachdenklich auf der Unterlippe kauend holte Link seinen Fanghaken hervor und inspizierte ihn gründlich. Im Inneren des Metallgehäuses waren noch Unmengen an Platz, sodass die soeben gefundene Kette auch noch hereinpasste. Sofort wandte Link seine Aufmerksamkeit dem vorderen Ende der Fanghakenkette zu und suchte nach einer Möglichkeit seinen Fund daran zu befestigen. So eine Verlängerung würde sich bestimmt als sehr nützlich erweisen. Tatsächlich ließ sich die Spitze vorne zumindest theoretisch problemlos entfernen. Dazu musste lediglich das Glied direkt dahinter aufgebogen werden. Doch obwohl dieser Ring dünner und nicht ganz so sorgfältig geschmiedet war wie die anderen Glieder der Kette, stand Link schon bald der Schweiß auf der Stirn, von wo aus er ihm in die Augen lief. Nach mehreren Minuten hatte der Herr der Zeiten es endlich geschafft, den Ring soweit aufzubiegen, dass er die Spitze vom Rest der Kette lösen konnte. Während er mit der linken Hand bereits nach dem Truheninhalt griff, wischte er sich mit der anderen über die schweißnasse Stirn. Mit einiger Erleichterung stellte er fest, dass sich die Verlängerung relativ einfach an der Hauptkette befestigen lassen würde: An ihrem hinteren Ende war eine Art Karabiner befestigt, der sich ganz unkompliziert einhaken ließ, wenn man ein wenig Kraft aufwand. Als Link den Aufrollmechanismus betätigte und beobachtete, wie sich die jetzt etwa doppelt so lange Kette problemlos um den Eisenstift im Inneren des Metallgehäuses wickelte, überkam ihn ein tiefes Gefühl der Genugtuung. Er hatte es tatsächlich ohne Hilfe geschafft, den Fanghaken zu verlängern und aufzubessern! Stolz und fast ein wenig liebevoll strich er über die neue Spitze, die noch vollkommen unbenutzt wirkte und ein wenig massiver war als das gerade abmontierte Exemplar. An einer Seite des scharfkantigen Dreiecks hielt er jedoch inne. Obwohl das glänzende Metall keinerlei Kratzer aufwies, fühlte es sich an dieser Stelle irgendwie komisch an. Link hob die Spitze so nah vor sein Gesicht wie er nur konnte und verengte die Augen zu Schlitzen, um besser erkennen zu können, was an dieser Seite so sonderbar war, und staunte nicht schlecht. Irgendjemand hatte mit sehr feiner, geschnörkelter Schrift die Worte „Ihr Göttinnen, segnet diesen Enterhaken“ in das Metall graviert. Mit einem Grinsen ließ Link das gute Stück in seinen Wunderbeutel gleiten. Jetzt hatte er statt eines Fanghakens einen ungefähr doppelt so langen, gesegneten Enterhaken – ein guter Tausch wie ihm schien. „So, wo geht es hier jetzt weiter?“ Fragend blickte Link sich in dem winzigen Raum um, ohne eine Tür zu entdecken, die ihn tiefer in den Tempel geführt hätte. Gerade, als er sich fragte, ob er womöglich umkehren, den ganzen Weg zurücklaufen und einen neuen Ansatz suchen sollte, fiel ihm endlich etwas auf. Von irgendwoher drang das sanfte Gurgeln fließenden Wassers an seine Trommelfelle. Irritiert lauschte er in den ansonsten stillen Raum und versuchte auszumachen, woher das Geräusch stammte. Die Ohren gespitzt krabbelte Link auf allen Vieren wieder auf die Truhe zu, da das Wasserplätschern direkt aus ihrem Inneren zu kommen schien. Der Herr der Zeiten stemmte sich mit vollem Gewicht gegen die leere Truhe, die sich erstaunlich leicht verschieben ließ. Darunter kam ein kleines, viereckiges Loch zum Vorschein, das gerade breit genug war, dass ein Mann von Links Statur knapp hindurch passte. Nach einem kurzen, prüfenden Blick wie tief der Sturz wäre, schwang Link sich hinunter. Der Boden, auf dem er landete, war sandig und uneben, doch das leichte Federn des Untergrunds kam Links verletztem Fuß durchaus entgegen. Neben der schmalen Sandbank, die direkt unter dem Loch lag, floss ein breiter, laut gurgelnder Fluss. Das glitzernde Wasser strömte einen leichten Abhang hinab und bildete stellenweise sogar wild wirbelnde Strudel. Einen Moment lang überlegte Link, ob er sich einfach in die Fluten stürzen und schwimmen sollte, zog sich dann allerdings doch seine Eisenstiefel an. Er war zwar ein ausgezeichneter Schwimmer, aber die Strudel stellten eine unberechenbare Herausforderung dar, der er sich lieber nicht aussetzen wollte. Deswegen erschien ihm die Alternative, zu Fuß zu gehen, wesentlich vernünftiger. Tatsächlich gestaltete es sich jedoch um einiges schwieriger als gedacht dem Flusslauf zu folgen. Der Grund war übersät mit Furchen und Bodenwellen, die das Vorankommen schon erheblich erschwerten. Die wahre Gefahr waren jedoch die tiefen Krater über denen sich die Strudel gebildet hatten. Ihre Ränder fielen derart steil ab, dass Link sich nicht sicher war, ob er sich mit den Eisenstiefeln an den Füßen wieder herauskämpfen könnte, sollte er in eines dieser Löcher abrutschen. Die Stiefel auszuziehen hätte jedoch womöglich bedeutet, von der heftigen Strömung erfasst und an der rauen Wand zerschmettert zu werden. So tastete Link sich vorsichtig voran, setzte langsam einen Fuß vor den anderen und wägte jeden Schritt genauestens ab. Nach einer Weile erreichte er endlich einen steinernen Vorbau, der aus der granitenen Wand heraus in den Fluss ragte. Allerdings gestaltete es sich mit den schweren Eisenstiefeln an den Füßen verdammt anstrengend, das Podest zu erklimmen. Diese Ochserei war Link jedoch immer noch lieber als die Quälerei, sich unter Wasser seines Schuhwerks zu entledigen und dieses auch noch in seinem Wunderbeutel zu verstauen. Mit den Stiefeln in der Hand auf den Vorsprung zu klettern, wäre ähnlich schwierig gewesen wie die Kletterei, mit der sich Link nun abmühte, und von daher keine wirkliche Alternative. Als sich der Krieger endlich auf den Vorsprung gehievt hatte, lehnte er sich zunächst schnaufend an die Wand, um wieder zu Atem zu kommen, bevor er sich neugierig umschaute. Gegenüber dem Podest führte in Sprungweite ein Gang aus dem Raum hinaus. Zu Links Unmut hinderte ihn jedoch ein golden schimmerndes Gitter, das vor dem Zugang zu diesem Weg im Fackellicht glänzte, am Vorankommen. Seufzend blickte sich der junge Held weiter um. So langsam zerrte dieser Tempel wirklich an seinen Nerven! Er wollte nur noch Morpha finden und ausschalten, jemanden finden, der Navi helfen würde, etwas Deftiges essen und sich endlich mal wieder richtig ausschlafen… An der Wand rechts von ihm entdeckte Link ein augenförmiges Gebilde, dessen Mittelteil ein Stück weit vorstand und das Link sehr bekannt vorkam. So etwas hatte er bereits im Deku-Baum gesehen. Leider hing der Druckschalter zu hoch und zu weit entfernt, um ihn per Hand zu betätigen, doch das konnte einen so erfahrenen Abenteurer natürlich nicht aufhalten! Schnell war der Bogen aus dem Wunderbeutel gezerrt und nur einen Pfeilschuss später wurde das störende Gatter vor dem Gang mit lautem Rattern in die Höhe gezogen. Durch den dahinter liegenden, unendlich lang wirkenden Gang gelangte Link an einen weiteren Fluss. Dieses Mal handelte es sich jedoch nicht um ein natürliches Gewässer, sondern um einen künstlich angelegten Wasserlauf. Der Herr der Zeiten blickte sich aufmerksam zu beiden Seiten um, ohne etwas Auffälliges zu entdecken. Doch kaum hatte er einen Fuß in das seichte Wasser gesetzt, rumpelte es plötzlich über ihm und eine gigantische Steinkugel stürzte auf ihn herab. Mit einem beherzten Sprung konnte der junge Held sich gerade noch retten, aber Zeit aufzuatmen und sich darüber zu freuen blieb ihm nicht. Noch bevor er wieder richtig auf den Füßen war, rollte die tonnenschwere Gefahr erneut auf ihn zu. Schäumendes Wasser spritzte an die blau gekachelten Wände, während Link den Flusslauf hinunterstürzte und die Kugel immer mehr aufholte. Der Herr der Zeiten hetzte so schnell durch den länglich angelegten Raum, dass er die schmale Nische mit der rettenden Tür beinahe übersehen hätte. Kaum hatte er die Hand auf den Türknopf gelegt, krachte die Steinkugel hinter ihm mit lautem Donnern gegen die Wand, wo sie knirschend in zwei Hälften brach. Aufatmend drehte Link den umklammerten Knauf und trat in einen weiteren kleinen Raum, der glücklicherweise nicht nur frei von bösen Überraschungen war, sondern auch zurück in die Eingangshalle führte. Nach nur kurzer Suche fand Link die imposante, reichhaltig verzierte Tür wieder, die schon bei seinem ersten Rundgang durch die Halle seine Aufmerksamkeit erregt, aber außer Reichweite gelegen hatte. Sie war fast doppelt so breit wie die restlichen Tempeltüren und mit schimmernden, goldenen Metallplatten beschlagen, sodass auf dem dunkelblau lackierten Holz ein kunstvolles Muster entstand. Riesige Steinschlangen flankierten den Durchgang an beiden Seiten und reckten ihre imposanten Köpfe bis unter die Decke. Link legte den Kopf schief und blickte mit einem fast grimmigen Grinsen zu der Tür hinüber. Als er das letzte Mal an dieser Stelle gestanden hatte, hatte er keine Idee gehabt, wie er jemals die andere Seite erreichen können sollte. Doch dank des Enterhakens standen ihm nun völlig neue Wege offen. Schnell kramte Link das gute Stück hervor und visierte die Holzplatte auf der Brust der rechten Schlange an. Die Hakenspitze sauste durch die Luft und bohrte sich tief in ihr Ziel. Link, der unbewusst den Atem angehalten hatte, ließ mit einem Seufzen der Erleichterung die Luft aus seiner Lunge entweichen. Für einen kurzen Moment hatte er befürchtet, durch das zusätzliche Gewicht der Verlängerung könnte die Kette zu schwer sein und nach nur wenigen Metern schlaff zu Boden fallen, da die Katapultkraft des Mechanismus‘ im Gehäuseinneren zu schwach sein könnte. Doch zu seinem Glück funktionierte alles einwandfrei. Als Link vor der breiten Tür stand, erkannte er, dass sie aus zwei Flügeln bestand, die nur durch einen langen, goldenen Riegel verbunden und verschlossen waren. Von einer seltsamen Vorfreude ergriffen, schob der Herr der Zeiten den nur etwa fingerdicken Bolzen zur Seite und zog einen Türflügel auf. Aus irgendeinem Grund war er sich sicher, dass er Morpha und damit dem Ende seiner derzeitigen Aufgabe ganz nah war. Doch zunächst wartete noch eine andere Herausforderung auf ihn: Der Weg vor ihm stieg dermaßem steil an, dass Link hinunterzurutschen drohte, sobald er seinen Schritt verlangsamen oder gar stehen bleiben würde. Als wäre ein solcher Aufstieg nicht so schon schwierig genug, hatte sich der Erbauer des Tempels eine weitere perfide Gemeinheit einfallen lassen: Scharfe, rotierende Messer wurden auf einer Art Fließband quer über den Weg gezogen – von rechts nach links, von links nach rechts und wieder von vorn. Mehrere Minuten lang stand Link unbewegt im Türrahmen, beobachtete die kreisenden Klingen und versuchte, sich ihren Rhythmus einzuprägen. Erst, als er glaubte, das schmale Zeitfenster, das ihm bei jedem Durchlauf blieb, um die Schräge zu erklimmen, ausgemacht zu haben, rannte er los. Obwohl er die Füße, kaum, dass sie den Boden berührt hatten, wieder hochriss, rutschte er bei jedem Schritt ein winziges Stück wieder herab. Dennoch schien er die silbern glänzende Tür, die am oberen Ende des Gangs wartete, ohne weitere Probleme erreichen zu können. Erst, als Link das letzte Messer passieren wollte, zeigte sich, dass er sich verschätzt hatte. Anstatt noch in der Nähe der Wand zu sein, kreiste die Klinge bereits wieder auf die Gangmitte zu. Der scharfkantige Stahl zerteilte zischend die Luft und hätte um ein Haar Links Oberschenkel durchtrennt, hätte der junge Held sich nicht mit einem Satz nach hinten gerettet. Dies hatte jedoch zur Folge, dass er den Halt verlor und unaufhaltsam nach unten rutschte. Dass er hierbei nicht von einem der anderen Messer in Stücke gehackt wurde, war reines Glück. Wieder unten angekommen beobachtete Link mit wild schlagendem Herzen erneut die rotierenden Klingen und versuchte herauszufinden, wo sein Fehler gelegen hatte. War er zu spät losgelaufen? Nein, dann hätte ihn gleich das erste Messer erwischt. Ob er es mal mit Zickzacklaufen probieren sollte? Lieber doch nicht… Er war sich nicht sicher, ob er dabei sein Gleichgewicht würde halten können oder bei einem Richtungswechsel hinabrutschen würde. Als er auch nach fast zehn Minuten noch immer nicht sah, wie er sicher oben ankommen würde, wechselte Link seine Strategie. Einer plötzlichen Eingebung folgend rannte er wieder am gleichen Zeitpunkt wie zuvor los – dieses Mal jedoch nicht in der Mitte des Weges, sondern am linken Rand. Der Ärmel seiner Tunika strich über die Wandfliesen, doch das behinderte Links Vorankommen nicht im Geringsten. Als er endlich das Ende der Stiege erreichte, schmerzten seine Unterschenkelmuskeln, aber das nahm er nur unterschwellig wahr. Seine innere Anspannung und die unerklärliche Gewissheit, Morpha hinter dieser silbernen Tür anzutreffen, waren viel zu groß, um Platz für derlei Nebensächlichkeiten zu lassen. Also machte er ohne zu zögern die paar Schritte zur Tür und drückte die quietschende Klinke herunter, um in den dahinter liegenden Saal zu treten. Ein riesiges, tiefes Bassin, in dem in regelmäßigen Abständen kleine, quadratische Plattformen aus dem Wasser lugten, nahm fast den gesamten Raum ein. Lediglich ganz am Rand verlief ein schmaler Steg, auf dem nur ein einzelner Mann auf einmal Platz hatte, um das Becken herum. Knapp über dem Boden ragten bedrohliche, spitz aussehende Eisenstacheln aus der Wand heraus als wollten sie jeden Besucher sogleich aufspießen. Doch ansonsten war der Raum scheinbar vollkommen leer… Link sprang auf eine der Plattformen, die der Raummitte am nächsten waren, und blickte sich suchend um. Leider konnte er nirgends ein Zeichen von Morpha oder eine weitere Tür entdecken, die ihn vielleicht weiter vorangebracht hätte. Sollten seine Mühen, hierher zu gelangen, tatsächlich umsonst gewesen sein? Hatte er sich von der pompösen Verzierung der Doppelflügeltür in die Irre leiten und in eine Sackgasse führen lassen? War er wirklich dumm genug gewesen, um auf ein solches Täuschungsmanöver hereinzufallen? Enttäuschung und Zorn machten sich in dem jungen Helden breit und er trat frustriert gegen einen kleinen Kieselstein, der neben seinem Fuß gelegen hatte. Der Stein ditschte über das leicht trübe Wasser, bis er nach mehreren Metern den Schwung verlor. Doch anstatt sofort unterzugehen, blieb der Kiesel für einen irritierend langen Moment auf der Oberfläche liegen und sank dann viel langsamer als es normal gewesen wäre zu Boden. Verwirrt warf Link die Stirn in Falten und wollte gerade das Wasser genauer in Augenschein nehmen, als ihm plötzlich ein eisiger Schauer über den Rücken lief und er das Gefühl hatte, jemand stünde hinter ihm. Unsinnigerweise befürchtete er, sein Schattendoppelgänger könnte die Explosion doch irgendwie überlebt haben und ihn erneut angreifen. Umso erstaunter war Link, als er hinter sich nicht einen vor Wut schäumenden Schattenweltler sondern eine Art Wassersäule mit einem pulsierenden, rötlich wirkenden Kern entdeckte. Noch bevor er sich darüber wundern konnte, stürzte sich die Säule, deren Konsistenz eher schleimig als wässrig war, auch schon auf ihn, wickelte ihn ein, hob ihn mehrere Meter in die Höhe und schleuderte ihn gezielt in Richtung der tödlichen Eisendornen. Link sah sich vor seinem geistigen Auge bereits aufgespießt wie einen Wurm auf einem Angelhaken, aber wie durch ein Wunder schaffte er es doch noch, sich zu retten. Anstatt mit dem Oberkörper auf die scharfen Spitzen zu prallen, gelang es ihm irgendwie den abgerundeten Hauptteil der Eisenstäbe mit den Händen zu umfassen und seinen Körper wie bei einem Handstand in die Höhe zu stemmen. Durch die Fluggeschwindigkeit war es ihm unmöglich, das Gleichgewicht zu halten, und seine Beine knallten unsanft gegen die Wand, aber die Hauptsache war, dass er dem Tod mal wieder ein Schnippchen geschlagen hatte. Bei all seinem Glück musste er wahrlich von den Göttinnen gesegnet sein. So schnell er konnte, rappelte sich der Herr der Zeiten wieder auf und blickte sich suchend um. Morpha, das schleimige Tentakelwesen, hatte sich drohend in der Raummitte aufgerichtet und kam langsam auf ihn zu. Sobald es nah genug war, um den vorwitzigen Hylianer, der es gewagt hatte, so tief in diesen Tempel zu dringen, zu packen, ließ Morpha seinen langen Tentakelarm auf Link herabsausen. Dieser wich allerdings mit einer geschickten Drehung aus, zog noch in der Bewegung sein Schwert und durchtrennte mit einem einzigen Schlag Morphas Arm. Dies schien seinen Angreifer jedoch in keiner Weise zu tangieren… Das abgeschlagene Stück fiel einfach in sich zusammen und hinterließ eine bläulich schimmernde Pfütze, während sich der Rest ins Wasserbassin zurückzog, wo es nach nicht mal einer Minute wieder vollkommen unbeschädigt auftauchte, so als wäre nie etwas gewesen. Grummelnd schob Link sein Schwert zurück in die Scheide. Offenbar konnte er Morpha auf diese Weise nicht besiegen. Doch was sollte er stattdessen tun? Als der pulsierende Kern wieder in dem Tentakelarm nach oben glitt, kam Link plötzlich eine Idee. Sofort zückte er seinen Bogen und feuerte einen Pfeil auf die zuckende, rote Kugel ab. Bange Sekunden vergingen, während das Geschoss quer durch den Raum sauste und endlich sein Ziel fand. Vor Überraschung und Schmerz aufjaulend stürzte Morpha in sich zusammen und verbarg sich in der Tiefe des Wasserbeckens. Einen Moment lang fragte Link sich, ob es das schon gewesen und der Kampf bereits beendet war, doch dann entdeckte er den Kern in der Nähe einer Plattform. Schnell schoss Link einen regelrechten Pfeilhagel ab, aber das durchaus intelligente Monster war nun vorgewarnt und so ging ein Schuss nach dem anderen ins Leere. Schon bald musste der junge Held die Erfahrung machen, dass einen Wunderbeutel mit unendlichem Fassungsvermögen zu besitzen nicht bedeutete, dass sich dessen Inhalt unbegrenzt vermehrte. Als Link nach dem etwa dreißigsten Schuss in den Beutel griff, um einen weiteren Pfeil hervorzuholen, blieb seine Hand leer. „Verdammt! Was mache ich denn jetzt? Ich bin so ein Idiot! Warum hab ich nicht daran gedacht, dass so etwas passieren muss, wenn ich blindlings drauflos schieße?!“, schimpfte Link stumm mit sich selbst, während er fieberhaft nach einer neuen Idee suchte. Schon bald würde Morpha merken, dass ihm die Munition ausgegangen war, und einen Gegenangriff starten. Tatsächlich sauste nur wenige Atemzüge später der glitschige Tentakelarm erneut auf Link zu. Zwar konnte dieser wieder problemlos ausweichen, aber das hinderte Morpha nicht daran, ihn zu verhöhnen, indem es seinen Kern durch den Arm wandern ließ – direkt an Link vorbei. Dieser konnte das hämische Lachen regelrecht hören und presste die Kiefer fest aufeinander, während er nur dastehen konnte wie ein zahnloser Löwe. Morpha wiederholte das Spielchen noch ein paar Mal und schien sich köstlich über seinen resigniert wirkenden Gegner zu amüsieren, als Link plötzlich doch noch eine zündende Idee kam. Geduldig wartete er, bis Morpha erneut nach ihm schlug. Aber anstatt wie bisher schon frühzeitig außer Reichweite zu springen, blieb er wie angewurzelt stehen, wobei er eine Hand in seinem Wunderbeutel verborgen hielt. Das Tentakelwesen, das Links Bewegungslosigkeit als Zeichen der Aufgabe deutete, ließ seinen Kern bis ganz nach vorne in seinen Arm gleiten – eine letzte Demütigung für den eh schon hoffnungslosen Gegner. Mit einem breiten, siegessicheren Grinsen, das Morpha irritiert innehalten ließ, riss Link plötzlich den Enterhaken aus dem Beutel hervor und feuerte ihn auf den Kern ab, bevor Morpha auch nur ansatzweise die Möglichkeit gehabt hatte, die Gefahr zu begreifen. Die Spitze durchschlug die pulsierende Kugel genau in der Mitte und riss sie aus dem schützenden Schleimmantel heraus. Zappelnd wie ein Fisch auf dem Trockenen versuchte der Kern, sich zu befreien, doch die Widerhaken der Enterhakenspitze und Links Fuß, mit dem er auf der Kette stand, ließen ihm keine Chance. Einen augenaufschlagkurzen Moment hatte Link das dringende Bedürfnis, das gefangene Monster sich noch eine Weile weiter winden und quälen zu lassen und es so für das zu bestrafen, was es den Zoras angetan hatte, indem es sich dieses Tempels bemächtigt hatte. Über sich selbst erschrocken zog der Herr der Zeiten jedoch schnell sein Schwert und beendete damit den Kampf. Die beiden Kernhälften verschrumpelten nach ihrer Trennung augenblicklich wie verdorrtes Obst und auch das schleimige Wasser im Bassin löste sich zu Links Erstaunen vollständig in Luft auf. Kurz darauf bebte die Erde ein wenig, als Morphas Fluch endgültig brach und der Tempel freigegeben wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)