Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 35: Wasserspiele ------------------------ Die Eingangshalle des Tempels war überwältigend und tief unter dem Hylia-See angelegt. Link stand am Rand des obersten Stockwerks und starrte in die Tiefe, wo sich zwei weitere, überflutete Ebenen erstreckten. Schnell holte der junge Hylianer seine Fee aus dem Lederbeutel, die mehr als froh zu sein schien, wieder in Freiheit zu sein. Tief Luft holend ließ sie sich wie so oft auf seiner Schulter nieder und murmelte leise: „Erinnere mich daran, dass ich mich nie wieder in die Nähe von Wasser begebe, wenn wir hier fertig sind.“ Link grinste und sprang wieder in die Fluten, um zu der imposanten Mittelsäule zu schwimmen, die in etwa so breit war wie ein kleines Wohnzimmer und auf allen drei Ebenen mit einer Balustrade bestückt war, die rund um die Säule führte. Navi folgte ihm in einigem Abstand und betrachtete schaudernd die schier unglaublichen Mengen an Wasser. Hätte man den Tempel leer gepumpt und anschließend dicht versiegelt, hätte dies gereicht, um den Hylia-See wieder vollständig zu füllen. „Hm... Scheint so als kämen wir von hier aus nicht weiter.“ Link hatte seinen Rundgang um die Säule beendet und machte ein wenig glückliches Gesicht. Die Tür auf der linken Seite war mit dicken Eisenketten verschlossen und der Gang gegenüber nicht zu erreichen. „Das heißt, ich muss zurück ins Säckchen?“ Navi verzog den Mund und seufzte, während ihr Begleiter entschuldigend lächelte und die Schultern hob. „Sieht so aus, tut mir leid. Aber sag mal, wie fühlt sich das eigentlich an?“ Die Fee zuckte mit den Achseln. „Nicht so schlimm. Es ist nur komisch, weil man das Gefühl hat, schwerelos im Raum zu schweben, und es nichts um einen herum gibt – nur endlose Weiten weißen Lichts. Das ist nicht wirklich angenehm, finde ich.“ Link legte den Kopf schief und nickte dann. „Ja, das kann ich nachvollziehen, aber das ist immer noch besser als zu ertrinken, oder?“ Seufzend nickte Navi und hüpfte in das Ledersäckchen, das er ihr geöffnet entgegen hielt. Dann warf der Recke einen Blick in die Tiefe, um sich einen Plan zurechtzulegen, in welcher Reihenfolge er die einzelnen Räume und Tunnel erkunden sollte. Er hatte sich gerade eine Tür auf der mittleren Ebene ausgespäht, als eine Bewegung ihn zusammenzucken ließ. Aus den Augenwinkeln hatte er deutlich gesehen, wie jemand oder etwas in einen Gang auf der untersten Ebene verschwunden war. Geschwind wechselte er sein Schuhwerk, in der Hoffnung, dass die Eisenstiefel ihn schneller in die Tiefe zogen als er tauchen konnte. Tatsächlich brauchte er für das Herabsinken nur wenige Augenblicke und er war sich sicher, er würde das Wesen, das er zuvor gesehen hatte, noch einholen können. So schnell wie er auf dem sandigen Boden konnte, stürzte er auf den hellblau gefliesten Gang zu. Erstaunlicherweise behinderten ihn die schweren Eisenstiefel dabei weit weniger als erwartet – im Gegenteil. Unter Wasser war ihnen ihr enormes Gewicht gar nicht mehr anzumerken und Link konnte sich mit ihnen bewegen als würde er seine gewohnten Lederstiefel tragen. Einzig die Tatsache, dass er nicht atmen konnte, störte ihn sehr. Obwohl er dank des Zoragewands nicht atmen musste, fühlte es sich extrem unangenehm an, nicht Luft holen zu können. Nach wenigen Metern öffnete sich der Gang zu einem kleinen Raum, der bis auf drei Fackelständer und ein paar brüchig aussehender Krüge vollkommen leer war. Auf der Rückseite führte eine grünlich bemalte Metalltür in ein weiteres Zimmer, doch was viel wichtiger war: Vor dieser Tür stand eine junge Zora mit wunderschönen, leicht gerüschten Flossen und einem Hammerhai ähnlichen Kopf. „Ruto!“, rief Link freudig aus, aber wegen des Wassers um ihn herum, kam nur ein undeutliches Gurgeln aus seinem Mund. Die Zora-Prinzessin lächelte zu ihm herüber und näherte sich ihm langsam. „Ich habe gewusst, dass du kommen würdest.“ Erstaunlicherweise schaffte sie es irgendwie, dass ihre Worte klar und verständlich waren. „Link, wir müssen mein Volk retten! Deswegen kam ich hierher, aber plötzlich sind unzählige Monster in unserem Heiligsten… Sogar Morpha hat sich in diesem Tempel eingenistet. Ich bin mir sicher, dass dieses widerliche Vieh hinter allem steckt. Du musst wissen, dass der Wassertempel und das Reich der Zoras durch einen Zauber sehr eng miteinander verknüpft sind. Eigentlich soll diese Verbindung unser Reich schützen, doch wie man momentan sieht, kann das Ganze auch ins Gegenteil umschlagen.“ Mit großen, bittenden Augen nahm Ruto Links Hände in ihre und drückte sie sacht. „Bestimmt ist Morpha schuld an all dem Eis in Zoras Reich. Link, ich bitte dich, hilf mir, dieses Monster zu besiegen.“ Der Hylianer nickte, ohne weiter darüber nachzudenken. Er hatte schließlich auch schon vorher vorgehabt, den Zoras zu helfen. Ruto lachte begeistert auf und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. „Ich habe gewusst, dass du mich nicht im Stich lassen würdest. Alles andere hätte auch nicht zu meinem Verlobten gepasst.“ Link klappte die Kinnlade herunter und er schluckte einen Schwall Wasser, was ihn unkontrolliert husten ließ. Verlobter?! Der junge Herr der Zeiten verstand die Welt nicht mehr. Wie im Namen der Göttinnen kam Ruto auf die Idee, dass er sie heiraten wollen würde?! „Es war übrigens ganz schön gemein von dir, mich sieben lange Jahre warten zu lassen. Ich dachte schon, du hättest dich aus dem Staub gemacht.“ Die Zora-Prinzessin kuschelte sich an ihn und betrachtete ihn aus wunderschönen, dunkelblauen Augen. Verlegen versuchte Link, Ruto von seinem Hals zu lösen, ohne allzu unhöflich zu wirken, doch plötzlich hielt er in der Bewegung inne, als ihm etwas einfiel. Vor seinem geistigen Auge sah er sich mit Ruto auf einem dicken Ast sitzen, unter ihnen das glitzernde Wasser der Zora-Quelle, und er hörte wieder ihre Worte, mit denen sie ihm damals den Heiligen Stein des Wassers überreicht hatte: „Wir nennen ihn den Königinnenstein, denn er ist eine Art Verlobungsring von uns Zoras…“ Der junge Held schluckte hart und ließ die Arme kraftlos an seinem Körper herab hängen. Verlobungsring… Damals war es ihm derart wichtig gewesen, an den Heiligen Stein des Wassers zu gelangen, dass er gar nicht wirklich zugehört hatte, was Ruto ihm erzählt hatte. Doch als nun in sein Bewusstsein drang, was es bedeutete, dass er den Ohrring der Nayru von Ruto angenommen hatte, fühlte er wie sich eine verzweifelte Kraftlosigkeit in ihm breitmachte. Vor sieben Jahren war offensichtlich so ziemlich alles schief gelaufen, was nur daneben hatte gehen können. Er hatte nicht nur dafür gesorgt, dass Ganondorf ins Heilige Reich gelangen konnte, er hatte sich auch noch versehentlich mit einer Zora-Prinzessin verlobt. Wie zum Henker kam er da nur wieder raus? Mit einem stöhnenden Geräusch sank er auf den Boden mit den teilweise gesprungenen Fliesen und vergrub das Gesicht in den Händen, während Ruto sich neben ihn hockte und ihm irritiert über den Kopf streichelte. „Ist schon in Ordnung. Ich nehme dir deine lange Abwesenheit nicht übel. Die Hauptsache ist, dass du wieder hier bist.“ Sie lächelte ihn kurz herzlich an, doch er sah es gar nicht. Vor seinem geistigen Auge sah er seine eigene Hochzeit mit Ruto, auf der ihm Zelda geradezu überschwänglich zu seiner hübschen Braut gratulierte. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihm schlecht. Die Zora-Prinzessin zog ihn plötzlich mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck wieder auf die Beine. „Jetzt reiß dich zusammen, Liebster. Wir haben dafür keine Zeit. Hör mir zu: In diesem Tempel gibt es drei Platten, an denen man den Wasserstand regulieren kann. Angeblich reagieren sie auf ein bestimmtes Lied, aber leider kann ich dir nicht verraten, welches es ist. Aber ich bin mir sicher, du kannst es herausfinden.“ Link sah zu ihr herüber. Trotz des Wassers konnte er sie plötzlich erstaunlich klar erkennen, so als würden sich seine Augen langsam an die ständige Verzerrung gewöhnen. Mit einem fast traurigen Blick guckte die Prinzessin zur Decke hinauf. „Auch wenn wir uns gerade erst wiedergefunden haben, müssen sich unsere Wege hier bereits wieder trennen. Ich denke, wir spüren Morpha eher auf, wenn wir uns aufteilen.“ Dann hauchte Ruto ihm einen Kuss auf die Lippen und schwamm davon, bevor Link protestieren konnte. Sofort versuchte er, Ruto zu folgen, um sie zu bitten, den Tempel so schnell wie möglich zu verlassen und ihm die Sache zu überlassen, doch die Eisenstiefel hielten ihn am Boden. Zwar konnte er in ihnen problemlos unter Wasser laufen, aber schwimmen war unmöglich. Also beeilte er sich, sein Schuhwerk erneut zu wechseln, was sich im Wasser schwieriger gestaltete, als gedacht. Kaum war er mit den Füßen aus den Stiefeln geschlüpft, wurde er von der Auftriebskraft des Wassers erfasst. Nur mit Mühe schaffte er es, die Eisenstiefel zu fassen zu kriegen und sie in seinem Lederbeutel zu verstauen. Als dies endlich geschafft war, schnellte er mit kräftigen Armzügen durchs Wasser und suchte das Loch in der Raumdecke, durch das Ruto verschwunden war. Zwei Stockwerke später durchbrach er endlich wieder die Oberfläche und genoss es, einen tiefen Atemzug nach dem anderen tun zu können. Erleichtert setzte er sich an den Rand des Lochs, durch das er aufgetaucht war, und holte zuerst Navi und dann seine Lederstiefel aus dem verzauberten Beutel hervor. Während er seine klatschnassen Socken auswrang und sie anschließend zusammen mit den Stiefeln wieder anzog, betrachtete Navi eine kleine Metallplatte, die an die hell geflieste Wand geschraubt war. Doch anstatt ihren Begleiter auf das sorgfältig eingravierte Triforce aufmerksam zu machen, drehte sie sich mit einem süffisanten Grinsen zu Link um. „So… Du bist also mit der bezaubernden Prinzessin Ruto verlobt… Was wohl Prinzessin Zelda dazu sagen wird?“ Link machte ein knurrendes Geräusch und warf mit einem seiner Stiefel nach ihr. „Sei bloß ruhig!“ Navi kicherte ein wenig in sich hinein und beobachtete den Hylianer, wie er versuchte, an sein Schuhwerk zu kommen, ohne aufzustehen. Für einen kurzen Moment überlegte die Fee, ob sie weiter sticheln sollte, doch als sie den gequälten Gesichtsausdruck ihres Begleiters sah, verwarf sie diese Idee und deutete stattdessen wortlos auf die kleine graue Metallplatte. „Das scheint einer der Orte zu sein, an denen man den Wasserstand regeln kann“, überlegte Link, als er den Fund seiner Fee begutachtete. „Ich frage mich, wie man den Mechanismus aktiviert.“ Der junge Hylianer strich gedankenverloren über die Platte. Da war irgendetwas an der Art der Gravur und der Hintergrundgestaltung, das ihm seltsam vertraut erschien… Plötzlich schlug Link sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Dass ich da nicht eher drauf gekommen bin!“ Neugierig beobachtete Navi, wie ihr Gefährte die Okarina der Zeit aus seinem Beutel zog und das Mundstück an die Lippen setzte. Wenig später erklang das Wiegenlied der hylianischen Königsfamilie, das Impa Link damals bei seinem ersten Besuch im Schloss beigebracht hatte. Navi wiegte zweifelnd den Kopf hin und her, doch kaum, dass die letzten Töne verklungen waren, war ein lautes Rauschen zu hören und der Wasserspiegel sank und sank, bis nur noch wenige Zentimeter den Boden des tiefsten Stockwerks bedeckten. „Woher hast du das gewusst?“ Die Feenfrau blickte Link aus großen Augen an. „War geraten“, gestand Link grinsend. „Mir kam die Idee, weil Zeldas Siegelring genau die gleiche Gravur hat.“ Navi nickte geistesabwesend und blickte sich erneut in dem kleinen Raum um, während Link mit einem verträumten Gesichtsausdruck über die kleine Metallplatte strich und an den Tag dachte, an dem er Zelda kennengelernt hatte. Damals hatte sie ihm ihre schlanke Hand mit dem Siegelring am Ringfinger entgegen gestreckt, um ihn von ihrer Identität zu überzeugen. Auch wenn er nur einen kurzen Blick auf den Ring hatte werfen können, waren ihm die fein geschwungenen Linien der Tiefengravur sofort aufgefallen. Die Präzision dieser filigranen Arbeit hatte ihn zutiefst beeindruckt. Bei dem Gedanken an Zelda drückten unsichtbare Gewichte auf Links Brust und machten ihm das Atmen schwer. Wo konnte sie nur sein? Ob sie in Sicherheit war? Oder hatte Ganondorf sie geschnappt, so wie Link es während seines siebenjährigen Schlafs geträumt hatte? Besorgt knibbelte er an einem losen Fetzen Haut an seinem rechten Daumen, als Navi ihm plötzlich etwas grob an seiner langen Ohrmuschel zog. Link schrie überrascht auf und schlug reflexartig nach seiner Fee, die seiner Hand jedoch mit Leichtigkeit auswich. „Hab ich jetzt endlich deine ungeteilte Aufmerksamkeit?“ Die zierliche Feenfrau blickte ihren Begleiter, der sich beleidigt das Ohr rieb, genervt an und stemmte die Hände in die Hüfte. Mit einem murrenden Laut wandte Link sich zu ihr um. „Was willst du denn?“ „Ich glaub, wir haben ein Problem. … Das heißt, streng genommen hast du ein Problem.“ Irritiert blinzelnd sah der junge Held zu seiner Fee hoch. „Was meinst du?“ „Hast du dich hier mal umgesehen?“ Navi machte eine ausladende Armbewegung, die den gesamten Raum einschließen sollte. „Der einzige Weg hier raus ist der, auf dem wir hier hereingekommen sind.“ „Ja, na und?“ Noch immer verstand Link nicht, worauf seine Begleiterin hinaus wollte, und starrte sie verwirrt an. Anstatt zu antworten, rollte Navi einfach nur mit den Augen und deutete stumm auf das klaffende Loch am anderen Ende des Raumes. Auch jetzt verstand Link noch immer nicht, was los war, und warf irritiert die Stirn in Falten. Als er plötzlich doch noch begriff, was seine Fee ihm die ganze Zeit hatte mitteilen wollen, stürzte er entsetzt auf die gegenüberliegende Seite und starrte mit großen Augen in das Loch im Fußboden hinab. Der einzige Weg aus dem Raum heraus führte als freier Fall mehrere Meter in die Tiefe. Mit bleichem Gesicht sah Link zu Navi hinauf, die ihm langsam gefolgt war. „Du kannst mir nicht zufällig deine Flügel leihen, oder?“ „Es muss hier doch irgendwo eine versteckte Tür oder so etwas geben! Schließlich können auch Zoras nicht fliegen…“ Link krabbelte auf allen Vieren an der Wand entlang und suchte die mit Algen bewachsenen Fugen zwischen den großen, zartblauen Wandfliesen nach einem schwer sichtbaren Spalt oder einem versteckten Schalter ab. Doch alles, was er fand, waren scharfe Kanten und Spitzen, an denen er sich schon mehrfach in die unverdeckten Fingerkuppen geschnitten hatte. „Ich glaube, das ist sinnlos. Du wirst wohl doch springen müssen, wenn du hier oben nicht verrotten willst.“ Navi, die in angrenzenden Räumen nach einem Seil oder irgendetwas anderem Nützlichem gesucht hatte, kam von ihrem Rundflug zurück und setzte sich mit einer fließenden Bewegung in der Nähe des Lochs auf den Boden. „Aber dann breche ich mir alle Knochen…“ Ohne aufzustehen kroch der junge Herr der Zeit auf das Loch im Boden zu und warf erneut einen abschätzenden Blick in die Tiefe. Egal wie oft er sich einzureden versuchte, dass der Sprung damals in Dodongos-Höhle auch nicht gefährlicher gewesen war als dieser hier, er konnte ein ängstliches Zittern seiner Hände nicht unterdrücken. Während die metallenen Fäden in seinen Beinkleidern an den Knien unangenehm drückten, lehnte Link sich noch ein klein wenig weiter vor und mühte sich damit ab, die Entfernung bis zum Boden zu schätzen. „Das sind mindestens sieben Meter“, kam Navi ihm zuvor, wobei in ihrer Stimme ein resignierter Ton mitschwang, den Link noch nie bei ihr gehört hatte. Irgendwie entmutigte ihn dies sogar noch mehr als er es eh schon war. Egal wie aussichtslos die vor ihnen liegenden Aufgaben bisher gewirkt hatten, unter ihrer Bissigkeit und all ihrem Spott hatte die junge Fee stets optimistisch geklungen, so als hätte sie vollstes Vertrauen in die Fähigkeiten ihres Begleiters. Wütend auf die Situation und die ihm von seinem Körper auferlegten Beschränkungen seiner Möglichkeiten, krallte Link seine Finger fest um die Bruchkante des Lochs, wobei sich ein paar winzige Bröckchen Gestein lösten und in die Tiefe fielen, wo sie kaum hörbar aufschlugen. Während die scharfkantigen Reste der beschädigten Bodenfliesen in seine Haut ritzten, begann sich eine Idee in Links Hinterkopf auszuformen. Grübelnd zog der Recke die Stirn kraus und versuchte den Gedanken, der sich ihm immer wieder entzog, zu fassen zu kriegen. Navi, die sein Mienenspiel interessiert beobachtete, legte den Kopf schief und fragte: „An was denkst du?“ Auf der Unterlippe kauend, warf Link ihr einen kurzen Blick zu, bevor er antwortete: „Ich glaube, mir ist etwas eingefallen. Ich weiß nur nicht, ob es auch so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Aber sieh mal…“ Irritiert beobachtete Navi wie Link in seinen Wunderbeutel griff und den Fanghaken herausholte, den er im Haus des alten Totengräbers von Kakariko gefunden hatte. Was im Namen der drei Göttinnen wollte er jetzt damit? Hier war weit und breit nichts, um den Haken zu befestigen. Als der Hylianer ihren Blick auffing, hoben sich seine Mundwinkel fast automatisch, bis er ein wenig schief grinste. „Ich sag ja, ich weiß nicht, ob es funktioniert. Aber ich hab doch im Grunde keine andere Wahl, außer es auszuprobieren.“ Navi nickte stumm und schluckte hart an einem Sorgenkloß in ihrem Hals, während sie die Aktivitäten ihres Schützlings beobachtete und rätselte, was er vorhaben mochte. Dieser rückte so nah an den Abgrund wie es ihm möglich war, ohne bei einer unbedachten Bewegung in die Tiefe zu stürzen und richtete die Spitze des Fanghakens auf die Bruchkante. Dann atmete er tief durch und schickte ein kleines Stoßgebet zu den Göttinnen, bevor er den Haken abfeuerte. Das laute Rasseln der dicken Eisenkette hallte ohrenbetäubend laut durch den beengten, leeren Raum und wurde nur von dem Knirschen der berstenden Bodenfliesen unterbrochen. Langsam hob Navi, der gar nicht bewusst gewesen war, dass sie erschrocken die Augen zusammengekniffen hatte, die Lider und blinzelte zu Link herüber, der ein triumphierendes Grinsen im Gesicht trug. „Was zum Henker sollte das? Meinst du, du kommst irgendwie weiter, wenn du das Loch noch vergrößerst?“ Der Schreck, der ihr in die Glieder gefahren war, als Link den Fanghaken in den Boden geschossen hatte, war Navis Stimme noch immer anzuhören und machte sie ein wenig piepsig. „Jetzt guck es dir doch erst einmal an, bevor du gleich wieder drauf los meckerst“, forderte Link. Navis verschreckt-mürrischer Gesichtsausdruck ließ sein Grinsen noch eine Spur breiter werden, auch wenn er sich Mühe gab, nicht den Eindruck zu erwecken, dass er sie auslachte. An die Strafe für solch ein Vergehen wollte er gar nicht denken. Vermutlich hätte Navi ihm dafür einen Ohrring ausgerissen oder etwas dergleichen… Neugierig wandte die Fee den Kopf, um zu sehen, was ihr Schützling mit dem Fanghaken bewirkt hatte – jedoch nicht, ohne vorher noch einen bösen Blick auf seine gefährlich zuckenden Mundwinkel zu werfen. Zu ihrem großen Erstaunen hatte der Haken sich tief in den Bruch gebohrt und schien fest verankert zu sein. Mit vor Überraschung großen Augen sah Navi zu Link hinauf, der sie weiterhin breit anstrahlte. Gerade, als sie etwas sagen wollte, setzte er an: „Mir ist vorhin, als ich die Kante umklammert habe, aufgefallen, dass der Boden unter den Fliesen ziemlich fest, aber nicht zu hart für den Fanghaken ist.“ Navis Augen blitzen vor Begeisterung. „Das ist genial!“ „Hm-mh.“ Link nickte und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ich hoffe nur, dass es wirklich funktioniert, dass der Haken fest genug steckt, um mein Gewicht auszuhalten. Aber“, er klatsche unternehmungslustig einmal kurz in die Hände und wandte sich wieder dem Loch zu, „Probieren geht über Studieren. Also, nicht lange gezögert. Runter da!“ Kleine weißbunte Sternchen tanzten durch die Dunkelheit vor Navis Augen, als sie aus Angst um ihren Schützling die Augen so fest zusammenkniff wie sie nur konnte. Das Rasseln der Fanghakenkette hallte unnatürlich laut von den gefliesten Wänden wider und brachte die Nackenhaare der Fee dazu, sich aufzustellen. Link klammerte sich mit wild schlagendem Herzen an den Griff des Hakens und heftete seinen Blick stur auf den langsam immer näher kommenden Boden unter sich. Obwohl der gefährliche Abstieg noch nicht überstanden war, kribbelte ein leises Gefühl des Triumphs sein Rückgrat entlang. Er war stolz auf sich, dass er diese clevere Idee gehabt hatte. Wer wusste schon, was passiert wäre, wäre ihm diese Möglichkeit nicht eingefallen. Vielleicht hätte er noch Tage da oben verbracht, bevor er von Durst und Hunger getrieben doch noch in den sicheren Tod gesprungen wäre. Vorsichtig zog der junge Held sich ein klein wenig an dem Haken nach oben, um zumindest für einen kurzen Moment ein bisschen Gewicht von den schmerzenden Schultergelenken zu nehmen. Gerne hätte er sich schneller hinabgelassen, aber er fürchtete, dass der Haken dafür nicht fest genug im Stein saß. Wieder schätzte er die Entfernung bis nach unten und stellte erleichtert fest, dass er ein gutes Stück vorangekommen war. Inzwischen waren es nur noch zirka drei Meter, bis er wieder festen Boden unter den Füßen hätte. Gerade, als er erleichtert aufatmen wollte, rieselte ein wenig Gestein herab und streifte leicht Links Wange. Erschrocken hielt der Hylianer die Luft an und blickte nach oben. Augenblicklich schoss ihm das Adrenalin ins Blut, wo es seinen Magen brennen und seine Muskeln jucken ließ. Mit Horror in den Augen sah Link, dass die Bruchkante rund um seinen Fanghaken langsam, aber unaufhörlich, abbröckelte, wodurch der Haken immer lockerer saß – schon jetzt wackelte er bedrohlich. Schnell warf Link wieder einen Blick hinab und in genau diesem Moment passierte es… Durch den Schrecken unvorsichtig geworden, wandte der Herr der Zeiten den Kopf zu schnell. Die Vibration der Bewegung jagte die Kettenglieder bis zum Haken hinauf und löste ihn aus seiner Verankerung. Navi riss erschrocken die Augen auf, als Links gellender Schrei durch den Raum hallte. Noch bevor die Fee, die sich vor lauter Nervosität ein wenig von dem Loch entfernt hatte, die Kante wieder erreicht hatte, verstummte ihr Schützling abrupt und ein dumpfes Geräusch verriet, dass er auf dem Boden aufgeschlagen sein musste. Ein panischer Schluchzer drückte sich Navis Kehle hinauf, als von unten ein schlecht gelauntes „Au!“ an ihre Ohren drang. Die Fee blinzelte ungläubig. Hatte sie das gerade bloß eingebildet oder hatte Link diesen Sturz tatsächlich überstanden? Mit weichen Knien näherte sie sich langsam der Kante und warf einen ängstlichen Blick hinab, trotz des vermeintlichen Lebenszeichens damit rechnend Links zerschmetterten Körper auf dem Boden liegen zu sehen. Was sie jedoch tatsächlich erblickte, ließ sie überrascht die Augen aufreißen. Link hockte auf dem Boden und rieb sich den Hinterkopf, während er den Fanghaken, der neben seinen Füßen lag, mit säuerlicher Miene anzustarren schien. Navi atmete erleichtert auf und hatte das Gefühl, ein Stein von den Ausmaßen des Hylia-Massivs würde ihr vom Herzen fallen. Geschwind stürzte sie sich in das Loch hinab und landete leichtfüßig vor Link. Ohne darüber nachzudenken, sprang sie auf seinen Stiefel und umarmte stürmisch seinen Unterschenkel. „Den Göttinnen sei Dank! Du lebst! Ich hatte solche Angst um dich…“ Durch diese Zuneigungsbekundung ein wenig verlegen gemacht, errötete Link leicht. Vorsichtig strich er mit einem Zeigefinger über den Rücken seiner Fee, wobei er irritiert feststellte, dass ihre Flügel sich weich und samtig anfühlten. Bisher hatte er immer gedacht, sie wären von einer ähnlichen Beschaffenheit wie bei einer Libelle. „Du solltest doch eigentlich langsam wissen, dass ich nicht so leicht unterzukriegen bin.“ Der junge Held lächelte schief, während die Reste des Adrenalins durch seine Adern rauschten und seine Hände zittern ließen. „Wobei ich zugeben muss, dass ich dieses Mal auch dachte, es würde mich erwischen. Aber ich war zum Glück schon so weit unten, als der Haken seinen Halt verlor, dass ich den Sturz abfangen konnte.“ Navi sah aus großen, strahlenden Augen zu ihm herauf. „Also ist alles noch dran? Keine Verletzungen?“ Link schüttelte den Kopf und verzog dabei ein wenig das Gesicht, was seine Begleiterin skeptisch die Stirn runzeln ließ. „Alles okay. Mir ist nur dieses Mistding“, er deutete auf den Haken am Ende der langen Eisenkette, „auf den Kopf gefallen.“ Erleichtert grinsend schwebte Navi hinauf zu Links rechter Schulter und nahm ihren Lieblingsplatz dort ein. „Naja, Schläge auf den Hinterkopf sollen ja nicht das Schlechteste sein.“ Der Hylianer verengte unamüsiert die Augen und stieß ein trockenes „Ha… ha…“ aus, bevor er seinen Fanghaken einsammelte und sich aufrichtete. „Gut, erkunden wir endlich den Rest dieses verfluchten Tempels.“ Das Wasser, das bei ihrer Ankunft die riesige Eingangshalle fast vollständig ausgefüllt hatte, hatte sich nahezu gänzlich zurückgezogen. Von den imposanten Wassermassen war lediglich eine flache, etwa drei mal fünf Meter große Pfütze übrig geblieben. Während Link langsam über den nassen, knirschenden Sand schritt, der den Boden der Halle bedeckte, fragte er sich, ob das Wasser wohl zurück in den Hylia-See geflossen war oder wohin es verschwunden sein mochte. Genau wie in den zwei Stockwerken weiter oben zweigte auch hier unten ein Gang in jede Himmelsrichtung ab und führte tiefer in den Tempel hinein. Doch zu Links großer Frustration endete jeder von ihnen in einer Sackgasse. Entnervt trat er gegen einen fast perfekt runden, graubraunen Stein, der in der Nähe der Pfütze lag, und jaulte plötzlich vor Schmerz auf. Navi, die eine kunstvoll bemalte Metalltür in der Mittelsäule der Halle betrachtet hatte, riss erschrocken den Kopf herum. Link hüpfte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einem Bein und hielt den linken Fuß in den Händen. Die Fee verzog die Lippen zu einem abschätzigen, schiefen Grinsen und wollte gerade dazu ansetzen, ihren Begleiter zu necken und zu fragen, wie man so doof seien und gegen massiven Fels treten könne, als sich der Stein plötzlich bewegte. Fasziniert beobachtete Navi wie sich die kleine Kugel auf Link, der noch immer leidend aus der Wäsche guckend gegen die Mittelsäule lehnte, zubewegte und dabei immer wieder lange, spitz aussehende Stacheln ausfuhr. „Ein Hylia-Seeigel“, murmelte Navi geistesabwesend. Bisher hatte sie immer geglaubt, es handele sich bei den steinernen Wassertieren um Fabelwesen. „Bleib mir bloß fern, du Mistvieh!“ Link zog mit einer schnellen Bewegung das Master-Schwert aus seiner Scheide und ließ es auf den Seeigel niederschnellen. Doch anstatt tödlich getroffen zu sein, stieß der Angreifer nur einen bedrohlich klingendes Fauchen aus, während Link seine von dem harten Aufprall stark vibrierende Klinge beinah fallenließ. „Heiliger Deku…“ Der junge Held betrachtete halb fasziniert, halb erschrocken das steinharte Seetier, das seine nadelspitzen Waffen endlich in ihrer vollen, imposanten Länge zeigte. So hatte es in etwa den Durchmesser eines großen Wagenrads. Erneut fauchte der Igel und rollte ein weiteres Stück auf Link zu, wobei es mit seinen Stacheln den lockeren Boden durchfurchte und ein wenig Sand hoch in die Luft warf. Link wich humpelnd zurück und hielt sein Schwert abwehrend vor sich, während er fieberhaft überlegte, wie er diesen Angreifer loswerden wollte. Für die heilige Klinge in seinen Händen war dieses steinerne Wesen offensichtlich viel zu hart. Navi landete auf seiner Schulter und tätschelte ihm Mut machend den Hals. Link lächelte ein wenig und raunte ihr zu: „Hast du eine Idee?“ Triumphierend grinsend nickte die junge Fee und strich sich eine vorwitzige Strähne ihres langen, goldenen Haares aus dem Gesicht. „Die habe ich tatsächlich.“ Link machte einen weiteren Schritt zurück und atmete zischend ein, als er mit dem verletzten Fuß auftrat. Nur mit Mühe konnte er einen gequälten Unterton aus seiner Stimme verbannen: „Dann schieß mal los.“ Navi kicherte ein wenig und zeigte dabei ihre wie geschliffenes Glas funkelnden Zähne: „Losschießen trifft es eigentlich ganz gut. Probier’s doch einfach mal mit dem Fanghaken. Wenn er genug Durchschlagkraft hat, um sich in die Wände und Decken hier zu bohren, dann vielleicht auch, um diesen Seeigeln beizukommen.“ Ohne zu zögern griff der Hylianer in seinen verzauberten Lederbeutel und zog den Fanghaken heraus, achtete jedoch darauf, dabei sein Schwert nicht sinken zu lassen. Zwar mochte er seinem Angreifer damit nicht schaden können, doch er hatte das Gefühl, dass er ihn damit trotzdem ein wenig auf Abstand halten konnte. Kleine Schweißtropfen rollten Links Schläfen hinab, als er den Haken nur mit seiner schwächeren rechten Hand hielt und konzentriert zielte. Der Rückstoß des Geschosses warf den jungen Helden fast von den Füßen, während es sich laut rasselnd durch die Luft bewegte und schließlich auf den Seeigel traf. Der kreischende Laut, den das steinerne Tier von sich gab, als der Haken es genau in der Mitte durchschlug, brachte Links Nackenhaare dazu sich aufzurichten. Ein wenig mitleidig beobachteten der Hylianer und seine Fee wie sich der Seeigel hin und her warf, wobei er wie ein Wimmern klingelnde Geräusche machte, schließlich ergraute und mit einem leisen Knirschen auseinanderbrach. Seufzend ließ Link die Kette des Fanghakens sich wieder aufrollen. „Ich glaube, daran werde ich mich nie gewöhnen.“ Navi, die mit einem beinah wissenschaftlichen Interesse die Überreste des Igels begutachtete, sah nicht einmal zu ihm auf, als sie fragte: „Was meinst du?“ „Das ewige Töten. Das Leid, das ich verursache. An den Händen eines Helden klebt nicht weniger Blut als an den Händen derjenigen, die er bekämpft.“ Navi blickte zerknirscht auf ihre Hände – irgendwo hatte ihr Begleiter ja Recht – doch Link atmete geräuschvoll aus und wandte sich wieder seinem schmerzenden Fuß zu, bevor sie auch nur die Chance gehabt hatte, zu antworten. „Sind diese Seeigelviecher eigentlich giftig?“, fragte Link mit irgendwie knarzender Stimme. „Ich glaube nicht. Warum?“ „Ich hab ein Stück Stachel im Fuß stecken…“ Navi wandte sich um und betrachtete ihren Begleiter, der auf dem feuchten Sand saß und lustig aussehende Verrenkungen machte, um seine Fußsohle in Augenschein nehmen zu können. Den ausgezogenen Stiefel hatte er achtlos neben sich fallenlassen, sodass er umgekippt war und nun auf der Seite im Dreck lag. „Lass mal sehen.“ Navi umrundete Links angewinkeltes Bein und stellte sich auf seinen Oberschenkel, um die Verletzung in Augenschein zu nehmen. Was sie zu sehen bekam, ließ sie die Nase kraus ziehen und ein mitleidiges Gesicht machen. Tief in Links Fußballen, fast genau in der Mitte zwischen dem großen und dem nächstkleineren Zeh steckte ein schmales, abgebrochenes Stück Seeigelstachel. Rund um die Wunde, aus der ein dünnes Rinnsal Blut sickerte, war das Fleisch leicht geschwollen, heiß und rot verfärbt. Link drückte ein wenig auf seinem Fußballen herum und zog eine leidend aussehende Grimasse, während sich ein erneuter Schwall Blut um den Stachelrest herumdrückte. „Und du bist dir sicher, dass sie nicht giftig sind?“ „Ziemlich sicher“, nickte Navi, obwohl sie es nicht mit Bestimmtheit sagen konnte. Sie wollte Link einfach nicht beunruhigen. Dennoch musste sie zugeben, dass die Verletzung übel aussah und sich vermutlich entzünden würde. „Vielleicht sollten wir erst einmal versuchen, das Ding aus deinem Fuß zu ziehen, bevor du es dir noch ganz reintrittst.“ Navi strich vorsichtig über die Bruchstelle des Stachels, der nur noch wenige Zentimeter aus der Wunde hervorstand. „Das habe ich schon versucht, aber meine Finger sind zu dick…“ Link machte ein missmutiges Gesicht und schaute unglücklich zu seiner Fee hinunter. Navi betrachtete nachdenklich ihre winzigen, schmalen Hände, die nicht einmal ganz um die Stachelspitze herum fassen konnten. „Vielleicht kann ich dir ja helfen.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, packte Navi das Stachelbruchstück und zog so fest sie konnte. Zunächst tat sich gar nichts, außer dass Link vor Schmerz unterdrückt aufstöhnte und die Finger in den feuchten Sand krallte. Doch gerade, als die Fee schon aufgeben wollte, lockerte sich der Stachel und glitt mit einem schmatzenden Geräusch aus der Wunde. Obwohl ein weiterer Schwall Blut aus dem zirka zwei Zentimeter breiten Loch quoll, atmete Link erleichtert auf. Navi, die ein paar Blutstropfen abbekommen hatte, macht ein unglückliches Gesicht. „Bah, das ist echt widerlich!“ Die Fee bewegte sich ruckartig und versuchte das Blut wieder abzuschütteln – wie ein Hund, der nach einem Bad versucht, sein Fell wieder zu trocknen. Unterdessen langte Link in seinen Beutel und holte seine lange, grüne Zipfelmütze hervor, mit der er seinen Fuß notdürftig verband. „Meinst du, du kannst damit laufen?“, fragte Navi, während sie ihren Schützling dabei beobachtete, wie er Socken und Stiefel wieder anzog. Link zuckte beinah gelangweilt mit den Schultern. „Es wird schon gehen. Außerdem ist es ja nicht so als hätte ich wirklich eine Wahl, nicht wahr?“ Unwillig musste Navi nicken. Es gefiel ihr nicht, wenn Link so resigniert und deprimiert klang, und sie hätte gerne etwas gesagt, um ihn wieder aufzuheitern, doch ihr wollte einfach nichts einfallen. Link atmete einmal tief durch und hievte sich langsam auf die Füße. Mit schmerzverzerrtem Gesicht machte er ein paar humpelnde Schritte, bevor er den Rücken durchdrückte und eine entschlossene Miene aufsetzte. Navi beobachtete ihn mit sorgenvoll gerunzelter Stirn, während sich das beißende Brennen eines schlechten Gewissens in ihr breit machte. Irgendwie fühlte sie sich plötzlich ein wenig schuldig Link gegenüber, weil sie diejenige gewesen war, die ihn zum Deku-Baum gebracht und so in die ganze Sache hineingezogen hatte. Das rationale Argument, dass sie nichts dafür konnte, dass ihr junger Begleiter die Wiedergeburt des Herrn der Zeiten war, drang nicht wirklich bis zu ihrem Bewusstsein durch. Um sich von ihren trüben Gedanken abzulenken, fragte sie: „Warum hast du den Seeigel eigentlich getreten?“ Link warf ihr einen kurzen Blick zu und grinste ein wenig schief, was ihm das Aussehen eines ertappten Lausbuben verlieh. „Ich war frustriert, weil ich nicht weiß, wo es weiter gehen soll. So langsam nervt mich dieser Tempel… Ich glaube, ich werde hier noch irre.“ Navi nickte verständnisvoll und deutete dann auf die Mittelsäule. „Bevor du noch den Verstand verlierst: Ich glaube, ich habe vorhin eine Tür entdeckt, die unverschlossen ist.“ Ungläubig riss Link die Augen auf. „Und das sagst du mir erst jetzt?!“ Mit einem amüsierten Grinsen hob die Fee ihre Schultern. „Du musstest ja unbedingt mit einem Hylia-Seeigel auf Tuchfühlung gehen.“ Link warf ihr einen bösen Blick zu, den sie jedoch geflissentlich ignorierte. Als hätte sie die Reaktion ihres Schützlings nicht gesehen, flötete sie zuckersüß: „Aber jetzt sollten wir uns wieder auf den Weg machen. Oder siehst du hier noch mehr Monster, mit denen du anbändeln möchtest?“ Sehr zum Erstaunen der beiden Abenteurer war die Mittelsäule, welche die gesamte Konstruktion des Tempels zu tragen schien, vollständig hohl. Link stand in der Mitte des viereckigen Inneren, legte den Kopf in den Nacken und pfiff leise durch die Schneidezähne. „Wie unglaublich hoch dieser Raum ist… Ich kann die Decke nicht einmal erahnen.“ Navi balancierte über die Kante eines in etwa fünf Metern Höhe aufragenden Vorsprungs und blickte zu ihrem Begleiter hinab. Von hier oben sah der etwa einen Meter fünfundachtzig große Hylianer so klein wie ein Kind aus und sogar die etwa mannshohen Stacheln, die abgesehen von einem schmalen Steg den gesamten Boden bedeckten, wirkten aus der Entfernung weniger bedrohlich. „Sehr beeindruckend, in der Tat.“ Mit einem leisen Seufzer stoppte sie sich selbst und hörte auf, unruhig hin und her zu wandern. „Aber leider geht’s hier auch nicht weiter.“ Das Grinsen, das sich daraufhin in Links Gesicht breit machte, hörte sie mehr als das sie es sah, obwohl das Weiß seiner Zähne bis zu ihr hinauf blitzte. „Da bin ich mir gar nicht so sicher. Kannst du mir mal bitte einen Gefallen tun und die graue Platte unter dem Vorsprung rechts neben dir untersuchen?“ Irritiert wandte Navi sich um und betrachtete mit nachdenklicher Miene die schmale steinerne Terrasse, die ein wenig zur Seite versetzt etwa anderthalb Meter über dem Standort der Fee in den Raum ragte. Auf der Unterseite war eine dicke, fast perfekt quadratische Scheibe massiv erscheinenden Holzes befestigt worden, auf die eine aus verschieden großen, roten Kreisen bestehende Zielscheibe gemalt worden war. Aufgeregt klatschte Navi in die Hände. „Ich glaube, du kannst deinen Fanghaken hier oben befestigen!“ Link nickte mit einem triumphierenden Grinsen und griff in seinen Lederbeutel. „Ganz wie ich’s mir dachte.“ Schnell zog er den gewünschten Gegenstand heraus und suchte sich einen festen Stand, um den Rückstoß abfangen zu können. Mit einem lauten Surren und Rasseln sauste der Haken durch die Luft und bohrte sich direkt in die Mitte der Zielscheibe. Navi lachte ein wenig in sich hinein und neckte Link, der sich von seinem Fanghaken nach oben ziehen ließ: „Der Kandidat gewinnt hundert Punkte. Herzlichen Glückwunsch!“ Ein wenig irritiert schwang Link sich zu ihr auf den etwas niedrigeren Vorsprung hinüber und blickte sie fragend an, doch seine Fee zuckte nur mit den Schultern und grinste. Der junge Herr der Zeiten blinzelte kurz und schüttelte dann den Kopf, bevor er sich erneut umsah. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt, dass seine Begleiterin manchmal Kommentare von sich gab, die er nicht verstand. Tatsächlich war er sich gar nicht so sicher, ob er immer wissen wollte, was sie wirklich meinte… Als er nichts entdecken konnte, das sein Interesse weckte, sprang Link mit einem entschlossenen Satz zu dem höher gelegenen Steinbalkon herüber. Navi biss sich besorgt auf die Unterlippe und beobachtete aus großen Augen wie ihr Schützling die Kante zu fassen bekam und sich langsam hochzog. Einmal mehr wünschte sie sich, sie wäre stark genug, um ihn tragen zu können. Das hätte einige seiner Aufgaben um so viel einfacher gemacht… Doch anstatt sich weiter in missmutigen Gedanken zu verlieren, schickte sie sich lieber an, Link zu folgen, der beständig weiter nach oben kletterte. Sie hatte ihn fast erreicht, als seine melodisch klingende Stimme an ihre Ohren drang: „Hey, Navi, sieh mal. Hier ist eine weitere von diesen Metallplatten.“ Die Fee umrundete einen letzten Vorsprung und schloss endlich zu ihrem Begleiter auf, der nicht lange fackelte und schon seine Okarina hervorholte. Während die sanften Töne vom königlichen Wiegenlied durch den hohen Raum wirbelten, betrachtete Navi eine kleine, fast vollständig verblasste Narbe auf Links Wange. Ob sie von einem seiner unzähligen Kämpfe stammte? Oder war sie schon früher entstanden, vielleicht bei einer Rauferei mit Mido oder einem anderen Kokiri? Kaum hatte Link sein Flötenspiel beendet, schien plötzlich die Erde zu beben. Der Boden unter den Füßen des jungen Helden schwankte bedrohlich und machte es ihm schwer, das Gleichgewicht zu halten. Mit den Armen rudernd machte Link ein paar Schritte zurück, um wieder festen Stand zu finden. Navi riss panisch die Augen auf und brüllte: „Link, pass auf!“ Doch es war zu spät… Mit einem beinah überraschten Ausdruck in den Augen trat der Hylianer über die Kante des schmalen Vorsprungs und stürzte in die Tiefe – zu perplex, um zu schreien. Dafür kreischte Navi umso lauter auf: „NEIN!“ Bei dem Gedanken an die scharfen, senkrecht stehenden Pfähle auf dem Boden zogen sich ihr Herz und Magen krampfhaft zusammen und vor ihrem geistigen Auge sah sie Link bereits durchbohrt und aufgespießt. Mit sonderbarer Klarheit dachte dieser daran, dass er die kostbare Okarina der Zeit noch immer in den Händen hielt. Er konnte nur hoffen, dass dieses bedeutende Musikinstrument den Sturz heil überstand und nicht zusammen mit seinem Körper auf dem harten Boden zerschellen würde. Während seine locker sitzende Tunika durch den Luftwiderstand laut knatterte, dachte Link daran, dass er Navi, den Deku-Baum und alle anderen, die so viel Hoffnung in ihn gesetzt hatten, bitter enttäuscht hatte, denn dieses Mal war endgültig alles vorbei. Wenn er doch nur ein bisschen mehr Zeit hätte, um den Fanghaken aus dem Beutel zu holen… aber der Boden konnte nicht mehr weit entfernt sein. Tatsächlich ließ der Aufprall nicht mehr lange auf sich warten. Link wurde augenblicklich schwarz vor Augen und ihm wurde die Luft aus den Lungen gepresst. Doch dann gab der Untergrund plötzlich nach und der Hylianer wurde von kühler Nässe umfangen, während er weiter hinabsank. Überrascht riss er die Augen auf und blickte in eine seltsam verzerrte Welt, in der klare Bläschen über ihm gen Decke strebten. Wasser! Anstatt in den sicheren Tod zu stürzen, war er von den langsam zurückkehrenden Wassermassen gerettet worden. So schnell er konnte, wandte er sich um und schwamm in Richtung Oberfläche. Navi stand am Rand des Steinbalkons auf dem Link die Metallplatte entdeckt hatte und starrte mit in buntglitzernden Tränen schwimmenden Augen auf die immer näher kommende Gestalt. Als Link die Wasseroberfläche endlich durchbrach, stahl sich ein leiser Schluchzer zwischen ihren fest aufeinander gepressten Lippen hindurch. Der Hylianer hievte sich mit noch immer leicht zitternden Gliedern aus dem Wasser und setzte sich neben seine Fee, wo er tief durchatmete, um seinen rasenden Puls wieder zu beruhigen. „Hui… dieses Mal dachte ich ehrlich, es wäre vorbei.“ Obwohl er mehr zu sich selbst gesprochen hatte, nickte Navi eifrig. „Ja, ich auch. Mach so etwas nie wieder!“ Sie funkelte ihn aus wütend zusammengekniffenen Augen an, aber Link kannte sie inzwischen gut genug, um ihre Erleichterung und Freude an dem sanften Funkeln in ihren Iriden ablesen zu können. Lächelnd stupste er die winzige Fee mit dem Zeigefinger an und verzichtete darauf, sie daran zu erinnern, dass er nicht freiwillig gesprungen war. Gerade, als sich sein Körper langsam wieder entspannte und der Adrenalingehalt seines Blutes allmählich wieder abflaute, fiel Link jedoch etwas auf. Etwas wirklich Wichtiges. Mit bleichem Gesucht sah er zu Navi herüber, die auf Grund seiner erschrocken wirkenden Miene mit großen, geweiteten Augen zurückstarrte. „Was hast du?“ Link schluckte hart, bevor er antwortete: „Ich hab die Okarina verloren.“ Entsetzt starrte Navi Link an, in dessen schreckgeweiteten, dunkelblauen Augen sich ihr eigenes geschocktes Gesicht mit dem ungläubig offen stehenden Mund spiegelte. „Du hast was?!“ Wie ein beschämter, schüchterner Schuljunge senkte Link den Kopf, wobei sich einige Wassertropfen aus seinen Ponysträhnen lösten und an der Außenkontur seines Gesichts entlangliefen. „I-Ich muss sie fallengelassen haben, als ich auf der Wasseroberfläche aufgeschlagen bin“, stammelte er verlegen und warf einen Blick auf die Wassermassen, die nun die hohle Tempelhauptsäule füllten und das Licht von vielen unter der Decke befestigten Fackeln reflektierten. Für einen kurzen Augenblick fragte sich der junge Hylianer, wer wohl dafür sorgte, dass diese einzige Lichtquelle innerhalb der Säule nie erlosch, doch dann schob er seine Überlegungen bestimmt zur Seite. Er hatte momentan dringlichere Sorgen und vermutlich hatte die Antwort auf diese Frage sowieso etwas mit Zauberei zu tun – und damit wollte er sich so wenig wie möglich auseinandersetzen. Alles Magische überstieg sein Fassungsvermögen und jagte ihm dadurch Angst ein, auch wenn es ihn gleichzeitig mit düsterer Faszination erfüllte. Seufzend wandte er sich wieder zu Navi um, der ihr Schrecken noch immer ins Gesicht geschrieben stand: „Ich werde mich dann besser mal auf die Suche machen.“ Für einen Moment beobachtete die Fee irritiert, wie Link seine Eisenstiefel hervorholte und sie gegen ihr leichteres Lederpendant austauschte, bevor ihr durch den Schock gelähmter Verstand begriff, was Link vorhatte. Doch dann nickte sie ihm aufmunternd zu: „Du hast recht. Vermutlich wird die Okarina einfach auf den Grund gesunken sein.“ Mit einer kraftvollen Bewegung zog Link den langen Schaft des zweiten Stiefels hoch. „Ja, das denke ich auch. Wenn wir Glück haben, finde ich sie schnell wieder. Also, bis gleich.“ Bevor Navi antworten konnte, sprang ihr Schützling auch schon über die Kante und ließ sich durch das Gewicht seines eisenbeschlagenen Schuhwerks immer weiter in die Tiefe ziehen. Um ihn herum perlten kleine Luftbläschen nach oben, was ein wenig unangenehm auf seiner Haut prickelte. Nach nur kurzer Zeit fanden seine Füße jedoch bereits wieder festen Halt, als er am Grund ankam und sich suchend umblickte. Das Wasser um ihn herum wirkte wie ein Prisma oder zu dicke Brillengläser und verzerrte die Welt für Link auf geradezu bizarre Art und Weise. Bei jeder kleinen Bewegung, die das kühle Nass ringsum aufwirbelte, schienen sich die Fugen zwischen den hellen Fliesen an Wand und Boden zu biegen und krümmen. Davon amüsiert wippte Link immer wieder mit dem Oberkörper vor und zurück, bis ihm ein wenig schwindelig wurde und er sich selbst zur Ordnung rief. Der Boden der hohlen Säule war abgesehen von einem Streifen gefährlich aussehender Stahlspitzen entlang der Seitenwände eben und leicht zu überblicken, doch die verzerrte Optik machte es schwer, etwas zu erkennen, das weiter als ein paar Meter entfernt war. Zudem war die einzige Lichtquelle unter der Decke weit weg und der Fackelschein wurde durch die Wassermassen immer wieder gebrochen, was das Sehen zusätzlich erschwerte. Links konzentriert aufgerissenen Augen brannten bereits, als ein leichtes Funkeln seine Aufmerksamkeit erregte. Direkt vor der Tür, durch die er das Innere der Säule betreten hatte, war eine der massiven Bodenplatten von der Gewalt des hereinströmenden Wassers hochgedrückt worden und gab nun den Blick frei auf eine kleine Ausbuchtung, die unter ihr versteckt gewesen war. Als Link näher trat, erkannte er, dass das Schimmern, das er gesehen hatte, nicht wie erhofft von der Okarina der Zeit, sondern von einem kleinen, silbernen Schlüssel stammte. Trotz seiner Enttäuschung hob Link seinen Fund auf und steckte ihn ein. Vielleicht würde er sich ja noch als nützlich erweisen. Weshalb sonst hätte ihn jemand so gut verstecken sollen, wenn dieser Schlüssel nicht irgendeine wichtige Funktion hatte? Die Suche nach der wertvollen Okarina dauerte noch weitere zehn Minuten, bevor Link sie endlich entdeckte, eingekeilt zwischen vier der gefährlich scharf aussehenden Stahlstacheln, die an zu sehr in die Höhe gezogene Pyramiden erinnerten. Missmutig betrachtete der junge Held ihre wie frisch geschliffen wirkenden Kanten und fluchte stumm. Es überraschte Link wenig, dass dieses verdammte Teil von einem Musikinstrument an einem Platz hatte landen müssen, wo er sich beim Wiederauflesen problemlos einen Arm würde absäbeln können – es brauchte dazu vermutlich nicht viel mehr als eine falsche Bewegung… Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn es einmal einfach gewesen wäre! Mit einem wehmütigen Ausdruck in den Augen sah Link hoch zu der weit entfernten Oberfläche und wünschte sich, Navi hätte in diesem Moment an seiner Seite sein können. Ihre schlanke Gestalt hätte problemlos zwischen die Stacheln gepasst und sie hätte die Okarina ohne Gefahr bergen können. Innerlich noch immer vor sich hin schimpfend und sein Schicksal verfluchend, näherte Link sich vorsichtig den bedrohlichen Stahlkonstruktionen soweit er konnte, dann hockte er sich hin und streckte die Hand nach der Okarina aus. Obwohl er sich große Mühe gab, konnte er ein leichtes, nervöses Zittern seines Arms nicht unterdrücken und er war sich sicher, dass seine Stirn, sowie sein Rücken schweißüberströmt gewesen wären, hätte er sich nicht im Wasser befunden. Obwohl er durch seine Körpergröße recht lange Arme hatte, schaffte Link es kaum das kostbare Musikinstrument zu berühren; er kratzte lediglich mit den Fingern über die glatte, harte Glasur. Hart schluckend und mit zwischen die Zähne gezogener Unterlippe lehnte er sich noch ein wenig näher an die gefährlichen Stacheln, wobei er instinktiv den Kopf zur Seite drehte. Schlimm genug, dass er sich vielleicht ernsthaft am Arm verletzen würde – sein Gesicht wollte er sich nicht auch noch zerschneiden. Zu Links Überraschung hatte sich die Okarina nicht so fest verkeilt wie er gedacht hatte. Das war gut… aber zugleich auch schlecht. Gut war es, weil Link weniger Kraft würde aufwenden müssen, um sie zu bergen, was das Verletzungsrisiko verringerte. Schlecht war es, weil die Okarina unter den zaghaften Berührungen seiner Finger umherrollte und ihm immer wieder entglitt. Link schmeckte eine ekelerregende Mischung aus Brackwasser und Blut auf der Zunge, weil er sich so verkrampft auf die Unterlippe gebissen hatte, dass sich seine Schneidezähne tief in die zarte, dünne Haut gegraben hatten. Doch er nahm weder den Geschmack, noch den Schmerz wirklich wahr. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, die Okarina endlich wieder an sich zu bringen. Mit geschlossenen Augen tastete er nach ihrem glatten, irgendwie eiförmigen Körper und konzentrierte sich dabei ausschließlich auf seine Fingerspitzen, damit er die wertvolle Flöte nicht versehentlich zu stark anstieß und so womöglich außer Reichweite schubste. Langsam, unendlich langsam gelang es ihm das störrische Musikinstrument in die richtige Richtung zu rollen. Unterdessen lief Navi unruhig auf der Steinterrasse auf und ab, wo Link sie zurückgelassen hatte. Immer wieder warf sie einen Blick hinab in die Tiefe, immer in der Hoffnung ihren Schützling zu entdecken, aber die Säule war zu hoch und das Wasser nicht klar genug, um bis auf den Grund blicken zu können. „Was treibt dieser Nichtsnutz denn so lange?!“, fuhr sie ihr eigenes Spiegelbild an und stemmte die Hände angriffslustig in die Hüften, so wie sie es immer tat, wenn sie Link eine Standpauke hielt. Doch trotz der Wut, die deutlich in ihrer Stimme zu hören war, war sie nicht wirklich sauer. Sie kam sich lediglich unnütz vor, was sie noch immer verärgerte und verstimmte, obwohl sie dieses Gefühl nicht zum ersten Mal seit Beginn ihrer Reise überkam. Zum vermutlich tausendsten Mal fragte sie sich, warum der weise Deku-Baum ausgerechnet sie für diese überaus wichtige Aufgabe ausgewählt hatte. Sie war Link nun wirklich keine große Hilfe und er hätte dieses Abenteuer vermutlich ebenso gut auch alleine bestreiten können. Warum nur war sie nach dem Tod des Deku-Baums nicht einfach im Kokiri-Dorf oder den Verlorenen Wäldern geblieben? Sie hätte es jetzt warm und gemütlich haben können, aber nein, sie hatte Link ja unbedingt begleiten müssen… Und was hatte sie jetzt davon? Sie saß in diesem verfluchten Tempel fest, fror bitterlich und wartete schon seit Ewigkeiten auf Link, während ihr die Wassermassen um sie herum Angst einflößten. Warum brauchte Link bloß so lange? Was im Namen der drei Göttinnen machte er da unten?! Wieder warf Navi einen Blick in die Tiefe, aber alles, was sie sah, war die Reflektion der Fackeln über ihr, ihr eigenes Spiegelbild und das nach unten immer dunkler werdende Blau des Wassers. Was, wenn Link genau in diesem Moment dort unten mit einem gefährlichen Wassermonster kämpfte? Woher sollte sie wissen, dass er in Sicherheit und nicht plötzlich von irgendeinem Wesen angegriffen worden war, wenn sie überhaupt nichts von ihm sehen konnte? Vielleicht war er inzwischen sogar schon tot und seine Leiche trieb irgendwo dort in der Tiefe umher… Gerade, als sich all die Sorge um Link, die Navi während seiner andauernden Abwesenheit unterdrückt hatte, zu einer ausgewachsenen Panik steigern wollte, durchbrach plötzlich ein brauner Haarschopf die Wasseroberfläche. Vor Erleichterung wurden Navis Knie weich und ihr traten Tränen in die Augen, doch anstatt ihm dies zu zeigen, fragte sie schroff: „Hast du sie?“ Link schwamm gemächlich zu ihr herüber, stemmte seinen sportlichen Körper aus dem Wasser und zog sich in aller Seelenruhe wieder seine Lederstiefel an, die er auf der Steinterrasse zurückgelassen hatte. Die ganze Zeit über sagte er keinen Ton und sein Gesicht blieb eine unbewegte, undurchdringliche Maske. Navi hatte allmählich das Gefühl, verrückt zu werden! Bedeutete sein Verhalten, dass er die Okarina nicht gefunden hatte und nun aufgab? Dann endlich verzog Link seine Lippen zu einem breiten Grinsen und strahlte seine Fee an: „Natürlich hab ich sie gefunden. Was denkst du denn?“ Navi fiel ein dermaßen riesiger Stein vom Herzen, dass sie sich sicher war, dass auch Link das Poltern hören konnte. Doch schon im nächsten Moment wich das Gefühl der Erleichterung schäumender Wut auf Link. Wie hatte er sie so verängstigen können?! Am liebsten hätte sie ihn für sein kleines Schauspiel geohrfeigt. Bevor sie jedoch ihrem Ärger Luft machen konnte, hielt Link ihr einen Gegenstand unter die Nase. „Das hier hab ich außerdem auch noch gefunden.“ Für einen Augenblick schwankte Navi zwischen dem Bedürfnis, ihren Schützling anzuschreien und der Neugierde bezüglich Links Fund. Schließlich siegte Letztere und die Fee betrachtete aufmerksam den Gegenstand auf Links Handfläche. Es war ein kleiner, silbern glänzender Schlüssel, dessen Kopf mit filigranen, verschlungenen Ornamenten verziert war. Navi überlegte, aus welchem Material er wohl gemacht war, dass er noch immer wie poliert wirkte, obwohl er vermutlich eine ganze Zeit im Wasser gelegen hatte, doch Link platzte in ihre Gedanken: „Ich frage mich, zu welcher Tür er wohl gehören mag.“ Nickend strich die Fee über die zierlichen Metallschlaufen des Schlüsselkopfs, als ihr plötzlich etwas einfiel: „Als wir den Tempel betreten haben, hab ich eine Tür mit einem ziemlich auffälligen Schloss gesehen und ich glaube, dessen Verzierungen passen genau zu diesen Ornamenten hier.“ Mit einem aufgeregten Funkeln in den Augen sah Link sie an: „Wirklich?“ Doch dann huschte ein dunkler Schatten über sein Gesicht. „Ich nehme an, das war im obersten Stockwerk, nicht wahr?“ Verwirrt blinzelte Navi ihn an. „Ja. Na und?“ „Wie sollen wir denn da hochkommen?“ Mit einem übertriebenen Seufzer rollte die Fee die Augen: „Also ehrlich, manchmal bist du wirklich ziemlich langsam. Vermutlich gibt es hier irgendwo noch eine Platte, die den Wasserstand kontrolliert. Schließlich muss das Wasser vor unserer Ankunft ja auch irgendwie in den Tempel gekommen sein.“ Blut schoss Link in die Wangen und ließ sie heiß brennen. Er war zutiefst beschämt darüber, dass er nicht selbst an diese Möglichkeit gedacht hatte. Um davon abzulenken, sprang er voller Tatendrang auf die Füße und deutete auf den Ausgang: „Dann sollten wir keine Zeit verlieren und die nächste Platte finden!“ „Wozu das wohl gut ist?“ Link kniete vor einem großen Loch mit fast einem Meter Durchmesser, durch das unablässig Wasser in den Raum gespült wurde, den sie nach einigem Suchen auf der Westseite des Tempels entdeckt hatten. Das laute Gurgeln hallte von den hohen Wänden wider und verwob sich zu einer sanften, beruhigenden Musik. Navi zuckte gelangweilt mit den Schultern und betrachtete angewidert den leblosen Körper eines blaugeschuppten Wasserläufermonsters, das den Fehler begangen hatte, Link anzugreifen, kaum, dass dieser durch die Tür getreten war. Mit den nun trüben, roten Augen und den vielen kleinen, aber spitzen Zähnen, die sich in einem lippenlosen, runden Maul drängten, sah die Kreatur wirklich furchteinflößend aus. Zum Glück trog dieser Schein jedoch und die Wasserläufer, von denen es im Tempel nur so wimmelte, waren keine wirklich ernstzunehmenden Gegner. „Warum sollte sich jemand die Mühe machen, ein Loch in den Boden zu schlagen, wenn es nicht irgendeinen Sinn erfüllt?“, überlegte Link weiter, wobei er seine Gedanken laut aussprach. „Vielleicht wollte dieser jemand einfach einen Springbrunnen haben…“, murmelte Navi genervt vor sich hin. Warum nur war Link so besessen von diesem blöden Loch? Langsam ging er ihr damit gehörig auf die Nerven. Sie wollte endlich raus aus diesen nassen Gemäuern! Link sollte also lieber die dritte Platte suchen, anstatt sich über ein simples Loch im Boden den Kopf zu zerbrechen… Suchend ließ der Herr der Zeiten seinen Blick durch den kleinen, gut überschaubaren Raum schweifen. Irgendwie hatte er das Gefühl, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Er war sich sicher, dass ihn das Rätsel dieses Raumes weiter voran bringen würde, auch wenn er selbst nicht wusste, woher er diese Gewissheit nahm. Er fühlte es einfach – an dem Kribbeln in seinen Fingerspitzen, an dem wilden Schlagen seines rasenden Herzens, an dem nervösen Brennen in seinem Magen. In der entgegengesetzten Ecke stand ein merkwürdig aussehendes Gebilde. Es hatte die Form von zwei hohen, an den Grundflächen miteinander verschmolzener Pyramiden und bestand aus einem hellen Material, das aus der Ferne aussah wie Bergkristall: glasklar, aber an manchen Stellen durch Einschlüsse milchig getrübt. Im Inneren der Skulptur befand sich eine kleinere, silberne Replikation ihrer selbst. Als Link sie entdeckte, fühlte er sich als hätte ihn ein Blitz getroffen. Er konnte die elektrischen Impulse geradezu über seine Haut knistern hören. Dieses Ding war des Rätsels Lösung! Ganz sicher! Wie von der Tarantel gestochen sprang der junge Mann auf die Füße und strebte auf seine Entdeckung zu, wobei er in seiner Erregung beinah die auf dem Boden sitzende Navi niedergetrampelt hätte. Diese quietschte empört auf und brachte sich über dem Loch in Sicherheit. Obwohl die aufgebrachte Fee ihn mit einem Schwall Schimpfwörter bedachte, um ihrem Ärger Luft zu machen, beachtete Link sie gar nicht. Stattdessen strich er geradezu liebkosend über die glatte, sich kühl anfühlende Oberfläche der Skulptur. Er wusste nicht wirklich, was genau er eigentlich suchte, doch er war sich sicher, dass er es merken würde, sobald er es gefunden hätte. Navi beobachtete mit wütend vor der Brust verschränkten Armen wie Links Hände immer hektischer umherhuschten und immer tiefere Denkfalten seine Stirn zerfurchten. „Was im Namen der drei Göttinnen machst du da eigentlich?!“ Sie versuchte gar nicht erst, ihrer gereizten Stimme den genervten Unterton zu nehmen – schließlich hatte dieser Trottel sie beinah zu Tode getrampelt und sich noch nicht einmal entschuldigt! Link warf ihr über die Schulter hinweg einen undefinierbaren Blick zu, bevor er endlich von der Skulptur abließ und die Schultern hängen ließ. „Gar nichts.“ Die Worte kamen lediglich als leises, enttäuscht klingendes Flüstern. Er kam sich plötzlich ziemlich bescheuert vor. Warum hatte er sich so hinreißen lassen und hatte sich dermaßen auf seine fixe Idee versteift? Hatte er geglaubt, durch seine bisherigen Abenteuer so etwas wie einen sechsten Sinn für Rätsel entwickelt zu haben? Er hätte einfach auf Navi und ihre übernatürlichen Feen-Fähigkeiten hören sollen. In diesem Raum gab es nichts Besonderes und dieses dämliche Loch war nichts anderes als eben dies: ein einfaches, langweiliges Loch im Boden. Dabei war er sich doch so sicher gewesen… Heiße Wut auf sich selbst wallte in Link auf und er trat frustriert gegen die Skulptur, die dadurch ein wenig auf ihrem dunklen Marmorsockel hin und her wackelte. Für einen langen Moment passierte gar nichts, doch dann gab es plötzlich ein leises, knirschendes Geräusch, als sich das silberne Skulptureninnere goldgelb verfärbte. Link blieb jedoch nicht viel Zeit, sich darüber zu wundern, denn nur mit kurzer Verzögerung brauste ein lautes Tosen durch den Raum und Navi quietschte laut auf, aber ihr panischer Schrei riss fast augenblicklich ab. Erschrocken wirbelte Link herum und entdeckte die hohe Wassersäule, die mit enormem Druck durch das Loch in den Raum schoss. Einige grausame Sekunden lang dachte Link, Navi wäre von der Gewalt des Wassers an der Decke zerquetscht worden, doch dann erkannte er, dass dort oben ein weiteres Loch war, das in den Raum im oberen Stockwerk führte. Obwohl das wilde Rauschen des Wassers wie ein Schwarm wütender Hornissen in seinen Ohren dröhnte, bezweifelte Link, dass es das Loch in die Decke gerissen hatte. Das Loch musste also schon vorher dort gewesen sein. Vielleicht war Navi also in Sicherheit… Nach nur kurzer Zeit flaute das Gurgeln und Tosen langsam ab und die Wasserfontäne fiel in sich zusammen. Mit einem schnellen Blick über die Schulter stellte Link fest, dass auch das Skulptureninnere wieder silbern glänzte. Innerlich jubelte der junge Held auf, weil er nicht nur das Rätsel gelöst, sondern vor allem weil er Recht gehabt hatte! Doch das Gefühl des Triumphs wurde von der Sorge um seine Fee überschattet. Schnell trat Link so nah wie möglich an das Loch im Boden heran und verdrehte sich den Oberkörper, sodass er zumindest ein wenig von dem höher gelegenen Raum erkennen konnte, bevor er aus voller Lunge brüllte: „Navi? Alles in Ordnung mit dir? Geht’s dir gut?“ Die nächsten Sekunden zogen sich endlos hin, während Link mit wild schlagendem Herzen lauschte und versuchte, etwas anderes zu hören als das gurgelnde Rauschen des Wassers. „Oh, ihr Göttinnen, bitte lasst Navi nichts passiert sein!“, flehte er stumm, während Navi langsam wieder zu sich kam, nachdem sie von den Wassermassen gegen eine Wand geschleudert worden und ohnmächtig auf der Seite liegen geblieben war. Leise stöhnend schlug sie die Augen auf, nur um festzustellen, dass sie bis auf eine von weißen Lichtblitzen durchzuckte, schwarze Fläche nichts sehen konnte. Mit einer vorsichtigen Kopfbewegung versuchte sie, ihre Benommenheit abzuschütteln, während sie angestrengt gegen die vor ihren Augen tanzenden Sterne anblinzelte. In ihrem Kopf pulsierte ein stechender Schmerz und die Umgebungsgeräusche drangen nur undeutlich zu ihr durch, so als hätte sie Watte in den Ohren. Gerade, als Navi sich fragte, ob sie sich ernsthaft am Kopf verletzt hatte, erkannte sie endlich Links aufgeregte Stimme in dem dumpf klingenden Geräuschbrei. So schnell sie konnte, krabbelte sie auf allen Vieren auf das Loch im Boden zu, wobei das Stechen in ihrem Kopf an Intensität gewann und sich der dunkle Schleier vor ihren Augen immer mehr verdichtete. Obwohl der junge Hylianer sich so weit vorbeugte, dass sich sein Gesicht deutlich in ihrem Sichtfeld befand, konnte sie ihn kaum erkennen. Dennoch winkte sie in Richtung des helleren Farbkleckses, von dem sie annahm, dass es sich dabei um ihren Begleiter handelte, und bemühte sich, eine unbekümmerte Miene aufzusetzen. „Ich bin hier, Link! Es ist alles okay.“ Als der junge Held erleichtert aufseufzte und zu seiner Fee hinauf lächelte, nahm diese das nur als leichte Verschiebung unterschiedlich dunkler Flächen wahr. „Geh mal ein Stück zurück. Ich komm rauf zu dir.“ Suchend blickte Link sich in dem kleinen Raum um, in der Hoffnung, etwas entdecken zu können, das ihm bei der Erfüllung seiner Aufgabe behilflich sein würde. Da sich jedoch kein Brett oder ähnliches entdecken ließ, wandte der junge Held sich schließlich seufzend wieder der Wasserfontäne zu und berührte vorsichtig mit der Schuhsohle die sprudelnde Krone. Das Wasser wurde mit einem so immensen Druck durch das Bodenloch gepresst, dass seine Oberfläche genügend Spannung aufwies, um Links Fuß in die Höhe zu drücken, obwohl er sich dagegenstemmte. Ein letztes Mal atmete Link tief durch, bevor er sich einen Ruck gab und sich mit einem flauen Gefühl im Magen auf die Wassersäule stellte. Seine Stiefel sanken ein wenig in das sprudelnde Nass ein, doch es trug tatsächlich sein gesamtes Gewicht. Mit einem erleichterten Seufzer ließ Link, der gar nicht bemerkt hatte, dass er vor Anspannung den Atem angehalten hatte, die Luft aus seinen Lungen entweichen. Dann wandte er sich der Skulptur in der Ecke zu, wobei er sich so langsam wie möglich bewegte. Die Angst, doch noch in die Tiefe zu stürzen, machte ihn vorsichtig. „Wie betätige ich jetzt von hieraus den Schalter?“ Grübelnd kratzte Link sich mit einem seiner langen Zeigefinger oberhalb der Schläfe. „Versuchs doch mit dem Fanghaken“, ertönte von oben eine dünne, brüchig klingende Stimme, die Link überrascht den Kopf hochreißen ließ. Navi kauerte am Rand des Deckenlochs und blickte zu ihrem Schützling herunter, wobei sie jedoch unnatürlich blass wirkte. Auch der sie permanent umgebende, silbrig glitzernde Schein Feenlichts schien zu flackern wie eine erlöschende Kerze. Link zog besorgt die Augenbrauen zusammen und griff in seinen Wunderbeutel, ohne den Blick von seiner Fee zu nehmen. Auch nachdem er das gewünschte Objekt aus dem Beutel hervorgezogen hatte, richtete er die Augen nur kurz auf die mehrere Meter entfernte Skulptur und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder seiner Begleiterin zu, bevor er, mehr auf gut Glück anstatt wirklich gezielt, den Fanghaken abfeuerte. Klirrend und surrend zischte das scharfkantige Dreieck durch den Raum und schlug zu Links eigener Überraschung mit einem scheppernden Geräusch gegen die gläsern wirkende Hülle der oberen Pyramide. Noch bevor sich die Kette des Hakens wieder vollständig aufgewickelt hatte, begann es unter den Füßen des jungen Helden zu brodeln und zu tosen. Und dann schossen die Wassermassen rund um ihn herum auch schon in die Höhe, brachen über ihm zusammen, hüllten ihn ein und rissen an ihm, während er mit erstaunlicher Geschwindigkeit Richtung Decke gespült wurde. Eine unsauber abgebrochene Fliese riss dem jungen Helden den rechten Unterarm auf, was ihn mit einem zischenden Geräusch einatmen ließ, doch die Wasserfontäne beförderte ihn ansonsten tatsächlich sicher ins höher gelegene Stockwerk. Mit einer halbwegs eleganten Bewegung rollte Link sich auf dem Boden ab und blieb nur wenige Zentimeter von Navi entfernt liegen. Obwohl der wilde Ritt nach oben nur wenige Sekunden gedauert hatte, war Links Kleidung erneut völlig durchnässt und seine Haare hingen ihm in wirren Strähnen ins Gesicht. Sogar in seinen Schuhen fühlte er Wasser hin und her schwappen. Doch anstatt sich darum zu kümmern, wandte er seine Aufmerksamkeit sofort seiner Fee zu, die in sich zusammengesunken neben ihm kauerte und ins Nichts zu starren schien. Mit sorgenvoll zusammengeschobenen Augenbrauen hob Link seine Begleiterin auf und betrachtete mit wachsender Angst das unregelmäßige Flackern ihrer Aura, während er sie beschützend in seinen großen Händen barg. „Hey, Navi… Was hast du?“ Ein dicker Kloß schnürte dem sonst so unerschrockenen Abenteurer die Kehle zu und er brachte nur ein heiseres Flüstern zustande. Die zierliche Fee wandte ihm mit einem leisen Stöhnen das Gesicht zu, wobei ihr silbriges Licht beinah zu erlöschen drohte. „Ich glaub, … ich hab mir vorhin… den Kopf ziemlich… böse angeschlagen.“ Die Worte kamen nur schwerfällig über Navis Lippen und sie schien Schwierigkeiten zu haben, ihren Blick auf Link zu fokussieren. Dieser kratzte sich nachdenklich am Ohr und versuchte, sich daran zu erinnern, was der Deku-Baum ihm und den anderen Kokiri über Krankheiten und Heilkräuter beigebracht hatte. Stumm verfluchte er sich dafür, während der Lektionen lieber gedöst oder geschnitzt zu haben, anstatt so aufmerksam zuzuhören wie Salia. Nicht zum ersten Mal seit Beginn seiner Reise wünschte er sich, seine beste Freundin wäre bei ihm. Wieder warf er einen Blick auf die leidend wirkende Fee in seinen Händen. Er hatte einfach keine Zeit, sich hier den Kopf zu zerbrechen… Er musste weiter und nach Morpha suchen. Mit einem ärgerlichen Knurren donnerte Link seine Faust so heftig auf den Boden, dass ihm ein heißer Schmerz durch die Hand fuhr, wo er ein dumpfes Gefühl zurückließ. Obwohl sie kaum mehr von Link sah als eine Aneinanderreihung ineinander überfließender Farbflächen, legte Navi ihm beschwichtigend ihre Hände auf seinen Daumen. „Mach dir… Mach dir keine Sorgen um mich. Wir Feen haben… erstaunliche… Regenerations-… -fähigkeiten. Ich brauch… einfach ein bisschen… Ruhe. Dann bin ich bald wieder… die… Alte.“ Sie versuchte, ihm aufmunternd zuzulächeln, brachte jedoch nur eine gequält wirkende Grimasse zustande. Für einige Sekunden musterte Link sie mit nachdenklicher Miene, dann schien er seinen inneren Disput zu beenden und einen Entschluss zu fassen. Mit einem irgendwie angewidert wirkenden Zug um die Lippen, holte er seinen Wunderbeutel hervor und schnürte ihn auf. „Es gefällt mir nicht, mich jetzt nicht um dich kümmern zu können, aber es gibt leider Wichtigeres, das ich zuerst erledigen muss. Ist es für dich in Ordnung, wenn du im Beutel bleibst, bis ich Morpha gefunden und besiegt habe?“ Navi nickte leicht, bereute die Kopfbewegung aber sogleich. Alles um sie herum begann sich zu drehen und eine Übelkeitswelle brandete in ihr hoch, bis sie bittere Galle auf der Zunge schmeckte. Nur unter Aufbietung all ihrer Willenskraft konnte sie es verhindern, sich heftig zu erbrechen, während Link sie vorsichtig in den Lederbeutel schob. Im Inneren wurde sie sofort von der eigenartigen Schwerelosigkeit empfangen, die ihr sonst immer den Magen umdrehte. Nun jedoch empfand sie sie als seltsam angenehm und ließ sich auf dem Rücken liegend treiben, während sie die Augen schloss und darauf wartete, dass das wilde Stampfen in ihrem Kopf zu einem dumpfen Pulsieren abklingen würde. Link entledigte sich endlich seiner Stiefel, die mit einem schmatzenden Geräusch von seinen Füßen glitten. Im Inneren hatte sich jeweils gut ein halber Liter Wasser angesammelt, das Link nun mit lautem Plätschern durch das Loch wieder nach unten kippte. Anschließend betrachtete er etwas missmutig seine triefenden Wollsocken, die auch nach gründlichem Auswringen noch immer klatschnass waren. Nach einem kurzen Moment seufzte er tief auf und zog sich Socken und Schuhwerk wieder an. Das Gefühl völlig durchweichter Wolle an seinen Füßen und sogar zwischen seinen Zehen ließ den jungen Helden angeekelt die Nase kraus ziehen, doch er setzte seinen Weg dennoch mit entschiedenen Schritten weiter fort. Durch eine einfache Holztür, deren Bretter schon reichlich verfault und morsch wirkten, gelangte Link in eine Art Nische hoch oben in der großen Eingangshalle mit der hohlen Säule. Vorsichtig näherte er sich der Kante und wagte einen Blick in die Tiefe. Die unbewegte Oberfläche des Wassers weit unter ihm wirkte wie ein glänzender Spiegel aus tödlich hartem Glas, auf das jemand kleine Wasserläuferfiguren geklebt hatte. Link fragte sich, ob die kleinen, fiesen Monster auch dann noch so ruhig bleiben würden, wenn sie ihn wittern würden. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der Wand zu seiner Linken zu. Etwa auf Augenhöhe hatte hier jemand eine weitere der feingravierten Metallplatten angebracht, die durch irgendeinen merkwürdigen Mechanismus den Wasserstand im Tempel regulierten. Schnell zückte er seine Okarina, wobei er sich unwillkürlich fragte, ob Navi es wohl mitbekam, dass er seine Hand in den Wunderbeutel steckte. Nachdem Link das königliche Wiegenlied gespielt hatte, drang schon bald das laute Gurgeln der zusätzlichen Wassermassen, die in das Gebäude strömten, an seine Ohren. Als er nun einen erneuten Blick in die Eingangshalle hinunter warf, war die Wasseroberfläche einige Meter angestiegen. Ohne zu zögern stieß der junge Held sich ab und sprang mit einem vollendeten Köpper ins kühle Nass. Ein friedlich in der Nähe hockendes Wasserläufermonster fauchte erschrocken auf und flüchtete. Feine Luftbläschen drangen durch die engen Maschen seiner Kleidung und prickelten auf seiner Haut, während Link mit kräftigen Armbewegungen wieder auftauchte. Kaum, dass er die Oberfläche durchstoßen hatte, machte er sich auch schon auf die Suche nach der Tür, die Navi zuvor erwähnt hatte. Während er langsam paddelnd um die Mittelsäule herumschwamm und dabei aufmerksam auf eventuelle Angreifer achtete, fragte er sich ob er die gesuchte Tür überhaupt so einfach erkennen würde. Doch nur wenige Minuten später stellte sich bereits heraus, dass diese Sorge völlig unberechtigt gewesen war. Das massive Eisenschloss, das die Tür blockierte, wirkte wie poliert und schimmerte und blitzte im Schein der in der Nähe brennenden Fackeln. Schnell hievte Link sich auf den schmalen, steinernen Tritt, der direkt aus der Wand zu wachsen schien, und fummelte den gefundenen Schlüssel hervor, ohne auf den Schwall Wasser zu achten, der an seinem Körper hinabströmte. Trotz der allgegenwärtigen Feuchtigkeit war das Schloss erstaunlicherweise nicht verrostet und es ließ sich mit Leichtigkeit aufschließen. Link stieß einen erleichterten Seufzer aus und trat in den angrenzenden Raum, der ihm die Sprache verschlug. Nur wenige Meter hinter der Eingangstür klaffte ein riesiger Abgrund, der mitten ins Nichts zu führen schien und von den hohen Wänden hallte ein wildes Tosen wider, das wie Donnergrollen klang und Link in den Ohren schmerzte. Ursprung des höllischen Lärms war ein gigantischer Wasserfall auf der gegenüberliegenden Seite. Weißschäumende Gischt verteilte sich wie feiner Sprühnebel im Raum und überzog die Wandfliesen mit schillernden Wassertröpfchen. Doch obwohl das Donnern der herabstürzenden Wassermassen in dem geschlossenen Raum fast unerträglich laut war, nahmen Links empfindlichen Ohren mit der länglichen, spitz zulaufenden Muschel noch etwas anderes wahr. Irgendein Laut mischte sich unter das gurgelnde Tosen, bis er kaum noch zu erkennen war. Obwohl er sich auf Grund der Lautstärke im Raum am liebsten die Hände auf die Ohren gepresst hätte, konzentrierte sich Link mit geschlossenen Augen auf das kaum wahrnehmbare Geräusch und versuchte, es aus dem Lärm herauszuschälen, bis es identifizierbar war. Zunächst machte es den Eindruck als sei dies ein unmögliches Unterfangen, doch langsam gelang es Link immer besser, das Wasserdonnern in den Hintergrund zu drängen, bis er es kaum noch wahrnahm. Und ja! Da war es! Ein leise quietschendes Schleifen wie von einer schlecht geölten Maschine. Doch woher mochte es wohl kommen? Interessiert sah Link sich im Raum um und suchte nach dem Ursprung des mysteriösen Geräuschs. Bewegte sich da hinten etwas oder ließ das herabstürzende Wasser es nur so aussehen? Als Link sich mit konzentriert zusammengekniffenen Augen dem Abgrund näherte, stürzten sich plötzlich zwei Schatten laut kreischend auf ihn. Ledrige Haut strich über Links Gesicht, während er überrascht aufschrie und versuchte, seine Angreifer abzuschütteln. Verzweifelt griff der junge Held nach seinem Schwert, doch die beiden Fledermäuse flatterten so wild um ihn herum, dass er anstatt des Schwertknaufs nur einen dünnhäutigen Flügel erwischte. Einem instinktiven Impuls folgend, fasste Link fest zu und schleuderte das überrumpelte Tier so kräftig gegen die nahe Wand, das es sich mit einem leisen Knacken das Genick brach. Unterdessen hatte sich jedoch die zweite Fledermaus in seiner Tunika festgekrallt und kroch von dem süßmetallischen Geruch geleitet auf die noch immer leicht blutende Wunde an Links Unterarm zu. Als ihre kurze, raue Zunge über sein rohes Fleisch glitt, keuchte Link vor Schmerz auf und er ließ reflexartig den noch immer umklammerten Flügel der toten Angreiferin los, um seine Hand auf die klaffende Reißwunde zu pressen und sie so zu schützen. Die noch lebende Fledermaus fauchte verärgert und schlug ihm ihre scharfen, spitzen Zähne in das dicke Leder seiner Handschuhe. „Mistvieh!“ Link schüttelte seinen Arm so heftig er konnte, aber das durstige Tier ließ einfach nicht locker, sondern gab nur bösartig klingende Laute von sich. Als er schließlich außer Atem war, starrte Link wütend auf die Fledermaus hinab, die noch immer versuchte, ihm in die Hand zu beißen. Während unter seinem Handschuh ein paar Blutstropfen hervor sickerten und an seinen Fingern entlang rollten, bevor sie zu Boden fielen, fasste er schließlich einen Entschluss. Er hasste, was er nun würde tun müssen, doch er konnte auch nicht hier herumstehen, bis die Fledermaus aufgeben würde. Mit einer schnellen Bewegung fasste Link dem überraschten Tier von oben an den Nacken und holte tief Luft, bevor er auch dieser Angreiferin das Genick brach. Während er die Krallen des Kadavers aus dem Stoff seiner Tunika zog, wunderte er sich darüber, warum es ihm so viel schwerer fiel mit bloßer Hand anstatt mit einer Waffe zu töten. Nachdem er sich der Fledermaus entledigt hatte, wischte Link sich geistesabwesend die Hände an seiner Tunika ab, wobei das frische Blut bräunlich wirkende Flecken auf dem blauen Stoff hinterließ. Kurz vor dem Abgrund blieb er stehen und starrte angestrengt auf den Wasserfall gegenüber. Tatsächlich! Unter den Wassermassen schien eine Art Förderband auf der Wand zu verlaufen, wodurch hölzerne Plattformen in einem trägen Rhythmus auf und ab befördert wurden. Ob die Kette des Fanghakens wohl lang genug war, um den Abgrund zu überbrücken? Vorsichtig ließ Link sich auf der Kante nieder und beugte sich so weit vor wie es ihm möglich war, ohne dass er das Gleichgewicht verlor. Das war das erste Mal, dass er mit dem Fanghaken ein bewegliches Ziel treffen wollte. Mit dem Bogen war dies kein Problem, aber ein Pfeil sauste auch sehr viel schneller durch die Luft als die Kette des Fanghakens. Es war also nicht weiter erstaunlich, dass die ersten Schüsse ins Leere gingen, doch schlussendlich bohrte sich das scharfkantige Dreieck tatsächlich in eine der Holzplanken. Mit einem flauen Gefühl im Magen atmete Link einmal tief durch und betätigte dann den Aufrollmechanismus, während er stumm zu den Göttinnen betete, dass das Holz durch den ständigen Kontakt mit Wasser nicht vermodert und morsch war. Er hatte keine große Lust herauszufinden, ob der Abgrund wirklich so bodenlos war wie er wirkte… Auf der gegenüberliegenden Seite krachte er ziemlich unsanft mit dem Brustkorb gegen die getroffene Plattform, was ihm die Luft aus den Lungen presste. Ächzend zog er sich hoch, wo er erst einmal für einen Moment inne hielt, um wieder Atem zu schöpfen. Die restlichen Plattformen zu erklimmen, war kein großes Problem. Link zog sich einfach mit Hilfe des Fanghakens von einer Planke zur nächsten, bis er auf der obersten angekommen war. Von dort aus setzte er mit einem beherzten Sprung zu der Nische mit der nächsten Tür über. Obwohl er gewartet hatte, bis die Plattform die höchste Stellung erreicht hatte, hatte er nur knapp die Kante zu fassen bekommen. „Heiliger Deku… Fast wär’s das gewesen“, murmelte er, während er mit wild schlagendem Herzen einen letzten Blick hinab warf. Anschließend machte er sich mit noch immer leicht zitternden Knien auf, den Tempel weiter zu erkunden. Der nächste Raum wirkte ein wenig wie eine kunstvoll gestaltete Badetherme. Das Wasser, das den gesamten Boden bedeckte, stand mehrere Meter hoch und glitzerte durch die bemalten Fliesen blaugrün wie Türkise. Schmale Stege, die mit riesigen Schlangenköpfen verziert waren, ragten stellenweise in das Bassin hinein, waren jedoch zu hoch um sie vom Wasser aus zu erreichen. Links Aufmerksamkeit galt allerdings nicht den imposanten Statuen, sondern wurde wie magisch von einem Gebilde angezogen, das auf einem hohen Podest in der Mitte des Raums stand. Die Skulptur hier sah fast genauso aus wie die in dem Raum mit der Wasserfontäne. Der einzige Unterschied war die Farbe des Inneren: Anstatt silbern zu glänzen, schimmerte diese Skulptur von innen heraus hellblau. „Ich frage mich, was passiert, wenn ich dieses Ding aktiviere…“, überlegte Link laut, während er auch schon seinen Fanghaken hervorholte. Ohne lange über mögliche Konsequenzen nachzudenken, feuerte er den Haken ab und wartete gespannt. Die Kette sauste mit einem lauten Rattern durch die Luft und der Haken schlug mit einem dumpfen Geräusch gegen die harte Oberfläche der Skulptur, bevor er abprallte und mit einem satten Platschen im Wasser landete. Einen langen Moment lang passierte gar nichts und Link war schon dabei, mit enttäuschter Miene seinen Fanghaken wieder zu verstauen, als sich das Skulptureninnere plötzlich doch noch verfärbte und auf einmal in einem tiefen Rubinrot funkelte. Fast zeitgleich begann die Erde zu beben und Link wäre beinah kopfüber ins Wasser gestürzt, als sich knapp unter der Decke angebrachte Schleusen öffneten. Sofort schossen silbrige Sturzbäche zusätzlichen Wassers aus den Öffnungen und ließen den Wasserpegel in die Höhe schnellen. Dies war jedoch nicht das Einzige, was sich veränderte… „Woa!“ Link machte einen überraschten Schritt nach hinten, als sich der steinerne Schlangenkopf, der ihm am nächsten war, mit einem leise schleifenden Geräusch als Erster in die Höhe schob. Als die Steinschlangen sich zu voller Größe aufgerichtet hatten, schlossen sich die Schleusen unter der Decke wie von selbst und stoppten den Wasserzufluss. Obwohl der Wasserstand sich um einige zusätzliche Meter gehoben hatte, ragten die Stege noch immer zu hoch auf, um sie vom Wasser aus erklimmen zu können. Damit schien auch die nächste Tür, die sich auf der Südseite des Raums befand, außer Reichweite zu sein. Grübelnd kaute Link auf dem Nagel seines linken Daumens, während er die Steinschlange ihm gegenüber musterte. Er konnte nicht genau sagen was, aber irgendetwas an dieser Statue kam ihm merkwürdig vor. Mit einem tiefen Anflug von Sorge und Angst dachte er daran, wie schön es wäre, wenn Navi zu der Schlange hinüberfliegen und sie aus der Nähe betrachten könnte, wenn es ihr besser ginge. Er hoffte inständig, dass sie sich bald wieder erholen würde! Was sollte er bloß machen, wenn seine kleine Freundin nicht wieder von allein gesunden würde und einen Arzt brauchte? Gab es in diesem gottverlassenen, von einem Dämon regierten Land überhaupt jemanden, der wusste, wie eine Fee zu behandeln war? Gerade, als sich seine Sorge zu einer regelrechten Panik auswachsen wollte, wurde ihm plötzlich bewusst, was ihn an der Statue gestört hatte: In ihre Brust war ein kleines Stück Holz eingelassen, das zwar in einem täuschendechten Steingrau gestrichen war, aber von der Struktur her nicht zu dem glatten Stein drum herum passte. Mit einem breiten Grinsen packte Link erneut seinen Fanghaken aus und zog sich auf den gegenüberliegenden Steg. Doch schon bei der nächsten Schlange verging ihm die gute Laune gleich wieder. Ihr leicht gewundener Körper war so massiv, dass sie die gesamte Breite des Stegs einnahm. Wenn Link hier genauso verfahren würde wie beim letzten Mal, liefe er Gefahr ins Wasser zu stürzen, wo er gefangen wäre und jämmerlich verhungern würde. Mit einem genervten Knurren blickte der junge Held sich um. Nur wenige Meter links von der Schlange war eine Holzfliese an der Wand, aber das half Link leider nicht weiter. Zöge er sich mit Hilfe seines Fanghakens dorthin, wäre er ebenfalls gefangen, da die riesige Schlange ihm den Weg versperren würde. Allein über ihren Kopf zu klettern, wäre eine Herausforderung. Bei diesem Gedanken kam Link plötzlich eine Idee! Mit einem listig wirkenden Grinsen wandte er sich wieder der Skulptur in der Mitte des Raums zu und schoss ein weiteres Mal seinen Fanghaken auf sie ab. Wieder verstrich einige Zeit, bevor sie sich erneut blau färbte, doch dann öffneten sich mehrere auf dem Boden verteilte Abflussrohre und das Wasser begann mit einem gurgelnden Geräusch abzufließen. Nach nur wenigen Minuten hatten sich die Steinschlagen wieder so weit herabgesenkt, dass ihre Unterkiefer auf den Stegen auflagen. Kaum hatte die letzte Schlange ihre Ausgangsposition eingenommen, schlossen sich die Rohre wieder. Für einen kurzen Moment fragte Link sich, wie dieser Mechanismus wohl funktionierte, setzte seinen Weg dann jedoch schnell wieder fort. Geschwind setzte er zum nächsten Steg über und kletterte vorsichtig über den Schlangenkopf. Der glatte Stein und die Tatsache, dass allein der Kopf fast so hoch war, dass Link kaum über ihn hinwegblicken konnte, gestalteten dieses Unterfangen ziemlich schwierig, doch glücklicherweise boten die erstaunlich naturgetreu wirkenden Zähne und die Rillen zwischen den einzelnen Schuppen ein wenig Halt. Dennoch atmete der junge Held erleichtert durch, als er das Hindernis endlich überwunden hatte. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass die kurze Kletterpartie die schwierigste Aufgabe in diesem Raum gewesen war. Nur wenige Minuten später stand Link unterhalb der Nische, in der sich die nächste Tür befand, auf einem weiteren Schlangenkopf. Diesen zu erklimmen war wesentlich einfacher gewesen, da dieses Exemplar aus recht grobem Stein gehauen war, von dem man nicht so leicht abrutschte. Ein letztes Mal aktivierte Link die Skulptur in der Raummitte und ließ sich von der Schlange nach oben tragen, wo er sehr selbstzufrieden auf die Tür zustrebte. Doch kaum, dass der Türknopf in Reichweite war, stürzte sich plötzlich ein wie ein riesiger Schleimbrocken aussehendes Monster von der Decke auf ihn und saugte ihn in sich hinein. Der junge Held strampelte wie wild um sich, aber er hatte nicht das Gefühl, dass seine Bemühungen zu etwas führten. Der Angreifer hatte eine derartig breiige Konsistenz, dass er Links Tritte nicht einmal zu bemerken schien. Gerade, als der Herr der Zeiten glaubte, ersticken zu müssen, gab das Monster ihn endlich wieder frei und katapultierte ihn mit einem erstaunlich kraftvollen Würgen an die Wand. Link stieß sich ziemlich schmerzhaft den Kopf an und sah für einen kurzen Moment kleine Sternchen vor seinen Augen tanzen. Das Monster versuchte dies zur Flucht zu nutzen, doch Link war schon wieder auf den Beinen und rammte dem Schleimwesen sein Schwert in den Rücken, wo es beinah feststeckte. Nur unter Aufbietung all seiner Kraft konnte der junge Held die scharfe Schneide durch das wabbelige Fleisch ziehen und das Monster aufschlitzen. Als es in sich zusammensackte, gab es ein zischendes Geräusch von sich wie ein gut aufgeblasener Luftballon aus Tiergedärm. Aus der langen Schnittwunde ragte ein Stück blauen Stoffs hervor und weckte Links Neugierde. Mit einer schwungvollen Bewegung zog er seinen Fund aus dem Kadaver heraus und staunte nicht schlecht. Was er da in den Händen hielt, war eindeutig eine Zora-Rüstung. Erschrocken blickte Link an sich herunter und stellte erst jetzt fest, dass er über seinem Dress aus dem merkwürdigen, silbernen Kettenstoff, den er im Heiligen Reich erhalten hatte, nichts mehr trug. Auch sein Hylia-Schild war verschwunden, tauchte aber wieder auf, als Link mit angewidert krausgezogener Nase in dem schleimigen Kadaver zu seinen Füßen herumwühlte. So schnell er konnte, kleidete er sich wieder an und schickte sich dann an, die Tür zu öffnen, während er sich fragte, was das Monster wohl mit seinem Schild und seiner Rüstung hatte anfangen wollen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)