Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 30: Der Feuerdrache Volvagia ------------------------------------ Die Hitze im Raum des Drachens war beinah unwirklich und Link hatte das Gefühl, seine Kettenkleidung würde ihm direkt auf dem Körper schmelzen. Der Schweiß brannte ihm in den Augen und er versuchte in der Ferne mehr als einen rotbraunen Fleck zu erkennen, obwohl die Luft so sehr hin und her waberte, dass ihm davon fast schwindelig wurde. Mit schweren Schritten und in der überhitzten Luft mühsam nach Atem ringend kämpfte der junge Hylianer sich weiter vor, während Navi auf seiner Schulter saß, tiefrot leuchtete und versuchte, sich mit den Händen einen kühlen Luftzug zuzufächeln. Keuchend setzte er einen Fuß vor den anderen, wobei er sich sicher war, dass jeden Moment die Sohlen seiner Stiefel in Flammen aufgehen müssten. Vor ihm erstreckte sich ein riesiger See zähflüssigen Magmas, aus dem dicke, gelbliche Schwefelschwaden aufstiegen, die das Atmen noch unerträglicher machten. Inmitten der roten, blubbernden Masse ragte eine fast perfekt runde Felseninsel auf, die an den Rändern wie abgebrochen wirkte. Doch weder Darunia, noch Volvagia waren zu sehen. Unruhig ließ Link seinen Blick schweifen, ohne etwas zu sehen, das er als seinen alten Freund oder den Drachen identifizieren konnte. „Warum ist es hier so verflucht ruhig? Hier sollte doch ein Kampf stattfinden…“ Sein Herz schlug wild und hektisch und pumpte das Adrenalin in unregelmäßigen Schüben durch seine Adern, während Panik ihre eisige Hand um seinen Brustkorb legte und fest zudrückte. Plötzlich schnappte Navi erschrocken nach Luft und deutete auf die Mitte der runden Insel. Ängstlich folgte der junge Mann ihrem ausgestreckten Arm mit den Augen und entdeckte zwischen zahlreichen Lavapfützen eine zusammengesackte, leblose Gestalt, die wie ein unförmiger Steinklotz dalag. „Nein!“, schrie es stumm in seinem Herzen, während er zu der Insel hinübersprang, obwohl er fast hätte schwören können, seine Füße würden an dem heißen Steinboden kleben bleiben. So schnell er konnte, stürzte er auf den Felsbrocken zu, während Navi sich mit zitternden Händen an seiner eiskalten Tunika festkrallte und auf ihrer vollen Unterlippe herumbiss. „Darunia! Komm zu dir!“ Link kniete neben dem leblosen, massigen Körper und schüttelte ihn hart. Den Goronenhammer, den er in der Hand gehalten hatte, hatte er einfach achtlos fallen lassen. „Darunia, bitte... Komm schon... Mach die Augen auf!“ Link hörte selbst wie weinerlich seine Stimme klang und erste Tränen, die in der mörderischen Hitze jedoch sofort trockneten, lösten sich aus seinen Augenwinkeln. Stumm ließ er den toten Goronen wieder zu Boden sinken und starrte mit einem dicken Kloß im Hals auf seinen verdrehten Körper. Der rechte Arm stand in einem unnatürlichen Winkel ab, so als wäre er gebrochen, und in dem steinernen Vollbart fehlten einige Zacken, was ihn wie gerupft wirken ließ. Die glasigen, schwarztrüben Augen des Toten standen weit offen und Link war sich sicher, dass sie ihn anklagend ansahen. Er war zu spät gekommen. Wieder einmal… Schuldgefühle ätzten sich durch sein Herz und ließen es bei jedem Schlag grausam schmerzen. Er hatte das Gefühl, ein tonnenschweres Gewicht läge auf seiner Brust und drücke sämtliche Luft aus seinen Lungen. Er fiel auf die Knie, umschlang seinen Oberkörper mit den Armen und rang hustend nach Luft. Navi schwebte vor ihm und beobachtete nervös und besorgt, wie sein Blick immer entrückter wurde. Er drohte an seinen Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen zu ersticken. Angestrengt suchte sie nach den richtigen Worten, als hinter ihnen plötzlich ein brodelndes Geräusch entstand. Link blinzelte mehrfach, um wieder einen klaren Blick zu bekommen, und wirbelte herum. Erschrocken stellte er fest, dass das, was er für Lavapfützen gehalten hatte, in Wirklichkeit enge Schächte waren, welche die Inseln in ihrer ganzen Tiefe durchbohrten. Aus einem dieser Löcher ragte ein riesiger Kopf mit unglaublich großen, giftgrünen Augen heraus, die den Hylianer vor sich durchdringend musterten. Mit einem lauten Fauchen kroch Volvagia ganz aus den Tiefen der Insel, schwang sich in die Lüfte und umkreiste seine Besucher einige Male, bevor er sich wieder in eines der Löcher stürzte. Fasziniert stellte Navi fest, dass die Schuppen der gefährlichen Echse aussahen als würden in ihrem Inneren viele kleine Flammen züngeln und dass der lange, kunstvoll gefiedert aussehende Stirnschmuck tatsächlich brannte. Der Drache hatte zwei kurze, unnütz wirkende Ärmchen und zwei winzige Flügel, die so zerbrechlich aussahen, dass die Fee nicht glauben konnte, dass sie Volvagia tatsächlich durch die Luft trugen. Alles in allem wirkte dieses Tier eher wie ein harmloser, brennender Regenwurm als wie ein Goronen fressendes Ungetüm. Navi fragte sich, warum Darunia nicht in der Lage gewesen war, es zu töten – schließlich konnte Feuer einem Goronen nichts anhaben – als sie die dicken, silbern schimmernden Schuppenplatten auf Kopf und Nacken des Drachens entdeckte. Offensichtlich wusste dieses Monster, wie es seine Schwachstellen schützen musste. Nervös blickte Link umher, während er darauf wartete, dass Volvagia sich wieder zeigte. Den Goronenhammer hatte er inzwischen wieder aufgehoben und drehte ihn jetzt langsam in seinen verschwitzten Händen. Das Metall hatte sich auf dem heißen Felsenboden unglaublich aufgeheizt und verbrannte ihm nun die unbedeckten Fingerkuppen, doch Link versuchte, den Schmerz so gut es ging zu ignorieren. Als es in einiger Entfernung wieder zu brodeln begann, wirbelte Link sofort herum, aber er war zu langsam. Bevor er das Loch erreichen konnte, hatte der Drache sich schon lange in die Lüfte geschwungen, von wo aus er Link mit Feuerbällen und Stalaktiten bewarf, die von der Höhlendecke hingen. Keuchend sprang der junge Hylianer hin und her und verfluchte die drückende Hitze, die seine Beine schwer machte, und das immense Gewicht des Goronenhammers, das ihn zusätzlich beim Laufen behinderte. Laut fauchend verschwand Volvagia wieder in einem seiner Löcher und Link blieb heftig schnaufend stehen, um darauf zu warten, dass der Drache wieder hervorkam. Navi kauerte ängstlich in seinem Kragen und flüsterte tonlos etwas in einer Sprache, die der Hylianer nicht verstand. Als es wieder verräterisch zu blubbern begann, jubelte der junge Herr der Zeiten innerlich, denn das entsprechende Loch war nicht weit entfernt. „Dieses Mal kriege ich dich!“, brummte er leise und stürzte mit hoch erhobenem Hammer auf den Drachen zu. Doch bevor er in Angriffsnähe kam, blieb er mit dem Fuß an etwas hängen und schlug lang hin, wobei er die Waffe in seiner Hand losließ und sie laut klappernd über den felsigen Untergrund schrammte. Wütend warf Link einen Blick hinter sich, um zu sehen, was ihn zu Fall gebracht hatte, und erstarrte, als er erkannte, dass er über Darunias Beine gestolpert war. Ein heftiger Schmerz durchzuckte sein Herz, doch er verlor keine Zeit mit Trauer und rappelte sich schnell wieder auf. Noch bevor Volvagia erneut in einem seiner Löcher verschwunden war, hatte der Hylianer seinen Goronenhammer schon wieder aufgehoben und war kampfbereit. Mit einem breiten Grinsen auf den rissigen und aufgeplatzten Lippen registrierte Link, dass der Drache sich für den folgenden Angriff einen Schacht gleich neben ihm ausgesucht hatte. Kaum, dass der silbrig schimmernde Kopf zu sehen war, hieb er ihm mit voller Wucht den schweren Hammer auf die Stirn. Volvagia fauchte überrascht auf, aber auch das konnte das laute, knackende Geräusch nicht übertönen, das verriet, dass die Panzerung des Monsters einen Riss bekommen hatte. Schnell wischte der Herr der Zeiten sich mit dem Handrücken über die Stirn, um den dort stehenden Schweiß daran zu hindern, ihm in die Augen zu laufen – doch ohne Erfolg. In dieser Hitze schwitzte er so stark, dass ununterbrochen dicke Tropfen seine Stirn hinabkullerten und in seinen langen Wimpern hängen blieben. Gerade, als er überlegte, ob er sich aus seiner grünen Mütze eine Art Schweißband würde basteln können, riss ihn erneutes Brodeln in der Nähe aus seinen Gedanken. Sofort stürzte er auf das Loch zu, doch nur um festzustellen, dass es eine Finte war. Nach nur wenigen Sekunden hörte das Blubbern auf und Volvagia schoss aus einem ganz anderen Schacht in die Höhe. Link stöhnte auf und wich so geschickt wie möglich den Angriffen des Drachens aus, obwohl ihm die Hitze langsam merklich zu schaffen machte. Navi betrachtete besorgt seine wächsern wirkende, blasse Haut und fragte leise: „Alles okay bei dir?“ Mit aufeinandergebissenen Zähnen schüttelte der Hylianer den Kopf, während er sich unter einem Feuerball wegduckte. „Nicht wirklich. Mir ist... total schwindelig. Ich hab das Gefühl, mir wird bald schwarz vor Augen, wenn ich diesen Feuerwurm nicht schnell besiege.“ Als hätte der Drache seine Worte verstanden, stieß er wieder in einen der insgesamt elf Schächte hinab und zeigte sich mehrere Minuten lang nicht. Link versuchte blinzelnd das Bild vor seinen Augen daran zu hindern, sich wie wild zu drehen, und atmete keuchend. Als er wenige Minuten später auf eine erneute Finte hereinfiel, gaben seine Knie nach und der junge Herr der Zeiten sank auf den unangenehm heißen Boden, während weißbunte Sternchen vor seinen Augen tanzten. Als wollte er ihn verhöhnen, schoss Volvagia mit einem amüsiert wirkendem Funkeln in den grünen Glubschaugen auf ihn zu und holte tief Luft, um den entkräfteten Hylianer zu rösten. Navi kreischte laut und riss panisch an Links Ohren, um ihn zu einer Reaktion zu bewegen, während dieser den heransausenden Drachen nur wie durch einen Schleier sah. Plötzlich hörte er jedoch eine tiefe, dröhnende Stimme, die ihn wütend anbrüllte: „Reiß dich zusammen, Bruder!“ Überrascht riss er den Kopf herum, doch Darunia lag noch immer reglos auf dem Boden. Link schüttelte sich, um wieder klar sehen zu können, und sammelte seine letzten Kräfte. Mit einem wilden Schrei schleuderte er Volvagia den Goronenhammer entgegen, der mit einem lauten Krachen gegen den harten Panzer der Echse traf und dann scheppernd zu Boden fiel – gefolgt von der Rüstung des Drachens, die auseinandergebrochen war. Vor Überraschung blieb diesem der Feuerball im Halse stecken und er raste mit vor Schreck geweiteten Augen auf Link zu, der sich schwerfällig auf die Beine stemmte und das Master-Schwert zog. Obwohl er so schwach war, dass er die schwere Klinge kaum halten konnte, ließ er die scharfe Schneide durch die Luft wirbeln und trennte Volvagias Kopf vom Rest des Körpers. Mit einem lauten Platschen landete Beides in der brodelnden Lava, als plötzlich jemand Link an der Schulter berührte. Erschrocken riss der junge Hylianer den Oberkörper herum, wobei ihn eine heftige Schwindelwelle überrollte und schwanken ließ. Er fühlte große Hände und einen kräftigen Arm, die sich unter seine Achseln schoben, konnte aber nichts erkennen, weil sich die Welt um ihn herum derart heftig drehte, dass er nur unförmige Farbkleckse sah. Doch dass Navi nicht panisch aufschrie, beruhigte ihn ein wenig. „Du hast es tatsächlich geschafft. Der Feuerdrache Volvagia ist tot. Dank dir sind wir endlich wieder sicher.“ Diese Stimme kannte er doch... Link wandte langsam den Kopf und blinzelte gegen den Schwindel, während sein Blick langsam wieder schärfer wurde. „Hector?“ Der Name kam ihm nur als gehauchtes Flüstern über die geschundenen Lippen, doch er konnte spüren, dass der Gorone lächelte. „Ja. Ich bin’s.“ „Wie... Wie...“, setzte der Hylianer stammelnd an, aber es war Navi, die den Satz für ihn beendete: „Wie bist du aus deiner Zelle gekommen?“ Link fühlte wie Hector sanft die Schultern hob. „Einige Zeit nachdem ihr bei mir gewesen ward, kam ein ziemlich mysteriös aussehender Mann zu mir und hat mich freigelassen, ohne auch nur ein Wort zu sagen.“ „Shiek...“ Obwohl er zu schwach war, um auf eigenen Beinen zu stehen, spürte Link wie bei dem Gedanken an den geheimnisvollen Mann eine Woge warmer Gefühle durch seinen Körper schwappte. „Dann bin ich sofort hierhergekommen, weil ich Darunia und dir helfen wollte und sah dich halb ohnmächtig auf dem Boden knien.“ „Du warst es also, der mir zugerufen hat, ich solle mich zusammenreißen!“ Zu sprechen kostete Link ungewöhnlich viel Kraft und er krampfte eine Hand gegen seine Brust, als er heftige Seitenstiche bekam. Hector nickte langsam, während er den Goronenhammer aufhob und es konzentriert vermied, Darunias toten Körper anzusehen. „Ja, das war ich. Aber jetzt bring ich dich erst mal hier raus, damit du dich ein wenig erholen kannst. Du siehst schrecklich aus.“ Die Drei hatten die breite, bronzebeschlagene Tür schon fast erreicht, als Navi, die auf Links Schulter saß und ihre Beine über sein Schulterblatt baumeln ließ, überrascht keuchte. Irritiert wandten die anderen beiden ihren Blick nach hinten und schnappten hörbar nach Luft. Über dem verdreht daliegenden Körper Darunias funkelte ein grelles, rotes Licht, das langsam die Form des Goronenanführers annahm. „G-Genau wie bei Salia…, murmelte Link, der an ihre Begegnung im Waldtempel dachte. Hector schien unter seiner granitenen Haut zu erbleichen, als aus der farbigen Lichtkugel die Stimme Darunias ertönte. „Ich danke dir, mein Bruder. Du hast es geschafft! Volvagia ist besiegt und der Bann auf dem Feuertempel gebrochen.“ Der Herr der Zeiten schlug traurig die Augen nieder. „Mag sein, aber ich war zu langsam. Ich habe es nicht geschafft, schnell genug hier zu sein, um dich zu retten.“ Die halbdurchsichtige Gestalt schüttelte den Kopf. „Gräme dich nicht, Bruder. Mein Leben war so oder so verwirkt, da ich woanders gebraucht werde. Du siehst es selbst: Ich bin der Weise des Feuers. Und gemeinsam werden wir diesem Ganondorf ordentlich in den Hintern treten!“ Darunia grinste und ballte angriffslustig seine transparente Hand zur Faust, was Link ein schwaches Lächeln aufs Gesicht zauberte. „Hector, mein Lieber, für dich habe ich noch einen allerletzten Befehl, bevor ich mich aufmache ins Heilige Reich.“ Der Gorone sah seinen ehemaligen Regenten aus großen Augen an. „Was immer du wünscht, Darunia.“ „Ich bitte dich, meinem Sohn an meiner statt beizustehen und mit ihm gemeinsam zu regieren, bis er alt genug ist, um meinen Thron alleine zu besetzen.“ Der Weise des Feuers lächelte den Dreien ein letztes Mal zu, bevor er sich wieder in eine rote Lichtkugel verwandelte und davonschwebte. Er war bereits verschwunden, als seine tiefe Stimme noch im Raum hing: „Link, mein Bruder, ich danke dir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)