Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 19: Ein Traum wird wahr ------------------------------- Wieder im Maul angekommen, versuchte Link den Kiefer des gewaltigen Wals aufzustemmen, während Ruto ihn mit einem amüsierten Ausdruck in den Augen beobachtete. Navi flog neben ihr in der Luft, kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und murmelte: „Ich glaube, das hat keinen Sinn.“ Keuchend stützte der Junge sich auf den Griff seines Schwertes, dessen Klinge zwischen zwei breiten Backenzähnen des Wals steckte. „Willst du doch lieber durch den Darm laufen?“ Die Fee verzog das Gesicht, doch Ruto lachte nur. „Ich glaube, das wird nicht nötig sein.“ Langsam stand sie auf, stützte sich kurz an der Wand ab, während sie wartete, dass der Schwindel abflaute, und ging ein wenig unsicher auf einen der Backenzähne zu. Sie warf Link ein strahlendes Lächeln zu und klopfte gegen den Zahn, woraufhin sich der Unterkiefer plötzlich senkte. Als sie nach draußen traten, atmete Link zunächst einmal tief durch und genoss es, endlich wieder Luft zu atmen, die nicht nach fauligem Fisch roch. Ruto ließ ihren Blick an seinem Körper hinabgleiten und schubste ihn grinsend vom Podest. Mit einem lauten Platschen landete er an einer tieferen Stelle im kühlen Nass und schnappte überrascht nach Luft. Nur einen Augenblick später glitt Ruto neben ihm ins Wasser und schwamm um ihn herum. Fasziniert beobachtete der Junge mit welcher Eleganz die junge Zora sich durch das nasse Element bewegte, während diese seine bewundernden Blicke sichtlich genoss. Link atmete tief ein und tauchte hinter Ruto her, der man ihre Gleichgewichtsprobleme im Wasser nicht mehr anmerkte. Als er wieder Luft holen musste, stach ihm die flach am Himmel stehende Morgensonne in die Augen. „So siehst du gleich schon wieder viel besser aus.“ Ruto tauchte hinter dem Jungen auf, der erfreut feststellte, dass das kurze Bad den ekeligen, grünen Schleim von seinem Körper gewaschen hatte. „Weshalb wolltest du eigentlich mit mir über den Stein von meiner Mama reden?“, fragte die junge Zora neugierig. Nun, da sie mit dem Andenken aus ihrer Mutter Lord Jabu-Jabus Magen verlassen hatte, schien sie ehrlich interessiert zu sein, was Link zu sagen hatte. Bevor er antwortete, kletterte Link auf einen breiten Ast einer in der Nähe wachsenden Trauerweide und half dem Zora-Mädchen, sich neben ihn zu setzen. Ruto machte es sich bequem und musterte ihn neugierig, während er überlegte, wie er ihr die Dringlichkeit seines Anliegens am besten schildern konnte. In kurzen Sätzen fasste der Knabe den Verdacht zusammen, den Zelda und er Ganondorf gegenüber hegten, und erklärte ihr, weshalb er das Andenken an ihre Mutter unbedingt brauchte. Gedankenverloren spielte Ruto mit dem sonnenblumenblütengroßen Schmuckstück und drehte es zwischen ihren Händen. Als sie zu sprechen begann, hatte ihre Stimme einen verträumten Unterton angenommen: „Der Heilige Stein des Wassers hat bei uns Zora eine traditionelle Bedeutung, weißt du?“ Sie warf Link, der geduldig darauf wartete, dass sie fortfuhr, einen Seitenblick zu. „Wir nennen ihn den Königinnenstein, denn er ist eine Art Verlobungsring von uns Zoras und wird bei der Hochzeit von der angehenden Königin als Kettenanhänger getragen.“ Link blickte an seinen Füßen vorbei aufs Wasser. Dass er Ruto so etwas Wertvolles nehmen musste, war ihm unglaublich unangenehm. Sie nahm jedoch mit einem liebevollen Lächeln seine Hand und drückte sie sanft. „Weißt du was? Ich gebe ihn dir. Du hast ihn dir verdient.“ Sachte legte sie ihm den Heiligen Stein in den Schoß und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Überrascht riss der Junge den Kopf herum, doch die Prinzessin war bereits vom Ast gesprungen und tauchte gerade grazil ins Wasser ein. Die Worte „Aber sag’s nicht meinem Daddy“ hingen noch in der Luft. Mit einem glückseligen Lächeln verstaute Link den letzten Heiligen Stein in seinem Beutel und schickte sich an, zurück zur Zora-Höhle zu schwimmen, als Navi wie angewurzelt in der Luft stehenblieb. „Was hast du?“ Der Junge strich sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht und beobachtete, wie seine Begleiterin sich mit lang gestrecktem Hals umschaute. „Hier ist eine große Fee in der Nähe! Ich spüre das.“ Nach einigem Suchen entdeckten die Beiden eine Felswand, in die seltsame Zeichen geritzt waren. Navi legte den Kopf schief und fuhr mit den Fingern die Linien entlang. „Das ist Feenschrift.“ Glitzernde Wassertropfen fielen aus Links Haar und seiner Kleidung, als er neben sie trat. „Und was steht da?“ „Fürchtet den Zorn der Din.“ Link grinste schief und holte eine Bombe hervor. „Sieht aus als hätten wir gefunden, nach was wir gesucht haben.“ Die Höhle, die sich durch die Explosion öffnete, sah genauso aus wie die Beiden es erwartet hatten: blaufunkelnde Wände, grünleuchtende Fackeln und ein flacher, marmorner Brunnen. Durch den Klang des königlichen Wiegenlieds angelockt, erschien von dem schon bekannten schrillen Lachen begleitet die hier lebende große Fee. Wie bereits erahnt war diese dritte Fee den beiden ersten wie aus dem Gesicht geschnitten. Sie musterte Link und stützte die Ellenbogen auf die Oberschenkel. „Was kann ich für dich tun, junger Recke?“ Dieser stutzte ein wenig und warf Navi einen verlegenen Blick zu. Ja, was wollten sie hier eigentlich? Plötzlich begann die Feenkönigin zu lachen. „Schon gut, mein Lieber. Ich weiß, weshalb du hier bist.“ Mit diesen Worten streckte sie den Arm aus und öffnete die Hand. Knapp über ihrer Handfläche schwebte etwas, das aussah wie Dins Feuerinferno, doch statt eines Feuerwirbels pulsierte ein Knäuel aus zuckenden Blitzen in der Mitte des eigenartigen, durchsichtigen Gehäuses. „Dies ist Farores Donnersturm, ein sehr wirkungsvoller Fluchtzauber.“ Navi gab einen amüsierten Laut von sich und grinste breit. „Na super! Der mächtigste Zauber der Göttin des Mutes verhilft einem zur Flucht?!“ Die Feenkönigin lächelte mild. „Manchmal erfordert es eben mehr Mut, sich einzugestehen, dass man sich zurückziehen muss.“ Wenige Minuten später durchquerten die beiden Abenteurer den Thronsaal in der Zora-Höhle. Ruto stand von vielen Zoras umringt in der Mitte und winkte Link lächelnd zu. Die anderen Fischwesen nahmen den Jungen gar nicht wahr, sie waren zu sehr damit beschäftigt, ihrer Prinzessin Fragen zu stellen. Als Link in der Vorhöhle stand und darauf wartete, dass das Steindach vollständig ausgefahren wurde, berührte ihn jedoch jemand an der Schulter. Erschrocken wirbelte der Junge herum und blickte in Kallahas schwarze Augen. Das Gesicht des Zora hatte wie immer leicht grimmige Züge, aber er klopfte dem überraschten Knaben in einer freundschaftlichen Geste gegen den Oberarm. „Habt Dank dafür, dass Ihr unsere Prinzessin gerettet habt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Zweifel hatte, ob wir Euch trauen können und ob Ihr einer so großen Aufgabe gewachsen seid. Doch ich sehe mit Verzücken, dass Ihr mich eines Besseren belehrt habt.“ Mit einem erfreuten Glänzen in den Augen und einem offenen Lächeln auf den Lippen nahm der Junge die kühle Hand seines Gegenübers in seine. „Danke, Kallaha. Ich weiß, wie gerne du uns bei Rutos Rettung begleitet hättest.“ Der Zora-Krieger verzog ein wenig missbilligend den Mund, als Link seine Prinzessin einfach nur beim Vornamen nannte, behielt sein Missfallen aber für sich. Stattdessen sagte er ausgesucht höflich: „Ich hoffe, wir haben bald wieder die Ehre, Euch bei uns willkommen heißen zu dürfen.“ Link versicherte ihm, in absehbarer Zeit wieder vorbeizuschauen, und nickte Mia zu, die am anderen Ende des Ganges auftauchte und winkte. Während Link von Navi begleitet am Zora-Fluss entlangging, brauten sich an dem strahlendblauen Himmel langsam tiefdunkle Wolken zusammen und verdeckten die Mittagssonne. Der Wind frischte auf und fegte jaulend durch die enge Schlucht, durch die der Fluss floss. Der Junge gähnte herzhaft und streckte sich. „Oh, bei den Göttinnen… Ich bin so müde! Ich glaub, ich könnte ganze Tage durchschlafen.“ Navi lächelte ihn verständnisvoll an, stichelte aber dennoch ein wenig: „Jetzt mach bloß nicht auf den letzten Metern schlapp – auch wenn dir das ähnlich sähe.“ Bis die Beiden die hylianische Steppe erreichten, wurde das Unwetter um sie herum immer heftiger. Als hätte jemand die Himmelsschleusen geöffnet, prasselten plötzlich dicke Regentropfen aus den kohlrabenschwarzen Wolken und weichten den Boden auf. Das Regenwasser blieb in Links langen Wimpern hängen, wo es sein Blickfeld ein wenig verzerrte, und drang durch die Maschen seiner Kleidung. Navi kroch unter seine Mütze und krallte ihre Fäuste in seinem Haar fest, als ein gewaltiger Donner über die Ebene hallte. Sich gegen den starken Wind lehnend kämpfte Link sich in Richtung Hyrule-Stadt. „Das ist genau wie in meinem Traum!”, schoss es ihm durch den Kopf und Panik trieb ihn schnell weiter voran, während das Gewitter immer heftiger tobte. Ein in der Nähe des Stadttores stehender Baum ging laut knisternd in Flammen auf, als ein grellgelber Blitz mit einem heftigen Knall in ihn einschlug, doch Link achtete gar nicht darauf. Sein Blick war wie paralysiert auf die hochgezogene Brücke gerichtet. Bevor sein Verstand ganz erfassen konnte, was er dort sah, bewegte sich der Brückenmechanismus und die schweren Bretter fielen herab. Wie in seinem Traum jagten Impa und Zelda auf dem Rücken eines edlen Schimmels an ihm vorbei. Die junge Prinzessin wandte den Kopf und sah Link mit einem flehenden Blick an, in dem eine Bitte nach Vergebung lag. Der Junge starrte ihr verzweifelt nach, als sie ihm plötzlich etwas zuwarf, das mit einem leisen Platschen im Schlossgraben landete. Der Schimmel verschwand hinter der nächsten Hügelkette und Link schluckte hart. Er ahnte, was auf ihn zukam. Dennoch zuckte er heftig zusammen, als der dämonische Rappe in seinem Rücken schnaubte. Wie in Zeitlupe drehte er sich um und schaute zu Ganondorf hinauf, dessen Gesicht angespannt wirkte. „Verdammt, sie sind weg!“ Es war das erste Mal, dass Link die tiefdunkle, leicht raue Stimme seines Widersachers hörte, und es lief dem Jungen eiskalt den Rücken herunter. Langsam wandte der bedrohlich wirkende Mann ihm das Gesicht zu. „Hey, du da, Kleiner. In welche Richtung ist das Pferd verschwunden, das hier vorhin vorbeigekommen ist?“ Link wich ängstlich zurück, unfähig zu antworten. Sogar Navi hatte es die Sprache verschlagen. Sie saß stocksteif in der langen, grünen Mütze. Ganondorf durchbohrte den verängstigten Jungen mit stechenden Blicken und wartete stumm. Mit zitternden Händen holte Link die Okarina hervor, die Salia ihm geschenkt hatte. Er wollte sich an etwas festhalten, das ihm vertraut war und Kraft gab. Was wäre da passender gewesen als sein Andenken an seine beste Freundin, die ihm so oft den Rücken gestärkt hatte? Ganondorf zog ungeduldig eine Augenbraue in die Höhe und kratzte sich an der imposanten Hakennase, während sein furchteinflößendes Reittier nervös mit den Hufen scharrte. „Was ist denn nun, Kleiner? Bist du stumm?“ Endlich schluckte Link seine lähmende Angst herunter und zog mit der freien linken Hand sein Schwert. Er musste um jeden Preis verhindern, dass dieser Dämon Zelda verfolgte. Der Gedanke, was er womöglich alles mit ihr anstellen würde, wenn er sie erwischte, machte Link rasend vor Wut und er wappnete sich innerlich für einen Kampf, den er vermutlich nicht würde gewinnen können. „Was hast du vor?!“ Navis Stimme klang panisch, doch sie ging in Ganondorfs lautem Gelächter unter. Seine roten Haare wurden von dem Sturm wild hin und her gerissen, sodass sie aussahen wie unbezähmbares Feuer. „Du bist wirklich mutig, Kleiner.“ Seine Lippen formten ein maliziöses Grinsen, das Link ein paar Schritte zurückweichen ließ. „Aber Mut kann manchmal… tödlich sein.“ Mit diesen Worten schleuderte der Gerudo dem Jungen einen Energieball entgegen, der diesen mit der Wucht eines gut gezielten Kinnhakens traf und von den Füßen schlug. Mit grimmig klingender Stimme fügte der gefährliche Reiter noch eine Drohung an: „Wenn du dich mir noch einmal in den Weg stellst, wirst du nicht so glimpflich davonkommen.“ Benommen rappelte Link sich wieder auf, aber Ganondorf galoppierte bereits in Richtung Hügelkette davon. Auf dem Weg lagen die Scherben der tönernen Okarina, die Link bei der Attacke verloren hatte und dann von einem gewaltigen Huf von Ganondorfs Rappen zertrümmert worden war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)