Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 17: In Lord Jabu-Jabu ----------------------------- „Warum genau helfen wir eigentlich bei der Suche nach dieser kleinen Göre?“, flüsterte Navi, als sie in die ersten Ausläufer der Quelle stiegen. Link senkte die Stimme und blickte auf das flache Wasser zu seinen Füßen. „Weil ich davon ausgehe, dass König Zora sehr viel hilfsbereiter bei unserem eigentlichen Anliegen sein wird, wenn wir ihm seine Tochter zurückbringen.“ Kallaha blieb vor einem flachen, aber breiten Podest stehen, das mit je einer kunstvoll geschnitzten Holzsäule in allen vier Ecken geschmückt war, und deutete die wenigen Treppenstufen herauf. „Dies ist Lord Jabu-Jabu. Möget Ihr ihn mit Respekt behandeln.“ Seine Stimme klang missbilligend, doch er wagte nicht die Entscheidungen seines Königs in Zweifel zu ziehen, so wie es der andere Zora zuvor getan hatte. Gemäßigten Schrittes bestieg Link das Podest und blickte Navi, die neben ihm flog verwirrt an. Hinter dem viereckigen Steinquader, auf dem sie sich befanden, lag ein riesiger, weißer Wal im Quellwasser und musterte sie aus runden, blauen Augen. Sein imposanter Körper war mit wunderschönen Samtgirlanden aus edlem Rot, majestätischem Blau und poliertem Gold geschmückt. Besonders der diademartige Kopfschmuck ließ Navi vor freudiger Entzückung aufseufzen. Doch Link drehte sich ein wenig irritiert um und suchte Kallahas Blick. Das sollte der Schutzgeist Lord Jabu-Jabu sein? Der Zora achtete jedoch gar nicht auf ihn. Stattdessen schaute er lächelnd in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Link drehte den Oberkörper ein wenig und sah Mia mit einem noch zappelnden Fisch in den Händen auf sie zu eilen. Die junge Zora-Frau blieb neben Kallaha stehen und lächelte ihn liebevoll an. Während Link sich fragte, ob die Beiden wohl ein Paar waren, musste er unwillkürlich an Zelda denken, was ihn ein wenig zusammenzucken ließ. Dann kam Mia langsam auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Der Fisch in ihrer anderen Hand zappelte noch immer und kämpfte verzweifelt um sein Leben. Aus den Augenwinkeln erkannte Link, dass die Zoras Schwimmhäute zwischen ihren Fingern hatten. „Dieser Opferfisch wird Euch Einlass in Lord Jabu-Jabus Inneres gewähren. Es ist eigentlich nur zu zeremoniellen Zwecken gestattet, dieses zu betreten, doch unter den gegebenen Umständen müssen wir eine Ausnahme machen. Bitte beeilt Euch dennoch. Und findet vor allem die junge Mistress!“ Mit diesen Worten legte sie den kleinen, blaugeschuppten Fisch direkt vor das Maul des großen Wals und beeilte sich, das Podest wieder zu verlassen. Der Junge und seine Fee sahen sich abwartend und ein wenig verwirrt an, während Lord Jabu-Jabu seine milchigblauen Augen auf den zuckenden Fisch vor sich richtete. Ansonsten passierte lange Zeit gar nichts. Der bemitleidenswerte Opferfisch wurde immer schwächer und seine Kiemenlappen hoben und senkten sich hektisch in dem Versuch die Atemorgane mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Link fragte sich langsam, ob die Zoras ihn auf den Arm nehmen wollten, als der Wal sein riesiges Maul aufriss. Der Schutzgeist der Wasserwesen atmete tief ein, wobei ein gewaltiger Sog entstand, der Link von den Füßen riss. Seine Beine schnellten nach vorne und sein Oberkörper kippte nach unten, doch bevor er auf dem Boden aufschlagen konnte, sauste er waagerecht liegend durch die Luft, genau auf das Walmaul zu. Navi hielt sich panisch an seinem Gürtel fest und auch Mia und Kallaha mussten sich an eine der Säulen klammern, um nicht von Lord Jabu-Jabu genau wie ein Opferfisch verschluckt zu werden. Link schlug hart auf der Zunge auf und rollte über die raue Oberfläche, wobei er sich mehrfach überschlug. Leicht benommen richtete er sich wieder auf und blickte sich um. Navi ließ ebenfalls ihren Blick schweifen, legte sich eine Hand an den Hals und würgte. „Das ist einfach nur widerlich.“ Zwischen zwei Backenzähnen hingen inzwischen braune Pflanzenreste, vor den beiden Abenteurern stürzte sich die Speiseröhre in die Tiefe und über ihnen hing die dicke, rote Uvula. Als der leicht faulige Fischgestank an seine Nase drang, verzog Link den Mund, doch er deutete unbeeindruckt auf die Speiseröhre. „Zum Bauch geht’s wohl hier lang. Los, rutschen wir eine Runde.“ Navi schloss kurz die Augen, atmete tief durch und verkroch sich unter Links Mütze. „Das ist so schon abartig genug. Da muss ich das nicht auch noch sehen.“ Mit Schwung warf der Junge sich in die schleimige Röhre und schoss in Richtung Magen davon. Die Flimmerhärchen strichen unangenehm über seine nackten Beine und verursachten ihm Gänsehaut, aber nach wenigen Sekunden war es auch schon wieder vorbei und er stolperte ein paar Schritte vorwärts. Vor ihm breitete sich die weite Landschaft des Magens aus. Die Wände hatten ein leicht gereizt wirkendes Rot und ein paar Tropfen Magensäure fielen von der Decke. Auf der gegenüberliegenden Seite erkannte Link den Zugang zum Dickdarm. Wenige Meter vor ihm kniete ein junges Zora-Mädchen und blickte in eines der Löcher hinab, die sich auf dem Boden des Magens befanden. Link war sich nicht sicher, wohin sie führten, doch er war auch nicht erpicht darauf, es herauszufinden. Langsam ging er auf das Mädchen zu und berührte es zaghaft an der Schulter. Anders als die anderen Zoras hatte diese junge Dame nicht den langen, gebogenen Hinterkopf, sondern einen breiten Schädel, der ein wenig an einen Hammerhai erinnerte. Auch die flossenartigen Auswüchse an den Gelenken waren bei ihr ein bisschen anders. Sie waren länger und erinnerten entfernt an blaugeränderte Spitzenrüschen. Das Mädchen drehte sich um und blickte den Jungen hinter sich aus großen, lilafarbenen Augen an, die ein wenig missbilligend wirkten. „Prinzessin Ruto?“ Links Stimme hatte einen hoffnungsvollen Unterton und er lehnte sich ein bisschen nach vorn, als das Mädchen sich aufrichtete. Doch anstatt ihm erleichtert in die Arme zu fallen, verschränkte die junge Zora die Arme vor der Brust und musterte ihren Retter abschätzig. „Wer will das wissen?“ Navi kroch ein Stück nach vorn und lugte unter dem Saum der grünen Mütze hervor. Link blinzelte irritiert und wich instinktiv vor dem feindseligen Blick zurück. „Ich… äh… Mein Name ist Link. Dein Vater schickt mich. Ich soll dich nach Hause bringen.“ Bei der Erwähnung ihres Vaters wurde Rutos Blick noch eine Spur giftiger. „Danke, aber ich brauche keine Hilfe. Geh zurück und lass mich in Ruhe!“ Dann wandte sie sich um und lief davon, wobei sie in ein Loch fiel, welches sie übersehen hatte, und mit einem spitzen Schrei in die Tiefe stürzte. Link seufzte und blickte nach oben zu Navi, deren Haare ihm in die Stirn hingen. „Ich wollte immer schon mal Kindermädchen für Schwererziehbare spielen… Du nicht auch?“ Behände sprang er dasselbe Loch hinab, durch das die Zora-Prinzessin gefallen war, und landete sacht auf einem leicht wabbeligen Untergrund. Den Gedanken daran, wo er sich jetzt befand, schob er lieber beiseite. Ruto stand ein paar Meter neben ihm und hielt sich den Kopf. Als sie ihn erblickte, funkelte sie ihn wütend an. „Ich hab dir doch gesagt, du sollest verschwinden!“ Offensichtlich hielt sie nichts von der gestelzten, übermäßig respektvollen Art zu reden, die von den restlichen Zoras gepflegt wurde. Link verdrehte die Augen und ging langsam auf sie zu. „Ich kann aber leider nicht ohne dich gehen.“ „Ach, und warum nicht?“ „Dein Vater macht sich Sorgen um dich. Da draußen ist die Hölle los.“ „Ist mir doch egal!“ Sie wandte sich um und wollte wieder davonlaufen, schwankte aber so heftig, dass sie sich an die Wand lehnen musste. Sofort war Link neben ihr, um sie zu stützen, doch sie wehrte ihn unwirsch ab. „Komm mir nicht zu nahe!“ „Aber dir geht es nicht gut.“ „Was geht dich das an?!“ Navi riss allmählich der Geduldsfaden und sie begann die kleinen Hände immer wieder zu Fäusten zu ballen, während sie sich selbst ermahnte, die Contenance zu bewahren. Link seufzte und ließ die Arme hängen. „Du hast Recht. Es geht mich gar nichts an. Trotzdem mache ich mir Sorgen um dich.“ „Bist du so ein verdammter Gutmensch oder was?“ Das war zu viel für Navis empfindlichen Geduldsfaden… Wie eine Furie schoss sie unter Links Mütze hervor und keifte: „Jetzt pass mal auf, du verwöhntes Gör! Wir haben bei den Göttinnen nun wirklich anderes zu tun, als hinter dir herzulaufen. Also beweg gefälligst deinen königlichen Hintern aus diesem Wal!“ Die silberne Aura der Fee funkelte vor lauter Wut bedrohlich und sie durchbohrte Ruto mit bösen Blicken. Diese wich vor Schreck ein Stück weiter an die Wand zurück und sah ein wenig verunsichert aus, doch schon bald hatte sie ihre trotzig wirkende Maske wieder aufgebaut. „Wenn ihr etwas so viel Wichtigeres zu tun habt, dann haut doch endlich ab! Ich kann hier noch nicht weg.“ Mit diesen Worten stürmte sie wieder davon und verschwand hinter einem Hautlappen. Link atmete tief ein, kniff die Augen zusammen und massierte mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel, um seine aufwallende Wut in den Griff zu bekommen. „Vielleicht sollte ich sie einfach schnappen, niederschlagen und rausschleppen.“ Navi stemmte die Hände in die Hüften und presste die Lippen aufeinander. „Also mir gefällt die Idee.“ Als der Junge hinter den Hautlappen trat, fand er Ruto auf dem Boden liegend. Sie war an der Wand entlang hinab gerutscht, versuchte aber schon wieder auf die Beine zu kommen. Link kniete sich neben sie und beobachtete sie nachdenklich. „Was ist los mit dir?“ Sie funkelte den Jungen böse an und gab einen knurrenden Laut von sich, antwortete zu Links Überraschung jedoch: „Ich glaub, ich hab mir ziemlich übel den Kopf angestoßen, als Lord Jabu-Jabu mich bei der Fütterung verschluckt hat.“ Vorsichtig befühlte Link ihren Schädel und musterte aufmerksam ihr angespanntes Gesicht. „Ist dir schwindelig?“ Sie nickte, verzog den Mund und wurde noch eine Spur blasser als sie es eh schon war. „Klingt als könntest du eine Gehirnerschütterung haben. Ich sollte dich wirklich schleunigst hier rausbringen.“ Ruto sah ihn aus ihren großen, dunklen Augen flehend an. „Aber ich kann noch nicht gehen!“ „Warum nicht?“ Verlegen zupfte sie an einer ihrer Flossen. „Als Lord Jabu-Jabu mich verschluckt hat, hab ich etwas sehr Wichtiges verloren – ein Geschenk von meiner Mama, mein letztes Andenken an sie. Ich muss es wiederfinden. Ich muss!“ Resigniert seufzend blickte Link den vor ihnen liegenden Gang hinab. „Okay, ich werde es für dich finden, wenn du mir beschreibst, nach was ich suchen soll. Du bleibst hier und ich hol dich später wieder ab.“ „Nein, ich will mitsuchen!“ „Du kannst dich doch wegen deines Schwindels kaum auf den Beinen halten!“ „Dann musst du mich eben tragen!“ Überrascht riss der Junge die Augen auf und Navi kippte die Kinnlade herunter. „Bitte?!“ „Was denn? Das ist doch eine wunderbare Lösung. Ich bekomme meinen Schatz zurück und muss nicht fürchten, dass du damit verschwindest, und du hast die Sicherheit, dass ich mich danach auch wieder nach Hause tragen lasse.“ Link schloss die Augen und fragte sich zum wiederholten Mal, in was er hier hereingeraten war. Als er die Augen wieder aufschlug, hatte er einen Entschluss gefasst. „Alles klar. Ich werde dich tragen. Halt dich an mir fest.“ Sie waren schon seit einiger Zeit unterwegs und Link fragte sich langsam, ob er in diesem Wal enden und bei lebendigem Leib verdaut werden würde, als Ruto plötzlich begeistert aufjauchzte. „Da hinten! Sieh doch! Der Stein von meiner Mama!“ Auf einer kleinen hügelartigen Erhöhung lag ein funkelndes Schmuckstück, das aus drei dunkelblauen, geheimnisvoll glitzernden, etwa babyfaustgroßen Edelsteinen und einer filigranen Goldfassung mit kunstvollen Verzierungen bestand. Navi keuchte auf und krallte eine Hand in Links Tunika, direkt über der Schulter. „Das ist der Ohrring der Nayru!“ Der Junge wirbelte herum und starrte seine Fee an, während Ruto wild strampelte und versuchte, sich aus seinem Griff zu lösen. „Bist du dir sicher?!“ Navi nickte bedächtig und wurde beinah von der Zora-Prinzessin erschlagen, die sich schon fast freigewunden hatte. „Ruto, warte, wir müssen reden“, wandte der Recke sich an die junge Zora, diese ignorierte ihn jedoch. Als sie von Links Rücken rutschte und auf den Stein zu eilte, griff der Junge schnell nach ihren Handgelenken. Sie riss ihren Arm weg, doch sie konnte ihn nicht abschütteln. „Wir müssen reden“, wiederholte der Junge seine Forderung, wurde jedoch sogleich abgeblockt: „Was gibt’s denn da zu reden? Der Stein gehört mir.“ „So einfach ist es nicht…“ „Es ist so einfach“, fauchte Ruto und schubste den Knaben weg, der stürzte und ihr Handgelenk loslassen musste, um den Fall abzufangen. Doch kaum hatte das Zora-Mädchen den wertvollen Stein an sich genommen, wurde es auf einmal von einem langen Tentakel durch ein Loch in der Decke nach oben gerissen. Link eilte zu ihm, kam jedoch zu spät und fand sich plötzlich einem riesigen Oktopus gegenüber, der durch das Loch gesprungen war. Mit einem erschrockenen Aufschrei wich der Junge zurück und zog sein Schwert. Navi schoss hinter den Kraken und bewarf ihn mit ein wenig Dörrobst, das sie unbemerkt aus Links Lederbeutel entwendet hatte. Überrascht drehte der Angreifer sich um und Link trieb ihm das Schwert von hinten mitten ins Herz. Er stemmte einen Fuß auf den Kadaver und zog seine Waffe aus dem toten Fleisch, während er grübelnd auf der Unterlippe kaute und Navi das Dörrobst wieder einsammelte, nur um es mit einem Schulterzucken wieder wegzuwerfen. Wer wollte schon Obst essen, das bereits im Inneren eines Wals gelegen hatte?! Link wischte seine Klinge mit einem Zipfel seiner Tunika sauber und deutete über sich. „Wir müssen irgendwie da rauf. Ruto hat den Heiligen Stein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)