Tales of Symphonia - Die Anfänge der Auserwählten von OdessaLP ================================================================================ Kapitel 8: Das Bardo Teil 1 --------------------------- Seit Tagen folgten sie Lenox, der sie immer tiefer ins Landesinnere führte. Der Centurion schien zu wissen, wohin der Weg führte, nur sagte er nichts. Ihm war eindeutig unwohl. Shiron kickte einen Kieselstein vor sich her und schüttelte immer wieder den Kopf. Allmählich zehrte die Einöde an seinen Nerven. Der letzte Mensch der ihnen begegnet war , war ein bärtiger Einsiedler gewesen und der hatte sich bei ihrem Anblick sofort zwischen den Büschen und Bäumen versteckt. Ein wenig wünschte sich der Auserwählte etwas von Getas unerschöpflicher Fröhlichkeit herbei. Sein Freund nahm das alles sehr locker. Zu locker, für seinen Geschmack. Aber das mochte es ihm vielleicht leichter machen. Shiron schrak auf, als Zent ihn an der Schulter berührte. „Stimmt was nicht?“, fragte der Engel besorgt. „Dieser Mann...auf der Insel.“ „Es geht ihm gut, glaub mir.“ „Das wollte ich damit sagen....Wo ist er hergekommen? Wir waren auf einer Insel, die nur von Frauen bewohnt war. Nachgewiesenerweise. Er ist uns auch nicht nachgeschwommen, denn er war trocken. Ist er vom Himmel gefallen? Müssen wir jederzeit damit rechnen, dass wir von solch einem Verrückten angegriffen werden?“ Zent neigte den Kopf. „Es wäre möglich, dass er wirklich vom Himmel gefallen ist...Mmh...Vorsicht ist auf jeden Fall opportun.“ Shiron nickte und warf einen Blick auf Kratos, der sich angeregt mit dem Centurion unterhielt, fast schon stritt. „Komischer Typ...“ „Wer? Kratos?“ „Hmm.“ „Ja, er verbirgt etwas und ist nicht ganz ehrlich zu uns. Aber ich glaube, er führt nichts Böses im Schilde.“ „Deine Worte in den Ohren der Göttin“, grinste der Auserwählte, gab dem Kiesel einen kräftigen Tritt. „Ups..“ Pfeifend sauste der Stein durch die Luft, direkt auf Lenox zu. Der Centurion schlug lässig mit dem Schweif und peitschte den Kiesel weg. „Aua! Ey!“ „Tut mir leid, Geta!“ Beschwichtigend hob Shiron beide Arme und Geta drohte ihm lachend mit der Faust. Es wurde dunkler, der Wald dichter und die sie begleitenden Vogelstimmen wurden leiser. Ein düstere, unheimliche Stimmung legte sich über die Baumwipfel. Flüsternde Stimmen, die eine unbekannte Sprache benutzen, drangen aus den Schatten. Das was eben noch grün war, wurde einheitlich grau. Schwarze Flocken durchwirkten die Monotonie. Dafür gab Lenox ein interessantes Bild ab. Zwischen den grauen Schemen leuchtete er wie ein naher Stern. Aus Kratos trat ein ähnliches Licht aus, nur nicht golden, sondern in allen Regenbogenfarben. Shiron rieb sich über die Augen. Bildete er sich das nur ein? Nein, der Eindruck blieb, auch nachdem er ein paar Mal blinzelte. Es sah schön aus, auf seine Weise beruhigend und Sicherheit versprechend. Zumindest näherten sich die Stimmen nicht länger. „Wir sind da. Wir stehen an der Schwelle zum Bardo“, flüsterte Lenox. „Und jetzt?“, fragte Shiron und griff vorsichtshalber nach seinem Schwert. „Sämtliche Waffen werden nutzlos sein, sobald wir die Schwelle übertreten haben.“ „Toll. Und wie soll ich mich dann verteidigen?“ Der Centurion drehte sich zu ihm und ließ die Ohren hängen. „Das Bardo ist ein Reich, welches zwischen der Welt der Lebenden und der der Toten existiert.“ „Fegefeuer...“, warf Geta nervös ein. „Na ja, das Fegefeuer ist ein Paradies dagegen, aber der Vergleich stimmt schon. Gehen wir. Achtet auf das, was ihr sagt und was ihr denkt. Vergesst, was ihr über Gut und Böse und deren Wesen wisst. Hier ist alles anders.“ Lenox trat voran und verschwand, um daraufhin wieder als heller Schemen zu erscheinen. Shiron und Geta nickten sich zu und folgten ihm schließlich. Sie sahen nicht nur, dass sie eine fremde Welt betraten, sie fühlten es überdeutlich. Das Atmen fiel schwerer, die Luft war trocken und warm. Wie ein Zementblock lastete die drückende Atmosphäre auf einem jeden. Augenscheinlich hatten sie den Wald nicht verlassen. Er umgab sie nach wie vor. In der Ferne thronten Zinnen auf einer langgezogenen Mauer.Eine eingeschlossen Stadt war zuvor nicht da gewesen. Verwaschene Silhouetten wanderten ruhelos durch die Bäume, strebten der Stadt entgegen, oder kehrten von dort wieder. „Sind das...Geister?“, fragte Shiron. Lenox ging nicht auf die Frage ein, sondern sah reglos zu der düsteren Stadt. „Spürst du einen Manapunkt?“ „Ja, dort vorne.“ „Schön. Lass uns gehen.“ Ohne ein weiteres Wort lief Lenox wieder voran. Kratos warf ihm missbilligende Blicke zu und verlangsamte schließlich die eigenen Schritte, bis er auf der Höhe des Auserwählten war. Der Söldner öffnete den Mund, um etwas zu sagen und schloss ihn sofort wieder. Mit der unheimlichen Ruhe war es vorbei. Aus den Nebeln formten sich zwölf Köpfe, einer gruseliger als der andere, und versperrten ihnen den Weg. Lenox kippte zur Seite und ruderte verzweifelt mit den Beinen, Zent sank vornüber, Kratos ebenso. Als auch Geta einfach umfiel und vor Schmerz brüllte, zog Shiron reflexartig sein Schwert, doch es zerrann in seinen Händen, als bestünde es aus Sand. Ein besonders großes Exemplar der Köpfe näherte sich ihm und fauchte. Shiron standen augenblicklich sämtliche Haare zu Berge. „Bist du gut oder böse?“, fragte der dämonische Kopf grollend. War das eine Fangfrage? „Ähm...gut?“, antwortete der Auserwählte und seine Freunde brüllten unter einem neuerlichen Schwall Qualen. „Böse..böse“, versuchte er es hastig mit dem selben Ergebnis. Der Kopf schwebte um ihn herum. „Wer bist du? Und bist du gut oder böse?“ „Shiron, der Auserwählte und ich bin kein schlechter Mensch!“ Wieder wanden sich seine Freunde unter einer Pein, deren Ursache er nicht ausmachen konnte. Tränen traten ihm in die Augen. „Nein, hör auf!“ „Wer bist du? Bist du gut oder böse?“ „Ich weiß nicht, was du hören willst! Mein Name ist Shiron, ich bin der Auserwählte. Ich bin nicht zufrieden damit, aber ich gebe mein Bestes. Auch um meine Freunde und meine Familie zu schützen und zu retten! Ich bin nicht perfekt und werde es niemals sein! Aber hör auf, meine Freunde zu quälen. Wenn schon, dann quäl mich!“ „Würdest du das wirklich auf dich nehmen? Dich für deine Freunde opfern?“ „Ja!“ Der Nebelkopf lächelte, schloss sich mit den anderen zusammen und nahm eine feste Form an. Ehe er sich auflöste, erkannte Shiron eine goldene Silhouette, die durchschimmernde Gestalt eines jungen, dunkelhaarigen Mannes in einer Mönchskutte. „Ihr dürft weitergehen.“ Shiron ließ sich auf den Boden fallen. Seine Freunde rappelten sich auf und schauten ihn fragend an. „Was war das?“, schnaufte Geta. „Jeder der das Bardo betritt, muss sich einer Prüfung unterziehen. Für jeden fällt sie anders aus und unser Shiron musste wohl beweisen, dass er bereit ist, sich für uns zu opfern.“ „Und woher weißt du das, Kratos?“, fragte Zent misstrauisch. „Ich bin viel herumgekommen.“ Der Engel schien sich damit zufriedenzugeben, aber Shiron spürte die Zweifel. Lenox schüttelte sich. „Gehen wir zum Manapunkt“, sagte er, als wäre nichts passiert und schließlich folgten ihm die anderen. ----------------------------- Genis unterbrach seine Erzählung, als Raine zurückkehrte und einen Stapel Obst und Gemüse in der Küche abstellte. Anschließend umarmte sie ihren kleinen Bruder und die beiden Kinder. „Ich muss los. Meine Anwesenheit wird in Sybak verlangt.“ „Oh...na ja, dann viel Spaß!“ Erleichtert atmete der Halbelf aus, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war und sah schließlich grinsend zu den Kindern. „So, weiter erzählen?“ „Yeah!!!“ ------------------------------- Bei den von Verzweiflung gepeinigten Eltern Diesmal waren Emil und Marta guter Hoffnung. Der königliche Arzt hatte sie nicht sofort rausgeworfen, sondern gleich noch zwei Assistenzärzte herbeigerufen, die Roivas bändigten. Nachdenklich nickte der Arzt und kratzte sich das bärtige Kinn. „Was hat er denn nun?“, fragte Marta mit bebenden Lippen. „Tja, körperlich ist er vollkommen gesund. Mmh...ich verstehe nicht, warum er derart aggressiv ist. Ich muss weitere Nachforschungen anstellen. Am besten bleibt ihr im Schloss. Ich werde mit dem König sprechen. Es ist sicher kein Problem.“ Emil nickte und nahm seinen zeternden Sohn an sich. Als sie fast aus der Tür waren, räusperte der Arzt sich und der junge Mann drehte sich ihm zu. „Eine Frage hätte ich noch. Emil, seid Ihr sicher, dass Ihr der Vater des Jungen seid?“ „Natürlich!“, schnaubte er empört. „Er sieht keinem von euch ähnlich, wisst Ihr. Nun, ich wollte Euch nicht zu nahe treten. Bitte begebt euch nun zu den Gästezimmern.“ Auf dem Flur schnappte Marta nach Luft. „Frechheit! Ich habe dich nie betrogen, Emil!“ „Weiß ich doch...“ Er ging zwei Schritte, blieb stehen und hielt Roivas auf Armlänge von sich. „Was, wenn der Arzt trotzdem irgendwie Recht hat?“ „Was soll das heißen?“ „Wenn nicht ich sein Vater bin...sondern...Ratatosk?“ Martas Augen weiteten sich. „So ein Blödsinn! Wie soll das funktioniert haben?“ Emil hob die Schultern, aber dieser Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)