Tales of Symphonia - Die Anfänge der Auserwählten von OdessaLP ================================================================================ Kapitel 4: Aufbruch ------------------- Genis´ Nacht war kurz gewesen. Bis nach Mitternacht hatte er auf Emils und Martas Rückkehr gewartet. Leider vergeblich. Er gönnte sich eine flüchtige Katzenwäsche und brühte sich anschließend einen Kaffee auf. Schwarz und stark. Ein großer Schluck vertrieb die restliche Müdigkeit aus seinen Gliedern. Die Türglocke wurde angeschlagen und er stellte die Tasse ab, schlurfte zum Eingang und öffnete gähnend. „Guten Morgen!“, brüllte ihn ein Bote überaus fröhlich an und überreichte ihm einen Brief. Genis knallte die Tür zu und öffnete den Umschlag. Mehrmal drehte er ihn hin und her, stellte ihn auf den Kopf und wieder zurück, als er erkannte, dass der Anfang tatsächlich oben war. „Puh! Engelssprache ist leichter zu lesen!“ Zehn Minuten später hatte er die Kritzelei entziffert und rieb sich stöhnend über die Stirn. Das würden die beiden ihm ordentlich bezahlen müssen! „Morgen, Onkel Genis“, grüßten ihn die Geschwister im Gleichklang. Kais Schlafanzug hing nur noch zur Hälfte an dem kleinen Körper und Elena schleifte einen Teddybär hinter sich her, der größer war, als sie selbst. „Morgen, ihr Süßen. Geht ihr euch bitte waschen? Ich muss ganz schnell zu Gouverneur Neil. Danach mache ich euch Frühstück.“ Die beiden nickten und huschten ins Bad. Genis schlüpfte in seine Klamotten, rannte nach draußen und warf einen Blick auf die Monster, die Emil nach seiner Reise behalten hatte. Zur Not würde er die kleineren und niedlichen Exemplare selbst füttern, aber zu den Großen brachten ihn keine zehn Pferde! Neil würde ihm auch dabei vielleicht helfen können. Das Gespräch mit dem Gouverneur fiel kurz aus und Neil sicherte ihm zu, dass Raine über seinen Verbleib informiert wurde. Auch um einen Futtermeister für die Monster wollte er sich kümmern. Erleichtert ging es für den Magier zurück zu dem großen Haus am Rande Palmacostas. Elena und Kai saßen bereits mit einem Glas Milch am Tisch und warteten. Sie hatten sich selbst recht adrett angezogen und frisiert. „Brave Kinder“, lächelte er und erntete breites Grinsen. Wie es sich gehörte, bereitete er den Beiden etwas Gesundes und sah ihnen zu. Je mehr sich die Schalen leerten, desto unruhiger wurden die Kinder. Genis ahnte die Frage, die sie ihm stellen wollten und als auch die Küche wieder annehmbar aussah, erwarteten die Sprösslinge seiner Freunde ihn mit leuchtenden Augen vor dem Kamin im Wohnzimmer. Er begann ohne Umschweife, doch als er von Colettes Vorfahren berichten wollte, maulten die Geschwister. Also setzte er an, wo er am Vortag aufhörte.... -------------------------------------- Shiron kam in einem Bett zu sich und sah sich um. Zu seinem Erstaunen befand er sich in einem der Gästezimmer im Schloss. Ritter Kieran und die junge Königin Lisa beugten sich über ihn und schauten ihn besorgt an. Neben ihm, ein Bett weiter, schnarchte Geta. Egal, was geschehen war, sie hatten es wohl beide recht gut überstanden. Aber wo war seine Familie? Wohin waren sie verschwunden? Shiron setzte sich auf. Auf einen Teppich vor dem Bett schlief Lenox friedlich und auf einen Stuhl saß Zent, vertieft in ein Buch. Shiron fasste sich vor Schmerzen an den Kopf und spürte einen dicken Verband. „Was ist passiert?“, fragte Kieran und der Schütze erzählte alles was er noch in Erinnerung hatte… Die anderen sahen ihn gebannt an und wollte dies nicht glauben: „Aber es ist wahr…“ Mehr sagte er nicht und senkte bedrückt den Kopf. „Mit Sicherheit hat Noros deine Familie gefangen genommen“, sprach der Engel und klappte das Buch zusammen. „Aber warum?!“. „Um euch dazu zu bewegen die Reise anzutreten und die Manazugänge zu öffnen. Er verfolgt irgendein Ziel, bei dem er eure Hilfe braucht“, gab der Engel wieder, stand und bewegte sich auf das Bett zu. Auch Lenox erwachte, erhob sich, streckte sich genüsslich und gähnte: „Hat das gut getan!“. „Und warum hat Geta es geschafft?!“ „Weil er von Masara beschützt wurde und sie war es auch, die uns in den Keller zurück brachte“, erklärte Lenox. „Beherrscht ihr auch den Schwertkampf?“, fragte Zent unvermittelt und sah ihn aus seinen schneeweißen Pupillen an. „Ja. Das können wir beide ganz passabel.“ Schnarchend wandte Geta sich im Bett um und bekam nichts mit. Die anderen sahen ihn an und wandten den Blick wieder Shiron zu. Der saß in seinem Bett aufrecht und sah zur Bettdecke hinab: „Bitte lasst mich für eine Weile alleine“, bat er die anderen und sie kamen seiner Bitte verständnisvoll nach. Auch Lenox und Zent gingen und begannen, das Schloss zu erkunden.. Shiron saß in seinem Bett und weinte leise. Etwas, was er niemals vor den anderen machen würde. Höchstens noch vor Geta, aber der sägte eh gerade ganze Wälder ab. Was sollte er nur tun? Er musste doch seine Familie retten! Aber dafür musste er auf eine Reise gehen, die gewiss nicht ungefährlich war. Spielte er damit Noros nicht genau in die Hände? Schließlich lag es in dessen Interesse, dass die Manapunkte geöffnet wurden. Er seufzte vernehmlich. Bis gestern war sein Leben noch unbeschwert und nach seinen Vorstellungen gewesen. Nun war es vollkommen aus den Fugen geraten und musste wieder gerade gebogen werden. Weinen half da nur sehr wenig oder gar nicht und das wusste er. Er wischte sich über die Augen und holte tief Luft. Warum musste seine Familie zum Mana – Clan gehören? Warum nur das alles? Masara kroch durch den Türspalt in den Raum und nahm Form an. „Verschwinde! Ich habe keine Lust mit dir zu reden!“, fauchte Shiron wütend und tatsächlich verzog sie sich wieder. Er versank wieder tiefer in sein Selbstmitleid und seine wirren Gedanken begannen, sich im Kreis zu drehen. Endlos wiederholten sich die Fragen, auf die er doch keine Antwort wusste. Langsam fasste er einen Entschluss, erhob sich aus dem Bett und trat an Getas Bett. Grob stupste er ihn an. „He! Wach auf!“ Sein Freund murmelte etwas Unverständliches und rollte sich auf die andere Seite. „Mhm...“ Er hielt ihm die Nase zu. Lange brauchte er nicht zu warten und Geta erwachte schnaufend aus seinen süßen Träumen. „Los, aufstehen!“ „Warum denn?“. „Es gibt Arbeit!“ Er zog ihm die Bettdecke weg und schmiss sie auf das andere Bett. Das Gejammer seines Freundes ignorierte er und schlüpfte in seine Sachen. ---------------------------------------- Draußen auf dem Hof befanden sich die anderen und unterhielten sich mit den beiden Wesen aus der unterirdischen Stadt und wollten alles darüber wissen. Lenox sah zur Sonne hinauf: „Es ist lange her, dass ich die Sonne auf meinen Fell gespürt habe“. „Komm ihr bloß nicht zu nahe, sonst verbrennst du!“, knallte Shiron ihm nur halb im Scherz an den Kopf. Der Centurion wandte sich um und sah ihn und Geta näher kommen. „Können wir aufbrechen?!“, fragte Shiron argwöhnisch. „Gewiss, Auserwählter“,antwortete Zent, sichtlich erfreut, dass der Rotschopf sich entschlossen hatte, die Reise anzutreten. „Noch was! Hör auf mich Auserwählter zu nennen! Ich heiße Shiron… Shiron Wilder!!“. „Okay, Master Shiron!“ Er sah den Engel an und grinste: „Daran könnte ich mich gewöhnen!“. Die bisher schweigsame Königin klatschte erfreut in die Hände und zwei Diener eilten herbei. „Bitte nehmt dies auf Eure Reise mit. Ihr werdet es gewiss gebrauchen können. “ Dankabr nahmen Shiron und Geta die Waffen, zwei schöne Schwerter, und den Proviantbeutel entgegen. Der Abschied war kurz, aber für alle schwer und brachen der erste Auserwählte und dessen bester Freund zusammen auf, um die Welt vor dem drohenden Untergang zu bewahren. Shiron wollte vor allem seine Familie retten, die ihm das Wichtigste überhaupt war. Natürlich war ihm bewusst, dass das eine nicht ohne das andere ging. Er konnte nicht seine Liebsten retten und anschließend die Welt untergehen lassen. Trotzdem missfiel es ihm, dass man ihm diese Last einfach ungefragt auf die Schultern geknallt hatte. Doch Geta pfiff fröhlich vor sich hin und schließlich ließ er sich von dem sonnigen Gemüt seines Freundes anstecken und schob die düsteren Gedanken beiseite. Sie wussten nicht, was vor ihnen lag, was sie erwartete. Aber eines wussten sie mit Sicherheit, ihre Reise würde gefährlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)