Raupe im Neonlicht von Noxxyde ================================================================================ Kapitel 30 ---------- Was zuletzt geschah: Berlin hat Jonas wieder und seine Rückkehr hätte schlechter laufen können. Mit neuer Kraft und Zuversicht kittet er Freundschaften und bringt Farbe in sein und das Leben seiner Nachbarn. Auch Erik kommt dabei nicht zu kurz. Leider sind nicht alle von dieser Veränderung begeistert …   Kapitel 30 WUMM! Stöhnend warf Jonas einen Blick auf sein Handy. Zwei Uhr morgens. Das bedeutete, die nachbarschaftlichen Ärsche traten nun seit drei Stunden pünktlich alle dreißig Minuten fest genug gegen seine Tür, um ihn aus dem Schlaf zu reißen. Seine anfängliche Hoffnung, sie könnten sich bald langweilen und aufhören, schrumpfte zunehmend – das Stimmengewirr und die Musik, die ebenfalls zu ihm schallten, sprachen dafür, dass er ein unterhaltsamer Party-Gag war. Wenn er Pech hatte, hielten sie ihn die gesamte Nacht wach. Jonas war bis auf die Knochen erschöpft, aber bei dem Gedanken, in weniger als einer halben Stunde erneut aus dem Schlaf gerissen zu werden, begann sein Herz zu rasen und sein Hirn flutete seinen Körper mit Stresshormonen. Frustriert wälzte er sich aus dem Bett. Weiter hier rumzuliegen, würde seine Situation nicht verbessern.   Du, 02:07 meine nachbarn sind scheiße. komme ins tix.   Jonas schlüpfte in seine Klamotten und verstaute Schlüssel, Handy und Geldbeutel in seiner Hosentasche. Angespannt blickte er durch den Türspion. Im Moment war niemand zu sehen, die gegenüberliegende Tür verschlossen, nur die Musik, die daraus hervordrang unverändert laut. Jonas griff nach der Klinke und machte sich bereit. Schwungvoll riss er die Tür auf und sprintete über den Flur, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Vielleicht waren seine Nachbarn harmlose Vollidioten, die ihm nur einen Schrecken einjagen wollten. Vielleicht waren sie mehr als das. Er hatte keinerlei Interesse, das herauszufinden. Schwer atmend erreichte er das Tix, zahlte murrend den Eintritt und etwas weniger murrend den Preis für eine Cola. Auch hier war die Musik laut, aber wenigstens entsprach sie seinem Geschmack und niemand kam auf die Idee, ihm alle halbe Stunde gegens Schienbein zu treten. Er erspähte einen freien Platz auf einem der Ledersofas am Rand der Tanzfläche und verlor keine Zeit, ihn sich zu sichern. Erik hatte seine Nachricht noch nicht gelesen. Die Bässe dröhnten durch Jonas‘ Kopf wie durch Watte, die Flasche in seiner Hand wurde schwerer und schwerer, bis er sie abstellte. Seine Augen fielen zu, sein Kinn sank auf seine Brust. Plötzlich schienen weder die Musik, noch die fröhlich feiernden Menschen um ihn herum besonders wichtig zu sein.   Jemand rüttelte an Jonas‘ Schulter. Er schreckte auf, versuchte, Abstand zwischen sich und den Fremden zu bringen. „Shh, ich bin‘s.“ Jonas blinzelte, brauchte einen Moment, um seine Orientierung wiederzufinden. Vor ihm kniete Erik, ein mitfühlendes Lächeln auf den Lippen. Richtig. Er war im Tix. War er eingeschlafen? Der Raum war leer und hell erleuchtet. Im Hintergrund stand der glatzköpfige Türsteher, der Jonas schon an seinem ersten Abend im Tix aufgefallen war und hielt ein wachsames Auge auf die Situation. „Ich hab dir ‘ne Nachricht geschrieben“, nuschelte Jonas schlaftrunken. „Weiß ich“, erwiderte Erik. „Ich hatte dich schon vor einer halben Stunde auf dem Sofa entdeckt, aber ich wollte dich nicht wecken. Ist nicht so, als hätte ich dir auf die Schnelle einen besseren Platz anbieten können.“ Er streckte die Hand aus. „Na komm, lass uns erstmal zu mir fahren.“ „Ich sperr dann alles ab“, sagte der Türsteher zu Erik. „Danke, Tom. Komm gut nach Hause.“ „Du auch. Gute Nacht.“ Im Halbschlaf schleppte sich Jonas in die Garage und zu Eriks Ford, wo er wortlos auf den Beifahrersitz rutschte. Den Kopf gegen das kühle Glas der Seitenscheibe gelehnt, schickten ihn das leise Brummen des Motors und die kontinuierliche Vibration beinahe zurück ins Reich der Träume. „Was war überhaupt los bei dir?“, holte ihn Eriks Stimme zurück. „Wieder derselbe Mist wie in den letzten Wochen?“ „Jaah“, murmelte Jonas. „Nur noch ‘n bissl ätzender. Alle halbe Stunde, anstatt einfach einmal irgendwann mitten in der Nacht. Ich glaub, sonst machen die das immer, wenn sie halt grad an meiner Tür vorbeigehen, aber heut war’s geplanter.“ Er wickelte seine Jacke fester um sich. Es war kalt und sein überreizter Körper wollte einfach nicht aufhören zu zittern. Erik drehte die Heizung auf. „So kann das doch nicht weitergehen.“ „Jetzt geht’s ja noch, da kann ich mich tagsüber noch mal hinlegen, wenn ich nich‘ grad Schicht im Café hab. Aber ich weiß nich‘, wie das werden soll, wenn nächste Woche die Uni wieder anfängt. Muss zum Glück nich‘ jeden Tag früh raus, aber trotzdem …“ „Hast du mal deine Vermieterin kontaktiert?“ „Der is‘ das scheißegal. Und wenn ich die Polizei ruf, eskaliert es wahrscheinlich nur noch weiter. Beweise hab ich eh nich‘. Ich mein, was soll ich denen sagen? Herr Wachtmeister, jetzt legen sie sich mal in mein Bett und warten bis es klopft.“ „Ich bin ziemlich sicher, dass ich neulich einen Porno gesehen habe, der exakt so angefangen hat.“ Jonas‘ Lachen erstarb rasch. „Fuck!“ Frustriert barg er das Gesicht in den Händen. „Ich muss echt ausziehen, oder?“ „Vielleicht ist das am Ende die einfachste Lösung“, sagte Erik vorsichtig. „Scheiße. Is‘ nich‘ so, dass ich besonders begeistert von meiner Wohnung wär, aber die zu finden war schon richtig beschissen. Ich hab echt überhaupt keinen Bock, mir das so bald nochmal anzutun.“ „Jetzt schläfst du dich erst einmal bei mir aus und danach sehen wir weiter.“ Jonas nickte, gähnte herzhaft und schloss die Augen. Inzwischen kannte er die Strecke gut genug, um zu wissen, dass sie noch mindestens eine halbe Stunde unterwegs sein würden. Als das Auto zum Stehen kam, hatte sich diese allerdings eher nach wenigen Sekunden angefühlt.   „Husch, husch, ab ins Bett mit dir“, scheuchte Erik Jonas in sein Schlafzimmer. „Das Treppensteigen hat mich wachgemacht“, murrte dieser. „Mhm. Sicher hat es das. Warte mal ab, bis du unter der Decke liegst.“ Tatsächlich fühlte sich Eriks Bettwäsche wunderbar flauschig an und das Kissen war noch bequemer als in Jonas‘ Erinnerung. „Hey! Lässt du mich hier etwa allein?“ Erik drehte sich im Türrahmen um. „Normalerweise gehe ich nicht sofort ins Bett, wenn ich nachhause komme, aber für dich mache ich heute mal eine Ausnahme. Meine Kontaktlinsen darf ich davor aber schon noch rausnehmen, oder?“ „Wenn’s sein muss“, nuschelte Jonas in sein Kissen. Ungeduldig wartete er darauf, dass sich Eriks nackter Körper zu seinem eigenen gesellte und seufzte wohlig, als er die Bewegung auf dem Bett fühlte. Blinzelnd öffnete er die Augen. Erik lag bäuchlings auf der Matratze, stützte den Kopf auf seine Unterarme und beobachtete Jonas mit einem sanften Lächeln. „Guck nich‘ so.“ „Wie denn?“ „So … scheißzufrieden.“ „Verzeih. Ab sofort wird mich deine Anwesenheit in meinem Bett absolut kalt lassen.“ „Nee, das will ich dann doch nich‘.“ Träge robbte Jonas näher, bis er vollständig auf seinem Freund lag, der lachend das Gesicht in die Kissen drückte. „Und was wird das, wenn es fertig ist?“ „Siehst du dann schon.“ Zärtlich strich Jonas Eriks Haar beiseite und hauchte Küsse auf den freigelegten Nacken. Dank Jonas‘ Wunsch, die Dinge langsam angehen zu lassen, hatten er und Erik in den vergangenen Wochen ausführlich erforscht, welche Freuden sie ihren Körpern jenseits von penetrativem Sex bereiten konnten. Jonas war überrascht gewesen, wie anders Erik auf bestimmte Reize reagierte als er selbst, doch allmählich hatte er raus, welche Knöpfe er drücken konnte. Erik hob sein Becken und rieb seinen Po verführerisch gegen Jonas‘ Schritt. Aller Müdigkeit zum Trotz, reagierte dessen Körper ziemlich eindeutig auf diesen Reiz. „Mach nur so weiter.“, flüsterte er in Eriks Ohr. „Vielleicht vögle dann ja ich dich.“ „Mhm. Willst du?“ Jonas stockte. „Ähm … Also … Würdest du … Ich mein … Wirklich?“ „Ah, nicht jetzt“, sagte Erik schnell. „Gerade fühle ich mich ein wenig unvorbereitet. Aber so grundsätzlich? Absolut.“ Er drehte den Kopf so weit wie möglich, um Jonas anzusehen. „Natürlich nur, wenn du Lust darauf hast.“ Jonas ließ sich ganz auf Eriks warmen Körper sinken, fühlte jede noch so kleine Bewegung beinahe als wäre es seine eigene. Erik noch näher zu sein, in ihm zu sein und zu wissen, dass er die Ursache für jedes Stöhnen, jedes Zittern war … „Ich würd’s schon gern mal versuchen.“ Zur Antwort wackelte Erik mit dem Hintern und lachte, als Jonas ihm einen Klaps darauf verpasste. „Aber, ähm … Ich dacht immer, du stehst da nich‘ so drauf. Nur mir zuliebe sollst du das nämlich nich‘ machen.“ „Tue ich nicht“, versicherte Erik. Blind tastete er nach Jonas‘ Hand und drückte sie sanft. „Es stimmt schon, dass ich so generell lieber aktiv als passiv bin, aber das heißt nicht, dass ich Letzteres gar nicht mag. Ich brauche dafür nur den passenden Partner.“ „Und ‘ne unerfahrene Jungfrau is‘ da natürlich absolut perfekt“, spottete Jonas. „Jemand, dem ich vertraue, ist absolut perfekt“, korrigierte Erik. „Jemand, mit dem ich mich wohlfühle und dem ich nahe sein möchte. Ich schätze, für mich geht es da eher um emotionale Befriedigung als um körperliche.“ Er seufzte. „Und vermutlich habe ich dich mit dieser kleinen Ansprache gerade einfach nur nervös gemacht.“ „Ähm … Vielleicht ‘n bissl.“ „Entschuldige.“ Jonas konnte es nicht sehen, aber er war sich sicher, dass Erik verlegen lächelte, bevor er fortfuhr. „Halten wir einfach fest, dass wir beide prinzipiell Lust darauf hätten und was auch immer passiert, passiert einfach.“ „Damit kann ich leben.“ Jonas schloss die Augen und genoss das Gefühl, Haut an Haut zu liegen und den inzwischen so vertrauten, erdigen Geruch einzuatmen.   Im Nachhinein war sich Jonas nicht sicher, ob es geschafft hatte, sich von Erik runterzurollen, bevor er eingeschlafen war. Dafür wusste er genau, was ihn geweckt hatte. Der Duft nach Zimtschnecken. „Frühstück ans Bett? Scheiße, ab jetzt penn ich jede Nacht bei dir.“ „Tut mir leid, diesen Service gibt es nur gelegentlich. Zum Beispiel, wenn ich ausnahmsweise mal vor dir wach bin. Und er kostet.“ Erik stellte das Tablett auf den Nachttisch und beugte sich vor, um sich seinen Lohn abzuholen. „Ein mickriger Kuss? Dafür gibt es nicht einmal das Glas Saft.“ Jonas hakte die Finger in Eriks Unterwäsche und zog ihn daran auf seinen Schoß. „Komm schon her, du Halsabschneider!“ Er küsste Eriks Stirn. „Eins.“ Beide Wangen. „Zwei. Drei.“ Die Nase. „Vier.“ Die Lippen. „Fünf. Mehr?“ „Mhm.“ „Ähm, lass mich davor mal meine Zähne putzen.“ Jonas glaubte, Erik hinter sich kichern zu hören, als er ins Bad sprintete, doch als er zurückkehrte, lag dieser ganz unschuldig bäuchlings auf dem Bett. Sofort hatte Jonas ihr Gespräch vom Vorabend in den Ohren, betrachtete die kleinen Lichtpunkte, die auf Eriks Haut tanzten, den runden Po, der sich unter der Unterwäsche abzeichnete. Jonas‘ Hände folgten seinen Blicken, erkundeten den Körper, der ihm in den vergangenen Wochen beinahe vertrauter geworden war als sein eigener. Erik brummte wohlig und hob die Hüften, damit Jonas den störenden Stoff abstreifen konnte. „Soll ich dir den Rücken massieren?“, bot Jonas an. „Ich wäre dumm, so ein Angebot abzulehnen.“ Pflichtbewusst kniete sich Jonas über Erik. Er gab sich allergrößte Mühe, an den Schultern zu beginnen und sich geduldig nach unten vorzuarbeiten, aber immer wieder glitt seine Hand wie von selbst tiefer und strich er über die verführerische Rundung von Eriks Po. Erik schien das nicht im Mindesten zu stören. Im Gegenteil – er drängte sich der Berührung fordernd entgegen. Jonas beugte sich vor, küsste die kleinen Grübchen oberhalb des Steißbeins und versenkte die Zähne im weichen Fleisch, bis Erik lachend protestierte. „Hey!“ „‘Tschuldige. Du hast mich heut noch nich‘ gefüttert.“ „Das ist ja wohl nicht meine Schuld. Jetzt erwarte ich schon, dass du Wiedergutmachung leistest.“ Zärtlich strichen Jonas‘ Finger über den halbmondförmigen Abdruck, fühlten die feine Gänsehaut, die sich zunehmend ausbreitete. „Etwa so?“ „Mhm.“ Jonas tastete sich weiter vor, rutschte zwischen Eriks Pobacken, verharrte und wartete, ob er gestoppt wurde. Als kein Widerspruch kam, setzte er seine Erkundungstour fort. Streichelte auf und ab, machte sich mit der fremden Textur vertraut. Plötzlich war ihm nur zu bewusst, dass er Erik an dieser Stelle noch nie berührt hatte. War er zu grob? Zu zahm? „Fühlt sich gut an“, raunte Erik, als hätte er Jonas‘ Unsicherheit gespürt. Nach kurzem Zögern öffnete Jonas die Nachttischschublade, holte das darin verstaute Gleitgel hervor und gab einen Klecks auf seine Fingerspitze. Anfangs versuchte er, die kreisenden Bewegungen nachzuahmen, mit denen Erik ihn regelmäßig um den Verstand brachte, aber bald ließ er seinen Instinkt übernehmen und tat, was sich gut und richtig anfühlte. Die Veränderung war deutlich. Eriks Atem ging schneller und seine Hüften hoben sich immer wieder vom Laken. Probeweise erhöhte Jonas den Druck und prompt öffnete sich der entspannte Muskel für ihn. Erik war eng und heiß und Jonas wollte mehr. Er wollte Eriks Lust sehen und wissen, dass er sie verursachte, wollte das heisere Keuchen, das dieser eben ausgestoßen hatte erneut hören. Eriks Augen waren geschlossen, aber seine Lippen geöffnet. Ein roter Schimmer lag auf seinen Wangen und den Spitzen seiner Ohren. Jonas beugte sich nach vorne, strich mit seiner freien Hand eine Strähne aus Eriks Gesicht und küsste ihn. Dafür wurde er mit einem zarten Lächeln belohnt. Behutsam drang Jonas tiefer ein, bewegte seinen Finger, beobachtete Eriks Reaktion und lauschte dessen leisem Stöhnen. Seine Fingerspitze ertastete den Knubbel, von dem er wusste, dass er da sein musste und Erik seufzte genüsslich. Das war ein Geräusch, das Jonas definitiv häufiger hören wollte. Zu seiner Zufriedenheit wurde ihm dieser Wunsch recht schnell erfüllt. Verlangend drückte Erik seinen Rücken durch und grub die Hände ins dunkle Laken. Als sich seine Augen öffneten, waren sie glasig, flehten stumm, worum sein Mund laut bat. „Ich will dich.“ Jonas nickte, leckte über seine plötzlich trockenen Lippen.   „Nervös?“, fragte Erik. Wieder nickte Jonas. „Ah, gut, dann sind wir schon zwei.“ Er lächelte schief. „Das letzte Mal ist doch schon eine Weile her. Lässt du mich für den Anfang nach oben?“ Wortlos rollte sich Jonas auf den Rücken, hoffte, sein Herz würde endlich aufhören, einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen zu wollen und beobachtete Erik, der ein Kondom aus der Schublade holte. Er streifte das Kondom über Jonas‘ pochende Erektion und ließ sich nur kurz ablenken, als Jonas einen Kuss einforderte, bevor er eine beachtliche Menge Gleitgel aus der Tube presste. „So viel?“, fragte Jonas amüsiert. „Regel Nummer eins: So viel wie man für nötig hält und dann nochmal eine ganze Menge obendrauf.“ „Werd ich mir merken.“ Jonas würde sich sicher nicht über die geschickten Hände beschweren, die glitschiges Gel auf seinem Penis verteilten. Nachdem jede Stelle ausreichend Beachtung gefunden hatte, nahm Erik seine Hand weg. „Gib mir ein paar Minuten zur Vorbereitung, ja?“ „Oh, ähm, ja. Klar.“ Abgelenkt massierte Jonas seine eigene Erektion, doch eigentlich galt seine Aufmerksamkeit Erik. Dieser kniete noch immer über ihm und griff nun hinter sich. Mit einem kleinen Keuchen schloss er die Augen und Jonas wünschte sich, die Spiegelseite des Wandschranks wäre aufgeklappt, damit er sehen konnte, was genau Erik gerade mich sich selbst anstellte. „Darf ich auch?“, fragte er heiser. Erik stutzte und öffnete die Augen. Einige Sekunden sagte er gar nichts, doch dann zeigte sich ein überraschtes Lächeln auf seinen Lippen. „Selbstverständlich. Ich dachte nur, es geht wahrscheinlich schneller, wenn ich es erstmal selbst mache.“ „Muss es denn schnell gehen?“ Das Lächeln wurde breiter. „Nein. Muss es nicht.“ Jonas zog Erik näher zu sich und küsste ihn, bevor er seine Finger auf die Suche nach der Stelle schickte, die er so lange schändlich missachtet hatte. Anfänglich war er vorsichtig, drang mit einem einzelnen Finger immer wieder langsam ein, zog sich zurück und wiederholte das Spiel, bis der Widerstand spürbar nachgelassen hatte. „Noch einer?“, fragte er unsicher und Erik nickte. Jonas achtete auf Eriks Reaktion, war bereit, aufzuhören, sobald dieser auch nur das kleinste Anzeichen von Schmerz zeigte, doch seine Befürchtungen traten nicht ein. Stattdessen stieß Erik einen Laut irgendwo zwischen Ächzen und Lachen aus, wann immer Jonas‘ neugierige Finger den richtigen Punkt trafen. Ein Laut, der Jonas‘ Erektion unruhig zucken ließ. Nach und nach entspannte sich Erik um Jonas‘ Finger herum und sein heißer Atem wehte zunehmend schneller über seine Haut. „Ähm, soll ich einen dritten Finger …?“ „Nein.“ Eriks Stimme war kaum zu verstehen, so fest presste er seine Lippen gegen Jonas‘ Halsbeuge. „Ich denke, ich bin so weit.“ Er setzte sich auf und Jonas konnte gerade noch verhindern, hörbar nach Luft zu schnappen. Das Gesicht gerötet, die Augen glasig und einen Hauch von Bartansatz um die Kieferpartie, sah Erik aus, als wäre er direkt aus einem feuchten Traum entlaufen. „Du auch?“ Jonas konnte lediglich Nicken, sein Mund schien sich innerhalb der letzten zehn Sekunden mit Watte gefüllt zu haben. Ohne sein Lächeln zu verlieren, streichelte Erik mit einer Hand zärtlich über Jonas‘ Wange. Mit der anderen positionierte er Jonas‘ Glied an der richtigen Stelle. Fasziniert beobachtete Jonas Eriks Mienenspiel. Das Lächeln war noch da und eindeutig lag Lust in Eriks Augen, aber da war auch die kleine Falte zwischen seinen Brauen. Millimeterweise ließ er sich herabsinken, verharrte, machte weiter. Plötzlich überwand er den Widerstand und Jonas‘ empfindliche Spitze wurde von Hitze umhüllt. Zeitgleich sog Erik scharf Luft ein. „Alles okay?“, fragte Jonas besorgt. Erik nickte und lächelte. „Muss mich nur dran gewöhnen. Wie gesagt, das letzte Mal ist eine Weile her.“ „Sicher?“ So ganz war Jonas nicht überzeugt. „Du bist nich‘ …“ „Hart? Bin ich in dieser Situation so gut wie nie. Mein Körper ist da nicht besonders, ah, multitaskingfähig. Heißt nicht, dass es mir nicht gefällt.“ Erik bewegte die Hüften und sandte damit einen Schauer durch Jonas‘ Lenden. „Denk nicht so viel darüber nach und genieß es einfach. Glaub mir, ich mache genau dasselbe.“ Zur Antwort nahm Jonas Eriks Hände, küsste seine Fingerspitzen und bemühte sich, ihm zu zeigen, wie sehr er die Nähe genoss. Bald entspannte sich Erik unter den liebevollen Berührungen. Seine kontrollierten Atemzüge gingen in ein kehliges Stöhnen über und er nahm Jonas tiefer in sich auf. Nicht vollständig, aber tief genug, um beide erschauern zu lassen. „Fuck, du fühlst dich echt scheißgut an.“ Hätte Jonas beschreiben müssen, was in diesem Moment in ihm vorging, er wäre verloren gewesen. Natürlich war da der physische Reiz. Eriks zunehmend selbstbewusstere Bewegungen, seine Hände, die Halt an Jonas‘ Körper suchten, der Geschmack seiner Lippen, der Duft seiner Haut. Doch da war noch so viel mehr. Die Verbundenheit. Die Art, auf die sich Erik an Jonas klammerte und mal gefühlvolle, mal auffordernde Worte murmelte, seine Leidenschaft anstachelte, indem er ihn an seiner eigenen teilhaben ließ. „Fuck, wenn du so weitermachst, is‘ das hier schneller vorbei als es sollte“, knurrte Jonas zwischen zusammengebissenen Zähnen. Erik stoppte. „Willst du mal nach oben?“ „Ähm … Wenn das okay für dich is‘, würd ich’s mal versuchen.“ Nicht wirklich elegant und mit einem kurzen Augenblick der Panik, in dem Jonas fürchtete, etwas Wichtiges könnte brechen, schafften sie es, sich herumzurollen, ohne den Kontakt zu verlieren. Eriks Beine schlangen sich um Jonas‘ Hüften und hielten ihn fest. Jonas gab Erik Zeit, sich an die neue Stellung zu gewöhnen und wartete, bis sich die Umklammerung lockerte. Bis dahin nutzte er die Gelegenheit, den Körper unter sich zu erkunden. Er küsste die geröteten Wangen und spielte mit den harten Brustwarzen, die so viel sensibler als seine eigenen waren. Eriks in Jonas‘ Schultern gekrallte Finger lösten sich und ganz allmählich fiel er zurück in den Rhythmus, den er vor ihrem Stellungswechsel angeschlagen hatte. Zunächst ließ sich Jonas von Eriks Bewegungen leiten, doch nach und nach gab Erik Verantwortung ab und Jonas übernahm die Führung. Mit jedem Stoß drang er tiefer ein, bis ihre Körper aneinandergepresst und untrennbar miteinander verbunden waren. „Ist das okay so?“ Heiser keuchend antwortete Erik: „Sehr. Aber du kannst dich ruhig schneller bewegen …“ „Nich‘, wenn das hier noch ‘n bisschen weitergehen soll und es fühlt sich gerade zu verfickt gut an, um es schon enden zu lassen!“ Eriks Lachen verwandelte sich in ein langgezogenes Stöhnen, als Jonas sich dessen Glied widmete, das unter seinen geduldigen Händen zum Leben erwachte. Unbewusst befolgte er Eriks Rat, schaltete seinen Kopf ab, lauschte seinem und Eriks Atem und konzentrierte sich auf die vielen verschiedenen Empfindungen, die durch seinen Körper jagten. Nägel, die über seine Haut kratzten, immer lauter werdendes Keuchen an seinem Ohr und, oh verdammt, diese Hitze, diese Nähe. „Jonas, ich … Wenn du so weitermachst, dann …“ „Fuck, ja, komm für mich!“ Röte legte sich auf Jonas‘ Wangen, sobald er begriffen hatte, was er da eben von sich gegeben hatte, aber seine Finger blieben fest um Eriks Erektion gelegt und das schien alles zu sein, was dieser benötigte. Hilflos ächzend wand sich Erik unter Jonas, bevor er sich aufbäumte und den Rücken durchbog. Wenn Jonas zuvor gedacht hatte, Erik würde ihn eng umschließen, war das nichts im Vergleich zu diesem Moment. Nun gab auch er das letzte bisschen Kontrolle auf und ließ sich von Eriks Höhepunkt zu seinem eigenen tragen, bis er erschöpft auf den verschwitzten Körper unter ihm sank. „Fuck.“ Träge setzte er sich auf und entsorgte das Kondom. Bei dieser Gelegenheit warf er seinem Freund auch gleich das kleine Handtuch zu, das in der Nachttischschublade lagerte, aber als er sich umdrehte, lag dieser bewegungslos auf dem Bett, die Augen mit einem Arm verdeckt. Da war eine einsame Zerbrechlichkeit an ihm, die Jonas zum ersten Mal verstehen ließ, wie schwer es für Erik gewesen sein musste, sich ihm so zu öffnen. Eine jähe Welle der Zuneigung erfasste Jonas. Er zog Erik zu sich, strich sacht durch dessen Haar, liebkoste die erhitzte Haut. Endlich nahm Erik den Arm herunter und schmiegte sich an Jonas, bis die letzte Lücke zwischen ihnen geschlossen war. Schweigend lagen sie miteinander verschlungen und genossen die Wärme des anderen.   „Ich bin Anfang Mai mal für ein paar Tage nicht da“, sagte Erik, bevor er genüsslich in seine Zimtschnecke biss. Noch immer lagen sie auf seinem Bett, den Rücken gegen die beiden flauschigen Kopfkissen gelehnt und ließen sich ihr Frühstück schmecken. Jonas‘ Fuß strich über Eriks Schienbein. „Du fährst nach Stuttgart, oder?“ „Mhm.“ Jonas wusste, dass Eriks Eltern im Mai verunglückt waren, beschloss jedoch, nicht weiter nachzubohren. Wenn er wollte, würde Erik mehr erzählen und wenn nicht, war das auch in Ordnung. „Ich weiß noch nicht genau, wie lange ich bleiben werde“, führte dieser das Gespräch fort. „Nicht lange, denke ich. Nachdem meine Tante ohnehin nicht da ist und Marco und Drago vermutlich gut mit der Arbeit an ihrem Haus eingedeckt sind, habe ich keine großartigen Pläne.“ Jonas lehnte seinen Kopf gegen Eriks Schulter. „Isses egoistisch, wenn ich sag, dass ich da kein bisschen unglücklich drüber bin?“ „Ja“, antwortete Erik schlicht. „Aber ich finde, ein wenig Egoismus ist ganz gesund. Ah, da fällt mir noch etwas ein …“ Er rückte sein Kissen zurecht, saß plötzlich aufrechter. „Im Mai wäre auch wieder mein Test fällig.“ „Test?“ „HIV“, antwortete Erik schlicht. „Und alles andere Wichtige. Mache ich alle drei bis sechs Monate, je nachdem wie …“, ein kurzes Zögern, „jedenfalls sind die sechs Monate dann rum.“ „Und?“ Jonas verstand nicht ganz, weshalb Erik das Thema aufbrachte. War das seine Art, ihm durch die Blume mitzuteilen, dass er im letzten halben Jahr auch noch mit anderen Sex gehabt hatte? Aber wozu? Fest zusammen und offiziell exklusiv waren sie erst seit kurzem. Und dass Erik davor nicht gerade den Lebensstil eines Priesters geführt hatte, war Jonas immer klar gewesen. „Und ich hatte mir überlegt“, antwortete Erik, „dass wir, wenn die Ergebnisse negativ ausfallen – wovon ich fest ausgehe – auf Kondome verzichten könnten.“ „Oh.“ So weit hatte Jonas tatsächlich nicht gedacht. „Selbstverständlich nur, wenn das für dich auch in Ordnung ist.“ „Oh. Ja. Ja, isses. Klar. Ähm …“ Unsicher kratzte Jonas über seinen Nacken. „Soll ich auch …?“ „Ich weiß, dass du nicht viele Gelegenheiten hattest, dir etwas einzufangen“, antwortete Erik betreten, „aber ich würde mich trotzdem wohler fühlen, wenn du dich auch testen ließest. Ich musste einmal auf ein Ergebnis warten, über dessen Ausgang ich mir nicht sicher war und das ist Etwas, das ich wirklich nie wieder durchmachen will.“ „Versteh ich“, sagte Jonas schnell und verkniff sich jede Nachfrage. „Is‘ ja auch vernünftig.“ „Ah, tut mir leid, falls ich dich damit etwas überfallen habe. Das Thema spukt mir schon länger im Kopf herum, aber ich wusste nicht so recht, wie ich es auf den Tisch bringen sollte. Aus irgendeinem Grund schien das jetzt der passende Zeitpunkt zu sein.“ „Hatte da eventuell unser Sex einen gewissen Einfluss?“ „Eventuell“, gab Erik grinsend zu. Von der Unsicherheit, die er unmittelbar danach gezeigt hatte, war nicht mehr viel übrig. Dafür hatte Jonas‘ Hirn seine Arbeit wiederaufgenommen. Er nahm Eriks Hand, spielte mit den langen, schlanken Fingern. „Ich hätte nie gedacht, dass wir zuerst … Ich mein … Eigentlich hatte ich das überhaupt nich‘ so aufm Schirm, bis du’s angeboten hast … Ähm … Aber es war echt heiß … Wirklich.“ Erik schmunzelte. „Dann bin ich ja beruhigt.“ „Aber ich bin noch nich‘ so weit, das zu, ähm, erwidern.“ „Was völlig in Ordnung ist.“ Jonas nickte. Erik hatte ihm in den letzten Wochen gezeigt, dass es viele Arten gab, auf die sie sich glücklich machen konnten. „Ärgert mich bloß selbst. Weil ich Lust drauf hätte. Aber ich weiß, dass ich danach ständig denken müsste …“ Dass ich mich ordentlich von ‘nem Kerl hab durchficken lassen. Jonas hasste sich selbst für diesen Gedanken. „Außerdem bist du, ähm, nich‘ gerade klein.“ Das brachte Erik zum Lachen. „Das sagst du jetzt auch nur, weil wir etwa gleichauf sind.“ Er strich über Jonas‘ stoppeligen Nacken, den dieser erst am Vortag hatte nachrasieren lassen. „Was hast du heute noch vor?“ „Bei dir rumhängen, bis du mich rauswirfst“, antwortete Jonas und schlug Eriks Hand weg. „Und danach sollte ich mich wohl mal auf Wohnungssuche begeben.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)