Raupe im Neonlicht von Noxxyde ================================================================================ Kapitel 13 ---------- Was zuletzt geschah: Eine Begegnung mit Jonas‘ altem Freund und unerwiderter Liebe, Clemens, bietet nur eine kurze Ablenkung von seinen Sorgen um Maria, die den Wechsel vom Schulleben zum Studium nicht gut zu verkraften scheint. Sein Besuch endet mit überhörten Silvesterknallern. Das Herz halb in der alten Heimat und halb bei jemand anderem, kehrt Jonas nach Berlin zurück.   Kapitel 13 Kaum war Jonas durch die Haustür und hatte seine Einkäufe vor der winzigen Küchenzeile abgestellt, holte er sein Handy hervor. Es war, als hätte Silvester einen Neustart in seinem sozialen Umfeld durchgeführt. Maria rang sich täglich wenigstens eine kurze, oft aber auch längere Nachrichten ab, Larissa war so redselig wie immer und sogar Esther und Kemal machten Anstalten, ihre heilige Zweisamkeit ein wenig für weitere Personen zu öffnen. Und dann war da noch Erik … Pünktlich um Mitternacht hatte dieser Jonas ein Foto des vor dem Tix abgefeuerten Silvesterfeuerwerks geschickt und auch wenn Jonas‘ Reaktion darauf deutlich verspätet ausgefallen war, war ihr Kontakt seither nicht mehr abgerissen. Täglich gingen Nachrichten zwischen ihnen hin und her – Jonas versorgte Erik mit Bildern des mal mehr mal weniger genießbaren Mensaessens, Erik informierte ihn, wie viele Worte noch zum Abschluss seiner Hausarbeit fehlten. Sie wünschten sich eine gute Nacht, oder bemitleideten sich gegenseitig dafür, viel zu früh aufstehen zu müssen. Es mochte oberflächlich und albern sein, aber es reichte, um Jonas‘ Herz beim Klang einer eingehenden Nachricht flattern zu lassen. Präzise stapelte er seine Einkäufe in einem ansprechenden Arrangement, bevor er ein Foto davon knipste und an Erik sandte:   Du, 18:07 Uhr genug kantinenfraß. heute wird gekocht!   Zur Antwort klingelte sein Handy. „Hey.“ „Hi!“ Jonas versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Seit Weihnachten hatte er Eriks Stimme nicht mehr gehört. „Bist du noch gar nich‘ im Club?“ „Wir öffnen erst in drei Stunden. Nicht, dass es nicht genug zu tun gäbe, aber im Augenblick habe ich wenig Lust, allein im Büro zu sitzen und Papierkram zu erledigen.“ „Ist vielleicht auch besser so. Das klingt nämlich nach ‘nem verfickt guten Anfang für ‘nen beschissenen Horrorfilm. Tix – Blutbad in Berlin, oder so.“ „Danke, das … hilft nicht wirklich dabei, mich für die Arbeit zu motivieren.“ „Ein Zombie auf dem Dancefloor, vielleicht?“, fuhr Jonas ungerührt fort. „Oder Possessed Paperwork? Ich weiß! The Bills Have Eyes!“ „Genug!“, schnaufte Erik nach einem ausführlichen Lachanfall. „Sonst traue ich mich gar nicht mehr hin.“ Jonas grinste zufrieden. „Wie läuft die Hausarbeit?“ „Ganz gut. Bis zum Wochenende sollte ich sie fertig haben, dann noch ein paar Korrekturen, Literaturverzeichnis überarbeiten und so weiter. Das Übliche eben.“ „Klingt doch gut.“ „Ich bin im Zeitrahmen.“ Dafür klang Erik allerdings recht unzufrieden. „Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, schon früher fertig zu werden und das Wochenende über frei zu haben, aber da war ich wohl zu optimistisch.“ Jonas bemühte sich, seine Enttäuschung zu überspielen. „Immerhin is‘ so langsam ‘n Ende in Sicht. Bald haste den Scheiß hinter dir.“ „Mhm.“ Erik räusperte sich. „Einen ganzen Tag habe ich keine Zeit, aber … Hättest du Lust, dich unter der Woche mal auf einen Kaffee oder so zu treffen?“ „Klar!“ Betont gelassen fügte Jonas hinzu: „Morgen müsste ich eh Zeit zwischen zwei Vorlesungen totschlagen. Wie schaut’s da bei dir aus?“ „Wann?“ „Zwischen zwölf und zwei.“ „Passt perfekt.“ Eine kurze Pause entstand. Jonas öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Erik war schneller. „Was hast du heute noch vor?“ „Nix bestimmtes. Kochen, rumhängen, an meinem Projekt verzweifeln. Sowas halt.“ „Hm …“ Wieder eine Pause, aber dieses Mal trug sie eine unausgesprochene Spannung in sich, die Jonas davon abhielt, sie zu beenden. Als Erik erneut das Wort ergriff, hatte sich sein Tonfall verändert. Er war rau. Und lauernd. „Weißt du, was mir schon seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf geht?“ Die Reaktion, die Eriks Stimme in Jonas‘ Körper auslöste, war gleichermaßen beeindruckend wie unheimlich. Gänsehaut, die sich über Nacken und Arme zog, ein Herzschlag, schneller als Kolibriflügel und Blut, das sich in eine ganz bestimmte Region verzog. Argwöhnisch fragte Jonas. „Was geht dir denn nicht mehr aus dem Kopf?“ „Diese kleine Stelle knapp unterhalb deines Ohrläppchens.“ Instinktiv strich Jonas darüber. „Es ist schon viel zu lange her, aber ich erinnere mich immer noch an den Schauer, der jedes Mal durch deinen Körper geht, wenn ich dich dort küsse. Ich kann ihn fast auf meinen Lippen fühlen.“ Schwerfällig sank Jonas gegen die Küchenzeile. Die Sehnsucht nach Eriks Berührungen war kaum zu ertragen. Das Schweigen auf seiner Seite schien Erik zu verunsichern. „Soll ich aufhören?“ Jonas schluckte. „Nein.“ „Dann stell dein Handy auf laut und zieh deinen Pulli aus.“ „Okay.“ Unter dem gequälten Stöhnen der Nähte, zerrte Jonas an seinem Oberteil. Hastig, ungeduldig, um keinen von Eriks Atemzügen zu verpassen. „Stopp!“ Kopf und Arme im schweren Stoff verknotet, hielt Jonas inne. „Mach langsam und stell dir vor, ich bin derjenige, der dich auszieht.“ „Oh. Okay. Ähm …“ Mit geschlossenen Augen versuchte Jonas, Eriks Anweisung zu befolgen, war sich aber viel zu bewusst, dass er allein in seiner winzigen Wohnung stand, während der Bass der Nachbarn offensichtlich bemüht war, ein Loch in die Wand zu hämmern. „Meine Finger haken sich in den weichen Stoff und schieben Stück für Stück deinen Pullover nach oben. Du fühlst meine Hände langsam von deinem Bauch zu deiner Brust gleiten.“ Eriks Stimme klang durch den Lautsprecher ein wenig blechern, aber die Lust darin war deutlich wahrnehmbar. „Willst du, dass ich dich küsse?“ „Ja!“ „Dann sag mir, wie.“ Jonas brauchte ein paar Sekunden, um seine Verlegenheit abzuschütteln. „Ähm … zart? Am Anfang. Und dann … mit, äh, Zunge?“ Frustriert stöhnend rieb er über seine Stirn. „Fuck, wenn ich sowas sag, klingt das echt scheißdämlich.“ „Du machst das sehr gut.“ „Klar doch …“ „Willst du das lieber verschieben, bis wir uns, ah, in die Augen sehen können?“ Zögernd kaute Jonas auf seiner Unterlippe herum. „Mein Verstand sagt, dass ich das besser tun sollt, bevor ich das letzte bisschen Würde verliere.“ Er blickte an sich runter. „Ein anderer Teil von mir is‘ da allerdings ganz anderer Meinung.“ „Und auf welchen hörst du?“ Jonas seufzte. „Auf den, der grad mit mehr Blut versorgt wird.“ Ein raues Lachen erklang vom anderen Ende der Leitung. „Na schön, wir schließen einen Kompromiss. Wir machen weiter, aber du musst nichts sagen. Zuhören reicht völlig. Deal?“ „Deal.“ „Gut.“ Ein paar Sekunden Ruhe, die beiden die Gelegenheit gaben, in die richtige Stimmung zurückzufinden. Gedankenverloren strich Jonas mit der Kuppe seines Zeigefingers über die sensible Stelle unter seinem Ohr. „Leg dich auf dein Bett.“ Da war nichts Hartes in Eriks Stimme und dennoch machte sein Ton deutlich, dass er keinen Widerspruch duldete. Die Matratze knarzte leise als Jonas sich darauf ausstreckte. „Liegst du bequem?“ „Ja … Ähm … Meine Laken fühlen sich kühl auf meinem erhitzten Körper an.“ Jonas verzog das Gesicht. Konnte er noch schmalziger klingen? Er hätte es bei dem Deal belassen und einfach schweigen sollen. „Kühle Laken, hm? Sind sie das einzige, das du auf deiner Haut spürst?“ „Ähm …“ „Oder fühlst du nicht auch die Berührung meiner warmen Hände, die über dein Schlüsselbein streichen und die kleine Kuhle in der Mitte erkunden?“ Mit nur wenigen Worten hatte Erik Jonas in seine Fantasie gezogen. Er seufzte wohlig, als seine Finger das Bild in seinem Kopf imitierten. „Weiter.“ „Ich beuge mich über dich, setze mich auf deine Oberschenkel und küsse die Stellen, an denen bis eben meine Hände waren.“ „Hmm.“ Mehr brachte Jonas nicht über die Lippen. „Mein Gewicht drückt dich tiefer in die Matratze.“ „Ich steh‘ drauf, deinen Körper auf meinem zu spüren.“ Jonas glaubte beinahe, Eriks Atem wahrzunehmen, der zart über sein Ohr wehte. „Und, ähm … ich öffne die Knöpfe deines Hemds. Langsam, einen nach dem anderen.“ Instinktiv streckte er die Arme aus und für einen Sekundenbruchteil machte sich Enttäuschung in ihm breit, als er ins Leere griff. „Meine Hände erkunden deinen Körper“, raunte Erik durch den Hörer. „Der weiche Flaum, der von deinem Bauchnabel bis zum Bund deiner Jeans führt kitzelt meine Fingerspitzen. Ich öffne den obersten Knopf deiner Hose und streiche über die Beule darunter. Ich will dich schmecken.“ Jonas‘ Versuch, ‚Ja, bitte‘ zu sagen, endete in einem unartikulierten Grunzen, als er eilig Jeans und Unterwäsche von seinen Beinen strampelte. „Aber davor“, sagte Erik, „genieße ich den Anblick.“ Seine Stimme war inzwischen kaum mehr als ein heiseres Flüstern. „Deine geröteten Wangen, deinen schmalen Körper, der auf jede meiner Berührungen so unendlich sensibel reagiert. Deinen wundervollen, harten Schwanz. Ich strecke die Zunge aus und lecke sanft über die Spitze.“ „Oh, fuck, fuck, fuck.“ Jonas umfasste seine Erektion. „Ich packe deine Hüfte, halte dich fest, genieße deinen salzigen Geschmack.“ „Fick mich, Erik“, ächzte Jonas. „Bitte fick mich einfach.“ „Zu fühlen, wie du dich windest … Du hast keine Ahnung, wie scharf mich das macht.“ „Erik, bitte. Ich will dich!“ „Ich setze mich auf. Sehe dich an, sehe das Flehen in deinen Augen. Meine Hände an deinen Hüften greifen noch fester zu, beinahe schmerzhaft und mit einer schwungvollen Bewegung rolle ich dich auf den Bauch.“ „Ich knie mich hin und drücke den Rücken durch. So, wie du es das letzte Mal wolltest.“ Atemlos nahm Jonas die von ihm beschriebene Position ein und verschwendete nur einen kurzen Gedanken daran, wie lächerlich er für einen außenstehenden Betrachter gerade aussehen musste. Glücklicherweise waren seine Vorhänge zugezogen. „Meine Lippen sind wieder auf deinem Körper“, sagte Erik. „Liebkosen die Stellen, die mir bisher verborgen waren. Ich fühle dein Verlangen, höre dein Stöhnen.“ „Bitte, bitte, fick mich endlich.“ „Mein Finger streicht über deine empfindsame Öffnung. So heiß, so unglaublich eng.“ „Nimm sie dir“, hauchte Jonas. „Das nächste, was du spürst, ist mein harter Schwanz, der Einlass begehrt. Ich presse mich gegen dich, halte dich fest.“ Jonas brachte kein zusammenhängendes Wort mehr heraus, konnte nur hilflos keuchen, Eriks Fantasie und seiner eigenen Hand ausgeliefert. „Bald kannst du dem Druck nichts mehr entgegensetzen, öffnest dich mir, umfängst mich. Jeder meiner Stöße lässt mich tiefer in dich vordringen, bis du ganz mir gehörst.“ Eriks Worte, die immer wieder von seinem Stöhnen unterbrochen wurden, waren mehr als Jonas ertragen konnte. Sein Orgasmus ließ ihn zitternd auf seinem Bett zurück. Plötzlich war er schrecklich allein, die Luft um ihn herum kalt und die Bilder, die ihn gerade noch so erregt hatten grauenhaft peinlich. „Wie gerne ich jetzt wirklich bei dir wäre“, murmelte Erik, noch immer schwer atmend. „Wär‘ gut“, erwiderte Jonas leise. In der Hoffnung, diesen kurzen Moment der Nähe wiederherstellen zu können, presste er sein Handy gegen seine nackte Brust. „Wär‘ verfickt gut.“ „Mhm.“ Erik seufzte. „Jetzt habe ich noch weniger Lust auf die Arbeit als ohnehin schon. Viel lieber würde ich dich im Arm halten.“ Sein Bedauern klang so ehrlich, dass Jonas erleichtert aber freudlos auflachte. Vielleicht war er nicht der einzige, der sich, jetzt, da die Erregung verflogen war, einsam und leer fühlte. „Lass uns das bald nachholen.“   Der Tag hatte grau begonnen und schien sich so fortzusetzen. Kalter Wind pfiff durch die Straßen und Jonas schlug den Kragen seiner Lederjacke nach oben, während er sich suchend umblickte. Er war in der richtigen Straße, sogar auf der richtigen Seite. Irgendwo hier musste … Aha! Wie beschrieben, prangte ein großes, weißes Schild mit cartoonartig gezeichneten Kuchenstücken über dem Eingang des Cafés. Keine zwei Meter daneben, lässig gegen die Wand gelehnt, wartete Erik. Den Blick auf sein Handy gerichtet und mit Kopfhörern im Ohr, bemerkte er Jonas nicht, bis dieser knapp vor ihm stand. „Ah, da bist du ja.“ Erik lächelte und Jonas wollte ihm um den Hals fallen, mit Küssen überhäufen und nie wieder loslassen. Im letzten Augenblick zügelte er sich. Sie waren in der Öffentlichkeit, gut möglich, dass einige seiner Kommilitonen in Sichtweite waren, vielleicht sogar im Café saßen. Das war das Eine. Das Andere … Jonas hatte keine Ahnung, wie Erik die Beziehung zwischen ihnen sah. Vielleicht nutzte er ihn nur als kleine Ablenkung, vielleicht war seine Zuwendung in den letzten Tagen einfach einer Mischung aus naiver Gutmütigkeit und einer stressigen Phase geschuldet. Jonas wollte nicht Gefahr laufen, Gefühle zu zeigen, die Erik nicht teilte. Also streckte er zur Begrüßung die Hand aus. „Sorry, wartest du schon lang?“ „Nein, ich bin auch gerade erst angekommen.“ Eriks schlanke Finger, die sich um Jonas‘ legten, jagten kleine Blitze über dessen Haut und wärmten einen Teil von ihm, der tief in seiner Brust vergraben zu sein schien. Nur widerstrebend ließ er los. „Gehen wir rein?“ Das Café war gut beheizt und die freundliche Einrichtung hob Jonas‘ Stimmung sofort. Tische und Stühle wirkten, als hätte man sie einzeln auf dem Flohmarkt zusammengekauft und nachträglich weiß lackiert. Kein Teil passte zum anderen. Hübsche Blumenbouquets sorgten für die notwendige Farbe, hinter einer Glaswand präsentierten sich verführerisch aussehende Kuchen und Torten. „Kommst du öfter her?“, fragte Jonas. „Hin und wieder nehme ich mir ein Stück Kuchen mit. Zum Beispiel, um mich von einer Hausarbeit abzulenken.“ Sie stellten sich an der kleinen Schlange vor der Theke an und Jonas nutzte die Gelegenheit, um sich umzusehen. „Ganz schön voll hier.“ Sämtliche Tische waren besetzt, lediglich ein paar Stehplätze waren noch frei. „Eigentlich dachte ich, wir könnten etwas zum Mitnehmen bestellen und dann ein wenig spazieren gehen“, schlug Erik vor. „Ich weiß, das Wetter ist nicht ideal, aber ich könnte ein bisschen Bewegung brauchen.“ „Is‘ okay für mich.“ Der große, mit etwas namens Hot White Chocolate gefüllte Pappbecher, wärmte Jonas‘ Hände, während er neben Erik eine kleine Seitenstraße entlangschlenderte. Gelegentlich berührten sich ihre Schultern und Jonas musste den Drang niederkämpfen, sich enger an Erik zu kuscheln. „Ich habe dich noch gar nicht wirklich gefragt, wie deine Weihnachtsferien waren.“ Instinktiv wollte Jonas ‚gut‘ antworten, hielt dann jedoch inne und überlegte einige Sekunden. „Irgendwie schräg“, gab er schließlich zu. „Inwiefern?“ „Keine Ahnung … Es is‘ ‘ne Menge Scheiß passiert. Guter und nich‘ so guter.“ Gedankenverloren trank Erik einen Schluck von dem Tee, den er bestellt hatte und zuckte zusammen. „Heiß?“, fragte Jonas grinsend. „Mhm.“ „Wie läuft die Hausarbeit? Passt der Zeitplan noch?“ Sollte Erik früher fertig werden, konnten sie vielleicht doch noch den Sonntag miteinander verbringen. „Überraschenderweise immer noch ganz gut. Dafür muss ich mir langsam Gedanken um meine Klausuren machen. „Jetzt schon? Oder schreibt ihr die früher als wir?“ „Vermutlich nicht.“ Erik lächelte schief. „Ich fürchte, ich neige ein wenig zu übermäßigem Ehrgeiz.“ „Alles unter 1,0 gilt als verkackt?“ „Sozusagen. Ich versuche seit Jahren, dieses Denken abzulegen, aber …“ Er zuckte mit den Schultern. „So ganz will mir das nicht gelingen.“ „Wär‘ klasse, wenn du mir einfach die Hälfte davon abgeben könntest“, erwiderte Jonas. „Dann noch die Hälfte von Maria und ich würd‘ vom faulsten zum ehrgeizigsten Menschen dieser Erde aufsteigen.“ Er runzelte die Stirn. „Ich mach‘ mir ‘n bisschen Sorgen um sie. Ich glaub, sie is‘ ziemlich überlastet.“ Jonas war sich nicht sicher, ob Maria es gutheißen würde, dass er mit Erik über sie sprach, aber er schaffte es nicht, seine Ängste um sie noch länger in sich reinzufressen und Erik war der einzige, der ein offenes Ohr für diese Dinge zu haben schien, ohne Maria persönlich zu kennen. „Sie hat auch eben erst mit dem Studium angefangen, oder?“, hakte dieser nach. Ein Funken Hoffnung flackerte in Jonas auf. „Denkst du, das pendelt sich mit der Zeit von allein ein?“ „Möglich“, erwiderte Erik diplomatisch. „Die Umstellung ist für Viele schwierig, gerade, wenn sich durch einen Umzug auch noch das vertraute Umfeld ändert.“ „Manchmal denk ich, es wär‘ besser gewesen, wenn sich für sie noch mehr geändert hätte.“ Als Jonas Eriks fragend hochgezogene Brauen bemerkte, setzte er zu einer Erklärung an: „Sie is‘ so dran gewöhnt, für ihre Eltern das brave Mädchen zu mimen, dass sie … Ich weiß auch ich … Einfach akzeptiert, keine Fehler haben zu dürfen. ‘N bisschen mehr Abstand zu ihnen tät ihr wahrscheinlich ganz gut.“ Er seufzte. „Ich hab einfach Angst, dass sie immer unglücklicher wird und ich ihr nich‘ helfen kann, weil ich am anderen Ende des Landes hock. Vor allem ärger ich mich so über mich selbst, dass mir nich‘ aufgefallen is‘, dass es ihr nich‘ gut geht! Im Gegenteil, ich war sogar noch sauer auf sie, weil sie sich so rar gemacht hat!“ „Steht ihr denn derzeit in Kontakt?“ „Jaah, im Moment schon. Sie schreibt mir jeden Tag wenigstens ‘ne kurze Nachricht und wenn’s nur darüber is‘, dass sie grad die Bahn zur Uni verpasst hat.“ „Das ist doch erst mal ganz gut. Und ich bin sicher, dass sie weiß, dass sie sich jederzeit bei dir melden kann, wenn sie Hilfe braucht.“ Jonas war nicht wirklich überzeugt. „Und wenn sie das nicht tut? Maria hat jetzt Monate gebraucht, um überhaupt zuzugeben, dass etwas nicht stimmt und das auch nur, weil ich ihr praktisch die Tür eingetreten habe … Was, wenn sie sich einfach nich‘ meldet? Das … Fuck!“ Mit seiner freien Hand rieb sich Jonas über die Augen. „Das is‘ so eine beschissene Situation! Ich hab echt Angst um sie.“ „Das verstehe ich. Das Problem ist, dass du damit Gefahr läufst, Verantwortung für Dinge zu übernehmen, für die du nicht verantwortlich bist.“ „Aber sie is‘ meine Freundin!“, protestierte Jonas. „Ich muss doch für sie da sein!“ „Für sie da zu sein, ist aber etwas Anderes als sich permanent Sorgen zu machen.“ Erik nippte erneut an seinem Tee, dieses Mal, ohne sich zu Zunge zu verbrennen. Dennoch verzog er ein paar Sekunden später das Gesicht. „Entschuldige, das … war zu einfach dahergesagt. Sie ist deine Freundin, du kennst sie und es ist sicher sinnvoll, auf deinen Instinkt zu hören, wenn er dir sagt, dass etwas nicht stimmt.“ Er seufzte. „Ich habe nur schon miterlebt, dass andere an dem Versuch, Freunden zu helfen, beinahe selbst zerbrochen wären. Pass also bitte auch ein wenig auf dich auf. Du kannst letztlich nur für andere da sein, wenn es dir gut geht.“ Nachdenklich starrte Jonas auf seine eigenen Füße. Er verstand, worauf Erik hinauswollte, glaubte aber nicht, diesen Rat umsetzen zu können. „Ansonsten würde mir nur einfallen, dass sie mal über einen Termin bei ihrem Hausarzt nachdenken sollte.“ „Kann der denn bei sowas helfen?“, fragte Jonas zweifelnd. „Is‘ ja jetzt keine Grippe oder so.“ „Ein guter Hausarzt wird ihr zuhören und sagen, an welchen Facharzt sie sich wenden kann, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass das nötig ist. Das kann leider ein ziemlich langer und zermürbender Prozess sein, weil die Wartelisten oft voll sind. Deshalb sollte man nicht zu lange zögern, diesen Schritt zu gehen.“ „Hm. Werd ich mal ansprechen.“ Jonas hob den Kopf. „Du scheinst dich ziemlich gut mit sowas auszukennen. Hast du das im Medizinstudium gelernt?“ „Nein. Das waren eher … persönliche Erfahrungen.“ Fragend sah Jonas zu Erik, aber der Groschen fiel erst, als dieser abwesend über seine Unterarme strich. „Oh. Sorry. Ich …“ „Schon gut.“ Das Lächeln, das Erik zeigte, erreichte seine Augen nicht. „Ich hätte gut darauf verzichten können, aber wer weiß, ob ich dann heute hier stehen würde.“ Nun erschienen doch schmale Lachfältchen neben seinen Augenwinkeln. „Und ich bin gerade sehr gerne hier.“ Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. „Es is‘ noch was passiert.“ Als Erik nicht reagierte, dachte Jonas zunächst, er hätte sein verlegenes Gemurmel gar nicht gehört, aber als er den Kopf drehte, sah er, dass Erik ihn aufmerksam beobachtete. „Willst du … Willst du’s hören?“ „Sofern du es mir erzählen willst.“ Jonas holte tief Luft und rasselte den Satz in seinem Kopf so schnell herunter, dass er beinahe über die einzelnen Buchstaben gestolpert wäre. „Ich hab‘ meiner Schwester gesagt, dass ich auf Kerle steh‘.“ Er war sich selbst nicht sicher, weshalb ihn der Gedanke, mit Erik darüber zu sprechen, so nervös machte. „Wie hat sie reagiert?“ Eriks Ton gab keinen Aufschluss über seine Gedanken. „Gut. Ziemlich gut sogar.“ Jonas lächelte bei der Erinnerung. „Perfekt, eigentlich.“ Jetzt lächelte auch Erik. „Das freut mich für dich. Wirklich. Ist sie die Erste, der du es erzählst hast? Nein, warte, Maria weiß es auch, oder?“ „Maria weiß es, aber es ihr zu sagen war irgendwie … ‘ne ganz andere Geschichte. Einer Kommilitonin hab ich‘s kurz vor Weihnachten erzählt. Oh, und dir natürlich, aber das zählt wohl irgendwie nich‘ so ganz. Aber Christine … Christine is‘ die Erste aus der Familie.“ Nervös spielte Jonas mit dem Plastikdeckel seines Kakaos. „Is‘ schon komisch. Bis jetzt hat jeder richtig gut reagiert und trotzdem hab‘ ich ‘ne Scheißangst davor, darüber zu sprechen. Dabei würd‘ ich mir wünschen, es endlich nich‘ mehr geheim halten zu müssen. Das nervt einfach nur.“ Seine Finger knickten den Pappbecher nach innen. „Als ich bei meinen Eltern war, da gab es diesen Moment … Es war spät, alle anderen schon im Bett, nur wir drei haben noch eine letzte Runde Uno gespielt. Wir hatten richtig Spaß miteinander. Und ich dachte mir … Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Genau jetzt. Aber ich konnt’s einfach nich‘ sagen. Als hätte mir jemand den Mund zugenäht.“ Nach einer kleinen Pause murmelte er: „Wenn ich mir nur sicher sein könnt‘, dass sie‘s akzeptieren.“ „Hast du denn einen Grund, zu vermuten, dass sie das nicht tun?“ „Ganz ehrlich? Ich weiß es einfach nich‘. Wir haben ein gutes Verhältnis, ich weiß, dass sie mich lieben und ich mich auf sie verlassen kann, aber … Sexualität war immer ein Tabuthema in unserer Familie. Wurde einfach totgeschwiegen.“ Jonas lachte verlegen. „Ohne den Aufklärungsunterricht in der Schule, würd‘ ich wahrscheinlich heut‘ noch denken, man könnt‘ vom Knutschen schwanger werden. Okay, nee, dafür hab‘ ich zu viel Zeit im Internet verbracht, aber du weißt, worauf ich hinaus will … Und meine Eltern sin‘ beide gläubig, gehen regelmäßig in die Kirche … das volle Programm halt. Dazu ihre ganzen Vorurteile … Ich weiß einfach nich‘, wie sie reagieren. Außerdem … Selbst wenn sie es schnell akzeptieren, ich glaub‘ … Sogar wenn da nur ein kleiner Moment Zweifel oder Ablehnung in ihnen ist … Das könnt‘ ich nich‘ ertragen.“ Er warf einen schüchternen Blick auf Erik, der seinem Gestammel geduldig zugehört hatte. „Ich nehme an, sie unterstützen dich finanziell bei deinem Studium?“ „Japp, das … Fuck, denkst du, sie könnten mir die Finanzierung streichen, wenn sie’s rausfinden? Scheiße, an sowas hatte ich noch gar nich‘ gedacht!“ „Ah, ich wollte dir wirklich keine weiteren Sorgen einreden“, beteuerte Erik. „Ich kenne deine Eltern nicht und wenn du bisher nicht auf die Idee gekommen bist, dass sie so extrem reagieren könnten, würden sie es bestimmt auch nicht. Ich habe über die Jahre einfach nur sehr viele Geschichten mitbekommen. Die meisten davon positiv, aber ein paar … eben nicht.“ Eine kleine Falte erschien zwischen seinen Brauen. „Ich fühle mich nicht wirklich in der Position, dir einen Rat zu geben …“ „Bitte tu’s trotzdem. Im Moment bin ich echt für alles dankbar.“ „Na schön.“ Erik strich über seinen Nacken und dachte einen Augenblick nach. „Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass du dich zuerst selbst akzeptierst. Das klingt oft leichter als es ist, aber solange du noch an dir selbst zweifelst und dich nicht wirklich annehmen kannst, läufst du Gefahr, dein Selbstbewusstsein auf der Zuneigung anderer aufzubauen, was dazu führt, dass dich die kleinste Ablehnung ziemlich runterziehen kann. Aber ich weiß auch, dass das etwas sehr Individuelles ist und jeder seinen eigenen Weg gehen muss. Deshalb will ich dir da eigentlich nicht reinreden. Sieh es nur als eine Beobachtung von mir, aus der du eigene Schlüsse ziehen kannst.“ „Wussten deine Eltern …?“, fragte Jonas. „Ich mein, du warst ziemlich jung als sie … Shit, du weißt, was ich meine.“ „Meine Eltern wussten, dass ich schwul bin“, antwortete Erik gelassen. „Wie hast du’s ihnen gesagt?“ Erik neigte den Kopf. „Eigentlich gar nicht. Nicht direkt, zumindest.“ Jonas‘ verdutztem Blick begegnete er mit einem Schmunzeln. „Wir hatten ein ziemlich offenes Verhältnis. Gerade als ich jünger war, habe ich ihnen eigentlich alles erzählt, ohne groß darüber nachzudenken. Unter anderem, welchen Star ich toll finde und für welchen Mitschüler ich gerade schwärme, solche Sachen eben. Alles noch lange bevor da eine explizit sexuelle Komponente mitspielte. Irgendwann, als ich so dreizehn war, nahm mein Vater mich mal zur Seite und fragte, ob ich mich eher in Jungs als in Mädchen vergucken würde. Ich habe kurz darüber nachgedacht und genickt. Danach folgte die obligatorische Ansprache, dass ich mir niemals erzählen lassen darf, dass irgendetwas falsch daran wäre und ich immer Kondome verwenden solle, weil die nicht nur vor Schwangerschaft schützen. Damit war das Thema zwischen uns eigentlich erledigt.“ „Klingt, als wären deine Eltern tolle Menschen gewesen.“ „Ich hatte großes Glück mit ihnen.“ Die Zärtlichkeit in Eriks Stimme zeugte davon, dass das keine hohle Phrase für ihn war, aber die mitschwingende Melancholie brach Jonas fast das Herz. „Wie … Wie hat der Rest deiner Familie darauf reagiert?“ „Im Grunde gar nicht. Mein Vater war Einzelkind, meine Großeltern sind früh gestorben. Die Einzige, die zu dem Zeitpunkt noch gelebt hat, war meine Großmutter mütterlicherseits und die war geistig schon nicht mehr wirklich klar. Sie ist dann auch kurz nach dem Unfall meiner Eltern ebenfalls verstorben. Ansonsten gab es nur noch die jüngere Schwester meiner Mutter, bei der ich dann auch eine Weile gelebt habe, aber bis auf eine oder zwei Ausnahmen, war meine Sexualität nie ein Thema zwischen uns. Ich vermute, meine Eltern hätten ohnehin nicht zugelassen, dass jemand aus der Familie ein kritisches Wort darüber verliert und irgendwann war es dann auch einfach, ah, eine Selbstverständlichkeit.“ „Oh. Ach so. Und … Dein sonstiges Umfeld? Ich mein, hattest du wirklich nie so einen ‚Ich-bin-übrigens-schwul-Moment‘?“ Erik lachte. „Ah, lass mich nachdenken … Nein. Jedenfalls nicht im Sinne einer Beichte. Es war jetzt nicht unbedingt so, dass ich es rumerzählt hätte, aber ich habe es auch nie verborgen und ehrlich geantwortet, wenn mich jemand gefragt hat. Falls das Gespräch mal auf potenzielle Freundinnen gelenkt wurde, habe ich eben gesagt, dass es in meinem Fall ein Freund wäre.“ „Und du hattest nie Probleme?“ „Naja, das kommt darauf an, was du als ‚Probleme‘ bezeichnen würdest.“ Erik verschränkte die Arme vor der Brust. „Wirklich offene Anfeindungen habe ich eigentlich nie erlebt. Das heißt, doch, einmal vor einem Club, aber das blieb zum Glück bei leeren Worten. Und einmal von jemandem, der mir näher stand. Das tat weh, aber … Das war wohl genau der Punkt. Wenn es nicht meine Homosexualität gewesen wäre, dann hätte er eben etwas anderes gefunden, mit dem er mich hätte verletzen können. Ansonsten …“ Er zuckte mit den Schultern. „Es kam schon mal vor, dass der Kontakt zu eher oberflächlichen Bekanntschaften danach kühler war oder irgendwie künstlich wirkte und über kurz oder lang ganz abbrach. Darüber hinaus, kann ich mich aber nicht an blöde Situationen erinnern.“ Gedankenverloren zupfte er an seinem Ärmel. „Das heißt nicht, dass alles eitel Sonnenschein war, aber die wenigsten Konflikte kamen von außen. Es gab einfach ein paar Dinge, die ich mit mir selbst ausmachen musste.“ Jonas hätte ihn gerne gefragt, was das für Dinge waren, aber etwas sagte ihm, dass Erik nicht darüber sprechen wollte. „Vielleicht sollte ich einfach aufhören, mir so scheißviele Gedanken zu machen.“ „Vielleicht. Oder du nimmst dir einfach die Zeit, die du brauchst. Daran ist nichts falsch.“ „Hm.“ Zum ersten Mal seit einer Weile sah sich Jonas um. Er war so in sein Gespräch mit Erik vertieft gewesen, dass er überhaupt nicht darauf geachtet hatte, welche Wege sie genommen hatten, doch die Straße, in der sie jetzt standen, kam ihm bekannt vor. „Sind wir bei dir?“ „Mhm. Wir waren jetzt fast eine Stunde unterwegs.“ „Was?“ Entsetzt starrte Jonas auf sein Handy. Erik hatte recht, es war kurz vor zwei. „Shit! Ich hab völlig die Zeit aus den Augen verloren!“ „Entschuldige, ich hätte schon vorher etwas sagen sollen. Schaffst du es noch rechtzeitig zur Uni?“ „Ähm, ja, ich glaub schon. Is‘ ja quasi ums Eck.“ Jonas‘ schlechtes Gewissen nagte an ihm. „Scheiße, da wolltest du eigentlich eine kleine Pause und mal den Kopf freibekommen und dann labere ich dich mit meinem Scheiß zu.“ Ungeduldig winkte Erik ab. „Blödsinn. Das war kein Scheiß und du hast mich nicht zugelabert. Es war schön, mich mal mit etwas anderem zu beschäftigen als den Handelsstrukturen im mittleren Westen.“ Er legte eine Hand auf Jonas‘ Schulter, nahm sie aber gleich wieder weg, als Jonas‘ instinktiv die Umgebung nach Zuschauern absuchte. „Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du jemanden zum Reden brauchst. So viel Zeit habe ich gerade noch.“ „Danke, wirklich. Aber ich glaub‘, ich hab erst mal genug, worüber ich nachdenken muss.“ „Auch gut. Das Angebot gilt trotzdem.“ Der Wind Trieb einen Hauch von Sonne und Holz in Jonas‘ Nase und plötzlich stand ihm ihr letztes Telefonat vor Augen. Sein hemmungsloses Stöhnen, sein Flehen, Erik möge ihn endlich ficken. Seine Schulter pulsierte an der Stelle, die Erik berührt hatte. „Also dann, ähm …“ Mit glühenden Wangen wandte er sich zum Gehen. „Bis bald! Und noch mal Danke.“ Als er schon halb die Straße runter war, hörte er seinen Namen. „Jonas!“ Er stoppte und drehte sich um. Verlegen lächelnd rannte Erik zu ihm. „Entschuldige, ich hatte völlig vergessen, dass ich dich noch etwas fragen wollte.“ „Was denn?“ „Nächstes Wochenende sind zwei Freunde von mir in der Stadt und wir wollten am Sonntag ins Theater.“ „Oh.“ Jonas schaffte es nicht, seine Enttäuschung zu verbergen. „Dann hast du da wohl keine Zeit für mich.“ „Nicht für eines unserer üblichen Treffen“, gab Erik zu. „Aber eigentlich wollte ich dich fragen, ob du vielleicht mitkommen möchtest.“ „Ins Theater?“ „Mhm. Wahrscheinlich gehen wir danach noch irgendwo was Trinken, aber das kannst du ja spontan entscheiden. Nur wegen der Karten müsste ich es so langsam wissen.“ Jonas biss sich auf die Unterlippe. Der Gedanke, dass Erik ihm seine Freunde vorstellen wollte, ließ sein Herz schneller schlagen. Das war sicher nicht sein übliches Vorgehen bei einfachen Affären. Aber was war Jonas dann für ihn? Ein Freund? Vielleicht. Würden Eriks Bekannte ahnen, dass das gewisse Extras beinhaltete? Vermutlich. Wollte Jonas das? Er wusste es nicht. Und dann war da auch noch ein ganz weltliches Problem. „Wie viel kosten die Karten denn?“, fragte er vorsichtig. Weihnachten hatte seine Ersparnisse erheblich schrumpfen lassen. „Nicht viel. Ist nur ein kleines Theater. Und für dich kosten sie gar nichts, weil ich dich gerne einladen würde.“ „Oh, das … Echt?“ „Sieh es als verspätetes Weihnachtsgeschenk.“ Erik lächelte. „Wobei ich mich da eigentlich eher selbst beschenke, weil ich dich wirklich gerne dabei hätte.“ „Bist du sicher?“ „Willst du denn mit? „Schon“, gab Jonas zu. „Dann nimm es einfach an, ja? Du würdest mir eine Freude machen.“ Damit war Jonas‘ Entscheidung gefallen. „Wenn das so ist, kann ich ja gar nich‘ ablehnen!“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)