I would control the moon for you! von jasminjewellery ================================================================================ Kapitel 5: "We're trapped in a box called reasons" -------------------------------------------------- Daehyun hielt sich daran. Nicht, weil er glaubte, das Yongguk ihm etwas antun wollte, doch weil die Ereignisse der vergangenen Zeit ihm viel zu sehr die Luft zum Atmen genommen hatten. Er wusste nicht wo ihm der Kopf stand, viel zu sehr dachte er darüber nach, was das alles zu bedeuten hatte. Er war aus der Bibliothek verschwunden, in dem Wissen, das Yongguk genau das von ihm erwartet hatte. Doch was hätte er tun sollen? Er kannte Yongguk kaum, hatte keine Ahnung was hinter diesen schwarzen Augen in seinem Kopf vorging und wusste nur, dass er aus irgendeinem Grund immerzu an ihn denken musste. Er konnte sich einfach nicht dazu bringen, Angst vor ihm zu haben. Trotz der Erinnerung an die Schmerzen, an das komische Gefühl in seinem Kopf, nicht mehr Herr über seinen eigenen Körper zu sein. Trotz, dass er eine Nabe seiner Hand auf seinem Oberarm trug. Etwas das ihn für immer zeichnen würde, war aus irgendeinem Grund so vollkommen unwichtig für ihn. Er hatte auch Youngjae davon überzeugen können, dass sein Verschwinden wirklich nur damit zu tun gehabt hatte, dass er durch den Wind gewesen war. Auf der Suche nach frischer Luft und nicht, um sich heimlich mit Yoongi zu treffen oder anderen mysteriösen Dingen nachzugehen (Youngjae hatte eine ziemlich blühende Phantasie an den Tag gelegt). Schließlich hatten mit der Zeit auch die skeptischen Blicke aufgehört. Auch Yoongi hatte bis heute nicht mehr mit ihm geredet, manchmal hatte er das Gefühl, seinen Blick in seinem Rücken zu spüren, scharf und durchbohrend wie immer. Doch er konnte es nicht sicher sagen, da er nicht die Kraft hatte, sich darum zu kümmern. Er versuchte sich dafür im Unterricht zu konzentrieren, an etwas Anderes zu denken, als an den einsamen Blick in diesen schwarzen Augen und an die rote wütende Aura in der Bibliothek. Die ihm gesagt hatte, dass er sich fernhalten sollte - Jetzt und am besten für immer. Doch jeden Abend, wenn Youngjae neben ihm endlich eingeschlafen war, schob er den langen Ärmel seines Pullovers nach oben und musterte die rote Stelle, die er so angestrengt vor allen Anderen zu verstecken versuchte. Er ging mit der Hand über die glatte Haut, wunderte sich jedes Mal, wie es sein konnte, dass Jemand solch eine grausame Macht besaß. Nur um danach eine weitere Nacht wach zu liegen, sich dabei sehnsüchtig den Morgen herbei zu wünschen, an dem er sich wieder anderen Dingen zuwenden konnte. Seine Kopfschmerzen waren bereits ein stetiger Begleiter geworden, immer wieder musste er Youngjae eine andere Ausrede dafür auftischen, dass er die Zeit lieber in seinem dunklen Zimmer verbringen wollte, als mit ihm und Zelo etwas zu unternehmen. Doch auch Yongguk schien immer weniger den Unterricht zu besuchen. Verbrachte scheinbar umso mehr Zeit in der Bibliothek. Daeh erhaschte nur selten einen Blick auf ihn, einmal hatten sich ihre Blicke getroffen, leer und starr, als wüsste keiner der Beiden, ob sie es sich erlauben durften, dem Anderen die Wahrheit zu zeigen. So waren ganze zwei Wochen vergangen, ohne das Daeh das Gefühl hatte, wirklich Abstand zu bekommen. Es war eher, als würde er mit jedem Tag tiefer hinein rutschen, immer mehr ein Teil dieser ganze Sache werden und er war schlussendlich an dem Punkt angekommen, an dem er das Gefühl hatte nicht mehr flüchten zu können. Er wusste Etwas, das sonst Niemand wusste. Somit hatte er eine Verantwortung. “Daehyun, hast du das verstanden?”, Himchans Stimme drang in sein Bewusstsein und angestrengt riss sich Daeh aus seinen düsteren Gedanken. Selbst wenn er nicht wusste, über was er gerade noch geredet hatte, nickte er. Sorgte dafür dass selbst Himchan ihm einen zögerlichen Blick schenkte, als wüsste er nicht, ob er noch einmal nachfragen sollte. Stattdessen wanderte er ans Pult zurück, schrieb wie immer eine Seite an die Tafel und die nächsten Sekunden wurden von dem lauten Geräusch von Papier und das Kritzeln der Stifte erfüllt. “Mal im Ernst, wo bist du die letzte Zeit mit deinen Gedanken?”, flüsterte Youngjae, da Himchan angefangen hatte, etwas über Vampire im Mittelalter zu erzählen und er nicht riskieren wollte, dass er ihn hörte. Daeh atmete tief, wie immer wenn er versuchte, seine Laune, wenn auch nur gespielt, nach oben zu treiben. “Alles ist gut, ich bin nur… müde”, meinte er unter einem kleinen Lächeln, doch Yjae schien nur leise zu seufzen. Als würde er seine Ausreden zwar nicht glauben, es aber respektieren, dass er nicht mit ihm darüber reden wollte. Trotzdem machte er sich Sorgen. Daehyun wusste, das es nicht einfach war, ihn zu verstehen. Schließlich hatte er von Anfang an verschwiegen, um was es wirklich ging. Er hatte schon angefangen zu lügen, als es nur um die bescheuerten Geschichtsbücher gegangen war. Nie hatte Yjae herausgefunden, dass er gar nicht seine, sondern Yongguks Buch benutzt hatte. Eine dumme Kleinigkeit - doch hier war er jetzt. Log über die Halloween-Party, darüber dass Yongguk seinen Körper und seine Gedanken kontrolliert hatte, über alles. Und das obwohl Youngjae sein bester Freund war. Nur hatte er aus irgendeinem Grund Angst davor. Was war, wenn er es nicht verstand? “Wie du meinst”, sagte er leise, Daeh konnte hören dass er enttäuscht war, doch war auf der anderen Seite erleichtert, das er das Thema nicht noch einmal aufrollen wollte. Daehyuns Erklärungen wurden mit der Zeit immer dünner, somit hätte er nicht gewusst, was er dieses Mal gesagt hätte. Himchan redete noch eine ganze Weile weiter, während Daehyun sich schlussendlich voll und ganz in seinen Unterlagen verlor. Er schrieb eine ganze Weile mit, bis zu dem Punkt an dem er den Faden verlor, anfing komische Dinge auf die Ecken seines Blocks zu kritzeln. Nur so lange, bis er die erlösenden Worte hören konnte, mit denen Himchan den Unterricht schloß. “Zelo hat versprochen mir mit den Biologie Hausaufgaben zu helfen”, Youngjae war bereits aufgestanden, hatte seine Tasche schneller gepackt, als das es Daehyun im ersten Moment richtig realisieren konnte. Doch er bremste sich in seiner Bewegung, schaute Daeh lange an und schien leise auszuatmen. “Kommst du zurecht?”, wollte er sanft wissen. Daeh schenkte ihm ein Lächeln, diesmal sehr viel ehrlicher, als zuvor. Dabei, die losen Blätter wieder in seinen Block zu stecken und in seiner Tasche zu verstauen. “Klar, geh ruhig”, meinte er sachte, schaffte es, das Youngjae nicht wieder seufzte, als wäre er ein hoffnungsloser Fall von Depressionen, ehe er mit den Anderen hektischen Körpern aus der Klassenzimmertür verschwunden war. So schlecht sich Daeh fühlte, doch er war erleichtert, wieder für den Rest des Tages alleine zu sein. In dieser Zeit musste er wenigstens nicht aufpassen, was er sagte, oder ob sein Blick wieder düster anstatt hell und motiviert aussah. “Daehyun, kann ich kurz mit dir reden?”, Himchan stand angelehnt an seinem Pult und mit verschränkten Armen da, die Miene ernst verzogen, weshalb Daehyun sich schon jetzt auf eine Ansprache gefasst machte. Er warf sich die Tasche über die Schulter und kam langsam die wenigen Schritte zu ihm herüber - atmete auf dem Weg schon tief aus, als könnte er sich so mental darauf vorbereiten, was jetzt folgen würde. Sie waren die Einzigen im Raum, binnen Sekunden war das Klassenzimmer leer gefegt, als würden alle sehnsüchtig zum Mittagessen rennen. Daehyun hatte jedoch nicht wirklich Appetit, noch ein Grund mehr, sich keinen Stress zu machen. “Ist alles okay mit dir?”, wollte Himchan wissen, wirkte dabei irgendwie knapp und kurz angebunden, als würde er mit dem eigentlichen Thema nicht sofort rausrücken. Daehyun konnte sich ein Seufzen verkneifen, da er diese Frage in den letzten Tagen schon viel zu oft hatte beantworten müssen. “Klar”, er zuckte lediglich die Schultern und Himchan schien erleichtert zu sein, das zu hören. Er wippte fast ungeduldig von einem Fuß auf den Anderen und brauchte einen Moment, bis er die nächsten Worte endlich heraus rückte. “Kann ich dich um einen Gefallen bitten?”, wollte er wissen. “Klar… worum geht’s?”, Daehyun wusste, das es vielleicht keine gute Idee war, nicht einmal nachzufragen worum es ging. Er hatte keine Lust das es am Ende auch noch um den Unterrichtsstoff gehen würde. Doch er war zu erleichtert darüber, das Himchan nicht über seinen Gefühlszustand reden wollte. “Wie dir wahrscheinlich aufgefallen ist, kommt Yongguk fast gar nicht mehr zum Unterricht”, er machte eine Pause, lange genug, das Daehyun spürte, wie sich etwas in seiner Magengrube zusammen zog. “Und?”, schaffte er es nüchtern heraus zu pressen, ohne zu überrascht zu klingen. Himchan zuckte die Schultern. “Ich hab versucht mit ihm zu reden, doch auf mich und die Anderen scheint er nicht zu hören. Da ist mir eingefallen das ihr auf der Halloween-Party miteinander geredet habt”, wieder eine Pause, Daeh hätte ihm am liebsten ungeduldig an den Schultern geschüttelt, bis er endlich mit der Sprache rausgerückt war. Stattdessen nickte er lediglich, verstränkte die Arme vor der Brust. “Er hat scheinbar Niemanden sonst, mit dem er redet… und wenn ihr befreundet seit, dachte ich du könntest ihm einmal ins Gewissen reden”, brachte er es endlich zu Ende. Nur um Daehyun blinzelnd und starr zurück zu lassen. Warum jetzt? Warum ausgerechnet, wenn Daeh keine Ahnung hatte, wie er überhaupt mit ihm reden sollte? Nicht, das er es in den letzten Tagen nicht schon versucht hatte. Doch immer hatte ihn der Mut verlassen, wenn er vor der Bibliothek gestanden hatte. “Auf mich wird er genauso wenig hören”, flüchtete er sich deswegen feige. “Ach komm schon. Du musst ihn ja nicht belehren - ihm nur sagen, das er Probleme bekommen wird, wenn er so weiter macht. Ich möchte vermeiden, dass der Rektor sich einschalten muss. Er soll nicht denken, das ich meine Schüler nicht unter Kontrolle habe”, meinte Himchan eindringlich und so verdammt stolz, das Daeh fast die Augen verdreht hätte. “Oder gibt es irgendein Problem?”, hakte er dann nach, zog tief die Brauen ins Gesicht. “Nein… nein, kein Problem”, Daehyun wirkte viel zu ertappt, als das man ihm glauben könnte. “Gut, es ist schön zu wissen, dass er wenigstens einen Freund hat”, meinte er. Selbst wenn Daehyun noch einmal versucht hätte, zu widersprechen, war Himchan bereits vollkommen davon überzeugt, dass er ihm helfen würde. Er hatte seine schwarze Ledertasche gepackt, die eher wie ein Aktenkoffer aussah und hatte sie sich unter den Arm geklemmt. Ließ Daehyun absichtlich keine Wahl und sein Lächeln war viel zu selbstsicher, als er sich auf den Weg nach draußen machte. Und Daehyun endlich laut seufzen konnte, so laut, dass er das Gefühl hatte all die komischen Gefühle in seiner Magengrube verscheucht zu haben. Er ging sich über das Gesicht, fühlte sich aus irgendeinem Grund plötzlich viel kleiner und dümmer als er war. “Jetzt reiß dich zusammen, Dummkopf”, ermahnte er sich selbst, als wäre er ein kleiner Junge, den man noch belehren musste. Auch blieb er viel zu lange in dem leeren, stillen Raum stehen, fast als würden seine Beine nicht so wollen, wie er. Doch er tat es wirklich, ging sich auf dem Weg zur Bibliothek viel öfter als sonst über die rote Stelle unter seinem schwarzen Pullover, als würde sie bei dem Gedanken mit Yongguk zu reden, wieder anfangen zu schmerzen. Nur bildete er sich dass lediglich ein. Er wollte es hinter sich bringen, Himchans dummen Gefallen Folge leisten. Dabei redete er sich selbst ein, dass er das Richtige tun wollte und nicht, weil der Gedanke ihn wieder zu sehen, ihn auf eine komische Weile erfüllte. Fast als hätte er auf so eine Gelegenheit gewartet - einen Vorwand, um nicht wieder umzudrehen und die Bibliothek nicht zu betreten. Die Korridore waren viel voller als sonst, hektische Schüler mit ihren Taschen, schnatternde Mädchen, als hätten sie sich schon seit Jahren nicht mehr gesehen und mussten sich jedes kleinste Detail ihres Tages erzählen. Daehyun schlich sich unauffällig an ihnen vorbei, wurde wie erwartet einfach ignoriert. Umso komischer war es zu sehen, dass die Bibliothek wie immer, fast wie leer gefegt war. Im obersten Stock saß nun eine rothaarige Lehrerin mit schwarzer Brille am Empfang, gerade mal 2 Schüler standen zwischen den Regalen und unterhielten sich mehr, als das sie nach etwas suchten. Es war komisch, das Daehyun schon das Gefühl hatte, das Yongguk da sein würde, als er die Treppe herunter lief. Es war wie als würde er ihn schon jetzt spüren. Er war sich auch mehr als sicher gewesen, wieder hierher kommen zu müssen, als Jemanden zu fragen, in welches Zimmer er gehen musste. Doch er schüttelte dieses komische Gefühl wieder ab, ließ auch wieder seine Hand sinken, die wie von alleine an seinen Arm gewandert und dort festgefroren war. Der unterste Stock war so viel kühler und dunkler als der erste, Daeh konnte einen weiteren Schüler zwischen den Regalen erkennen, doch er hatte sich weiße Kopfhörer in die Ohren gesteckt und war dabei, eines der Bücher zu durchsuchen, welches er aus dem Regal gezogen hatte. Yongguk saß nicht wie letztes Mal am Tisch, Daeh konnte ihn auch nicht auf Anhieb entdecken. Er wanderte immer weiter in den Raum hinein, fast hatte er das Gefühl wieder umdrehen zu müssen, doch nach wenigen Sekunden konnte er seine Aura zwischen den Regalen schimmern sehen. Wie ein kleines Licht, das ihm den Weg wies. Daehyuns Herz schlug viel zu schnell, als es normal gewesen wäre. Er spürte wie seine Handflächen erneut feucht wurden, wie immer, wenn es um ihn ging. Tief atmete er ein und wieder aus, wahrscheinlich laut genug, dass er es gehört hatte. Yongguk hatte ebenfalls ein Buch in der Hand, es ruhte aufgeschlagen in seiner Handfläche und mit ruhigen, dunklen Augen studierte er die Seite vor sich. Seine schwarzen Haare lagen wie immer wellig um sein blasses Gesicht. Daeh konnte dunkle Ringe unter seinen Augen erkennen und plötzlich fragte er sich, ob er die letzten zwei Wochen genauso schlecht geschlafen hatte, wie er. “Hi…”, meinte er leise, versuchte ihn nicht zu erschrecken. Er zuckte trotzdem sachte, hatte ihn scheinbar nicht kommen gesehen und das obwohl er fast genau neben ihm gestanden hatte. Daehyun fühlte sich sofort komisch dabei, so nichtssagend vorbei zu schauen, als wäre rein gar nichts zwischen ihnen passiert. Doch er wusste auch nicht, was er hätte sonst tun sollen. “Daehyun”, erwiderte er, seine Stimme schien für wenige Sekunden zu zittern, doch es war so sachte, das Daeh es sich auch nur eingebildet haben könnte. Er schien etwas rastlos zu sein, wusste nicht, ob er das Buch vor sich zuklappen oder Daeh gleich wieder verschwinden würde. Doch der konnte nicht ignorieren, wie er sich genau in diesem Moment fühlte. Er verschwendete keinen Gedanken daran, wieder schnell zu verschwinden, eher sprangen ihm immer mehr Erklärungen und Ausreden durch den Kopf, die erklären würden, dass er viel länger als gemusst hier in der Bibliothek bleiben wollte. “Hab ich nicht gesa-” “Gesagt das ich mich fernhalten soll? Hab schon verstanden. Nur bin ich schon wieder auf Mission Himchan unterwegs, du würdest mir also einen Gefallen tun mich mal wieder vor dem Tod zu retten”, Daehyun lächelte sachte, als er die nächsten Worte hinzu fügte, ahmte seine eigene Stimme nach, “und schließlich will ich nicht sterben- zumindest noch nicht Jetzt”. Daehyun hätte eher damit gerechnet, dass Yongguk ihn trotz dessen mit einer ernsten Ansprache abweisen, ihm sagen würde dass es ihm egal war und ihn wegschicken würde. Doch stattdessen drang einer der beruhigendsten und melodischsten Geräusche in sein Ohr, die er in der letzten Zeit gehört hatte. Yongguk lachte leise, versteckte seine weißen Zähne hinter einer Hand, als wollte er sich selbst nicht ganz erlauben, es amüsant zu finden. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, ein Anblick den Daehyun wahrscheinlich nicht wieder so schnell vergessen würde. Und ohne es zu merken, hatte auch er zu grinsen angefangen. Niemals hätte er gedacht Yongguk einmal zum Lachen bringen zu können. Ab diesem Moment schien die Stimmung besser zu werden, Yongguk klappte das Buch zu, welches er noch immer in der Hand gehalten hatte und stellte es in das Regal zurück. Nur um sich ohne Worte und mit langsamen Schritten auf den Weg in die andere Ecke des Raumes zu machen, wo er sich langsam wieder an den Tisch nieder ließ, den Daehyun jetzt schon mehr als gut kannte. Es war als würde alles Wichtige an diesem Tisch passieren. Der andere Junge mit den Kopfhörern schien verschwunden zu sein, Daeh hatte ihn zumindest nicht mehr zwischen den Regalen entdeckt. “Wegen was schickt dich Himchan?”, wollte Yongguk plötzlich wissen, Daeh war beinah enttäuscht darüber, dass sein Ton wieder rational und nüchtern klang. Viel lieber wollte er noch einmal sein Lachen hören, oder ein Lächeln auf seinen Lippen sehen. Doch er schüttelte diesen Gedanken wieder schnell von sich, als könnte man ihn aus seinen Augen lesen. “Er macht sich Sorgen, da du nicht mehr zum Unterricht kommst”, Daehyun spürte, dass es sich so viel dümmer anhörte, als er es laut ausgesprochen hatte. Als wäre er seine Mutter, oder würde nicht verstehen, was der Grund dafür war, dass es so gekommen war. Sie wussten es Beide und Daeh wünschte sich, anders angefangen zu haben. Wie erwartet zog Yongguk die Brauen ins Gesicht, schien genauso verwirrt zu sein, wie sich Daehyun gerade fühlte. Tief atmete er durch, als er keine Antwort bekam. “Hör zu, ich weiß es ist komisch das ich mit sowas zu dir komme… doch Himchan hat gesagt ich wäre der Einzige der mit dir redet. Außerdem… hatte ich auch so vor zu kommen - irgendwann...”, er konnte sich gerade noch verkneifen, naiv wie er war, die Schultern zu zucken und der ganzen Sache irgendwie nicht die nötige Ernsthaftigkeit zu schenken. Dabei war es ihm mehr als ernst. Yongguks Miene wurde plötzlich sanfter, seine Brauen entspannten sich und langsam ließ er die Luft aus der Lunge entweichen. “Ich hab nicht mit dir gerechnet…”, sagte er plötzlich leise, fast wie Etwas, das er sich selbst sagte. Auch sein Blick war jetzt auf die Tischplatte geheftet, seine Aura ruhig und entspannt. Es war so ganz anders, als sie das letzte Mal miteinander geredet hatten. “Es war schwer...”, fing er wieder nur mit dem Bruchteil einer Erklärung an, sodass Daeh noch immer nicht verstand, was er meinte. Yongguk hob den Blick, schien die Verwunderung ohne Probleme in seinen Augen zu lesen. “Es war schwer nicht mit dir zu reden… ich weiß nicht mal warum”, sagte er dann, sorgte dafür dass Daehs Herz so heftig zu pochen anfing, das er Angst hatte er würde es hören. “Nachdem ich dir das… angetan habe… Hätte ich nicht gedacht das du noch einmal mit mir redest”, dieses Mal versteckte er nicht das Gesicht hinter seinen Haaren, oder starrte auf die Tischplatte. Er schenkte ihm einen durchdringlichen, ehrlichen Blick, als wollte er, das Daeh diesmal lesen konnte, was hinter seinen schwarzen Augen vor sich ging. “Und du scheinst nicht mal Angst zu haben”, es war eher wie eine verwunderte Feststellung, die ihn schon die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war. Daeh wusste, eigentlich war er Derjenige der redete, während Yongguk der war, der zuhörte, knappe Antworten in den Raum warf oder gar nichts sagte. Doch dieses Mal war er es, der zuhörte und nicht wusste, was er sagen soll. Yongguk wartete auf eine Antwort, auf Etwas das ihm bei diesem Gedanken bestätigen würde, doch Daeh musste einen ganzen Moment die Wörter in seinem Kopf in eine sinnvolle Reihenfolge ordnen. “Es ist nicht so, dass mich das Ganze nicht verfolgt hätte…”, fing er an, sorgte dafür das etwas von Yongguks Überzeugung aus seinen Augen zu weichen schien. Weswegen er seine nächsten Worte hektischer sprach, als er wollte. “Doch ich glaube einfach nicht daran, das du das extra gemacht hast… oder das du böse, der Antichrist oder eine andere böse Kreatur bist, was auch immer”, leise seufzte er, versuchte sein Tempo zu bremsen und seine Worte bedachter zu wählen. “Der Antichrist?”, kam ihm Yongguk jedoch zuvor, ein kleines Grinsen auf den Lippen und seine Aura tänzelte amüsiert um ihn herum. Daehyun konnte nicht anders, als sachte zu lächeln, als ihm wieder einfiel, das es das war, was er über ihn in der ersten Woche gedacht hatte. Oder das ihm dieses Wort zumindest verdächtig oft durch den Kopf geschossen war. “Müssen wir noch länger darüber reden?”, meinte er dann und sachte schüttelte Yongguk den Kopf. “Du kannst Himchan sagen das ich das nächste Mal da sein werde”, versicherte er ihm mit einem kleinen sanften Lächeln und langsam löste sich Daeh von seinem Stuhl. Stand genauso langsam und nachdenklich auf, als wüsste er nicht, ob er einfach gehen sollte. Es schossen ihm viele Dinge auf einmal durch den Kopf, Dinge die auf den ersten Anhieb gar keinen Sinn machten und tatsächlich drehte er sich noch einmal um, ehe er ihn einfach still dort an dem Tisch sitzen ließ. “Darf ich dich morgen wieder besuchen kommen?”, fragte er, durfte das allererste Mal in das leicht errötete Gesicht von Bang Yongguk blicken, welches plötzlich so sanft und so viel weniger dunkel und starr wirkte, als sonst. Aber er nickte, gab Daehyun offiziell die Erlaubnis, sich nicht mehr von ihm fernhalten zu müssen. “Keine Sorge, ich komm dir auch nicht zu nah, du weißt schon”, meinte Daeh unter einem Schulterzucken, doch Yongguk blinzelte ihn nur trocken an. “Zu früh für Scherze?”, fragte er deswegen kleinlaut. “Auf jeden Fall zu früh”, bestätigte Yongguk. Und mit einem letzten, eher zurückhaltenden Lachen, ließ Daehyun ihn alleine. Fühlte sich so viel besser, als die Tage davor, hatte das Gefühl wenigstens einem kleinen Teil der schweren Gedanken Luft gemacht zu haben. Es hatte die Narbe nicht ungeschehen gemacht, doch Daeh hatte ein Anrecht darauf, den Mann kennen zu lernen, der ihn ungewollt gezeichnet hatte. Auch wenn der nicht zu verstehen schien, dass die Verantwortung nicht mehr nur auf seinen eigenen Schultern lag. In der kommenden Zeit schien die Bibliothek wie ein geheimer Treffpunkt geworden zu sein. Es war nicht bei dem einen Treffen geblieben. Fast jede Woche, manchmal öfter, schaffte Daehyun es, Youngjae etwas auftischen zu können, was ihn sich von ihm losreißen ließ. Und immer saßen sie am selben Tisch, manchmal Bücher vor ihnen, manchmal redeten sie lediglich darüber, was den Tag über passiert war. Meistens war es dann Daehyun, der hektisch vor sich hin redete, als würde es kein Ende finden, als würde er kein Punkt und kein Komma kennen. Er redete über Himchan, über das Magie-Training welches noch immer nicht erfolgreich für ihn verlief, über Youngjaes kleine, nervenaufreibende Aktionen. Dass er ihn morgens immer noch nicht duschen ließ, er fast jeden Morgen das selbe Müsli aß und er fast immer zu spät zum Unterricht kam. Er redete über jedes dumme kleine Detail, während Yongguk ihm nur ein aufmerksames Lächeln schenkte, als wollte er ihn unter keinen Umständen unterbrechen. Nur wenn es um Kunst ging, war Yongguk an der Reihe aufzublühen. Fast jeden Künstler und jede Bedeutung wusste er, konnte ihm sagen, aus welcher Zeit die Bilder aus den Büchern kamen, welche er schon beinah alle gelesen hatte. Egal welches Buch Daehyun aufschlug, Yongguk kannte es bereits. Das waren die einzigen Momente, in denen Yongguk viel mehr redete als sonst, sich fast schon ein wenig darin verlor, um dann immer mit einem kleinen Kopfschütteln festzustellen, dass er viel zu energisch bei der Sache war. Daehyun mochte es. Wenn er viel redete. Er redete sonst nicht wirklich über sich, wisch Daehs Fragen aus, wenn es darum ging, dass er etwas über seine Vergangenheit erfahren wollte. Lenkte in diesen Momenten das Thema nur wieder auf Daehyun, als würde der nicht merken, dass seine schwarzen Augen sich verschlossen, fast wieder wurden, wie am Anfang. Er drängte ihn nicht, doch er hatte nach diesen vielen Wochen das Gefühl, mehr über ihn erfahren zu wollen. “Ich glaube Fr. Lee hat längst die Hoffnung in mich verloren”, meinte Daeyhun gerade deprimiert, hatte sich tief und beinah trotzig in den hölzernen Stuhl gelehnt und blickte beleidigt zu Yongguk herüber, der mit schwungvoller Schrift seine Hausaufgaben für morgen korrigierte. Er blickte fragend zu ihm herauf und stoppte für ein paar Sekunden was er tat. “Egal was ich tue… es bringt nichts. Ich weiß langsam nicht mal mehr, ob da auch nur ein Funken Magie in mir steckt” Daehyun wusste, dass es viel zu hart war, so über sich selbst zu urteilen. Doch er war deprimiert, beinah schon mutlos und erschöpft. Er hatte das Gefühl nutzlos zu sein, irgendwie den eigentlich Sinn nicht erfüllen zu können, der ihn schließlich eigentlich erst hier her gebracht hatte. Yongguk legte sorgfältig seinen Stift neben seinen Block, lehnte sich plötzlich ein kleines Stück zu Daeh herüber. “Dafür glänzt deine Aura viel zu sehr”, er hatte eine Hand nach ihm ausgestreckt, ließ etwas von der weiß, schimmernden Masse durch zwei seiner Finger gleiten, fast als würde er sie wirklich auf seiner Haut spüren. Dabei war seine Stimme dunkel und ruhig wie immer. Daehyun wusste, dass er Yongguks Haut nicht berühren durfte, unter keinen Umständen. Doch die Wärme die von seiner Hand ausging war so greifbar, dass er es beinah vergessen hätte. Direkt neben seiner Wange, als würde er ihm beruhigend darüber streicheln. Erstarrt blickte er ihm in die Augen, wusste selbst nicht, was als nächstes passieren würde. Viel zu hoch war sein Puls, viel zu stark klopfte sein Herz, als wäre er einen imaginären Marathon gelaufen. Doch was zur Hölle war das? War es Angst? Daehyun wusste, dass er keine Angst hatte. Doch er wusste nicht, was es sonst war. “Warum zeigst du es mir nicht?”, fragte Yongguk jetzt, hatte seine Hand wieder langsam von ihm entfernt und sofort war auch die Wärme wieder verschwunden, die durch seinen ganzen Körper gestrahlt hatte. Yongguk hatte ihn noch nie singen gehört. Was daran lag, dass er das Magie-Training immer noch nicht besuchte. Etwas, das neben den ganzen Anderen Dingen jetzt ebenfalls Sinn machte. “Willst du mich noch mehr deprimieren?”, wollte Daeh wissen, ein kleines nervöses Lächeln auf den Lippen, als müsste er noch immer verstecken, das sein Herz gnadenlos gegen seine Brust hämmerte. Yongguk schüttelte sachte den Kopf, nahm den Stift wieder in die Hand und schenkte ihm einen kleinen Blick. “Nein, ich will es nur hören”, meinte er bedacht. Daehyun hatte fast das Gefühl, sich nicht gegen seine Bitte wehren zu können. Auch, weil es das erste Mal überhaupt war, das Yongguk um etwas bittete. Er atmete tief, konnte sehen dass er wieder anfing etwas auf sein Papier zu schreiben, geduldig, als wollte er Daehyun nicht in Verlegenheit bringen. Seine Stimme war viel zu leise, als er die vertrauten koreanischen Worte des einen Liedes über die Lippen brachte, welches seine Mutter ihm damals immer vorgesungen hatte, als sie ihn ins Bett gebracht hatte. Es war das einzige Lied, das er gerne sang. Es besaß nicht viele Worte, eher eine gesungene Melodie. Nur zögerlich wurde er lauter, so laut, sodass die Melodie von den staubigen Büchern und dem stillen Raum wieder zu ihnen zurück geworfen wurden. Er hatte fast das Bedürfnis die Augen zu schließen und sich zu erlauben, sich für wenige Minuten im Moment zu verlieren. Doch er konnte sehen, dass Yongguk für wenige Sekunden stoppte etwas zu schreiben, starr auf sein Papier blickte, als würde ihn dieses Lied an etwas erinnern. Auch als er ihn ansah, hörte Daeh nicht auf zu singen, die Verlegenheit und die Nervosität war in diesem Moment wie weggefegt, als wäre sie nie da gewesen. “Hör nicht auf”, flüsterte er plötzlich, brachte Daeh beinah aus dem Rhythmus, doch er gehorchte, brachte eine weitere Melodie über die Lippen, auch wenn das erste Lied bereits vorbei war. Aus irgendeinem Grund streckte er erneut die Hand nach ihm aus, doch dieses Mal kam sie ihm so viel näher als davor, war nur noch einen Millimeter von seiner Wange entfernt. Daehyun spürte die Angst in seiner Brust, wie eine kleine Flamme die erneut aufzuleuchten schien. Doch er erinnerte sich an seine Worte, dass er nicht aufhören sollte und irgendwas in Yongguks Augen wirkte, als wüsste er, was er tat. Er starrte auf die Stelle an seiner Wange, mit so viel Entschlossenheit, ihn zu berühren, das Daehyun beinah vor Erwartung die Augen schloss. “Daehyun?”, Yongguks Hand schnellte zurück, Daehyuns Lied verstummte mit einer solchen Wucht, dass sein Atmen schwer und kontrolliert ging. Er starrte die Treppe hoch, versuchte auszumachen, woher die störende Stimme gekommen war und er stellte nur mit tiefster Unzufriedenheit fest, dass es Min Yoongi war, der mit erschrockenen Augen zu den Beiden herüber blickte, als hätte er einen Mord beobachtet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)