Vergiss mein nicht von reuab_art (Willkommen im düstersten Kapitel des 19. Jahrhunderts /Otayuri /Victuuri) ================================================================================ Kapitel 21: Eine unerwartete Wendung ------------------------------------ Ich weiß, ich habe mir soooo viel Zeit gelassen. Hoffentlich mögt ihr es noch lesen... Bitte verzeiht mir, aber ich musste erst für mich überlegen, ob ich die Geschichte nun enden lasse oder ob es weitergeht. Ja, es wird noch weitergehen! Über Kommentare würde ich mich riesig freuen! Kapitel 22 Eine unerwartete Wendung Victor und Yuri ließen ihren Schützling keine Sekunde mehr aus den Augen. Wie einen Schatz hüteten ihre Blicke den noch immer verunsicherten Jungen. Es war merklich abgekühlt und ein Schauer durchfuhr Yura. Der nackte Rücken seines Outfits war zwar äußerst ästhetisch, aber wenig wärmend. Hastig suchten seine Augen die großen Menschenmassen ab, fanden jedoch nicht das gesuchte Objekt der Begierde. Hatte Otabek ihre Verabredung etwa vergessen? Traurig seufzte Yura und strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. So war der Abend wirklich nicht gedacht. Während Victor an einem Stand allerlei Süßes und verführerisch Duftendes kaufte und seinen Partner förmlich damit ausstopfte, rollte der Junge nur mit den Augen. Schrecklich, diese Turteltauben! So würde er nie sein wollen. Obwohl er sich etwas mehr Zuwendung wünschte. Wenn er ehrlich war, dann wäre es sogar deutlich mehr Zuwendung! Ja, Otabek war eher zurückhaltend, aber manchmal sehnte er sich nach einem lodernden Kuss, einem festen Griff oder dieser Begierde in seinem Blick. Yura verzog genervt das Gesicht als Victor hinter seinem Rücken ein überzuckertes „Yuuuuurilein!“ säuselte und seinem sichtlich peinlich berührten Partner einen Kuss auf die Lippen drückte. Wahrscheinlich hatte Jean recht. Just in dem Moment als er kurz an den Geschäftsmann dachte, legte jemand vorsichtig seine Hand in den zarten Nacken. Leicht aufgeschreckt blickte Yura zur Seite und damit direkt in diese wundervollen, warmen Augen. Otabek lächelte sanft. „Du siehst wunderschön aus, Yura!“ Vorsichtig beugte er sich zu seiner Wange und gab dem Blonden einen zart gehauchten Kuss darauf. Nicht unbedingt das, was Yura sich erhofft hatte. Allerdings hatte er ja noch diese beiden schrecklich verliebten Aufpasser an seiner Seite. Freundlich begrüßten die Otabek und seine Begleitung, Father Chris. Breit grinsend winkte dieser den Paaren zu und schloss sich ihnen für das Fest an. „Also, Kinder, mir knurrt der Magen! Lasst uns speisen und frohlocken!“ Mit diesen Worten stapfte er bereits in Richtung Speisenangebot. Die Stände waren von den Fackeln hell erleuchtet, überall rauchten Öfen und es roch nach allerlei Köstlichem. Liebevoll hatte der Arbeiter Yura an der Hand durch die Menge geführt, gefolgt von Victor und Yuri. „Du hast sicher Hunger, was möchtest du?“ Bei Otabeks Worten kamen Yura viele Dinge in den Sinn, aber nichts davon hatte etwas mit Essen zu tun. Er wollte endlich eine Reaktion! Warum blieb dieser Mann nur immer so... so gut erzogen? Da sein Gegenüber wohl keine sinnvolle Antwort erwartete, bestellte er ihm etwas, allein aus Sorge, dass sein Freund wieder zu wenig aß. Noch in Gedanken verloren, stieg Yura der herzhafte Duft einer gegrillten und marinierten Kartoffel in die Nase, die prompt vor sein Gesicht gehalten wurde. „Ich weiß, wie gerne du das isst!“ Gierig griff der Jüngere danach und biss gedankenlos hinein. Leider stellte er in Sekundenbruchteilen fest, wie heiß das frische Essen doch war. Schmerzverzerrt streckte er die Zunge hinaus und wurde mit Gelächter bestraft. Nur Otabek schüttelte lächelnd den Kopf. „Muss ich dir jetzt noch erklären, dass frisches Essen heiß ist?“ Als alle reichlich gesättigt waren und das ein oder andere Glas Bier seinen Weg gefunden hatte, saß man entspannt unter dem nächtlichen Sternenhimmel am Hafenbecken. Dort war es etwas ruhiger und man genoss die Gesellschaft der Anderen. Während Chris und Victor angeheitert über den neuesten Tratsch sprachen, legte Otabek Yura seine Arme um die Schulter. Vorsichtig zog er ihn zu sich heran. „Du siehst atemberaubend aus!“ Die beruhigende Stimme jagte Yura einen Schauer über den Rücken. „Ich weiß nicht, womit ich dich verdient habe, aber ich weiß, dass mich auf dieser Erde nichts von dir trennen kann. Yura...“ Otabek machte eine kurze Pause und das Herz des Blonden pochte schmerzhaft gegen seine Brust. „Möchtest du...“ Plötzlich zerschnitt ein Schuss die Stille um sie herum. Otabek hatte Yura sofort schützend gehalten, doch es schien nicht direkt in ihrer Nähe gewesen zu sein. Vom Hafenplatz erklangen Schreie. Ohne nachzudenken sprangen Otabek und Victor auf, eilten zu den Menschenmassen und verharrten erschrocken. Yura bahnte sich den Weg zu seinem Liebsten, dicht gefolgt von Yuri und Chris. Die Menschenmenge hatte eine Traube gebildet, süchtig gaffend tuschelten sie einander zu. In der Mitte des Platzes lag Jean, eine tiefe Wunde am Bauch entleerte unbarmherzig dunkles Blut. Neben ihm kniete seine Verlobte, weinte bitterlich und schrie um Hilfe. Doch niemand erhörte sie. Der Schütze stand noch immer unweit seines Opfers mit seinen Gefolgsleuten. „Meine Schwester hast du in den Selbstmord getrieben, du Schwein!“, spie er voll Ekel aus. „Verrecke an deinen eigenen Taten!“ Yuras Augen weiteten sich. Eine tiefe innere Leere machte sich in ihm breit. Warum freute er sich nicht? Er müsste doch endlich Genugtuung empfinden? Noch ehe er darüber nachdenken konnte, waren Otabek, Chris und Victor nach vorne geschnellt, hatten sich vor Jean gestellt und somit dem Angreifer Einhalt geboten. Während Victor es mit Beschwichtigungen versuchte, hatte der junge Arbeiter sich dem Paar zugewandt. Schnell kniete er sich neben den stark blutenden Jean, riss Lady Isabella ihr Tuch von den Schultern und drückte das zerknüllte Stück kräftig auf die Wunde. Chris griff die junge Dame an den Schultern, zog sie hoch und führte sie schnell zur Seite. Sie stand völlig unter Schock und ließ sich von dem Priester führen. Yuri war zu seinem Liebsten geeilt und konnte gerade noch mitverfolgen, wie die Angreifer in der Menschenmasse verschwanden. Otabek hingegen kniete weiter neben Jean, hatte dessen Kopf vorsichtig mit dem Arm gestützt und drückte weiterhin die Wunde zu. „Father, uns bleibt nicht genug Zeit zum Krankenhaus.“, rief er zu dem Priester hinüber. Dieser nickte nur eilig. Während die Menschenmassen das ihnen gebotene Spektakel wie ein Theaterstück verfolgten, riss der Blonde Lady Isabella die teure Brosche vom Kleid, brach die feine Silbernadel ab und reichte sie wiederrum dem Arbeiter. Dieser biss mit den Zähnen in seinen Ärmel, zog fest daran, bis das Leinen etwas nachgab und riss dann einen Fetzen hinunter. Sorgsam trennte er ein paar Leinenfasern ab, verknotete sie und atmete tief durch. Yura stand noch immer wie versteinert am Rand der Menschenmenge. Warum nur empfand er keine Freude über das Geschehen? Er müsste doch Luftsprünge darüber machen? Schließlich hatte Jean ihm alles genommen. Er hatte ihn benutzt, verletzt und gedehmütigt. Sogar Otabek hatte er schwer verletzt. Wieso zur Hölle konnte er sich jetzt nicht freuen? Blut rann über die rauen Finger, als der Arbeiter mit Mühe das feste Fleisch vernähte. Die Kugel saß nicht tief unter der Haut, hatte jedoch viel Gewebe zerstört. Nun lag sie verschmiert auf dem Boden neben dem zuckenden Körper. Jeans Brustkorb und Bauchdecke erzitterten bei jedem Stich. Doch würde Otabek zu lange warten, so hätte der Geschäftsmann sein Leben verwirkt. Erschöpft verknotete er die Enden, nahm einen weiteren Teil des Ärmeln und verband die Wunde provisorisch. Zitternd strich er sich den Schweiß von der Stirn. „Otabek!“ Dr. Lees Stimme erklang aus der Ferne. Hoffnungsvoll wandte der Arbeiter sich um und sah den Arzt mit seinem Koffer und zwei Helfern auf ihn zueilen. „Ein Glück! Du bist ein Held!“, rief der Schwarzhaarige aus und kniete sich zu ihm. „Den Rest übernehmen wir!“ Schwankend erhob der Arbeiter sich und war froh, dass Victor und Chris ihm eine Stütze waren. Sorgenvoll hielt er nach Yura Ausschau, doch er konnte ihn nirgends entdecken. „Yura... Wo ist Yura?“ Hastig riss er sich los, doch der Schwindel zwang ihn wieder in Chris Arme. „Mein Sohn, die brauchst Ruhe!“ Der Priester schien ernsthaft besorgt zu sein. „Keine Sorge, wir finden Yura!“, versprach Victor und schnappte sich eilig seinen Partner. Yura wusste genau, dass es falsch war. Er wusste genau, dass er dafür in die Hölle kommen würde. Vom Waisenhaus gab es einen kleinen Gang in den oberen Krankenflügel. Yura hatte beobachtet, wie sie Jean dorthin gebracht hatten. Den Gesprächen nach war sein Zustand noch nicht stabil, aber sie waren guten Mutes. So ließen sie den Geschäftsmann zur Nachtruhe alleine, denn er sollte erst einmal zu Kräften kommen. Lautlos schlich der Junge an den Türen vorbei zu dem schwach erleuchteten Zimmer. Dort war niemand außer Jean, der verschwitzt und mit noch blutigem Hemd auf dem kargen Bett lag. Langsam näherte Yura sich, betrachtete den bebenden Körper minutenlang. Dann fiel ihm die Schere auf der Ablage auf, die vermutlich für neue Verbände gedacht war. Würde er jetzt diese Fäden zerschneiden, dann... wäre er frei. Endlich frei von allem! Er würde wieder lachen können, die Schmerzen wären vergessen und er könnte endlich wieder sprechen. Diese Gedanken rasten durch seinen Kopf. Er könnte endlich nur ganz an Otabeks Seite sein. Entschlossen griff er nach der kleinen Schere, die unheilvoll im Kerzenlicht schimmerte. Nur ein paar Fäden. Keiner würde etwas merken. Er würde sich von allem befreien. Leicht kratzend öffnete sich das Scherenblatt, während Yura das Hemd langsam zur Seite schob. Nur ein paar Fäden. Was hielt ihn nur zurück? Es war ganz einfach. Nur ein paar Fäden. Er atmete tief ein und setzte die Schere an. Nur ein paar Fäden. Klirrend ging die Schere zu Boden. Yuras Augen füllten sich mit Tränen. Er konnte es einfach nicht. Sein Herz klopfte schmerzhaft gegen die Brust und die heißen Tropfen rannen seine Wangen hinunter. Nein, er konnte es einfach nicht. Eiligen Schrittes floh er duch die leeren Korridore in die kalte Nacht hinaus. Otabek kippte den Gin gleich aus der Flasche seine Kehle hinunter. Angeekelt verzog er das Gesicht. Chris saß neben ihm am kleinen Tisch im hinteren Kirchenzimmer und tätschelte seine Schulter. „Mein Sohn, dich schickt der Himmel. Dem ärgsten Feinde magst du noch das Leben schenken. Wahrlich, ein Held, das bist du!“ Doch Otabek wollte von all dem nichts hören. „Ich will nicht so genannt werden! Mein Herz ist schrecklich schwer. Der Abend sollte doch etwas ganz anderes hervorbringen. Ich...“ Er zögerte merklich. „Ich wollte doch um Yuras Hand anhalten!“ Noch immer zittrig zog der Arbeiter ein kleines Kästchen aus der Hosentasche und reichte es dem Priester. Dieser warf einen verstohlenen Blick hinein. „HALLELUJA!“ Doch Otabek seufzte nur laut. „Das kann ich jetzt wohl vergessen. Wohin er nur wieder verschwunden ist! Ich verstehe es nicht!“ Otabeks Worte entlockten dem Priester ein warmes Lächeln. „Mein Kind, alles im Leben hat seinen Verlauf. Nenn es Schicksal, nenn es Gottes Fügung. Aber glaube mir, eure Herzen finden sich. Sie sind einander zugehörig und nichts wird es trennen.“ Noch immer schaute der Arbeiter ungläubig, doch womöglich hatte der Blonde recht. „Ich werde jetzt nach Hause gehen und hoffen, dass Yura dort ist. Ich danke euch für eure Worte.“ Und tatsächlich, in der kleinen Wohnung lag zusammengerollt auf der Pritsche ein kleines Knäuel mit blondem Haar, eingekuschelt in die rauen Wolldecken. Erleichtert seufzte der Dunkelhaarige, zog sich das ohnehin zerrissene Hemd aus und kuschelte sich zu seinem Liebsten. Ja, alles hatte seine Zeit. Daran dachte er noch beim Einschlafen. (Yuras Traum) //Warum hast du es nicht getan?! Ich konnte nicht! Du bist feige! Du hättest alles ungeschehen machen können! Ich habe es versucht, wirklich! Nichts hast du, du Taugenichts! Du dummes Gör! Lass mich in Ruhe! Geh weg! Weißt du was? Du liebst ihn! NEIN! Du begehrst ihn! Niemals! Ich liebe nur Otabek! Lass mich in Ruhe! Dann tu es! Geh... geeeeeeehhh! Nein! Ich werde das nicht tun! Ich kann alleine einen Ausweg finden! Nichts kannst du! Du bist schwach ohne ihn, hilflos, ein Welpe, mehr nicht! Warum sagst du all diese Dinge? Ich bin deine Begierde, Yura. Ich kenne dich in deinem tiefsten Inneren. Du lügst! Lass mich in Ruhe! OTABEK! Schrei, wenn du es kannst, aber du wirst daran ersticken! Du bist alleine.// Yura schreckte schweißgebadet auf und japste nach Luft. Ängstlich griff er sich an sein Herz, das unnatürlich schnell pochte. Neben ihm war auch Otabek erwacht und sah ihn sorgenvoll an. Doch ohne etwas zu sagen, zog er den Blonden fest an sich, versiegelte seinen Lippen sehnsüchtig mit den eigenen und hielt ihn einfach nur fest. Yuras Körper entspannte sich, er ließ sich in den Kuss fallen und schließlich wusste er, was er wollte. //Weißt du was? Du hast mir nichts zu sagen. Du bist nicht das, was ich mir wünsche. Du bist das letzte bisschen Verbitterung in meinem Herzen. Aber du hast keine Kraft. Ich gebe dir keine! Mein Herz heilt. Es wird wieder so werden, wie es einmal war. Und nichts und niemand wird das ändern. Wenn ich Flügel hätte, ich flöge zur Sonne, auch wenn ich verbrennen würde. Ich will in das Licht! Nichts in mir verlangt nach dieser Dunkelheit. Mein Leben beginnt jetzt. Hier. Sofort.// „Otabek...Halt mich!“ Yuras Worte zerschnittend die Stille. Seine Stimme klang unwirklich, aber sie war ganz sicher real. Völlig perplex schaute der Arbeiter ihn mit großen Augen an. Hatte Yura gerade gesprochen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)