2nd Season: Russian Diaries von Flokati ================================================================================ Kapitel 10: Croissant, Baguette, Eiffeltürm – Bienvenue à Paris! (with love) ---------------------------------------------------------------------------- Der anfängliche Enthusiasmus darüber, dass Viktor, Yurio und ich in unterschiedlichen Vorentscheiden antreten, schlägt etwa eine Woche vor dem Beginn des Skate Canada rasant in kalte Ernüchterung und puren Stress bezüglich der Organisation von Flügen und Training um. Besonders Yakov mokiert sich darüber, dass für Viktor an zwei Wochenenden das Training aufgrund seiner Trainerverpflichtungen mir gegenüber ausfallen muss und so werden die Trainingspläne neu angepasst, damit Viktor unterm Strich noch auf eine ähnliche Anzahl Trainingsstunden kommt. Für uns privat hat das den großen Nachteil, dass Viktor und ich kaum noch Zeit außerhalb der Eishalle zusammen verbringen können und ich die Abende meist mit Makkachin alleine bin. Wenn Viktor schließlich vom Training oder anderen Terminen nach Hause kommt, reicht die Zeit für ihn nur noch, um etwas zu essen, zu baden und danach direkt ins Bett zu fallen. Oft sitze ich mit ihm im Badezimmer und massiere ihm den Rücken oder die Beine, um die Muskeln zu lockern. Diese halbe Stunde ist derzeit die einzige, gemeinsame Zeit, die wir als Paar verbringen können und unter dem Aspekt gesehen, kann ich es gar nicht erwarten, bis die Saison vorbei ist. Mir fehlt Viktors Nähe und Aufmerksamkeit und ich weiß, dass es ihm nicht anders geht. Aber wir haben uns das so ausgesucht und jetzt müssen wir da durch. Die Vorentscheide zum Grand Prix beginnen ab dem 20. Oktober in Québéc, Kanada. Es ist gleichzeitig der mein erster Wettkampf und wir fliegen über den großen Teich. Yurio kann es auch kaum noch abwarten, bis er zu seinem ersten Wettkampf, dem Skate America, starten kann. Otabek wird dort ebenfalls antreten und seit der Kasache in den Sommerferien hier in St. Petersburg zu Besuch war, macht Yurio Georgi in Sachen Handykommunikation eindeutig Konkurrenz. Zuvor aber wird mir Otabek in Kanada begegnen, von wo aus er direkt nach Amerika weiterfliegen und innerhalb von zehn Tagen mit seinen Vorentscheiden fertig sein wird. Neben Otabek kenne ich nur noch Jean-Jacques Leroy unter den Läufern im Skate Canada und Viktor schätzt, dass wir drei die ersten Plätze unter uns ausmachen werden. Am 22. Oktober bewahrheitet sich Viktors Einschätzung auch und ich kann den zweiten Platz vor Otabek belegen; Gold geht im Heimspiel wie erwartet an JJ. Bei unserer Rückkehr nach St. Petersburg sitzen Yurio und Georgi bereits auf gepackten Koffern und sind nur einen Tag später mit Yakov und Lilia nach Amerika unterwegs. Für Yurio geht es von Amerika in Begleitung von Lilia direkt weiter nach China; Yakov kommt mit Georgi wieder zurück nach Russland, um dessen und vor allem Viktors Training weiter voranzutreiben. Anfang November nach dem Cup of China kann das russische Team zum ersten Mal jubeln, denn Yurio qualifiziert sich mit Gold in beiden Vorentscheiden für das Finale. Er steht damit offiziell als erster Finalist im Grand Prix fest. Nur eine Woche später gewinnt Viktor den vierten Vorentscheid unter den Begeisterungstürmen meiner Landsleute in Sapporo. Über den zweiten Rang freut sich (oder auch nicht) Seung-Gil Lee. Damit ist auch der Koreaner in Reichweite eines festen Tickets fürs Finale gekommen, sollte er im letzten Wettkampf in Russland ebenfalls den zweiten Platz belegen können. Zu Viktors Enttäuschung liegt Sapporo leider nicht in Reichweite von Hasetsu, sodass wir Japan ohne einen Besuch bei meiner Familie wieder verlassen müssen. Aber eine Schüssel Katsudon muss sein. Allerdings nur für Sieger, sagt er. Also nicht für mich. Dieser Arschkeks. Während Yurio also schon für das Finale trainiert und Viktor noch nicht mal in die Verlegenheit von Nervosität gekommen ist, steigt bei mir die Anspannung um ein Vielfaches, denn der nächste Vorentscheid ist die Trophée de France. Die Presse hatte nach den Auslosungen mit „Vorfinale“ getitelt, mittlerweile spricht sie aber vom „Hexenkessel in Paris“, um die Dramatik zu steigern, denn es ist kaum möglich, eine Prognose über das Ergebnis des fünften Vorentscheids zu treffen. JJ hat vor mir in Kanada gewonnen; der letztjährige Sieger in Frankreich hieß allerdings Christophe Giacometti. Chris habe ich wiederum letztes Jahr sowohl in Peking als auch in Barcelona überboten, aber seine Motivation ist diese Saison wesentlich höher als im letzten Jahr. Er ist fest entschlossen, Viktor im Finale gegenüberzutreten und auch JJ will es sich nicht nehmen lassen, im direkten Duell endlich die Krone für sich zu erobern. Ebenso will ich die Chance nicht verpassen, das Finale als einzig möglichen, gemeinsamen Wettkampf mit Viktor bestreiten zu können. Und dennoch wird sich einer von uns drei von seinem Wunsch, Viktor im Finale zu begegnen, an diesem Wochenende in Paris verabschieden müssen. Nur die ersten beiden Plätze sichern sich den Startplatz im Finale. Viktor sagt es zwar nicht, aber auch er ist in Gedanken ständig bei den Ergebnissen. Wir sind jedes erdenkliche Szenario schon unzählige Male durchgegangen, aber gebracht hat es nichts, außer uns wieder zu der Erkenntnis zu bringen, dass ich einfach gewinnen sollte. Viktor weiß auch, dass wenn ich nur Dritter werde, die Möglichkeit besteht, dass kein Geringerer als er selbst mich mit einem Sieg im Rostelecom Cup aus den Finalplatzierungen wirft. Ich hatte es mir irgendwie fröhlicher vorgestellt, wenn Viktor ein aktiver Teil der letztjährigen Gruppe werden würde, aber je weiter es voranschreitet, desto mehr bekomme ich den Eindruck, dass er nur der Gejagte ist, den einfach alle übertreffen wollen. Dass Viktor durch die Auslosungen in den Vorentscheiden auf keinen seiner ernsthaften Verfolger trifft, macht es nur noch schlimmer. Die Verbissenheit ist allgegenwärtig und von dem Teamgefühl der letzten Saison ist wenig zu spüren, was mich zusätzlich zu dem ganzen Trubel um Viktors Person noch betroffener macht. Um all den Gedanken und Sorgen wenigstens für einen Tag zu entkommen, planen Viktor und ich, bereits am Mittwochnachmittag vor dem Wettkampf in Paris anzureisen. Viktor hat so von der Stadt an der Seine geschwärmt, dass wir schon kurz nach den Auslosungen beschlossen hatten, wie in Barcelona einen Tag lang die Stadt zu besichtigen. Nach den letzten Wochen ohne wirkliche Zeit füreinander ist dieser eine Tag wie ein Lichtblick für uns. Da ich selbst noch nie in Paris war, blättern wir einen Tag vor Abreise zusammen durch einen Reiseführer, aber allein durch die Bilder wird mir klar, dass Paris viel zu viel zu bieten hat, als dass ein Tag ausreichen würde, alles zu sehen. Auf einen Besuch des Eiffelturms können wir uns schnell einigen und ich hätte gerne das Schloss in Versailles gesehen, aber Viktor meint, es läge zu weit außerhalb. Stattdessen schlägt er mir den Louvre vor, von wo aus wir bei trockenem Wetter in Richtung der Pont Neuf entlang der Seine spazieren gehen und anschließend Notre Dame besichtigen könnten. Danach noch einen Schlenker durch die Innenstadt an der Champs d'Elysées vorbei und dann wäre der Tag auch gut durchgeplant. Zuviel wäre auch nicht gut, denn schließlich muss ich noch einen Wettkampf bestreiten. Und um uns die Warterei an den Kassen zu ersparen, reservieren wir alle nötigen Eintrittskarten im Voraus im Internet, Viktors Französischkenntnissen sei Dank. Außerdem buchen wir uns ein anderes Hotel als das, in dem wir für den Wettkampf offiziell einchecken müssen und bevor es losgeht, muss ich Viktor noch versprechen, dass wir nicht über das Turnier reden, solange wir privat in Paris sind und im Grunde bin ich für den Vorschlag sogar dankbar. Makkachin geben wir am frühen Mittwochmittag bei Jelena ab und fahren von ihrer Schneiderei aus mit dem Taxi zum Flughafen. Den Flughafen Pulkovo kenne ich inzwischen auch schon in- und auswendig, so oft sind wir in dieser Saison von dort gestartet und wieder gelandet. In Paris am Flughafen Charles-de-Gaulle dagegen ist alles neu und ich muss mich tummeln, Schritt mit Viktor zu halten, weil ich viel zu abgelenkt bin, um ihm hinterher zu kommen. Als er bemerkt, dass mir ständig etwas anderes ins Auge springt, muss er lachen und macht langsamer. Er findet es süß, dass ich von bloßen Croissants und Baguettes so fasziniert sein kann, aber da muss er gerade Reden schwingen...! Das nächste Mal filme ich ihn heimlich, wenn er in Japan irgendwas entdeckt, das er noch nicht kennt. So wie andere Sorten Kitkat letzten Smmer. Grüner Tee. Normaler Tee. Dunkle Schokolade. Himbeer. Erdbeer. Melone. Minze. Käsekuchen. Anko. Sake. Wasabi. Keine Ahnung, wie viele Sorten wir schlussendlich beisammen hatten... An der Hotelrezeption werde ich dann zum ersten Mal Zeuge, Viktor richtig Französisch sprechen zu hören. Ich kann kaum einen Unterschied zwischen seinem Französisch und dem der Rezeptionistin ausmachen. Für mich ist es immer wieder beeindruckend, wie manche Leute von einer Sprache in die andere wechseln können, ohne darüber nachdenken zu müssen. Zuhause kann Viktor mit Jelena auf Russisch telefonieren, gleichzeitig einen Post für Instagram auf Englisch tippen, und mir noch kurze Antworten auf Japanisch durch die Wohnung rufen. Und jetzt noch Französisch. Puh. Nach dem Check-in im Hotel ist es bereits spät und dunkel. Weil wir aber nicht herumsitzen wollen, beschließen wir, zum Montmartre zu gehen, um von dort aus einen Blick über Paris bei Nacht zu genießen. Sacré Cœur thront hell erleuchtet und majestätisch auf dem Hügel und bietet uns ein wirklich beeindruckendes Bild. Die Stufen nach oben haben es zwar ganz schön in sich, aber die Mühe lohnt. Der Ausblick über die Lichter der Stadt ist fantastisch. Es bläst uns ein frischer Wind um die Nase, als wir an der Brüstung stehen und über die Stadt blicken. In der Ferne sehen wir den Eiffelturm. Nach einer Weile beginnt Viktor zu lachen. „Das letzte Mal als wir so einen Ausblick zusammen hatten, saßen wir nackt auf einer Mauer.“ „Ja...“, antworte ich etwas verlegen. „Ich danke dir.“ „Eh? Wofür?“ „Dass du zu mir gekommen bist.“ Viktor hat den Blick auf seine Arme gesenkt, mit denen er sich auf der Brüstung abstützt. Dann lächelt liebevoll zu mir herüber. „Du hättest mich einfach da oben sitzen lassen und gehen können. Ich habe mich nie wirklich dafür bedankt.“ „Du bist ganz schön sentimental heute, Viktor“, necke ich ihn ein bisschen. „Ich bin nervös. Du nicht?“ „Doch“, sage ich, greife um seinen Arm und lege meinen Kopf an seine Schulter. „Für immer an deiner Seite, hast du vergessen?“ „Nein...“ Es ist wirklich lange her, dass wir einen Tag nur für uns gehabt haben, zu zweit, ohne Training, ohne Makkachin oder Yurio. Vielleicht ist es auch das Feeling von Paris, aber es tut unglaublich gut, Viktors Aufmerksamkeit für mich und nur für mich alleine zu haben. Einfach nur ein verliebtes Paar zu sein, dem die Welt egal sein kann, solange man zusammen ist. Viktor scheint das Gleiche zu empfinden, denn seit wir in Richtung der Île de France schlendern, strahlt er wieder diese kindliche Zufriedenheit aus, die mir sagt, dass er glücklicher nicht sein könnte und ich lasse mich gerne davon mitreißen. Als wir uns vor Notre Dame in die Schlange nach drinnen einreihen, kommt er ins Plaudern und erzählt mir allerlei Dinge, die er erlebt hat, als er in der Vergangenheit Paris für Wettkämpfe besucht hat. Wenn Chris ebenfalls angetreten ist, hat Viktor seine wenige Freizeit oft mit ihm zusammen verbracht. Die Beiden sind nicht nur einmal Yakov und Chris' Trainer Gérard ausgebüxt und erst spät in der Nacht wieder zurückgekommen, um just bei ihrer Ankunft den entsprechenden Rüffel zu kassieren. Gérard hat Viktor nicht selten beschuldigt, ein fürchterlicher Unruhestifter zu sein, aber er habe es ihm nie übel genommen; wahrscheinlich weil Chris es wiederum Gérard übel genommen hätte, wenn Viktor zu viel Schelte bekommen hätte (und Yakov wird seinen Teil auch beigetragen haben). Ich höre gerne zu, wenn Viktor mich an seiner Vergangenheit abseits der Wettkampfberichterstattungen teilhaben lässt und ich nicht alles aus Jelenas Mund erfahren muss. Es zeigt mir, dass er mir vertraut und sich bei mir sicher fühlt. Als wir die Kathedrale betreten, beschleicht mich für einen kurzen Moment der Gedanke, ob Chris auch einmal in Viktor verliebt war und es zieht in meiner Brust. Prompt folgt der Gedanke an Michal. Für mich ist er immer noch Gespenst ohne Gesicht, von dem nur sein Name existiert und die Gewissheit, dass er der Erste war, den Viktor geliebt hat. Ich seufze und bin gleichzeitig sauer auf mich. Viktor und ich haben gerade ein Date in der Stadt der Liebe. Warum denke ich an sowas? Michal ist Vergangenheit und das weiß ich... Aber ich vermute, es ist der Umstand, dass wir gerade ein Date haben und weil die Zeit mit Viktor als Paar in letzter Zeit wirklich rar geworden ist, dass ich ihn gerade überhaupt nicht teilen will. Auch nicht in Gedanken. Und erst recht nicht mit seinem Ex-Freund. Am Abend falle ich müde, aber zufrieden in unser Hotelbett. Wir haben alles gesehen, was wir uns vorgenommen hatten. Notre Dame war irgendwie kleiner, als ich gedacht hatte, aber dafür bin ich vom Louvre positiv überrascht. Viktor hat nicht zu viel versprochen, was die Ausstellungsstücke angeht; aber auch die Prunkgemächer von Napoleon III. und die Glaspyramide am Eingang waren nicht minder beeindruckend und sind einer ehemaligen Kaiserresidenz würdig. Und dass wir die Tickets schon vorab hatten, war genial. Kein Anstehen, einfach durch. Yay! Am Eiffelturm, der durch die graue Farbe viel massiver und schwerer wirkt wie der Tokyo Tower, haben wir, wie so ziemlich alle Touristen, erst einmal Fotos von uns mit dem Turm im Hintergrund gemacht. Ein paar normale Selfies, um sie an meine Eltern und Jelena weiterzuschicken, ein paar Dämliche, auf denen wir herumalbern und von denen wir direkt eines an Yurio gesendet haben („Vive la France!“, zurück kam „Scheiß' die Wand an, ihr nervt!“) und ein paar Vertrautere für uns beide. Auf der anderen Seite der Seine sind wir auf dem Place de Trocadéro die Treppen zu einer Aussichtsterrasse hinauf gegangen, um von dort einen noch besseren Blick über das Areal des Eiffelturms zu haben. Viktor hat uns in einem nahegelegenen Café zwei Milchkaffee und Petit pain au chocolat gekauft, die wir auf der Hand gegessen und einfach nur den Menschen und ihrem Treiben um uns herum zugesehen haben. Mit der Métro ging es wieder zurück ins Stadtzentrum, um zu bummeln. Wir haben in einer Seitenstraße ein kleines schwarz-weißes Kätzchen getroffen, das sich von mir hat auf den Arm nehmen und schmusen lassen (und nochmal ein Bild an Yurio, diesmal von meinem Handy aus; „Vive le chat!“; darauf nur ein „Katsudon mit Katzedon, wtf“). Nach unserer Bummeltour haben wir nur noch ein Restaurant zum Abendessen gesucht. Die Auswahl an Landesküchen in Paris war aufgrund der Internationalität der Stadt riesig und trotzdem sind wir letzten Endes beim Japaner gelandet, weil wir beide die japanische Küche mögen und uns ausnahmsweise nicht nach irgendwelchen Überraschungen war. Der Besitzer des Restaurants hat Viktor und mich sogar erkannt und uns zum Nachtisch Mochi serviert, damit ich übermorgen beim Vorentscheid Glück habe und mein Bestes geben kann. Danach sind wir satt und zufrieden ins Hotel zurück gekehrt. Viktor duscht gerade und ich höre entspannt dem Geplätscher von Wasser aus dem Badezimmer zu. Es war alles in allem einfach ein wundervoller Tag und ich fühle mich so frei wie schon lange nicht mehr. Am Bettende stehen fein säuberlich unsere Einkäufe des heutigen Tages. Mein Anteil besteht hauptsächlich aus Mitbringsel für meine Familie, sowie einer Packung Baisers und Macarons, die ich auf Empfehlung von Minako-sensei bei Ladurée gekauft habe. Viktor dagegen hat nur ein Souvenir für Jelena gekauft; einen Anhänger für ein Pandora-Armband, das er ihr vor sechs Jahren als Dank für ihre Unterstützung geschenkt hat und das seither jedes Jahr um einen Anhänger reicher wird. Wenn es das Armband ist, das Jelena immer trägt, ist die Geste doppelt schön und es macht mich glücklich, dass sie und Viktor einem echten Mutter-Sohn-Verhältnis in absolut nichts nachstehen. Und damit ist der Inhalt von drei unserer sechs Tüten erklärt und der Rest gehört meinem lieben Vitya. Zu seiner Verteidigung muss ich wirklich sagen, dass er nicht oft für sich selbst einkaufen geht. Außerdem weiß ich inzwischen auch, wie es auf seinem Konto aussieht (oh Gott, ich weiß es wirklich...) und dass ihn das, was da vor mir steht, nicht zu interessieren braucht. Und der Pullover, den er sich gekauft hat, ist wirklich toll. Kaschmir, hält mollig warm und sieht trotzdem modern und stylish aus. Ich habe nur meine Bedenken, dass er nicht lange so bleibt, denn spätestens wenn Makkachin einmal drüber ist, hat sich das mit der feinen Wolle wahrscheinlich. Ich drehe mich auf die Seite zur Bettkante hin und betrachte meine Hand. Morgen wechseln wir das Hotel; am Abend gibt es ein erstes, freies Training. Und dann geht es los... Der Tag heute war so schön und Viktor sah so glücklich aus... Er hat es wirklich genossen, hat viel gelacht. Es ist wieder dieser feine Unterschied, den nur die sehen können, die er nah genug an sich heranlässt... sein echtes Lachen. Seit die Wettkämpfe angefangen haben, sehe ich dieses Lachen nur noch selten. Er hat zu viel um die Ohren. Das Training, die Termine, die Turniere... Ich hätte nicht gedacht, dass sich der Unterschied so schnell und so stark bemerkbar machen würde. Es stimmt mich in diesem Moment trauriger als dass ich mich darüber freue, dass wir diese Saison gemeinsam erleben. Wenn ich übermorgen aus dem Turnier ausscheide, wozu dann die ganze Mühe? Ich muss mindestens Zweiter werden, ein dritter Platz reicht nicht. Der dritte Platz reicht nur dann sicher, wenn Seung-Gil schlechter als Zweiter im Rostelecom Cup abschneidet und ich Otabeks Gesamtbestleistung bei diesem Grand Prix überbiete. Das ist nicht unmöglich, aber zu unsicher, um darauf zu bauen. Besser wären zwei fehlerfreie Performances und ein erster oder zweiter Platz morgen... „Yuuri...“, schnurrt es hinter mir und ein warmer, noch leicht feuchter Körper schmiegt sich an meinen Rücken. Die nassen Haare kitzeln meinen Nacken, als Viktor einen Kuss in meinen Nacken setzt. „Du grübelst schon wieder. Das wollten wir doch für heute sein lassen.“ Wenn das so einfach wäre... Viktor streichelt mir zärtlich über die Wange und zieht mir vorsichtig die Brille von der Nase. „Yuuri... ich will mit dir schlafen“, raunt er mir ins Ohr und ein wohliger Schauer durchfährt mich. Ich rolle zurück auf den Rücken, um ihm in sein schönes Gesicht schauen zu können. Da ist es wieder, dieses ehrliche Strahlen in den blauen Augen, das ich so sehr an ihm liebe. Und ich sehe auch, wie die Lust leise darin glitzert. Viktor beugt sich zu mir und gibt mir einen Kuss. „Mhm, Viktor?“ „Ja?“ „Sollten wir es heute nicht etwas anders machen als sonst?“ Er schaut mich verwirrt an. „Schau mal, du bist schon nackt, ich noch nicht und diese Nacht ist nur für uns“, beginne ich und meine Mundwinkel formen ein vielversprechendes Grinsen. „Was wäre da die beste Lösung?“ Innerlich muss ich noch mehr grinsen. Überrasche ich ihn damit gerade wirklich? Er blickt mich weiter mit großen Augen ungläubig an. Ich richte mich auf und drehe Viktor auf den Rücken. „Mach's dir bequem, Vitya. Und schau mir gut zu.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)