The Splintered Truth von Meilenstein ================================================================================ Kapitel 77: Die Randmission VII --- In Freiheit! ------------------------------------------------ [Maike] Tagein, tagaus lernen und lernen. Nichts anderes hatte das Mädchen getan, als nur zu lernen und zu üben. Maike wurde von Privatlehrern ausgebildet, sodass sie bald einen guten Abschluss machen konnte. Zwar fehlt ihr noch mindestens ein Jahr, aber auch dies war nur eine Frage der Zeit. Außerdem bestanden ihre Nachmittage daraus, dass das begabte Mädchen mit anderen ausgezeichneten talentierten Leuten musizieren musste. Jedoch war das nie ihr wirklicher Spaß gewesen. Für Maike war das alles erzwungen. Die Aufgabe, die sie von ihren Eltern bekommen hatte. Ihre Mutter hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen und ihren Vater auch nicht wirklich. Ihre Lieblingsbeschäftigung dagegen war die Gartenarbeit und der Kampfsport. Zumindest zum Teil, vor allem der Bereich, der sie wie eine starke Kämpferin aussehen ließ. Ihr Vater hatte mitbekommen, dass ihre Tochter den Selbstverteidigungskurs erweitert hatte. Maike wollte unbedingt noch ein wenig Karate lernen. Dies fand er überhaupt nicht lustig und so wurde sie zum Anwesen im lila Gebirge verbannt. Niemand sollte erfahren, dass die Tochter der Harmonyas eine kämpferische Natur war. Es war nicht gut für das Image. Offiziell war es keine Verbannung, aber jedes Familienmitglied wusste genau, was eine Abschiebung in ein Nebenanwesen bedeutete. Eine ganze lange Zeit allein zu sein. Nur Bedienstete waren da. ○ Maike hatte zwar keine Schwestern, dafür eine Vielzahl von Brüdern und etliche Cousin und Cousinen. Sie war somit nur eine kleine Nummer. Ein kleines Zahnrädchen. Zu gern hätte sie so viel erlebt, aber das Mädchen glaubte, dass sie wohl für den Rest ihres Lebens hier oben verbringen musste. Zumindest waren die Bedienstete nett. Der alte Butler, der dicke Koch, der schräge Gärtner oder die talentierten Kampfsportler Hausmädchen, die auch zeitgleich für ihren Schutz zuständig waren. Ironischerweise waren genau alle Hausmädchen auf einer Fortbildung, als Maike auf die Blumenwiese wollte, um ihre Lieblingsblumen zu pflücken. Das genau heute so etwas aufregendes und interessantes passieren würde, das hätte sich das Mädchen nicht erträumen können. Maike hatte das kleine sehr kurze Abenteuer sehr gefreut. Es war wesentlich spannender, als alle Abenteuerromane zusammen, die das Mädchen bisher gelesen hatte. Und es waren einige. Aber nun war das Abenteuer zu Ende und mit großer Sicherheit würde sie wieder für eine Weile im Anwesen herumsitzen und lesen dürfen. Wenn ihr Vater davon erfuhr, dann würde die Hölle wieder auf Erden wandeln. Eigentlich hatte sie Angst davor. Sollte das Mädchen deswegen wieder bestraft werden, dann würde es mit großer Sicherheit weiter schrecklich langweilig werden. ○ „Ist das ein Schwert an seiner Hüfte? Ein richtiges Schwert?“, überlegte das Mädchen. Sie starrte den Schaft der Schwerthülle an, daraufhin starrte sie den Schwerträger an. Nach einer Weile wurde der Junge rot. War es ihm unangenehm? Sie schien es gar nicht wirklich zu bemerken. Ihre Gedanken waren woanders. Maike stellte sich vor, wie es sein würde, mit einem Schwert herumzufuchteln. Abenteuer zu erleben. Freunde zu finden und gegen Bösewichte zu kämpfen. „Miss Harmonya.“, unterbrach der Butler ihre Gedanken. „Ich bitte sie, dass die ehrenwerte Dame wieder in das Anwesen geht. Wir wissen nicht, ob sich diese Rüpel noch in der Nähe befinden. Wir dürfen sie in einer Gefahr lassen. Der Herr der Hauses wäre extrem bestürzt.“, erklärte der ältere Mann. Er machte dabei eine höfliche Geste, aber sein Blick blieb streng und undurchschaubar. „Jahmal, ich schätze ihre Vorsicht, aber würde mein Vater sich um mein Wohlergehen interessieren, dann hätte er mich nicht hierher gebracht.“, der Blick des Butlers verfinsterte sich, als hätte er genau dies nicht hören wollen. Er schnaubte verärgert. „Ehrenwerte Dame!“, wurde er lauter: „Es ist zwar ihr Vater, aber solche Töne sind einer eleganten Dame, wie sie es sind, nicht würdig. Ich bitte sie ihre Denkweise nochmal zu überschauen. Ihr Vater würde niemals so rücksichtslos handeln. Sie sind hier, weil sie hier in der besten Umgebung ihre Fertigkeiten verfeinern können. Sie machen übrigens erstaunlich gute Fortschritte. Bald wären sie soweit...........“, wollte der ältere Mann erklären, aber Maike meinte plötzlich: „Momentan möchte ich noch ein wenig die frische Luft genießen. Ich werde schon nicht so unvorsichtig sein. Aber jetzt möchte ich mich mit meinem neuen Gast unterhalten, das ist mein Recht, Jahmal. Ich bitte, dass sie uns für einen Moment alleine lassen.“, erklärte das Mädchen mit höflicher Stimme. Der Butler verbeugte sich leicht: „Wie sie wünschen, aber bitte tun sie dies auf der Bank dort drüben. So kann ich dem Herr wenigstens eine kleine Sicherheit seiner Tochter garantieren.“, erklärte der ältere Mann. Es wirkte schon zum Teil paradox, wenn der höfliche ältere Mann mit so einer gefährlichen Waffe umherlief und dabei mit strengen Blicken alle umstehenden Leute bestrafte, jedoch freundlich blieb, wenn man ihm widersprach. Jahmal konnte nett sein, aber er ging seiner Arbeit einfach zu streng nach. Die anderen Bediensteten waren nicht so streng, zumindest nicht mit ihr. Der Butler wandte sich ab und mit langsamen bzw. zögerlichen Schritten lief er zur Villa hinauf. Maike sah ihm kurz nach, dann bot sie dem Jungen an, der sich als Max vorgestellt hatte, dass dieser sich gern auf die weiße Bank im Vorgarten setzen durfte. Das Mädchen würde den restlichen Bediensteten, die sich scheinbar im Vorgarten mehr oder weniger tarnten, weil man ja doch die ehrenwerte Dame mit einem Fremden nicht alleine lassen wollte, befahlen einen Tee aufzusetzen. Zugleich tauchte ein junge gutaussehende Frau in der Kleidung einer weiblichen Dienerin auf und sie verbeugte sich vor Maike. Violina gehörte ebenfalls zu den fleißigsten Dienerinnen des Hauses. Sie trug heute ihr hüftlanges Haar offen und mit einem freundlichen Lächeln stimmte sie dem Mädchen zu, aber Max lehnte höflich ab, er meinte, dass er zurzeit keinen Durst hätte. Maike akzeptierte die Antwort und sie würde höflicherweise ebenfalls keinen trinken. So ging Violina zurück, ohne einen Auftrag erhalten zu haben. ○ Nach ein paar Minuten des schweigsamen Sitzens an dem weißen Gartentisch in der ruhigen Atmosphäre des gepflegten Vorgartens, zeigte Maike mit leichtem Zittern vor Nervosität auf das Schwert des Jungen: „Was........ was...... was für ein.........“, der Junge schaute sie zunächst verwundert an. „Warum bin ich so nervös? Es ist doch nur Gast, oder?“ „Was............. für ein tolles Schwert.“, meinte Maike. „Katana.“, korrigierte Max, aber daraufhin meinte er sofort: „Ah ja, aber ich darf es nicht benutzen, weil es versiegelt ist. Erst wenn ich alt genug bin, deswegen trage ich es zurzeit nur als Zierde. Es war ein Geschenk.“, erklärte der schwarzhaarige Junge mit einem leichten Lächeln im Gesicht. „Es muss trotzdem ein tolles Gefühl sein, wenn man mit einem Schwert herumrennen darf.“, dachte Maike. Sie stellte sich immer noch vor mit einem Schwert gegen Monster zu kämpfen. „Dürfte ich auch eine Frage stellen?“, fragte Max. „Aber natürlich!“, meinte Maike neugierig. „Du hast da ein Elementkristall bei dir? Ich.................“, meinte der Junge und er griff in seine Tasche. Er holte ein bläulichen Kristall heraus. „Er hat auch so einen Kristall!“, dachte Maike überrascht. „Und ich dachte, dass so etwas sehr selten ist.“, sie lächelte zufrieden. „Schön, dass ich nicht die einzige bin.“, meinte das Mädchen und der Junge wurde wieder rot im Gesicht. „Es...... es ist.......... es ist ein kleiner Eisvogel. Er heißt Ark.“, erklärte der Junge, daraufhin ließ er den Kristall leuchten und ein kleiner blauer Vogel flog heraus. Der bläuliche Vogel stieg sofort in die Lüfte und mit einem lauten krächzen machte er auf sich aufmerksam. Stolz flog er seine Runden über den Vorgarten. „Woah............ cool!“, meinte Maike überrascht. Zugleich griff sie ebenfalls zu ihrem Kristall und schon beschwor sie erneut den gelblichen Vogel, welcher ein ganzes Stück größer war, als sein bläulicher Kollegen, wenn sie im Vergleich nebeneinander flogen. Dass die Schwalbe größer war, passte dem bläulichen Vogel gar nicht. Sichtlich versuchte er sich groß zu machen, aber der gelbliche Vogel schien das nicht zu interessieren. Friedlich landete er auf dem Kopf des Mädchen, die dadurch zuerst zusammenzuckte: „Ah Zap! Ich habe dir schon oft gesagt, dass du schwer geworden bist.“, daraufhin hob Maike den Vogel auf den Tisch. Als Antwort krächzte er nur beleidigt. Maike tätschelte seinen Kopf. Es schien der gelblichen Schwalbe zu gefallen. „Du erinnerst dich doch, woher du kommst?“, fragte der Junge plötzlich und Maike sah ihn verwirrt an: „Was? Wie meinst du das?“ Dem Jungen stieg die Verlegenheit weiter bis in die Stirn und Maike schien dadurch nur verwirrter zu sein. „Wie meint er das? Erinnern woher ich komme? Ich verstehe nicht?“ „Ach nichts........, ich habe gerade nur wieder das eine sagen wollen und was anderes gedacht und zusammen ergab es wieder nichts.“, erklärte Max. Er schaute kurz zur Seite. „Ach so.“, verstand Maike. Sie lächelte. „Und woher stammst du?“, fragte das Mädchen mit den purpurfarbenen Haaren: „Keine Ahnung?“, meinte Max. Er kratzte sich am Kopf. „Keine Ahnung? Du weißt nicht woher du stammst? Das ist ja sehr traurig. Ich........“, meinte Maike überrascht. „Ähm.........., nun ja, ich leide an Amnesie und ich wohne deswegen erst seit einiger Zeit bei einer Gilde namens Ranger Guild. Sie lauft Ranger Island, also westlich von Festa.“, der Junge zog sein Armband hervor. Maike hatte es davor noch nicht bemerkt. „Gilde? Eine richtige Gilde!“, meinte Maike mit begeisterter Stimme. „Du erlebst Abenteuer und reist um die Welt? Besiegst Monster und rettest Städte vor dem Untergang?“, fragte sie zugleich. Ihre Augen funkelten vor Begeisterung. Der Junge kratzte sich erneut am Kopf: „So ungefähr.“, meinte er. „Das ist ja mega cool!“, sprach sie lautstark. „Was ist das denn für ein Benehmen, junge Dame?“, hörte man ihren Butler sagen. Der alte Mann kam herbeigelaufen und wieder bestrafte er den Jungen mit skeptischen Blicken. „Entschuldige, Jahmal.“, meinte Maike und senkte betrübt ihren Kopf. Daraufhin wandte sich der ältere Mann dem Jungen zu: „Und für sie wird es langsam Zeit zu gehen. Es wird bald Abend werden und die ehrenwerte Dame muss noch das musizieren üben. Es ist ihre Pflicht.“ Demotiviert senkte Maike ihren Kopf. „Also dann muss er schon wieder gehen?“, fragte sie ihren Butler. Bevor der Butler antwortete, meinte Max: „Ich will nicht weiter stören. Meine Freunde warten bestimmt schon auf mich. Ich sollte mich nicht verspäten.“, erklärte er und der schwarzhaarige Junge stand auf. Er lief zum Gartentor und warf ein weiteres Mal ein Blick zurück. ○ „Ranger Guild!“, rief sie ihm hinterher und der schwarzhaarige Junge nickte. „Dann verspreche ich, dass ich auf jeden Fall diese Gilde besuchen werde!“, erklärte das Mädchen. „Das hat euer Vater zu entscheiden. Sie dürfen ohne seine Erlaubnis nirgends wohin erfahren. Es tut mir sehr Leid dies ihnen sagen zu müssen, aber ich habe meine Vorgaben.“, erklärte Jahmal mit deutlicher Betonung. „Es wird ja auch erst in ein paar Jahren sein.“, murmelte Maike. Sie schaute wieder zu Max. Das Mädchen lächelte erneut. „O.k, dann sehen wir uns vielleicht. Ich wünsche euch auf jeden Fall noch ein schönen Tag.“, erklärte der Junge ebenfalls mit einem Lächeln. „Auf jeden Fall!“, versicherte sie ihm, bevor er rechts um die Mauer verschwand. Nach wenigen Sekunden meinte der Butler: „Wir sollten das Gartentor austauschen und durch ein sicheres ersetzen. Ich werde den Herr des Anwesens nach seiner finanziellen Unterstützung bitten. Es geht hier um die Schutz seiner Tochter.“, erklärte Jahmal. „Ich kann auf mich selbst aufpassen und mein Vater würde niemals Geld in mich investieren, zumindest nicht viel.“, erklärte Maike. Sie wandte sich um und das Mädchen lief allein den Weg hinauf. Es war ein wenig steil zur Villa und auf das musizieren hatte das Mädchen gar keine Lust. Lieber würde sie Abenteuer erleben. In einer Gilde sein. Frei von diesem Zwang hier. Freunde finden und keine Befehle befolgen, zumindest keine solchen. Ein letztes Mal warf sie ein Blick in die Ferne, bevor sie durch die große weiße und veredelte Eingangstüre in die Villa ging. Dem Gefängnis, in dem sie zurzeit wohnte. Die Sonne widmete sich tatsächlich langsam dem Horizont zu. „Ranger Guild.“, der Name ging ihr währenddessen durch den Kopf. Das Mädchen war sich sicher, dass sie nie diesen Namen vergessen wird und ihr Versprechen würde sie auch halten, denn dieses kurze Treffen hatte ein kleines Feuer in ihr entfacht. Sie wollte doch nicht für den Rest ihres Lebens hier bleiben. Irgendwann würde das Mädchen ausbrechen. In ein paar Jahren wird Maike zu dieser Gilde hingehen, auch ohne die Erlaubnis ihres Vaters und dann für immer dortbleiben. In Freiheit! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)