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The Splintered Truth

von

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Verschwunden VIII --- Böses Omen

[Rossya]
 

Die Tasse Kaffee fiel um, der ganze Inhalt verteilte sich auf der Tischdecke und tropfte vom Tisch auf die Steinplatten, die den Boden der Terrasse schmückten.

"Ach herrje, Linda, wie alt bist du denn? Der schöne teure Kaffee. Ich habe ihn erst heute Morgen auf dem Markt gekauft.", beschwerte sich Rossya und zog zugleich einen Lappen herbei.

Mit großen Zügen wischte sie den Kaffee auf, während Linda sich die Tischdecke vornahm.

"Entschuldige, aber ich hatte plötzlich so ein seltsames Gefühl, was ich aber nicht greifen konnte. Ein Schaudern aus dem Nichts.", sie wirkte daraufhin nachdenklich.

Die Forscherin wusch den Lappen am Ausgussbecken in der Nähe aus.

Das Becken war am Hinterhof, an der Rückseite des Gildenhauptquartier montiert worden.

Als Rossya fertig war, kam sie wieder zum kleinen runden Gartentisch und streckte sich, bevor die weißhaarige Dame wieder den Stuhl in Angriff nahm.

Sie saß heute schon eine Weile und die Dame merkte, dass sitzen ihr einfach nicht guttat.

"Mensch, dabei wollte ich mal zur Abwechslung entspannen."

Die beiden Damen hatten sich am späten Nachmittag im Hintergarten des Hauptquartiers gemütlich gemacht.

Die Nachmittagssonne strahlte, ohne Hinderung durch Wolken.

Jeder saß auf einen weißen Stuhl, welcher zum Tisch gerichtet war.

Auf dem kleinen weißen Tisch stand der Kaffee.

Linda war aus irgendwelchen Gründen versehentlich gegen ihre Tasse gestoßen und nun war der ganze Kaffee aus ihrer Tasse auf dem Tisch verteilt gewesen.

Aber was war geschehen?


 

Die Nachmittagssonne strahlte noch eine ordentliche Wärme aus, auch wenn man den kühlen Wind schon deutlicher wahrnahm.

„Ein Schaudern?“, fragte die weißhaarige Dame nach.

Es machte sie neugierig, was das wohl zu bedeuten hatte.

„Klingt fast wie ein schlechtes Omen.“, fügte sie hinzu.

„Ach hör doch auf. Wir wollten uns doch entspannen? Wenigstens einen Tag freinehmen. Gestern haben uns die Bewohner fast die Bude eingerannt. Selbst Engl und Noju musste ich zurückrufen, weil uns die Hände ausgingen. Sieben Aufträge an einem Tag und dann auch noch so lukrative.

Wäre Dr. Drogan nicht so beschäftigt im örtlichen Krankenhaus, hätten wir das vielleicht stemmen können und der neue Stadtrat macht uns auch das Leben schwer. Es ist alles zum Haareraufen, deswegen hatte ich ja beschlossen heute nichts zu tun!“, erklärte die schwarzhaarige Dame.

Sie setzte sich wieder auf dem Stuhl und Linda schloss für einen Moment ihre Augen.

"Entspannen? Linda.........“, fing Rossya an:

„Sieben Aufträge waren bei der alten Gilde nur an schlechten Tagen. Du weißt doch noch wie wir an manchen Tagen..............“, ein trauriger Blick der schwarzhaarigen Gildenmeisterin stockte den Atem der weißhaarigen Forscherin.

„Entschuldige.“, folgte sofort von Rossya.

„Ich vergaß, das es besser wäre, wenn ich die Themen, um die alte Gilde, in Ruhe lassen würde."

„Aber mit dem Entspannen ist es trotzdem nicht so einfach. Immerhin führst du eine Gilde und du hast sie bisher weit gebracht, also immer halb eines Jahres, soweit ich weiß.“, erklärte Rossya.

Sie versuchte ihre Freundin zu motivieren.

„Entspannen ist wichtig, Rossya.“, begann Linda. Erst jetzt schaute sie ihre Freundin an:

„Ich muss noch heute Abend jemand treffen und teilweise wichtige Gespräche führen. Wir treffen uns im bekanntesten Restaurant der Stadt."

"Weggehen?“, begann die weißhaarige Dame interessiert. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen ab:

„Ist ja mal was ganz Neues. Ein Verehrer vielleicht?", fragte Rossya mit leichter schelmischer Stimme.

Linda blickte schmollend ihre Freundin an.

"Und wer ist der Glückliche?", fragte Rossya anschließend.

Die Gildenmeisterin schaute beleidigt zur Seite:

"Denk ja nicht, es wäre ein Verehrer oder so etwas."

"Doch das tu ich.", widersprach Rossya sofort.

"Es ist nichts dergleichen.", widerlegte Linda.

"Als ob. Ich kenne doch den geröteten Blick meiner geliebten Freundin.", Rossya seufzte:

„Es ärgert mich zwar, aber ich bin kein kleines Kind mehr.“

"Nun, es ist nicht von meiner Seite aus. Bei ihm bin ich mir sicher, dass er so vielleicht darüber denkt.", erklärte die schwarzhaarige Gildenmeisterin.

Sie schenkte sich von der silbernen Kanne den Rest in ihre Tasse und bot Rossya noch etwas an, aber sie lehnte ab. Die Dame hatte noch genug.

"Und wer ist es denn?", fragte die Forscherin neugierig.

"Ronin Blackstar.", antwortete sie knapp.

"Der Ronin? Der Ronin?! Der damals fast jede Frau umworben hat und eigentlich mit jeder, die ich so kenne, in der Kiste war? Ist der inzwischen nicht Söldner geworden und macht einfach alles für Geld? Der ist doch Gildenmeister, nicht?", vielleicht klangen ihre Worte abfällig, es war aber nicht im Grunde so gemeint.

"Du brauchst nicht deutlicher werden, ich weiß dass du ihn nicht leiden kannst. Du kannst doch allgemein keine Männer ausstehen.", erklärte Linda.

Es traf die Forscherin schon ein wenig, aber Linda hatte Recht.

Die Forscherin konnte Männer, vor allem den Typen nicht ausstehen, denn er hatte eine verlogene Art gegenüber Frauen und mit dem Geld.

"Der kann bleiben wo er jetzt ist, wieso triffst du dich bitte mit so etwas?", fragte Rossya mit einem verständnislosen Gesichtsausdruck.

"Seine Sprüche sind immer noch schlecht, zwar kreativ, aber auf Dauer eintönig und mit Geld kann er in Wirklichkeit auch nicht umgehen. Zumindest sieht der Kerl charmant aus.", erklärte Linda.

„Wieso triffst du dich dann überhaupt mit dem?“, Rossya verstand ihre Freundin nicht.

Sie zählte gerade alle schlechten Seiten auf, aber dennoch wirkte Linda nicht abgeneigt. Was war sie? Ein Mädchen in der Oberschule, welches sich in den Bad Boy verliebt hatte?

„Es sind viele auf seine Masche hereingefallen. Ich kenne kaum jemand, den er nicht damals hatte.“, erklärte Linda.

"Ich verstehe sowieso nicht, wie die ganzen Mädchen auf ihn hereinfallen konnten. Wenigstens sind wir uns treu geblieben.", gab Rossya zufrieden von sich und sie wollte mit ihrer Tasse anstoßen, aber als die Forscherin zu Linda schaute, sah sie nur eine leicht verlegende schweigende Gildenmeisterin.

Entsetzt stellte die Forscherin die Tasse hin.

"Sie hat doch nicht..............", dachte sie fassungslos.

"Nun ja............, ich habe damals an das Gute geglaubt.“, begann die Gildenmeisterin.

Mit leicht abweisender Miene schaute Rossya zur Seite.

„Ach komm schon, Rossya. Ich war jung.", rechtfertigte sich die Gildenmeisterin.

„Und warum triffst du dich mit ihm wieder? Ist die Flamme nicht erloschen und jetzt willst du eventuell eine zweite Runde oder er?“, brummte die weißhaarige Forscherin.

"Nun ja, seit damals schreibt er mir fast jeden Monat neue und kreative Liebesbriefe. Ich könnte mir schon ein Album zusammenbasteln.", erklärte die Gildenmeisterin.

Ein wenig stolz klang mit ihrer Stimme mit.


 

In Rossya schien irgendetwas zu zerbechen. Linda hatte sich also schon die ganze Zeit für diesen Typen interessiert. Für diesen Nichtnutz.

"Was ist denn, Rossya?", meinte die Schwarzhaarige.

Beleidigt sah sie ihre Freundin an.

"Ich dachte, dass er jede fallen lässt, die er einmal hatte. Ronin scheint wohl wirklich in dich vernarrt zu sein, aber jeder Frauenheld wird mal älter. Wie alt ist er denn jetzt, 26?", fragte die Forscherin grimmig.

"Bist du etwa neidisch?", vermutete Linda plötzlich und Rossya schaute beleidigt zur Seite. Es ärgerte sie ein wenig und Rossya wollte nicht darüber reden, was sie in Wirklichkeit fühlte.

Mit einem zufriedenen Lächeln trank Linda ihren Kaffee leer.

"Wieso sollte ich? Ich bin wenigstens mir selber treu geblieben. Ja! Mir egal, ob er schön aussieht und elegant redet. Mir sind treue Partner wichtig.", wurde die Forscherin lauter. Sie war versucht gewesen Partnerinnen zu sagen, aber Rossya brachte das gerade nichts über das Herz.

Es herrschte ein kurzer Moment der Stille.

„Also.......“, begann Rossya darauf. Sie wollte schnell das Thema wieder auf Linda lenken.

"…....triffst du dich mit ihm. Weshalb genau? Wegen den Liebesbriefen?", ein gewisser Groll lag auf der Zunge der weißhaarigen Dame.

"Nun............, es geht nicht um mich. Es gibt um die Gilde.", fing Linda an und Rossya wurde plötzlich hellhörig.

"Um die Gilde?", wiederholte Rossya.

"Du weißt doch von dem Event, welches in über einem Monat stattfinden soll?"

"Das B-Turnier?", vermutete die Forscherin.

"Die will doch nicht die Jungs an dem B-Turnier teilnehmen lassen? Die sind doch noch viel zu unerfahren?", dachte die Forscherin skeptisch.

„Exakt.“, bestätigte Linda die Antwort ihrer Freundin, als hätte sie ihre Gedanken gehört.

"Sie sind noch nicht bereit und Linda, das wirst du auch nicht in einem Monat schaffen. Du kannst sie nicht an dem Turnier teilnehmen lassen. Die werden dort schnell untergehen!", erklärte die Forscherin mit leicht zorniger Stimme.

"Das weiß ich doch, deswegen muss ich ja so dringend mit Ronin Blackstar und in den nächsten Tagen noch mit ein paar anderen Leuten reden. Ich will die Gilde aber am Turnier teilnehmen lassen."

"Nein, Linda! Die Truppe ist noch nicht bereit. Früher die Jungs in der alten Gilde vielleicht, aber nicht sie, sie haben keinerlei Erfahrung mit so etwas. Das ist kein Spiel! Die können sich dort schwer verletzen.", erklärte die Weißhaarige mit strenger Stimme.

"Es geht hier um mehr, Rossya, außerdem verstehst du das falsch.", begann die Gildenmeisterin und sah ihre Freundin besorgt an.

"Du hast bestimmt auch schon mitbekommen, dass auf der Insel mehr Gesindel unterwegs ist. Du hast doch mitbekommen, dass immer mehr Unheil auf dieser Insel passiert.“, Rossya wurde still.

„Das Geheimnis der Elementkristalle ist zu gefährlich. Die Kinder müssen sich auch selbst verteidigen können.“, die Forscherin stimmte ihrer Freundin in diesem Punkt zu.

„Außerdem habe ich mich informiert.“, Linda pausierte kurz.

„Es gibt auf der Welt tatsächlich noch mehr Besitzer der Elementkristalle, aber keiner leidet offiziell an einer Amnesie. Diese Träger tun zwar offiziell so, als wäre es Magie, aber die sind ein offenes Geheimnis. Übrigens handhaben diejenigen mit den Kristallen anders. Die führen diese Dinger nicht mit sich herum, dennoch können die Träger ihre Fähigkeiten nutzen. Ich muss deswegen jemanden kontaktieren, der sich vielleicht damit besser auskennt."

"Da hast du absolut Recht, mir ist diese unangenehme Atmosphäre auf der Insel auch schon aufgefallen. Ein Schutz und ein Training ist zu empfehlen. Desto trotz kannst du die nicht an dem Turnier teilnehmen lassen. Du kannst sie auch außerhalb trainieren lassen. Lass sie noch ein wenig älter werden, bevor du so etwas in Erwägung ziehst.", erklärte die Forscherin.

"Keine Sorge, Rossya. Du hast da etwas missverstanden. Ich habe nicht von diesem B-Turnier geredet. Ich rede vom nächsten. Vom B-Turnier, welches in vier Jahren stattfinden wird. Darauf möchte ich die Gilde vorbereiten und sie deswegen trainieren lassen, sodass sie bis zur Spitze aufsteigen. Der alte Ruhm, der auch in der alten Gilde schon einmal war. Die Besten sein. Also wieder im Rampenlicht stehen."

Jetzt verstand Rossya auf was Linda hinauswollte, aber bis dahin konnte noch viel passieren.

Den Ruhm der alten Gilde zu erlangen war schwierig, sehr schwierig.

Die jetzige Gilde war noch klein und noch nicht so bekannt.

Die alten Mitglieder waren noch nicht einmal zurückgekehrt. Man hatte keine Ahnung wo diejenigen sich überhaupt auf der Welt umhertrieben.

Sie hatte ihre Freundin aber falsch eingeschätzt. Linda war nicht übereilig, sie war extrem vorsorglich.

Soweit in die Zukunft zu planen, das war etwas neues für die weißhaarige Forscherin. Es schien als wäre Linda wirklich erwachsen geworden.


 

„Linda Westallya?“, sprach plötzlich eine stählender männliche Stimme. Sie riss die beiden Damen beinahe metaphorisch von den Stühlen, weil derjenige mitten aus dem Nichts neben den beiden Frauen einfach so aufgetaucht war.

Es war Heon Stahl, der wie immer mit einem grimmigen Blick und mit einem vorbildlichen Aussehen, sowie respektvoller Haltung, sich vor der Gildenmeisterin präsentierte. Er legte großen Wert auf Ordnung und selbst seine Kleidung war akkurat hergerichtet.

„Ja?“, fragte Linda mit genervter Stimme. Linda mochte es nicht, wenn man sie erschreckte.

„Ja was gibt es denn, ehrenwerter Kommissar Stahl.“, korrigierte sie sich selbst.

Linda stand daraufhin auf.

„Es ist wichtig. Es geht um einer ihrer früheren Kollegen. Ich weiß zwar, dass er nie Mitglied der Gilde eure Vaters war, aber zumindest hattet ihr mit ihm zu tun. Ein paar Aufträge und weiteres“, fing der Kommissar an.

„Was ist passiert? Um was geht es?“, fragte die Gildenmeisterin. Ihr Miene verzog sich zu einem unzufriedenen Ausdurck. Ihre Haltung zeugte davon, dass sie sofort den Ernst der Lage verstand, der Heon mit seinem Auftreten vermittelte. Irgendetwas schlechtes war geschehen.


 

Der Kommissar führte die beiden weit in den Norden der Stadt.

Dort stand ein Gebäude ein wenig abseits der Stadt.

Es war das Wohnhaus von Will Zentaler, der seit einer geraumen Zeit unauffindbar gewesen war.

Rossya hatte die halbe Stadt auf dem Kopf gestellt, um ihren ehemaligen Forscherkollegen ausfindig zu machen.

Mit dem ersten Blick auf das Wohnhaus wurde schon klar, was geschehen war.

Das Haus musste lichterloh gebrannt haben.

Schwarze senkrecht gezogene Schatten waren auf der Häuserwand zu sehen. Fast alles war angebrannt und der Geruch von Verbrannten lag in der Luft.

Engl und Noju standen ebenfalls schon da. Sie blickten misstrauisch das verbrannte Haus an.

Wahrscheinlich hatten sie Unstimmigkeiten schon längst bemerkt.

Es war im Groben nur noch die Mauren übrig. Mit Garantie war das Betreten lebensgefährlich.

Dennoch hatten es wohl mutige Männer in das Gebäude gewagt.

Weit vom Eingang entfernt stand ein Trupp Polizisten und Dr. Drogan.

Neben dem Arzt war ein weißes Tuch auf dem Boden. Zwei verkohlte Füße schauten unter dem Tuch hervor und Rossya kapierte sofort wer das war.

Bevor sie jedoch etwas dazu sagen konnte, erklärte Heon:

„Gestern Nacht. Gestern Nacht war ein Feuer ausgebrochen und die Nachbarn verständigten sofort die Polizei. Man löschte das Feuer und man fand ihn darin.“

„Wie ist es passiert?“, fragte Rossya. Ihr Blick war zentriert. Sie lief langsam auf das Leichentuch zu.

Es war nicht so, als hätte sie Will leiden können, immerhin hatte er die Gilde für kurze Zeit in ernste Schwierigkeiten gebracht. Es war jedoch ein schwieriges Gefühl, wenn der ehemalige Arbeitskollege in diesem Zustand vor einem lag. Zum Glück sah man das Gesicht nicht.

„Er ist nach Aussagen nicht am Feuer gestorben. Er wurde mit vierzehn Messerstichen niedergestreckt. Das Labor im Keller muss entsprechend ausgesehen haben. Das Labor war aber nicht der Ursprung des Feuers gewesen. Es ist im ersten Stockwerk ausgebrochen, daher war noch ein Teil des Labors ganz.“

Heon lief direkt zu Rossya. Er flüsterte ihr etwas zu, während der Kommissar ihr heimlich ein kleines Notizbuch in die Hand drückte:

„Ich weiß von nichts. Eigentlich bekam ich den Auftrag von Karstoll, dass ich nachschauen sollte, ob das Tagebuch heil ist, denn auch er möchte diese Sache untersuchen. Die erste Seite zeigt aber gleich wem Will am meisten vertraut hat.“, daraufhin ließ er die Forscherin allein.

Der Kommissar lief zugleich zu Dr. Drogan.

„Was hat er dir überreicht?“, fragte Linda zugleich.

Zuerst skeptisch starrte Rossya das leicht angebrannten Notizblock an.

„Es scheint eine Art Tagebuch zu sein. Heon sagte mir, dass der Bürgermeister wollte, dass er das hier bekam.“, erklärte die Forscherin.

„Es hat wohl sein guten Grund.“

Sie öffnete vorsichtig die erste Seite.

„Für die Anerkennung meiner besten und vertrauenswürdigen Partnerin Rossalla Roxy oder Rossya wie sich neuerdings nennt. Ich möchte hier ihre Arbeiten fortführen und aufschreiben. Vielleicht wird sie irgendwann das hier lesen. Ich werde es wahrscheinlich nicht über das Herz bringen ihr die Wahrheit zu sagen. Zu sehr habe ich Mist gebaut, daher werde ich mich nun nur noch auf das Wesentlich in diesem Buch konzentrieren.“, las Rossya sich gedanklich durch.

Sie versuchte sich erst gar nicht auf das Gelesene zu konzentrieren. Die Forscherin blätterte sofort weiter.

„Da steht, dass er Filme hasst. Die neusten Filme seien nur noch Schwachsinn. Die Fahrt nach Festa habe sich gar nicht gelohnt.“, las Linda vor. Sie klang völlig verständnislos.

„Ich hätte nicht gedacht, dass er so etwas hineinschreibt.“, meinte die schwarzhaarige Gildenmeisterin.

„Warte, Linda.“, Rossya schaute auf, ob sie jemand beobachtete.

Die Forscherin klappte den Block zusammen und sie steckte ihn weg.

„Das sind so etwas wie Anagramme. Die Wahrheit liegt im Text. Ich muss den Code entschlüsseln, aber nicht hier. Ich mache das, wenn wir zurück sind. Es sollte kein weiterer davon erfahren.“, erklärte Rossya mit einer kühlen Stimme.

Linda nickte und sie schwieg.


 

Die Polizei tat diesen Fall schnell ab. Offiziell war es ein schrecklicher Laborunfall gewesen, der Will Zentaler das Leben gekostet hatte. Der Bürgermeister ließ aber dennoch eine Trauerfeier ausrufen.

Die Leiche wurde verbrannt und binnen 12 Stunden auf dem neuen Friedhof beerdigt.

Linda war nach der Zeremonie zu ihrer Verabredung aufgebrochen.

Weit nach der Zeremonie, also mitten in der Nacht besuchten schließlich die beiden Damen den Friedhof.

Rossya wollte nicht mit Fremden um ein Grab stehen. Ihr gefiel das nicht besonders.

Sie brauchte ein wenig Zeit und Ruhe.

Die Forscherin brauchte die Stille für klare Gedanken.

Nur Linda war da. Sie ließ sich nicht abschütteln, aber die schwarzhaarige Gildenmeisterin war auch vorrangig wegen jemand anderes gekommen.

„Es war Mord.“, erklärte die weißhaarige Forscherin nach einer kurzen Weile, nachdem sie in Gedanken versunken das neue Grab angeschaut hatte.

„Dachte ich mir.“, meinte Linda, während sie die Blumen eines anderen Grabes goss.

Der Himmel war frei von Wolken und der Mond strahlte in seiner vollen Pracht auf den Friedhof.

Es war eine stille und teilweise unangenehme Atmosphäre, aber nichts was Rossya beunruhigte.

„Ich habe fast alles durch und Will scheint wohl etwas falsch gemacht zu haben. Er erwähnte beinahe nur beiläufig, dass sein Traum geplatzt sei und nun sehe er die Zukunft in schwarz. Er hatte große Angst. Wahrscheinlich hätte er noch eine Warnung geschrieben, wenn er nicht ermordet wurde. Mit jedem vergangenen Tag war er übrigens ängstlicher geworden und sein Schreibstil hatte sich geändert. Zu dem Fall mit den Steingarten steht gar nichts darin, wahrscheinlich wollte Karstoll aber deswegen das Tagebuch haben.“, erklärte die Forscherin, während sie konzentriert das neue Grab anstarrte.

„Vielleicht war er doch kein so ein Arsch, wie wir gedacht hatten?“, meinte Linda. Sie stand auf.

„Du glaubst, dass Karstoll ihn gezwungen und anschließend ermordert hatte?“, vermutete Rossya.

Der Blick der Gildenmeisterin deutete aber eher darauf, dass Linda dies nicht wirklich glaubte.

„Vielleicht, aber selbst der Bürgermeister würde Will nicht so abartig töten lassen, das Haus im ersten Stockwerk anbrennen lassen und erst dann das Tagebuch stehlen lassen. Diese Ungereimtheit erklärt sich mir nicht.“, murmelte sie.

„Mh.........., das ist wahr.“, Rossya schaute ihrer Freundin die Augen. Irgendetwas war da.

„Linda scheint vor etwas Angst zu haben?“, überlegte die Forscherin.

„So viele gute Leute, die wir kannten, liegen hier. Wie oft waren wir schon hier?“, Lindas Stimme wurde leicht melancholisch.

„Leider oft genug. Immer wenn wir glauben, das es ist vorbei, dann kommt der nächste Schlag. Langsam wird das echt schwer, aber wann soll das denn bitte aufhören?“, fragte Rossya.

Das Gesagte stimmte die Forscherin traurig.

Nun trafen sich wieder die Blicke der beiden:

„Erst wenn wir selbst hier liegen.“, beantwortete die Gildenmeisterin die Frage.

Ein starker Wind wehte plötzlich und Rossya ging ein großer Schauer über den Rücken.

Diese Worte waren wie ein Pfeil, der ihr ins Herz geschossen wurde.

In ihrer Wortwahl klang ein starke Selbstsicherheit mit. Es machte der Forscherin ein wenig Angst.

Als hätte eine schwarze Hand aus der Dunkelheit sie ergriffen und man will Rossya in die ewige Finsternis ziehen. Plötzlich wollte die Forscherin von hier weg.

„Sag so etwas nicht, Linda!“, wurde die Forscherin plötzlich sauer.

Sie ließ ihre Freundin nicht zu Wort kommen:

„Wir müssen das beenden. Ich kann nicht mehr. Zu lange wollten wir uns aufbauen, indem wir wegsahen, aber jetzt reicht es! Ich werde damit anfangen, dieses scheiß Gefühl loszuwerden!“

„Wie?“, Linda schien nicht ganz mitzukommen.

„Indem ich den Mord an Will Zentaler aufklären werde!“, erklärte Rossya. In ihrer Stimme klang Zorn mit.

Linda schien nachdenklich zu sein und sichtlich unsicher meinte sie:

„Und du meinst, das hilft?“

Rossya erwiderte sofort:

„Und ob! Wenn so viel Ungerechtigkeit auf dieser Insel geschieht, dann säe ich einfach mal dagegen. Wegschauen bringt nichts, ertragen bringt auch nichts! Was bleibt denn übrig?“, Linda schien diese Frage nicht beantworten zu wollen, also übernahm Rossya dies selbst:

„Selbst etwas zu tun! Wenn dieser Schmerz nicht aufhört, dann werde ich zumindest den Mörder dafür bestrafen. Selbst wenn es Karstoll persönlich sein sollte, ich werde das nicht mehr dulden. Ich werde den Teufelskreislauf beenden! Wie viele sind schon auf mysteriösen Umständen gestorben? Wie oft wussten wir nicht einmal was überhaupt geschehen war? Fast die halbe Gilde deines Vater verstarb und wir wissen nicht einmal wirklich warum. Glaubst du wirklich, dass es zehn Mal einfach nur Herzinfarkt war, wie die örtlichen Ärzte das behauptet hatten?“

Linda sah zu dem größeren Grab ihres Vaters.

Nach einem kurzen Moment der Stille meinte die Gildenmeisterin:

„Du hast Recht.“

„Natürlich!“, fügte Rossya sofort hinzu:

„Also, Linda! Finden wir den wahren Grund heraus warum Will starb und warum dein Vater sterben musste. Warum eigentlich alle sterben mussten. Ich fange damit heute an!“, die Forscherin blickte trotz dieser Ansprache in zwei kühle Augen.

Trotz dem entfachten Eifer, konnte Rossya eine beängstige Aura erkennen.

Etwas umhüllte metaphorisch die schwarzhaarige Gildenmeisterin.

Was aber war nur Linda widerfahren oder was wusste sie eigentlich, was ihr so eine Angst machte?

„Rossya.....“, begann die Gildenmeisterin plötzlich und die Forscherin wurde still. Sie hörte zu.

„...............glaubst du eigentlich an schlechte Omen?“, verständnislos schüttelte Rossya den Kopf.

Sie verstand den Zweck dieser Frage nicht.



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