The Splintered Truth von Meilenstein ================================================================================ Kapitel 25: Orange IX --- Schuld -------------------------------- [Rick] „Und wenn es Probleme gibt. Anrufen oder Schreiben! Klar? Keine Alleingänge UND…“ Linda stockte, als sie ihre Stimme erhob. Für einen Moment schien die Gildenmeisterin keine Worte zu finden, zudem wirkte sie unruhig. Sie klang den ganzen Vormittag schon gestresst. Ihre Haut war blasser als sonst und ihre Augen machten den Anschein, als würden sie zusammenfallen wollen. Tränensäcke unter ihren Augen bestärkten Ricks Vermutung. Ihr Haar wirkte ein wenig durcheinander. Einzelne Haarsträhne folgten nicht der Masse nach hinten, sondern hingen zur Seite heraus. Sie atmete nach jedem laut betonten Satz angestrengt aus. Ihre Handbewegungen wirkten unkoordiniert. „Ja…“ Gelangweilt posierte Alina am Gelände und schaute durch die Halle. Sie richtete sich leicht auf, während sie ihre langen blonden Haare vom Geländer wegwischte, als diese darüber hingen. „Ja… nur durch die Stadt, ist klar. Und… deinen Anruf kriegst du… vielleicht.“ ‚Ah je… hört vermutlich nie auf mit den beiden.‘ Rick atmete entkräftet aus. Ein wenig stach seine Hüfte dabei. Der Verband war frisch gewechselt und die Wunde genäht, aber eine Mischung aus Jucken und Stechen bestraften ihn scheinbar willkürlich bei Bewegungen. ‚Herumliegen ist schlimmer als das.‘ Er war froh nun - zumindest für heute - nicht nur im Bett liegen zu müssen oder die Schulaufgaben nachzuholen. Linda hatte da wohl ein Wort eingelegt und irgendwie den Oberarzt überzeugt. Dr. Drogan stand eines Morgens bei ihm im Zimmer und verkündete seine begrenzte Freizeit. Am Abend sollte er zurück sein. Seine Wunde heilte wohl gut, aber übertreiben durfte er es nicht. Keine Kämpfe, keine abenteuerlichen sportlichen Tätigkeiten, nicht einmal Klettern oder Rennen sollte er. Alina hatte daraufhin gleich angekündigt, dass sie Rick mit zur großen Runde durch die Stadt mitnehmen werde. Heute war es Rick egal, dass er wahrscheinlich nur wieder mal als Träger eingesetzt werden wird. Es gab aber Dinge und Ereignisse, die ihm mehr Sorgen bereiteten, als seine Wunde. Linda hatte die angehäuften Sichtungen des Schattens angesprochen und das angeblich schon eine Person erwischt wurde. Es war sogar zu einer sehr frühen Tageszeit passiert. ‚Es wird also doch schlimmer?‘ War es Rick durch den Kopf gegangen. Der Bürgermeister hatte bereits eine nächtliche Ausgangssperre angekündigt, die ab dem heutigen Abend in Kraft tritt. Nach 18:00 Uhr sollte keiner mehr die Nachtlang Draußen sein und es wurde gefordert genügend Licht im Raum zu lassen. Es sollte keiner allein in einem Raum schlafen, zudem für ausreichend Wärme sorgen. Bei einer Sichtung war die Polizei sofort zu informieren. ‚Jahrelang wurde nichts getan und jetzt als es ernst wird, dann… dann macht die Polizei was?‘ „Uns sind die Regeln doch alle klar. Wer sich nicht dran hält, der wird vom Schatten erwischt.“ Alina zuckte mit den Schultern. Mit einem gemischten Ausdruck von Langeweile und Genervtheit schaute sie Linda an. Rick erkannte aber in ihrem Blick noch etwas anderes. Eine Art Sorge. Linda schloss kurz die Augen, während ihr Körper sich kurz verkrampfte. Dann ließ ihre Anspannung nach, während sie langsam ihre Lippen öffnete. „Es ist nicht so… es ist anders! Halte dich an das was dir gesagt wird! Die Ausgangssperre gilt auch für dich und denke nicht nur an dich, junge Dame!“ „Tsss…“ „Alina! Ich meine das ernst. Die Polizei wird sich schon darum kümmern.“ In Rick breitete sich plötzlich ein zorniger Impuls aus: „Und jetzt fällt denen ein was zu unternehmen? Was war denn die letzten Jahre?“ Rick schüttelte brummend seinen Kopf, während er seinen Drang versuchte zu ignorieren mit seiner linken Hand auf das Gelände zu schlagen. Linda sah ihn nicht an, sie atmete nur müde ein. „Weil jetzt jemand erwischt wurde. Ein armer Tropf hat es nun erwischt. Erst dann passiert etwas. Ist es nicht so immer? Man muss sich schon selbst darum kümmern.“ Alina klopfte dabei zweimal auf ihre Jackentasche. Etwas schien sich darin zu befinden. Linda zischte, ein kurzes Rascheln entkam dabei ihren Lippen, dabei sah sie die beiden bedrohlich an. Etwas war an ihrem Blick beunruhigend. Er war unheimlicher als sonst. Es schien Besitz von ihm zu ergreifen und sein Herz zu umschließen. Es schüttelte ihn ein wenig. ‚Ihre Augen… dieses Gefühl… wo habe ich das schon mal gespürt?‘ Linda blinzelte, dann brach das Gefühl ab. „Alina!“ Begann Linda leise zu sprechen. „Tu einfach was dir gesagt wird.“ Rick spürte ein Tippen an seiner linken Schulter. „Rick! Jetzt gehen wir aber, sonst verbringen wir die ganze Zeit hier nur mit dem dummen Gelaber.“ Alina verwies mit ihrer rechten Hand nach unten. Sie setzte dabei zeitgleich einen Schritt nach vorn. Eine unsichtbare Welle aus Kälte erwischte Rick. Es kam so plötzlich wie ein kühler Windzug durch ein geöffnetes Fenster. Dieses Ereignis startete ein Kribbeln in seinem Körper, welches eine unverständliche Angst von seinem Herzen erzeugte, sodass er sich kurz aufrichtete und erstarrte. Es stellten sich seine Nackenhaare auf. Ein luftabweisender Schleier legte sich auf seine Schultern. „ALINA!“ Eine tiefe schallernde Stimme erreichte sein Ohr. Sie löste seinen Bann und ließ ihn näher zum Geländer weichen. „DU bist heute die Verantwortliche für die beiden! Ein wenig mehr Verstand von dir, junge Dame!“ Lindas laute Stimme erklang in einem ungewohnten unangenehmen schepperten Ton, der für einen Moment kratzig und schrill im Ohr widerklang. Rick atmete erschrecken aus, da schien Linda sich kurz zu verschlucken. Ihr Gesicht verzog sich und Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Eine schwarze Haarsträhne huschte vor ihr Gesicht, den sie zugleich mit ihren Fingern zurückstrich. „Entschuldige… ich…“ Sie wandte sich ab. Zeitgleich brach das merkwürdige angsterfüllende Gefühl in Rick ab. Der Widerstand in seinen Bewegungen hörte auf. ‚Was war das gerade? Wieso… will ich hier sofort weg? Ist etwas mit Linda? Was ist mit ihr?‘ „Linda? Was war… ist… ist alles in Ordnung mit dir?“ Schnell winkte die Gildenmeisterin mit ihrer rechten Hand ab, ohne Rick dabei anzusehen. „Es ist Schlaf… nur Schlaf.“ Sie stoppte für einen Moment. „Derzeit… derzeit ist viel los. Bitte… bitte passt auf euch auf und kommt sofort zurück, wenn etwas ist.“ Sie atmete angestrengt aus. „Ja… ja“ Alina rollte mit den Augen. „Ja, das werden wir.“ Rick verkrampfte seine Hände. ‚Sie so entkräftet aus. Wir sollten sie für heute in Ruhe lassen.‘ „Na ja… lass uns gehen, Rick!“ Alina packte Rick am Arm, den er im Moment nutzte um sich am Geländer abzustützen, um nicht seine Hüfte zu belasten. Die aufkommende Kraft hatte er nicht erwartet, zudem wurde die plötzliche Bewegung mit einem tiefen Stechen in seiner Hüfte bestraft. Die Zähne zusammenbeißend ließ er sich von seiner Freundin mitziehen. Ein lautes plumpes Geräusch aus der Halle erregte Ricks Aufmerksamkeit. Er schaute über das Gelände hinab in die Halle, während er von Alina zur Treppe gezogen wurde. Im Augenblick stellte ein gebräunter muskulöser Mann mit halbfreiem Oberkörper, bekleidet durch ein weißes Muskelshirt, eine größere Tischplatte ab. Eine zweite Person – dünner und mehr sportlicher Natur - kam durch den Eingang. Diese zweite Person hob einen größeren Schrank vor sich, den – nach Ricks Einschätzung - zwei Erwachsene zu zweit tragen müssten. Beide Personen waren mehr als einen Kopf größer als Rick zurzeit. Die zweite Person – die durch die Tür kam – erkannte Rick nach einigen Sekunden. ‚Ist das nicht der Typ aus dem Krankenhaus? Dieser… dieser komische Kollege?‘ Er stellte den größeren Schrank in der Mitte der Eingangshalle ab, dann schaute er sich im Raum um. ‚Was macht der hier?‘ „Bringt das hier vor!“ Begann Linda laut zu sprechen. Ihre typische autoritäre Stimmlage war wieder zu hören. Sie klang wacher. Jedoch schwitzte sie inzwischen stärker. Nach ihrem Ruf war ein leises angestrengtes Ausatmen zu hören. „Hä? Neue Möbel oder was?“ Kam es enttäuscht von Alina. „Unsere neusten Mitglieder, Rick, Alina…  Tina. Ihre Bänder verteile ich noch, wenn sie fertig sind. Ich… stelle euch noch vor, aber jetzt nicht.“ ‚Davon hat sie nie etwas erzählt. Aber… na ja…, dass es wieder mehr werden, das ist gut für die Gilde.‘ Rick schaute für einen Moment nach hinten über die Galerie. Hinten zu den Bildern der alten Gilde. ‚Vielleicht kommen die anderen dadurch wieder zurück?‘ Der Mann, der zuerst die Gildenhalle betreten hatte, nahm seine Sonnenbrille ab und steckte diese eingehängt in sein Muskelshirt. Breit grinsend schaute er stolz und doch zugleich hochmütig zu Linda hoch. Etwas mochte Rick an ihm nicht, auch wenn er zunächst hilfsbereit und beeindruckend sportlich wirkte. ‚Ob er Kampfsport ausübt? Er… hat ziemlich starke Oberarme. Vielleicht Boxen? Vielleicht sogar… Wrestling?‘  Interessiert begutachtete er die Muskeln des Mannes. Alina zog ihn ein weiteres Mal nach vorn die Treppen hinunter, dabei hätte er beinahe die letzte Stufe der Treppen vergessen. Im letzten Moment fing er sich mithilfe des Geländers und dabei spürte er auch die beiden Hände von Tina, die ihn von hinten hatten versucht zu halten. Seine Wunde bestrafte ihn für diese Bewegung trotzdem. Tina. Er hatte sie für einen Moment vergessen. „Alles o.k?“ Drang ihre Stimme an sein Ohr. „Und ihr seid bestimmt die erwähnten Gildenmitglieder?“ Der muskulöse Mann im Muskelshirt stellte sich stolz vor den beiden auf. Alina schien ihn zu begutachten. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in Rick breit. „Hey!“ Unterbrach Linda mit ihrer lauten Stimme. „Baut die Theke auf und dann den Schrank dahinter.“ Der Fremde sah grinsend zu Linda auf, dann packte er die größere Tischplatte und legte sie in die Ecke neben der Treppe. Er ließ kurz seine Muskeln spielen, während er seine Sonnenbrille neu positionierte. Mit einem breiten selbstgefälligen Schmunzeln schaute er auf Tina herab. Sie schien sich ein wenig hinter Rick zurückzuziehen. „Ich würde mich gern mal mit euch unterhalten. Habt ihr später Zeit?“ „Und wer fragt das?“ Alina trat ein Schritt an Rick vorbei. Sie verschränkte ihre Arme, dabei streckte sie ihren Körper, jedoch reichte sie nicht einmal bis zum Kinn des Mannes. Das Grinsen des muskulösen Mannes wurde breiter. „Ha ha… na klar. Ich bin Ängel… geschrieben E N G L. Ich bin seit heute Mitglied dieser Gilde sowie mein dürrer Kollege hier. Übrigens heißt der da Noju.“ „Ha! Dürr. Dafür hab‘ ich mein Morgentraining bereits abgeschlossen, wenn du noch versuchst beim Training deine Zehenspitzen zu berühren.“ Erwiderte der andere junge Mann, der sich inzwischen neben seinen Kollegen gestellt hatte. Linda kam ein paar Treppenstufen hinab und sie begann sofort mit weiteren Anweisungen. Bevor Rick überhaupt zu etwas reagieren konnte, wurde er von Alina mitgezogen. Sie bewegte sich zielstrebig in Richtung Ausgang. ‚Ich muss Linda nachher danach fragen wer diese Typen eigentlich sind. Das sie plötzlich so viele wildfremde Leute aufnimmt… schon ein wenig seltsam.‘ Er dachte einen Moment lang darüber nach. ‚Geht es vielleicht mal wieder um… Geld?‘ Die Nachmittagssonne brannte sich sofort auf Ricks Stirn, als er einen Schritt nach Draußen setzte. Sie fühlte sich zwar heiß aber wohlfühlend an. Jedoch setzte sich dazu ein merkwürdiges schweres Gefühl in seine Brust ab. Kurz tastete er seine linke Brust ab. Es gab kein physischer Schmerz, als seine Finger die Brust berührte. ‚Mh… nervig.‘ Tina folgte den beiden schweigsam. Alina blickte in die Ferne der Hauptstraße. Sie streckte ihren Oberkörper und ihre linke Hand zeigte die Straße entlang. „Zuerst zu Cauty, dann vielleicht noch einen Abstecher zu Banary Backery. Oh ja… und dann…“ sie stoppte ihren Satz abrupt. Für einige Sekunden sagte sie nichts. ‚Will sie jetzt eine Antwort von mir? Wäre doch sowieso egal.‘ Rick zuckte kurz mit den Achseln. Plötzlich erhob sie ihren rechten Zeigefinger. „Ja… gut. Das ist der Plan! Also… Beeilung!“ Alina schritt zielstrebig voran. ‚Was auch immer sie jetzt genau vorhat.‘ Einige Minuten später mitten in der Stadt: Gähnend lehnte sich der Junge zurück. Er ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und seine Augen drohten zuzufallen. Ein unangenehmes Stechen in der Seite zwang ihn wieder nach vorn zu schauen. Trotz, dass er die meiste Zeit des Nachmittags damit verbrachte auf einer Bank zu verweilen und inzwischen zwei gefüllte Taschen zu bewachen, fühlte er sich entspannt. Die vereinzelten Sonnenstrahlen, die sich unter der Wolkendecke trauten auf die Insel zu scheinen, brachten ein warmes Gefühl mit, die ihn positiv stimmten. Eine der Taschen mit Klamotten war auf der Bank umgefallen. Verzögert griff er danach und stellte diese wieder auf, dabei spürte er ein kurzes Vibrieren seines Smartphones fest. Langsam zog er es empor. Es war die Nachricht eines Klassenkameraden. Sein Name war Cedro Willigton. ‚Mh? Er schreibt wieder?‘ Rick starrte auf den digitalen Text. Gefüllt von Abkürzungen und vermutlichen Rechtschreibfehler. ‚Whoa geht’s dit?‘ Rick tippte die ersten Buchstaben als Antwort. Einige Sekunden später erschien eine Reaktion in Form eines Daumens. ‚Was soll der Daumen?‘ Bevor aber Rick ihm die Frage schreiben konnte, folgte ein weiterer Satz seines Schulkameraden. Leise ging Rick den Text in seinen Gedanken durch: ‚Schot krass das… Herr Chupo im Krankenhaus… angebbich ohne Seele sagen die anderen. Der Hatten hat ihn geschnappt. Dat hast du auch bestimmt gehört? Hat du noch wat gehört?‘ Rick zog seine Augenbrauen hoch. Die Anzahl der Tippfehler war absurd, dann realisierte er erst den Inhalt des Satzes. ‚Was? Herr Chupo ist im Krankenhaus?‘ Davon hatte er nichts mitbekommen. Plötzlich lief Rick ein kleiner Schauer über den Rücken. Er schaute nervös um sich, aber bis auf wenige Dorfbewohner und viele Polizisten sah er nichts Ungewöhnliches. Abgelenkt von dem Gedanken tippte er seine Antwort in sein Handy. Er war genervt sich dreimal vertippt zu haben. „Verflucht!“ ‚Schuld!‘ Wie ein eisiger Hauch erreichte etwas seinen Nacken und es ließ ihn erstarren. Seine Sicht verschwamm und eine Art Dunkelheit breitete sich in seinem Blickfeld aus. In dieser Dunkelheit, die wie ein schwarzer Nebel schien, streckte eine blutige Hand sich aus dem Nebel empor und eine leise weinerliche Stimme drang an sein Ohr. ‚SCHULD!‘ Schrillte es plötzlich in sein Ohr und die Hand aus dem Nebel packte sein Hosenbein, während ein blutiges Gesicht eines Mädchens sich im Nebel abzeichnete. Es öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen. Etwas schien ihn aber plötzlich nach hinten zu ziehen. Es wirkte so, als hätte sein Körper nicht mehr genug Kraft sich aufrechtzuhalten. Eine warme Hand aus dem Nichts berührte seine linke Schulter. Plötzlich waren die Kälte und die Dunkelheit fort. Er realisierte, dass er wieder auf der Bank in der Stadtmitte saß. Sein Körper schwankte noch und ihm war schwindelig, zudem fror er ein wenig. „Alles o.k Rick? Du hast geschwankt! Und dein Blick… dein Blick war… war seltsam? Alles o.k? Brauchst… brauchst du was?“ Vor ihm stand Tina. Leicht zu ihm herabgebückt. Ihre rechte Hand lag auf seiner linken Schulter, während sie mit ihrer linken Hand inzwischen seinen Oberkörper stützte. „Ich… ich… mir… das…“ Schlagartig fiel ihm ein was ihm widerfahren war. Panisch riss er seine Augen auf und er stand mit all seiner Kraft auf. „Wir müssen hier weg! Der Schatten! Es waren die Zeichen des Schattens!“ Er spürte einen seltsamen Schmerz in seinem Herzen, zudem fühlte er sich schwach. „Schatten! Was?“ Tina blickte sich panisch um, während sie ihn losließ. „Eine bösartige Kreatur… hier… in Orange… der Schatten… wir müssen weg… er ist gerade hier. Wir müssen sofort in Sicherheit!“ Aus dem rechten Augenwinkel sah er zwischen zwei Häuser eine dunkle Gestalt stehen, die das Gesicht einer älteren Frau trug. Es verformte sich und aus der Öffnung des Mundes sah er einen schwarzen Nebel austreten. Ein Gefühl der Panik befiel ihn plötzlich. Die Kälte umhüllte ihn erneut und ein leises Flüstern drang an sein Ohr. ‚Schuld!‘ Dieses schreckliche Gefühl verschwand sofort, als Tina seinen Arm berührte. „Hach! Verdammt! Wir müssen hier weg! Schnell!“ „Was ist hier los?“ Hörte er Alina sagen. Als er aufschaute, starrte er in Alinas verdutzten Gesichtsausdruck. Sie schaute nicht ihn an, sondern die Straße entlang. Zwei Personen lagen einige Meter von denen beiden entfernt auf dem Boden und sie krümmten sich auf dem Boden. In der Luft war plötzlich ein seltsamer Gestank. Es roch verbrannt. Rick erinnerte sich an diesen Geruch. Es roch nach verbranntem Holz wie bei einem größeren Lagerfeuer. „Arrrgghhhh!“ Schallte ein Schrei an Ricks Gehör. Er blickte nach Norden. Ein Mann begann im Moment sich vor Schmerzen zu krümmen. Tina wich erschrocken zurück. Sie ließ Rick dabei los. Auch in Richtung der Kreuzung, südlich von den dreien, krümmte sich jemand nahe dem Gehsteig. Diesem wurde bereits von zwei Fremden geholfen. „Was ist hier gerade los?“ In der Stimme seiner Freundin hörte eine ungewohnte Panik. „Der Schatten. Der Schatten ist hier! Wir müssen zurück!“ Rick keuchte ein wenig. Seine Sicht verschwamm erneut. Alina drängte sich an Tina vorbei und stieß sie damit zur Seite. Alina begutachtete ihren Freund. „Du bist eiskalt und… du zitterst. Verflucht Rick! Bleib‘ bei Bewusstsein du Idiot!“ Sie packte Rick fest an seinen Schultern. Seine Beine begannen zu zittern. „TINA! Du nimmst die Taschen! Los!“ Rick erschauderte. Er spürte wieder eine eiskalte Hand auf seinem Nacken. Sein Körper verkrampfte sich, während Alina ihn versuchte zu ziehen. „Rick! Jetzt beweg dich!“ Ihre Panik wurde lauter. Alina stoppte jedoch ihren Ausruf, als sie ihn anschaute. Plötzlich gaben seine Füße nach. Er spürte keinen Aufprall. „Ich… es… wird… kalt… und… ich…“ eine laute Stimme schrillte durch seinen Kopf. ‚SCHULD!‘ Etwas zog ihn in irgendeine Richtung. Erneut umkreiste ihn ein pechschwarzer Nebel, aber dieses Mal lag er auf einem unbekannten Boden. Auf einem kalten fusseligen und verstaubten roten Teppich. Der einen langen metallischen Gang schmückte. Im nächsten Augenblick standen links und rechts von ihm zwei gigantische Bücherregale. Wieder fasste ihn etwas an seiner Hose und etwas schob sich auf dem Boden langsam auf dem Nebel auf ihn zu. Ein blutiges entstelltes Gesicht eines Mädchens kam näher. Sein Herz begann stärker schmerzen und er keuchte schwer. Die schrillende Stimme, die immer wieder dasselbe ihm ins Ohr schrie, wurde lauter und unerträglicher. Das Atmen fiel ihm schwerer. Die Hand, die aus dem Nebel gekommen war und inzwischen seinem Bein nach oben bis zur Brust gestrichen war, krallte sich nun in seine Brust. Die Finger bohrten sich durch seine Haut. Während er in das entstellte Gesicht starrte. Dieser Schock ließ seine Stimme verstummen. Er konnte nicht einmal mehr schreien. Ein Wimpernschlag später starrte er gen Himmel. Völlig entkräftigt, zitternd und schwer keuchend. „Tina jetzt Hände weg und VORSICHTIG seinen Kopf ablegen.“ Hörte er die Stimme seiner Freundin. Für einen Moment klang sie leicht zittrig. Er fand kaum noch Kraft für Worte, aber bevor Tina ihre Hände von seinem Kopf entfernte hatte, packte er ihren linken Arm sanft. Seine Finger verkrampften sich dabei. „Nicht…“ ‚Warum auch immer das hilft, aber…‘ Er verstand langsam, dass es ihn besser ging, wenn Tina ihn berührt hatte. Er verstand nur nicht wieso. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)