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Saki-chan

von

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15. Kapitel

15. Kapitel

 

Als Saki am Morgen wieder zu seinen eigenen Klamotten greift, ist die Enttäuschung seiner Mutanten offensichtlich. Vor allem Bebops.

„Warum trägst du nicht das, was wir dir mitgebracht haben?“

Saki zögert kurz, zieht sich aber dann doch das viel zu große T-Shirt über den Kopf.

„Ich passe doch schon fast wieder rein.“ Er schenkt ihnen ein, wie er hofft, entschuldigendes Lächeln. „Es ist einfach bequemer.“

Bebop und Rocksteady nicken zwar, doch ihre Mienen verraten immer noch, dass sie ihn lieber in dem gesehen hätten, was sie für ihn herausgelegt haben: Eine Jeans und ein T-Shirt mit Hulk-Aufdruck.

Hulk. Ausgerechnet. Der Typ, dessen Kleidung bei seiner Verwandlung regelmäßig in Fetzen von ihm hängt. Wie überaus passend.

Die Schmerzen haben angefangen, kurz nachdem er aufgewacht ist. Es ist ein ihm leider nur zu vertrautes, gelegentliches Ziehen in seinen Knochen. Es ist noch nicht sehr schlimm, aber es ist da. Eine ständige Warnung für das, was ihn erwartet.

Es ist zu früh, viel zu früh, aber verdammt will er sein, wenn er dann in Klamotten steckt, die ihm haargenau passen. Bisher ist er nie in viel zu kleiner Kleidung oder nackt aus diesen Schmerzen erwacht, was bedeutet, dass sie ihn irgendwann währenddessen umgezogen haben müssen, und genau das will er diesmal tunlichst vermeiden.

„Ich trage es, wenn wir das Foto schießen, okay?“ bietet Saki ihnen versöhnlich an.

Er hat immer noch das Gefühl, einiges wegen dieser Geschichte gestern wieder gutmachen zu müssen. Wenn er sich dafür für zehn Minuten in dieses gräßliche Outfit zwingen muß – bitteschön. Er wird dieses Foto deswegen nicht weniger hassen als alle anderen davor auch schon.

„Wir wollen dich zu nichts zwingen...“ wehrt Bebop ab, und doch strahlt er bei Sakis Angebot übers ganze Gesicht.

„Schon gut.“ Gedankenverloren reibt sich Saki den linken Unterarm, hört aber sofort damit auf, als er Rocksteadys aufmerksamen Blick auf sich spürt. Betont munter springt er auf die Füße.

„Na los, gehen wir frühstücken!“

 

 

„Au! Verdammt! Was soll das? Der Ball bleibt auf dem Boden, du Produkt eines Hornochsen!“

Mürrisch reibt sich Saki die linke Schulter. Es schmerzt höllisch. Aber nicht nur das. Seine Gelenke melden sich ebenfalls mit einer Regelmäßigkeit, die einfach nur noch lästig ist.

Er versucht, es auszublenden, und ehrlich gesagt, funktioniert das bei einem Hockey-Spiel auf Roller Skates (seine Füße sind zwar auch gewachsen, aber Rocksteady und Bebop hatten tatsächlich noch ein paar in seiner jetzigen Größe parat) in den verlassenen Gängen des Technodromes ziemlich gut. Da sind die ganzen Hockey-Schläger, die sie Casey Jones abgenommen haben, endlich mal zu etwas gut.

Außerdem trainiert er sich dadurch die ganzen Kalorien vom Frühstück wieder ab.

„Tut mir leid“, entschuldigt sich Rocksteady zerknirscht und kommt auch gleich besorgt näher. „Habe ich dir schlimm weh getan?“

„Nein“, lügt Saki, packt den Schläger etwas fester und macht sich wieder auf die Jagd nach dem Ball (eigentlich ein Baseball, aber sie begnügen sich eben mit dem, was sie haben), bevor ihn Bebop, der gerade von der Seite heransaust, für sich in Anspruch nehmen kann. Denn das Warzenschwein hat sich als wahrer Hockey-Profi herausgestellt.

Sie haben eigentlich nur eine Regel: der Ball muss in Bodennähe bleiben – ansonsten sind alle Tricks erlaubt, und wer den Ball als erster durch die Tür zum leeren Lagerraum pfeffert, der hat gewonnen. Und weil alle Tricks erlaubt sind, wird es ein sehr körperkontaktlastiges Spiel. Wobei Saki aufgrund der Tatsache, dass er immer noch kleiner und schwächer ist als die beiden Mutanten, eigentlich im Nachteil wäre, wenn er das nicht durch Wendigkeit, Geschick und Rücksichtslosigkeit wieder wett machen würde. Er hat keine Hemmungen, den beiden Idioten seine Ellbogen in die Seite zu rammen, wenn er es für nötig erachtet. Sie spüren es nicht - wie gesagt: er ist noch zu schwach – aber es genügt, um sie kurzfristig aus dem Gleichgewicht zu bringen, so dass er ihnen den Ball wegschnappen kann.

Er gewinnt trotzdem nicht, aber das ist okay. Bebop hat sich den Sieg hart erkämpft und er hat endlich das Gefühl, mal wieder richtig körperlich aktiv gewesen zu sein.

Und wenn er sich anstrengt, kann er sich sogar einbilden, dass das Ziehen in seinen Muskeln und Knochen Anzeichen eines beginnenden Muskelkaters ist...

 

 

Der Adrenalinkick des Hockey-Spiels hält gerade mal bis kurz nach dem Mittagessen an. Nicht einmal die Erdbeeren, die es als Dessert gibt, vermögen es dann, die dunklen Wolken aus Sakis Geist zu vertreiben.

Er lässt sich nichts anmerken, aber er nutzt die erstbeste Gelegenheit, sich in sein Quartier zurückzuziehen. Natürlich muss er ihnen sein Wort geben, nicht länger als eine Stunde zu trainieren, aber das Versprechen gibt er ihnen gerne, wenn er dafür für sich allein bleiben kann.

Dass er gar nicht vorhat zu trainieren, das behält er vorsichtshalber für sich.

In seinem Quartier angekommen, kniet er sich vor sein Futoni und zieht eine kleine Nylontasche darunter hervor. Er wischt ein paar graue Staubflusen ab, öffnet den Reißverschluß und schüttet den gesamten Inhalt auf das Bett.

Schachteln und Fläschchen mit verschiedensten Aufdrucken fallen wild durcheinander – viele der Aufdrucke sind in englisch, aber es sind auch einige in japanisch darunter. Zwei zeigen sogar die Schriftzeichen, wie sie in der DimensionX vorherrschend sind.

Nachdenklich betrachtet er die Medikamente vor sich. Es sind nicht viele, eigentlich sogar sehr wenige, weil er sie nie wirklich benutzt hat. Ein paar Erkältungsmittelchen, Baldrian, Paracetamol, Aspirin und Ibuprofen... und doch ist das alles so furchtbar unnütz. Ibuprofen und Paracetamol waren ihm manchmal eine große Hilfe, wenn er Zahnschmerzen hatte, aber ansonsten absolut unwirksam. Ähnliches gilt für Aspirin, das seine Kopfschmerzen im Höchstfall für zwei Stunden besänftigte – genug Zeit, um gerade mal an der Oberfläche einkaufen zu gehen. Und diese Erkältungsmittelchen … außer Klosterfrau Melissengeist hat da nie etwas gewirkt, und das, was wirkte, war wahrscheinlich der Alkohol. Und die Lutschpastillen aus der DimensionX schmecken zwar gut und helfen wirklich gegen einen wunden Hals, aber die benötigt er jetzt am Allerwenigsten.

Nicht zum ersten Mal, dafür jetzt aber umso mehr, verflucht er seine hohe Toleranzschwelle für Medikamente. Das einzige, was bei ihm anschlägt, sind hochdosierte Mittelchen, für die man entweder ein Rezept vom Arzt benötigt oder jemanden wie Krang. Doch der bewacht das Zeug wie ein Drache sein goldenes Ei. Nein, das kann er sich gleich aus dem Kopf schlagen.

Tief aufseufzend verstaut Saki die Schachteln und Fläschchen wieder in seinem Arzneitäschchen und schubst dieses unter seinen Futoni, wo es noch mehr Staub ansetzen kann.

Dann schmeißt er sich aufs Bett und starrt dumpf an die Decke. Diese Idee kann er also knicken. Niedergeschlagen reibt er sich den linken Unterarm. Noch ist das Reißen in seinen Knochen erträglich, aber er muss es sich jetzt eingestehen: das sind deutlich die ersten Vorboten eines neuen Schubes, den er, wenn es nach ihm ginge, so lange hinauszögern würde, wie nur irgend möglich. Er ist beileibe kein wehleidiger Mann (Junge, berichtigt er sich in Gedanken), aber das stößt ihn an seine Grenzen.

Er fürchtet sich davor. Nicht allein vor den Schmerzen, obwohl die schon schlimm genug sind, sondern auch vor seiner Schwäche. Anstatt das Ganze wie ein Mann mit erhobenem Haupt zu ertragen, fällt er in sich zusammen und heult wie ein kleines Kind, flüchtet sich wie ein Schwächling in Bebops und Rocksteadys Arme.

Wie armselig ist das denn, bitteschön? Als ob das alles nicht schon demütigend genug wäre...

Ich muss irgend eine Möglichkeit finden, das Bewusstsein zu verlieren, denn ohne Bewusstsein fühle ich auch keinen Schmerz... aber wie, wenn er nicht einmal Schlafpillen hat? Baldrian wird da wohl kaum ausreichen.

Nicht zum ersten Mal bereut er, dass diese Technik mit den Akupunkturpunkten nur bei anderen wirkt, nicht jedoch, wenn er es an sich selbst versucht. Die blöde Ratte meinte immer, das liege daran, dass er seine innere Mitte vor sich selbst abschotte und sein Chi daher völlig daneben sei … daneben. Er sagte wirklich daneben. In einem Tonfall, als beträfe das nicht nur sein Chi. In Erinnerung daran ballt er wütend die Hand. Aber anstatt ihm zu helfen, ihn zu unterstützen, es besser zu machen, hatte Sensei Yoshi … Splinter ihn einfach abgeschrieben. Wie etwas, das kaputt ist und das man nicht mehr braucht. Genauso wie seine Familie es immer gemacht hatte.

Und genauso, wie ihm das hier jederzeit drohen kann.

Vielleicht nicht jetzt – denn soweit vertraut er Krang inzwischen – aber später, wenn er erst einmal wieder in seinem erwachsenen Körper steckt.

Wieso sollte er unter diesen Umständen überhaupt noch wachsen wollen?

Wäre es nicht viel sicherer, er würde so bleiben, wie er ist?

Nicht mehr ein hilfloses Baby, aber eben auch noch kein Mann, den man ohne große Gewissensbisse vor die Tür werfen kann?

Seine Gedanken beschreiten Pfade, vor denen er sich bisher sorgsam gehütet hat. Dunkle, abschüssige Pfad…

Aufstöhnend wirft er sich herum und vergräbt das Gesicht im Kissen.

„Argh … Ich hasse mein Leben...“

 

 

Die Schmerzen werden im Laufe des Tages immer schlimmer, und am Abend sind sie kaum noch zu ertragen, aber erst, als ihm beim Abendessen die Milchflasche aus den Händen rutscht und auf dem Boden zerschellt, weil er seine Finger kaum noch beugen kann, ist das Versteckspiel endgültig vorbei.

Bebop, Rocksteady und Krang haben schon beim Foto-Shooting bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Sie haben zwar nichts gesagt (auch, weil sie hofften, dass er von selbst zu ihnen käme), aber ihn immer wachsam im Auge behalten. Sie haben zugesehen, wie er immer blasser wurde und wie die Anstrengung Linien in sein Gesicht malte, die in solch ein junges Gesicht einfach nicht hingehören!

Und Saki, der eigentlich plante, diese Nacht alleine in seinem Quartier zu verbringen und es durchzustehen wie ein Mann, fühlt sich, als sich die Milch zu seinen Füßen ausbreitet, mehr denn je von seinem Körper verraten.

Das heißt aber nicht, dass er so schnell klein beigibt.

„Alles in Ordnung?“ fragt Bebop, während er vom Tisch aufsteht und zu ihm eilt.

„Ja. Ach, verdammt, ich bin heute echt ungeschickt. Tut mir leid.“ Hastig dreht sich Saki zur Spüle um und greift nach einem Lappen. Der ihm prompt wieder aus den Fingern fällt.

Seine Hände zittern plötzlich wie Espenlaub.

Und jeder hat es gesehen!

„Saki...“ Bebops leise Stimme und seine sanfte Hand auf seiner Schulter zwingen ihn dazu, sich zu ihm umzudrehen und ihm ins Gesicht zu sehen. Die Sorge, die er in Bebops Miene liest ist schlimmer als jeder körperliche Schmerz.

Doch noch bevor einer von ihnen etwas sagen kann, steht Krang bei ihnen.

„Oroku Saki!“ Seine strenge Stimme schließt von vorneherein jeden Widerstand und alle Ausflüchte aus. Doch der Griff seiner Tentakel ist sehr, sehr sanft, als er Sakis Hände ergreift. „Du hast Schmerzen.“ Es ist keine Frage, aber auch kein direkter Vorwurf – eher die Feststellung von etwas Offensichtlichem.

„Es geht schon“, versucht Saki automatisch abzuwiegeln. „Es ist nicht weiter schlimm.“

„Lüg uns nicht an. Das haben wir nicht verdient“ Plötzlich steht auch Rocksteady vor ihm, die Arme vor der Brust verschränkt.

Saki schluckt einmal schwer.

„Ich komme zurecht“, beharrt er stur.

„Papperlapapp“, erwidert Krang barsch. „Das kannst du deiner toten Oma erzählen, der egoistischen alten Kuh. Wir kennen dich, mein Bester. Trotz und Starrsinn sind das einzige, was dich noch auf den Beinen hält. Und dein blöder Stolz natürlich. Vergessen wir nicht den Stolz, der dich immer wieder von einer Katastrophe in die nächste geführt hat. Widersprich mir nicht. Wage nicht, mir zu widersprechen, Saki-chan, du weißt, ich habe recht. Ich hätte die Erde schon längst erobert, wenn dein blöder Stolz nicht immer alles verdorben hätte. Wenn du hierbleiben willst, wenn du weiterhin zu dieser Familie gehören willst, dann hör auf, uns anzulügen. Mir macht es ja nichts aus, aber deinen Mutanten tust du damit unheimlich weh. Und tust du ihnen weh, laufen sie wieder irgendwann davon und dann muss ich deine schlechte Laune und dein Gejammer ertragen.“

Er hatte ihn schon bei „wenn du hierbleiben willst“, das hat Krang deutlich gesehen, aber er war gerade so schön in Fahrt.

Bebop öffnet den Mund, um etwas einzuwenden, doch Rocksteadys Ellbogenstoß in die Rippen und ein verschwörerischer Blick, lassen ihn den Mund wieder zuklappen.

„Tut mir leid“, Sakis Augen glänzen plötzlich verdächtig feucht. Er schnieft einmal lautstark und senkt beschämt den Blick.

„Es tut weh“, gibt er dann auf einmal zu und als hätten diese Worte einen Damm gebrochen, rollen die ersten Tränen. Und ehe es sich einer versieht, wirft er sich in Krangs Arme, eher gesagt: Tentakel.

Verblüfft und überfordert zugleich schlingen dieser seine rosa Tentakel um Sakis Körper und tätschelt etwas unbeholfen seinen Rücken.

„Bitte Krang, hilf mir. Es soll aufhören so weh zu tun!“

 

 



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