Die Erben von NiOniOn (Buch Eins: ANBU) ================================================================================ Kapitel 24: Mission IV ---------------------- Obwohl abermals vollkommen lautlos, spürte Makani deutlich, wie sich der Eingang hinter ihr wieder schloss. Sofort umgab sie absolute Dunkelheit und Stille. Dann spürte sie einen Luftzug und eine Berührung an ihrer Schulter, als die Krähe sich darauf niederließ. Die Kunoichi war erleichtert und beunruhigt zugleich, dass dieses abscheuliche Wesen offenbar beschlossen hatte bei ihr zu bleiben. Mit gespitzten Ohren und sorgfältig mit den Füßen tastend begann sie mit dem Abstieg. Sie hatte 25 Stufen gezählt, als schließlich keine weitere mehr folgte und die Treppe in einem leicht abschüssigen Gang mündete. Nach gut 100 Schritten hörte und sah sie etwas … „Nichtsdestotrotz dürfen wir keine Zeit verlieren. Wir müssen schnell entscheiden wie es mit ihr weitergehen soll.“ Makani erkannte die Stimme von Dentō, einem der Clanältesten. Nur wenige Meter vor ihr endete der Tunnel plötzlich. Durch einen niedrigen Durchgang fiel ein diffuser Lichtschein. Die Wände bestanden hier nicht mehr aus glattem, sorgfältig behauenem Granit, sondern aus rohem zerklüfteten Fels mit zahlreichen Spalten und Löchern. Mit einem davon direkt neben der Öffnung, aus der die Geräusche und das Licht drangen, verschmolz nun die Kunoichi. „Dieses Problem“, sagte Dentō, „mag auf den ersten Blick beileibe nicht unser dringlichstes sein … aber bedenkt, wie groß die Gefahr ist, dass sie jetzt auf Abwege gerät. Wir wissen viel zu wenig über ihren Charakter. Und wenn sie nur einen Bruchteil von Akanes Aufmüpfigkeit geerbt hat, ist besonders klare Führung gefragt. Und zwar sofort!“ Makani versuchte sich auf ihre Deckung zu konzentrieren und ihren Puls zu beruhigen, der sich jäh beschleunigte, als sie begriff, um wen sich das Gespräch gerade zu drehen schien. „Ich stimme dir zu“, antwortete Fugaku. „Wir dürfen diese Angelegenheit auf keinen Fall aus den Augen verlieren… Unser langfristiges Überleben hängt davon ab. Das ist auch der Grund, warum ich Tekka heute das erste Mal in unsere Runde gebeten habe. Ich hielt es für richtig. Da er bereits seit mehreren Jahren für das Mädchen verantwortlich ist, trägt auch er für unsere Zukunft eine besondere Verantwortung. Tekka, ich bin froh und dankbar, dass du dem Clan in seinen schwersten Stunden auf diese Weise dienen möchtest. Erzähl uns bitte von deinem Schützling. Müssen wir uns Sorgen um ihre Gesinnung machen?“ „Ähm… also sie trauert … natürlich“, ertönte zögerlich die brummige Stimme von Makanis Cousin, verhalten zwar, aber dennoch unverkennbar. Für einen Moment lehnte sie erschöpft ihre erhitzte Stirn gegen den rauen und kühlen Stein, an den sie ihren Körper schmiegte. Tekka sprach weiter: „ … aber, dass sie trauert, spricht ja für ihren Charakter, oder nicht? Und sie ist auch häufiger zu Hause in letzter Zeit. Ich denke, ihre Bindung zu uns ist deutlich stärker als früher. Sie ist ein gutes Mädchen. Ein bisschen orientierungslos vielleicht, gerade jetzt, aber … aber ich glaube, es gibt keinen Grund, an ihrer Loyalität zu zweifeln. Es war eine gute Entscheidung, sie als Frau für unseren Sōryō auszuwählen.“ „Und sie hat keinen Kontakt mehr zu Fugaku-sans Sohn?“, warf Yashiro, der gemeinsam mit Tekka die Polizei von Konoha leitete, in scharfem Ton ein. „Äh, nein. Ich denke nicht. Ich habe es ihr verboten“, antwortete Tekka, woraufhin ihm Dentō aufgebracht ins Wort fiel: „Und genau da liegt die Wurzel allen Übels! Du kannst es offenbar nicht mit Sicherheit sagen. Du weißt nicht, ob sie dir gehorcht. Ich sage es nur ungern, aber genau durch diesen laschen Umgang, durch diese Vernachlässigung von unserem Nachwuchs haben wir nun bereits zwei Sōryō verloren. Der eine ist ein größenwahnsinniger Egoist, der sich hat verführen lassen, der andere war nicht mehr als ein verweichlichtes Kind. Tekka, du trägst die Verantwortung für das Mädchen. Du musst ihr jetzt genau die Orientierung geben, die ihr offensichtlich fehlt.“ Es entstand eine Pause. Tekka schien unsicher, was er darauf antworten, ob er widersprechen sollte. Doch schließlich erwiderte er nur ergeben: „Jawohl!“ Und nach einer weiteren kurzen Pause fügte er hinzu: „In letzter Zeit hat sie eigentlich nicht mehr gemacht als vormittags mit ihrem Team zu trainieren … aber ich werde sicherstellen, dass sie auch in Zukunft nirgendwo sonst hingeht.“ „Sehr gut“, schaltete sich Fugaku wieder ein, „das ist eine wichtige Aufgabe, Tekka, mit der wir dich in den vergangenen Jahren allein gelassen haben. Aber von nun an sollst du mehr Unterstützung bekommen. Denn wir alle müssen Verantwortung für unsere Zukunft übernehmen! Das führt uns allerdings zu einer noch viel schmerzlicheren Angelegenheit, die wir gleichsam nicht länger vor uns her schieben dürfen … “ Makani horchte irritiert auf, als sie in diesem Moment glaubte so etwas wie echte Emotionen in den Worten des Clan-Oberhauptes mitschwingen zu hören. „In der Rangfolge der Kandidaten für unseren Sōryō steht momentan Inabi an erster Stelle, obwohl er mit seinen neunundzwanzig Jahren eigentlich schon zu alt ist, um diesen Titel übertragen zu bekommen. Doch angesichts der außergewöhnlichen Zwangslage, in der wir uns befinden, schlage ich vor, dass wir die Ernennung trotzdem durchführen, sobald die offizielle Zeit der Trauer vorbei ist. Auch wenn es schmerzt, scheint eine noch längere Vakanz in dieser Situation nicht ratsam. Ich habe mich bereits mit Inabi darüber unterhalten. Er ist bereit seine Pflicht zu erfüllen.“ „Ja, das bin ich. Ich werde euer Vertrauen nicht enttäuschen!“ Inabis Stimme war Makani nur vage vertraut. Sie hatte ihn kaum je fünf Sätze sagen hören. Aber sie sah den eher kleinen Shinobi mit dem spitzen Gesicht, den dominanten Augenbrauen und dem für die Uchihas so typischen Kontrast von heller Haut und dunklen Haaren deutlich vor sich. Ausgerechnet er sollte Itachis und Shisuis Nachfolger werden? Inabi galt wenn überhaupt dann höchstens als mittelmäßiger Ninja und als nicht besonders klug. Sie erinnerte sich, wie Tekka sich das eine oder andere mal mit nicht gerade schmeichelhaften Worten über seine Leistungen im Polizeidienst beschwert hatte. Die Clan-Führung musste in der Tat verzweifelt sein … „Inabi“, wandte sich Fugaku nun direkt an den jüngeren Uchiha, „das ist sicher eine Sache, an die wir in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen behutsam herangehen müssen… aber zu deinen Pflichten gehört auch, von nun ein Auge auf Makani zu haben. Als ihr zukünftiger Ehemann musst du bereits heute Verantwortung für sie übernehmen und Tekka unterstützen.“ Inabi stieß einen erstickten Laut hervor. Diese Anweisung hatte ihn offenbar überrumpelt. „Gibt es ein Problem damit, Inabi?“ „Nein! Nein!“, versicherte dieser hastig. „Ich meine, na ja … also ich verstehe nur nicht ganz warum sie es sein muss… Sie ist doch eigentlich gar keine von uns. Und sie ist irgendwie komisch, oder? Also ich würde ihr nicht so leicht trauen. Und sie sieht - “ „ - das tut hier absolut nichts zur Sache, Uchiha Inabi!“, schnitt Fugaku ihm scharf das Wort ab. „Es geht hier weder um sie noch um dich. Es geht um das Überleben deines Clans. Wenn du schon bei diesen grundlegenden Dingen nicht in der Lage bist, deine eigenen Bedürfnisse unterzuordnen - „ „ - ich weiß, ich weiß! Verzeih, Fugaku-san!“ Die Worte des Clan-Oberhauptes waren mehr als deutlich gewesen und aus ihnen sprach Verachtung. Entsprechend war in die Stelle der unverhohlenen Unzufriedenheit in Inabis Ton sofort absolute Unterwürfigkeit getreten. Trotzdem schien er die Sache noch nicht auf sich beruhen lassen zu wollen. Nach kurzem Zögern sagte er: „Aber na ja … wir wissen doch eigentlich gar nichts über ihre Kekkei Genkai, oder? Könnte es nicht sein, dass sie sich gar nicht mit unserer verträgt? Am Ende sind unsere Kinder vielleicht nicht in der Lage das Sharingan zu beherrschen ...“ Guter Punkt, Inabi, schließlich beherrschst du es selbst nicht, dachte Makani boshaft. Sie empfand Ekel bei dem Gedanken an gemeinsame Kinder mit diesem mehr als zehn Jahre älteren Mann. Dennoch nötigte ihr die Unverfrorenheit, mit der er gegen die Entscheidung der Clan-Führung argumentierte einen gewissen Respekt ab und gleichzeitig belustigte sie die Vorstellung, dass Fugaku seine neuste Nachfolgerwahl vielleicht bereits bereute. Dann schüttelte sie ungläubig den Kopf. Auf einmal kam ihr die ganze Situation furchtbar lächerlich vor. Sollten das etwa Fugakus ebenso streng geheime wie hochgefährliche Machenschaften sein? Diskussionen über Erziehungsmethoden und das Arrangieren von Ehen? Die Kunoichi fand das alles zwar absolut abstoßend, aber sie wurde hier wohl kaum Zeuge eines Verbrechens … Was Itachi, der dieses Schauspiel über das Funkgerät mithörte, wohl gerade dachte? Inabi ließ immer noch nicht locker: „Ich meine, immerhin gäbe es ja eine Alternative … Wir haben eine sehr talentierte junge Kunoichi unter uns, die im Gegensatz zu Tekkas Mädchen eine echte Uchiha ist – also zumindest zur Hälfte ...“ „Genug jetzt!“, befahl Fugaku. „Ich begreife nun, zu welchem Zweck du die besagte junge Kunoichi unbedingt heute bei unserer Zusammenkunft dabei haben wolltest ungeachtet der Risiken, die wir dadurch eingegangen sind.“ Das Clanoberhaupt wandte sich nun wieder an alle: „Inabi hat das Mädchen mit einer Genjutsu belegt hierher geführt. Wie ihr seht, hört und sieht sie nichts. Sie weiß, dass sie unserem Treffen beiwohnt, aber nicht wo sie sich befindet. Ich bin deiner Bitte gefolgt, Inabi, weil du mir versichert hast, sie könne für unsere Sache nützlich sein. Aber nun wird mir klar - „ „ - Nein!“, rief Inabi. „ Sie kann uns wirklich helfen! Wir sollten uns wenigstens anhören, was sie zu sagen hat.“ Makani in ihrem Versteck hielt die Erregung, die sie bei der letzten Wendung des Gesprächs ergriffen hatte, kaum noch aus. Sie hatte einen sehr starken Verdacht, von welcher jungen Kunoichi die Rede war. Befand sie sich tatsächlich freiwillig in einer Illusion gefangen genau in diesem Moment unter den Männern, die sie gerade belauschte? Warum in aller Götter Namen sollte sie so etwas tun? Trotz der fast vollkommenen Dunkelheit, die sie umgab, starrte sie mit voller Konzentration auf den Felsen, der ihr Deckung bot und ihr gleichzeitig die Sicht versperrte, als könne sie ihn so mit ihrem Blick durchdringen und sich mit eigenen Augen Gewissheit verschaffen … Da regte sich plötzlich der Vogel auf ihrer Schulter. Er schien Makanis wachsende Anspannung gespürt zu haben. Er bewegte seine Füße, hob erst den einen, dann den anderen und dann mit einem Mal schlug er seine Krallen mit Wucht wieder in ihr Fleisch. Makani fuhr vor Schmerz zusammen und kniff die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, durchdrang ihr Blick tatsächlich den Stein … Es war, als finge ihr linker Augapfel an zu glühen. Das Gefühl war kaum zu ertragen, aber sie konnte nun ganz deutlich sehen, wie sie alle in einer hohen Felsengrotte standen im Kreis irgendein rechteckiges Gebilde aus Stein umringend. Doch auf diese seltsame Weise hatte sie noch nie zuvor einen Menschen gesehen, denn die sah sie durch das Sharingan … Ihre Körper waren nicht mehr als Schemen, von ihrer Substanz kaum zu unterscheiden von dem leblosen Stein der Höhlenwände. Zugleich nahm sie beinah verstörend klar und detailliert jede kleinste Bewegung wahr: Hier verlagerte jemand sein Gewicht von einem Bein aufs andere, da zuckte ein kleiner Finger, dort blähten sich Nasenlöcher … Sie erkannte deutlich die Züge von Fugaku, Tekka und Inabi, doch sie wirkten wie aus Marmor gehauen und, obwohl sie noch das kleinste Zucken von jedem der fünfzig Gesichtsmuskeln registrierte, fehlte ihren Mienen jeglicher Ausdruck – ihre Gesichter, ihre Haut, ihr Fleisch, ihre Knochen, ihr Haar, alles war von einem schemenhaften grau – ganz im Gegensatz zu dem, was in grellem rot dahinter, dazwischen und hindurch floss, nicht ihr Blut, nein, es musste ihr Chakra sein, das dort wie der Energieträger einer eigentümlichen Maschine unablässig nach oben und wieder nach unten gepumpt wurde. Makani hatte gewusst, dass das Sharingan in der Lage sein sollte Chakra zu sehen, aber dass es so plastisch, so konkret sein würde, hätte sie sich nicht vorstellen können. Es war etwas völlig anderes, als die Präsenz von jemandem zu spüren. Dieses Gefühl war der Kunoichi wiederum sehr vertraut. Doch dabei handelte es sich um etwas viel diffuseres und weniger eindeutiges. Die ganze Zeit, während sie gelauscht hatte, hatte sie die Anwesenheit von Personen, das Fließen von menschlichem Chakra jenseits der meterdicken Felsen gespürt, doch es war ein schwaches Gefühl gewesen und es hatten sich zu viele Präsenzen vermischt, die ihr nicht vertraut genug waren, als dass sie jemanden dadurch hätte erkennen können – nein, ganz richtig war das nicht … Einen der anwesenden Clanmitglieder hatte sie viel stärker gespürt, er stach deutlich aus dem dumpfen Meer der Auren hervor und nun verstand Makani plötzlich auch, wieso: Die Chakraflüsse von Fugaku, Tekka und fast aller anderen strömten ruhig und gleichmäßig ausschließlich innerhalb ihrer Körper. Das Chakra von Inabi dagegen bewegte sich deutlich schneller, es pulsierte leicht und kleine haarfeine Rinnsale traten aus seinen Schläfen. Sie wanden sich in geschwungenen Bögen durch die Luft und ihre Enden umspannten wie ein loses Gewebe aus roter Seide den Kopf der zierlichen Gestalt, die neben Inabi stand: Izumi … Das Erstaunen darüber, dass sie die Genjutsu, die der Uchiha über die Kunoichi gelegt hatte, tatsächlich sehen konnte, nahm Makani in diesem Moment so gefangen, dass sie zunächst vergaß, über Izumis Anwesenheit schockiert zu sein. Stattdessen wandte sie ihren Blick von ihr ab und sah an sich selbst hinunter. Begierig dort das faszinierende rote Strömen und Fließen aus nächster Nähe zu sehen, erschrak sie umso mehr, als sie zum ersten Mal ihr eigenes Chakra erblickte. Es hatte sich tief in ihren Körper zurückgezogen und es war nicht von jenem leuchtenden Rot, sondern nahezu transparent mit einem nur zu erahnenden rötlichen Schimmer. Makani war eigenartig verstört vom Anblick ihres Körpers, der ebenso schemenhaft und grau war wie der aller anderen, durch den aber darüber hinaus dieser geisterhaft farblose Fluss strömte, als sei er nur die Erinnerung an ein echtes lebendiges Chakra. Einem spontanen Bedürfnis nachgebend, hörte sie auf ihr Chakra zu unterdrücken und an ihre Umgebung anzugleichen. Der Effekt war beeindruckend: Es sah aus, als hätte jemand eine konzentrierte Menge reines Farbpigment in einen klaren Bach geworfen. Sofort breitete sich ausgehend von ihrem Körperzentrum der intensive Rotton aus … Für wenige Sekunden genoss Makani den Anblick – bis ihr klar wurde, was sie da gerade tat: Sie war im Begriff sich zu verraten … Mit Gewalt kniff sie beide Augen zu und zwang sich und ihr Chakra zur Ruhe. „Hmm … aber jetzt ist sie nun einmal hier. Dann können wir uns auch ebenso gut anhören, was sie zu sagen hat, oder nicht?“, hörte sie jemanden sagen ohne zu erkennen, wessen Stimme es wer. Dafür rauschte ihr noch viel zu laut das eigene Blut in den Ohren. Sie war sich ziemlich sicher, dass Fugaku sich abermals weigern würde, doch zu ihrer Verwunderung lenkte er nach kurzem Zögern ein: „Wohl wahr, sie ist hier … nun gut, Inabi, gib sie frei.“ Daraufhin trat eine längere Pause ein. Makani wagte es trotzdem nicht, ihre Augen noch einmal zu öffnen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich wieder allein auf ihr Gehör zu konzentrieren und zu warten … „Uchiha Izumi“, ertönte schließlich abermals Fugakus Stimme, laut und herrisch. „Du bist heute auf eigenen Wunsch hier her vor deine Clan-Brüder geführt worden, weil du wichtige Informationen mit uns teilen möchtest. Ist das richtig?“ „Jaaa ...“ Izumi sprach schleppend und undeutlich. Es klang fast ein wenig, als wäre sie betrunken. „Also wir hören dich. Was für Informationen sind das?“ Fugakus Ton war wieder vollkommen kalt und sachlich. War, als er mit Inabi gesprochen hatte, sein Unwille noch deutlich zu spüren gewesen, ließ er nun keinerlei Emotionen mehr erkennen. „Äm also … ich danke dir Fugagu-san, dassu mir erlaubst hier susein un dassu mir suhören willst … also.“ Makani schien es, als wolle Izumi mit diesen gelallten Floskeln Zeit gewinnen, bis ihr die richtigen Worte – oder irgendwelche Worte – einfielen. Die soeben erst aufgehobene Genjutsu machte ihr offensichtlich zu schaffen. Und Makani wusste, wie sehr sich Izumi vor dem Clan-Oberhaupt fürchtete. Sie konnte sich sehr gut daran erinnern, wie sich die Jüngere an sie geklammert hatte, als sie beide Fugaku damals gemeinsam gegenüber gestanden hatten. „Äm … also“, setzte Izumi noch einmal an, „ich wollte mein ganzes Leben lang Teil dieses Clans sein! Meine Mutter hat einen furchtbaren Fehler gemacht, als sie euch verließ. Ihr könnt sicher sein, dass sie es sehr schnell bitter bereut hat! Mein Vater war ein Idiot, hat sie sitzen lassen - “ „ - das sind wohl kaum Information, die von irgendeinem Nutzen für uns sind.“ Die Kälte in Fugakus Worten schien nun durch Fleisch schneiden zu können. Doch erstaunlicherweise schien Izumi sich davon nicht beirren zu lassen. Sie sprach sogar lauter weiter als zuvor – vielleicht half ihr der kleine Rausch, den Inabis Illusion hinterlassen hatte, sogar dabei: „Nein, bitte, lasst mich erklären! Ich weiß, dass ihr mich wegen meiner Eltern nicht mögt und dass ihr mir nicht traut, weil dein Sohn, Fugaku-san, mich in den Clan geholt hat … Doch bitte versteht mich! Er war der einzige Uchiha, der mir je die Hand gereicht hat. Ich habe gedacht … Ich war so dumm! Bitte verzeiht mir!“ Nun brach die Kunoichi in Tränen aus. Für ein paar Momente war nur ihr Schniefen zu hören, dann fuhr sie mit etwas zu hoher Stimme fort: „Ich konnte mein Glück kaum fassen … der Sōryō der Uchihas wollte mich in den Rat einführen. Ich konnte doch nicht wissen, was für ein … dass er ein verdammter Verräter ist! Aber glaubt mir, jetzt weiß ich es!“ „Was weißt du?“, fuhr Fugaku schneidend dazwischen. „Wenig … also ein bisschen. Aber ihr müsst euch nicht sorgen. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen, das schwöre ich! Ich würde nie etwas tun, das - „ „Was weißt du?“ Es klang, als wäre das Clan-Oberhaupt kurz davor, handgreiflich zu werden. „ … Itachi ist Mitglied der ANBU!“ Izumi schrie nun fast. Zwei oder drei der Anwesenden schnaubten verächtlich. „Er sollte die Uchihas im Auftrag der ANBU ausspionieren. Er hat sich von unseren Feinden kaufen lassen! Er hat Shisui getötet, weil er ihm auf die Schliche gekommen ist. Dass er dadurch auch Rache dafür nehmen konnte, dass er von seinem Platz in diesem Clan verdrängt wurde, kam ihm sicher auch nicht ungelegen …“ Fugaku schien seine Fassung wiedergefunden zu haben. „Woher willst du das wissen?“, fragte er ruhig. Izumi zögerte einen Moment, dann sprach sie sehr hastig, als wollte sie es möglichst schnell hinter sich bringen: „Ich stehe in Verbindung mit Itachi. Wir treffen uns heimlich ... Er liebt mich!“ Inabi stieß einen keuchenden Laut hervor. „Er hat von mir verlangt, dass ich ihm Informationen aus dem Clan verschaffe. Ich sagte, ich würde ihm helfen … Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Ich habe mich auch nicht getraut ihn abzuweisen. Er würde mir sicher etwas antun, wenn er erfährt, dass ich euch und nicht ihm die Treue halte. Aber ich bin mir sicher, ich könnte wertvolle Informationen von ihm beschaffen. Lasst mich euch helfen! Ich tue alles, was getan werden muss, um den Clan zu schützen. Und bitte helft mir! Ich habe solche Angst vor ihm … „ Ihre letzten Worte gingen in einem erneuten Weinkrampf unter. „Schon gut, Izumi“, sagte Inabi zärtlich, wenngleich auf eine ziemlich plumpe Weise, „du brauchst keine Angst zu haben.“ Dann hob er die Stimme: „Wir müssen ihr helfen! Sie ist eine Clan-Tochter. Wir sind für sie verantwortlich!“ Makani konnte Inabis mitfühlende Reaktion erstaunlich gut nachempfinden. Izumis herzzerreißende Vorstellung hatte selbst in ihr einige unangenehme Verwirrung ausgelöst, als ein emotionaler Teil ihren Tränen spontan Glauben schenken wollte. Doch der rationale Rest wusste, dass die jüngere Uchiha hier brillantes Theater spielte, dass sie log, lügen musste! Warum sie das tat, erschloss sich Makani dagegen noch nicht. „Das ist wahr, wir sind verantwortlich für dich, Uchiha Izumi, seit dem Tag, als dich mein Sohn zu uns zurück geführt hat. Und selbstverständlich werden wir dem gerecht werden.“ Die feinen Nuancen in der Stimme des Clan-Oberhauptes hatten sich abermals gewandelt. Sie drückten nun grenzenlose Überheblichkeit und fast so etwas wie Belustigung aus. „Doch ich bin erfreut zu hören, dass scheinbar auch mein Sohn seiner Verpflichtung weiterhin nachkommt, obwohl du ihm seine Treue offensichtlich nicht dankst … Leider kann man von einer jungen Frau kaum ein Verständnis dafür erwarten, dass es größere Dinge gibt als Romanzen und primitive Prügeleien um Macht. Dass du deinem Beschützer allerdings einen Mord aus derart trivialen Beweggründen unterstellst, kommt einer Beleidigung gleich. Ja, nach den lächerlichen Gesetzen des Hokage, an die er sich selbst am wenigsten hält, mag es Mord gewesen sein und er soll strafen, wie er es für richtig hält – wir brechen die Abkommen, die wir einst eingingen, nicht! Nach unseren Gesetzen aber ist Shisui im fairen Zweikampf unterlegen. Als Sōryō war es seine Aufgabe und Prüfung zugleich den Verräter im Kampf zu stellen und damit unser Urteil zu vollstrecken. Auch mein Sohn hat Verantwortung für seine verhängnisvollen Entscheidungen übernommen und sich dem Zweikampf gestellt. Doch letztendlich hat das Schicksal ein Urteil gefällt: Der Vollstrecker hat die Prüfung nicht bestanden. Der Verräter hat triumphiert …“ Während das Clan-Oberhaupt gesprochen hatte, waren von einzelnen Anwesenden halb unterdrückte Laute des Entsetzens zu hören gewesen, darunter auch Izumi und Tekka. Dann trat eine längere Stille ein, die so schwer war wie die Schichten aus Stein und Erde über ihren Köpfen, eine Stille, wie sie vielleicht nur in Gräbern herrschen kann … Erstaunlicherweise ergriff Inabi als erster wieder das Wort: „Heißt das … ich muss Itachi als nächster herausfordern?!“, presste er hervor, nackte Panik in der Stimme. Fugaku stieß ein kurzes bellendes Lachen hervor. „Das wäre mit Sicherheit der schnellste Weg, einen weiteren Sōryō loszuwerden. Mein Sohn war nicht ohne Grund seit Kindertagen als zukünftiges Oberhaupt vorgesehen. Er ist vielleicht der talentierteste Shinobi, den die Uchihas jemals hervorgebracht haben. Er hätte den Clan zu nie dagewesener Größe führen können ... Nein, dieses Mal schlagen wir den Sarutobi und seinen Nenashi bei der ANBU mit ihren eigenen Waffen. Ich habe heute alle alten Clans zu einem Dorfgericht einberufen. Dort werden wir meinen Sohn nach ihren Gesetzen wegen Mordes verurteilen. Und dann wird es endlich so weit sein: Gemeinsam werden wir den Hokage absetzen und wir Uchihas werden endlich wieder die Position in diesem Dorf einnehmen, die uns zusteht und die wir einnehmen müssen, um Konoha auf den richtigen Weg zurückzuführen. Die Clans werden die einzig richtige Entscheidung treffen, denn sie werden endlich erkennen, dass ihre eigene Dorfführung sich gegen sie gewendet hat!“ Makanis zitterte am ganzen Körper und in ihrem Kopf rauschte ohrenbetäubend ihr eigenes Blut, sodass sie kaum noch in der Lage war zu realisieren, was weiter gesagt wurde. Sie konnte nur noch daran denken, wie Itachi alles hatte mitanhören müssen. Am liebsten hätte sie das Mikrophon ihres Funkgerätes ausgeschaltet oder zugehalten, aber sie war wie gelähmt. Der Verzweiflung nahe riss sie die Augen nun doch wieder auf und noch einmal zeigte ihr das Sharingan auf jene verstörend verzerrte Weise die Gestalt Fugakus. Wie eine imposante und gleichzeitig entmenschlichte Statue aus grauem Stein stand er da, den stählernen Blick, in dem sich sein blutrotes Chakra konzentrierte, unerbittlich auf irgendein Ziel in der Ferne gerichtet. Er hat Shisui beauftragt Itachi zu töten … „Also ich muss zwar zugeben, Fugaku, dass dieser Plan einen gewissen Reiz hat“, meldete sich nun wieder Dentō zu Wort, „und ich halte es sogar für wahrscheinlich, dass es auf diesem Weg gelingen könnte, den Sarutobi abzusetzen. Der Unmut der Clans über ihn ist groß, wir würden wohl eine Mehrheit gegen ihn gewinnen. Aber was passiert dann? Können wir sicher sein, dass sie nicht einfach einen neuen Hokage wählen wollen oder dass auch der Senju-Clan die Führung im Dorf beansprucht? Höchstwahrscheinlich werden weitere Intrigen und weiteres Geschacher folgen. Dinge, die eigentlich unter unserer Würde sein sollten.“ Aber das ist es!, schoss es Makani durch den Kopf. Er hat den Mord an seinem eigenen Sohn in Auftrag gegeben. Er hat tatsächlich ein Verbrechen begangen! Dentō fuhr noch eindringlicher fort: „Dabei ist die Lösung doch zum greifen nah! Wir wissen, wer der Jinchuuriki des Kurama ist. Alles, was uns im Weg steht, ist ein kleiner Junge ohne Clan und ohne Eltern. Wenn wir dieses lächerliche Hindernis überwinden, wenn der Kurama uns dient, wie er es schon einmal getan hat, werden wir nie wieder mithilfe irgendwelcher intriganter Pläne für unser Recht kämpfen müssen!“ Wenn sie das Dorfgericht abhalten und Itachi anklagen, müssen wir aufdecken, wie es wirklich war. Jetzt haben wir den Beweis!       * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)