(A)I complicate von Naoi-chan ================================================================================ Kapitel 5: Flash Back or Push Forward ------------------------------------- » Liams View « Man sagt, dass das unsichtbare Band zwischen zwei Menschen die füreinander bestimmt sind, durch nichts und niemanden getrennt werden kann. Desto älter ich werde, desto weniger kann ich daran glauben, dass es wirklich so etwas wie Seelenverwandte gibt. Und falls doch, spüren wir die Verbundenheit zu diesem einen Menschen, der uns vorbestimmt ist? Kann dieses Band wirklich durch nichts und niemanden getrennt werden? „Alles in Ordnung Liam?“ drei Augenpaare ruhten auf mir. Rey und Akira hatten ihr Termine hinter sich gebracht und nun saßen wir in einem kleinen lokalem Restaurant in der Nähe unseres Hotels „Ja... Ja sicher.“ „Du hast kaum etwas gegessen...“ Rey deutete auf meinen Teller und ein besorgter Ausdruck lag in seinen schönen Augen. Ich lächelte leicht und legte eine Hand auf seine zierliche und irgendwie relativ kalte Hand. "Es ist wirklich alles in Ordnung... Ich bin nur nicht sehr hungrig. " eine leise Stimmer in meinem Inneren flüsterte mir, dass die Worte, die ich gerade über meine Lippen gebracht hatte, eine Lüge waren. Der grauhaarige neben mir nickte scheinbar zufrieden und setzte seine eigene Nachrungszufuhr fort. Er war unfassbar niedlich, wenn er besorgt war. Das war eine der Eigenschaften, die ich so sehr an ihm liebte... Und dennoch war irgendwie alles anders. Ich hatte schon immer gewusst, dass ich auf Männer stand. Ich hatte es nie an die große Glocke gehängt und dennoch wusste ich irgendwie dass es die Menschen, die mir wichtig waren, wussten. Dass es der eine Mensch, der mir am Wichtigsten war, es wusste. >>>> Flashback <<<< „Können wir für immer zusammen sein Li-Kun?“ es war unser erstes Jahr an der Highschool und wir hatten gerade fünf Tage voller neuer Begegnungen mit Lehrern und Mitschülern hinter uns gebracht. Seija wollte das Wochenende mal wieder bei mir verbringen... Die letzten 10 Jahre hatte er eigentlich jedes Wochenende bei mir übernachtet, somit war es nichts Besonderes. Aber vor knapp drei Jahren, hatte meine Tante uns untersagt im selben Bett zu schlafen. » Ihr seid jetzt schon fast richtige Männer... « hatte sie damals gesagt. » Das gehört sich nicht mehr. « Wir hatten ihre Worte eine ganze Weile nicht verstanden und Seija war noch nie jemand gewesen, der das tat, was man ihm sagte. Also hatte er sich immer zu mir ins Bett geschlichen - kurz nach Mitternacht. Jedes Mal. Wir waren es schließlich gewohnt, die Nähe und Wärme des Anderen zu spüren. In unserer unschuldigen Welt, war ja auch nichts dabei. „Was redest du da?“ „Muter sagt, ich soll mir bald eine Frau suchen... Die sich um mich kümmert und meine Kinder versorgt, wenn ich mal ein anerkannter Arzt bin.“ er schlang seine Arme um meinen Nacken. „Ich habe Mutter gesagt, dass ich mir außer dir niemanden vorstellen kann, der sich um mich und meine Kinder kümmert. " Ein leises Kichern erreichte mein Ohr und es kitzelte etwas. Ich grinste ihn an und wie gewohnt drückte ich seinen warmen weichen Körper näher an mich. Sog seinen Duft ein, als ob es mir die Luft zum Atmen geben würde. „Welche Frau wird das zulassen Sei - Chan?“ „Wenn es diese Frau nicht gibt - Die, die dich an meiner Seite akzeptiert meine ich - dann werde ich wohl niemals heiraten.“ murmelte er, eher er immer schwerer wurde und sein gleichmäßiges Atmen mir verriet ,dass er wohl eingeschlafen war. Ich lag in dieser Nacht sehr lange wach, um über seine Worte nachzudenken. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, dass es ein Leben geben könnte, in dem Seija und ich nicht zusammen sein würden. Das war so absurd... Für mich war schon seit unserer ersten Begegnung klar gewesen, dass wir beide für immer miteinander verbunden sein würden. Er war mein bester Freund... Das war doch völlig selbstverständlich. Dies war vermutlich die erste Nacht, in der ich realisierte, dass diese unschuldige kleine Welt - in die wir uns immer flüchteten um uns selbst zu erklären, warum wir mit 16 Jahren immer noch im selben Bett schliefen, warum wir immerfort die selbe Decke teilten obwohl wir jeder eine eigene hatte und er immer in meinen Armen einschlief und auch wieder aufwachte - dass diese Welt langsam zu bröckeln begann. >>>> Flashback Ende <<<< Aber was ich damals für Seija empfunden hatte, war anders als das was ich nun für Rey empfand und noch mal ganz anders, als das was ich für den jenigen empfand, der mir gegenüber saß. Seine grünen Smaragde blickten mich nachdenklich an. Wir hatten kaum miteinander gesprochen in den letzten Stunden. Es lag diese unangenehme Spannung zwischen uns, von der keiner von uns so richtig wusste, wo sie plötzlich hergekommen war und was es bedeutete. „Und du hast auch kaum etwas gegessen Ken-ken…“ die Stimme meines Geliebten riss mich aus meinen Gedanken. „Hat Yu sich gemeldet?“ Sein Blick schweifte zu meinem Sitznachbarn. „Eh - Nein.“ er schüttelte den Kopf und seine dunkle Mähne wippt. Ken war schön.... es schien zwar in der Familie zu liegen, aber seine Ausstrahlung war unglaublich, obwohl er nun diesen tief traurigen Glanz in den Augen hatte. „Ich - ich habe Mein Handy ausgeschaltet.“ Rey seufzte. „Hm... Vielleicht ist es besser so.“ Grüne Smaragde wanderten in meine Richtung. Und Mein Herzschlag setzte augenblicklich für einige Sekunden aus vor Schreck... Was zur Hölle, war hier los? Ken war Yus Freund und ohne diese Verbindung hätte ich wohl Rey niemals kennengelernt. Warum konnte ich ihm kaum in die Augen schauen? Es waren keine romantischen Gefühle... Aber irgendwie verwirrend. „Yu-Chan war deine erste Liebe... Aber nicht die letzte.“ vernahm ich Reys Stimme. Ken lächelte. Kein echtes Lächeln... Es war irgendwie gezwungen, wie damals, als er sein erstes Nummer eins Album hatte, und die Reporter ihn fragten, ob er jemals damit gerechnet hätte. Er hatte gewusst, dass er ein Talent war. Er wusste was er für eine Stimme hatte. Aber er tat immer unschuldig und unwissend, als würde er nicht an sich selbst glauben. „Ja...“ seine Lippen umspielte nun ein sanftes Lächeln. „Vielleicht...“ „Aber ewig kannst du nicht davon rennen.“ der ältere von Beiden erzwang sich ein Lächeln, woraufhin Ken sofort den Kopf hob. Einen Augenblick herrschte Schweigen. „Ich weiß Oji-san...“ Kens Blick streifte für wenige Sekunden zu mir. Keine Ahnung weshalb, aber ich erstarrte sofort. Wir hatten in den letzten Stunden kein Wort miteinander gewechselt und dennoch wusste ich - nein - spürte ich, dass es da etwas wichtiges gab, was zwischen uns stand. Ken zuckte daraufhin kurz und starrte dann für eine gefühlte Ewigkeit auf seinen Teller. Er war der Neffe meines Freundes... wir hatten in den letzten Monaten sehr viel Zeit miteinander verbracht und es war immer zwanglos und unbeschwert gewesen. Was hatte sich seid dem verändert. . . . „Irgendwie war das merkwürdig...“ Rey griff nach einem Kleidungsstück aus seinem Koffer,und faltete es behutsam, eher er es in dem leeren Schrank vor sich verstaute. „Ken war noch nie so still wie heute. Ich meine, ich weiß, Yu-Chan war seine große Liebe... es ist so ungesund, wie sehr er leidet... ich wünschte, ich könnte ihm helfen.“ „Was meinst du ?! " die Worte waren deutlich schneller und so viel härter über meine Lippen gekommen, als ich wollte. Wenige Sekunden blinzelte Rey. Dann schlich sich ein Zucker süßes Lächeln auf seine Lippen. „Weil er ihn seit 16 Jahren liebt Liam...“ war das ein Stich? „Weil Ken Yuji vermutlich sogar, seit ihrer ersten Begegnung liebt." Gab es etwas widerlicheres als Kitsch? „Ich dachte immer sie sind füreinander bestimmt...“ Ein tiefes Seufzen entkam ihm. „Für Ken ist Yu alles... Die erste Liebe vergisst man nie.“ Ich nickte und ein schwerer Stein lies mich an die Bettkante sinken. » Die erste Liebe vergisst man nie « Rey nahm neben mir Platz. „Für mich bist du auch alles... " flüsterte er und mich überkam sofort ein schlechtes Gewissen, als er auch zeitgleich meine Hände ergriff und einen sanften Kuss auf sie hauchte. „Du bist das Beste, was mir je passieren konnte... " Ich zwang meine Lippen zu einem Lächeln. Rey war perfekt.... Er war wunderschön, klug und so unfassbar fürsorglich. Aber seine Worte hatten mich irgendwie aus der Bahn geworfen. „Und deshalb“ fuhr er leise fort. „Und deshalb... möchte ich, dass du meine Familie kennenlernst.“ „Was?“ ich schnappte kurz nach Luft. Reys grüne Augen schimmerten hoffnungsvoll und er schmiegte sich an mich. „Mein Bruder weiß bis heute nicht, dass ich... Dass ich - na du weißt schon. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, es wäre falsch... Aber seit ich dich kenne...“ er lächelte nun fast schon schüchtern. „Seit ich dich kenne, weiß ich, dass das was ich für dich empfinde, nicht falsch sein kann...“ Ich war sprachlos... Die ersten Monate hatte es mich natürlich etwas verletzt, dass er uns vor seiner Familie geheim hielt. Aber ich kannte dieses Verhalten nur zu gut - Verstand es zu gut. In meiner Familie gab es nur noch mich und meine Tante. Und sie schien sich seit einigen Jahren endlich damit abgefunden zu haben, dass ich keine Frau mit nach Hause bringen würde... Somit hatte ich nicht viel zu verlieren. Aber Rey... Rey stammte aus einer Familie von Akademikern. Ärzte, Richter, Anwälte... So ziemlich jeder schien eine Ikone in seinem Bereich zu sein. Und sein Bruder war sogar vor wenigen Monaten zum obersten Richter berufen wurden und soetwas wie der Mittelpunkt der Familie. Seit ich ihn kannte, wollte Rey nichts anderes, als seinem Bruder zu gefallen. Er war der erste der nicht den klassischen Akademischen Weg gegangen war und dadurch, dass ihm ausgerechnet Ken folgte, stand er nicht gerade ganz oben in der Gunst der anderen Familienmitglieder. Auch wenn er es nie zugab, ich wusste, wie sehr es ihn verletzte. Und er wollte mich tatsächlich dieser Familie vorstellen... Er wollte, dass ich den Menschen traf, dessen Meinung er sogar mehr fürchtete, als den größten Kritikern der Musik Rubrik aus der » Tokyo News «. Gerade hatte ich es geschafft, meine Stimme wieder zu finden und seinem hoffnungsvollen Blick zu begegnen, da klingelte mein Handy - laut und aufdringlich. War da etwa gerade soetwas wie der Hauch von Erleichterung? Ich erhob mich hastig und griff nach dem kleinen vibrierenden und klingendem Gerät auf dem kleinen Nachttisch neben dem Bett. „Hai?“ „Oi... Li-Sama...?“ War das etwa Seiji? „Wo bist du?“ Es war eindeutig seine Stimme. „Shanghai..." Ich spürte Reys bohrenden Blick auf mir, als ich ans Fenster trat. „Oh...“ ein kurzes Schweigen folgte am anderen Ende der Leitung. „Verstehe...“ er seufzte leise. „Kannst du sprechen?“ Ich wand mich um und begegnete Reys verwirrten und neugierigen dunklen Augen. Seine langen Haare fielen ihm ins Gesicht und ich dachte an unsere erste Begegnung. Damals hatte ich an nichts anderes denken können, als diese wunderschönen Augen. Ich hatte vor Seija nie so etwas empfunden und hatte kaum meinen eigenen Namen über meine Lippen bringen können als er sich uns vorstellte. Und nun.... Nun konnte ich an nichts anderes denken, als genau diesen Augen zu entkommen. „Ich geh kurz raus...“ murmelte ich schnell und hauchte einen Kuss auf seine Wange, ehe ich vor meiner Verantwortung und seinen Erwartungen floh. Ich wusste, dass es ein wichtiger Moment in unserer Beziehung war. Vermutlich der wichtigste, den wir je gehabt haben... Aber irgendwie konnte ich mich jetzt nicht damit auseinander setzen. Seiji schwieg am anderen Ende des Hörers. Er schwieg solange, bis ich das Zimmer verlassen, mit dem Aufzug in die oberste Etage und somit auf die Dachterrasse gelangt war. „Okay...“ Hauchte ich, als mir der kühle Wind entgegen schlug und trat ans Gelände. Hongkong lag mir zu Füßen und war wirklich atemberaubend bei Nacht. „Ok... " wiederholte Seiji mich und räusperte sich kurz. War er nervös? „Gestern auf seiner Überraschungsparty... " „Sorry, dass wir so früh gehen mussten... " warf ich schnell ein und dachte an seinen enttäuschten Gesichtsausdruck als wir uns verabschiedet hatten. „Schon gut... es war eh ein Reinfall. Ich dachte, dass nach all der Zeit... Dass ich alles bin, was er braucht... Und - und ihn glücklich macht... Aber..." seine Stimme zitterte. „Aber Yuji hat den ganzen Tag geweint Liam...“ Es brach mir das Herz all die Schmerzen und die Verzweiflung in Seijis Stimme zu hören. Er war wie ein kleiner Bruder für mich. Und das auch schon immer gewesen. Egal wie sehr mich sein Bruder verletzt hatte, war Seiji immer auf meiner Seite gewesen. „Nicht mal seine Freunde aus Chiba konnten ihn aufmuntern...“ Seiji schluckte. „Ich habe Yu noch nie so erlebt Liam ...“ Solangsam wusste ich worauf all das hinaus lief. Warum ich diese verwirrten Gefühle hatte, wann immer ich Ken sah. „Ich weiß... Ich weiß dass Ken Yuji liebt... Vermutlich sogar schon sein ganzes Leben...“ er schwieg wieder kurz. „Denkst du... denkst du es ist möglich, dass Yuji diese Gefühle erwidert?“ Seiji liebte Yuji über alles... Und Yuji liebte Seiji, aber vermutlich - vermutlich liebte er auch seinen besten Freund - Ken. Und Ken erinnerte mich einfach so verdammt an mich selbst, vor einigen Jahren. „Was genau ist passiert, Sei... ?!“ Er lachte leise. „Gehst du einer Antwort aus dem Weg, weil du befürchtest, es könnte mich verletzen?“ Leider kannte er mich zu gut. „Schon gut. Ich habe mit Seija gesprochen.“ Er schwieg wieder einige Sekunden. „Er hat mir von seinem 21.Geburtstag erzählt.“ Seinem 21.Geburtstag? Ich grübelte kurz und plötzlich schossen mir tausend Erinnerungen durch den Kopf und ich wusste genau, warum Seija das sagte. Ich wusste genau welche Botschaft er mir durch Seiji übermitteln wollte. „Liam?“ eine mir vertraute Stimme durchbrach die Stille zwischen mir und Seiji. Ich wand mich mit starkem Herzklopfen um und blickte in verwirrte grüne Seen. „Ken!“ Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen, während er seine Hände in die Hosentaschen vergrub und langsam auf mich zu kam. „Ich ruf dich zurück..." murmelte ich in den Hörer und behielt den dunkelhaarige Musiker vor mir im Blick. Er kam neben mir zum stehen und beobachtete wie ich mein Handy ausschaltete. „Störe ich ?“ Ich schüttelte den Kopf. Diese Spannung und das merkwürdige Herzklopfen... Langsam begriff ich was mit mir los war. „Kannst wohl auch nicht schlafen?“ er strich sich durch die Haare und sein Blick wanderte über die dunkle Stadt, deren Lichter ihr einen mysteriösen Charme verlieh. „Ich wollte an einem Song arbeiten, aber irgendwie... Fehlt mir die Motivation. " „Ich habe dich angelogen...“ Sein Kopf wirbelte wieder in meine Richtung. „Ich habe dich angelogen, als ich dir nahe legte, du solltest ihn besser aufgeben. Vermutlich habe ich mich selbst belogen... " Grüne Smaragde flackerten verwirrt, während er mich musterte. „Wovon redest du - ?“ „Hörzu... Es gibt da etwas, was ich dir erzählen muss.“ >>>> Flashback <<<< Es war der 23. Oktober 2006 - Seijas 21. Geburtstag. Chiakie und ich waren seine besten Freunde, also hatten wir eine kleine Überraschungsparty für ihn geplant. Chiakie hatten wir erst in der Oberstufe kennengelernt... Er war etwas größer als Seija, aber trotzdem noch kleiner als ich. Die Beste Eigenschaft an ihm, war wohl dass er eine gewisse Normalität in unsere Freundschaft brachte. Wir hatten uns nie wirklich abgestimmt. Aber in seiner Nähe, hielten wir Abstand von einander. Schliefen nicht unter der selben Decke, keine Umarmungen aus einem Reflex heraus, hielten nicht die Hand des anderen im Kino... Es war wie ein unausgesprochenes Abkommen. „Hast du auch ans Eis gedacht?" hektisch riss er das Gefrierfach auf und sofort fiel ihm ein großer Beutel Crushed Eis entgegen. Ich lachte leise. „Beruhige dich Chiakie... Es ist alles vorbereitet. Es sind fast alle Gäste da und Seija sollte in ein paar Minuten ebenfalls hier sein.“ Er grinste und fuhr sich durch die Haare, während er einen Blick auf besagte Gäste warf. Seine Eltern Gehörten zur Prominenz Tokios und hatten uns das Poolhaus zur Verfügung gestellt. Eigentlich war er immer ein sehr entspannter und ausgeglichener Typ gewesen. Aber in den letzten Wochen, war er geradezu ein nervliches Wrack. „Was ist mit dir in letzter Zeit?“ ich füllte zwei der Becher mit Sake. Ich war schon 21 und hatte uns so problemlos den Alkohol besorgen können. „Ich - " er schluckte und nahm einen der Becher mit beinahe zitternden Händen. „Ich... Kann ich dir alles sagen?“ Ich nickte ohne zu zögern und hatte plötzlich das Gefühl, mir Sorgen machen zu müssen. „Wahrscheinlich weißt du es eh schon. Ich bin so offensichtlich... Also gut... Ich ... Ich - Ich liebe Seija... Ich meine-“ er fuhr sich nervös durch die dunklen Haare. „Ich bin verliebt in ihn. So richtig... und ich will dass alles perfekt wird." Es war wie ein fester Schlag in die Magengegend und ich war absolut nicht fähig etwas zu sagen. „Ich -- ich glaube ich werde es ihm heute sagen Liam... Was meinst du? Du bist sein bester Freund...“ „ÜBERRRRAAAAASCHUNG!" wurde plötzlich von knapp 30 Leuten fast zeitgleich gerufen und eine Welle des Klatschens, Jubelns und Pfeifens durchdrang den Raum. Ich war noch völlig unter Schock, während Chiakie ebenso fassungslos wie ich Richtung Tür blickte und dann sofort einem völlig sprachlosem Seija entgegen lief. „Happy Birthday.“ hörte ich ihn säuseln und es zog sich alles in mir zusammen, als er ihn in eine feste Umarmung zog. Eine Umarmung die mich mit Furcht und Eifersucht erfüllte. Seija grinste ihn an und erwiderte die Umarmung. Unsere Blicke begegneten sich im selben Moment und ich sah etwas aufblitzen, was ich sonst nur sah, wenn wir alleine waren. Alleine ... Wir waren schon ewig nicht mehr alleine gewesen. Chiakie war in den letzten Jahren eigentlich ständig dabei gewesen. Die wenigen Momente in denen er nicht dabei war, waren meist dann, wenn unsere Familien was gemeinsam unternahmen. Ich nahm einen großen Schluck aus meinem Becher und sah, wie nun alle möglichen Gäste Seija umzingelten um ihn Ihre Glückwünsche zu übermitteln. Ich weiß noch, dass es mich so sehr aus der Bahn geworfen hatte, dass ich meinen Becher gegriffen und in die Küche geflüchtet war um meine Gedanken zu sortieren. Dort hatte ich eine gefühlte Ewigkeit verbracht. Irgendwann wurde die Musik lauter gedreht und ich vermutete dass nun die Begrüßung gelaufen war. Ich wusste nicht was ich tun, sagen oder fühlen sollte. Chiakie war in Seija verliebt. Schlimmer - er wollte es ihm sagen. Das eigentlich Schlimme daran war die Erkenntnis, dass ich seit Jahren ebenfalls diese Gefühle für Seija hatte und nicht fähig war, es ihm zu sagen. Ich wusste, inzwischen dass wir beide keine normale Freundschaft hatten, ich wusste dass auch er etwas für mich empfinden musste. All die Jahre hatte es nur uns gegeben und die Nähe die wir zueinander hatten, hatte ausgereicht. Aber allein der Gedanke, dass nun ein anderer Kerl ihn lieben, küssen und Gott weiß was wollte, schnürrte mir den Hals zu. Ich vernahm Schritte, die lauter wurden und plötzlich betrat jemand den Raum. Dunkel blaue Seen musterten mich verwirrt, während ihre Besitzer die Tür hinter sich verschlossen und näher traten. „Versteckst du dich vor mir?“ Ich sah ihn eine Weile an. Er trug ein weißes, relativ schmal geschnittenes Hemd und eine enge Jeans, die an beiden Knien Cut Outs hatte. Seine Haare hingen ihm wild ins Gesicht und gaben nur schwer den Blick auf seine schönen Augen frei. Er sah umwerfend aus. „Fuck.“ murrte ich, lies den Becher fallen, griff nach einem seiner Handgelenke und zog ihn an mich. Er grinste daraufhin und sah mich herausfordernd an, machte aber keine Anstalten, sich zu wehren. Ich schlang eine Hand um seine Hüfte und strich ihm nun mit der anderen Hand die Haare aus dem Gesicht. „Happy Birthday.“ flüsterte ich und hauchte vorsichtig einen kurzen, sanften Kuss auf seine Lippen. Es war unser erster Kuss. Mein erster Kuss überhaupt. Egal was noch geschehen sollte - ich wollte, dass er der Erste ist. Sein Grinsen wandelte sich zu einem Lächeln und er presste nach wenigen Sekunden seinerseits seine Lippen auf meine. Es war weniger vorsichtig, aber mindestens genauso sanft. Wir waren uns eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr so nah gewesen und ich wusste, dass es vermutlich der Moment war, in dem ich es ihm sagen sollte. In dem ich ihm endlich diese verfluchten drei Worte sagen sollte. Ich lies meinen Kopf in seiner Halsbeuge sinken. Ich konnte es einfach nicht. Ich dachte an seine Familie, die mich wie einen Sohn behandelte, dachte an all die Jahre die wir nun schon befreundet waren. Mein ganzes Leben war in irgendeiner Art und Weise mit ihm verknüpft. War es nicht perfekt so wie es war? Die meisten Liebesbeziehungen scheiterten doch eh irgendwann... und welche Chance hätten wir? Diese tiefe Freundschaft war doch viel mehr wert, als der Drang ihn küssen und berühren zu wollen. Seijas Finger glitten durch mein Haar. „Liam... ich muss dir etwas sagen…“ „Chiakie liebt dich.“ es war ein Flüstern, aber ich wusste, dass er mich verstanden hatte. Er hielt kurz inne und ich hatte das Gefühl, dass er auch für einen Moment die Luft angehalten hatte. „Das ist offensichtlich. Aber-“ er schob mich von sich. „Liam ich muss dir wirklich etwas sagen...“ Ich zwang mich den etwas Kleineren in die Augen zu schauen. „Ich denke, du solltest ihm eine Chance geben.“ Er starrte mich an und zog die Augenbrauen irritiert zusammen. „Denkst du das wirklich? Ist es wirklich dass, was du willst?“ Nein - schrie alles in mir. Natürlich nicht. „Ja.“ log ich aber schließlich und glaubte das Richtige zu tun. „Er ist ein guter Kerl.“ „Ein guter Kerl...“ murmelte Seija und senkte den Blick. Er sah plötzlich so verletzlich aus und ein Hauch von Reue Schlich sich in mein Herz. Ich ahnte, was er mir eigentlich hatte sagen wollen. Ich wusste, dass er bereit war seinen Stolz zu überwinden und dennoch war ich bereit ihn zu verletzen, um unsere Freundschaft zu schützen. „Also gut...“ er lachte bitter und strich sich durch die Haare. „Also gut Liam... Fuck you!“ kurz musterte er mich noch, ehe er verächtlich schnaubte und aus dem Raum stürmte. >>>> Flashback Ende <<<< Ich seufzte und strich mir durch die Haare. „Seija hat noch am selben Abend was mit Chiakie angefangen. Rückblickend wollte er mich wohl damit nur verletzen, aber die beiden waren darauf immerhin noch zwei Jahre zusammen... es hat mir das Herz gebrochen, aber ich habe mir immer wieder eingeredet, dass es das Beste ist. Und nach Chiakie, folgte Jin, dann Kilian und viele andere. Es hatte ihm gerade zu Spaß gemacht, mir jede neue Eroberrung unter die Nase zu reiben.“ Ken wand den Blick von mir ab und schien über meine Geschichte nach zu denken. „Seija ist ein Sadist. Aber wir haben uns beide sehr geliebt... mir war unsere Freundschaft nur wichtiger, als diese anderen Gefühle. Vielleicht wollte ich mich auch selbst schützen und wer weiß, wie es sonst ausgegangen wäre.“ Ich lachte bitter und strich mir über den Nacken. „Ich habe diesen Tag bis heute wirklich verdrängt...Ich habe Seija all die Jahre wie den Schuldigen behandelt, aber eigentlich ging es von mir aus. Ich war ein egoistisches Arsch.“ meine Gedanken schweiften für einen Augenblick zu Rey. „Ich BIN es wohl immer noch.“ „Und... liebst du ihn auch noch?“ Ich blickte auf die Stadt zu unseren Füßen und sog die kühle Luft scharf ein. „Ich werde Seija immer irgendwie lieben.“ Ich wand ihm mein Gesicht wieder zu und sah einen Hauch Verärgerung in seinen Augen aufblitzen. „Aber die Liebe zu Rey ist eine andere. Er ist meine Zukunft.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich bei meinem letzten Satz wieder auf Kens Lippen und er seufzte. „Was rätst du mir?“ „In den letzten Tagen, hast du mich so verdammt an mich selbst erinnert. Ich denke, du solltest auf dein Herz hören. Wenn du Yuji liebst und wirklich daran glaubst, dass ihr beide eine Zukunft habt, solltest du nochmal mit ihm sprechen und ihm beweisen, dass diese Liebe und Gefühle es wert sind, eure Freundschaft zu riskieren. Wenn nicht, solltest du die Vergangenheit hinter dir lassen und nach vorne schauen. Auch wenn du es nicht glaubst, du wirst irgendwann wieder lieben. Nicht genauso. Keine Liebe ist wie die andere und das ist auch gut so... Aber du wirst wieder lieben.“ Ken nickte und starrte schweigend auf seine Hände. Irgendetwas in mir sagte mir, dass er nicht so feige war, wie ich vor knapp zwölf Jahren. Eine leise Stimme flüsterte mir, dass ihm die Liebe zu Yuji wohl wichtiger war, als eine reine Freundschaft... . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)