All of our Flaws von Leilan (Vi/Cait) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3: Neuanschaffungen -------------------------------------- ------------------------------------------ Kapitel 3: Neuanschaffungen „Das hier ist echt rattenscharf!“, stieß Vi begeistert aus und fuhr mit der Handfläche beinahe sinnlich über das blankpolierte silberne Metall des Cockpits des vor ihr stehenden Motorrades. „Absoluter Oberhammer“, fügte sie an, als hätte ihre erste Aussage ihrer Begeisterung noch nicht genügend Ausdruck verliehen. „Das ist eine Spezialanfertigung für einen Kunden“, antwortete der Yordle, der sie gerade durch die Werkstatt führte und blickte sie mit einem tadelnden Blick an. Er steckte seinen Schraubenzieher, mit dem er gerade daran gearbeitet hatte, in den Gürtel und warf seine wilde, lockige Mähne nach hinten, bevor er sich ihr wieder zuwandte: „Bitte nicht anfassen. Es ist noch instabil.“ „Schaaaarf“, war Vi‘s einzige Antwort darauf, doch sie nahm die Finger von dem Motorrad. Sie wollte heute doch lieber noch nicht wegen instabiler Hextechmechanik in die Luft fliegen, nein danke. Heimerdinger lächelte beinahe gutmütig über so viel Begeisterung für seine Schöpfungen und musterte die junge Frau dann von oben bis unten: „Sie sind die neue Partnerin von unserem Sheriff, nicht wahr?“ Vi rollte als Antwort nur mit den Augen: „Hat sich schon rumgesprochen, was?“ „So etwas bleibt nicht lange geheim. Vor allem, wenn man sich so schnell einen Ruf macht wie Sie“, antwortete der berühmte Erfinder und schob seine Schutzbrille nach oben: „Wie kann ich Ihnen also weiterhelfen? Wollten Sie sich die weltberühmte Werkstatt der Piltover Customs nur besichtigen, oder führt Sie etwa ein Fall hierher?“ Vi blickte sich in der Werkstatt um. Sie war zwar recht durcheinander, doch schien es in dem Chaos ein gut durchdachtes System zu geben. In einer Ecke der Werkstatt war die Flugmaschine des berühmten Piloten Corki aufgebockt, an der wohl gerade gearbeitet wurde, der Pilot selbst war allerdings nicht zu sehen. Die Wände hingen voll mit Werkzeug, Ersatzteilen, Bildern von fertigen Maschinen und Blaupausen, die Arbeitstische quollen mit ähnlichen Dingen über und von der Decke hingen hier und dort Maschinenteile, die zu groß waren, um sie anderswo zu lagern. Und natürlich durfte man das ständige Surren, Pfeifen und Blubbern der für die Hextechmaschinen genutzten Substanzen und Kristallen nicht vergessen. Sie war beeindruckt, gelinde gesagt. Schon seit ihren Kinderjahren hatte sie sich mit dem Handwerk des Hextech beschäftigt, doch ein solcher Schatz war ihr noch nie untergekommen. „Umsehen. Und was bestellen“, antwortete Vi, nachdem sie ihren schweifenden Blick wieder auf Heimerdinger fokussiert hatte. „Etwas bestellen, soso. Wir machen hier nur Spezialanfertigungen, junge Dame. Was sollte mich denn überzeugen, dass wir Sie auf unsere sehr ausgesuchte Kundenliste nehmen sollten?“, fragte der Erfinder mit geschürzten Lippen und strengem Blick. „Reicht‘s nicht, dass ich der Partner vom Sheriff bin? Ich arbeite für die Sicherheit von Piltover… oder so.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Und eure Maschinen sind einfach die Besten. Ich hab euch früher ab und an mal gesehen, wenn ein Ligakampf übertragen war. Und es ist absolut fantastisch, was ihr so leistet.“ Es geschah nicht oft, dass Vi so begeistert und überschwänglich wurde, doch das ganze Umfeld hier raubte ihr schier den Atem. Wenn sie doch nur zwei oder drei Stündchen alleine hier bleiben könnte… was sie hier alles anstellen könnte und welche Verbesserungen sie allein mit den hier herumliegenden Ersatzteilen an ihren Handschuhen vornehmen könnte. Apropos Ersatzteile. „Verdammte Scheiße, ich glaub, ich werd‘ schwanger! Ist das da drüben etwa ein Rückstoßbalancekatalysator? Sind die Dinger nicht verflucht teuer?“, fragte sie euphorisch und spähte zu dem Schreibtisch hinüber, auf dem sie das Teil unter ein paar Blaupausen entdeckt hatte. „So so, Sie verstehen also etwas von Hextech, junge Dame?“, fragte Heimerdinger, nun doch langsam ein wenig interessiert an seinem sehr unhöflichen Besuch, der einfach während seiner Experimente hereingeplatzt war. „Ich schraub‘ schon mein ganzes Leben“, antwortete Vi und ließ den schmuddeligen Seesack, den sie über der Schulter getragen hatte, auf einen ungenutzten Hocker knallen. „Schau nach.“ Heimerdinger drückte auf einen kleinen Knopf am Hocker, der automatisch mit einem Pfeifen und dem Ausstoß von Luft herunterfuhr, sodass er auf seiner Größe war und öffnete mit fachmännischem, aber neugierigem Blick den Reißverschluss. Seine Augenbrauen hoben sich und er nickte langsam und anerkennend. „Ich erkenne das Modell. Bergbauroboter GX-714-T, ein altes Modell, heute kaum noch in Benutzung. Sie sind modifiziert.“ Vi nickte stolz: „Hab ich gemacht. Ich schraub seit Jahren an den Dingern rum. Sind ziemlich praktisch und haben krasse Durchschlagskraft.“ „Das glaube ich gerne“, antwortete Heimerdinger schmunzelnd. „Das bedeutet, Sie könnten sich um eines unserer Gefährte auch… fachmännisch kümmern, richtig?“ „Worauf du einen lassen kannst!“, antwortete Vi bekräftigend. „Nur um mir sowas selbst zu bauen, fehlen mir die Teile. Kommt man ja nur schwer ran, ohne die passenden Beziehungen.“ „Viele Teile bauen wir hier selbst, aber einiges lassen wir uns auch von den Akademien liefern“, antwortete Heimerdinger. „Aber ich muss Ihnen zustimmen. Vor allem die instabileren Einzelteile sind schwer erhältlich ohne die passende Reputation.“ Vor allem für ein Straßenkind wie Vi. Alles, was sie bislang an Teilen bekommen hatte, hatte sie irgendwo auf einem Beutezug mitgehen lassen und dann mühevoll anpassen können. Inzwischen könnte sie das eine oder andere über die Wache bestellen, doch auch dort wurde immer zehnmal gefragt und sie hätte drei Anträge ausfüllen müssen, um es eventuell in 10 Monaten mal zu sehen und dann in der falschen Ausführung. „Also gut“, stimmte Heimerdinger nach einigem Überlegen nun endlich zu. „Ich baue Ihnen etwas. Es wird nicht billig, oh, ganz und gar nicht und es wird eine Weile dauern. Aber Sie werden in ganz Piltover kein besseres Gefährt finden. Was schwebt Ihnen denn vor?“ Vi konnte sich nicht vorstellen, ihre ersten Monatsgehälter in etwas anderes zu investieren und ihre Augen leuchteten. Ohne großes Überlegen wanderte ihr Blick erneut zu dem Motorrad, an dem Heimerdinger gearbeitet hatte, als sie hereingekommen war. „Sowas. Nur… größer!“ ----------- Die Sonne war schon vor einer ganzen Weile untergegangen und noch immer saß Caitlyn in ihrem Büro. Eigentlich hatte sie bereits vor mehreren Stunden nach Hause gehen wollen, doch der Bericht, der morgen früh beim dafür zuständigen Ausschuss der Abgeordneten des Rates sein musste, hatte nicht warten können. Vi war wohl schon Zuhause, sie hatte sich vor einigen Stunden verabschiedet, in ihrer üblichen lautstarken Art hatte sie ihre letzte Zigarette ausgedrückt und die Tür hinter sich zugeschlagen. Sie hatte laut ihren Worten noch etwas vorgehabt, was genau es war, hatte Caitlyn in ihrem Stress nicht mehr gefragt und es interessierte sie im Moment auch nicht besonders. Ihr Nacken schmerzte und ihre Augen brannten, zum einen vom Rauch, der den ganzen Tag in ihrem Büro hing und trotz ständigen Lüftens nicht wich und zum anderen vom stundenlangen Akten bearbeiten. Die Uhr vom nahen Glockenturm die Straße hinunter begann zu schlagen und Caitlyn lauschte aufmerksam. Ein Uhr nachts. Sie seufzte und beschloss, es für heute gut sein zu lassen und schloss die Aktenmappe – sie würde ohnehin nur unnötige Fehler machen, wenn sie jetzt noch weiterarbeiten würde, so müde wie sie war. Lieber kam sie morgen eine halbe Stunde früher hierher, um das Dokument zu beenden und dann persönlich zur Ratshalle zu bringen, das machte ohnehin immer einen besseren Eindruck. Sie nippte an ihrer Teetasse und verzog kurz das Gesicht. Kalt und außerdem zu stark. Brr. Schlechter Tee, war ihr ein Graus und so ließ sie ihn für die Putzfrau stehen, die morgen früh noch vor ihrem Erscheinen das Zimmer aufräumen würde. Seufzend erhob sie sich von ihrem Sessel, der ihr, egal wie bequem er auch war, irgendwann noch den Rücken ruinieren würde, und packte ihre Tasche mit dem wenigen, was sie von der Arbeit zuhause brauchen würde. Dann verließ sie ihr Büro, schloss die Tür hinter sich ab und wollte sich gerade in Richtung des inzwischen nicht mehr besetzten Empfangs begeben, als sie an der Treppe nach unten zu den Trainingsräumen vorbeikam. Dort unten brannte noch Licht. Um diese Uhrzeit? War das etwa der für die Notfälle zuständige Offizier? Dieser sollte allerdings eigentlich im Pförtnerhäuschen 50 Meter die Straße hinunter sitzen. Sollte er seinen Posten verlassen haben, würde er einen Tadel und vermutlich eine Verwarnung erhalten. Caitlyn rollte mit den Augen – eigentlich hatte sie sich auf ihre Wohnung gefreut und nicht noch einen faulen Kollegen tadeln wollen, doch es half ja nichts. Sie schulterte ihre hübsche Tasche und begab sich die Treppe hinunter. Sie kam am dunklen Trainingsraum vorbei und spähte weiter den Gang hinunter. Das Licht kam von den Frauenduschen, und auch im nebenanliegenden Pausenraum brannte noch welches. Mürrisch öffnete Caitlyn die Tür und entdeckte eine ihr wohlbekannte Gestalt, die gerade in Shorts und weitem, löchrigem Shirt vor dem Spiegel stand und… Zähne putzte. Eine verwuschelte, übermüdete und offensichtlich frisch geduschte Vi, die sofort herumfuhr, als sie hörte, dass die Tür sich öffnete. „Vi. Was um Himmels willen machst du um diese Uhrzeit noch hier? Und was machst du da?“, fragte Caitlyn ein wenig ungehalten. Vi zog mit einem beinahe verlegenen Ausdruck eine Augenbraue hoch und zuckte mit den Achseln. Ohne die Zahnbürste aus dem Mund zu nehmen oder den Schaum auszuspucken, nuschelte sie: „Schähne pudschen, schieht man doch.“ „Nimm gefälligst die Zahnbürste aus dem Mund, wenn du mit mir redest“, meinte Caitlyn mit reserviertem Tonfall. „Ich meine natürlich, was du um diese Uhrzeit noch hier machst?“ Noch immer fiel es ihr ein wenig schwer, Vi zu duzen, obwohl sie inzwischen seit bald drei Monaten Partner waren. Es nahm einfach die nötige Distanz, die sie im Beruf brauchte. Selbst ihren Kollegen, die seit vielen Jahren mit ihr zusammenarbeiteten, hatte sie das ‚Du‘ noch nicht angeboten. Aber Vi war eben in jeglicher Hinsicht… anders. Vi tat wie ihr geheißen – selten, dass das mal passierte, wie Caitlyn beinahe überrascht feststellen musste – spuckte den Schaum aus und legte die benutzte Zahnbürste achtlos auf das Waschbecken. „Wie sieht‘s denn aus. Ich penn‘ hier“, antwortete sie so gelassen wie möglich, doch Caitlyn sah ihr auf den ersten Blick die Unsicherheit hinter der Aussage an. Es passierte nicht oft, dass Vi sich hinter ihre selbstbewusste Art blicken und so etwas wie Schwäche erkennen ließ, obwohl selbst das ihrer starken Persönlichkeit, die Caitlyn inzwischen schätzen gelernt hatte, keinen Abbruch tat, sondern sie im Gegenteil zum ersten Mal beinahe menschlich für sie machte. „Du hattest doch schon vor ein paar Stunden Feierabend. Warum bist du nicht nach Hause?“, fragte Caitlyn ehrlich verwundert. Natürlich kam es ab und an vor, dass einer von ihnen nach langen Überstunden einmal hier auf dem Sofa im Pausenraum übernachtete, aber Vi war nach ihrem Wissen vor über sechs Stunden heimgegangen. „Cupcake, ich hab kein Zuhause“, antwortete Vi und ihr Tonfall, der wohl locker und gleichgültig klingen sollte, hatte einen feinen, bitteren Unterton. Caitlyn fiel es wie Schuppen von den Augen. Sie hatte Vi in einer heruntergekommenen Fabrikhalle aufgestöbert und war ihr vorher durch die Straßen gefolgt – mehrere Wochen lang immer wieder – und niemals hatte Vi Anzeichen gezeigt, irgendwo länger zu bleiben. „Willst du mir sagen, du hast die letzten Monate hier unten geschlafen?“, fragte sie und ihre Stimme hatte ihre übliche Strenge und kühle Schärfe verloren. Sie war wirklich und ehrlich offen besorgt um ihre Partnerin. Vi zuckte mit den Achseln: „Ist besser als so ziemlich alles, wo ich vorher gepennt hab.“ Sie kratzte sich am Hinterkopf, eine Geste, die Caitlyn bei ihr beobachtet hatte, wenn sie sich unsicher fühlte und es nicht zeigen wollte. Kurz überlegte Caitlyn, was sie sagen sollte, dann nickte sie zur Tür. Hier im Badezimmer ließ sich nicht gut reden. Vi rollte mit den Augen, es war offensichtlich, dass sie auf eine weitere Lektion von Caitlyn nicht die geringste Lust hatte. Allerdings fügte sie sich, schnappte sich ihre Zahnbürste und ihr Handtuch, mit dem sie sich noch einmal durch die noch leicht tropfenden Haare wuschelte und folgte Caitlyn in den Pausenraum, wo sie sich breitbeinig und beinahe machohaft auf das Sofa fallen ließ, auf dem sie offenbar immer schlief. Der Sheriff machte sich daran, Tee für sie beide zu kochen und bis dieser dampfend vor ihnen stand, schwiegen sie beide. Da sie nicht alleine am Tisch sitzen wollte, ließ sich Caitlyn elegant neben Vi, die ihr ein wenig Platz machte, auf die Couch sinken. Caitlyn nippte an ihrem Tee, Vi starrte nur geradeaus. „Willste mich nich anmeckern oder verwarnen oder so?“, fragte Vi und blickte sie kritisch an. „Wo bleibt dein Vortrag? Vorschriften und blahblah?“ In diesem Moment realisierte Caitlyn, warum Vi ihr gerade so anders war als sonst, beinahe zurückhaltend für ihre Verhältnisse. Weil sie sie erwischt hatte bei etwas, bei dem sie nicht hatte gesehen werden wollen. Bei etwas, das eine ihrer Schwächen offenbarte. Bei etwas, bei dem sie verletzlich wirkte. Kurz spürte sie einen kleinen Stich in der Brust und blickte zu ihrer Partnerin hinüber. „Nein, das will ich nicht...“, sprach sie so sanft wie Vi sie wohl bestimmt noch nie erlebt hatte. Und auch sie selbst. „Vi, ich möchte...“ Sie brach ab und blickte nach vorne, auf das Bild, das an der Wand hing, ein billiger Druck eines Gemäldes, das die Piltover umgebenden Sümpfe zeigte. Was wollte sie eigentlich…? Vi schien überrascht zu sein und fixierte sie mit dem fesselnden Blick ihrer blauen Augen. „...Was?“, fragte sie beinahe ruhig und lehnte sich ein wenig vor. „Es mag dir noch nicht ganz klar sein… Aber die Zeit deines Lebens, in der du kein Zuhause haben konntest, ist vorbei. Du bist nicht mehr auf der Flucht. Du verdienst Geld, du kannst dir eine Bleibe mieten, eine Wohnung, etwas… eigenes. Du musst nicht hier auf dem Sofa schlafen, in den Gemeinschaftsduschen duschen und deine Sachen immer mit herumtragen“, fuhr Caitlyn fort, als sie endlich die richtigen Worte gefunden hatte und blickte Vi wieder an. Ihre Fürsorge war nicht gespielt, das sah Vi ihr bestimmt an. Diese petzte die Lippen zusammen und ließ sich wieder gegen die Sofalehne fallen, wie ein störrisches Kind, das nicht einsehen wollte, dass seine Mutter mit etwas Recht hatte. Kurz schwieg sie, dann brummte sie unwillig: „Hab‘ ich noch gar nicht drüber nachgedacht.“ Das konnte Caitlyn sich lebhaft vorstellen. Für jemanden wie Vi – wenn es ihr in ihrem eigenen Lebensstil, bei dem es ihr nie an etwas gemangelt hatte, auch unvorstellbar war – war eine solche drastische Veränderung bestimmt nicht von heute auf morgen zu bewältigen. „Soll ich dir helfen?“, fragte sie. „Wir könnten zusammen eine Wohnung für dich suchen.“ Mit einem schiefen, recht misstrauischem Blick stierte Vi sie auf diesen Vorschlag hin an: „Du… willst mir helfen?“ Sie schien es nicht so recht glauben zu können. Caitlyn lächelte minimal, etwas, was sie sehr selten tat, und diese Tatsache löste Vi‘s misstrauischen Ausdruck etwas auf und stattdessen trat Verwunderung in ihren Blick… und noch etwas anderes, das Caitlyn nicht deuten konnte. „Ich habe dich hierher gebracht, damit du meine Partnerin wirst, Vi. Weil ich daran glaube, dass du ein besseres Leben verdienst. Also lass mich dir dabei helfen, es zu erreichen.“ Vi stieg die Röte ins Gesicht, auch wenn sie diese mit einem Räuspern niederzukämpfen versuchte und abwehrend die Arme vor der Brust verschränkte. „Das krieg ich auch allein hin. Wie schwer kann‘s denn sein, `ne dämliche Wohnung zu mieten.“ Sie schnaubte und kippte dann ihren noch heißen Tee hinunter, nur um in lautes Fluchen auszubrechen: „Scheiße verdammt, ist das Dreckszeug heiß.“ Caitlyn konnte nicht anders als sanft zu lachen und meinte dann versöhnlich: „Dann mach es alleine. Aber wenn du Unterstützung brauchst, melde dich bei mir. Dieser ganze Papierkram liegt dir ja nicht. Und Mietverträge können ganz schön… aufwendig sein.“ Vi zuckte mit den Achseln und schnaubte erneut: „Kinderspiel.“ „Gut, wie du meinst“, antwortete Caitlyn, stellte ihre Teetasse zur Seite und erhob sich: „Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich mache mich auf den Heimweg, dann bekomme ich wenigstens noch drei Stunden Schlaf, bis ich morgen wieder hier sein muss.“ Vi nickte: „Dann mach‘ dich heim. Ich hau‘ mich auch auf‘s Ohr. Und wenn du morgen herkommst, bring mir nen Kaffee mit, wenn du dir deinen Süßkram holst.“ Sie feixte und blickte Caitlyn aus den üblichen, schalkhaft funkensprühenden Augen an. Es war gleichzeitig gut und schade, dass Vi in ihr übliches Verhaltensmuster zurückgefallen war – stark, unnahbar und alles abwehrend, was an sie herankommen wollte. Aber dennoch war Caitlyn dankbar, einmal hinter die Maske geblickt zu haben, von der sie nun wusste, dass sie da war. Zu sehen, dass auch Vi nur ein Mensch war, der seine Probleme hatte und nicht gleichgültig und achtlos gegenüber allem war, allem nur mit Verachtung oder Humor begegnete, sondern sich tatsächlich ein paar Dinge zu Herzen nahm. Dass auch sie eine verletzliche Seite hatte, die Caitlyn auf eine Art berührt hatte, die sie nicht ganz verstand. Sie wollte ihr helfen, wirklich und aus tiefstem Herzen. Als sie Vi rekrutiert hatte, war sie sich deren guten Absichten sicher gewesen und dass sie das Herz am rechten Fleck hatte. Und nun hatte sie das erste Mal einen Blick auf dieses werfen dürfen. Mit einem merkwürdig warmem Gefühl in der Brust verabschiedete Caitlyn sich, ging die Treppe hinauf und machte sich durch die nächtlichen Straßen Piltovers auf den Weg nach Hause. ------------------------------------------ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)