the world outside von Futuhiro (Magister Magicae 9) ================================================================================ Kapitel 6: verfluchter Fluch ---------------------------- Vorsichtig warfen alle einen Blick in die Runde, aus Angst, der wild herumwütende Blitz könnte erneut erscheinen. Aber es blieb alles ruhig. Safall raffte sich wieder auf und griff nach dem Zettel, auf dem der Fluch niedergeschrieben gewesen war. Das Papier war total verkohlt und voller Brandflecken. „Goooott, was war das denn?“, stöhnte Hedda neben ihm theatralisch. „Miezekatze, bist du okay? Wo steckst du, Katerchen?“, rief sie noch im Liegen. Safall schaute ratlos von dem verbrannten Papier zu seiner Schwester. Und entdeckte den inzwischen wieder abkühlenden Kettenanhänger. „Sewill, wo hast du das her?“ „Das Amulett? Das hat Hedda mir vor ein paar Tagen geschenkt.“ „Das Zeichen darauf wehrt Flüche ab.“ „Ja, ich weiß ... Oh!“ Sewills Augen weiteten sich entsetzt, als sie verstand. „Auch ein Gegenfluch ist ein Fluch.“, merkte Safall trotzdem ruhig an. Ohne irgendwem Vorwürfe zu machen. „Wie der Name schon sagt.“ „Das hab ich nicht bedacht ...“, gestand sie und schaute sich das Amulett an, als hätte sie es bisher noch gar nicht so genau betrachtet. „Meinst du, es hat euren Fluch ... auf euch zurückgeworfen?“, überlegte die zögerlich. „Ich weiß nicht. Auf jeden Fall wird es den Gegenfluch oder mindestens einen Teil davon von dir weggeleitet haben.“, fand Salome nachdenklich. „Woar, Salome, was hast du mit meiner armen Katze gemacht!?“, jaulte Hedda da plötzlich hysterisch hinter ihm auf. „Mein armer Kater-Schatz hat da plötzlich weiße Zacken im Fell!“ „Hedda, schlag den Gong, damit wir das Ritual wenigstens ordentlich beenden. Um alles andere kümmere ich mich gleich.“, gab der nur stoisch zurück. „Aber mein Kater!“ „Schlag den Gong, hab ich gesagt!“ Er griff nach einem Buch und begann zu blättern, als wolle er nachlesen ob er was falsch gemacht hatte. Maulend suchte Hedda in dem Chaos des Zimmers den Griffel und donnerte ihn volltönend gegen die Gong-Platte, schmiss ihn zurück auf den Boden und begutachtete weiter die neue Fellfarbe ihres Katers. Abgesehen davon, daß er jetzt Kuhflecken hatte, schien er zum Glück wohlauf zu sein. ... dachte sie zumindest, bis er sein letztes Futter in ihren Schoß zu würgen begann. „Wie fühlst du dich jetzt, Sewill? Hat der Gegenfluch zumindest soweit durchgeschlagen, daß es dir besser geht?“, wollte Safall wissen. „Kann ich noch nicht sagen. Mir steckt immer noch der Schreck von diesem Blitzgeschoss in den Knochen. Aber ich fühl mich nicht so, als könnte ich Bäume ausreißen.“ Safall hielt ihr tröstend eine Hand hin. Sewill nahm sie auch nur zu gern an. Und so, wie sie sich berührten, weiteten sich ihrer beider Augen erschrocken. Safall zog seine Hand panisch wieder weg. „Oh.“, fiel ihm dazu nur ein. „Ooooooooh, shit.“ Sie starrten sich gegenseitig entsetzt an. Dann nahm Safall wieder die Hand seiner Schwester und es war wieder weg. Er drehte sich zu Hedda um, welche ebenfalls gerade völlig verwirrt im Raum umher gaffte. Victor schaute aus dem Fenster und beobachtete die vorbeilaufenden Passanten. Seine Tasse hatte er noch nicht angerührt. Seine Augenbrauen waren ein wenig zusammengezogen, so daß er besorgt wirkte. „Glaubst du, daß sie wiederkommen?“, wollte Urnue vorsichtig wissen. „Wenn sie wiederkommen, dann sicher nicht nur zu zweit.“, gab Victor zurück und griff nun endlich nach seinem Tee, um zu trinken. In diesem Tee-Haus hier, in dem er häufiger verkehrte, weil es neutrale Zone war, sah man inzwischen nichts mehr von der riesigen Schlägerei, die sich hier zugetragen hatte. Den Stuhl mit dem angebrannten Stuhlbein hatte Victor auf eigene Kosten ersetzt. Er fand, das war er der Besitzerin schuldig. Immerhin hatte er dieses explosionsgeladene Treffen mit den beiden Schlägern in dieses Tee-Haus hier gelegt. Die Tür zum Hinterzimmer stand heute offen. Es war keiner da, der seine Diskretion haben wollte. „Es tut mir leid, daß es letztes Mal so eskaliert ist. Das Feuermädchen hat ein ziemliches Chaos verursacht, als sie seine Jacke angezündet hat.“, erklärte Urnue. „Mach dir keine Gedanken deswegen. Ich habe trotzdem alles rausgefunden, was ich wissen musste. Nämlich, daß die mich nur treffen wollten, weil sie Ärger mit mir wollten. Ich bin froh, daß dir nichts passiert ist, das ist die Hauptsache.“ „Ich hätte dir trotzdem gern mehr Informationen verschafft. Zumindest, welche Fähigkeiten sie haben.“ Er setzte endlich ein Lächeln auf. „U., du spielst den Lockvogel für mich. Das ist schon mehr als ich je von dir verlangen dürfte.“ „Dazu bin ich doch dein Getreuer.“ Urnue nahm einen Schluck aus seiner eigenen Teetasse und sagte dann nichts mehr. Victor blieb ja immer in der Nähe und passt auf ihn auf. Er würde eingreifen, wenn was wäre. Es war ja nicht so, als ob der ihn einer sonderlich großen Gefahr aussetzen würde. Das hatte Victor noch nie getan. Er gab ganz gut auf Urnue Acht, seit damals. Eine Weile herrschte Schweigen. Eine Weile, in der Victor wieder besorgt aus dem Fenster starrte und seine Tasse nicht anrührte. „Irgendwas hast du auf dem Herzen, Dragomir.“, kam der Genius mit der schwarzen Wuschelfrisur nicht umhin zu bemerken. Victor konnte sich ein neuerliches Lächeln nicht verkneifen. Nur seine Freunde und Sympathisanten nannten ihn 'Dragomir'. Und von denen hatte er denkbar wenige. Dann schwand das kurze Lächeln auch schon wieder. Ein Blick in die Runde war unnötig, also blieb sein Blick verbissen aus dem Fenster gerichtet. Victor wusste, daß er mit Urnue alleine im Tee-Haus war und keiner mithörte. „Diese Sache mit Ruppert vor 2 Jahren ... als er erschlagen wurde ... Ich habe damals eine barbarische Lösegeldsumme gezahlt, damit die dich verschonen und am Leben lassen.“ „Du hast was!?“ Victor nickte nur bekräftigend und schaute weiter zum Fenster hinaus. Er wollte Urnues Reaktion darauf nicht sehen. Er hatte ein bisschen Angst davor. Urnue schien sich selbst nicht entscheiden zu können, wie er darauf reagieren sollte. Er ließ hilflos die Tasse auf die Tischplatte sinken und versuchte das Gedankenchaos in seinem Kopf wieder zum Schweigen zu bringen. Er blinzelte lediglich überrumpelt. „Wieso hast du mir das nie erzählt?“ „Oh, das hatte verschiedene Gründe. Einerseits wollte ich nicht, daß du dich mir gegenüber schuldig oder zu irgendwas verpflichtet fühlst. Andererseits hatte ich auch einfach nur Angst, du könntest wütend werden.“ „Wütend? Weil du mich gerettet hast?“ „Weil ich Ruppert nicht retten konnte. Für dich habe ich gezahlt.“ Victor schaute seinem Getreuen endlich wieder in die Augen. „Für deinen Schützling Ruppert nicht.“ Er ließ diesen Satz kurz sacken. „Ich hätte es nicht gekonnt, davon mal abgesehen. Kein Preis der Welt hätte sie davon abgehalten, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Aber ich war mir nicht sicher, ob dir dieses Argument vielleicht egal gewesen wäre. Ob du mir in deiner Trauer und Verzweiflung nicht trotzdem Vorwürfe gemacht hättest. Ob du mir nicht vorgehalten hättest, daß ich den Mord an Ruppert nicht wenigstens versucht hätte zu verhindern. Oder die Schuldigen zur Strecke zu bringen. Im Gegensatz zu dir weiß ich sehr genau, wer das gewesen ist. Rupperts Tod wird ungesühnt bleiben, so leid es mir tut. Du weißt selbst, warum ich da nichts tun kann. Ich agiere selber außerhalb des Gesetzes. ... Außerdem ...“ Victor haderte kurz mit sich, ob er das wirklich sagen sollte. Wenn irgendwas falsch ankommen konnte, dann das. „Außerdem wollte ich die Frage vermeiden, warum ich das überhaupt getan habe.“ „Ja, genau das wäre auch meine nächste Frage gewesen.“, gestand Urnue, immer noch ein wenig mit seinem Gefühlstaumel kämpfend. „Ich kann´s dir nicht erklären. Ich weiß selber nicht, warum ich dich freigekauft habe. Ich konnte nicht anders. Ich fand, du hättest es nicht verdient.“ Urnue setzte ein schräges Grinsen auf. „Du hast mich einfach gern, was?“ Victor erwiderte ein verlegenes Schmunzeln – ein Zug, den Urnue noch nie an dem sonst so übermächtigen, selbstbewussten Mann gesehen hatte. „Offenbar. Ich habe meine Missionen immer alleine bewältigt, um keine Mitwisser zu haben und auf niemanden aufpassen oder Rücksicht nehmen zu müssen. Wer Freunde hat, hat Schwächen, weißt du? Willst du jemanden brechen? Dann nimm dir seine Freunde vor, und die, die ihm etwas bedeuten.“ Urnue zögerte. „Das klingt ... als hättest du Erfahrung damit, Dragomir.“, gab er dann etwas kleinlaut zu. „Oh ja, allerdings.“ Victor zog ein unglückliches Gesicht. „Ich stand schon auf beiden Seiten dieser Gleichung. Aber immer alleine unterwegs zu sein, das ist auf Dauer ein recht einsames Dasein. Ich fand es an der Zeit, mir Gesellschaft zu beschaffen. Du bist ein angenehmer Vogel, Urnue. Klug genug, um meine Aktivitäten zu verstehen. Und mächtig genug, um auf dich aufzupassen, wenn du mich bei meiner Arbeit begleitest. Du weißt, mit was für Mächten ich mich rumschlage.“ Urnue nickte, senkte den Blick, schien kurz zu überlegen, sah dann wieder auf. „Du hast Recht. Hättest du mir das alles eher erzählt, hätte ich sicher sauer reagiert. Aber jetzt mit 2 Jahren Abstand sehe ich es genauso wie du. Du hättest für Ruppert nichts tun können. Danke, Dragomir. Ich bin dir schon die ganze Zeit dankbar gewesen. Dafür, daß du mich aufgefangen hast, als ich meinen Schützling nicht retten konnte. Dafür, daß du mich mitgenommen hast, als ich nicht wusste, wohin. Aber erst jetzt verstehe ich in vollem Maße, wofür ich dir wirklich dankbar zu sein habe. Du hast mir das Leben gerettet.“ Victor griff nach seinem schon kalten Tee und umschloss die Tasse mit beiden Händen, als wolle er ihn wieder aufwärmen. „Nimm mir die Sache mit Ruppert nicht übel, okay? Ich hoffe, das steht künftig nicht zwischen uns.“ Urnue schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Im Gegenteil. Wir sind eine verschworene Getreuschaft. Jetzt mehr denn je.“ „Da, sehen Sie sich das an!“ Safall berührte den Professor am Arm. Und nach dem schon gewohnten, kurzen Schwindelgefühl erwachte er im Körper des Professors wieder und sah durch dessen Augen sich selbst an. Er spürte ein unangenehmes Ziehen in der Hüfte. Der alte Mann hatte wohl kaputte Gelenke. Und er schmeckte noch den Rauch seiner letzten Zigarette. Der Professor, welcher nun in Safalls Körper steckte, glotzte irritiert zurück. Safall führte noch eine weitere Berührung herbei und er steckte wieder in seinem eigenen Körper. „Das muss irgendeine Art von Tausch-Fluch sein. Wen auch immer wir berühren, mit dem tauschen wir augenblicklich den Körper. Gott sei Dank lässt es sich auf die gleiche Art auch problemlos wieder rückgängig machen. Mit Tieren funktioniert das übrigens auch. Hedda hat schonmal den Körper mit ihrer Katze getauscht. ... Wir können nie wieder irgendjemanden anfassen!“, sprudelte es aufgekratzt aus Safall heraus. „Ihr habt also versucht, den Fluch wieder aufzuheben, indem ihr den passenden Gegenfluch anwendet. Hat aber leider nicht geklappt, wie mir scheint.“, überlegte der Professor, dem die gesamte Vorgeschichte bereits erzählt worden war. „Vielleicht haben wir beim Ritual was nicht richtig gemacht. Oder dieses Amulett, das meine Erste getragen hat, hat den Gegenfluch teilweise abgewehrt. Auch ein Gegenfluch ist ja trotz allem ein Fluch.“, meinte Safall und hielt ihm den Kettenanhänger hin, den Hedda im Tee-Haus von der alten Betreiberin bekommen hatte. „Nein. Amulette sind bei dieser Art von Magie ziemlich nutzlos. Ihr habt euch wahrscheinlich einfach nur für den falschen Gegenfluch entschieden und der ursprüngliche Fluch hat sich dadurch gewandelt.“ „Also haben wir den Fluch quasi verflucht?“, fasste Safall ratlos zusammen. Der Professor schmunzelte humorvoll. Einen Fluch zu verfluchen, war eine interessante Idee. Die Wortwahl hätte er nicht treffender finden können. Er stand ja sonst selten für die privaten Befindlichkeiten und Probleme der Studenten zur Verfügung. Und für die Art ihres Anliegens war er auch alles andere als der richtige Ansprechpartner. Aber dieser Fall hier hatte derwegen zu interessant geklungen, als daß er es sich nicht zumindest einmal angehört hätte. Die beiden schienen recht verzweifelt zu sein, denn sie hatten ihr Glück wohl nach eigener Aussage schon bei mehreren anderen Dozenten versucht, aber kein Gehör gefunden. Er saß gerade mit diesem Jungen vom Gaya-Klan, der ihm als Student der Wahrsager-Sparte zumindest bekannt vorkam, in seinem Büro. Das blonde Mädchen dazu kannte er allerdings gar nicht. Sie war ihm als Safalls angehende Nebengetreue vorgestellt worden. „Deshalb sollte man halbstudierte Magier nicht mit Flüchen rumhantieren lassen. Sowas gehört in die Hände von Profis. Die Fluch- und Verwunsch-Wissenschaften sind nicht grundlos eigene Studiengänge. Noch dazu die mit den schwersten Zugangsvoraussetzungen und der höchsten Durchfallrate überhaupt.“, meinte er. Er schien die ganze Sache nicht tragisch zu sehen. Das gab den beiden zumindest Hoffnung, daß sich das alles noch irgendwie regeln ließ. „Wieviele fallen denn in diesen Studiengängen durch?“, wollte Hedda neugierig wissen und lehnte sich mit den Ellenbogen auf die Tischplatte. Die Zutoro lag mitten im japanischen Viertel von Düsseldorf und war eine internationale Universität, auf der Magier und Genii aus aller Herren Länder studierten. Die magische Fakultät der Zutoro hatte einen vielgepriesenen Ruf. Hier durch die Prüfungen zu fallen, war fast keine Schande, denn die galten mit als die schwersten. Aber das fand man natürlich nur solange cool, wie es einen nicht selber betraf. Hedda wusste, daß es vor allem auf der magischen Fakultät hohe Versager-Quoten gab. Der Professor schätzte kurz über den Daumen. „Die Hälfte der Studenten scheidet mehr oder weniger freiwillig aus, bevor sie überhaupt zu den Prüfungen zugelassen werden. Und von denen, die tatsächlich zur Prüfung antreten, bestehen wiederrum bestenfalls die Hälfte. Man muss schon eine solide Veranlagung zum Thema mitbringen, um sich in diesem Studium durchzusetzen. Die jungen Magier, die, im wievielten Anlauf auch immer, ein Fluch- oder Verwunsch-Examen bestehen und nicht aus einem russischen Klan abstammen, kann man an einer Hand abzählen ... Ich bin mir übrigens nichtmal ganz sicher, ob es sich bei eurem Problem jetzt um einen Fluch oder eine Verwünschung handelt.“ Er schaute in etwas ratlose Gesichter und musste schmunzeln. „Flüche und Verwünschungen sind verschiedene Dinge, wisst ihr? Die Zielgruppe ist eine andere. Flüche schaden indirekt und sind teilweise schrankenlos auf jede beliebige Person weiterübertragbar. Verwünschungen schaden dagegen direkt und wandern nicht. Mh, wie erkläre ich das einem Neuling?“, überlegte er. „Verflucht ist man, wenn man anderen Leuten Schaden bringt. Verwunschen ist man, wenn man selber zu Schaden kommt. Große Goldschätze sind früher gern mal verflucht worden, damit sie keiner klaut, beziehungsweise damit die Diebe die Rache zu spüren bekommen. Und Prinzen wurden verwunschen, damit sie das Thronerbe nicht antreten. Du sagst zwar, dein Freund, dieser Fluchwissenschafts-Student, hätte das abgeprüft, aber du solltet lieber trotzdem nochmal genau rausfinden, ob deine Erste verwunschen oder ob irgendwas in ihrer Nähe verflucht ist, Safall.“ „Müsste ich die Auswirkungen dann nicht auch spüren?“, hakte dieser nach. „Nicht zwangsläufig. Nicht jeder ist gleichermaßen empfänglich für die gleiche Art von Fluch. Vielleicht bist sogar du selber verflucht und der Grund für ihren Zustand. Wer weiß, nichts ist unmöglich.“ „Fühlst du dich schlechter, seit du bei mir bist?“, wandte sich der Goth in einer Art Galgenhumor an Hedda. „Ja. Aber das liegt vermutlich nicht an irgendeinem Fluch.“, gab sie gespielt schmollend zurück. Was sie von seinen Erziehungsmethoden hielt, wusste er ja. Safall seufzte deprimiert. „Was können wir denn jetzt machen?“ „Ich schicke euch zu Victor Dragomir Raspochenko Akomowarov. Er unterrichtet an der magischen Fakultät das richtige hardcore-Zeug in Sachen Fluch- und Verwunsch-Wissenschaften. Wenn der keinen Rat weiß, dann keiner.“ Hedda nickte einverstanden, während Safall ein unwohles Stöhnen nicht unterdrücken konnte. Sie sah ihn fragend an. „Akomowarov!“, hielt Safall ihr nochmal vor, als könne er überhaupt nicht verstehen, daß es bei Hedda nicht klingelte. „Der Mann ist eine lebende Legende. Einer der wenigen Magister Artificiosus Magicae. Ein dermaßen krass mächtiger Magier, sowas gibt es nur ein paar Mal auf der Welt. Ich wusste gar nicht, daß er hier unterrichtet. Jetzt verstehe ich auch, warum diese Universität so hoch angesehen ist und Studenten aus aller Welt anreisen, um hier zu studieren.“ „Jetzt versink mal nicht gleich vor Ehrfurcht im Staub des Erdbodens!“, verlangte Hedda verständnislos. „Wenn er uns helfen kann, dann lass uns hingehen.“ Der Professor schüttelte unterschwellig den Kopf. Auch er musste einsehen, daß Hedda wirklich null Ahnung von der Welt der Magier hatte, sonst wäre ihr der Name zumindest schonmal begegnet. „Ich lasse ihm ein Ersuchen zukommen, damit er Bescheid weiß und euch nicht abblitzen lässt. In seiner Position wird er leider immer von vielen Leuten belagert und kann sich beileibe nicht die Zeit für jeden nehmen. Daher schickt er Fremde meistens konsequent weg. Ich empfehle euch, bei ihm ein respektvolles Auftreten an den Tag zu legen. Er mag jung aussehen und sich locker geben, aber er ist mächtig und vor allen Dingen gefährlich. Und er ist nicht grundlos ein Magister Artificiosus.“ Safall nickte. „Ich weiß.“ „Was macht denn einen Magister Artificiosus so besonders?“, hakte Hedda nach. Nun stöhnte selbst der Professor wehleidig auf. „Herrgott nochmal, Safall, wo hast du dieses Mädchen aufgetrieben? Wie kannst du mit so jemandem eine Getreuschaft eingehen? Die stellt sich an, als hätte sie noch nie von Magie gehört.“ „Hat sie auch nicht. Und ich hab mir das nicht ausgesucht.“, gab der junge Mann mit den langen, schwarzen Haaren, etwas verbittert zurück. „Die Zirkelgesetze verlangen es. Ich kann nichts dafür.“ „Setz dich in die Bibliothek und lies, Mädchen! Mach dich über Magister Artificiosus und über Genii schlau, bevor ihr zu Akomowarov geht. Sonst wird er euch wahrscheinlich eigenhändig von der Universität schmeißen, angesichts eurer Unfähigkeit.“ „Das tue ich ja! Ich sitz schon jeden Tag mehrere Stunden in der Bibliothek. Aber ich kann leider mein eigenes Studium nicht gänzlich vernachlässigen!“ „Warum auch über Genii?“, getraute sich nun auch Safall verblüfft zu fragen. „Weil Akomowarov einer ist!“, blaffte der Professor. Safall zog die Stirn in breite Denkerfalten. „Okay!?“, machte er nur, als würde diese Tatsache eine Menge erklären. Aber noch weiter nachfragen tat er nicht. „Akomowarov ist erst in ein paar Monaten wieder im Haus. Im Moment ist er nicht an der Universität, er ist nur im Sommersemester an 2 Tagen die Woche hier. Versucht euch die Zeit bis dahin so ungefährlich wie möglich zu machen und nutzt sie, um zu lernen.“, legte der Professor ihnen nahe und machte dann deutlich, das Gespräch so langsam beenden zu wollen. „Ich fühl mich von euch allen total gedisst!“, nörgelte Hedda beleidigt. „Alle hacken auf mir rum, weil ich dies, das und jenes nicht weiß. Als ob ich freiwillig hier wäre!“ „Ist schon gut.“ Safall legte ihr mild einen Arm um die Schultern, als er mit ihr weiterging. Diese ungewohnt herzliche Geste brachte Hedda verdutzt zum Schweigen. Er gab sich dabei Mühe, sie nur mit dem Ledermantelärmel zu berühren und keinen Hautkontakt herzustellen, um nicht versehentlich den Körper mit ihr zu tauschen. „Du kannst nicht in vier Wochen das Wissen von 20 Jahren Lebenserfahrung aufholen. Das ist mir bewusst. Wir müssen einfach zusehen, daß wir dir nach und nach alles beibringen. Wenigstens das, was wichtig ist.“ „Hör mal, Safall, wieso lässt du mich nicht gehen, man? Ich hab mich dummerweise in diese Treuschaft hineinmanövriert, okay, blöd gelaufen. Mein Fehler, meine Dummheit, meinetwegen. Aber eine Treuschaft kann auch wieder geschieden werden. Gib mich doch einfach wieder frei.“ Safall lächelte dünn. „So einfach ist das nicht. Eine Getreuschaft ist ein Schwur. Ein Eid, den man voreinander abgelegt hat. Wir zwei sind Eidesgenossen. Einen Eid zu brechen, bringt Schande. Nicht nur über mich, sondern über meinen gesamten Klan. Kein Gaya wird jemals wieder irgendwo wohlwollend aufgenommen werden. Meine ganze Familie wird als Kameradenbetrüger zu Ausgestoßenen werden. Keiner gibt uns mehr Unterkunft oder Arbeit oder heiratet in unseren Klan hinein oder macht auch nur Geschäfte mit uns. Treuschaften sind wirklich eine verdammt ernste Sache.“ „Aber sie KANN geschieden werden!“ „Sicher. Mit den richtigen Gründen kann sie das. Wenn du versucht hast, mich umzubringen, zum Beispiel. Aber bitte tu das nicht.“, schmunzelte er sie humorvoll an. Dann sah er wieder nach vorn, immer noch den Arm um ihre Schultern gelegt. „Die Situation ist jetzt einmal so, wie sie ist. Ich bin sauer gewesen und habe dich weggestoßen. Zu Unrecht, schätze ich. Du hast es ja nicht böse gemeint. Du wolltest mir damals nur helfen und wusstest es nicht besser. Wir müssen lernen, miteinander auszukommen. Und den Rest kriegen wir dann schon irgendwie hin.“, versprach er in ruhigem Tonfall. „Wir werden ab jetzt immer Handschuhe tragen müssen, um das Risiko eines ungewollten Tausches zu minimieren.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)