Heroines of the Reaper War von SarahShepard ================================================================================ Kapitel 1: Vancouver -------------------- „Wach auf!“ Ellen schreckte in ihrem Sitz hoch. „Was?“, fragte sie verschlafen und sah sich verwirrt um, einen Moment lang nicht wissend, wo sie sich befand. „Wir sind da-ha“, sagte die fröhliche Frau in dem Sitz neben ihr und ihre dunklen, mandelförmigen Augen musterten sie erwartungsvoll. „In Vancouver? Wo wir deine Freunde treffen?“ Da fiel es Ellen wie Schuppen von den Augen. Nachdem sie ihre letzte Mission abgeschlossen hatten, hatte man ihnen zwei Tage frei gegeben und sie wollten die Zeit nutzen, um Ellens Freunde zu treffen, die ebenfalls etwas Freigang hatten. Während Ellen ihre Gliedmaßen streckte, band Katlyn ihre schwarzen Haare zu einem ordentlichen Knoten und holte ihre Taschen aus der oberen Gepäckablage des Shuttles, das sie für ihre Reise gebucht hatten. Gähnend erhob Ellen sich schließlich, warf ihren großen Allianzrucksack über die Schultern und sprang Katlyn hinterher aus dem Shuttle. „Siehst du sie schon?“, fragte Kat aufgeregt, als sie sich vom Shuttle entfernten und auf dem großen Landeplatz umsahen, auf dem zig Fluggeräte gleichzeitig starteten oder landeten. „Mmh“, machte Ellen und wandte sich um. Etwa zweihundert Meter entfernt sah sie drei Frauen winken und ihr Herz machte einen Hüpfer. „Komm“, sagte sie, klatsche Katlyn auf den Arm und ging zunächst langsam auf die Gruppe zu, verfiel aber zusehends in einen Laufschritt bis sie schließlich rannte und mit einer stürmischen Umarmung Norah beinahe umwarf. „Hey El“, keuchte diese überrascht, hielt sie dabei fest in ihren Armen. Lieutenant Second Class Norah Eli und Ellen kannten sich seid ihrer Kindheit, genauso wie die anderen beiden Marines, die neben ihnen standen. Norah war eine große, blonde Frau mit kantigem Gesicht, dem man ansah, dass sie eine starke Frau war, wofür Ellen sie bewunderte. Während ihrer gemeinsamen Dienstzeit bei der Allianz hatten sie gemerkt, dass sie mehr als bloß Freunde waren, doch sie sahen sich deutlich seltener, als es beiden lieb war. „Wo bleibt denn unsere Umarmung?“, fragte Lauren gespielt mürrisch, die neben Norah stand und ihre Arme verschränkte. Ellen lachte und fiel ihr ebenfalls um den Hals. Laurens feuerrote Haare und ihr rundes, sommersprossiges Gesicht hatte sie seit Monaten nicht mehr gesehen, doch abgesehen davon, dass sie schmaler geworden war, was vermutlich dem Stress ihrer Sanitäterausbildung zuzuschreiben war, hatte sie sich kaum verändert. Als letzte kam Olivia an die Reihe, mit der sie zuletzt vor ein paar Wochen eine Mission absolviert hatte. Sie war Teil der Special Operations und machte stets ein großes Geheimnis aus ihrer Arbeit. Sie trug ihre brunetten Haare meist zu einem Flechtezopf und ihre wachsamen grünen Augen wurden von ein paar Narben und kleinen Muttermalen umrandet. „Hast du die letzten Wochen gut überstanden?“, fragte sie, als sie sich aus der Umarmung lösten. Ellen nickte. „Na klar. Ach, die meisten kennen Katlyn ja noch gar nicht!“, sagte sie, als Kat die Gruppe erreichte und schüchtern dreinblickte. „Hey“, sagte sie und schüttelte der Reihe nach die Hände von Ellens Freunden. „Schön, dich wiederzusehen, Oliv.“ „Kat“, erwiderte Olivia grüßend und strahlte sie an. „Nun, ich denke, wir sollten schleunigst euer Gepäck loswerden und dann was essen gehen, es ist spät. Kommt mit, ich habe uns ein Skycar gemietet.“ Die Gruppe folgte ihr, während Olivia weiterplapperte. „Ins Mercury-Hotel habe ich uns auch schon alle eingecheckt, von dort gibt es genug Restaurants und Bars in Laufweite. Und der Stützpunkt ist auch nur ein paar Monorailstationen entfernt, aber natürlich könnt ihr morgen auch alle Skycars rufen.“ „Seit wann so organisiert?“, warf Lauren mit einem schiefen Seitenblick auf sie ein. Olivia zuckte mit den Achseln und antwortete: „Das habe ich mir wohl bei den SpecOps angewöhnt. Da gibt es immer einen Plan für ALLES.“ Ellen konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so gesprächig gewesen war, vermutete aber, dass sie vielleicht einfach froh war, einen Abend mit alten Freunden verbringen zu können. Ein Arm wurde um Ellens Schultern gelegt und hielt sie etwas zurück. Verblüfft blickte sie zu Norah, die ihr Tempo so verlangsamte, dass sie ein kleines Stück hinter der Gruppe liefen. „Olivia hat für uns alle Einzelzimmer reserviert“, raunte sie ihr ins Ohr. „Ich habe aber für uns ein Doppelzimmer daraus gemacht.“ „Ach, hast du das?“, fragte Ellen mit einem verschmitzten Grinsen. Sie drückte kurz Norahs Hand, die von ihrer linken Schulter hing, dann stoben sie auseinander, als Katlyn ihnen einen belustigten Blick zuwarf. „Hey ihr Turteltauben, spart euch das für später auf“, lachte sie und schüttelte den Kopf. Olivia und Lauren wandten sich ebenfalls zu ihnen um und Ellen hätte schwören können, dass kurz ein dunkler Schatten auf Laurens Gesicht lag, doch er verschwand binnen eines Sekundenbruchteils wieder, weshalb sie es sich vielleicht doch bloß eingebildet hatte. „Und Ex!“ Auf Katlyns Kommando hin tranken sie alle die dritte Runde Tequila und schüttelten sich danach. „Der geht jetzt nicht wirklich leichter runter“, murmelte Lauren angewidert, was Katlyn leider gehört hatte und sofort hämisch eine neue Runde orderte. „Dafür, dass wir dich heute erst kennengelernt haben, machst du dich ganz schön unbeliebt“, frotzelte Norah und lachte. „Ellen, gut, dass du sie aufgegabelt hast.“ Katlyn klatschte ihre flache Hand auf den Tisch. „Du verdrehst ein bisschen, wer hier wen aufgegabelt hat. Ohne mich würde sie heute immer noch irgendwo in einem Labor versauern. Sie hat zwar die Muskeln, aber ich das Hirn.“ Ellen spürte, dass sie versuchte, es wie einen Witz zu verpacken. Sie beide hatten sich darauf geeinigt, mit möglichst viel Humor an ihre gemeinsame Vergangenheit heranzugehen, aber Katlyn traf bei den anderen damit einen wunden Punkt. Dass Ellen entführt worden war, hatte sie alle damals sehr mitgenommen. Olivia, bemüht, die Stimmung nicht in den Keller sinken zu lassen, erwiderte: „Da ist etwas dran. Ich habe euch in Aktion gesehen, und wir beide mussten Ellen ganz schön oft den Hintern retten, weil immer wieder sie blind in ihre Gegner gestürzt ist.“ „Hey!“, gab Ellen zurück, doch das war auch alles, was ihr dazu einfiel. Der ganze Tisch lachte, als ein pickeliger Kellner, der kaum alt genug sein konnte, um selbst Alkohol trinken zu dürfen, ihnen die nächste Runde Tequila brachte. Ellen griff nach ihrem Glas, doch ihre Hand zitterte plötzlich so stark, dass sie es umwarf. „El“, sagte Norah überrascht und nahm ihre Hand. „Ist alles okay?“ Ellen setzte ein Lächeln auf. „Na klar, der ganze Alkohol macht sich wohl langsam bemerkbar. Ich gehe mal eben zur Toilette.“ Sie löste sanft ihre Hand aus Norahs, gab ihr einen Kuss auf die Wange, um sie hoffentlich von dem abzulenken, was passiert war, dann ging sie bemüht lässig zur Damentoilette. Es war nicht der Alkohol, der sie zittern ließ, ihr Körper brauchte Blauen Sand. Die Ärzte hatten sie davor gewarnt, dass es dazu kommen würde, wenn sie zu viel davon in kurzer Zeit nahm, aber in den letzten Wochen hatte sie eine gefährliche Mission nach der anderen absolviert und eigentlich keine Wahl gehabt. Man versicherte ihr aber ständig, dass alles in Ordnung war, und gab ihr sogar noch mehr von dem Zeug mit, damit sie ihren Bedarf selbstständig regeln konnte. Als sie die Toilette erreichte, verriegelte sie eine der beiden Kabinen hinter sich und setzte sich auf den Klodeckel. Gerade, als sie den Pen mit Blauem Sand hervorholte, den sie immer für Notfälle bei sich trug, hörte sie, dass eine weitere Person aus der Bar kam und sich vor ihre Tür stellte. „Von wegen Alkohol. Du bist genauso trinkfest wie ich und merkst die Shots wahrscheinlich noch gar nicht“, hörte sie Katlyn sagen. „Ich habe das Zittern schon einmal gesehen. Vor zwei Wochen. Ellen, wie oft nimmst du inzwischen dieses Zeug?“ Ellen stöhnte und lehnte ihren Kopf gegen die stählerne Wand hinter sich. „Es geht mir gut, Kat.“ „Wie oft?“ „Einmal am Tag. Vielleicht auch zwei- oder dreimal, ich achte nicht so sehr darauf.“ „Das kann nicht gut für dich sein! Sprich mit den Ärzten darüber, dass du damit aufhören wirst, okay?“ „Die Ärzte sagen, dass alles in Ordnung ist. Ich nehme es ja nicht aus Langeweile. Ich erreiche leider nur mein volles Potenzial, wenn ich dieses Zeug nehme. Auch dir habe ich so schon das Leben gerettet“, erwiderte Ellen beinahe ein wenig zickig. „El, ich denk-“ Sie wurde unterbrochen, als eine weitere Person in den Raum trat. „Oh, störe ich?“, fragte Norah. „Schon gut“, antwortet Katlyn und ging zurück in die Bar. Norah trat vor Ellens Kabine und klopfte an. „Lust, ein wenig rumzumachen und dann zu verschwinden?“ „Ich befürchtete schon, wir würden noch bis zum Zapfenstreich bleiben“, lachte Ellen und entriegelte ihre Tür, um sie einzulassen, jedoch nicht ehe sie den Pen in ihrer Tasche versteckt hatte. Als Katlyn zu dem Tisch zurückkehrte, machte sie auf Olivia einen betrübten Eindruck. „Ist irgendwas passiert?“, fragte Lauren, der es ebenfalls aufgefallen zu sein schien. Katlyn sah kurz in Richtung der Toiletten, ehe sie antwortete. „Nein … Nichts. Hört mal, ich wollte mich heute Abend noch mit jemandem treffen. Meint ihr, es ist in Ordnung, wenn ich gehe? Wir sehen uns bestimmt später noch im Hotel.“ Lauren winkte ab. „Nur zu. Weiß Ellen Bescheid?“ „Ich glaube, die ist gerade anderweitig beschäftigt.“ Olivia prustete in ihr Glas, denn auch ihr war bereits aufgefallen, dass Norah und Ellen länger als vielleicht nötig verschwunden waren. Nachdem sie Katlyn verabschiedet hatten, wandte sie sich Lauren zu und sah sie eindringlich an. Etwas an ihrem Verhalten war ihr merkwürdig vorgekommen, und die Ermittlerin in ihr drängte sie dazu, herauszufinden wollen, was dahintersteckte. Lauren, irritiert von ihrem starrenden Blick, hob fragend eine Augenbraue. „Nun, Norah und Ellen, hm? Das lag lange in der Luft.“ „Oh ja“, erwiderte Lauren und verzog ihre Lippen zu einem Grinsen, dass ihre Augen nicht erreichte. „Wirklich … Das geht wohl nun auch schon eine Weile“, fügte sie noch hastig hinzu. Olivia überlegte kurz, wie sie ihr noch indirekt auf den Zahn fühlen konnte. „Ich freue mich für sie, du dich nicht auch? Sie sind doch bestimmt genauso glücklich wie du mit Zacharias, der dir gerade erst einen Antrag gemacht hat, nicht wahr?“ „Ja … genau.“ „Verdammt Lauren“, sagte Olivia in einem genervten Ton und stellte ihr Glas lautstark auf dem Tisch ab. „Wenn du nicht langsam mit der Sprache rausrückst, werde ich dich so lange abfüllen, bis du es tust. Ich erzähle dir mal, was ich denke. Irgendetwas war mit Zack, du hast den Antrag vermutlich nicht angenommen, sonst hättest du es bereits erzählt oder würdest den Ring in der rechten Hosentasche deiner Uniform tragen, wo du immer wichtige Sachen aufbewahrst, obwohl wir keine persönlichen Gegenstände bei uns haben dürfen. Außerdem rutscht du seit ein paar Minuten unruhig auf deinem Sitz herum, vermutlich, weil du zur Toilette musst, aber nicht gehen willst, weil Ellen und Norah dort sind.“ „Ich möchte sie nicht stören“, warf Lauren ein, doch Olivia schnitt ihr direkt das Wort ab. „Möglich, aber das ist es nicht. Du kannst den beiden schon den ganzen über nicht in die Augen sehen, ganz besonders Ellen nicht. Ich weiß zufällig, dass ihr euch vor ein paar Monaten auf einer Mission begegnet seid, und dabei muss irgendwas passiert sein.“ Als sie geendet hatte, sah sie Lauren abwartend an, damit sie dazu Stellung nahm. So häufig, wie ihr Mund sich öffnete, schloss, wieder öffnete, um einen Schluck Bier zu nehmen, und dann wieder schloss, war Olivia fest überzeugt, ins Schwarze getroffen zu haben. „Sag ihr nichts“, murmelte sie letztendlich und senkte beschämt ihren Blick. „Sie sind so glücklich … Ellen hat mir bei der Mission das Leben gerettet, und danach saßen wir einen Tag lang in einem Schmugglerversteck fest. Es ist nichts passiert, aber ... seitdem sehe ich sie mit anderen Augen. Es ist alles so … klar. Zacharias kann ihr nicht annähernd das Wasser reichen, deshalb habe ich Schluss gemacht.“ Obwohl Olivia sehr darauf gedrängt hatte, das zu hören, tat es ihr nun unglaublich leid. Sie hätte in dieser Sache lieber unrecht gehabt, der ganze Abend musste für Lauren schwer zu ertragen gewesen sein. Sie legte gerade ein paar Worte zurecht, um sie zu trösten, als Norah und Ellen wieder auftauchten. „Wir wollen los, wie sieht es bei euch aus?“, fragte Norah. Mit einem Blick auf Lauren antwortete Olivia: „Ich denke, wir bleiben noch. Wir sehen uns morgen beim Frühstück.“ Früh am nächsten Morgen wachte Katlyn in einem fremden Bett auf und wunderte sich kurz darüber, wo sie war und was sie geweckt hatte. Sie lag alleine in dem großen Doppelbett, die rechte Seite war leer. Ihr gegenüber war ein weißer Schrank, der die ganze Wand ausfüllte und in der Mitte einen großen Spiegel hatte. Als sie sich darin betrachtete, fiel ihr auf, dass sie nackt war, und erinnerte sich grinsend an die letzte Nacht zurück. Als sie im Raum nebenan Geschirr klirren hörte, zog sie sich gemächlich ihre Uniform über und versuchte kurz, ihre Haare zu richten, gab es jedoch rasch auf. Mit einem Tastendruck öffnete sie die Schlafzimmertür und betrat die kleine Wohnküche, die dahinter lag. Zu ihrer linken befand sich eine moderne Küchenzeile, die aber etwas kahl wirkte, weil auf den Ablagen oder an den Schränken keinerlei Dekoration zu finden war, genauso wie in der anderen Raumhälfte, die von einem dunklen Sofa und einem riesigen Bildschirm ausgefüllt wurde. Die dunkelhaarige Schönheit, die an dem Tresen in der Mitte des Raumes saß und sie aufmerksam musterte, reichte Katlyn allerdings auch völlig als Blickfang. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken“, sagte die Frau und lächelte. Dann legte sie das Besteck zur Seite, mit dem sie gerade ein Rührei gegessen hatte, und glitt von ihrem Hocker. „Möchtest du einen Kaffee?“ „Hast du nicht und einen Kaffee könnte ich gerade gut gebrauchen. Danke, Ash“, antwortete Katlyn, setze sich an die andere Seite des Tresens und stibitzte einen Streifen Bacon. Die andere Frau stellte ihr eine Tasse mit heißem Kaffee und einen eigenen Teller mit Frühstück vor die Nase. „Bald heißt das wieder Lieutenant Commander Williams, Gunnery Chief McKinley.“ „Jawohl, Ma'am“, sagte Katlyn salutierend und machte sich über das Essen her. „Wenn ich das sagen darf, Ma'am, Sie sind eine ganz passable Köchin“, witzelte sie zwischen zwei Gabeln des Rühreis. Ashley rollte mit den Augen. „Passabel? Als ich einmal an Bord der Normandy gekocht habe, hat sogar Commander Shepard mein Essen gelobt. Dabei kann sie wirklich eine mäkelige Esserin sein.“ „Erzählst du mir irgendwann mal mehr von ihr?“ Commander Shepard war eine Legende in der Allianz, sogar Katlyn hatte schon viel von ihr gehört, weshalb sie gerne selbst erfahren und erleben würde, was diese Frau so besonders machte. Sie hatte Ashley hin und wieder nach ihr gefragt, doch diese blockte meist nur ab oder ein seltsamer Ausdruck trat auf ihr Gesicht, so wie es jetzt gerade passiert war. „Irgendwann. Vielleicht nach unserer nächsten Mission“, antwortete Ashley seufzend und sah auf die Uhr. Es war kurz nach sechs. „Ich muss schon zum Stützpunkt für ein Briefing mit dem Oberkommando.“ Sie räumte ihr Geschirr weg und gab Katlyn einen Kuss auf die Wange. „Denk daran, dass unsere Einheit sich um zwölf trifft. Und schließ' die Tür ab, der Sperrcode müsste hier irgendwo stehen. Ich glaube aber, die geliehenen Appartements der Allianz werden nach der Benutzung immer gereinigt, also ist es vielleicht nicht schlimm, wenn du es vergisst.“ „Ich kriege das schon hin“, lachte Katlyn und gab ihr einen kleinen Stoß in Richtung Tür. „Geh. Wir sehen uns später, Lieutenant Commander.“ Ashley nickte und verließ die Wohnung. Die Romanze zwischen ihnen beiden hatte als etwas lockeres zwischen den Missionen begonnen, aber so langsam mochte Katlyn sie wirklich, traute sich aber noch nicht, das Ashley gegenüber zu erwähnen. Sie machte aus der Sache so ein großes Geheimnis, dass Katlyn nicht einmal Ellen davon erzählen durfte. Mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht aß sie weiter und malte sich aus, wie sie Ashley bei ihrer nächsten Mission mit Anspielungen auf die vergangene Nacht in Verlegenheit bringen konnte. Unruhig zerwühlte Ellen die Uniform, die auf dem Fußboden des kleinen Hotelbadezimmers lag, auf der Suche nach ihrem Blauen Sand. Norah hatte sie die Nacht über … beschäftigt gehalten, weshalb sie noch nicht dazu gekommen war, ihre Dosis zu nehmen, wogegen ihr Körper nun deutlich Protest einlegte. „Wo ist das verdammte Ding“, murmelte sie mürrisch vor sich hin, als sie die Uniform zur Seite warf und den Fußboden absuchte. Sirrend glitt die Badezimmertür zur Seite und eine bereits angezogene Norah trat ein, die irritiert an ihrer Uniform zupfte. „El, ich glaube, du hast versehentlich meine Klamotten gegriffen, diese Uniform ist mir ein bisschen zu klein.“ Panisch sah Ellen, wie Norah nun bemerkte, dass etwas in der rechten Hosentasche war und den Pen mit dem Blauen Sand herauszog. „Was-“, doch Ellen ließ sie nicht ausreden, sondern riss ihr das Mittel aus der Hand. „Sorry. Das sind meine Medikamente“, erklärte sie und versuchte nun, eine Unschuldsmiene aufzusetzen. „Gefährliches Zeug, würde dich umbringen.“ Doch Norah lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen und schien ihr offensichtlich kein Wort zu glauben. „Ellen, du erinnerst dich, dass ich die Alkoholsucht meines Vaters mitbekommen habe? Ich kenne die Anzeichen. Gestern Abend dachte ich noch, es wäre nichts, aber so, wie du gerade eine offensichtliche Lüge auftischst … Was ist das für Zeug, das du nimmst? Und seit wann?“ Schuldbewusst sah Ellen zu Boden. „Es ist keine Droge, viel mehr ein Kampfstoff. Ich brauche ihn, um mein biotisches Implantat im vollen Umfang nutzen zu können, verstehst du? Ich habe den Blauen Sand vor ein paar Monaten bekommen und soll ihn mir regelmäßig verabreichen, man weiß ja nie, wann der nächste Einsatz wartet.“ Sie sah wieder auf und schenkte Norah ein schiefes Grinsen, womit sie sie sonst immer erweichen konnte, doch es schien Norah eher zu provozieren. Sie packte Ellen an den Schultern und schüttelte sie. „WEIßT DU EIGENTLICH, WAS DU DIR DAMIT ANTUST?“, schrie sie erbost. „ICH BRAUCHE ES!“, brüllte Ellen zurück. Es entstand ein Gerangel zwischen ihnen, weil Norah versuchte, ihr den Pen abzunehmen, und ohne es wirklich zu wollen, aktivierte Ellen ihre Biotik und schleuderte Norah quer durch das Hotelzimmer auf das große Bett, in dem sie noch Stunden zuvor ihre Wiedervereinigung gefeiert hatten. Erschrocken ließ Ellen die blaue Energie, die aus ihrem Körper trat, sich verflüchtigen und Tränen traten in ihre Augen. „Norah, es tut mir so leid!“, sagte sie zitternd und machte einen Schritt auf sie zu, doch Norah sprang auf und wich vor ihr zurück. Das Entsetzen, das in ihren Augen stand, verletzte Ellen zutiefst, und sie wusste, dass sie jedes Schimpfwort verdient hatte, das Norah ihr an den Kopf knallen würde. Doch sie sagte gar nichts. Ohne ein Wort stürmte sie aus dem Zimmer und ließ Ellen alleine zurück. Wütend donnerte sie den Pen mit dem Blauen Sand an die nächste Wand, wo er zerbrach und sein leuchtende Inhalt sich über die ganze Wand verteilte. Sie überlegte, Norah nachzulaufen, entschied sich jedoch dagegen. Diesen Streit würde sie jetzt nicht beilegen können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)