Die Leiden des Oikawa T. von Jeon_Jungkook (Eine tragische Komödie über falsche Schwäne und blaue Schloßbewohner) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Ich habe Wakatoshi verloren!“ Oikawa war müde, war versucht das Telefonat zu beenden und sich wieder neben Iwaizumi in das Bett und an dessen warmen Körper zu kuscheln. Es wäre einfach – ein Druck auf sein Mobiltelefon und schon konnte er sich wieder angenehmeren Dingen widmen. Doch hielt ihn der etwas panische Klang in der Stimme seines Arbeitskollegen auf. Er seufzte und schob seine Beine schließlich aus dem Bett. Die kalten Holzdielen unter seinen Füßen fühlten sich unangenehm kalt an und ihm fröstelte, als er die Bettdecke gänzlich fortschob um sich zu erheben. Hinter ihm hörte er Iwaizumi ein Murren von sich geben. Doch er schien weiter zu schlafen. Gut. Das Telefon an sein Ohr gedrückt tapste er durch die Dunkelheit in das Wohnzimmer ihrer gemeinsamen Wohnung und ließ sich nun auf dem Sofa nieder. Dort würde er Iwaizumi zumindest nicht stören. „Nun mal ganz ruhig. Was ist passiert?“, wollte Oikawa wissen. Sein Blick wanderte auf die an einer Wand hängenden Jedi-Lichtschwerter-inspirierten Uhr – 3 Uhr morgens. Er wollte sterben. Sich so früh am Morgen um ein Problem namens Ushiwaka zu kümmern, war natürlich ein Traum. Ein Alptraum. „Well… Wakatoshi und ich sind ja auf dem Weihnachtsmarkt!“ Oikawa nickte. Natürlich waren sie das. Erinnerte er sich doch noch nur allzu gut wie er seinen Arbeitskollegen dazu angestiftet hatte. Hätte er jedoch gewusst, dass dieser ihn aus dem Bett klingeln würde… Wahrscheinlich hätte er sich den Vorschlag verkniffen.   -- Jingle Bells, Jingle Bells Suzu ga naru Suzu no rizumu ni hikari no wa ga mau oooo! Jingle Bells, Jingle Bells~   Oikawa blickte von seinem PC auf, drehte sich auf seinem Schreibtischstuhl in die Richtung, aus der der ein wenig schiefe Gesang kam. Es überraschte ihn nicht, dort Tendou zu erblicken. Und nach den gemeinsamen Jahren bei dem Sportiva Magazin war es für ihn auch nicht mehr unangenehm sich mit ihm zu beschäftigen, zu unterhalten oder generell Zeit mit dem einstigen Rivalen zu verbringen. Denn auch wenn sie in ihrer Schulzeit erbitterte Feinde gewesen waren, hatte die Arbeit hier sie doch irgendwie zusammengeschweißt und eine überraschende Freundschaft entstehen lassen. Er mochte das rothaarige Monster – wenngleich seine Abneigung für dessen festen Freund nie gänzlich hatte verschwinden können. Inzwischen war Oikawa aber zumindest so erwachsen, dass er diese Abneigung in verbalen Seitenhieben und Neckereien versteckte. Frustrierender Weise nahm Ushijima jedoch nur die Hälfte davon wahr und schien davon die Hälfte nicht einmal richtig zu verstehen. Manchmal war Tendou so nett und erklärte ihm alles. Natürlich für das eigene Vergnügen. Den besten ‚festen Freund Award‘ hatte Tendou somit keineswegs verdient. Einen Ablenkungs Award dann doch eher. Also speicherte Oikawa den Fortschritt seines Dokumentes sicherheitshalber ab und lehnte sich dann zurück, während Tendou die letzten Zeilen von dem Chorus ( hibikinagara  )von Jingle Bells auf den Lippen vor ihm zu stehen kam. Er beobachtete, wie dieser weiter summend die Zeigefinger ausgestreckt zum Takt der imaginären Musik hin und her bewegte. Auf seinem Gesicht war heute eine äußerst zufriedene Grimasse zu sehen, die auf Leute, die ihn nicht gewohnt waren, vielleicht ein wenig gruselig hätte wirken können. „Da ist aber wer in Weihnachtsstimmung, Tendori!“, benannte er ihn bei seinem eigens von ihm gegebenen Spitznamen und schenkte ihm ein müdes Lächeln. Bei der guten Laune konnte es ja nur um Ushiwaka gehen und eigentlich hatte er keine Lust sich das anzuhören. Aber er war ein guter Freund. Also würde er sich dadurch quälen. „Mein Urlaub wurde genehmigt!“, grinste Tendou ihn an und streckte ihm die langen Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand zu einem Victory Zeichen. Er hatte seine Augen halb geschlossen, eines seiner sonderbaren Grinsen auf den Lippen. Eine weitere Grimasse, die Oikawa im Laufe der Jahre als zufrieden deuten gelernt hatte. Oikawa schenkte seinem Kollegen ein schwaches Lächeln. Ob er sich nun freuen sollte oder nicht, wusste er nicht so recht. Denn auch wenn er sich regelmäßig bei Iwaizumi über Tendou beschwerte, war es schrecklich langweilig, wenn dieser Urlaub hatte oder krank war. „Oh…. Wie lange hast du denn Urlaub? Und wohin geht es?“ Oikawa legte seinen Kopf ein wenig zur Seite und betrachtete den Rothaarigen interessiert. Leider schien dieser nun eine dramatische Folge von Emotionen durchzumachen. Dramatisch warf Tendou die Arme in die Luft, streckte sich nach hinten und stahl seinem Platznachbarn Sakamoto – was war der auch einfach auf das Klo verschwunden – den Stuhl. Nachdenklich betrachtete Oikawa den Anderen. Hatte dieser in seinen komischen für ihn markant eigenartigen Bewegungen gerade Armageddon gerufen?! Oikawa hob skeptische eine Augenbraue und rückte seine Brille zurecht. „Warum soll die Welt untergehen, Tendori?“ „Wakatoshi…“ Natürlich. Der dumme Ochse Ushiwaka-chan! Wer sonst sollte für den Weltuntergang verantwortlich sein. Es entkam seiner Kehle eine verächtliches „Tsk!“ und er ignorierte den strafenden Blick von Tendou gekonnt. Das aufgesetzte Lächeln konnte er sich nun sparen. Also verdrehte er nur die Augen: „Was hat Ushiwaka-chan nun wieder angestellt?!“ „Du weißt, wie lange wir letztes Mal gebraucht haben um ein passendes Ziel zu finden!“ Oikawa erinnerte sich nur zu gut. Seine feinen Gesichtszüge verzogen sich zu einer Grimasse. Tendou mochte eben lieber Besonderes, aufregende Dinge und Ushijima? Nun ja… Der war so aufregend wie ein Stück Seife. Kultur war da eher sein Programm. Nachdenklich griff er nach einem Stück Gebäck aus der Dose, die ihm Mattsun letztens aus dem Urlaub mitgebracht hatte. Bei der süßlichen Kombination von Gewürzen, Nüssen und Zimt kam ihm eine Idee.   --   „Ich erinnere mich vage….“ Seine Stimme war lustlos und träge. Das lag höchstwahrscheinlich vor allem anderen daran, dass er verdammt noch mal müde war und es eben noch immer fucking drei Uhr war – in der Nacht! Einen kurzen Moment spielte er erneut mit dem Gedanken aufzulegen. Aber dann erinnerte er sich daran, wie Tendous furchtbare Rache aussehen könnte. Niemand, der noch halbwegs bei Verstand war, zog seinen Zorn freiwillig auf sich. So viel Verstand hatte er zumindest auch noch in seinem mehr oder weniger wachen Zustand. Glück gehabt! „Auf jeden Fall ist es hier sehr voll. War ja zu erwarten. Und das sollte eigentlich auch kein großes Problem sein. Immerhin sind wir ja beide sehr große Jungs!“ Natürlich konnte der Seitenhieb auf den minimalen Größenunterschied zwischen ihnen nicht ausbleiben. Er verkniff sich einen bissigen Kommentar. „Ja… Für asiatische Verhältnisse seid ihr wirkliche Riesen. Mich wundert es echt wie du dein so geliebtes Riesenkalb da hast verlieren können!“, war sein Kommentar. Okay… Er hatte es sich doch nicht ganz verkneifen können. Wahrscheinlich hatte Tendou sein Gesicht gerade wieder zu einer Grimasse verzogen und erschreckte nichtsahnende deutsche Weihnachtsmarktgänger zu Tode. Er sollte ein schlechtes Gewissen haben – hatte er aber nicht. „Huuuh… Vielleicht hätte ich ihm dann doch besser das blinkende Rentiergeweih kaufen sollen?“ Oikawa lachte auf. „Ein blinkendes Rentiergeweih?! Bitte setz Ushiwaka-chan eines auf! Ich muss das sehen!“, Oikawa rieb sich kleine Lachtränen aus den Augenwinkeln. Die Müdigkeit war etwas in die Ferne gerückt. „Aber.. Tendoriiiiiiiiiiiiiiii…. Habt ihr keinen Treffpunkt ausgemacht?“ „Was denkst du?“ „Ich vermute mal ganz stark, dass du bereits an dem abgesprochenen  Treffpunkt bist und unser Rindvieh mal wieder null Orientierungssinn hat?“ „Excellent! You’ve got it!“ Da war er mal wieder. Der spontane Gebrauch von englischen Wörtern in einer ganz normalen Konversation. „Wäre es nicht wirklich einfacher, ihn an die Leine zu nehmen oder mit Handschellen an dich zu binden, damit er nicht mehr verloren geht?“ „Oh… Das würde ich mir wenn dann eher für andere Orte vorbehalten. Aber danke für die Inspiration!“ „Ewwwww! Zu viele Informationen!“ Oikawa verzog das Gesicht angewidert zu einer Grimasse. Nun hatte er Bilder im Kopf, die er da nicht haben wollte. Er wollte immerhin nicht wissen, was die Beiden wo und wann im Bett trieben – oder nicht trieben. Er schüttelte sich ein wenig, versuchte den Gedanken weit von sich zu schieben und ein weniger unangenehmes Gesprächsthema anzuschneiden. „Hat Ushiwaka-chan eigentlich nicht sein Handy dabei? Oder hat er noch immer nicht gelernt, wie man das benutzt?“ Natürlich wusste Ushijima wie man ein Mobiltelefon bediente. Er konnte Nachrichten schreiben, Kontakte erstellen, besagte Kontakte anrufen und natürlich auch Fotos machen. Das bewies ein gut gepflegter Instagram Account mit reichlich verschwommenen Selfies, auf denen er konzentriert in die Kamera schaute oder auch die etlichen Bilder von kulturell wichtigen Steinen, Statuen oder einer dummen Landschaftsaufnahme. Nicht, dass er diesen Account stalken würde. Aber es war so herrlich amüsant mit Makki und Mattsun diesen Account zu trollen und die eindeutig missratenen Bilder in den Himmel zu loben. „Entweder hat Wakatoshi sein Handy in dem Hotel gelassen oder aber es ist aus.“ „Wahrscheinlich Zweiteres.“ Immerhin kannte er das dumme Rindvieh gut genug um zu wissen, dass es einfacher war seine Mitmenschen in der näheren Umgebung als ihn selber zu erreichen, wenn man denn etwas von ihm wollte. Manchmal wurde das Handy auf stumm geschaltet oder aber erlitt dem Akku-Tod. Nicht, dass er Ushijima häufig kontaktieren musste. Aber es war für ihn unvorstellbar, nicht erreichbar zu sein. In Momenten wie diesen wäre ein Telefonleben wie das, was Ushijima führte, aber sicherlich einfacher. Dann hätte er auch nicht Tendou an der Strippe. „Was ja auch eigentlich egal ist. Auf jeden Fall ist er gerade unauffindbar und unerreichbar!“ „Was für ein Weltuntergang. »Wonderboy Wakatoshi« allein in Deutschland.“, es tat ihm ja so leid. Er ließ sich auf seinem Sofa zur Seite fallen und zog die Beine ein wenig enger an den eigenen Körper, um der aufkommenden Kälte möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. „Ey! Das ist mein Spitzname für ihn!“, beschwerte sich Tendou. Oikawa verdrehte die Augen. „Ja, ja…“, murmelte er nur und hoffte inständig, dass das dumme Rindvieh sich möglichst bald bei Tendou einfinden würde. Dann könnte er selber immerhin wieder ins Bett gehen. Denn langsam wurde es an seinen Füßen ein bisschen unangenehm kühl. Unruhig rieb er die Füße aneinander, hörte Tendou nicht mehr wirklich zu.   --   „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist“, kommentierte er sachlich den von seinem Freund unterbrachten Vorschlag. Ushijima richtete seinen Blick abermals auf eines der vielen Bücher, die ihm sein Freund vor wenigen Minuten vor die Nase gehalten hatte. Etliche Reiseführer über die Stadt Nürnberg in Deutschland. In den Büchern waren Attraktionen, Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten der Stadt selbst und der näheren Umgebung verzeichnet. Besonders zu empfehlen war dahingehend scheinbar die Altstadt und die Kaiserburg. Zumindest standen zu diesen Sehenswürdigkeiten einige interessante Dinge in dem Buch. Er blätterte um und las interessiert weiter. „Wakatoshi. Du muss dir das doch nicht alles durchlesen!“ Er sah von dem Buch auf, blickte seinen Freund fragend an. „Du willst doch in Nürnberg Urlaub machen. Sollten wir uns da nicht ausgiebig informieren?“ Ushijima beobachtete, wie Tendou eine Grimasse zog. Scheinbar hatte er etwas übersehen. Mit halb geschlossenen Augen und den Mund komisch gespitzt starrte Tendou ihn an. Ushijima sah ihn ein wenig ratlos an. Kurz legte sich Schweigen über sie. „Du willst nicht, dass wir uns ausgiebig mit den kulturell wertvollen Orten dieser Stadt beschäftigen“, stellte Ushijima fest. Sein Freund vollführte eine seiner typisch eigenartig anmutenden Gesten. Die Zeigefinger ausgestreckt, wippten seine Hände in einem eigenartigen Takt hin und her. Er betrachtete den Rothaarigen nachdenklich. „Und was ist dann der Sinn dieser Reise?“ Eine weitere Grimasse des Rothaarigen folgte. Dieses Mal war sie jedoch eher mit einer Spur Amüsement versehen. Tendou drehte sich kurzerhand im Kreis um sich selber. Eine gut gelaunte Weihnachtsmelodie kam über die Lippen von Tendou. „Waka-chan, Waka-chan… Weihnachtsmarkt Hallo! Du und ich Im Weihnachtsland. Wäre das nicht wunderschön? Hey~“ Tendou sang einen eben selbst gedichteten Vers auf die Melodie von Jingle Bells. Ushijimas Mund formte sich zu einem tonlosen ‚o‘. Er hatte nun doch verstanden, was sein Freund geplant hatte. „Du willst also nur wegen diesem Christkindmarkt nach Nürnberg?“ „Christ-kind-les-markt!“, korrigierte Tendou in einem reichlich akzentuierten Deutsch, „Und zu genau diesem werden wir reisen! Das wird lustig! Das wirst du schon sehen!“ Widerstand war zwecklos. Also probierte Ushijima es nicht einmal.   --   „Oikawa! Ey… Hörst du mir noch zu?“   Oikawa wurde aus seinen Gedanken gerissen. Er räusperte sich. „Natürlich höre ich dir noch zu, Tendori!“ Hoffentlich würde Tendou nicht die leichte Angespanntheit in seiner Stimme bemerken. Sein allerbestes falsches Lächeln hatte sich auf seine Lippen geschlichen. Jedoch entspannten sich diese sobald er sich wieder daran erinnerte, dass Tendou ihn bei einem normalen Telefonat noch immer nicht sehen konnte. „Ist eure Treffpunktzone eigentlich groß?“ „Wie meinen?“ Oikawa verdrehte die Augen. „Nun ja… Wenn ihr einen vielleicht nicht soooo klaren Treffpunkt ausgemacht habt… Dann könnte es doch sein, dass er schon da ist und ihr euch nur nicht seht. Zum Beispiel… Wenn es ein Gebäude oder so ist. Vielleicht ist er an dem einen Ende und du an dem anderen? Oder der Treffpunkt war missverständlich ausgedrückt und nun ist Ushiwaka-chan einfach an dem falschen Ort?“ Er rieb sich eine Schläfe und wartete. „Neben der Bühne… Da wird gerade irgendwas aufgeführt. Aber auf jeden Fall rechts davon. Wenn man drauf schaut. So hab ich es ihm auch gesagt.“ „Klingt eigentlich sehr logisch und verständlich.“ Also war Ushijima wahrscheinlich orientierungslos und dumm. Warum wunderte es ihn nur nicht im Geringsten? Aber das Problem mit Tendou und dem verschwundenen Rindvieh löste diese Erkenntnis auch nicht wirklich. „Moment… Das kann doch nicht sein…“ „…??“ Oikawa horchte auf. Hatte Tendou seinen Schatz endlich wieder gefunden? Dann könnte er in dieser Nacht vielleicht doch noch ein wenig heiß ersehnten Schlaf bekommen?! „Ich glaube, Wakatoshi ist zu dem falschen Treffpunkt gegangen…“ „Falscher Treffpunkt?“ Oikawas Augenbrauen hoben sich skeptisch. Warum sollte Ushijima denn nun zu einem falschen Treffpunkt gegangen sein? „Nun…. Vielleicht habe ich im Scherz vorher eine Bude als Treffpunkt genannt? Einen nicht so eindeutigen Treffpunkt?“ „…“ Oikawa wusste nicht, was er darauf sagen sollte oder was ihn nun mehr schockierte. Dass Tendou in Ushijimas Gegenwart so einen troll artigen Treffpunkt genannt hatte oder dass Ushijima wirklich davon ausging, dass man sich dort finden würde… „Ich leg mal auf. Ich meld mich wieder wenn ich ihn gefunden habe!“ Als nächstes hörte Oikawa nur noch ein Tuten. Sprachlos sah er das Telefon an. Schlaf konnte er für die nächsten Stunden definitiv vergessen. Spätestens wenn Tendou Ushijima wiedergefunden hatte, würde er sich wieder melden und ihn erneut vom Schlafen abhalten. Noch einmal gähnte er herzhaft, machte sich schließlich auf den Weg in die Küche, um Wasser für etwas Kaffee zu kochen. Wenn er schon einmal wach war, konnte er genauso gut die Zeit effektiv nutzen und einen Star Wars Marathon machen. Hoffentlich rief Tendou dann nur nicht in einem der besonders epischen Momente an. Der Explosion des Todessterns zum Beispiel. Das konnte er immerhin gar nicht gebrauchen.   --   „Warum kann dieser Roboter auf der Düne fahren. Müsste der Sand nicht seine Mechanik zerstören?“ Nachdenklich hatte Ushijima eine Hand gegen sein Kinn gelegt, beobachtete, wie der kleine Roboter sich von dem goldenen Roboter entfernte. Er erntete einen finsteren Blick von Oikawa. Dessen Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. „R2D2 ist ein Android. Kein Roboter!“, knurrte er und sah dann hastig wieder auf den Fernseher, wo C3-PO gerade sein Schicksal besiegelte und dem für ihn unbekannten Fahrzeug zuwinkte. Natürlich wusste Oikawa als Star Wars Experte, der den Film gefühlt 100 Mal angesehen hatte, dass er wie später R2D2 auch von den Jawas gefangen genommen werden würde. Und auch wenn das vielleicht keine so spektakuläre Szene war, man hatte ihn nicht zu stören. Eine Zeit lang schien sich Ushijima an die unausgesprochene Aufforderung zum Schweigen zu halten. Oikawa konnte den Film genießen, lehnte sich an Iwaizumi, der gnädiger Weise seinen Arm um seine Schultern positionierte, damit Oikawa seinen Kopf gegen seine Schulter lehnen konnte. Ushijima saß ein wenig gelangweilt auf seinem Platz, während Tendou in einer komischen Mischung aus Hocke und Sitzen Platz genommen hatte. Mit gespanntem Blick beobachtete er den Film. Die Bilder zogen nur so vorüber. Luke gelangte mit seinen neu erworbenen Androiden zu seinem künftigen Lehrmeister, er musste den Tod von seinem Onkel und seiner Tante ertragen und schließlich traf er zusammen mit Obi Wan Kenobi auf Han Solo und Chewbacca, die sie von dem Planeten runter brachten. „Ich halte es für ziemlich unlogisch, dass eine Waffe einen ganzen Planeten zerstören kann!“, kommentierte Ushijima die Zerstörung von Prinzessin Leias Heimatplaneten. Eindeutig ein Fehler. Denn mit diesen Worten riss er die Aufmerksamkeit von Oikawa auf sich. Finster starrte er zu dem Volleyballspieler – bereit sich auf ihn zu stürzen. Doch Iwaizumi zog ihn zurück. Während er mit einem seiner starken Arme Oikawa an sich gedrückt festhielt, pausierte er den Film vorerst. Natürlich begann Oikawa sich vehement zu wehren. Vergeblich. Denn mit dem zweiten Arm um ihn geschlungen hatte Oikawa nicht mehr wirklich die Möglichkeit zu entkommen. „Iwa-chan! Lass mich los!“, beschwerte er sich und versuchte sich weiterhin aus dem Griff zu befreien, damit er Ushijima auch endlich den Hals umdrehen konnte. Doch kam ihm Tendou zuvor. Langsam, sehr langsam drehte er seinen Kopf zu ihm. Seine Augen hatte er halb geschlossen, sah seinen einstigen Kapitän beunruhigend kalt an. „Du willst doch noch eine Weile Volleyball spielen, Wakatoshi-kun?“ Seine Stimme war schneidend, unangenehm verheißungsvoll. Ushijima nickte stumm und schwieg für den Rest des Abends. Oikawa musste nicht mehr von Iwaizumi an einem Mord gehindert werden, konnte nun wie Tendou auch den Rest des Filmes genießen. Dass sie nach dem Ende des Filmes eifrig über Star Wars zu diskutieren begannen, war zu erwarten gewesen. „Nächstes Mal schauen wir dann besser doch einfach Library Wars“, wandte Iwaizumi sich zu Oikawa und Tendou schauend an seinen Leidensgenossen. Wie Ushijima konnte Iwaizumi nicht viel mit Star Wars anfangen. Er hatte jedoch nicht die suizidale Angewohnheit, Zweifel an der Logik eines Films kund zu tun. „Das klingt nach einem angenehmeren Filmabend“, stimmte Ushijima zu. Iwaizumi nickte. Nun mussten nur noch die beiden Chaoten überredet werden.   --   „Oh nein…“, murmelte Oikawa zu sich, starrte den Fernsehbildschirm an. Auf diesem explodierte gerade ein ganzer Planet in tausende von kleinen Stückchen. Ihn überkam das Gefühl des Leidens, das wahrscheinlich auch in dem Inneren von der wunderschönen Prinzessin vorgegangen sein musste. Er fühlte mit ihr, fühlte mit Obi Wan und den endlosen Weiten des Universums über den Verlust von so vielen Leben. Oikawa schniefte, gab sich den traurigen Gefühlen hin. Das Telefon klingelte. Aus den emotionalen Tiefen des Star Wars Universums gerissen, starrte er das Telefon finster, äußerst finster an. Wie konnte es Tendou wagen, gerade jetzt – bei einer so emotionalen Szene – anzurufen?! Äußerst verstimmt nahm er den Anruf an, hob den Hörer an ein Ohr. „Was?!“ Seine Stimme erinnerte an ein finsteres und böses Knurren. „Sei mal ein wenig netter, Tooru! Warum so schlecht gelaunt?“ „…“, Tendou erwartete darauf nun nicht wirklich eine Antwort? Oder? Seine Augen noch immer zu Schlitzen verengt pausierte er den Film nun endlich. Nun konnte er ja leider nicht mehr weiter schauen. Oder zumindest nicht mehr so genießend, wie er es vorgehabt hatte. Er atmete einmal tief ein und aus. So gerne wie er Tendou nun anschreien würde… Es hätte keinen Sinn. Und er wollte Iwaizumi nicht wecken. „Hast du den Hornochsen gefunden?“, fragte er nun. Jedoch konnte er sich den bitteren Unterton nicht verkneifen. „Ich habe keinen Hornochsen gefunden. Dafür aber Wakatoshi!“ Tendou ignorierte gekonnt den Seitenhieb. Oikawas feine Gesichtszüge verzogen sich zu einer wenig erfreuten Grimasse. „Uii… Wie toll!“, antwortete er tonlos. Seine Begeisterung sprach Bände. Natürlich war es gut, dass Tendou Wakatoshi wieder gefunden hatte. Nun konnten sie den Rest ihres Abends auf dem Weihnachtsmarkt genießen und eine tolle Zeit haben. Er hingegen lag hier auf der Couch. Einsam, alleine und mit ruinierten Star Wars Gefühle. Das Leben war so ungerecht. „Er war tatsächlich an dem falschen Treffpunkt. Wollte dir nur Bescheid geben! Aber nun gehe ich uns erst mal Erkennungsmerkmale besorgen! Ich melde mich dann morgen wieder!“ Das Gespräch endete. Oikawa starrte noch einen Moment das Telefon grimmig an. Er überlegte, den Film wieder zu starten. Aber irgendwie war die Stimmung ziemlich ruiniert. Er seufzte, schloss kurz seine Augen, als sich nun eine Nachricht in Line ankündigte. Ihm fiel nur eine Person ein, der um diese Uhrzeit noch etwas schreiben konnte. Er entsperrte sein Telefon und blickte auf das gesendete Bild. Die darauf abgebildeten Personen starrten in altbekannter Manier der Kamera entgegen. Tendou hatte eine seiner Grimassen geschnitten, machte das altbekannte Victory Zeichen, während sein Freund emotionslos in die Kamera starrte. An sich war es keine besondere Pose oder amüsantes Verhalten. Doch die in verschiedenen Lichtern blinkende Nikolausmütze auf dem roten Haarschopf von Tendou und das blinkende Rentiergeweih auf dem Kopf von Ushijima gaben dem Ganzen einen verqueren seltsam anmutenden Touch. Oikawa brach in schallendes Gelächter aus. So würde Ushijima sicherlich nicht noch einmal verloren gehen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)