Secret Agent Man von Sas-_- (Held Widerwillen) ================================================================================ Kapitel 1: Held Widerwillen --------------------------- ☕☕☕☕ There's a man who leads a life of danger To everyone he meets he stays a stranger With every move he makes Another chance he takes Odds are he won't live to see tomorrow John Rivers - Secret Agent Man ☕☕☕☕ Wenn es etwas gab, das Severus in den letzten Jahren am liebsten vermieden hat, dann ist das Zeitunglesen, Rausgehen, mit anderen Leuten Unterhaltungen führen, Einkaufengehen und so ziemlich alles andere, wo die Gefahr bestand, plötzlich mit anderen Menschen in Aktion treten zu müssen. Severus hätte es wohl nie für möglich gehalten, dass er es enorm entspannend finden würde, irgendwo im Nirgendwo von Irland in einem Muggelcafé zu sitzen, Kaffee zu trinken, der furchtbar schmeckt und Kuchen zu essen, der so trocken war, dass er schon zerkrümelte, wenn man ihn nur anblies. Herrlich! "Ach, da stecken! Ich hab Sie überall gesucht, Professor!" Severus schob knurrend seinen Spülwasserkaffee von sich. "Ich bin kein Professor mehr! Was wollen Sie schon wieder von mir, Potter?!" Severus vermisste die gute alte Zeit, als ihn keiner ausstehen konnte, als er seine Ruhe hatte, sogar an Weihnachten! Als 90 Prozent der englischen Bevölkerung nicht mal wusste, wie man seinen Namen buchstabierte, als er noch Kaffeetrinken konnte, ohne, dass Potter plötzlich aus dem Nichts auftauche und quakte, er müsse mit ihm reden! "Ginny ist wieder schwanger!", erzählte Harry, als hätte Severus' "Hau-ab-Attitüde" gar nicht existiert. Severus verdrehte die Augen. "Noch mehr von Ihnen?! Sie haben doch schon so einen Plagegeist. Und dann haben Sie ihn auch noch James genannt!" "Ja, genau. Aber dieses Mal möchte ich meinen Sohn Albus Severus nennen!" Aufrichtig interessierte schaute Harry seinem ehemaligen Lehrer ins Gesicht, der aufrichtig entsetzt zurückblickte. "Sind Sie bescheuert?! Mit dem Namen mobbt ihn ganz Hogwarts an den Strick!", schnauzte Severus Harry an. Der lachte nur ausgelassen. "Nein, warum denn? Er bekommt den Namen von zwei großartigen Menschen ..." "Sie wollten mich so oft Tod sehen, dass ich nach dem zweiten Schuljahr aufgehört hab mitzuzählen!", erinnerte Severus Harry mit zusammengekniffenen Augen. Harry winkte ab. "Da war ich zwölf." "Mit 16 wollten Sie das sogar umso mehr, Potter!" "Jaah, aber es war den Umständen entsprechend angemessen ..." "Kaffee?", fragte die Bedienung Harry gelangweilt und wedelte mit ihrem Notizblock herum. Sie hatte dunkelrote, gewellte Haare und blaugraue Augen; nur ihr Gesichtsausdruck machte ihre Erscheinung etwas weniger attraktiv. "Äh, ja. Kaffee bitte, mit viel Milch, viel Zucker", bestellte Harry und blickte der Kellnerin vielsagend hinterher, ehe er sich wieder zu Severus umwandte. "Ach, darum treiben Sie sich hier rum ...", sagte er schmunzelnd. Severus verzog genervt das Gesicht. "Wegen dieser Muggel bin ich nicht hier! Ich hab meine Ruhe, das ist alles! Oder sagen wir, ich hatte meine Ruhe ..." "Wäre doch schön, wenn Sie nicht mehr so allein sein müssten", meinte Harry schulternzuckend. "Wäre schön, wenn Sie verschwinden würden, damit ich allein sein kann", murmelte Severus und trank von seinem abscheulichen Kaffee. Es tröstete ihn dezent, dass Potter bald dieselbe Plörre würde trinken müssen. Die Kellnerin tauchte wieder auf und stellte Harrys Kaffee vor ihm ab und deutete dann auf Severus. "Sie? Auch noch welchen?" "Gibt's hier auch was, das man trinken kann?", fragte er argwöhnisch. Sie zuckte schief grinsend mit den Schultern. "Ja, das Leitungswasser kann ich wärmstens empfehlen." "Dann nehm ich das ... Kostet hoffentlich nichts!" "Doch, aber nur einen ha'penny." "Wegelagerei ist das!", beschwerte Severus sich, zog seinen Geldbeutel aus seinem Mantel und knallte das Geld auf den Tisch. Mit hochgezogenen Augenbrauen, nahm sie es an und steckte es in den Beutel, der sich an ihrer Hüfte befand. "Kein Trinkgeld? Gute Laune, einen schönen Tag gehabt?", fragte sie eisig nach. Severus brummte nur und funkelte Harry wütend an. Der grinste freudig, Severus' Meinung nach eher grenzdebil, die beiden an. Die Kellnerin verschwand hoch erhobenen Hauptes wieder, Harry probierte von seinem Kaffee und machte ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Severus lächelte maliziös. "Lecker, was, Potter?!" "Ja, schmeckt, als hätten Sie den für mich gemacht, Professor ..." Harry räusperte sich. "Ich ... bin nicht nur wegen meinem Sohn hier." Severus stöhnte innerlich auf und stach mit seiner Gabel in den Kuchen, der sofort in seine Einzelteile zerfiel. "Das wäre auch zu einfach gewesen ..." "Wir brauchen unbedingt einen Lehrer ...", setzte Harry an und musterte hochkonzentriert sein scheußliches Gebräu, als könne der ihm Beistand leisten. Severus begann, seinen Kuchen zu malträtieren. "Nein, nein und nochmals nein! Ich hab einen hervorragenden Versandhandel für Zaubertränke aufgebaut, der läuft so gut, dass ich nichts anderes mehr tun muss, außer ab und zu Zaubertränke zu brauen und zu verschicken! Wieso sollte ich mich noch einmal mit Kindern herumquälen oder hatten Sie den Eindruck, das bereite mir unbändige Freude?!" "Zaubertränke?!" Die Kellnerin stand nur zwei Tische weiter und schrubbte eben diesen, während sie zu den beiden Männern hinüber schaute. "Ach, großartig, jetzt muss ich auch noch ihr Gedächtnis verändern! Sind Sie jetzt zufrieden, Potter?!", zischte Severus entnervt. "Mein Gedächtnis verändern?! Was sind Sie, so eine Art Geheimagenten, wie bei Men in Black? Haben Sie auch so ein Blitz-Dings?", fragte sie flüsternd und tigerte auf die beiden neugierig zu. Sie machte nicht den Anschein, als hätte sie Angst vor den Männern, Severus glaubte viel mehr, dass müsse das Aufregendste in dem Leben dieser Frau seit langem sein. Er zog seinen Zauberstab hervor, halb versteckt und schnarrte. "Ja, haben wir. Haun Sie bloß nicht ab, ich finde Sie schon noch!" "Sieht aus wie ein Zauberstab. Meine Cousine hat auch so ein Teil. Ach, nein. Sie sind Zauberer? Wie spannend! Hab ich mit Muggel vorhin also doch richtig gehört!" Ihr strafender Blick fiel auf Severus, der nur griesgrämig zurückschaute und sich zwar seiner Schuld bewusst war, aber im Traum nicht daran dachte, sich zu entschuldigen. "Ihre Cousine ist Muggelgeborene?", fragte Harry interessiert, der das ganze wohl für eine schöne Gelegenheit hielt, ein Schwätzchen zu halten. Severus dachte angestrengt darüber nach, wie er aus dieser Situation am bequemsten herauskam. Ein Klogang wäre vermutlich zu auffällig ... "Wie? Nein, ihr Vater ist so einer von Ihnen, ich glaube Bones, vielleicht sagt Ihnen das was. Meine leibliche Tante ist ein Muggel." "Die Bones' kenne ich, nette Leute", bestätigte Harry vergnügt. Severus schob leise seinen Stuhl zurück und stand langsam auf. Wenn er keinen einzigen Mucks von sich gab, konnte er die beiden Schwatzenten vermutlich abhängen. Nur ein stiller, leiser Ort, an dem er apparieren konnte ... "Professor Snape –" " – Ich bin kein Professor mehr!", knurrte Severus, halb stehend, mit der Kaffeetasse in der Hand. "Sie sind dieser Snape? Meine Cousine Cynthia hat mir von Ihnen erzählt. Meinte, Sie und Cynthia wären gemeinsam zur Schule gegangen!", erzählte die Kellnerin angetan und musterte ihn interessiert. "Vielleicht erinnern Sie sich an sie!" Severus stellte seine Kaffeetasse klirrend auf den Tisch und seufzte tief. "Hören Sie, mit einer Bones hatte ich in Hogwarts nie etwas zu tun, Sie war wahrscheinlich ein Hufflepuff ..." "Ravenclaw!" "Was auch immer ... Potter, ich muss jetzt los. Ich hab für so was wirklich keine Zeit ...!" "Sind Sie Harry Potter?!", fragte die Frau und sah Harry überrascht an. "Ich werd noch wahnsinnig ...!", zischte Severus, den allerdings niemand hörte, da Harry und die Dame sofort eine Unterhaltung starteten von weißt-du-nicht und hast-du-nicht-gesehen. Severus drehte sich um und schritt eilige Richtung Ausgang. Selbst in einem Muggelcafé war man nicht mehr sicher, wo sollte er denn dann demnächst Kaffeetrinken?! Auf dem Mond? Nein, da waren sie auch schon. Der Mars! Genau, da musste er hin, um seinen Frieden zu haben! "Professor Snape, Sir! Warten Sie!" Harry war aufgesprungen und lief ihm, im Schlepptau die Bedienung, hinterher. "Wir brauchen unbedingt einen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste!" "Und da haben Sie natürlich sofort an mich gedacht, nachdem Sie im sechsten Schuljahr vor Freude darüber Luftsprünge gemacht haben!", fauchte Severus ihn an, die Hand an die Scheibe der Ausgangstür gelegt. Harry rollte nur mit den Augen. "Ach, kommen Sie! Lassen Sie mal die alten Kamellen in der Schublade! Kein anderer weiß so viel über Schwarze Magie wie Sie!" "Falsch, ich bin nur der einzige, der mit seinem Wissen frei herumlaufen darf!", erinnerte Severus Harry und zog die Tür auf. "Bitte, überlegen Sie es sich wenigstens!" Severus hielt für ein paar Sekunden inne, zog gespielt die Stirn kraus und nickte dann. "Hab drüber nachgedacht." Er beugte sich zu Harry vor und giftete: "Nein!" Dann verließ er das Café und verschwand. "Genauso hat Cynthia ihn beschrieben: immer mies drauf, schlecht sitzende Kleidung, eigenartige Frisur und einen Hang zur Theatralik", sagte die Kellnerin neben dem enttäuschten Harry. "Und stur, saumäßg stur ...", sagte er und seufzte. ☕☕☕☕ Es war nicht so, dass das der einzige Ort war, an den Severus gehen konnte, um seinen absoluten Frieden zu haben und nicht gleichzeitig – mal wieder – in seiner Wohnung zu sitzen. Das Café war genauso leer wie sonst auch, Severus fragte sich insgeheim, wie der Besitzer sich das eigentlich leisten konnte – der Kerl musste schon längst pleite sein! Andererseits erklärte das auch, warum es nur eine einzige Bedienung gab und die schien offenbar nie frei zu haben, zumindest glänzte sie immer dann mit ihrer Anwesenheit, wenn Severus sich hier her verkriechen wollte. "Sie überlegen es sich nicht?", fragte die Kellnerin und schob Severus seinen Kaffee hin. "Mit dem Lehreramt, meine ich." Er schüttelte murmelnd den Kopf. "Higgins. Theresa Higgins, meine Freunde nennen mich Reece oder Resa", stellte sie sich plötzlich vor. "Wie nett, Mrs Higgins. Severus Snape, meine Feinde nennen mich hartnäckig Professor", antwortete Severus eisig. Sie lächelte wohlwollend. "Ms Higgins. Ich war nie verheiratet." Severus zuckte mit den Schultern und trank von seinem Kaffee, der diesmal sogar etwas erträglicher war als sonst. Theresa sah ihm schweigend dabei zu. "Ich hab mir diesmal Mühe gegeben. Es ist nur so, dass ich tatsächlich schlecht im Kaffeekochen bin, weil ich selbst keinen trinke und noch schlechter in Kuchenbacken." "Weil Sie keinen essen?", schlussfolgerte Severus gelangweilt. "O doch, sehr gern sogar. Nur nicht meinen eigene", antwortete sie, lachte und schlenderte dann zu einem Pärchen, das sich tatsächlich hier rein verirrt hatte. "Professor ..." "Ich muss mir wohl wirklich ein neues Versteck suchen!", klagte Severus und rieb sich die Stirn. Diese Stimme ging ihn noch viel mehr auf den Keks als die von Harry. Der hatte wenigstens Lilys Augen, aber Granger! Die hatte nichts an sich, das Severus davon abhalten würde, sich vom Astronomieturm zu schmeißen. Hermine setzte sich ihm gegenüber. "Wie geht es Ihnen?" "Ich lebe", stellte Severus fest und versuchte sie mit seinen Blicken zu töten – oder ihr zumindest klarzumachen, dass er jetzt ganz gern allein wäre. "Tut mir leid, dass ich Sie stören muss ..." Nervös nestelte Hermine an einer Serviette herum. "So leid nun auch wieder nicht, wenn Sie es trotzdem tun, Granger!" "Wir brauchen Sie, das Schuljahr fängt in zwei Monaten an ...", begann Hermine verzweifelt, Severus blickte an ihr vorbei aus dem Fenster. "Dann sollten Sie sich beeilen, denn in zwei Monaten werden Sie einen Lehrer brauchen, der nicht Severus Snape heißt." Er schenkte Hermine ein diabolisches Grinsen, griff nach seinem Kaffee, trank einen Schluck und verzog das Gesicht. In seiner Boshaftigkeit hatte Severus ganz vergessen, dass der Kaffee noch immer scheußlich war. Theresa kehrte an den Tisch zurück und nahm Hermines Bestellung auf. Sie kehrte geradezu in Windeseile zurück, stellte den Kaffee vor Hermine ab und musterte sie geradezu analytisch. "Ich bin ja so neugierig, darf ich fragen, wer Sie sind?" Hermine schaute sie verdutzt an. "Ähm ... Hermine Granger ..." "Tatsächlich? Die Freundin von Harry Potter? Der war auch vor kurzem hier! Sagen Sie bloß, Sie versuchen diesen alten Griesgram immer noch nach Hogwarts zu locken!" Theresa lachte laut auf, sodass das Pärchen sich verwundert zu den Dreien umdrehte. Hermine schüttelte verwundert den Kopf. "Ich verstehe nicht ganz ..." "Zauberhafte Verwandte, Muggel, schrecklich neugierig, fast so nervig wie Sie, Granger. Heißt, glaube ich, Theresa Wiggam." "Higgins." "Was auch immer." Hermine schaute noch immer leicht perplex drein, als sie zu einer Antwort ansetzte: "Oh, verstehe. Sehr erfreut. Ja, ich ... versuche Professor Snape –" "Bin kein Professor mehr!", schnarrte Severus mies gelaunt. "– noch immer nach Hogwarts zu bringen." Theresa lächelte mitleidig. "Viel Glück." Dann kehrte sie zu dem Pärchen zurück, das zu dem Trio hinüber gaffte, weil es in dem Café eben nichts anderes zu sehen gab. Severus atmete schwer aus. "Was ist an einem klaren und deutlichen Nein eigentlich so schwer zu verstehen? Sie waren doch sonst so hochbegabt oder hat der niedrige IQ Ihrer Freunde Ihnen nachhaltig geschadet?!" Hermine ging auf diese Stichelei erst gar nicht ein. "Egal, was ich sage, Sie überlegen es sich nicht?" "Ganz recht, egal, was Sie sagen ..." Severus rollte entnervt mit den Augen. Hermine nickte ergeben und schob ihren kaum angetasteten Kaffee von sich. Harry musste ihr verraten haben, dass er untrinkbar war. "Ich sehe Sie hoffentlich bald wieder, Prof... Mr Snape. Mann ...", murmelte Hermine und schüttelte den Kopf, "klingt das ungewohnt!" Severus enthielt sich einer Antwort und wartete, bis Hermine verschwunden war. Nachdem das "interessante" Trio nicht mehr existierte und das Pärchen rausfand, das nichts in dem Café wirklich genießbar war, machten sie sich schon bald daran, wieder zu verschwinden. Severus seufzte auf, endlich hatte er seine Ruhe. "Wenn Sie so viel über Schwarze Magie wissen, warum wollen Sie Ihr Wissen dann nicht weitergeben – das wäre doch sinnvoll." Ach, verdammt noch eins! "Ich verschwinde!" Severus sprang auf die Füße und machte, dass er hier rauskam – das war doch zum Mäuse melken! Theresa folgte ihm hastig. "Warten Sie! Tut mir leid, aber ... ich finde es nur so bedauerlich und ... noch etwas!" "Was denn noch?!" Severus starrte sie giftig an. "Sie müssen noch bezahlen." ☕☕☕☕ "Stellen Sie sich vor, ich freue mich tatsächlich, Sie wiederzusehen!", flötete Theresa, als sie Severus' über alles geliebten Kaffee an den Tisch brachte. Severus schnupperte misstrauisch an seiner Bestellung. "Dann stimmt etwas nicht mit Ihnen, Higgins." "Das hör ich oft." Sie winkte amüsiert ab. "Immer noch groß im Versandhandel?" Tatsache, der Kaffee schmeckte diesmal sogar fast nach Kaffee. "Läuft", antwortete Severus einsilbig und wartete schweigend, bis Theresa schließlich gegangen war. Es war nun zwei Uhr morgens, Severus konnte auf Gedeih und Verderb einfach nicht schlafen. Sein letzter Zaubertrank war ihm um die Ohren geflogen und irgendwie war ihm nach Gesellschaft, die er ignorieren konnte, weil er sie in gewisser Weise auch dafür bezahlte. Doch Theresa Higgins schien sich nicht daran zu stören und fand immer wieder etwas, worüber sie reden konnte. Severus' Antworten fielen folgendermaßen aus: "Hm." "Okay ..." "Nein." "Ja." "Vielleicht." "Weiß ich nicht." "Wollte ich nicht wissen." "Wieso sind Sie hier?", wollte Theresa schließlich nach unzähligen Fragen unvermittelt wissen. Severus lächelte bitter. "Ich hab Ihren herrlichen Kaffee vermisst!" "Nicht mich?" Severus glotzte sie entgeistert an. "Warum, um alles in der Welt, sollte ich Sie vermissen?!", zischte er abfällig. Theresa zuckte gelassen mit den Schultern. "Warum nicht, der Gedanke kam mir so." "Dann hören Sie auf zu denken, das schadet Ihnen offenbar!", knurrte Severus und beschäftigte sich mit seinem bestellten Eisbecher. "Aus der Tiefkühltruhe?", maulte er und quälte sein Erdbeereis mit dem Löffel. "Jap. Möchten Sie, dass ich es selbst mache?" Severus schüttelte sich. "Jetzt hab ich erst recht Albträume ...!" Theresa zog einen Stuhl scharrend über die Fliesen an Severus' Tisch und setzte sich ihm seufzend gegenüber, streckte die Arme aus und blickte müde an die Decke. "Haben Sie nicht zu tun?!", murmelte er, Schokoladeneis essend. Sie schüttelte den Kopf und ihre roten Haare schwangen sachte hin und her. "Alles ist sauber, alle Tische geputzt, die Bar geschrubbt, eben alles – sogar die Küche. Kuchen ist gebacken –" "Hoffentlich diesmal mit Zucker und nicht mit Salz!" "– und Kaffee koche ich erst, wenn Gäste kommen, sonst wird er kalt." "Sicher, andernfalls verliert an gutem Aroma ..." Theresa blickte Severus direkt ins Gesicht und spitzte die Lippen. "Ich frage mich, wie lange ich Sie ertragen kann, bevor ich was nach Ihnen schmeiße." Severus verzog kaum merklich das Gesicht. "Ich beherrsche Abwehrzauber, Sie können werfen, was Sie wollen ..." "Sie haben Ihr Leben für ihn riskiert", sagte Theresa aus dem Nichts heraus und schaute ernst drein. Severus hörte auf, sein Eis zu foltern und fröstelte innerlich. Darüber wollte er ganz sicher nicht sprechen und schon gar nicht mit einer wildfremden Muggel! "Wieso wollen Sie ihm jetzt nicht helfen?" "Er ist nun groß und stark und kann sich um sich selbst kümmern", antwortete Severus eisig. "Ja, schon ... Aber er ist doch jetzt ... Wie hieß das gleich noch mal?!" Theresa legte ihre blasse Stirn in Falten und rieb mit dem Daumen darüber. "Autor war es jedenfalls nicht ..." "Auror", löste Severus seufzend auf. "Genau. Das ist doch dasselbe wie ein Polizist, oder?" Severus nickte gelangweilt und löffelte wieder sein Eis. "Ja, nur mit wesentlich mehr Anspruch." Theresa gestikulierte fahrig und redete stockend weiter: "Also ... ist das doch ein gefährlicher Job ... oder?" "Er macht den Job nicht allein und wenn es nach mir ginge, wäre er Tellerwäscher in Ihrem Café, Higgins." "Nennen Sie mich doch Theresa, Sie klingen wie mein alter Englischlehrer und den konnte ich nie leiden!", schlug sie bittend vor und versuchte, Severus entwaffnend anzulächeln. "Vielleicht war der mit mir verwandt, Higgins." Severus grinste boshaft. Sein Eis schmeckte fade und die Sahne schmolz gemächlich dahin. Er würde es mit niemanden teilen, es war sein blödes Eis. "In gewisser Weise würden Sie helfen, Harry Potters Leben zu sichern, indem Sie Schüler in Verteidigung gegen die dunklen Künste ausbilden ..." Severus schnaubte geringschätzig. "Das könnte auch jeder andere!" "Soll heißen, jeder andere zaubert genauso gut wie Sie. An Ihnen ist nichts, das Sie von anderen Zauberern unterscheidet?" Theresa zog die Augenbrauen hoch. Severus ließ von der Sahne ab, blickte auf, öffnete den Mund und schloss ihn sofort wieder. Na toll, sie hatte ihn mit einem Klassiker dran bekommen! "Ich bin nicht unersetzlich ...", antwortete er schließlich schwach. "Nein, aber wenn ich Sahne im Haus hab und einen Mixer, greif ich nicht zur Sprühsahne", erwiderte sie kühl und verschränkte die Arme vor ihrer, mit Kaffeeflecken verzierten, Schürze. Severus verdrehte die Augen. "Toller Vergleich, Autor hätten Sie werden sollen." "Auror?!" Theresa schaute ihn verdutzt an. "Autor!" Severus rieb sich die Nasenwurzel. Waren die Leute alle so dumm oder taten Sie nur so? Oder war er außergewöhnlich intelligent? Wie hatte Lily es nur mit dieser Dumpfbacke James länger als zehn Minuten am Stück ausgehalten?! Er blieb dabei – James musste Amortentia verwendet haben! "Na schön." Theresa schob den Stuhl zurück und streckte sich im Stehen noch einmal. "Ich denke, ich mach dann mal für heute Schluss." "Und wer schmeißt dann jetzt den Laden?", wollte Severus misstrauisch wissen. "Niemand, ich schließ ab." "Oh, großartig!", maulte Severus und schob beleidigt sein Eis von sich. Jetzt hatte er gar nichts mehr: kein blödes Café, keinen schlechten Kaffee und das Eis konnte er auch vergessen, obwohl er das ohnehin nicht leiden konnte. "Mir fällt gerade ein, dass Sie praktisch nie arbeitslos werden, wenn Sie sich weiterhin um Lilys Erbe kümmern wollen", sagte Theresa und schaute milde lächelnd auf Severus herab. Der blickte sie nur fragend an. Worauf wollte sie jetzt wieder hinaus?! "Selbst wenn Harry Potter nicht mehr da sein sollte, hätte Lily bestimmt gewollt, dass sich jemand um ihre Enkel ..." "Ach, hören Sie schon auf, Sie sind ja noch schlimmer als Potter und Granger zusammen!", fauchte Severus. "Ich dachte nur, Sie würden immer das tun, von dem Sie annehmen, dass Lily es sich gewünscht hätte ..." ☕☕☕☕ "Ich bin ja schon neugierig ... Warum haben Sie es sich doch anders überlegt, Professor?", fragte Harry und servierte Severus eine dampfende Tasse Kaffee. Severus' Kaffee-Trauma hatte Spuren hinterlassen, argwöhnisch schnupperte er daran und ließ ihn dann doch lieber stehen. Er hockte im Haus der Potters, an Harrys Esszimmertisch und nebenan brüllte offenbar James, der über irgendwas furchtbar unglücklich zu sein schien. "Sie müssen nicht alles wissen, Potter!", schnarrte Severus und machte ein finsteres Gesicht. Harry zuckte gut gelaunt mit den Schultern und schob Severus ein Stück Kuchen hinüber. "Wir freuen uns einfach, dass –" "Ja, ja, schon gut. Haben Sie den Vertrag?" "Immer." "Nicht lustig ...!", knurrte Severus und wünschte sich, er könnte Harry dafür Nachsitzen verpassen. Aus manchen Gewohnheiten fand man eben schwer heraus. Nachdem der Vertrag unter Dach und Fach war (McGonagall war auch mit von der Partie), machte Severus, dass er rauskam. Er war schon im Vorgarten, als Harry ihm hinterher hechtete. "Warten Sie, eine Sache wollte ich Ihnen noch erzählen!" Severus verdrehte genervt die Augen. Was denn jetzt wieder?! "Mein Sohn Albus –" "Ach, der mit dem schrecklichen Namen ..." "– hat ihre Augen." Severus warf einen Blick über seine Schulter, Harry stand in der Tür und lächelte ihn wohlwollend an. "Sie haben jetzt aber nicht meine gemeint, oder?!" Harry lachte nur leise. "Sie wissen genau, was ich meine, Professor ..." ☕☕☕☕ "Und, wie läuft Ihr Versandhandel?" Severus grummelte nur, während er sich setzte. Theresa wartete, mit ihrem Schreibblock in der Hand, darauf, dass er seine Bestellung aufgab. Severus musterte sie biestig. "Sie schulden mir ein Eis!" "Ah, sehr wohl. Stellen Sie sich vor, ich hab es diesmal sogar selbst gemacht!", trällerte sie und lief gut gelaunt Richtung Küche. Severus legte sein Gesicht in seine Hände. Er war sich sicher – irgendetwas in dieser Welt hasste ihn abgrundtief. Als Theresa mit einem großen Eisbecher zurückkehrte, grinste sie verschwörerisch. "Meine Cousine hat mir was verraten ..." "Dass Sie niemals Mitarbeiter des Monats werden", schlussfolgerte Severus griesgrämig. "Nein. Aber sagen wir's mal so ... Ich hab die Sahne selbst gemacht." Severus rümpfte nur die Nase, ihm war die Zweideutigkeit dieses Satzes nicht entgangen. "Bin stolz auf Sie." Theresa lächelte milde. "Mag sein, aber vor allem sind wir stolz auf dich." Severus' Blick schnellte vom Eisbecher zu dem, mit dunkelroten Haaren umrahmten Gesicht. "Sie ...! Sie haben mit ... Er hat Sie ...!" Er wollte so gern in Worte fassen, was ihm gerade wie Schuppen von den Augen fiel, aber Severus ärgerte sich in dem Moment so sehr, dass nichts Sinnvolles dabei herauskam. Theresa zuckte mit den Schultern. "Ich habe einen Sohn, musst du wissen ..." "Ja, na un..." Er hielt kurz inne und zählte eins und eins zusammen. "Sie sagten, Sie wären nicht verheiratet!" "Bin ich auch nicht, wir kamen nicht dazu. Er war einer von denen. Du weißt, was ich meine ..." Severus mochte emotional eine Krücke sein, aber ein trauriges Gesicht und diese verbale Andeutung reichten, damit er verstand, worauf Theresa hinaus wollte. "Er musste fort, als es losging. Er war ein guter Zauberer. Aber er kam trotzdem nicht zurück." Theresa verzog keine Miene, trotzdem entging Severus nicht, dass sie ihre Tränen wegblinzelte. "Bedauerlich", sagte er nur kurz angebunden und presste seine Lippen aufeinander. "Und ich möchte, dass meinem Sohn so etwas nicht passiert." "Und er wird dieses Jahr eingeschult", beendete Severus Theresas Rede und rieb sich die Stirn. Großartig, er, Severus Snape, war Potters List auf den Leim gegangen – zumindest war er sich sicher, dass es seine war. Oder Grangers. Ja, das war wesentlich wahrscheinlicher, Granger musste sich das ganze ausgedacht haben. "Das Eis ist übrigens nicht selbst gemacht, ich wollte dir nur einen Schrecken einjagen", sagte Theresa plötzlich und lachte ausgelassen. Severus seufzte. "Wenigstens eine gute Nachricht ... Lassen Sie mich raten, Sie sind gar keine Kellnerin." Theresa schüttelte den Kopf. "Nein, bin ich nicht ...", sagte sie liebenswürdig lächelnd und zog einen Stuhl an Severus' Tisch heran. "Aber ich könnte dir bei einer Tasse Kaffee von mir erzählen ..." ☕☕☕☕ Beware of pretty faces that you find A pretty face can hide an evil mind Oh, be careful what you say Or you'll give yourself away Odds are you won't live to see tomorrow ☕☕☕☕ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)