Spielzeug von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 11: Ablenkung --------------------- Akira blieb sehr lange in seinem Büro. Zuerst hatten sowohl Nishiko als auch Isamu-san versucht, mit ihm zu reden, doch er hatte nicht geantwortet. Schließlich war es still geworden. Als der Braunhaarige endlich zur Uhr schaute, zeigte diese an, dass es fast neun Uhr abends war. Sofort bekam er ein schlechtes Gewissen. Jonah und die Kollegen, die sich momentan um ihn kümmerten, fragten sich sicher, wo der Polizist blieb. Er öffnete die Tür zu seinem Büro, blickte in den menschenleeren Flur und ging zu den Umkleidekabinen, wo er sich endlich sein Oberteil anzog. Als er die Polizeiwache verließ, umfingen ihn Kälte und Dunkelheit und er beeilte sich, um zu seinem Wagen zu kommen. Als er die Tür öffnete, kamen ihm seine Kollegen und Jonah entgegen. „Tut mir leid, Kollegen. Ich hatte etwas Ärger auf der Arbeit.“ „Wie unüblich für dich, Ito-san. Aber kein Problem. Wir mussten ja nicht lange warten. Also, einen schönen Abend noch.“ Akiras Kollegen verschwanden und Jonah trat näher an den Braunhaarigen heran. „Du hast geweint.“ sagte er und Besorgnis tauchte in seinem Gesicht auf. „Kann sein.“ Dann kam Akira eine Idee. „Ich habe die nächsten zwei Tage frei und brauche jetzt ganz dringend eine Ablenkung. Du kannst dir schon einmal deine Verkleidung anziehen.“ Jonah wirkte verwirrt, nickte dann aber nur und ging auf sein Zimmer. Als er wieder herauskam, hielt der Polizist ihm eine Jacke entgegen. Sie verließen die Wohnung und Akira führte den jungen Mann zum >Sangria<. Jonah warf ihm von der Seite her einen fragenden Blick zu. „Das ist der perfekte Ort, wenn man abschalten will.“ erklärte der Braunhaarige, ehe er dem anderen die Tür zur Kneipe aufhielt. „Akira. Wie schön, dass du mich mal wieder besuchst. Wer ist denn dein Compañero?“ „Ach...das ist Reiji. Er ist mein neuer Nachbar und ich wollte ihm doch nicht deine Kneipe vorenthalten.“ „Du alter Rastreador. Nun, Reiji, willkommen im Sangria. Was kann ich dir bringen?“ Sichtlich verdutzt von Pablos Verhalten, sah Jonah hilfesuchend zu Akira, der ihm aufmunternd zunickte und sich dann wieder an Pablo wandte. „Er ist etwas schüchtern. Kannst du ihm eine Karte geben?“ „Selbstverständlich.“ Akira und Jonah ließen sich an der Theke nieder und Pablo legte eine Getränkekarte zwischen die beiden. „Ich glaube, ich nehme einen Tequila Sunrise. Was möchtest du haben, Reiji?“ „Einen...einen Mai Tai, bitte.“ „Kommt sofort.“ Während Pablo sich den Getränken widmete, beugte sich Jonah leicht zu Akira „Reiji?“ fragte er leise und der Braunhaarige zuckte mit den Achseln. „Ich darf deinen richtigen Namen nicht nennen.“ „Verstehe...“ Kurze Zeit später stellte der Besitzer der Kneipe den beiden ihre Getränke hin und Akira nahm einen großzügigen Schluck, der das Glas halb leerte. „Wie immer perfekt, Pablo.“ „Gracias. Aber sag mal, Amigo: Das ist das erste Mal, dass du deinen Drink so runter schüttest. Ist etwas vorgefallen?“ „Hatte nur Probleme mit einem Typen.“ Pablo grinste und zeigte seine strahlenden Zähne. „Was denn? Mal de Amores? Und das von dir? Dass ich den Tag noch erleben darf...“ „Lach du nur. Ich fand es nicht ganz so witzig.“ „Lo siento. Ich wollte dich nicht beleidigen.“ „Schon gut. Du kannst ja nichts dafür.“ Jonahs Blick wanderte zwischen dem Polizisten und Pablo hin und her, während er ebenfalls an seinem Getränk nippte. „Und, gefällst es dir hier?“ erkundigte sich Akira. Der junge Mann nickte, was Pablo erneut zum Strahlen brachte. Die beiden blieben bis halb zwei Uhr morgens im >Sangria<. Akira schaffte es dank Pablos unverwechselbarem Humor und drei weiteren Drinks, den Vorfall mit Naoto-san in seinen Hinterkopf zu verdrängen. Ziemlich angeheitert stand er schließlich von seinem Stuhl auf. „Für heute habe ich wirklich genug. Bis zum nächsten mal, Pablo.“ Er warf einen Blick zu Jonah, der mit gesenktem Blick auf die Theke starrte. „Kommst du?“ Der andere hob den Kopf. Erst jetzt fielen dem Braunhaarigen der verschleierte Blick und die geröteten Wangen des jungen Mannes auf. „Ist alles in Ordnung?“ fragte er besorgt. „Klar doch. Es ging mir nie besser.“ lallte Jonah mit breitem Lächeln zurück. Sofort verflog die Wirkung des Alkohols bei Akira und er drehte sich zu dem Spanier um. „Wie viel hat er getrunken?“ „Einen Mai Tai und einen Long Island Iced Tea.“ antwortete Pablo. „Er scheint nicht besonders viel zu vertragen.“ „Nicht viel zu vertragen?“ wiederholte der Braunhaarige leicht panisch. „Er ist ja völlig betrunken. Was mache ich denn jetzt?“ „Nun, ich würde vorschlagen, du bringst ihn zu dir nach Hause und da soll er sich erst mal ausschlafen. Und stell ihm lieber einen Eimer oder so was neben das Bett.“ „Okay.“ seufzte Akira, fasste Jonah unter der Achsel und half ihm, vom Stuhl aufzustehen. Sofort packte dieser den Braunhaarigen am Arm und kicherte leise. „Hui, der Raum dreht sich ja...“ „Ist schon gut, Reiji. Komm, ich bringe dich nach Hause. Also dann Pablo, man sieht sich.“ „Adiós, Amigos. Und gute Besserung, Reiji.“ Akira verließ die Kneipe, wobei er Jonah stützte, der neben ihm wankte. Er schimpfte sich selbst einen Idioten. Natürlich vertrug Jonah keinen Alkohol. „Kann ich jetzt aus dem Karussell raus?“ erklang auch schon dessen Stimme neben ihm. „Denkst du, du schaffst es noch nach Hause? Es ist nicht mehr weit.“ „Klar.“ erwiderte der andere und ging schwankend weiter, ein seliges Lächeln im Gesicht. Tatsächlich schaffte der Braunhaarige es, Jonah zur Wohnung zu bringen, wo dieser sich kichernd auf das Sofa setzte. „Ich fühle mich ganz seltsam, Akira...“ „Kein Wunder. Soll ich dich ins Bett bringen?“ „Ja, okay.“ Torkelnd stand der junge Mann auf und Akira loste ihn in sein Zimmer. Wie auf Kommando begann Jonah, seine Verkleidung abzulegen, wobei er mehrere Versuche brauchte, um die Kontaktlinse zu entfernen. Als er sich, ohne sich im Geringsten von der Anwesenheit des Polizisten stören zu lassen, das T-shirt vom Körper zog, drehte dieser sich etwas verlegen zur Seite. „Du bist echt völlig anders, wenn du getrunken hast.“ Eine Hand berührte Akira am Arm und dieser wandte sich nun doch wieder Jonah zu. „Ich wollte mich unbedingt noch bei dir bedanken. Weil du immer so nett zu mir bist.“ „Kein Problem...“ sagte der Braunhaarige peinlich berührt, als er den anderen nur in seiner Hose dastehen sah. Zumindest fiel ihm nun auf, dass die Hämatome und Schnittverletzungen fast vollständig verheilt waren. „Du kannst im Bett schlafen, ich lege mich dann auf den Boden.“ „Ich wollte dir noch etwas geben.“ „Gehst du danach endlich schlafen?“ „Versprochen.“ „Schön, von mir aus.“ Jonah lächelte wieder und kam näher an Akira heran. Noch ehe dieser etwas tun konnte, hatte der andere ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und nur eine Sekunde später verkrampfte sich der Körper des Braunhaarigen. Das passierte doch gerade nicht wirklich, oder? Wurde er tatsächlich gerade von Jonah...geküsst? Es dauerte einige Sekunden, ehe sein überfordertes Gehirn wieder arbeitete und er den jungen Mann sacht, aber bestimmt von sich schob. „W-was machst du denn da?“ stotterte er. „Du schmeckst nach Orange.“ kicherte Jonah und ließ sich auf das Bett fallen. Darauf hatte Akira keine vernünftige Antwort parat. Vollkommen verdattert blickte er zu Jonah, ehe er beschloss, die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. „Ich mache jetzt das Licht aus. Versuch, dich etwas zu erholen. Gute Nacht.“ „Nacht, Akira...“ Immer noch durcheinander, legte der Polizist sich auf die weiche Wolldecke, die er auf dem Boden ausgebreitet hatte. Doch selbst als Jonahs Atemzüge tief und gleichmäßig geworden waren, wollte sich bei Akira der Schlaf einfach nicht einstellen. Der heutige Tag hatte so unvorhersehbar begonnen, wie der gestrige aufgehört hatte. War denn die ganze Welt verrückt geworden? Immerhin wusste er, dass er Jonah wohl kaum einen Vorwurf würde machen können. Immerhin war dieser betrunken. Bei Naoto-san hingegen...Der Braunhaarige wusste einfach nicht, wie er sich dem Rothaarigen gegenüber nun verhalten sollte. Ihn zu ignorieren, würde kaum etwas bringen. Schließlich würden sie sich irgendwann sowieso wieder über den Weg laufen. Mit Naoto-san zu reden, war da eindeutig der bessere Weg. Es war ja nicht so, als wäre nur der Rothaarige schuld an dieser Sache gewesen. Sobald er dem anderen wieder begegnete, würde er ihn um ein persönliches Gespräch bitten. Vielleicht schaffte er es dann, auch diesen Vorfall auf sich beruhen zu lassen. Endlich holte die Müdigkeit ihn ein und er schloss die Augen, wobei er nur kurz noch darüber nachsann, wie es Jonah morgen wohl ging und an wie viel er sich würde erinnern können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)