Die Suche nach vergangenen Ewigkeiten von Kalimpoli ================================================================================ Kapitel 1: Aufbruch ------------------- Wir schreiben das Jahr 1499 nach Laranac. Hier auf einer der kleinsten Halbinseln der westlichen Kolonie Myraniens gehen Armut und Krankheit seit mehreren Jahren umher. Die Kolonie ist bekannt für ihren guten Wein, allerdings ist dies, neben den großen Wäldern auch das einzig Positive an den Inseln. Inmitten des Waldes, doch nicht zu fern ab vom nächsten kleinen Dörfchen liegt auf einer großen, alten Eiche schlafend, ein kleines, jedoch nicht zu kleines Wesen. Bei Betrachtung von weitem, scheint es ein extrem groß gewachsenes, bekleidetes Streifenhörnchen zu sein. Doch bei genauerem Hinsehen, lässt sich ein Mädchen erkennen. Die Ohren und der Schwanz eines Streifenhörnchens zieren den zierlichen Körper und langes, orangefarbenes Haar liegt wie eine Decke um ihre Schultern. Langsam steigt die Sonne am Himmel empor und die kleine Bevölkerung der Halbinsel scheint zu erwachen. Nur wenige Minuten nach Sonnenaufgang hört man bereits reges Treiben aus der Ferne in den Wald hallen. Ein unglückliches grummeln ertönt aus Seiten der Eiche. „Ist etwa schon wieder Morgen..“, nuschelte das Mädchen deutlich unglücklich darüber, nicht noch etwas länger schlafen zu können. „Dann ist es wohl endlich soweit…heute ist der Tag der Tage“, lächelte sie nun doch voller Tatendrang. Schnell griff sie in ein Astloch der Eiche und holte einen kleinen Lederrucksack und einen Umhang heraus. Bevor sie sich vom Baum fallen ließ und sanft auf ihren Füßen landete blickte sie noch einmal in den Rucksack hinein „Kamm, Strümpfe, Wasser, Schleifenband – gut, das scheint alles zu sein“. Wahrlich viel besaß sie nicht gerade. Auf dem Boden angekommen strich ihre Hand vorsichtig ihr rechtes Bein hinab „Gut, der Dolch ist noch da“. Ein kleiner, recht teuer aussehender Dolch mit verziertem Griff war an ihrem Oberschenkel befestigt, gut versteckt unter einer leichten, knielangen Stoffhose. Mit einem raschen Tritt gegen den nächstgelegenen Busch stellte sie sicher, dass sich kein Kleintier darin befand wenn sie hinein griff – und das tat sie -. Vorsichtig zog sie einen Bogen und einen Beutel mit Pfeilen heraus um sich alles anzuziehen und festzuschnallen. Ein lautes Magenknurren hielt sie davon ab, wieder den Baum hinauf zu klettern. „Fein…dann werde ich mir wohl erst etwas zu essen besorgen müssen. Ich hatte gehofft nie wieder in dieses Loch von Dorf zu müssen“, seufzte sie, nicht gerade begeistert von ihrem Hunger. Vorsichtig schlüpfte sie in den Umhang und zog sich die Kapuze über den Kopf. Die Menschen in dieser Gegend waren nicht gerade freundlich zu Hybriden, wie sie es war. Um genau zu sein…war es wahrscheinlich kaum ein Mensch unter der Herrschaft des Königs, der freundlich zu Hybriden war. Einige Minuten Fußweg entfernt, erreichte sie endlich den Weg, welcher ins Dorf führte. Geld hatte sie keines, das war ihr bei ihrem letzten Ausflug ins Dorf geraubt worden, sie würde sich wohl etwas zu essen stehlen müssen. Einen Apfel vielleicht? Das würde nicht so sehr auffallen wie ein Stück Brot. Oh was würde sie gerade nur für ein frisches Stück Brot geben. Einen kleinen Fußmarsch später wirbelte schon der Geruch nach frischem Essen in der Luft herum. Apfelkuchen, geräucherter Fisch, gebratenes Fleisch. Es ist wahrlich unglaublich, wie die Marktleute das ganze Essen nach kurzer Zeit schon fertig gegart zubereitet hatten. Wahrscheinlich hängen einfach die aufgewärmten Gänse von Gestern über den Feuerstellen der einzelnen Stände. Gemütlich schlenderte das Mädchen über den Marktplatz, mit wachsamen Augen darauf aus einen Stand zu finden, an dem es sich anbot etwas zu Essen zu stehlen. Vorsichtig schlüpfte sie in eine größere Menschenmasse und drückte sich bis nach vorne zum Stand durch. Äpfel, Birnen und Sandwiches lagen auf der Holzablage des Standes, durch den ganzen Tumult würde nicht auffallen, wenn sie sich etwas von den Waren in die Tasche steckt. Vorsichtig schon sie den Beutel mit ihren Pfeilen vor ihren Bauch. Schwupp. Schon landete ein Apfel und eine Birne in dem Beutel. Das sollte bis zum Abend reichen, wenn sie jetzt noch an eines der Sandwiches kommt. Leider war der Tumult an dieser Stelle nicht so groß, wie am Obst, weswegen es sich als deutlich schwieriger entpuppte heimlich eines der belegten Brote in die Tasche verschwinden zu lassen. Vorsichtig bewegte sie ihre Hand in Richtung der Sandwich Pyramide, bevor sie langsam nach einem griff. „He, Mädchen! Erst zahlen, dann nehmen!“, hörte sie den bärtigen Mann hinter dem Stand in ihre Richtung sagen. Schnell griff sie nach dem Brot und sprang hoch. Hoch auf den Stand und von dort aus auf den nächsten Baum, dabei wehte ihr die Kapuze vom Kopf und der Umhang umspielte ihre Beine. „Sie ist ein Hybrid! Ein Hybrid! Es hat mich bestohlen dieses unwürdige Geschöpf!“, brüllte der Verkäufer in die Menge, welche staunend und wütend zu ihr hoch sah. Belustigt grinsend saß sie auf einem Ast und beobachtete die aufgebrachte Menge. Bevor die Menschen bis hier kamen würde sie ihr Brot längt gegessen haben. Genüsslich biss sie hinein. Frisches Brot belegt mit Schinken. Zu lange hatte sie kein richtiges Essen mehr gehabt, immer nur Beeren, kleines Obst oder Gemüse welches wild im Wald wuchs. „Stürmt den Baum! Bringt Frauen und Kinder in Sicherheit!“, kam es von einem aufgebrachten Mann mit einer Axt von weiter unten. Das war wohl das Zeichen zum Aufbruch. Mit einem großen Biss war das letzte Stück Brot gegessen und der größte Hunger gesättigt. „Es war ja wirklich schön mit euch, aber ich muss leider gehen!“, rief das Mädchen lachend nach unten ehe sie von Baum zu Baum sprang. Weiter in Richtung Festland. Langsam färbe sich der Abendhimmel rosarot, bald würde es Zeit werden sich einen Schlafplatz zu finden. Während sie gerade von einem Ast zum nächsten sprang hörte sie ein verdächtiges rascheln unter sich. Sie war nicht die einzige in diesem Wald. Vorsichtig brach sie einen Ast ab und warf ihn in den Fluss, einige Meter neben dem Baum auf dem sie sich gerade befand. Schon schnellte ein Mann aus dem Gebüsch. Ein Mann…für das Mädchen mit einer Körpergröße von vielleicht einem Meter und fünfzig schien er ein echter Riese zu sein. Bekleidet in Rüstung und Fell, mit einem Helm auf dem Kopf wie sie es nur aus Geschichten kannte. Er musste aus den nordischen Kolonien stammen. Vielleicht war er Seefahrer. Seefahrer konnten Angeln, möglicherweise könnte sie ihm einen Fisch stehlen wenn er sein Lager aufschlug. Während sie gerade noch vor sich hin überlegte, was er wohl am Abend vorhatte zu essen spürte sie das leichte Knacken unter ihren Füßen. Das leichte Knacken, was ihr den Halt nahm und den Ast wegbrechen ließ auf dem sie stand. Wie ein Stein fiel sie in den Fluss und wie ein Stein sank sie langsam zu Boden. Einen hastigen Atemzug später liegt sie, pitschnass am Ufer des Flusses, in ein besorgtes Augenpaar blickend. „V..vielen Dank, dass sie mich gerettet haben…ich…ich kann nicht schwimmen“, spricht sie klar, jedoch Atemlos. Noch immer ist das Wasser in ihren Lungen zu spüren und noch immer sieht sie die Fische um sich herum. „Ich lasse sicherlich kein Kind ertrinken, ganz besonders nicht ein solch besonderes“, lächelte der Mann matt. Seine Stimme war tief, wie die eines Bären und auch sein Bart war wahrlich imposant. Eigentlich erinnerte der Bart an den eines Zwergs, jedoch war der Fremde sicherlich beinahe einen ganzen Meter größer als sie selbst. „Mit wem habe ich denn die Ehre, kleines? Was machst du hier alleine im Wald?“, Neugierde lag in seinen Worten und in seinem Blick „Ich bin Wulfgrimm“. „Mir wurde der Name Elderine gegeben, aber das hat bis auf euch noch niemanden interessiert… Ich bin auf Reisen, möchte Abenteurerin werden und meine Familie finden.“ Langsam setzt sie sich auf nur um zu bemerken, dass die Nacht langsam Einzug hält. „Deine Familie? Bist du etwa ganz alleine hier draußen? Das ist doch gefährlich!“, rasch sorgt er dafür, dass einige kleine Stöcke anfangen zu leuchten und ein kleines Feuer entsteht „Trockne dich ein bisschen, nicht das du noch krank wirst“, sprach der Riese besorgt. Es war komisch. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten verspürte Elderine keine Angst beim Kontakt mit einem Menschen und besagter Mensch schien sie nicht für das zu verurteilen was sie war. Ein Hybrid. „Ich war schon immer alleine….habe immer davon geträumt, dass mich meine Familie vermisst, mich sucht.. oder nichts von mir weiß und sich freut wenn ich plötzlich auftauche.“ Ein trauriges Lächeln ziert das schmale Gesicht des Mädchens. Ihre Braun-Grünen Augen zeichnen einen traurigen Ton. „Und was macht ihr hier mitten im Wald?“, ihre Stimme ist nun mehr neugierig und fragend als betrübt, zu lange hatte sie mit niemandem mehr gesprochen um jetzt traurig zu sein. Das war nicht ihre Art! „Ich bin auf der Durchreise, ich gehe dahin wo mich meine Beine hintragen, aber ich habe kein genaueres Ziel. Wenn du magst begleite ich dich ein Stück auf deiner Reise kleines Streifenhörnchen“, ein freundliches Lächeln umspielt die Lippen des Riesen „Dann sind wir beide nicht so alleine und ein richtiger Abenteurer hat immer jemanden dabei, der ihm den Rücken deckt“. Schnell streckt er seine Hand in Richtung Elderine, welche erst zurück weicht, ehe sie seine Hand doch ergreift. Seine Hand, die so groß ist, das ihre beinahe darin untergeht. „So sei es. Ab heute sind wir ein Abenteurer-Team“, lacht er fröhlich. Seine Lache, so kehlig und tief das sie nahegelegene Vögel verscheucht. „Hast du denn eine Anlaufstelle…irgendetwas was deiner Familie gehört hat?“. Vorsichtig legt er seinen Umhang über das Mädchen „Du zitterst, kleines…beim nächsten Mal Baden solltest du vielleicht nicht all deine Kleidung anbehalten“, lacht er erneut. Wirklich witzig. Als hätte sie freiwillig ein Bad im Fluss genommen. Langsam zieht sie den Dolch unter ihrer Hose hervor und übergibt ihn dem Riesen „Ich weiß allerdings nicht woher er stammt…“. „Ich schon… das ist Kyrilanisches Silber…ich habe eine Weile in Kyrilia gelebt… eigentlich ist das nicht genau der Ort an den ich gerne zurückkehren würde… aber versprochen ist versprochen“, nachdenklich lässt er den Dolch in seiner Hand auf und ab springen „Irgendwie kommt mir der Dolch bekannt vor… und ich habe ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)