City of Crime - A Gotham Story von Skrizgal ================================================================================ Prolog: 00 - Prolog ------------------- Die Sonne neigt sich langsam gen Horizont, wodurch der Himmel sich nach und nach feuerrot färbt. Neblige Fetzen von Smog klammern sich an die düsteren Wolkenkratzer und Türme der Stadt, als ihre Bewohner sich langsam auf die Nacht vorbereiten. Letzte Pendler eilen über die dreckigen Straßen, die Mäntel fest um den Leib geschlungen, ganz so als würden sie Regen erwarten. Doch am Himmel strahlen bereits erste Sterne, als die Sonne sich nach und nach hinter die fernen Wolken am Horizont zurück zieht. Jetzt erwacht das Nachtleben. Jener Abschaum, dank dem die Stadt ihren fragwürdigen Ruf hat, auf den sie aber alles andere als stolz ist, kriecht nun aus seinen Löchern. Drogendealer, Huren, Diebe, Vergewaltiger und Mörder. Keine Spate der Kriminalität ist in dieser Stadt nicht vertreten, im Gegenteil. Auf dem Dach eines verfallenen Hauses bewegt sich eine Gestalt. Sie bewegt sich geschmeidig auf den Rand des Daches zu, um einen Moment den Blick über die verkommenen Bauwerke schweifen zu lassen. Einige Blocks weiter heult eine Polizeisirene auf. Das schrille Jaulen vermischt sich mit quietschenden Reifen und Schüssen, dann kehrt wieder Ruhe ein. Wieder ein Cop der nach seiner Schicht nicht nach hause kommen wird. Die Gestalt bleibt noch einen Moment an der Dachkante stehen und schwingt sich dann behände über den gähnenden Abgrund, dessen Schwärze sie sogleich verschluckt. Die Sonne ist mittlerweile beinahe gänzlich verschwunden und taucht die Stadt noch einmal in feuriges Licht, bevor auch sie der schwärze der Nacht weicht. Jeder, der sich jetzt noch auf den Straßen aufhält hat entweder einen sehr guten Grund dazu, oder ein Problem. Kapitel 1: 01 - Alte Bekannte ----------------------------- Commissioner Gordon saß etwas unruhig in seinem Wagen und drehte eine Karte in seiner Hand. Es handelte sich dabei um eine einfacher Pokerkarte, die das Two of Spades zeigte. Auf die Rückseite waren in enger Handschrift ein Ort und eine Zeit geschrieben worden: 13. Ecke Florida Street, 21 Uhr. Die Armbanduhr des Commissioners zeigte bereits 20:51 Uhr. Normalerweise war er bei solchen „Einladungen“ vorsichtig. Er kannte die Unterwelt gut und normalerweise wusste er auch, wenn es jemand auf ihn abgesehen hatte. Es war praktisch hier und da ein paar zusätzliche Ohren zu haben. Trotzdem konnte man nie wissen, wem man versehentlich – oder auch nicht – auf die Füße getreten war. Eigentlich wäre er niemals ganz allein zu solch einem Treffen erschienen - eigentlich. Und doch sagte ihm sein Polizeiinstinkt diesmal, dass aus welchem Grund auch immer kein Grund zur Sorge bestand. Außerdem hätte er mit tölpelhaften Cops im Schlepptau vermutlich nicht erfahren, warum man ihn herbestellt hatte. Das Two of Spades erinnerte ihn an etwas, doch er wusste einfach nicht was. Er vermutete, dass es mit diesem Fall zu tun hatte, der dem GCPD in letzter Zeit arge Magenschmerzen bereitete. Ein Fall, bei dem selbst sein „besonderer Freund“ ihm nicht helfen konnte. Alles hatte vor zwei Wochen begonnen, als in einem der etwas besseren Vierteln der Stadt die Leiche einer jungen Frau gefunden worden war. Ihr waren beide Augen ausgestochen und die Mundwinkel bis zum Kiefergelenk aufgeschnitten worden. Sie war an ihrem eigenen Blut erstickt. Als sie starb hatte sie nur ein dünnes Nachthemd getragen, was auf eine vorherige Entführung hinwies. Außer ihren schweren Verletzungen war sie allerdings unversehrt. Der Toten waren mittlerweile drei weitere gefolgt, eine davon diesen Morgen. Die Polizei war allerdings immer noch so ratlos wie nach dem ersten Mord. Der Killer hatte ganze Arbeit geleistet. Niemand wollte etwas gehört oder gesehen haben und auch ansonsten hatte man nichts gefunden. Selbst die Unterwelt wusste scheinbar nicht, wer jetzt schon wieder offenkundig aus Spaß Menschen umbrachte. Als Gorden am Mittag in seinem Büro saß, war ihm diese Pokerkarte in seiner Manteltasche aufgefallen. Er hatte den Mantel nur am Tatort und auf dem Weg zurück ins Präsidium getragen und ihn dann abgelegt. Als er nach etwas Kleingeld für einen Kaffee gekramt hatte, war sie ihm aufgefallen, also musste man die Karte schon am Tatort dort hinein geschmuggelt haben, denn als er zuvor seine Dienstmarke hervor holte, war sie noch nicht da gewesen. Nun saß er also in einem Dienstwagen, irgendwo in den Narrows und wartete auf seine Verabredung. Es war bereits 20:58 als er sich schließlich aufrappelte, seine Waffe entsicherte – man kann schließlich nie wissen, die Karte in die Manteltasche gleiten ließ und ausstieg.   Die Straßenlaternen waren in dieser Ecke bis auf eine alle kaputt. Die Verbleibende flackerte allerdings bereits. Nachdem er ein paar Schritte gegangen war blieb er stehen und schaute sich um. Außer einem streunenden Köter war keine Seele zu sehen. Ein weiterer Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es jeden Moment neun Uhr war. Die kalte Berührung von Stahl in seinem Nacken ließ ihn in der Bewegung erstarren. Eine Stimme flüsterte: „Welche ist ihre Lieblingskarte, Jim Gordon?“ Der gefragte klappte den Mund auf und antwortete zögernd: „Wie wäre es mit dem Two of Spades?“ Der kalte Stahl verweilte einen weiteren Augenblick an seinem Nacken, bevor er verschwand. „Gute Antwort.“ Erleichtert drehte sich der Cop um und musterte den Neuankömmling. Das Gesicht seines Gegenübers lag zum Teil im Schatten, doch er konnte ganz deutlich die scharfen Gesichtszüge mit den hohen Wangenknochen des jungen Mannes erkennen. Er trug einen langen, schwarzen Mantel mit Kapuze und schwere Lederstiefel. Sein rotes Haar war im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden und in seiner Rechten hielt er wie selbstverständlich eine schlanke Pistole, die Gordon einen Moment zuvor noch im Nacken gespürt hatte. Auf dem Lauf war ein Pik mit einer 2 eingraviert. Auf den ersten Blick erschien diese hagere Gestalt trotz der Waffe eher harmlos, aber Gordon wusste, dass dem ganz gewiss nicht so war. „Du bist also wieder da, Jace.“   Ein kurzes Grinsen huschte über das Gesicht des jüngeren. „Gut erkannt. Haben du und das GCPD mich schon vermisst?“ Gordon ließ die Frage unbeantwortet. Aus ihm hätte ein guter Junge werden können, wäre er nicht hier, in dieser völlig verkommenen Stadt aufgewachsen. Die Tatsache, dass er dem GCPD schon gelegentlich Kummer in Form von Toten und Verletzten bereitet hatte, war nicht gerade unerheblich. Doch so lange er nicht gerade gegen die Polizei arbeitete, konnte man mit ihm recht gut klar kommen. Er gab ihnen sogar gelegentlich Informationen. Trotzdem blieb er ein unberechenbarer und gefährlicher Krimineller. Der Comissioner räusperte sich also nur und fragte dann: „Also, du hast mich eingeladen… gibt es etwas was du mir sagen willst?“ „Gordon, Gordon! Kommst immer gleich zur Sache, was? Aber ja, will ich. Ich bin dir noch was schuldig, falls du dich erinnerst… und ich hab was gehört, was dich vielleicht interessieren könnte. Es geht um diese Toten, denen man förmlich ein Grinsen ins Gesicht geschnitten hat… üble Sache.“ „Oh ja, das ist es. Was hast du gehört?“ Er versuchte seine Stimme gleichgültig wirken zu lassen. „Weg schauen und weg lächeln.“ „Wie bitte?“ „Angenommen ich raube auf offener Straße jemanden aus. Die meisten Menschen würden einfach weg sehen und mit verkniffenem Mund weiter gehen, weil niemand den Arsch in der Hose hat, was zu unternehmen. Okay, es gibt da vielleicht einen… aber die meisten ignorieren das.“ Gordon überlegt kurz. „Also jemand der sich an den Menschen rächt, die weg gesehen haben, als er Hilfe brauchte.“ Jace nickt. „Er dreht den Spieß einfach um. Er zwingt sie quasi dazu über ihren eigenen Tod hinweg zu sehen…“ „Aber was für ein Mensch tut so etwas?“ Bei der Frage zog Jace eine Augenbraue hoch. „Die Frage ist doch hoffentlich nicht ernst gemeint. Jim, wir sind in Gotham!“ „Ja, du hast recht… eine Stadt, die kranke Schweine wie den Joker hervor bringt, bringt auch weitere Irre hervor.“ Gordon klang erschöpft. „Wenn das stimmt, haben wir vielleicht ein Motiv. Aber immer noch keine Ahnung wer dahinter stecken könnte.“ Der Rothaarige antwortet schulterzuckend: „Es kann also nur einer der gefühlt eine Millionen Menschen sein, die täglich Ärger mit Kriminellen wie mir bekommen und wo man ganz tapfer weg gesehen hat. Is doch ein Klaks!“ „Wirklich hilfreich die Einschätzung.“ „Gern geschehen alter Freund.“ Die Antwort war nur ein Brummen. Sarkastischer kleiner Mistsack. Nach einigen Augenblicken merkte der Commissioner jedoch an: „Die Idee mit dem weg schauen und weg lächeln könnte aber wirklich hilfreich sein. Danke für den Tipp, vielleicht finden wir ja was.“ Jace nickte nur. „Versuch nicht zu sehr aufzufallen. Ich hab keine Nerven mich auch noch mit dir herum zu schlagen. Und die Fledermaus hat eine verdammt harte Rechte.“ „Keine Sorge, ihr erwischt mich schon nicht. Und dieser Hulk ist sowieso zu lahm für mich.“ „Ich meine es ernst, Jace. Ich bin nicht böse, wenn ich dein Gesicht mal nicht auf ein Fahndungsplakat drucken lassen muss.“ „Du hast mich noch nicht aufgegeben, was? Aber tut mir leid, ich war schon damals verloren. Selbst wenn ich jetzt ein „normales“ Leben führen würde, würdet ihr mich ja doch irgendwann verknacken. Und ich weiß mit meiner Zeit echt besseres anzufangen als sie im Knast zu verplempern.“ Der Commissioner schüttelte daraufhin nur den Kopf. Jace schenkte ihm noch ein schelmisches Lächeln, bevor er sich einer rostigen Feuerleiter zuwandte. „Wir seh‘n uns, Jim.“ „Ja Junge. Gute Nacht.“ Gordon schaute ihm noch einen Moment nach, wie er behände die alten Sprossen erklomm und bald darauf im Schatten der alten Backsteinhäuser verschwand. Ja, eigentlich ist er in Ordnung. Aber irgendwann werde ich ihn unweigerlich verhaften müssen. Und dann ziehe ich hoffentlich schneller als er. Kapitel 2: 02 - Ein Hinweis --------------------------- Das nächtliche Treffen in der Florida Street hatte bisher außer einem zusätzlichen, riesigen Haufen Papierarbeit für das GCPD nicht sehr viel gebracht. Es gab jeden Tag mehrere Übergriffe und die Bewohner der Stadt waren nur selten bereit ihre eigene Gesundheit für jemand fremdes aufs Spiel zu setzen. Jim Gordon saß wie an beinahe jedem Abend seit Beginn des Falls erneut bis tief in die Nacht an seinem Schreibtisch. Leere Kaffeebecher stapelten sich bereits auf dem Boden und bleierne Müdigkeit verunzierte das Gesicht des Commissioners. Seit jenem Abend hatte es zwei weitere Opfer gegeben, doch noch immer keine Spur zum Täter. Gordon griff nach seinem letzten Kaffeebecher, wollte einen Schluck nehmen und bemerkte, dass er leer war. Frustriert warf er ihn zu den anderen und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, als es an der Tür klopfte. „Commissioner, Sir, bitte kommen sie schnell.“ Es war eine junge Polizistin, die eigentlich schon seit einigen Stunden Feierabend hatte. „Es hat einen Tumult gegeben und ein Mann ist verhaftet worden. Er verlangt mit ihnen zu sprechen… und dieser Mann ist da, Batman..“ Gordon sieht sie einen Moment verblüfft an, bis sein Verstand das soeben gehörte verarbeitet hatte. Dann sprang er auf und folgte ihr wortlos. Im schwach beleuchteten Hauptraum des Reviers standen mehrere Schreibtische, die nun großteils verweist waren. An einer Wand gab es altmodische, kleine Zellen in die man gerne Verdächtige unterbrachte, bevor man sie befragen konnte. In einer dieser Zellen lief eine hagere Gestalt mit verschränkten Armen unruhig auf und ab. Neben der Zelle in einer dunklen Ecke stand eine weitere Gestalt; breit, groß und schwarz: Batman. Als Gordon bei den beiden ankam lief der Eingesperrte zu den Gitterstäben und protestierte laut: „Verdammt nochmal was soll das?? Ich hab nichts getan.. jedenfalls nichts wofür ihr mich einsperren könnt. Jim, lass mich raus!“ Es war Jace. Gordon musterte ihn. Seine Kleidung war schmutzig und neben einem Auge entwickelte sich ein dunkler Fleck, ganz als hätte er sich geprügelt. Die Tatsache dass der dunkle Ritter da war und die ganze Situation schweigend aber aufmerksam beobachtete, ließ Gordon vermuten, dass die Faust der Fledermaus ziemlich genau zu Jace‘ Veilchen passte. Er nickte dem Rächer kurz zu, bevor er sich an den Jungen wandte: „Jace… muss ich dich erst fragen was passiert ist, oder wirst du mir es selbst sagen?“ Die grünen Augen des Rothaarigen verengten sich zu Schlitzen und kühl antwortete er: „Dein übereifriges Haustier hat mich hier her geschleppt. Ich lief gerade durch die Straßen als mich diese riesige Fledermaus wie aus dem Nichts angriff.“ Gordon zog eine Augenbraue hoch. Batman beantwortete Gordons Frage noch bevor er sie ausgesprochen hatte: „Er hat an den Tatorten rumgeschnüffelt. Ich habe ihn die letzten Tage beobachtet und als ich ihn zur Rede stellte, griff er mich an. Also habe ich ihn ruhig gestellt und her gebracht.“ „Ruhig gestellt? Du hast mich fast umgebracht! Wessen normale Faust fühlt sich an wie eine Brechstange!?“ Der Commissioner seufzte. Es war immer wieder das Gleiche mit ihm. Wenigstens war es mitten in der Nacht und außer der eifrigen jungen Polizistin und ihm war niemand mehr da. Diese stand etwas abseits und beobachtete die Situation neugierig. „Nun… ich hatte dich gewarnt. Aber warum warst du überhaupt da?“ „Ich wollte mir die Tatorte ansehen. Aber nachdem deine Jungs dort rumgetrampelt sind, ist da eh nichts mehr zu finden.“ „Warum überlässt du die Ermittlungen nicht der Polizei?“ „Warum ermittelt ihr denn dann nicht?“ Kam die spitze Gegenfrage. Die junge Frau sah sichtlich empört aus. Gordon schien jedoch ruhig, doch Jace entging nicht das gereizte Zucken seines Schnurrbarts. Dennoch antwortete er sanft: „Genau das tun wir doch. Oder denkst du wir legen hier die Hände in den Schoß und warten, dass der Killer sich freiwillig einsperren lässt?“ „Offensichtlich macht ihr euren Job nicht richtig, oder warum muss ich euch immer helfen?“ Damit griff er in seinen Mantel und holte einen in Zeitungspapier eingewickelten Gegenstand hervor, den er Gordon durch die Gitterstäbe zuwarf. Dieser ignorierte die Frage, fing ihn auf und wickelte vorsichtig ein blutiges Messer aus. Die Polizisten starrten die Waffe mit offenen Mündern an. Nur Batman schien unbeeindruckt. Zumindest ließ er sich nichts anmerken. „Woher-?“ „Ich hab es an den Docks gefunden, Lagerhaus Nr. 12, zum Kai hin.“ Die helle Stimme der Frau unterbrach ihren Chef, noch bevor er etwas sagen konnte: „Aber bei den Docks gab es keine Leiche. Woher sollen wir wissen, ob das die Tatwaffe ist?“ Ihre hellen Augen fixierten Jace herausfordernd. Auch der Commissioner sah ihn fragend an. Ein überlegenes Grinsen huschte über sein Gesicht bevor er antwortete: „Das meine ich damit, dass ihr endlich anfangen sollt zu ermitteln. Es gibt dort sehr wohl eine Leiche. Allerdings wurde sie weggeschafft. Der Täter hat versucht die Blutspur mit Wasser zu beseitigen, aber er ging dabei nicht gerade sorgsam vor. Wenn ihr euch beeilt, ist die Spur vielleicht noch nicht komplett kalt wenn ihr dort ankommt.“ „Wann hast du das herausgefunden?“ „Vor drei Stunden etwa. Ich war… geschäftlich dort unten und habe eher zufällig eine Blutspur und das Messer gefunden.“ Plötzlich brach Batman sein Schweigen: „Du sagtest eben ‚es gibt eine Leiche‘.“ „Gut kombiniert, Rambo. In einem Lagerhaus, zwischen ein paar Pappkartons und einem Müllcontainer liegt sie. Wenn ihr mich fragt, ähnelt diese Jane Doe euren anderen Opfern. Das gleiche bezaubernde Lächeln und die ausdrucksvollen Augen... Als ich dort ankam hörte ich ein Auto mit quietschenden Reifen davon fahren.“ Verblüfft starrten sie ihn erst einige Augenblicke an, bevor Jim Gordons Stimme die Stille förmlich zerriss: „WANN hattest du eigentlich vor uns DAS zu sagen!!?? Jess, ruf Bullock an und dann hol den Wagen!“ Die junge Frau nickte noch immer verblüfft und eilte zum nächsten Telefon. Der Commissioner drehte sich zu Batman um und sagte: „Batman, könnten Sie...“ Doch der schwarze Ritter war bereits verschwunden. Kopfschüttelnd wandte Gordon sich wieder zu Jace. „Nun gut, du kommst mit.“ Der rothaarige verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Also schön, ich zeig euch wo sie liegt. Aber nur wenn ihr bis morgen früh davon abseht das Dach von Lagerhaus Nr. 7 zu checken. Das ist gerade einsturzgefährdet und die können das erst morgen abstützen.“ Der Commissioner schüttelte den Kopf und rollte mit den Augen. Als er die Zelle aufschloss und ihm seine Waffen zurück gab sagte er: „Wegen mir. Schließlich geht unsere Sicherheit vor, nicht wahr?“ Jace zwinkerte ihm zu als sie zusammen nach draußen zum Wagen eilten. Kapitel 3: 03 - Erste Spuren? ----------------------------- Trotz der späten Stunde war noch relativ viel Verkehr, als der Polizeiwagen durch die Straßen der Stadt schoss. Polizeiwägen waren hier keine Seltenheit, von daher fielen sie erst einmal nicht auf. Der Commissioner jagte das Auto gnadenlos durch die Straßen, sodass die junge Polizistin sich panisch an ihrem Sitz festkrallte. Jace ließ die rasante Fahrt beinahe kalt. Als sie in die Nähe der Docks kamen, fuhren sie allerdings langsamer und am ersten Lagerhaus stellten sie den Wagen schließlich ab. Sie würden zu Fuß weiter gehen. Gordon und Jess trugen kugelsichere Westen. Der Commissioner zwang Jace auch eine auf, der sie widerwillig unter den Mantel anzog. Als sie ihre Waffen geladen und entsichert hatten gingen sie los. Sie verzichteten auf ihre Lampen, schließlich wollten sie sich dem Tatort ungesehen nähern. Der rothaarige ging vor und verschmolz regelrecht mit den Schatten. Gordon war immer wieder erstaunt wie schnell und leise er sich fortbewegen konnte. Wie ein Raubtier auf der Jagd verschmolz er mit der Umgebung. Wieder einmal hoffte der Ältere, dass er sich ihm niemals in den Schatten stellen musste, denn hier hätte er gegen ihn keine Chance. Die spöttisch-alberne Jace war einem professionellen Killer gewichen, der sich an seine Beute anpirschte. Vorsichtig arbeiteten sie sich bis zu Lagerhaus Nr. 12 vor. An einer Ecke winkte er die beiden Polizisten zu sich. Als sie bei ihm waren wisperte er: „Dort hinten das Tor war vorhin noch zu. Da drin ist rechts an der Wand der Müllcontainer mit der Leiche daneben. Zumindest war sie vorhin noch dort. Irgendjemand war oder ist noch hier. Ich glaube kaum, dass Bats das Tor verschlossen hat… ich mag ihn zwar nicht, aber was das angeht weiß er wie mans anstellt… Dort hinten ist ein Notausgang, wartet dort. Ich gehe durchs Fenster rein und mach euch die Tür auf…“ Jess sah ernst aus und Gordon nickte nur. „Gut, du hast zwei Minuten, dann versuchen wirs am Tor. Pass auf Junge.“ Jace nickte nur und schlich tief im Schatten des Lagerhauses zu einer Feuerleiter. Diese kletterte er behände hinauf und glitt lautlos durch ein kaputtes Fenster in der Gebäude hinein. Die beiden Polizisten huschten zum Notausgang und postierten sich davor. Kaum waren sie dort angekommen, bewegte sich die Tür leise knarzend und schwang dann ganz auf. Der Commissioner und Jess hatten ihre Waffen erhoben und sahen geradewegs in die von Jace, der die Tür mit dem Fuß aufgetreten hatte. Leise flüsterte er: „Netter versuch, aber ich hätte euch wohl erschossen bevor ihr „Scheiße“ hättet sagen können. Los, weiter.“ Damit wandte er sich um und ging wieder hinein. Bei dem Kommentar kniff die Frau verärgert die Augen zusammen, folgte ihrem Chef aber dann.   Drinnen war es bis auf das karge Licht das durch die schmutzigen Fenster fiel beinahe dunkel. Die drei tasteten sich langsam vor und Jim Gordon wurde das Gefühl nicht los, dass Jace im beinahe undurchdringlichen Dunkel etwas sehen konnte. Nach ein paar Metern schlug ihnen der Gestank von faulendem Müll, gemischt mit dem metallischen Geruch von Blut entgegen. Jace bedeutete ihnen halt zu machen und wies auf eine Lücke zwischen dem Müllcontainer und ein paar Pappkisten. Auf dem Boden war ein großer, dunkler Fleck. Von einer Leiche war aber nichts zu sehen. „Sie ist weg, scheiße.“ Jess sah Jace finster an und flüsterte anklagend: „Na wunderbar. Commissioner, was wenn er uns verarscht hat?“ Der Rothaarige zischte etwas unverständliches, spähte aber unentwegt angestrengt in die Dunkelheit des alten Lagerhauses. „Ich glaube eher, dass hier jemand aufgeräumt hat…“ „Aber-“ „Sssscht!“ Zischte Jace plötzlich. Angespannt lauschten sie auf ein Geräusch. Als er schon dachte er hätte es sich nur eingebildet, zerrissen plötzlich Schüsse die Stille und Mündungsfeuer tauchte die Umgebung in unheimliches Flackerlicht. Gordon sprang sofort hinter einem Stahlpfeiler in Deckung, genauso wie Jace, der die junge Frau mit sich zog, als er zur anderen Seite in Deckung hechtete. Sie harrten im Kreuzfeuer aus und hofften, dass ihre Feine bald all ihre Kugeln verschossen hatten. Es waren mindestens zwei automatische Waffen gegen sie. Jess kauerte am Boden und bedeckte ihren Kopf mit den Armen. Jace hockte neben ihr und keuchte. Eine Kugel hatte ihn im Bein getroffen. Mit zitternder Hand betastete er die Wunde und stellte fest, dass das Geschoss noch in seinem Fleisch steckte. Dann riss er einen Streifen seines Shirts ab und band sein Bein so gut es ging ab. Für den Anfang musste das reichen. Der Commissioner sah zu ihm hinüber und er nickte ihm zu. Alles okay. Als die Schüsse ihrer Feinde verstummten, kauerte die Frau noch immer hinter der Deckung. Sie würde keine große Hilfe sein. Jace gab ihr ein Zeichen dort zu bleiben und schlich so gut es ging von einer Deckung hinter die Nächste. Gordon lenkte derweil die Schützen so gut es ging ab.   Jace versuchte den Kampfplatz zu umlaufen und konnte zwei Schützen auf einem Stapel schwerer Kisten ausfindig machen. Sie benutzten ein paar Kisten und Säcke als Deckung. Doch die Rückseite ihrer kleinen Burg war ungeschützt und sie achteten auch nicht auf ihren Rücken und so konnte er unbemerkt an sie heran kommen. Er wollte kein Risiko eingehen und schlich sich bis auf wenige Meter heran, bevor er sie mit je einem gezielten Schuss in den Kopf ausschaltete. Dann ließ er sich wieder in Deckung gleiten, abwartend ob noch mehr da wären. Nach einigen Minuten in denen nichts geschah hörte Jace eine Bewegung aus Gordons Richtung. Dann das Geräusch einer leeren Metalldose, die zu Boden fällt. Netter Trick, alter Mann. Nach einigen weiteren Augenblicken durchschnitt eine Stimme die Stille: „GCPD, kommen Sie heraus, die Hände über den Kopf, wo ich sie sehen kann!“ Dann flackerten Taschenlampen auf und Männer stürmten in das Gebäude. Die Verstärkung war eingetroffen. Jace atmete tief durch und zog sich dann auf die Füße. Sein Bein pochte und er spürte wie sein Blut seine Hose durchnässte. Langsam humpelte er zum Licht. Die Aktion eben hatte ihn sehr mitgenommen. „Hey Jungs, ich bins. Bitte knallt mich nicht ab, ich bin auf eurer Seite...“ Wie unglaublich falsch das klingt. Gegen einen Pfeiler gestützt humpelte er ins Licht der Taschenlampen. Sofort wurden mehrere Waffen auf ihn gerichtet. „Stehen bleiben!“ Doch Gordons Stimme durchschnitt das Stimmengewirr der Polizisten: „Nicht schießen! Er ist der Zeuge der uns von der Leiche erzählt hat!“ Nur zögernd ließen die Polizisten ihre Waffen sinken, schließlich kannten sie ihn. Jace lehnte sich nun schwer gegen den Pfeiler. Ihm wurde schwindelig, er hatte zu viel Blut verloren. Doch plötzlich ertönten wieder Schüsse, diesmal direkt hinter ihm und er wurde nach vorn geschleudert. Alle Luft war aus seinen Lungen gepresst worden und pure Verwunderung zeichnete sein Gesicht. Als Commissioner Gordon und die Polizisten anfingen durcheinander zu schreien und erste Schüsse in Richtung des Schützen geschickt wurden verschwamm die Welt um ihn und Dunkelheit umfing ihn... … doch dann wurde er wie ein Sack gepackt und fortgeschleift. Nach einigen Augenblicken wurde er abgelegt und jemand versuchte ihn zu wecken. Benommen versuchte er zu erkennen was vor sich ging. Als er endlich wieder mehr oder weniger klar sehen konnte erkannte er eine riesige schwarze Gestalt über sich gekauert. Aus Reflex schlug er nach der Gestalt, doch sie war viel zu schnell für ihn und fing seine Faust auf, bevor er sie traf. „Ganz ruhig Kleiner, ich bins.“ Er erkannte die raue Stimme des Rächers. „Und das soll mich beruhigen?“ seine Stimme klang gepresst, aber trotzdem entspannte er sich etwas. Die Fledermaus grinste kurz und ließ seine Hand los. Nur ein kurzes Zucken im Mundwinkel, mehr nicht. Jace hustete. Er musste aus nächster Nähe getroffen worden sein, sonst hätten die Schüsse ihn nicht so hart zu Boden geschickt. Scheiße verdammt… Anfängerfehler. Während sich die Fledermaus an seinem Bein zu schaffen machte tauchte plötzlich der Commissioner neben ihnen auf. Sein Gesicht war angespannt. „Wie geht es ihm?“ Ohne aufzusehen antwortete der Rächer: „Er hat viel Blut verloren. Er muss ins Krankenhaus, sonst wird es hässlich.“ Der Bart des Commitioners zuckte nervös. Jace zwang sich zu einem gequälten Grinsen. „Ich weiß schon was du jetzt sagen willst, Jim.. ‚hättest du die Weste nicht getragen wärst du jetzt hinüber.‘ Schulde ich dir jetzt was?“ „Versuch einfach wach zu bleiben.“ Gordon wunderte sich immer wieder, wie der Junge es schaffte selbst in solchen Situationen seinen Humor zu bewahren. „Habt ihr den Penner wenigstens erwischt? Ich würde ihm gern persönlich dafür danken, dass er mich über den Haufen geschossen hat.“ Gordon nickte. „Bullock hat ihn festgenommen. Und das wirst du nicht tun, denn wir brauchen ihn noch für die Befragung, lebend.“ Der Blick den der Polizist dafür erntete wäre vermutlich herausfordernd gewesen, wenn Jaces Gesicht nicht vom Schmerz verzerrt gewesen wäre. Batman hatte sein Bein mittlerweile fertig verbunden und warf Gordon einen vielsagenden Blick zu, bevor er sich mit wehendem Mantel umwandte und aus Jace‘ Blickfeld verschwand. Schon eilten zwei Polizisten herbei um ihm aufzuhelfen und zum Polizeiwagen zu bringen. In ihren Gesichtern konnte Gordon ihr Missfallen lesen, doch er ignorierte es. Trotzdem gab er Bullock kurz ein paar Anweisungen und übernahm dann den Krankentransport persönlich, da vermutlich einige der Cops den rothaarigen nur zu gern bei einer günstigen Gelegenheit irgendwo bei den Docks versenkt hätten. Kapitel 4: 04 - J.C.? --------------------- Zwei Tage später saß Commitioner Gordon wieder an seinem Schreibtisch. Eine Kirchenglocke in der Nähe des Präsidiums schlug ruhig und beständig elf mal und verstummte dann. Gordon lehnte sich in seinem Stuhl zurück und streckte seine steifen Glieder aus. Wieder war ein Tag vorbei an dem sie nur mäßiges Glück bei den Ermittlungen gehabt hatten. Die Männer die sich mit den Polizisten einige Tage zuvor die Schießerei bei den Docks geleistet hatten waren allesamt nur unwichtige Kleinkriminelle gewesen. Den Mann den sie festgenommen hatten mussten sie nach eingehenden aber sinnlosen Befragungen gehen lassen, da Mafiaboss Falcone darauf aufmerksam geworden und nicht besonders begeistert darüber war, dass ausgerechnet sein Neffe vom GCPD ins Kreuzverhör genommen worden war. Gordon war den Forderungen zähneknirschend nachgegangen und hatte den jungen Mann am Abend frei gelassen. Allerdings erst nachdem er dem Mafiaboss das Versprechen abgenommen hatte, dass er nichts mit den mysteriösen Morden zu tun hatte. Ein Versprechen das zwar offiziell viel Gewicht hatte, aber in Wahrheit kaum so viel wert war wie ein leerer Kaffeebecher. Die Leiche der Jane Doe hatten sie tatsächlich gefunden, nachdem ein Fischer sie in der Nähe der Docks an einem Strand gefunden hatte. Jemand hatte sie wohl ins Wasser geworfen, bis sie dann drei Meilen stromabwärts angespült worden war. Der Commitioner strich sich über den Schnurrbart und schüttelte den Kopf. Warum sollte der Täter jetzt seine Vorgehensweise ändern? Zuvor hatte er die Mädchen doch auch einfach getötet und dann am Tatort liegen lassen. Hatte er etwas übersehen? Es schien dem Polizisten als würde jede Antwort die sie fanden neue Fragen aufwerfen.   Plötzlich klopfte es an der Tür, kurz bevor diese aufschwang. Gordon blickte auf und fragte sich, wer zu so später Stunde noch auf dem Revier sein sollte. Im Türrahmen stand sein Detectiv Bullock. „Jim, du siehst beschissen aus.“ Bullock nahm nie ein Blatt vor den Mund. Er war der einzige im ganzen GCPD der so mit dem Commitioner sprach. Allerdings hatte er sich in zahlreichen Fällen Jims Vertrauen und Hochachtung verdient. „Deine Tochter hat angerufen und sich erkundigt, ob du schon in den Aktenbergen erstickt bist. Sie sagte, dass sie dich in dreißig Minuten hier abholt.“ Gordon rieb sich die Augen und blinzelte seinen Kollegen durch die Brillengläser an. „Wann hat sie angerufen?“ Bullock tat so als würde er angestrengt nachdenken und antwortete: „Oh, nun.. oh verdammt! Das muss vor dreißig Minuten gewesen sein! Das hab ich ja ganz vergessen dir zu sagen Jim! ...sie ist hier.“ Mit den Worten trat er zur Seite, als sich auch schon eine junge Frau mit kupferrotem Haar durch die Tür zwängte, sich vor seinem Schreibtisch aufbaute und streng auf ihren Vater hinabblickte: „Dad, ich hab auf dich gewartet. Komm mit, du musst schlafen und etwas essen. Der Fall läuft dir nicht weg.“ Gordon musterte beide mit einer Mischung aus Verblüffung und Belustigung. „Das habt ihr doch geplant, stimmts? Ihr versucht einen alten Mann zu überrumpeln...“ Bullock gluckste im Hintergrund. „Das Verbrechen schläft nie mein Kind! Aber ja du hast wohl recht… denn ich schlafe sowieso tatsächlich gleich ein..“ Auffordernd streckt die junge Frau ihrem Vater eine Hand entgegen, der sich entrüstet aus seinem Stuhl erhob, nach Waffe, Dienstmarke und Mantel griff und sich in Bewegung setzte. Barbara Gordon war bereits wieder durch die Tür gerauscht als Bullock sich noch einmal an seinen Kollegen wandte: „Sie meint es nur gut. Und sie hat es nicht leicht mit dir. Geh nur, ich sperre ab.“ Damit scheuchte er seinen Vorgesetzten förmlich aus dem Büro. Resigniert folgte der Commitioner seiner Tochter hinaus. Es nützte ja sowieso nichts.   Als sie im Wagen saßen musterte Barbara ihren Vater einen Moment mit hochgezogener Augenbraue bevor sie den Motor startete. „Habt ihr Falcones Mann laufen lassen?“ sie legte den Gang ein und fuhr los. „Ja, mussten wir. Der Alte hätte uns sonst weiß Gott was angehängt. Das GCPD ist sowieso schon das Gespött der Stadt.“ „Dad, ihr tut euer Bestes. Die Leute müssen das doch sehen.“ „Tun sie das? Bisher haben wir in diesem Fall nicht wirklich viel bewirkt, oder? Selbst unser dunkler Freund war uns bisher noch keine besondere Hilfe...“ Die junge Frau schwieg einen Moment bevor sie matt antwortete: „Er ist nun mal kein Heiliger...“ Gordon strich sich mit der Hand durch die Haare und zerzauste sie nur noch mehr. „Wie geht es deinem Bekannten? Weißt du schon was neues?“ „Hmm… nein. Sein Zustand ist stabil und er steht unter ständiger Beobachtung – und Bewachung. Er hat genug Leute verärgert und jetzt wäre er ein verdammt leichtes Ziel.“ „Er ist noch fast ein Kind.“ „Ja das stimmt wohl.. aber er redet und handelt wie ein Erwachsener. Jace musste schnell erwachsen werden, sonst hätte ihn die Unterwelt wohl umgebracht.“ „Warum ist er so geworden?“ Gordon schwieg einen Moment bevor er resigniert antwortete: „Tatsächlich hab ich keine Ahnung. Ich weiß weder seinen richtigen Namen, noch irgend etwas anderes über ihn als das was in der Unterwelt kursiert. Und vermutlich ist das meiste nicht einmal wahr.“ „Jace… J...C… vielleicht seine Initialen?“ Gordon neigte den Kopf unmerklich. „Ja, könnte sein. Allerdings habe ich nichts passendes gefunden als ich einmal die Akten nach einem J.C. durch gesehen habe. Lediglich eine Jonnathan Cadburry, allerdings ist der schon vor zwei Jahren im Alter von 42 in Blackgate gestorben. Nein, der Junge versteht es seine Identität geheim zu halten, und er plaudert eigentlich nicht aus dem Nähkästchen.“ Ein Lächeln umspielte Barbaras Lippen als sie entgegnet: „Das erinnert mich an Batman.“ Der Commitioner nickte matt. Wann habe ich eigentlich begonnen mich mit anonymen Gesetzesbrechern zu umgeben? Als hätte seine Tochter die Gedanken ihres Vaters gelesen lachte sie kurz auf. „Dad, du tust das um das Gesetz am Ende durch zu setzen und diejenigen zu schützen, die deinen Schutz brauchen. Mach dir keinen Kopf darum. Wenn es nur auf diese Weise in dieser Stadt funktioniert, dann ist das eben so. Meiner Meinung nach ist es das Ergebnis das zählt.“ „Ja du hast wohl recht Barbara. Trotzdem frage ich mich hin und wieder ob es richtig ist was ich tue, wie ich es tue. Schließlich ist Jace ein gesuchter Krimineller. Ein Killer den ich eigentlich nach Arkham sperren sollte. Aber trotzdem bieten wir ihm in diesem Moment polizeilichen Schutz.“ „Aber er hilft euch doch diese Fall aufzuklären.“ „Trotzdem verlangen die Vorschriften, dass ich ihn spätestens nach Abschluss des Falls festnehme. Und genau das ist mein Problem. Als guter Polizist müsste ich den Vorschriften folgen. Aber als Privatperson widerstrebt es mir auch nur daran zu denken.“ „Du magst ihn, nicht wahr? Du hoffst ihn vielleicht doch noch auf den rechten Weg zu bringen… niemand will einen Freund einem Leben hinter Gittern ausliefern. Das ist nur menschlich.“ Mit den Worten schaltete sie den Motor aus. Sie waren mittlerweile an ihrem Haus angekommen. „Ein Vater sollte seine Tochter nicht mit solchen Dingen belangen, tut mir leid.“ Bei diesen Worten schaut die Rothaarige ihrem Vater streng ins Gesicht. „Du kannst mit allem das dich bedrückt zu mir kommen, verstanden? Ich bestehe sogar darauf.“ In solchen Momenten erinnerte sie ihn so sehr an ihre Mutter. „Und jetzt komm, die mittlerweile kalte Pizza wartet schon auf den Ofen.“ Ergeben nickte der Commitioner. Bei der Erwähnung der Pizza bemerkte er erst, wie hungrig er war. Kapitel 5: 05 - Unerwarteter Besuch -----------------------------------   Jace war nun seit einer Woche im Gotham General, dem größten Krankenhaus der Stadt untergebracht. Rund um die Uhr standen mindestens zwei Cops vor seiner Tür und überhaupt war der gesamte Trakt unter ständiger Bewachung des GCPD. Gordon hatte nicht untertrieben als er gesagt hatte, dass nicht einmal eine Ratte das Gebäude betreten könne, ohne dass die Polizei davon erfuhr. Offiziell war er ein wichtiger Zeuge im Fall der lächelnden Mädchen, wie die Medien die Mordserie mittlerweile nannte. Seit er mit Gordon bei den Docks gewesen war, war eine weitere Tote aufgefunden worden und das GCPD war genau so ratlos wie zuvor. Jace streckte seine steifen Gliedmaßen und ächzte. Seine Verletzung heilte zwar, aber nicht schnell genug für seinen Geschmack. Er hasste es, hier eingesperrt zu sein. Denn wenn hier niemand hinein durfte, durfte er natürlich auch nicht hinaus. Gordon nannte seine Situation „Zeugenschutz“. Bei dem Gedanken schnaubte Jace grimmig. Als ob er den Schutz der Polizei brauchte, er! Der einzige Vorteil war, dass er ein Einzelzimmer hatte. Er warf der Obstschale auf dem Tisch einen prüfenden Blick zu. Das Obst darin sah mitleiderregend aus, aber er war hungrig und vielleicht sahen diese Äpfel ja doch irgendwann gut genug aus, dass es sich lohnen würde, dafür aufzustehen. Aber noch immer war er nicht verzweifelt genug dazu und lehnte sich resigniert wieder in die Kissen. Es war aber auch verdammt langweilig hier! Plötzlich öffnete sich die Tür und eine schlanke aber gut gebaute Krankenschwester betrat sein Zimmer. Ihr blondes Haar war zu einem strengen Knoten zurückgebunden und ihre unglaublich blauen Augen musterten ihn durch eine eckige Brille neugierig. Er erwiderte ihren Blick. Irgendetwas war seltsam an dieser Krankenschwester, aber er kam nicht darauf, was es war. Mit federndem Schritt ging sie auf ihn zu, zog sich einen Hocker an sein Bett und setzte sich, die langen Beine aufreizend elegant überschlagend. Dann legte sie den Kopf schief und musterte ihn mit unverhohlener Neugier. Der Rothaarige runzelte die Stirn und wollte schon herausfordernd fragen, warum sie ihn so anstarrte, als sie ihn ansprach: „Du bist also Jace… das Two of Spades unter den Söldnern und Kopfgeldjägern. Irgendwie dachte ich du wärst… stattlicher.“ Ein schelmisches Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. Jace starrte sie einen Moment verblüfft an. Dem sonst so schlagfertigen Jace fiel einfach keine passende Antwort ein – was vermutlich auch daran lag, dass ihr Schwesternkittel tiefe Einblicke zuließ - und so brachte er nur ein verwirrtes „Was?“ hervor. Sein Gegenüber kicherte. „Ich habe außerdem gehört, dass du immer einen schlauen Spruch auf den Lippen hast. Aber auch das scheint nur ein Gerücht zu sein.“ Sie zog eine Augenbraue hoch und schürzte die Lippen. Noch immer etwas irritiert fragte er eine Spur gereizt: „Wer zum Geier bist du, dass du hier rein spazierst und dich über mich lustig machst? Hab ich einen Clown bestellt, oder was soll der Scheiß.“ Die Frau sah ihn jetzt aus gefährlich glänzenden Augen an. Dann nahm sie die Brille von der Nase, ließ sie in den Kittel gleiten und löste ihren Haarknoten. Ihr blondes Haar ergoss sich über ihre Schultern, doch es war nicht gänzlich blond. Die Spitzen waren auf einer Seite rot und auf der anderen Seite blau gefärbt. Dann zog sie einen etwas zu roten Lippenstift aus der Tasche und trug ihn sich auf. Dann grinste sie ihn erneut mit funkelnden Augen an. Nach und nach dämmerte Jace, dass seine Wortwahl eben vermutlich nicht die beste gewesen war, um diesen Gast zu begrüßen. „Oh, wow. Das… war unerwartet.“ Ihr Grinsen wurde breiter. „Ich hoffe du verstehst das nicht falsch. Ich wollte keineswegs...“ Sie winkte ab. „Halt die Klappe und hör mir zu, Kleiner. Ich bin nicht zum Vergnügen hier; der Clown von dem du eben so salopp geredet hast, hat einen Auftrag für dich.“ Sie dehnte das Wort, was ihm Unbehagen bereitete. In welche Scheiße hast du dich jetzt schon wieder manövriert, Jace? Und nächstes mal vielleicht einfach mal die Fresse halten… Er runzelte die Stirn und fragte vorsichtig: „Der J… was will er von mir?“ Der Killerclown hatte bisher noch nie Kontakt mit ihm gesucht. Bisher hatte er es aber auch immer geschafft sich aus dem Schussfeld solcher Unterweltriesen fern zu halten. Harley, denn das war ganz offensichtlich ihr Name, schien zu bemerken, dass ihn die ganze Situation sehr verblüffte. Gedehnt antwortete sie ihm: „Mista J… ist nicht entgangen, dass jemand willkürlich reiche Gören abschlachtet, nicht dass ihn das stören würde… lediglich die Vorgehensweise von diesem Kerl stört ihn…“ Ihre Lippen kräuselten sich, ganz so als hätte sie ihn bei etwas verbotenem ertappt. Jace zog die Augenbrauen hoch. Daraufhin grinste sie breit und strich sich mit den Fingerspitzen von den Mundwinkeln bis zu ihren Wangenknochen hoch, ganz so als wolle sie ihr Grinsen noch verbreitern. Jace verstand sofort. „Das Glasgow Lächeln… der Joker fühlt sich dadurch parodiert. Das stört ihn daran.“ Harley schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und nickte. Irgendwie sieht die Frau auch irre aus… mit diesem fiesen Dauergrinsen. „Gut erkannt.“ Hauchte sie. „Mista J schätzt es nicht, wenn man sich über ihn lustig macht.“ „Und was hab ich damit zu tun?“ „Du wirst diesen Kerl für ihn finden und ihn zu ihm bringen. Und außerdem wirst du alle Zeugen, die dem GCPD Informationen geben können um ihn zu finden umbringen. Das GCPD würde ihn nur wegsperren, aber das reicht Mista J nicht.“ Wieder grinste sie breit. „Ich soll also den Serienkiller finden, der gerade die gesamte Stadt in Atem hält, bevor die Cops ihn erwischen und alle potentiellen Zeugen kalt machen, bevor das GCPD sie befragen kann? Das klingt ja nach nem Kinderspiel – und so irre ungefährlich.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Weißt du Süße, ich bin echt verdammt gut, aber hellsehen kann ich trotzdem nicht.“ Quinn beugte sich bei seinen Worten lächelnd vor und – dann stand sie plötzlich direkt vor ihm, eine Pistole an seine Schläfe gepresst, und drückte ihn unsanft in die Kissen. Für eine Moment huschte ein Ausdruck des Überraschens über sein Gesicht, bevor er sich wieder fing. Sie war schnell, ohne Zweifel, aber er war es auch. Und er durfte ihr nicht zeigen, dass er sie unterschätzte. Sie beugte sich zu ihm hinab und flüsterte ihm leise ins Ohr: „Das war keine Bitte, Kleiner. Solltest du ablehnen...“ Ein Klick neben seinem Kopf verriet ihm, dass ihre Waffe nun geladen war. Sie sah ihm jetzt direkt ins Gesicht, ihr Blick war auffordernd und kalt. „Lass mich raten, meine Bezahlung ist mein Leben?“ Sie neigte den Kopf und flüsterte: „Das Leben deiner Schwester.“ Jace stieß geräuschvoll Luft aus. Gerade schien ein riesiger Eisklumpen in seine Magengegend gefallen zu sein, just in dem Moment als alle Farbe aus seinem Gesicht verschwunden war. Woher kannten sie den Aufenthaltsort seiner Schwester!? Ging es ihr gut?? Harley kicherte leise, als hätte sie seine Gedanken erraten. „Keine Sorge, es geht ihr gut. Aber solltest du Mista J enttäuschen oder versuchen sie weg zu schaffen...“ sie ließ den Satz so im Raum stehen. Sie musste ihn nicht beenden. Jace schluckte trocken. Die Waffe an seiner Schläfe war längst vergessen. Der Gedanke daran was dieser irre Killerclown und seine wahnsinnige Gespielin seiner Schwester antun würden bereiteten ihm große Sorge. Wieder konnte er nichts sagen, also nickte er nur. Harley grinste ihn an, steckte die Pistole wieder in den Kittel und sagte: „Na siehst du, so einfach.“ Dann zog sie etwas aus ihrer Tasche und legte es auf seinen Nachttisch. Zum Abschied warf sie ihm einen Luftkuss zu und marschierte aus dem Zimmer hinaus. Die Cops, die eigentlich auf ihn aufpassen sollten, würden nichts sagen. Natürlich waren sie geschmiert, wie fast jeder hier. Jace atmete ein paar mal tief ein und aus. Dann griff er nach dem Gegenstand, den Harley hinterlassen hatte: Es waren ein Foto seiner Schwester und eine Visitenkarte vom Joker. Er steckte beides ein, schließlich durfte Gordon nichts davon erfahren. Er überlegte, wie er am besten an die benötigten Informationen kam und Jims Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. Ich muss mit ihnen zusammen arbeiten, um zumindest die Zeugen zu finden. Der Rest ergibt sich dann von allein. Oh man, das wird dem alten Mann nicht gefallen. Das hier war ganz sicher sein Freifahrtschein nach Blackgate, wenn nicht sogar nach Arkham. Er schüttelte den Kopf um ihn klar zu bekommen. Sicher würde man ihn jetzt beobachten, also konnte er es nicht riskieren, Kontakt zu seiner Schwester aufzunehmen. Das könnten sie in den falschen Hals bekommen. Nun erhob er sich doch und schwang die Beine über den Bettrand. Sein verletztes Bein war mittlerweile beinahe verheilt und mit genug Schmerzmitteln konnte er es auch durchaus wieder benutzen. Wunderbar, Schmerzmittel. Dinge, die den Kopf vernebeln. Großartig für Schützen. Jace seufzte. Was für eine Scheiße.     Am nächsten Tag kam Jim Gordon wieder zu Besuch. Jace stand am Fenster und sah hinaus auf die verregnete Stadt. Der Polizist grüßte ihn und fragte, wie es ihm ging. Der Jüngere antwortete: „Gut soweit. Lässt du mich jetzt langsam wieder raus? Ich langweile mich und sie schicken mir irgendwie nur Ärzte. Nicht mal hübsche Krankenschwestern gönnt man mir hier!“ Er ließ sich nichts anmerken. Am Ende bemerkte Gordon noch etwas. Gordon seufzte: „Vielleicht weil du ein gefährlicher Krimineller bist und sie dir kein bisschen trauen?“ Jace drehte sich um und verzog das Gesicht. „Ernsthaft? Wann hab ich jemals eine hübsche Krankenschwester erschossen?“ „Die Tatsache, dass du das nicht mal abstreitest, ist nicht gerade vertrauenerweckend.“ Trotzdem lächelte er. „Aber ich glaube wir können dich sehr bald entlassen, unter der Bedingung...“ Doch er wurde unterbrochen. „Sehr gut! Wo sind meine Sachen?“ Der Commissioner setzte wieder an: „Unter der Bedingung, dass du uns weiterhin hilfst. Das ist der einzige Weg, dich nicht sofort wegen diverser Delikte zu verhaften. Außerdem würde sich das positiv auf deine Strafe auswirken, sollte es dazu kommen.“ Jace‘ Blick verfinsterte sich. „Woah, hey! Du wolltest, dass ich euch begleite, ich wurde verletzt, jetzt bin ich hier. Und jetzt kommst du mit sowas? Ernsthaft?“ Gordons Schnurrbart zuckte alarmiert. „Jace, ich sagte...“ „Du wirst den Teufel tun und mich fest nehmen! Ich bin vielleicht angeschlagen, aber glaub mir alter Mann, wenn es sein muss, leg ich dich aufs Kreuz!“ rief er angriffslustig. Gordon hob abwehrend beide Hände. „Ich wollte damit nur sagen, dass du uns bitte weiterhin helfen sollst. Und dass deine Hilfe dir angerechnet werden wird, mehr nicht.“ Jace blickte sein Gegenüber aus zu Schlitzen verengten Augen abschätzend an. Nach kurzem Schweigen sagte er dann: „Keine Handschellen und kein Zeugenschutz mehr. Ich komme und gehe wann ich will und niemand schnüffelt mir nach. Sonst wars das.“ Der Commissioner nickte zögernd. „Also gut. Aber bitte benimm dich.“ Der Rothaarige begann wieder zu grinsen. „Immer doch.“ Jim Gordon wusste ziemlich genau, was das bedeutete. Aber er resignierte. Immerhin würde er ihnen freiwillig helfen. Er ergriff sein Funkgerät und sagte: „Macht die Entlassungspapiere fertig und bringt dem Jungen seine Sachen.“ Zur Antwort kamen zwei kurze Knacktöne hintereinander. Wieder sah er ihn an. „Lass mich das nicht bereuen.“ „Oh keine Sorge.“ Jace verschränkte die Arme vor der Brust. Das war ja einfach gewesen. Noch etwas Gegenwind, um die Farce echt wirken zu lassen und schon fraß ihm der große Detective aus der Hand.       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)