City of Crime - A Gotham Story von Skrizgal ================================================================================ Kapitel 5: 05 - Unerwarteter Besuch -----------------------------------   Jace war nun seit einer Woche im Gotham General, dem größten Krankenhaus der Stadt untergebracht. Rund um die Uhr standen mindestens zwei Cops vor seiner Tür und überhaupt war der gesamte Trakt unter ständiger Bewachung des GCPD. Gordon hatte nicht untertrieben als er gesagt hatte, dass nicht einmal eine Ratte das Gebäude betreten könne, ohne dass die Polizei davon erfuhr. Offiziell war er ein wichtiger Zeuge im Fall der lächelnden Mädchen, wie die Medien die Mordserie mittlerweile nannte. Seit er mit Gordon bei den Docks gewesen war, war eine weitere Tote aufgefunden worden und das GCPD war genau so ratlos wie zuvor. Jace streckte seine steifen Gliedmaßen und ächzte. Seine Verletzung heilte zwar, aber nicht schnell genug für seinen Geschmack. Er hasste es, hier eingesperrt zu sein. Denn wenn hier niemand hinein durfte, durfte er natürlich auch nicht hinaus. Gordon nannte seine Situation „Zeugenschutz“. Bei dem Gedanken schnaubte Jace grimmig. Als ob er den Schutz der Polizei brauchte, er! Der einzige Vorteil war, dass er ein Einzelzimmer hatte. Er warf der Obstschale auf dem Tisch einen prüfenden Blick zu. Das Obst darin sah mitleiderregend aus, aber er war hungrig und vielleicht sahen diese Äpfel ja doch irgendwann gut genug aus, dass es sich lohnen würde, dafür aufzustehen. Aber noch immer war er nicht verzweifelt genug dazu und lehnte sich resigniert wieder in die Kissen. Es war aber auch verdammt langweilig hier! Plötzlich öffnete sich die Tür und eine schlanke aber gut gebaute Krankenschwester betrat sein Zimmer. Ihr blondes Haar war zu einem strengen Knoten zurückgebunden und ihre unglaublich blauen Augen musterten ihn durch eine eckige Brille neugierig. Er erwiderte ihren Blick. Irgendetwas war seltsam an dieser Krankenschwester, aber er kam nicht darauf, was es war. Mit federndem Schritt ging sie auf ihn zu, zog sich einen Hocker an sein Bett und setzte sich, die langen Beine aufreizend elegant überschlagend. Dann legte sie den Kopf schief und musterte ihn mit unverhohlener Neugier. Der Rothaarige runzelte die Stirn und wollte schon herausfordernd fragen, warum sie ihn so anstarrte, als sie ihn ansprach: „Du bist also Jace… das Two of Spades unter den Söldnern und Kopfgeldjägern. Irgendwie dachte ich du wärst… stattlicher.“ Ein schelmisches Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. Jace starrte sie einen Moment verblüfft an. Dem sonst so schlagfertigen Jace fiel einfach keine passende Antwort ein – was vermutlich auch daran lag, dass ihr Schwesternkittel tiefe Einblicke zuließ - und so brachte er nur ein verwirrtes „Was?“ hervor. Sein Gegenüber kicherte. „Ich habe außerdem gehört, dass du immer einen schlauen Spruch auf den Lippen hast. Aber auch das scheint nur ein Gerücht zu sein.“ Sie zog eine Augenbraue hoch und schürzte die Lippen. Noch immer etwas irritiert fragte er eine Spur gereizt: „Wer zum Geier bist du, dass du hier rein spazierst und dich über mich lustig machst? Hab ich einen Clown bestellt, oder was soll der Scheiß.“ Die Frau sah ihn jetzt aus gefährlich glänzenden Augen an. Dann nahm sie die Brille von der Nase, ließ sie in den Kittel gleiten und löste ihren Haarknoten. Ihr blondes Haar ergoss sich über ihre Schultern, doch es war nicht gänzlich blond. Die Spitzen waren auf einer Seite rot und auf der anderen Seite blau gefärbt. Dann zog sie einen etwas zu roten Lippenstift aus der Tasche und trug ihn sich auf. Dann grinste sie ihn erneut mit funkelnden Augen an. Nach und nach dämmerte Jace, dass seine Wortwahl eben vermutlich nicht die beste gewesen war, um diesen Gast zu begrüßen. „Oh, wow. Das… war unerwartet.“ Ihr Grinsen wurde breiter. „Ich hoffe du verstehst das nicht falsch. Ich wollte keineswegs...“ Sie winkte ab. „Halt die Klappe und hör mir zu, Kleiner. Ich bin nicht zum Vergnügen hier; der Clown von dem du eben so salopp geredet hast, hat einen Auftrag für dich.“ Sie dehnte das Wort, was ihm Unbehagen bereitete. In welche Scheiße hast du dich jetzt schon wieder manövriert, Jace? Und nächstes mal vielleicht einfach mal die Fresse halten… Er runzelte die Stirn und fragte vorsichtig: „Der J… was will er von mir?“ Der Killerclown hatte bisher noch nie Kontakt mit ihm gesucht. Bisher hatte er es aber auch immer geschafft sich aus dem Schussfeld solcher Unterweltriesen fern zu halten. Harley, denn das war ganz offensichtlich ihr Name, schien zu bemerken, dass ihn die ganze Situation sehr verblüffte. Gedehnt antwortete sie ihm: „Mista J… ist nicht entgangen, dass jemand willkürlich reiche Gören abschlachtet, nicht dass ihn das stören würde… lediglich die Vorgehensweise von diesem Kerl stört ihn…“ Ihre Lippen kräuselten sich, ganz so als hätte sie ihn bei etwas verbotenem ertappt. Jace zog die Augenbrauen hoch. Daraufhin grinste sie breit und strich sich mit den Fingerspitzen von den Mundwinkeln bis zu ihren Wangenknochen hoch, ganz so als wolle sie ihr Grinsen noch verbreitern. Jace verstand sofort. „Das Glasgow Lächeln… der Joker fühlt sich dadurch parodiert. Das stört ihn daran.“ Harley schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und nickte. Irgendwie sieht die Frau auch irre aus… mit diesem fiesen Dauergrinsen. „Gut erkannt.“ Hauchte sie. „Mista J schätzt es nicht, wenn man sich über ihn lustig macht.“ „Und was hab ich damit zu tun?“ „Du wirst diesen Kerl für ihn finden und ihn zu ihm bringen. Und außerdem wirst du alle Zeugen, die dem GCPD Informationen geben können um ihn zu finden umbringen. Das GCPD würde ihn nur wegsperren, aber das reicht Mista J nicht.“ Wieder grinste sie breit. „Ich soll also den Serienkiller finden, der gerade die gesamte Stadt in Atem hält, bevor die Cops ihn erwischen und alle potentiellen Zeugen kalt machen, bevor das GCPD sie befragen kann? Das klingt ja nach nem Kinderspiel – und so irre ungefährlich.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Weißt du Süße, ich bin echt verdammt gut, aber hellsehen kann ich trotzdem nicht.“ Quinn beugte sich bei seinen Worten lächelnd vor und – dann stand sie plötzlich direkt vor ihm, eine Pistole an seine Schläfe gepresst, und drückte ihn unsanft in die Kissen. Für eine Moment huschte ein Ausdruck des Überraschens über sein Gesicht, bevor er sich wieder fing. Sie war schnell, ohne Zweifel, aber er war es auch. Und er durfte ihr nicht zeigen, dass er sie unterschätzte. Sie beugte sich zu ihm hinab und flüsterte ihm leise ins Ohr: „Das war keine Bitte, Kleiner. Solltest du ablehnen...“ Ein Klick neben seinem Kopf verriet ihm, dass ihre Waffe nun geladen war. Sie sah ihm jetzt direkt ins Gesicht, ihr Blick war auffordernd und kalt. „Lass mich raten, meine Bezahlung ist mein Leben?“ Sie neigte den Kopf und flüsterte: „Das Leben deiner Schwester.“ Jace stieß geräuschvoll Luft aus. Gerade schien ein riesiger Eisklumpen in seine Magengegend gefallen zu sein, just in dem Moment als alle Farbe aus seinem Gesicht verschwunden war. Woher kannten sie den Aufenthaltsort seiner Schwester!? Ging es ihr gut?? Harley kicherte leise, als hätte sie seine Gedanken erraten. „Keine Sorge, es geht ihr gut. Aber solltest du Mista J enttäuschen oder versuchen sie weg zu schaffen...“ sie ließ den Satz so im Raum stehen. Sie musste ihn nicht beenden. Jace schluckte trocken. Die Waffe an seiner Schläfe war längst vergessen. Der Gedanke daran was dieser irre Killerclown und seine wahnsinnige Gespielin seiner Schwester antun würden bereiteten ihm große Sorge. Wieder konnte er nichts sagen, also nickte er nur. Harley grinste ihn an, steckte die Pistole wieder in den Kittel und sagte: „Na siehst du, so einfach.“ Dann zog sie etwas aus ihrer Tasche und legte es auf seinen Nachttisch. Zum Abschied warf sie ihm einen Luftkuss zu und marschierte aus dem Zimmer hinaus. Die Cops, die eigentlich auf ihn aufpassen sollten, würden nichts sagen. Natürlich waren sie geschmiert, wie fast jeder hier. Jace atmete ein paar mal tief ein und aus. Dann griff er nach dem Gegenstand, den Harley hinterlassen hatte: Es waren ein Foto seiner Schwester und eine Visitenkarte vom Joker. Er steckte beides ein, schließlich durfte Gordon nichts davon erfahren. Er überlegte, wie er am besten an die benötigten Informationen kam und Jims Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. Ich muss mit ihnen zusammen arbeiten, um zumindest die Zeugen zu finden. Der Rest ergibt sich dann von allein. Oh man, das wird dem alten Mann nicht gefallen. Das hier war ganz sicher sein Freifahrtschein nach Blackgate, wenn nicht sogar nach Arkham. Er schüttelte den Kopf um ihn klar zu bekommen. Sicher würde man ihn jetzt beobachten, also konnte er es nicht riskieren, Kontakt zu seiner Schwester aufzunehmen. Das könnten sie in den falschen Hals bekommen. Nun erhob er sich doch und schwang die Beine über den Bettrand. Sein verletztes Bein war mittlerweile beinahe verheilt und mit genug Schmerzmitteln konnte er es auch durchaus wieder benutzen. Wunderbar, Schmerzmittel. Dinge, die den Kopf vernebeln. Großartig für Schützen. Jace seufzte. Was für eine Scheiße.     Am nächsten Tag kam Jim Gordon wieder zu Besuch. Jace stand am Fenster und sah hinaus auf die verregnete Stadt. Der Polizist grüßte ihn und fragte, wie es ihm ging. Der Jüngere antwortete: „Gut soweit. Lässt du mich jetzt langsam wieder raus? Ich langweile mich und sie schicken mir irgendwie nur Ärzte. Nicht mal hübsche Krankenschwestern gönnt man mir hier!“ Er ließ sich nichts anmerken. Am Ende bemerkte Gordon noch etwas. Gordon seufzte: „Vielleicht weil du ein gefährlicher Krimineller bist und sie dir kein bisschen trauen?“ Jace drehte sich um und verzog das Gesicht. „Ernsthaft? Wann hab ich jemals eine hübsche Krankenschwester erschossen?“ „Die Tatsache, dass du das nicht mal abstreitest, ist nicht gerade vertrauenerweckend.“ Trotzdem lächelte er. „Aber ich glaube wir können dich sehr bald entlassen, unter der Bedingung...“ Doch er wurde unterbrochen. „Sehr gut! Wo sind meine Sachen?“ Der Commissioner setzte wieder an: „Unter der Bedingung, dass du uns weiterhin hilfst. Das ist der einzige Weg, dich nicht sofort wegen diverser Delikte zu verhaften. Außerdem würde sich das positiv auf deine Strafe auswirken, sollte es dazu kommen.“ Jace‘ Blick verfinsterte sich. „Woah, hey! Du wolltest, dass ich euch begleite, ich wurde verletzt, jetzt bin ich hier. Und jetzt kommst du mit sowas? Ernsthaft?“ Gordons Schnurrbart zuckte alarmiert. „Jace, ich sagte...“ „Du wirst den Teufel tun und mich fest nehmen! Ich bin vielleicht angeschlagen, aber glaub mir alter Mann, wenn es sein muss, leg ich dich aufs Kreuz!“ rief er angriffslustig. Gordon hob abwehrend beide Hände. „Ich wollte damit nur sagen, dass du uns bitte weiterhin helfen sollst. Und dass deine Hilfe dir angerechnet werden wird, mehr nicht.“ Jace blickte sein Gegenüber aus zu Schlitzen verengten Augen abschätzend an. Nach kurzem Schweigen sagte er dann: „Keine Handschellen und kein Zeugenschutz mehr. Ich komme und gehe wann ich will und niemand schnüffelt mir nach. Sonst wars das.“ Der Commissioner nickte zögernd. „Also gut. Aber bitte benimm dich.“ Der Rothaarige begann wieder zu grinsen. „Immer doch.“ Jim Gordon wusste ziemlich genau, was das bedeutete. Aber er resignierte. Immerhin würde er ihnen freiwillig helfen. Er ergriff sein Funkgerät und sagte: „Macht die Entlassungspapiere fertig und bringt dem Jungen seine Sachen.“ Zur Antwort kamen zwei kurze Knacktöne hintereinander. Wieder sah er ihn an. „Lass mich das nicht bereuen.“ „Oh keine Sorge.“ Jace verschränkte die Arme vor der Brust. Das war ja einfach gewesen. Noch etwas Gegenwind, um die Farce echt wirken zu lassen und schon fraß ihm der große Detective aus der Hand.       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)