City of Crime - A Gotham Story von Skrizgal ================================================================================ Kapitel 1: 01 - Alte Bekannte ----------------------------- Commissioner Gordon saß etwas unruhig in seinem Wagen und drehte eine Karte in seiner Hand. Es handelte sich dabei um eine einfacher Pokerkarte, die das Two of Spades zeigte. Auf die Rückseite waren in enger Handschrift ein Ort und eine Zeit geschrieben worden: 13. Ecke Florida Street, 21 Uhr. Die Armbanduhr des Commissioners zeigte bereits 20:51 Uhr. Normalerweise war er bei solchen „Einladungen“ vorsichtig. Er kannte die Unterwelt gut und normalerweise wusste er auch, wenn es jemand auf ihn abgesehen hatte. Es war praktisch hier und da ein paar zusätzliche Ohren zu haben. Trotzdem konnte man nie wissen, wem man versehentlich – oder auch nicht – auf die Füße getreten war. Eigentlich wäre er niemals ganz allein zu solch einem Treffen erschienen - eigentlich. Und doch sagte ihm sein Polizeiinstinkt diesmal, dass aus welchem Grund auch immer kein Grund zur Sorge bestand. Außerdem hätte er mit tölpelhaften Cops im Schlepptau vermutlich nicht erfahren, warum man ihn herbestellt hatte. Das Two of Spades erinnerte ihn an etwas, doch er wusste einfach nicht was. Er vermutete, dass es mit diesem Fall zu tun hatte, der dem GCPD in letzter Zeit arge Magenschmerzen bereitete. Ein Fall, bei dem selbst sein „besonderer Freund“ ihm nicht helfen konnte. Alles hatte vor zwei Wochen begonnen, als in einem der etwas besseren Vierteln der Stadt die Leiche einer jungen Frau gefunden worden war. Ihr waren beide Augen ausgestochen und die Mundwinkel bis zum Kiefergelenk aufgeschnitten worden. Sie war an ihrem eigenen Blut erstickt. Als sie starb hatte sie nur ein dünnes Nachthemd getragen, was auf eine vorherige Entführung hinwies. Außer ihren schweren Verletzungen war sie allerdings unversehrt. Der Toten waren mittlerweile drei weitere gefolgt, eine davon diesen Morgen. Die Polizei war allerdings immer noch so ratlos wie nach dem ersten Mord. Der Killer hatte ganze Arbeit geleistet. Niemand wollte etwas gehört oder gesehen haben und auch ansonsten hatte man nichts gefunden. Selbst die Unterwelt wusste scheinbar nicht, wer jetzt schon wieder offenkundig aus Spaß Menschen umbrachte. Als Gorden am Mittag in seinem Büro saß, war ihm diese Pokerkarte in seiner Manteltasche aufgefallen. Er hatte den Mantel nur am Tatort und auf dem Weg zurück ins Präsidium getragen und ihn dann abgelegt. Als er nach etwas Kleingeld für einen Kaffee gekramt hatte, war sie ihm aufgefallen, also musste man die Karte schon am Tatort dort hinein geschmuggelt haben, denn als er zuvor seine Dienstmarke hervor holte, war sie noch nicht da gewesen. Nun saß er also in einem Dienstwagen, irgendwo in den Narrows und wartete auf seine Verabredung. Es war bereits 20:58 als er sich schließlich aufrappelte, seine Waffe entsicherte – man kann schließlich nie wissen, die Karte in die Manteltasche gleiten ließ und ausstieg.   Die Straßenlaternen waren in dieser Ecke bis auf eine alle kaputt. Die Verbleibende flackerte allerdings bereits. Nachdem er ein paar Schritte gegangen war blieb er stehen und schaute sich um. Außer einem streunenden Köter war keine Seele zu sehen. Ein weiterer Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es jeden Moment neun Uhr war. Die kalte Berührung von Stahl in seinem Nacken ließ ihn in der Bewegung erstarren. Eine Stimme flüsterte: „Welche ist ihre Lieblingskarte, Jim Gordon?“ Der gefragte klappte den Mund auf und antwortete zögernd: „Wie wäre es mit dem Two of Spades?“ Der kalte Stahl verweilte einen weiteren Augenblick an seinem Nacken, bevor er verschwand. „Gute Antwort.“ Erleichtert drehte sich der Cop um und musterte den Neuankömmling. Das Gesicht seines Gegenübers lag zum Teil im Schatten, doch er konnte ganz deutlich die scharfen Gesichtszüge mit den hohen Wangenknochen des jungen Mannes erkennen. Er trug einen langen, schwarzen Mantel mit Kapuze und schwere Lederstiefel. Sein rotes Haar war im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden und in seiner Rechten hielt er wie selbstverständlich eine schlanke Pistole, die Gordon einen Moment zuvor noch im Nacken gespürt hatte. Auf dem Lauf war ein Pik mit einer 2 eingraviert. Auf den ersten Blick erschien diese hagere Gestalt trotz der Waffe eher harmlos, aber Gordon wusste, dass dem ganz gewiss nicht so war. „Du bist also wieder da, Jace.“   Ein kurzes Grinsen huschte über das Gesicht des jüngeren. „Gut erkannt. Haben du und das GCPD mich schon vermisst?“ Gordon ließ die Frage unbeantwortet. Aus ihm hätte ein guter Junge werden können, wäre er nicht hier, in dieser völlig verkommenen Stadt aufgewachsen. Die Tatsache, dass er dem GCPD schon gelegentlich Kummer in Form von Toten und Verletzten bereitet hatte, war nicht gerade unerheblich. Doch so lange er nicht gerade gegen die Polizei arbeitete, konnte man mit ihm recht gut klar kommen. Er gab ihnen sogar gelegentlich Informationen. Trotzdem blieb er ein unberechenbarer und gefährlicher Krimineller. Der Comissioner räusperte sich also nur und fragte dann: „Also, du hast mich eingeladen… gibt es etwas was du mir sagen willst?“ „Gordon, Gordon! Kommst immer gleich zur Sache, was? Aber ja, will ich. Ich bin dir noch was schuldig, falls du dich erinnerst… und ich hab was gehört, was dich vielleicht interessieren könnte. Es geht um diese Toten, denen man förmlich ein Grinsen ins Gesicht geschnitten hat… üble Sache.“ „Oh ja, das ist es. Was hast du gehört?“ Er versuchte seine Stimme gleichgültig wirken zu lassen. „Weg schauen und weg lächeln.“ „Wie bitte?“ „Angenommen ich raube auf offener Straße jemanden aus. Die meisten Menschen würden einfach weg sehen und mit verkniffenem Mund weiter gehen, weil niemand den Arsch in der Hose hat, was zu unternehmen. Okay, es gibt da vielleicht einen… aber die meisten ignorieren das.“ Gordon überlegt kurz. „Also jemand der sich an den Menschen rächt, die weg gesehen haben, als er Hilfe brauchte.“ Jace nickt. „Er dreht den Spieß einfach um. Er zwingt sie quasi dazu über ihren eigenen Tod hinweg zu sehen…“ „Aber was für ein Mensch tut so etwas?“ Bei der Frage zog Jace eine Augenbraue hoch. „Die Frage ist doch hoffentlich nicht ernst gemeint. Jim, wir sind in Gotham!“ „Ja, du hast recht… eine Stadt, die kranke Schweine wie den Joker hervor bringt, bringt auch weitere Irre hervor.“ Gordon klang erschöpft. „Wenn das stimmt, haben wir vielleicht ein Motiv. Aber immer noch keine Ahnung wer dahinter stecken könnte.“ Der Rothaarige antwortet schulterzuckend: „Es kann also nur einer der gefühlt eine Millionen Menschen sein, die täglich Ärger mit Kriminellen wie mir bekommen und wo man ganz tapfer weg gesehen hat. Is doch ein Klaks!“ „Wirklich hilfreich die Einschätzung.“ „Gern geschehen alter Freund.“ Die Antwort war nur ein Brummen. Sarkastischer kleiner Mistsack. Nach einigen Augenblicken merkte der Commissioner jedoch an: „Die Idee mit dem weg schauen und weg lächeln könnte aber wirklich hilfreich sein. Danke für den Tipp, vielleicht finden wir ja was.“ Jace nickte nur. „Versuch nicht zu sehr aufzufallen. Ich hab keine Nerven mich auch noch mit dir herum zu schlagen. Und die Fledermaus hat eine verdammt harte Rechte.“ „Keine Sorge, ihr erwischt mich schon nicht. Und dieser Hulk ist sowieso zu lahm für mich.“ „Ich meine es ernst, Jace. Ich bin nicht böse, wenn ich dein Gesicht mal nicht auf ein Fahndungsplakat drucken lassen muss.“ „Du hast mich noch nicht aufgegeben, was? Aber tut mir leid, ich war schon damals verloren. Selbst wenn ich jetzt ein „normales“ Leben führen würde, würdet ihr mich ja doch irgendwann verknacken. Und ich weiß mit meiner Zeit echt besseres anzufangen als sie im Knast zu verplempern.“ Der Commissioner schüttelte daraufhin nur den Kopf. Jace schenkte ihm noch ein schelmisches Lächeln, bevor er sich einer rostigen Feuerleiter zuwandte. „Wir seh‘n uns, Jim.“ „Ja Junge. Gute Nacht.“ Gordon schaute ihm noch einen Moment nach, wie er behände die alten Sprossen erklomm und bald darauf im Schatten der alten Backsteinhäuser verschwand. Ja, eigentlich ist er in Ordnung. Aber irgendwann werde ich ihn unweigerlich verhaften müssen. Und dann ziehe ich hoffentlich schneller als er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)