Das Herz des Dämonenfürsten von Tamanna (Boys-Love-Version) ================================================================================ Kapitel 4: Liebe ist die stärkste Magie --------------------------------------- Der König schnaufte angestrengt und fasste sich mit der Hand an die schmerzende Seite. Schon seit Stunden liefen er und seine königlichen Soldaten durch diesen seltsamen Ort. Doch egal, wie weit sie ihre Füße auch trugen, sie kamen nirgendwo an. Dieser Ort, oder wie man immer das hier nennen sollte, hatte weder ein Ende noch ein Anfang. Es war schwer, etwas Derartiges überhaupt abzuschätzen, denn hier sah alles gleich aus. Ein weißer Horizont, durchzogen von schwarzen Linien, angeordnet wie ein Gitter. Wo hatte dieser verdammte Dämonenfürst sie nur hingebracht? Erschöpft hob er sein Schwert hoch und zischte wütend durch die zusammengebissenen Zähne. Er hatte soviel Zeit geopfert, um den magischen Stein zu erschaffen und damit dieses lästige Überbleibsel seiner Vergangenheit zu beseitigen. Doch dann ging alles schief. Und er wusste ganz genau, wem er das zu verdanken hatte. „Wo bist du Hexe?! Du hattest behauptet, mit dem Stein wäre ich mächtig genug, um es mit dem Bengel aufzunehmen. Wie kann es da sein, dass er immer noch lebt? Gib es zu, du hast mich betrogen!“ „Ach… ICH habe DICH betrogen?“ Am Himmel brach ein Loch auf und die Hexe schwebte langsam zu Boden. Ein eiskaltes Lächeln lag auf ihren hübschen Lippen. „Es ist ja wohl eher andersherum, meinst du nicht?“ „Wo zum Teufel sind wir hier?!“ „In einem verzerrten Raum. Der Dämonenfürst hat dich und deine Pappsoldaten mit einem Gravitationszauber in einen anderen Raum verbannt. Hier herrschen andere Gesetze. Nur, wenn du sie nach deinem Willen manipulieren kannst, kannst du hier bestehen. Ein gewöhnliches Wesen wie du besitzt diese Macht selbstverständlich nicht. Aber ich.“ Der Gesichtsausdruck der Hexe nahm wahnsinnige Züge an und plötzlich vernahm der König hinter sich laute Schreie. Er wirbelte herum und sah zu seinem Entsetzen, wie sich die Körper der Soldaten auf absolut groteske Art verzerrten. So sehr, dass sie förmlich in der Luft zerrissen. Geschockt wich der König von ihnen zurück. „Wa- Wie kann das sein?! Soviel Macht besitzt du doch gar nicht!“ „Doch. Jetzt schon. Wir beide hatten eine Abmachung. Ich habe dir nur gezeigt, wie du einen Mana-Stein herstellen kannst, weil du geschworen hattest, ihn damit nur gefangen zu nehmen. Es sollte ihn von seiner Besessenheit dir gegenüber hinweghelfen. Ich habe dich und deinen Ritter von den Nachwirkungen der Versteinerung geheilt und euch ins Schloss teleportiert – und wie dankst du es mir? Du hättest mich nicht hintergehen dürfen, Majestät. Zur Strafe naht nun dein Ende.“ Der Blick des Königs fiel auf das Amulett, das sie plötzlich um ihren Hals trug. Er erkannte sofort, was das war und begriff, dass sein Ende gekommen war. „Nein, warte! Wir können doch in Ruhe darüber sprechen!“ Die Hexe lächelte freundlich. „Tut mir leid, aber ich fürchte, das ist keine Option mehr. Es ist der innigste Wunsch des Fürsten, dass du stirbst für das, was du getan hast. Und den kann ich ihm nicht verwehren, selbst wenn ich es wollen würde. Bedaure, Euer Majestät, aber Ihr werdet in dieser Geschichte nicht mehr benötigt.“ Der König schrie laut auf und versuchte, zu flüchten. Die Hexe sah ihm böse lächelnd nach. Wie erbärmlich dieser Mann doch war. Bis zum Schluss dachte er immer nur an sich selbst. Auch der Wunsch, seine Tochter in Sicherheit zu wissen und sie dafür zu isolieren, geschah nur, weil er sie als sein Eigentum ansah, nicht etwa aus Liebe. Das konnte man schon daran sehen, dass sein erster Impuls nach der Entführung seiner Tochter der war, aufzubrechen und den Fürsten zur Strecke bringen – und nicht etwa seine ach-so-geliebte Tochter zu retten. Die Hexe schüttelte den Kopf. Solch ein herrschsüchtiger Mensch wie er war überflüssig in dieser Welt. Es war an der Zeit, sich seiner zu entledigen. Es kostete sie nicht mehr, als eine müde Handbewegung, um dieses erbärmliche Geschöpf in der Luft zu zerreißen. Mit einem Schwebezauber ließ sie das blutüberströmte Schwert zu sich fliegen, säuberte es mit einem Fingerzeig und nahm es an sich. Vielleicht brauchte sie es noch. Nun gut. Jetzt gab es nur noch eine Sache zu erledigen. Dann konnte sie sich ihren eigenen Wünschen widmen.   Derweil eilte die Gruppe um den Ritter zu dem Ort, an dem all ihre Fragen beantwortet werden würden. Zu ihrer aller Überraschung handelte es sich dabei um das Schloss – oder vielmehr ein tiefgelegenes Kellergewölbe, von dem keiner der Gruppe je wusste, dass es unter dem Schloss existierte. Vor einem großen Tor endete schließlich der Weg. „Hinter diesem Tor verbirgt sich die Antwort auf eure Fragen“, erklärte der Dieb den anderen. „Und was genau befindet sich dahinter?“, fragte die Zauberschülerin aufgeregt. „Der Staatsschatz. Die Quelle sämtlicher Magie in diesem Königreich. Und es ist der Grund, warum der Dämonenfürst uns als seine Feinde betrachtet.“ „Wie seid Ihr dort hineingelangt?“, wunderte sich die Prinzessin. „Den Schlüssel zum Staatsschatz besitze doch nur ich!“ Der Dieb stieß ein leises Lachen hervor. „Es ist leicht, dort hineinzugelangen, wenn man weiß, wie die Verriegelung funktioniert… Wie auch immer. Seid ihr bereit?“ Die Gruppe nickte einstimmig. Der Dieb fummelte am Torschloss herum und öffnete es innerhalb weniger Sekunden. Mit einem lauten Knarren schwang das Tor auf und die Gruppe betrat den Raum. Im Inneren konnte man erkennen, dass der Raum rund war. Vier große Fackeln erleuchteten ihn, alle im exakten Abstand zueinander aufgestellt. In der Mitte befand sich ein riesiger, gläserner Sarg, in der horizontalen Position aufgestellt. Er war so groß, dass er fast bis zur Decke reichte. In seinem Inneren hing die Statue einer Frau, die seltsamerweise in Ketten gelegt wurde, die am oberen und unteren Ende des Sarges befestigt waren. Ihre Arme waren über der Brust gekreuzt, die Augen geschlossen. Ihr Gesicht drückte stille Qual aus. Trotzdem stach ihre Schönheit sofort ins Auge. Direkt über dem Sarg aus der Decke herausragend befand sich ein seltsamer Kristall, der sofort die Aufmerksamkeit der Fee weckte. Sie wirkte geradezu entsetzt, ihn hier zu sehen. Irgendwie fasziniert von der schönen Statue, trat die Prinzessin näher und berührte mit einer Hand den Sarg. „Was für eine schöne Statue… Was ist das für ein Gestein? Es erscheint mir doch recht ungewöhnlich.“ „Das ist kein Gestein“, antwortete der Dieb und trat ebenfalls vor zum Sarg, den Blick fest auf die Statue gerichtet. „Und das ist auch keine Statue, sondern ein lebendiges Wesen. Zumindest war sie das einst.“ Geschockt schlug die Prinzessin eine Hand vor den Mund. „Was sagt Ihr da?! Das ist ja grauenhaft!“ „Wer war sie? Und warum ist sie hier unten eingesperrt?“, wollte der Ritter, nicht minder entsetzt, wissen. Eine ganze Weile sprach der Dieb kein Wort, sondern verlor sich im versteinerten Anblick der Frau. Dann atmete er tief durch und begann leise zu erzählen: „Diese Frau dort… ist eine Dämonin. Vor vielen Jahren kam sie in diesen Teil der Welt und ließ sich in einem Schloss außerhalb des Königreiches nieder. Die Menschen des Königreiches waren wegen ihr besorgt und fürchteten um ihre Sicherheit. Doch die Dämonin fügte Niemandem ein Leid zu. Sie war äußerst naturverbunden und lebte im Einklang mit den anderen magischen Wesen im verwunschenen Wald. Nur, wenn ihnen Gefahr drohte, machte sie von ihrer Magie Gebrauch. Der damalige König jedoch fürchtete dennoch ihre Macht und rief seine beiden Söhne zu sich. Sie sollten einen Weg finden, wie sie die Dämonin beseitigen könnten. Wem immer dies gelang, sollte den Thron erben. Der Jüngere war dagegen, doch der Ältere machte sich sogleich ans Werk. Sie zu töten war keine Option, denn die Dämonin war unsterblich. Also machte er sich auf, nach einem Weg zu suchen, wie man sie fangen könnte. In der Zwischenzeit verliebte sich die Dämonin in einen menschlichen Mann. In stiller Heimlichkeit heirateten die beiden und schließlich wurde ihre Liebe gekrönt mit der Geburt eines kleinen Jungen. Ein Mischling, halb Mensch, halb Dämon. Sie glaubten, ihr Glück würde ewig anhalten – sie ahnten nicht, dass gerade ihre Liebe es sein sollte, die zu einer Tragödie führen würde. Eines Tages tauchte der ältere Prinz überraschend im Schloss auf. Als er erkannte, dass die Dämonin einen Menschen zum Gatten und einen Sohn hatte, wurde er zornig. Er attackierte die Dämonin, doch trotz all des Hasses, dass man ihr entgegenbrachte, weigerte sie sich, den Prinzen oder seine Männer zu verletzen. Sie konnte die Angriffe erfolgreich abwehren, doch dann wandte der Prinz einen miesen Trick an. Er nahm den kleinen Sohn und den Ehemann gefangen und drohte damit, sie zu töten, wenn die Dämonin sich nicht ergab. Sie tat es. Die Dämonin und ihr Kind gerieten in Gefangenschaft. Der Mann wurde verbannt. Er war jedoch nicht gewillt, einfach so aufzugeben. Es gelang ihm, ins Schloss einzudringen und seinen Sohn zu befreien. Seine geliebte Frau jedoch schien verloren. Die Ketten, in die man sie gelegt hatte, unterdrückten ihre Magie. Nur das königliche Schwert war imstande, die Ketten zu lösen und das befand sich in den Händen des Prinzen. Sie beauftragte ihn noch damit, ihren Sohn in Sicherheit zu bringen. Aus seinem Versteck heraus musste der Mann dann mitansehen, wie der Prinz und die königlichen Ritter seine geliebte Frau an einen anderen Ort brachten. Schließlich kehrte der Mann mit seinem Sohn ins Schloss zurück. Von seinen Schuldgefühlen zerfressen, sah der Mann sich jedoch außerstande, bei dem Kind zu bleiben. Er verließ das Königreich und wurde fortan nicht mehr gesehen. Das Kind überlebte und ist heute als Dämonenfürst bekannt. Der Prinz bestieg danach den Thron.“ Die Gruppe hatte der Geschichte schweigend gelauscht. Die Fee durchbrach als Erste die unangenehme Stille. „Das erklärt so Einiges. Zum Beispiel warum unsere Steine seinen Verwandlungszauber nicht aufgehoben hatten. Als halber Mensch kann er natürlich jederzeit zwischen der Menschen- und Dämonengestalt wechseln.“ „Er brauchte also gar keinen Verwandlungszauber“, schlussfolgerte die Zauberschülerin. Die Prinzessin zitterte ängstlich. „Dann… dann ist das dort… die Mutter des Dämonenfürsten?“ „Kein Wunder, dass er den König so sehr hasste.“ Der Ritter schüttelte den Kopf. „Doch warum ist sie so versteinert? Was ist mit ihr geschehen?“ „Es ist der Kristall dort oben“, antwortete die Fee stattdessen. „Ich kann es einfach nicht fassen. Nie hätte ich es für möglich gehalten, ausgerechnet Managestein hier vorzufinden. Damit ist der König entschieden zuweit gegangen.“ „Managestein? Was ist das?“, fragte die Zauberschülerin. „Managestein ist der Feind eines jeden magischen Wesens. Ein natürlich vorkommendes Gestein, das tief in den Stollenbergen vorzufinden ist. Für gewöhnlich ist es mit einer Erzschicht bedeckt und ungefährlich. Es ist der Kristall im Inneren, den die magischen Wesen so sehr fürchten. Wenn sie ihm zunahe kommen, entzieht er ihnen ihre magische Lebensenergie und wandelt sie in Mana um, das er dann nutzt, um weiter zu wachsen. Wir Feen haben über diesen Ort gewacht, da wir dessen gefährliche Wirkung kennen. Doch eines Tages drangen Menschen in diesen Ort ein. Sie griffen uns sogar an, um an das Gestein heranzukommen. Seid diesem Tag meiden wir die Menschen.“ „Dann ist die Dämonin versteinert…“, begann die Zauberschülerin geschockt. Die Fee nickte. „Ja. Der Kristall hat ihr ihre ganze Lebenskraft ausgesaugt, wodurch ihr Körper in diesen steinähnlichen Zustand geriet.“ „Können wir sie denn nicht retten?“, schlug die Prinzessin vor. „Wenn wir den Kristall zerschlagen…“ Die Fee schüttelte jedoch den Kopf. „Einmal völlig entzogen, kann die Lebenskraft eines magischen Wesens nie wieder in den Körper zurückkehren. Das ist ja das Gefährliche am Managestein. Selbst ihre Unsterblichkeit schützt sie nicht davor. Sie mag zwar nicht im normalen Sinne tot sein, doch ohne ihre Lebenskraft ist sie dazu verdammt, auf ewig in diesem Zustand zu verweilen. Sie ist verloren.“ „Das ist aber noch nicht die Ganze Geschichte“, mischte sich nun der Dieb wieder ein. „Ich bin in meinem Leben schon viel herumgekommen und an einem Ort schnappte ich ein grauenvolles Gerücht auf. Nur, um herauszufinden, ob es wahr ist, bin ich hier eingedrungen und habe nach diesem Ort hier gesucht. Um das größte Geheimnis dieses Königreiches zu lüften. Das Geheimnis des Staatsschatzes. Hat ihn einer von euch jemals gesehen?“ Die vier schüttelten die Köpfe. „Ich glaube, außer dem König hatte ihn nie jemand gesehen“, warf die Zauberschülerin ein. Der Dieb nickte. „Verstehe. Nun, der Staatsschatz, der als die Quelle sämtlicher Magie in diesem Königreich gilt, befindet sich genau über uns.“ Zum Entsetzen der anderen deutete der Dieb mit dem Zeigefinger genau in Richtung des Managesteins. „Nein! Das darf nicht wahr sein!“, rief die Fee geschockt. „Oh doch. Er hat die Kleine nur benutzt“, bestätigte der Dieb und sah dabei die Zauberschülerin an. „Was meinst du denn?“, fragte diese ängstlich. „Du darfst es ihr nicht sagen!“, schrie die Fee den Dieb an. „Sie muss es aber erfahren!“ Der Dieb trat an das verängstigte Mädchen heran, legte ihm beide Hände auf die Schulter und erklärte ihr alles im ruhigen Ton. „Managestein nutzt die Lebenskraft der magischen Wesen, um Mana zu gewinnen und selbst zu wachsen. Doch jene, die im Umgang mit der Magie bewandert sind, können das Managestein nutzen, um Magie anzuwenden. Der Kristall kann also von Magiern als Zauberutensil verwendet werden.“ Die Zauberschülerin erstarrte. Langsam wich sie vom Dieb zurück und schüttelte fassungslos den Kopf, Tränen liefen ihr übers Gesicht. „Soll das etwa heißen… dass ich die Lebenskraft dieser armen Frau für meine Magie verwendet habe?! Das Schutzschild… und alle anderen Zauber…“ Weinend sah sie zur Fee herüber, die sie mitleidig ansah und nickte. Der Ritter fasste sich an die Brust und riss sich den magischen Stein von der Rüstung. Wütend sah er ihn an. Er fühlte sich plötzlich wie ein Monster, da er ihn benutzt hatte. Seine Gedanken wanderten zum Dämonenfürsten. Wie gern wäre er jetzt bei ihm und würde ihn in den Arm nehmen… Auch die Prinzessin weinte. „Ich kann einfach nicht fassen, dass mein Vater solch schreckliche Dinge getan hat, nur um König zu werden! Hatte er denn gar kein Herz?“ „Das hatte er noch nie gehabt“, rief eine Stimme von oben herab. Im selben Moment gab es eine laute Explosion und die Decke stürzte ein. Der Kristall fiel zu Boden und zerberste in tausend Stücke. Die Gruppe war gerade noch ausgewichen und sah nun hinauf zum Loch in der Decke. Die Hexe schwebte aus diesem zu ihnen herunter und lächelte freundlich. „Und ich bezweifle, dass er es jetzt noch braucht. So als toter Mann.“ „Ihr habt meinen Vater getötet?“ Die Prinzessin löste sich aus der schützenden Umarmung des Ritters. „Das stand Euch nicht zu! Er hat zweifelsohne Strafe verdient. Doch als Toter kann er für seine Taten nicht büßen!“ „Es war der Wunsch meines geliebten Dämonenfürsten“, erklärte die Hexe kühl. „Ich tue immer, was mein Liebster mir befiehlt. Und nun entschuldigt mich. Mein Liebster wollte unbedingt diesen Ort hier aufsuchen, um seine Mutter aus ihrem Gefängnis zu befreien. Er vermag ihr Schicksal nicht zu ändern, doch er sähe es lieber, dass seine Mutter die Ewigkeit in seinem Schloss zubringt und nicht an diesem grässlichen Ort.“ „Könnt Ihr sie denn befreien?“, fragte der Ritter. Die Hexe nickte und zauberte das königliche Schwert hervor. „Hiermit kann ich es.“ Der Ritter zog ebenfalls sein Schwert und zerschlug mit einem kräftigen Hieb den gläsernen Sarg. Die leblose, in Ketten gelegte Hülle der Dämonin drohte zu Boden zu fallen – der Ritter konnte sie gerade noch auffangen. Dann sagte er zur Hexe: „Dann tut es. Bringt sie zu ihm. Er hat lang genug ohne sie leben müssen.“ Die Hexe schwang das Schwert und löste damit die Ketten. Dann hob sie Dämonin auf ihre Arme und flog hinauf zum Loch in der Decke. Sie lächelte zum Abschied. „Wir werden uns schon bald wieder sehen!“ Dann verschwand sie. Die Fee sah ihr nachdenklich hinterher. „Dieses Amulett um ihren Hals… das ist ein ganz besonderer Mana-Stein! Ein Mana-Stein ist ein künstlich erzeugtes Juwel, das entsteht, wenn Magier das Mana aus dem Managestein herausziehen. Doch den, den die Hexe hat, entzieht dem Managestein das Mana, sobald dieses die Lebenskraft umgewandelt hat. Er scheint immer noch Mana aufzunehmen… aber… nicht von diesem Managestein…“ „Dann gibt es noch ein Managestein? Aber wo?“, fragte die Zauberschülerin. „Und vor allem… von wem saugt es die Lebenskraft auf?“ Plötzlich lief es dem Ritter eiskalt den Rücken herunter. „Der Dämonenfürst…“, entfuhr es ihm panisch. „Wir müssen sofort zum Schloss zurück!“, rief der Dieb.   Sofort eilte die Heldengruppe zurück zum Schloss des Dämonenfürsten. Durch die Abkürzung, die der Dieb kannte, waren sie glücklicherweise innerhalb weniger Stunden vor den Toren der dunklen Palastmauern. Besorgt sah der Ritter zu dem Schloss auf. „Hoffentlich geht es ihm gut…“, flüsterte er. „Wir werden ihn finden!“, versicherte ihm die Fee. Auch sie wollte dem Fürsten helfen. Insgeheim fühlte sie sich für all das verantwortlich, denn immerhin oblag es den Feen dafür zu sorgen, dass das Managestein nicht in die falschen Hände geriet. Die Gruppe wollte sich gerade daran machen, dass Schloss zu stürmen, als sich ihnen jemand in den Weg stellte. Es war Frosch, des Fürsten Diener. „Ich hätte nicht erwartet, euch jemals wiederzusehen… aber ihr kommt sowieso zu spät“, sagte er traurig. „Er ist schon verloren…“ „Das glaube ich nicht!“, fuhr die Fee ihn wütend an. „Der Mana-Stein um ihren Hals nimmt immer noch das Mana vom Managestein auf. Das heißt, der Dämonenfürst besitzt immer noch Lebenskraft, die das Managestein aufsaugt!“ „Das spielt keine Rolle! Sobald der Prozess beginnt, kann man ihn nicht wieder rückgängig machen!“, schrie der Frosch verzweifelt, dann verstummte er und schniefte leise. Mitleidig kniete sich die Prinzessin vor den Frosch und nahm ihn in den Arm. „Vielleicht können wir dem Dämonenfürsten nicht helfen, das wird sich zeigen. Aber wir werden auf keinen Fall zulassen, dass die Hexe ihn so ausbeutet, wie mein Vater es mit seiner Mutter tat! Hilfst du uns dabei?“ Die Entschlossenheit in den Augen der Gruppe überzeugte Frosch. Er wischte sich die Tränen weg und nickte. „Wie wollt ihr vorgehen? Die Hexe wird euch nicht zu ihm lassen.“ Die Fee dachte für einen Augenblick nach. Dann schien ihr etwas in den Sinn zu kommen. „Gut, wir machen Folgendes. Frosch, du bringst den Ritter über den Geheimgang im Wassergraben zum Zimmer des Fürsten. Ritter, ihr müsst unter allen Umständen das Managestein zerstören! Prinzessin, Ihr begleitet die beiden. Dort oben ist es sicherer für Euch. Wir anderen werden derweil die Hexe ablenken.“ Die Anderen nickten zustimmend. Frosch führte den Ritter und die Prinzessin hinab zum Wassergraben, wo sie durch das Wasser zum Geheimgang wateten. Die Fee, die Zauberschülerin und der Dieb warteten ab, bis die Drei außer Sichtweite waren, dann betraten sie das Schloss durch den Vordereingang. Kaum hatten sie einige Schritte in die Eingangshalle getan, tauchte auch schon die Hexe auf. „Ihr seid schneller hier, als erwartet“, stellte sie amüsiert fest. „Ihr wollt wohl unbedingt sterben?“ „Wir wissen genau, was du vorhast! Wir sind hier, um dich aufzuhalten!“, erwiderte die Fee. Die Hexe lachte laut. „Eine Fee, ein kleines Mädchen und ein Herumtreiber? Wohl kaum. Ich habe keine Lust, mich mit so kleinen Fischen wie euch herumzuärgern. Ich denke, ich werde lieber ins Zimmer meines Geliebten zurückkehren und die kleinen Störenfriede beseitigen, die gerade dabei sind, dort einzudringen.“ „Sie weiß Bescheid! Was machen wir denn jetzt?!“, rief die Zauberschülerin panisch. Die Fee blieb jedoch davon ungerührt. „Das macht gar nichts. Wir können sie trotzdem noch beschäftigen.“ „Und womit bitte? Warum sollte sie darauf hereinfallen?“ Der Dieb schüttelte den Kopf. „Sie wird hierbleiben und sich mit uns beschäftigen“, sagte die Fee laut, sodass die Hexe sie gut hören konnte. Dann zog sie etwas aus ihrer Tasche hervor. „Weil ich mir sicher bin, dass sie das hier gern zurück möchte.“ Tatsächlich erhielt sie sofort die volle Aufmerksamkeit der Hexe. „Das ist der Mana-Stein, den der König hatte! Er enthält den Großteil des Mana der Dämonenmutter. Gib ihn mir, sofort! Es steht euch nicht zu, ihn zu besitzen!“ „Wenn du ihn willst, wirst du ihn schon holen müssen“, grinste die Fee überlegen. Jetzt hatten sie sie am Haken. Jetzt konnten die Anderen den Dämonenfürsten retten. Während die Hexe näher kam, hielt die Fee der Zauberschülerin den Mana-Stein hin. „Jetzt kommt es auf dich an! Nutze den Stein und erkaufe uns damit Zeit!“ Die Zauberschülerin wich geschockt zurück. „Was?! Unmöglich, das kann ich nicht!“ Die Hexe zog das königliche Schwert und setzte bereits zum Angriff an. „Du musst, das ist unsere einzige Chance!“, drängte die Fee, doch die Zauberschülerin zögerte, den Stein zu nehmen. Das Amulett um den Hals der Hexe leuchtete auf, das Schwert begann zu glühen und schoss sogleich einen Lichtblitz auf das Mädchen ab. Die kleine Magierin schrie laut auf, unfähig etwas gegen den Angriff auszurichten. In letzter Sekunde sprang der Dieb dazwischen und riss sie und die Fee zur Seite. Dabei wurde er an der Schulter verletzt. Blutend lag er am Boden. Besorgt kniete die Zauberschülerin neben ihm. Die Fee raunte ihr eindringlich zu: „Ich weiß, dass du Hemmungen hast, den Stein zu nutzen, jetzt wo du weißt, woher er seine Kraft bezieht. Aber du nutzt ihn, um ihren Sohn zu retten! Ich bin sicher, dass sie damit einverstanden wäre.“ Nachdenklich betrachtete die Zauberschülerin den Mana-Stein in der Hand der Fee. Ihre Lehrerin hatte recht. Entschlossen nahm sie den Stein entgegen und stellte sich der Hexe. Der Dieb sah ihr mit schmerzverzerrtem Gesicht nach. „Wieso glaubst du, dass sie mit diesem Stein in der Lage wäre, die Hexe aufzuhalten?“ Die Fee wickelte ihm den Schal vom Kopf ab und verband damit die blutende Wunde. „Ist so eine Vermutung von mir. Der Magiefluss der Hexe gleicht dem der Dämonin. Ich bin davon überzeugt, dass das etwas zu bedeuten hat. Wenn ich recht habe… werden die Macht des Steins und ihre Magie sich gegenseitig aufheben. Mach dir keine Sorgen. Wenn jemand die Macht des Steins richtig nutzen kann, dann meine Schülerin.“ Die Zauberschülerin hielt den Stein fest in beiden Händen und betete innig. Verehrte Dämonenmutter. Wenn Ihr mich hören könnt, dann leiht mir Eure Kraft, damit ich Euren Sohn beschützen kann! Bitte helft mir! Als würde der Stein ihre Gebete erhören, erstrahlte er plötzlich im hellen Licht. Die Hexe griff erneut an, doch dieses Mal erzeugte der Stein ein Schutzschild und der Blitz prallte einfach daran ab. Die Zauberschülerin lächelte erleichtert und fixierte dann die Hexe angriffslustig, die mit der Reaktion nicht gerechnet hatte. „Jetzt mach dich auf etwas gefasst!“   Während unten das Duell der Magierinnen tobte, erreichten die anderen Drei die Gemächer des Fürsten. Vor einem der Räume stoppte die Prinzessin. Auf einem gemütlichen Bett lag die leblose Hülle der Dämonenmutter. „Bitte geht ohne mich weiter“, sagte sie, ohne den Blick von der Frau zu nehmen. „Ich verspüre den Wunsch, für die Taten meines Vaters um Vergebung zu bitten.“ Der Ritter nickte und lief mit Frosch weiter zum Schlafzimmer des Fürsten. Sie fanden ihn schließlich auf seinem Bett liegend vor. Zum Entsetzen des Ritters war der Körper des Fürsten bereits bis zum Hals erstarrt, wie der seiner Mutter. Als der Blonde näher trat, erkannte er in der Hand des Fürsten ein kleines Stück Managestein, dass dieser direkt auf sein Herz gepresst hatte. Diese Gestik machte dem Ritter bewusst, dass der Dunkelhaarige sich selbst dazu entschieden hatte, seinem Dasein auf diese Art ein Ende zu bereiten. Der Preis, den er bereit war zu zahlen, um ihn zu retten. Doch in den Augen des Ritters war er viel zu hoch. Sanft strich er dem Fürsten die dunklen Haare aus dem Gesicht und sank dann weinend auf dessen Schulter herab. Auch Frosch weinte leise. Seine Gedanken wanderten zu seiner ersten Begegnung mit dem Fürsten. Damals war er noch ein normaler Frosch und wurde von einer Gruppe Jungs gefangen und gequält. Plötzlich war der Fürst aufgetaucht und hatte die Kinder vertrieben. Der dankbare Frosch wollte sich für die Hilfe erkenntlich zeigen und war dem Dämon zu seinem Schloss gefolgt. Obwohl der Fürst anfangs versucht hatte, ihn wieder zu verscheuchen, verwandelte er ihn schließlich in diese menschenähnliche Gestalt und behielt ihn als seinen Diener bei sich. Das war der schönste Tag seines Froschlebens gewesen. Eigentlich hatte er seitdem jeden Tag als schön empfunden, auch wenn sein Herr oft streng mit ihm war. Jetzt hier stehen und zusehen zu müssen, wie sein Herr ein schlimmeres Schicksal erleidete, als nur den Tod. Bis vor wenigen Momenten hatte er ja noch gehofft, dass der Ritter ihn vielleicht noch retten könnte. Der blonde Ritter hob seinen Kopf wieder, sah den bewusstlosen Fürsten aus seinen verweinten, blauen Augen an und strich ihm mit zitternden Fingern über die blassen Lippen. „Bitte vergib mir, dass ich dich nicht retten konnte“, hauchte der Ritter gegen die kalten Lippen. „Dabei hätte ich mir so sehr gewünscht, dass wir beide ein Happy End bekommen… und ich dir endlich sagen kann, wie sehr ich dich liebe. Schon vom ersten Augenblick an…“ Langsam schloss der Blonde seine Augen und hauchte seinem Liebsten zum Abschied einen Kuss auf die Lippen. Und dann geschah es: Die zärtliche Berührung erzeugte eine starke Welle, die durch den Raum, durch das Schloss, durch das gesamte Königreich hinwegfegte. Das Managestein in der Hand des Fürsten leuchtete extrem hell auf und zerbarste schließlich. Dasselbe geschah mit dem Amulett der Hexe. Zwei Lichtkugeln blieben zurück, die beide ihren Weg in den Körper des Dämonenfürsten fanden. Überrascht richtete der Ritter sich auf und beobachtete, wie der Körper des Fürsten sich von seinem Gefängnis befreite und er seine dunklen Augen aufschlug. Schwer atmend irrte sein Blick durch den Raum, bis er schließlich beim Ritter hängen blieb. Der Fürst lächelte erleichtert und flüsterte: „Ich liebe dich auch.“ Zum zweiten Mal stiegen dem Ritter die Tränen in die Augen, doch dieses Mal war es vor lauter Freude. Überglücklich schloss er den Fürsten in seine Arme und küsste ihn leidenschaftlich. Die beiden Liebenden sahen sich dann lange und tief in die Augen, genossen das schöne Gefühl, das sie endlich gewagt hatten, zu benennen. Plötzlich erschütterte etwas das gesamte Schloss. Erschrocken lösten sich der Ritter und der Fürst voneinander und sahen zu der offenen Tür. Was war geschehen? „Das kam aus der Eingangshalle, wo die anderen sind!“, meinte Frosch. „Dann lasst uns nachsehen“, sagte der Ritter entschlossen, hob den immer noch geschwächten Dämonenfürsten auf seine Arme und lief dann gemeinsam mit Frosch hinunter. In der Eingangshalle war der Kampf der Magierinnen endlich zu einer Entscheidung gekommen. Nachdem das Amulett um ihren Hals zerstört und sie der Kraft des Fürsten beraubt war, hatte sie der geballten Kraft des Mana-Steins der Dämonenmutter nichts mehr entgegenzusetzen. Mehr noch: ihre Zaubersprüche schienen sich aufzulösen, als würde die Dämonenmutter selbst ihre Durchführung verhindern. Nun lag die Hexe geschwächt vor dem Thron auf dem Boden und atmete ihre letzten Atemzüge. Der Dämonenfürst betrachtete sie eine Weile ausdruckslos, dann sagte er zu dem Ritter: „Bitte bring mich zu ihr.“ Der Ritter trug ihn zu der Hexe, ließ ihn vorsichtig hinunter und der Fürst kniete sich zu der Hexe auf den Boden. „Ich wollte mich bei dir bedanken, dass du meine Mutter gerächt hast.“ Die Hexe lächelte traurig. „Für dich würde ich alles tun. Das weißt du doch.“ „Und warum habt Ihr ihm dann seine Lebenskraft stehlen wollen?“, fragte der Ritter verärgert. Der Blick der Hexe verfinsterte sich. „Ich könnte jetzt sagen, dass es an meinem sehnlichsten Wunsch lag, vollständig zu werden. Aber ich wollte es auch, damit der Fürst nur mir allein gehört. Wenn ich alles Mana von ihm in mir aufgenommen hätte, hättest du ihn mir nie wieder wegnehmen können!“ Der Ritter stutzte. „Vollständig werden?“ „Was hast du dir davon erhofft?“ Der Fürst schüttelte verständnislos den Kopf. „Das, was du sagst und was du tust, ist oftmals so verwirrend für mich. Als ob du ein Herz hättest. Aber das hast du doch gar nicht, das weißt du doch!“ „Natürlich habe ich das! Ich liebe dich über alles und das hat nichts mit deiner Mutter zu tun!“ Wieder schüttelte der Fürst den Kopf. „Du kannst nicht lieben. So habe ich dich nicht geschaffen…“ Die Hexe hob schwach ihren rechten Arm und rammte ihn dann in ihre Brust hinein. Doch statt das Blut floss, zerbrach ihre Brust, als wäre sie aus Porzellan. Ihre Hand zog das hervor, was sie als ihr Herz verstand – ein wunderschöner rubinroter Kristall in Herzform. Diesen hielt sie dem Fürsten weinend entgegen. „Nehmt es zurück. Es war schon immer das Eure.“ Dann zerfiel ihr Körper wie eine Porzellanpuppe, die zu Boden fiel. Der Fürst hob den Herzkristall hoch und betrachtete ihn nachdenklich. „Das ist das einzige Andenken, das ich von meiner Mutter zurückbehalten habe“, erklärte er dann. „Sie hat ihn selbst erschaffen, aus ihrer Lebenskraft. Sie hat ihn mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt, den sie mit mir gefeiert hatte. Sie sagte damals, wenn ich mich je einsam fühlte, würde dieser Kristall meine Tränen trocknen. Als sie mir genommen wurde, fühlte ich mich einsam und so leer… Doch anders, als meine Mutter es sagte, tröstete der Stein mich nicht über meinen Verlust hinweg. Ich wollte umarmt und geliebt werden. Also übte ich tagein, tagaus meine Magie, so wie sie es mich gelehrt hatte, und erschuf schließlich eine menschengroße Puppe, der ich den Kristall als Herz einsetzte. Das war die Hexe. Da sie das Kristallherz meiner Mutter besaß, konnte sie auch deren Magien anwenden und sie behütete mich wie eine Mutter. Ich hatte sie zwar so erschaffen, dass sie möglichst eigenständig denken und handeln konnte, aber irgendwann wurde ihre Vorgehensweise immer undurchsichtiger für mich.“ Die Fee lächelte. Sie hatte mit ihrer Vermutung also völlig richtig gelegen. Der Ritter nickte. „Als sie also sagte, sie könne nicht anders, als deinem Wunsch zu entsprechen, lag das daran, dass du sie geschaffen hattest. Und was meinte sie nun mit vollständig sein?“ „Sie hatte sich irgendwann in den Kopf gesetzt, ein richtiges menschliches Wesen zu werden und keine magische Puppe. Um das zu schaffen, brauchte sie die restliche Lebenskraft meiner Mutter… oder die von mir.“ Die Zauberschülerin näherte sich den Überresten der Hexe und sah traurig auf sie herab. „Wie töricht von ihr. Eure Lebenskraft zu stehlen hätte sie zum richtigen Menschen gemacht, aber was hätte ihr das genützt, ohne Euch? Schließlich wollte sie nur ein Mensch sein, um mit Euch zusammen sein zu können.“ Der Fürst musterte sie nachdenklich, dann erhob er sich und hielt den Herzkristall über den Mana-Stein, den die Zauberschülerin immer noch in den Händen hielt. Der Mana-Stein zerbarste und das Mana verschwand im Inneren des Kristalls. „Ja, vielleicht.“ Der Schmerzensschrei des Diebes ließ alle herumfahren. Die Zauberschülerin schlug erschrocken eine Hand vor den Mund. „Oje! Ich habe völlig vergessen, dass er noch verletzt ist! Könnt Ihr ihn nicht mit dem Kristall heilen?“ Der Fürst reagierte nicht. Er starrte den Dieb an, als würde er einen Geist sehen. Langsam ging er auf ihn zu. „Ich kenne dich doch“, flüsterte er ungläubig. Endlich gesellte sich auch die Prinzessin zu den anderen. Als ihr Blick auf den Dieb fiel, schrie sie laut auf. „Verehrter Onkel, Ihr lebt!“, rief sie und stürmte auf ihn zu, nahm ihn fest in die Arme. Der Ritter sah geschockt zum Dieb. „Onkel?! Ihr… Ihr seid der jüngere Bruder des Königs?!“ Der Dieb achtete nicht auf ihn. Er widmete sich ganz dem Dämonenfürsten. Dieser blinzelte ein paar Mal und versuchte sich zu erinnern, woher er bloß dieses Gesicht kannte. Als Kind hatte er es so oft gesehen… Der Dieb lächelte. „Du erkennst mich nicht, nicht wahr? Aber ich habe dich sofort erkannt, als ich dich damals auf dem Ball zum 18. Geburtstag meiner Nichte sah. Du siehst deiner Mutter so ähnlich. Es hat mich mit Stolz erfüllt zu sehen, was für ein hübscher junger Mann du in all den Jahren geworden bist, seid ich dich verlassen hatte.“ Die Augen des Fürsten weiteten sich, als ihm klar wurde, wer da vor ihm stand. „Vater?“ „Ihr seid der Mann, der sich in die Dämonenmutter verliebt hat?“ Dem Ritter schwirrte allmählich der Kopf. „Ich bin damals in die Welt ausgezogen, um nach einem Weg zu suchen, wie ich meine geliebte Frau retten kann. Ich war so von meinen Schuldgefühlen zerfressen, dass ich dir einfach nicht mehr unter die Augen treten wollte, solange ich keinen Weg zu ihrer Rettung gefunden hatte. Heute bereue ich es sehr, so gehandelt zu haben. Ich kann verstehen, wenn du mich jetzt hasst.“ Der Fürst schwieg. Dann hob er den Herzkristall und heilte mit ihm die Wunde seines Vaters. „Ich kann dir jetzt nicht verzeihen… aber ich würde es gern eines Tages.“ „Das würde mich freuen.“ Der Dieb lächelte und streichelte seinem Sohn den Kopf. „Dann gehörst du also zur Familie!“, stellte die Prinzessin freudestrahlend fest und umarmte ihren Cousin, der die unverhoffte Gefühlsbekundung peinlich berührt zur Kenntnis nahm. Die junge Frau löste sich wieder von ihm und lächelte traurig. „Ich wünsche dir und dem Ritter alles Glück dieser Welt.“ Dieser Satz hatte ihr wahrlich all ihre Kraft abverlangt. Wie sehr es sie geschmerzt hatte, die beiden küssen zu sehen. Nachdem sie einige Minuten darüber nachgedacht hatte, war sie bereit gewesen, zu akzeptieren. „Bitte verzeiht“, bat der Ritter. Er hatte sie nie verletzen wollen. Die Prinzessin wusste dies jedoch und schüttelte den Kopf. „Schon gut. Wenn Ihr nicht dasselbe für mich empfindet, wie ich für Euch, dann ist es so am Besten.“ „Wir sollten langsam zum Schloss zurückkehren“, warf die Fee ein. Die Prinzessin nickte und wandte sich an den Fürsten. „Komm doch mit uns! Wir könnten als Familie zusammenleben!“ „Ich glaube nicht, dass ich das Schloss noch einmal betreten werde“, verneinte der Fürst. „Aber du bist jederzeit hier willkommen.“ Die Prinzessin verstand und verließ mit der Fee und der Zauberschülerin das Schloss. „Ich werde mit ihr gehen“, sagte der Dieb. „Das Königreich braucht jetzt Halt, damit es nach dem Verlust ihres Königs und ihres Schutzschildes nicht auseinander bricht! Was ist mit Euch, Hauptmann? Wir könnten Eure Hilfe brauchen.“ Der Ritter zögerte mit seiner Antwort. Doch der Fürst nickte ihm aufmunternd zu. „Geh ruhig mit ihm. Und wenn ihr meine Hilfe braucht, sagt Bescheid.“ „Wenn das Königreich wieder sicher ist, werde ich für immer bei dir bleiben!“, sagte der Ritter entschlossen. Dann verließ auch er mit dem Dieb das Schloss. „Ist das wirklich in Ordnung so, Meister?“, fragte Frosch neugierig. Zum ersten Mal sah Frosch den Fürsten glücklich lächeln. „Ja, ist es. Von jetzt an werden wir alle glücklich leben.“   So ergab es sich, dass endlich Frieden in das Königreich einkehrte. Da der Dieb keinerlei Anspruch auf den Thron erhob, wurde die Prinzessin die neue Herrscherin über das Reich. Eines Tages verliebte sie sich sogar in einen Prinzen, der ihre Liebe erwiderte. Sie heirateten und bekamen ein Kind. Die Zauberschülerin führte ihre Ausbildung bei der Fee fort. Ihre Ausbildung war an dem Tag abgeschlossen, als es ihr gelang, einen neuen Schutzschild zu erschaffen, der ganz ohne die Hilfe des Managesteins auskam. Sie und die Prinzessin waren inzwischen die besten Freundinnen und nahmen sich so oft es ging Zeit für einander. Die Fee kehrte in den Zauberwald zurück und sorgte dafür, dass das Managestein nie wieder in die falschen Hände geriet. Hin und wieder besuchte sie ihre ehemalige Schülerin im Schloss. Dank ihr wurde die Beziehung zwischen Feen und Menschen wieder besser. Der Ritter machte seine Ankündigung wahr und zog ins Schloss des Dämonenfürsten, um dort mit ihm zu leben. Frosch war nicht ganz so begeistert von den neuen Mitbewohnern, wurde er doch ständig von dem Hundewelpen durch das Schloss gejagt. Auch der Dieb kehrte des Öfteren im Schloss ein. Vater und Sohn näherten sich einander an. Der Dämonenfürst schenkte dem Ritter das Kristallherz seiner Mutter. Mit ihm in seinem Besitz vermochte der Ritter ebenfalls unsterblich zu sein, damit sie beide solange wie möglich zusammen sein konnten. Sie lebten lange und glücklich zusammen.   ~ Owari ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)