Ress von Lyndis (Mein neuer Diener) ================================================================================ Kapitel 4: Pakt --------------- Die Wärme die von meiner Schulter ausging, war angenehm, genau wie der Geruch, der in der Luft hing. Nur langsam erwachte ich aus einem tiefen Schlaf. „Yuri!“ Die leicht alarmierte Stimme ließ mich allerdings sofort meine Augen aufreißen. Ich starrte in graue Augen, die mich mit leichter Besorgnis bedachten. „Du verspätest dich.“ Ress deutete auf die Uhr am Fernseher und ich schoss blitzartig nach oben, ehe ich inne hielt und leicht seufzend wieder zurücksank. „Ich hab Urlaub genommen… ich muss nicht arbeiten.“ Das erschien mir bei weitem als das Beste. So konnte ich mich etwas um Ress kümmern und alle nötigen Angelegenheiten in Ruhe erledigen. Zum Beispiel einen Ersatzschlüssel anfertigen lassen. „Verzeihung.“ Etwas verwirrt blickte ich zu Ress auf, der nun ein wenig da stand wie ein begossener Pudel. „Nein, nein!“, versuchte ich ihn sofort zu beruhigen und setzte mich auf. Ich wäre wahrscheinlich aufgestanden, wenn mir nicht prompt wieder in den Sinn gekommen wäre, was ich gestern Abend getan hatte, um besser einschlafen zu können. Wahrscheinlich waren davon Flecken übrig geblieben. Plötzlich fiel es mir schwer, Ress noch in die Augen zu sehen, weshalb ich mich etwas beschämt abwandte. „Du hast es nur gut gemeint. Ich hab gestern vergessen, dir Bescheid zu geben, deshalb. Mir sollte es leid tun. Ich hoffe du bist nicht extra wegen mir so früh aufgestanden.“ „Ich benötige nicht viel Schlaf.“ Schon wieder klingelten bei mir die Alarmglocken. War das natürlich für ihn oder antrainiert? „Möchtest du noch weiter schlafen?“ Aus meinen Gedanken gerissen, sah ich wieder zu ihm auf, nur um abermals verschämt meinen Blick abzuwenden. Verdammt nochmal, ich war doch auch nicht besser als mein Onkel! Kaum war Ress mal einen Tag bei mir, fantasierte ich schon von ihm. Das war doch krank. Aber mein Magen begann nur wieder zu kribbeln, als ich mir vorstellte, wie er mich gegen eine Wand presste und… woah, ging das schon wieder los! Was war nur los mit mir? „Yuri?“ „Was?“ „Geht es dir nicht gut?“ Eine Hand legte sich sacht auf meine Stirn, was erneute Schauer durch meinen Körper fahren ließ. Erschrocken schlug ich die Hand weg, was Ress Blick dazu brachte, sich vollkommen zu verschließen. Daraufhin drehte er sich einfach um und ging in die Küche. Schnell sprang ich aus dem Bett, zog mir meine Hose über und ging ihm nach, weil ich das Gefühl hatte ihn beleidigt zu haben. „Ress, ich...“, doch ich kam gar nicht so weit mich zu entschuldigen. Er winkte nur ab und warf mir einen kurzen Blick zu: „Es tut mir leid. Ich habe mich noch nicht an die neuen Umstände gewöhnt. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Das war unprofessionell von mir.“ Er hatte nur meine Stirn befühlt, um zu sehen, ob ich krank war und er tat so, als hätte er versucht mich zu küssen. Nun, bei meiner Reaktion hätte ich mich an seiner Stelle wohl auch entschuldigt. „Du hast meinen Onkel sehr gemocht, oder?“ Es war mir bisher noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass das der Fall sein könnte. Ich war immer nur davon ausgegangen, dass Ress gegen seinen Willen bei ihm gewesen war. Aber wenn man alles zusammen nahm, was er bisher so gesagt hatte, dann war es nur logisch, dass er ihn irgendwie gemocht hatte. Selbst wenn es vielleicht eher ein Stockholm Syndrom gewesen war, änderte das nichts an seinen Empfindungen. „Selbstverständlich.“ Ich legte etwas irritiert die Stirn in die Falten: „Ich werde dich nicht bestrafen oder so, wenn du mir sagst, dass du ihn nicht mochtest.“ Jetzt war er es, der mich etwas verwirrt, aber dann ernst ansah: „Ich lüge meinen Herrn nicht an. Das käme mir gar nicht in den Sinn.“ Ich hätte am liebsten meinen Kopf gegen eine Wand geschlagen, so sehr frustrierten mich seine Aussagen. Es klang alles so gestelzt und verdreht und falsch. Noch nie in meinem Leben hatte mich jemand als ‚Herr‘ bezeichnet und niemand sonst würde es jemals tun. Nur Ress… und am Anfang machte mich das wirklich fertig. „Was möchtest du frühstücken?“, wechselte er abrupt das Thema, was mich wie so oft aus meinen Gedanken riss. „Du brauchst mir kein Frühstück machen! Ehrlich. Kümmer dich lieber um dich selbst. Wann hast du das letzte mal gegessen?“ Doch Ress ging gar nicht auf meine Frage ein, sondern drehte sich jetzt ganz zu mir um und vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen. Damals hätte ich anfangen können zu sabbern, weil diese Position aussah, als wäre er direkt einem Modemagazin entsprungen, später lernte ich, dass das seine Art war Unsicherheit auszudrücken. Nur wenn beide Hände in der Hose waren, wenn nur eine, spielte er mit seinem Sexappeal, der ihm definitiv bewusst war. „Yuri… bin ich dir nicht gut genug?“ Er sagte das mit einem leicht aggressiven Unterton, als wäre er beleidigt. Ich wusste nicht, dass das nur ein Schutzmechanismus war, weshalb ich etwas erschrocken zusammen zuckte. „Was?“, fragte ich verwirrt und mit leicht erstickter Stimme. Es ist vielleicht schwer zu verstehen, aber die Überlegenheit die Ress in diesem Moment ausstrahlte, schüchterte mich gehörig ein. Er kam etwas auf mich zu und normalerweise wäre ich rückwärts gegangen, doch er hielt mich allein mit seinem Blick gefangen. Ich konnte mich nicht rühren. „Du hast mich schon verstanden.“ In seiner Stimme lag jetzt ein dunkles Grollen, was mich kalt erschauern ließ. „Hey, hör mal… es tut mir leid, ok? Ich will doch nur, dass du dich hier wohl fühlst. Das hat nichts mit dir zu tun.“ Er blieb nah vor mir stehen und musterte mich kritisch. „Darf ein ‚Gast‘ dir etwa kein Frühstück machen, wenn es ihm gefällt?“ Das Wort ‚Gast‘ sprach er so bissig aus, dass mir schlagartig bewusst wurde, was ich gestern falsch gemacht hatte. Ich hatte ihn tatsächlich verletzt. „Hey, ich….“, setzte ich mit sanfter, entschuldigender Stimme an, doch er schüttelte nur den Kopf, was mich wieder stocken ließ. Er nutzte den Moment um wieder einzusetzen: „Hättest du lieber, dass ich gehe?“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte, dass er ging, ja, aber nicht, weil ich ihn loswerden wollte, sondern weil ich hoffte, dass er ein eigenes Leben führen konnte. Weg von der Sklaverei und einfach frei sein. „Ich will nicht weg von dir.“ Plötzlich klang seine Stimme nicht mehr so aggressiv, sondern tatsächlich einen Hauch unsicher und irgendwie traurig. Es lag eine Bitte darin, ein leises Flehen. Es war nur Nuancen, aber ich konnte sie erkennen. Es tat mir im Herzen weh, das so zu hören. „Ress….“ Er hatte offenbar solche Angst davor, dass ich ihn wegschickte, dass er mir sogar ins Wort fiel: „Was muss ich tun, Yuri? Sag es mir. Wie soll ich sein, dass du meine Anwesenheit erträgst und ich mich um dich kümmern darf?“ Ich konnte nicht mehr anders. Mit einem Mal zog ich ihn zu mir und nahm ihn in den Arm. Das war wirklich nicht mehr mit anzusehen. Wie konnte ihm das nur so wichtig sein? Ich verstand es nicht, aber was ich verstehen konnte war, dass es ihm weh tat, wenn er nicht für mich da sein durfte. „Ress, hör mir doch zu.“, begann ich wieder sanft und hielt ihn weiter fest. „Für mich bist du ein freier Mensch. Du musst nicht hier bleiben, wenn du das nicht möchtest, aber ich werde dich auch nicht zwingen zu gehen. Ich will nur, dass du glücklich bist. Was nutzt es mir, wenn du mich bedienst, aber ich das Gefühl habe, dass du dich dazu gezwungen siehst?“ Vorsichtig legte er seine Arme um ich und zog mich seinerseits an sich. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Seine Arme schienen so stark um mich und hielten mich doch so sanft. Ich erschauerte wieder und löste mich abermals von ihm. „Tut mir leid“, sagte ich sofort, damit er es nicht falsch verstand. „Das liegt nicht daran, dass ich nicht will, dass du mich berührst.“ Es war ja exakt das Gegenteil und mir unendlich peinlich. Da ich aber schon immer ein eher offener Mensch war, der wusste, dass Kommunikation wichtig war um Probleme aus dem Weg zu räumen und ihnen vorzubeugen, beschloss ich es ihm zu erklären: „Es ist eher so, dass… dass….“ Na ja, das war eben etwas schwieriger gesagt als getan. Dennoch gab ich nicht auf und Ress ließ mir glücklicherweise die Zeit, die ich brauchte. „Ich finde dich ziemlich attraktiv… und ehrlich gesagt ist das die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich fantasiere von dir… von uns. Ich will nicht, dass du das missverstehst, wenn mein Körper anfängt zu reagieren. Verstehst du? Ich will nicht, dass du denkst ich wolle mit dir schlafen.“ „Ist das denn nicht so?“ „Ehm.. doch schon….“, rutschte es mir eher unbeabsichtigt raus. Na ja… wenn wir schon bei Ehrlichkeit waren. „Wo ist dann das Problem?“ „Was? Das Problem ist, dass...“ Und ich brach ab, weil ich nicht weiter wusste. Was genau war das Problem? „Wäre es jemand anderes, den du unter anderen Umständen kennengelernt hättest, würdest du dann zögern?“ Würde ich? Die Antwort war schnell gefunden – nein. Aber bei Ress war das etwas anderes. Er war nicht jeder andere und ich hatte das Gefühl mich strafbar damit zu machen, wenn ich seinen seelischen Zustand ausnutzte. Ress veränderte seine Position etwas, ließ einen Arm locker nach unten hängen, während die andere in seiner Hosentasche verbleib und verlagerte sein Gewicht locker auf ein Bein. Ich schluckte trocken und versuchte nicht zu starren. Der Kerl wusste, wie man seinen Körper einsetzte. „Ich mache dir einen Vorschlag...“, begann er dann und ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob er nicht gerade seinen Körper benutzte um mich abzulenken. „Lass dich während deines Urlaubs auf das ein, was ich tue. Lass mich dir zu Diensten sein. Wenn es dir nicht gefällt und ich dich nicht davon überzeugen kann, dass mich das erfüllt und es mir Spaß macht, werde ich zwar hier wohnen bleiben, aber ich werde mir einen normalen Beruf suchen und ein ganz normaler Mitbewohner.“ Das war erstaunlich durchdachte und fair, wie ich zugeben musste. Aber er schoss sich damit ins eigene Knie. Selbst wenn ich mich darauf einlassen würde, würde ich mich unwohl dabei fühlen. „Okay“ Und so schloss ich den Pakt meines Lebens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)